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Die Prinzen von Orleans

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Zweiter Teil

Am 28. Juli 1835 erfolgte bei Gelegenheit einer Heerschau das erste Attentat gegen Louis Philipp. Eine furchtbare Explosion erfolgte beim Vorüberreiten des Königs und schmetterte einundzwanzig Personen seines Gefolges nieder. Ein gewisser Fieschi hatte dieses Attentat auf den König ausgeführt und wurde, nebst seinen Mitschuldigen, von der Pairskammer zum Tode verurtheilt.

In Folge dieses Versuchs auf Louis Philipps Leben wurden die bekannten Septembergesetze zur Beschränkung der periodischen Presse durch hohe Cautionen und durch Einführung geheimer Abstimmung bei den Geschwornengerichten von beiden Kammern erlassen, von dem Volke aber mit tiefster Entrüstung aufgenommen.

Bereits am 25. Juni 1836 setzte ein neues Attentat auf das Leben der königlichen Familie ganz Frankreich in Schrecken.

Ein Kaufmannsdiener, Namens Alibaud, hatte nämlich, als Louis Philipp mit seiner Schwester und Gemahlin nach Neuilly fahren wollte, am Ausgang der Tuilerien in den Wagen geschossen, um das Vaterland, wie er sagte, von feinem Tyrannen zu befreien.

< 12 >Am 6. Oktober desselben Jahres erfolgte endlich die Begnadigung von dreiundsechzig politischen Gefangenen, und bald darauf die Entlassung der Exminister Karls X. Aus Ham, da die Volkswuth gegen dieselben längst sich in Mitleid verwandelt hatte.

Ungeachtet der Ruhe, die darauf in Frankreich herrschte, wurzelte in den Gemüthern doch eine allgemeine und tiefe Mißstimmung über die Regierung, deren Ausbruch nur die Furcht vor den schweren Folgen einer neuen Revolution zurückhielt.

Auf diese Stimmung des Landes baute Louis Napoleon, Neffe des großen Kaisers und jetziger Präsident der Republik, den Plan, Louis Philipp zu stürzen und einen neuer Kaiserthron im Sinne Napoleons wieder aufzurichten.

Am 30. Oktober 1836, morgens fünf Uhr, proclamierte derselbe, von einem Theil der Straßburger Garnison unterstützt, sich als Kaiser Napoleon I. von Frankreich, wurde aber nach kurzem Kampfe mit seiner Umgebung gefangen genommen und, schnell vor Gericht gestellt, sofort nach Nordamerika deportiert.

Am 27. Dezember 1836 schoß bei Eröffnung der Kammern schon wieder ein Arbeiter, Namens Meunier, ein Pistol in den Wagen des Königs, fehlte aber und wurde zum Tode verurtheilt, begnadigt und deportiert. Dieses Attentat sollte alsbald zu neuen Zwangsgesetzen und zu einem Appanagegesetz für den Herzog von Nemours < 13 > benutzt werden, fielen aber durch. Dafür wurde die Dotation für den Herzog von Orleans und die Aussteuer für