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Die Prinzen von Orleans

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Inauguration der Republik

Am 27. Febr. erfolgte am Fuße der Julisäule die feierliche Inaugurierung der Republik. Nachdem mit den Trommeln ein Zeichen gegeben worden, sprach Hr. Arago zum Volke: »Es habe die provisorische Regierung es für ihre Pflicht [ 137 ] erachtet, feierlich die Republik zu proclamiren vor der heldenmüthigen Bevölkerung zu Paris, deren freiwillige Zustimmung bereits diese Regierungsform genehmigt habe. Zwar fehle noch die Sanction des ganzen Frankreichs; aber die provisorische Regierung hoffe, daß es den Wunsch der pariser Bevölkerung ratifizieren werde, die ein abermaliges und großes Beispiel ihres Muthes, ihrer Macht und ihrer Mäßigung gegeben habe; darauf komme es nun an, dem Vaterlande und der Welt zu zeigen, daß die pariser Bevölkerung nicht blos den Instinkt ihrer Rechte, sondern auch, daß sie eine klare und weise Einsicht von denselben habe. Ruhig und stark, energisch und edelmüthig, habe wohl das Volk von Paris Anspruch darauf, daß Frankreich stolz auf dasselbe sei; es scheine das Königthum bereits ganz der Vergessenheit übergeben zu haben, um sich nur noch mit den großen Interessen zu beschäftigen, welche fortan für die Nation das moralische Gesetz der Politik und der Humanität werden würden.« Herr Arago rief sodann, seine Rede schließend, mit Enthusiasmus: »Bürger, wiederholt mit mir den Volksruf: Es lebe die Republik« Alle Mitglieder der provisorischen Regierung entblößten da das Haupt, die Fahnen senkten sich, und in das Wirbeln der Trommeln, in das Schmettern der Trompeten, in die rauschenden Klänge des Musikcorps fiel der Alles übertönende Ruf des Volkes ein: »Es lebe die Republik.« Der ehrwürdige Dupont (de l'Eure), dankte hierauf der Bevölkerung von Paris für die Eroberung, welche sie vollendet, für die Ordnung, welche sie in den bewegtesten Tagen aufrecht zu erhalten gewußt, sowie dafür, daß sie eine so legitime Entrüstung mit so hohem moralischen Gefühle im Zaume gehalten habe; die Republik, jetzt auf solche Grundlagen gebaut, müsse ewig dauern, wie die Grundsätze, wie der Sieg, woraus sie hervorgegangen. Wiederholter [ 138 ] Beifallruf begleitete diese Anrede des ehrwürdigen Präsidenten, und der Enthusiasmus stieg noch, als Herr Arago darauf mit Rührung sprach: »Bürger, es sind 80 Jahre eines reinen und patriotischen Lebens, die zu euch sprechen!« »Ja! Ja! Es lebe Dupont.« Und als dieser mit dem Ruf antwortete: »Es lebe die Republik« wiederholte sich und erfüllte dieser Ruf mehre Minuten lang die Luft. Herr Crémieur erinnerte sodann in feurigen Worten an die in den Kämpfen der Julirevolution gefallenen Bürger, deren Namen in das Erz der Säule eingegraben werden sollen; dieser Tag werde wohl ihre seit 18 Jahren betrübten Seelentrösten; Niemand werde fortan dem Volke die Früchte seiner Eroberung rauben können; die republikanische Regierung entspringe dem Volk und stütze sich auf das Volk; alle Ständeunterschiede seien nun gehoben vor der Gleichheit, alle Widerstreite besänftigten sich und schwänden durch diese heilige Brüderlichkeit, welche aus den Kindern eines und desselben Vaterlandes Kinder. Einer Familie und derselben Familie und aus allen Völkern Verbündete mache. Nach stürmischem Beifall und dem Rufe: »Es lebe die Republik« setzten die Glieder der prov. Regierung und nach ihr Ihnen der Minister des Krieges, der Finanzen, des Handels 2c,; die Adjointen von Paris, die Generalpostmeister u. s. w, zu Fuß und im einfachen Frack mit dreifarbiger Schärpe und Cocarde, zwischen den Reihen der vom Platze der Bastille bis zum Magdalenenplatze längs der Boulevards in Schlachtordnung aufgestellten Nationalgarden ihren Triumphzug fort. Man zählte ungefähr 35.000 Mann regelmäßiger (alter) Nationalgarde und es mochte wohl die Hälfte der noch nicht uniformierten (mobilen) Garde in Rock oder Blouse mit anwesend sein. Abends gaben die Theater Vorstellungen bei freiem Eintritt. Zu der erwähnten Feierlichkeit war auch der Appellationshof eingeladen worden, worauf sich der erste Präsident [ 139 ] Seguier und der Generalprokurater, Aug. Portalis, auch in der That an der Spitze einer Deputation dahin begaben. Ihre Erscheinung wurde von ihnen durch folgende Erklärung angekündigt: »Die Deputation des Appellationshofes hat der Einladung der provisorischen Regierung entsprochen, und stellt sich zu deren Verfügung.« Eine ähnliche Einladung war an das Tribunal erster Instanz ergangen, aber zu spät eingetroffen, so daß nur der erste Präsident, Debelleyme, und Herr Hortensius St. Albin erscheinen konnten, welche den Gerichtshof repräsentierten.

Seitdem herrschte die vollkommenste Ruhe in Paris. Die Barricaden wurden allmählig niedergelegt und die Omnibus und Wagen aller Art konnten sich wieder frei bewegen. Am Sonntag Abend wurden das Théatre Français und mehre andere Theater mit Vorstellungen zum Besten der Februar-Verwundeten wieder eröffnet: Billette wurden nicht verkauft. Man legte eine freiwillige Gabe an der Kasse nieder. – In allen Kirchen wurden Seelenmessen für die Gefallenen gelesen. Der Erzbischof hatte auf den Wunsch der Regierung Befehl gegeben, daß in allen Kirchen fortan das »Domine, salvum fac populum« gefungen werde.

In fast wunderbarer Weise stellte sich, wie der Frieden im Innern, so auch die beste Aussicht für die Erhaltung des Friedens nach Außen her. Das eben so feste als versöhnliche Auftreten der provisorischen Regierung erregte überall Vertrauen. Die Abschaffung der Todesstrafe für politische Verbrechen fand allgemeine Billigung.

Der Wunsch, mit den sämmtlichen Staaten Europas den Frieden zu erhalten, ward von den Mitgliedern der Regierung sowohl, als von den leitenden Journalen offen ausgesprochen. Doch ward im Kriegsministerium beschlossen, daß eine Maas- und eine Rhein-Armee gebildet werden [ 140 ] solle, und die Linie fortan den Namen »Truppen der Republik« führen solle.

Von den in Paris anwesenden Diplomaten, gaben die Gesandten der englischen und belgischen Regierung zuerst der neuen Ordnung ihre Geneigtheit zu erkennen, nachdem Herr von Lamartine als Minister des Auswärtigen den in Paris beglaubigten auswärtigen Gesandten eine officielle Anzeige des eingetretenen Regierungswechsel hatte zugehen lassen, aus welcher wir folgende bezeichnende Stelle mittheilen:

»Die republikanische Form der neuen Regierung hat weder Frankreichs Stellung in Europa geändert, noch auch seinen redlichen und aufrichtigen Wunsch, die Beziehungen eines guten Einvernehmens mit denjenigen Mächten aufrecht zu erhalten, welche gleich ihm die Unabhängigkeit der Nationen und den Frieden der Welt wollen. Ich werde es als ein Glück schätzen, durch alle mir zu Gebote stehende Mittel zu dieser Eintracht der Völker in ihrer gegenseitigen Würde beizutragen und Europa daran zu erinnern, daß das Prinzip des Friedens in Frankreich in einem Tage geboren worden sei«

Auf diese Anzeige säumte denn auch der Gesandte der Vereinigten Staaten von Amerika nicht, sofort die provisorische Regierung anzuerkennen, und ihr auf dem Stadthause seine Glückwünsche zu überbringen.

Alle die Gerüchte über eine vom Herzog von Nemours mit Waffengewalt versuchte Contrerevolution bestätigten sich nicht, obschon Besorgnisse vor einem solchen Versuch vielfach auch in Paris verbreitet waren und seiner Zeit große Aufregung unter dem Volke verursachten.

Die Republik erlangte in weniger als 8 Tagen die Zustimmung des ganzen Landes, und überall wurden [ 141 ] Departemental- oder städtische Commissionen zur Errichtung der republikanischen Regierung eingesetzt. Straßburg, sowie das ganze Norddepartement hatte sich zuerst für die Republik erklärt.

Am 2. März wurde ein feierlicher Leichenzug der während der drei Tage Gefallenen veranstaltet. Dies Schauspiel war von einer unbeschreiblichen Großartigkeit, und Paris hat wohl schwerlich jemals einen zahlreicheren Trauermarsch gesehen. Auf den Trottoirs wogte schon am Morgen eine ungeheuere Menschenmasse auf und ab, alle Fenster waren dicht besetzt und zwischen den Laternenpfählen sah man dreifarbige Bänder längs der Straße aufgespannt. Um 12 Uhr fand in der Madeleine das Todten-Amt Statt und die Menge, die an dem Zuge Theil nehmen sollte, war auf dem Platze vor dieser Kirche aufgestellt, also eben da, wo man sich für das Reformbankett Rendezvous gegeben hatte. National- und Linien-Truppen zu Fuß und zu Pferd zogen mit Trommeln und Musik den Boulevard entlang und bildeten eine Stunde weit (dies ist etwa die Entfernung von der Madeleine nach der Bastille) Spalier. Im Zuge war das vorher von der Regierung ausgeschriebene Programm ziemlich genau befolgt worden. Reitende Nationalgarde eröffnete ihn, ihr folgten Massen bewaffneten und unbewaffneten Volkes, von denen Viele sich am Arm gefaßt hatten. Darauf kamen singende Arbeiter, dann Lanciers von der Nationalgarde, die Geistlichkeit in schwarzen Kutschen, und hierauf vier bis zur Decke mit Särgen angefüllte Leichenwagen, die in jeder Ecke mit dreifarbigen Fahnen geschmückt waren. Jedem der Wagen folgten Leidtragende, die, wie man sah, fast sämmtlich aus den untersten Volksklassen waren. Unter diesen Gruppen erblickte man unter andern auch einen Mann in Blouse, der auf einer schwarzen Filzmütze einen weißen Zettel trug, auf dem geschrieben war: Détenu Politique. Dann die Orpheonisten, [ 142 ] und die Enfants de Paris, zwei seit Jahren hier bestehende Singvereine von Handwerkern. Ihnen folgte ein fünfter Leichenwagen, hinter dem sich wieder Leidtragende und unter Andern auch ein am Kopfe schwer verwundeter und verbundener Mann aus dem Volke befanden. Nach einem neuen Trupp Nationalgarde erschienen nun die Mitglieder des provisorischen Gouvernements, die Minister und hohen Staatsbeamten. Dann die Anordner der Trauerzüge, die Deputationen der Ouvriers, der Presse, der Schulen, mit Fahnen und Bannern, der Etat-Major der Nationalgarde, der ersten Militair-Division und der Stadt. Dann folgte das Symbol der Republik auf einem von acht weißen Pferden gezogenen Wagen. Die Hauptdekoration dieses Symboles bestand aus einem Aufsatze, der auf jeder Seite in einander gelegte Hände zeigte. Ganz auf der Spitze war eine Hand angebracht, die zwei Finger zum Himmel hob, wie zum Schwur. Maschinenräder, Drucker-Insignien, Lorbeer und andere Symbole sah man an dem Aufatze befestigt. Der Wagen und die Pferde waren mit rothem Sammet geschmückt. Darauf kamen die Polen mit einer Fahne, auf der geschrieben stand: République polonaise und das Collège Stanislas , in welchem bekanntlich lauter polnische Kinder erzogen werden. In einem Fiaker saßen zwei sehr bleiche Menschen, von denen man nicht gewußt hätte, was sie zu bedeuten haben, wenn auf dem Bocke ein Blousenmann nicht eine Fahne mit der Inschrift gezeigt hätte: Victimes politiques. Sonderbar stachen von diesem Blousen- und Mützengewimmel die Gerichtshöfe in roth, gelb und blauseidenen, mit Hermelin besetzten Roben ab, und ebenso die Marschalle und Generale, die Mitglieder des Institutes u. s. w. in Ordenstracht. National- und Linien-Militair in ungeheuerer Masse schloß den Zug, der sich nach der Juli-Säule, in deren Gewölben man die Gefallenen beisetzte, bewegte. [ 143 ]

 

Arbeiterparlament

Bereits am 28. Februar Nachmittags zogen zwei bis drei Tausend Arbeiter in größter Ordnung zum Stadthause, dem Sitze der provisorischen Regierung, und überreichten dort eine Petition, die auf Organisation der Arbeit antrug. Die provisorische Regierung empfing die Abgeordneten mit großer Freundlichkeit, und kurz darauf hielt Herr Louis Blanc vom Fenster aus eine feurige Rede an die auf dem Platze versammelte Menge, worin er sie der größten Fürforge der Regierung versicherte und versprach, daß die Entscheidung bald mitgetheilt werden würde. Darauf erschien schon am 29. Februar folgende für die Erwerbsverhältnisse wichtige Proclamation: (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit): In Erwägung, daß die Revolution vom Volke ausgegangen, auch für dasselbe nützlich gemacht werden muß; daß es Zeit ist, den langen und unverzeihlichen Leiden der Arbeiter ein Ende zu machen; daß die Arbeitsfrage von der höchsten Bedeutung ist, daß es keine erhabenere und würdigere Beschäftigung für eine republikanische Regierung gibt, daß es vorzüglich Frankreich zukommt, ein Problem eifrig zu prüfen und zu lösen, das jetzt allen industriellen Nationen Europas vorliegt, daß es nöthig ist, ohne den geringsten Verzug, dem Volke die rechtmäßigen Früchte seiner Arbeit zu verbürgen, beschließt die provisorische Regierung der Republik: Es ist eine permanente Commission zu ernennen, die den Titel Regierungscommission für die Arbeiter (Commission de Gouvernement pour les travaillenrs) erhält, und zur ausdrücklichen und ausschließlichen Aufgabe hat, sich mit dem Schicksale derselben zu beschäftigen. Um die Wichtigkeit zu zeigen, welche die Regierung der Lösung dieser großen Aufgabe beilegt, ernennt sie hiermit eines ihrer Glieder: Hrn. Louis Blanc, zum Präsidenten, und ein [ 144 ] anderes, Hrn. Albert, zum Vicepräsidenten dieser Regierungscommission. Arbeiter sollen als Mitglieder berufen werden. Der Sitz derselben ist im Schlosse Luxembourg (der ehemaligen Pairskammer). (Gez) Louis Blanc, Armand Marrat, Garnier-Pages. —

Diese im gegenwärtigen Augenblicke so hochwichtigen Verhandlungen betrafen zunächst die Association der Arbeit und des Capitals, und Vertheilung des Gewinns der Association unter einander. Künftig sollen bei jeder industriellen Unternehmung alle Arbeiter z. B. Handlanger, Handwerker, Gesellen, Angestellte, Aufseher, Ingenieurs, Mechaniker, Directoren, Geranten u. s. w. als affociirt mit den Actionairen zu betrachten sein. Die Einen geben die Arbeit, die Andern das Capital als Einlage. Der nach Zahlung des Lohnes, Deckung der Zinsen- und Amortisationsbeiträge übrigbleibende Gewinn ist unter Alle nach Maßgabe ihres Taglohns oder ihres Capitaleinschuffes zu vertheilen. Von der Theorie schritt man rüstig zur Praxis, und zwar als erstes Beispiel beschloß die Actiengesellschaft der Nordbahn, die Arbeiter der Bahn am Gewinn derselben theilnehmen zu lassen. Die Vertheilung der Gesammteinnahmen dabei geschieht auf folgende Weise: 1) Bezahlung des Tagelohns und der Gehalte. 2) Tilgung der Interessen und Beiträge zum Amortisationsfonds. 3) Vertheilung des Gewinns nach Maßgabe des Geldcapitals und Arbeitscapitals, welches letztere durch die Höhe des Arbeitslohns bestimmt wird. —

In der That begann auch das socialistische Parlament im Schlosse Luxemburg seine Sitzungen schon am 1. März. 150 bis 200 Arbeiter, Abgeordnete der verschiedenen Gewerke, nahmen um 9 Uhr Morgens auf den Sitzen Platz, die kaum zehn Tage früher noch von den Pairs von Frankreich eingenommen waren. Herr Louis [ 145 ] Blanc, Glied der provisorischen Regierung und Präsident der Arbeiterstaatscommission, hatte den Sitz des ehemaligen Herzogs Pasquier inne. Herr Albert, sein College in der provisorischen Regierung und Vicepräsident der Versammlung, saß neben ihm am Bureau. Herr Louis Blanc eröffnete die Sitzung mit einer feierlichen Anrede. Er machte auf die Neuheit und Größe des gegenwärtigen Augenblicks aufmerksam. Zum ersten Male in der Geschichte säßen sich Arbeiter zusammengerufen, um im Verein mit der Regierung das große Problem ihres Schicksals zu lösen und zwar in demselben Saale, in dem die Aristokratie Gesetze gegen die Emancipation des Proletariats geschmiedet. (Beifall) Zweck der Commission sei, alle den Arbeiter betreffende Fragen zu prüfen und das Ergebniß in einen Gesetzentwurf zusammenzufassen, welcher der Nationalversammlung zur Genehmigung vorgelegt werden solle. Einstweilen solle aber jede einzelne Klage des Arbeiters gehört und ihr so rasch als möglich abgeholfen werden. Nach dieser Anrede bestiegen mehre Arbeiter die Tribune, um die Wünsche ihrer Gewerke vorzutragen. Unter diesen Wünschen traten besonders zwei hervor: 1) Verkürzung der Arbeitsstunden. 2) Abschaffung der Marchandage, das heißt derjenigen Zwischen-Unternehmer, welche mit dem Besteller einer Arbeit direct abschließen und dann, um recht viel zu gewinnen, den Lohn so tief als irgend denkbar herabdrücken. Hierauf schritt die Versammlung zur Bildung eines Ausschusses, der sie im Schooße der Staatscommission vertreten sollte. Präsident Blanc erlaubte sich die Bemerkung, daß dieser Ausschuß aus möglichst wenig Personen bestehen müsse, da der Gang der Commission durch zu ausgedehnte Discussionen gehemmt werden würde. Er schlug darum nur drei Vertreter jedes Gewerkes vor, von denen der eine an den Arbeiten der Commission selbst theilnehmen, die beiden andern aber die [ 146 ] vorliegenden Fragen jedes Mal aus dem Schooße der Commission in das Gewerk trügen, um dort erläutert und allenfalls vervollständigt zu werden. Außerdem sollten noch diejenigen Personen in den Schooß der Commission gerufen werden, die durch ihre sociale Stellung einen nützlichen Rath geben können. Aber in dem Augenblicke, wo die Wahl des Delegiertenausschusses vor sich gehen sollte, näherten sich zahlreiche Gruppen dem Sitzungssaale; es erschallte der Ruf, daß viele Gewerke gar nicht vertreten seien, und daß die Gefammtmasse der Pariser Arbeiter die Gültigkeit der heutigen Verhandlungen gar nicht anerkenne, denn ein großer Theil der Anwesenden habe sich die Vollmachten angemaßt, die er gar nicht erhalten habe u. s. w. Präf. Blanc beschwichtigte den heranbrechenden Sturm nur dadurch, daß er eine allgemeine Zusammenberufung aller Gewerke versprach und die Anwesenden bat, sich in Ordnung zurückzuziehen. Allein die Arbeiter erklärten, nicht früher in ihre Werkstätten zurückkehren zu wollen, bis die beiden Fragen über Arbeitszeitverkürzung und Marchandage gelöst seien. Herr Arago, Glied bei der provisorischen Regierung und beliebt bei den Handwerkern, trat in diesem Augenblick in den Saal und suchte die Aufregung zu beschwichtigen. Man hörte ihn gelassen an und die Ruhe stellte sich wieder her. Es wurde nun verabredet, daß am nächsten Tage sowohl die Meister als die Gesellen aller Gewerke sich versammeln und Abgeordnete hierher schicken sollten, um eine möglichst unparteiische Vertretung zu sichern. Präsident L. Blanc hielt zum Schluß noch eine eindringliche Rede: » . . . Auf einer Barrikade sterben, rief er aus, ist heldenmüthig. Dem heranrückenden Feinde entgegenrücken und ihn aufs Haupt schlagen, erfordert nicht weniger Heldenmuth. Aber in beiden Fällen schlägt man doch nur sein eigenes Leben in die Schanze. Es gibt aber für sein zu deren Lösung noch eine größere [ 147 ] Seelenstärke erforderlich ist, ich meine die Fragen, die das Leben und die Existenz von Millionen betreffen. Als die provisorische Regierung die Lösung dieser Fragen übernahm, vertraute sie ganz auf Euch, denn ohne Eure Einigkeit, ohne einen einmüthigen Beistand wäre diese Lösung unmöglich.« Unter dem tausendstimmigen Rufe: »Es lebe die Republik trennte sich die Versammlung. Gleich darauf gingen Eibo- ten nach allen Richtungen ab, um für morgen die Patrone und Vorsteher aller Gewerke zusammen zu rufen.

Schon um 8 Uhr Morgens des andern Tages, waren fast alle Patrone und Vorsteher der Werkstätten von ganz Paris und der nächsten Umgegend im Luxembourg versammelt. Präsident L. Blanc setzte ihnen auseinander, daß die Commission entschlossen sei, nicht nur die Arbeiter, sondern auch die Meister zu hören, damit Allen Gerechtigkeit werde. Die Arbeiter, setzte er hinzu, verlangen vor allen Dingen die Abschaffung zweier Uebelstände: 1) Der zu langen Dauer der Arbeit; 2) der gehässigen Dazwischenkunft von sogenannten Unter-Unternehmern (sous-entreprèneurs), oder Marchandage mit. Einem Worte, und so lange diesem Verlangen nicht entsprochen wird, wollten sie nicht in die Werkstätten zurückkehren. Ehe nun die Staatscommission sich ausspreche, wolle sie vorher die Ansicht der Meister hören. Diese erheilten hierauf folgende Aufschlüsse. Ad. 1. Es gibt mehre Arten von Marchandage: 1) sogenannte Marchandeurs oder Tacherons, die z. B. bei Bauten einen Theil der Arbeiten über sich nehmen, für deren Ausführung mit dem Arbeiter direct abschließen und ihn herabdrücken, so viel sie können. Diese sei sofort abzuschaffen. Die Meister willigen mit Freuden darein. 2) Eine andere Art Marchandage besteht in der Arbeit auf Stück (travail à la pièce). Diese Gewohnheit sei dem Arbeiter unter den gegenwärtigen Erwerbsverhältnissen durchaus nicht nachtheilig; sie ermuntere vielmehr die Thätigkeit und liege [ 148 ] ebenso sehr im Interesse des Arbeiters, als des Gesellen. Wir alle sind der Ansicht, daß das Arbeiten auf Stück (le piecard) beizubehalten ist. 3) Die dritte Art Marchandage bestehe darin, daß Arbeiter sich selbst associren und Arbeiten ausführen, den Lohn unter einander feststellen, und den Gewinnst im Verhältniß zu der Höhe des Lohns unter einander theilen. Diese moderne Associationsweise, deren Gefahr wir nicht fürchten, hat unsern ganzen Beifall und verdient Ermunterung. Ad. II. Die Verkürzung der Arbeitszeit. Diese stieß kaum auf Widerspruch. Der Pariser Arbeiter arbeitete bisher täglich elf, diejenigen der Provinzen zwölf Stunden. Wir setzen uns, fügten die Meister hinzu, der Verminderung dieser Zeit um eine Stunde keineswegs entgegen. – Nach Erledigung dieser beiden Hauptpunkte entwarf die Commission ihren Bericht an die provisorische Regierung, worauf schon am folgenden Tage folgendes, für die socialen Verhältnisse höchst wichtige Decret als Vorläufer anderer wichtiger Reformen erschien: Decret der provisorischen Regierung zur vorläufigen Erleichterung der arbeitenden Klassen. (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit). Auf den Bericht der zur Prüfung der Arbeiterverhältnisse niedergesetzten Arbeiter-Staatscommission und in Berücksichtigung: 1) daß eine zu lange dauernde Handarbeit nicht nur der Gesundheit des Arbeiters schadet, sondern diesen auch hindert, seinen Geist auszubilden, also die Würde der Menschen verletzt; 2) daß die Ausbeutung (exploitation) der Arbeiter durch andere wohlhabende oder angesehene Arbeiter, die sich Unter-Entrepreneurs nennen und im gewöhnlichen Sprachgebrauch Marchandeurs oder Tacherons heißen, durchaus ungerecht, erniedrigend und dem Geiste der Brüderlichkeit zuwider ist: verordnet die provisorische Regierung der Republik: a) Die Zeit der Arbeit ist für jeden Tag um Eine Stunde zu verkürzen. In Paris, wo sie bisher elf Stunden dauerte, ist sie auf zehn Stunden; und in [ 149 ] der Provinz, wo sie bisher zwölf Stunden dauerte, auf elf Stunden herabgesetzt. b) Die Ausbeutung der Arbeiter durch sogenannte Untermeister (sous-entrepreneurs) oder durch die Marchandage ist abgeschafft. Hierbei ist wohlverstanden, daß Association der Arbeiter unter einander, Behufsgemeinschaftlichen Gewinnes, nicht zur Marchandage zu rechnen ist. – Die übrigen Bestimmungen sind von geringerm Einfluß auf die Regelung der Arbeit. —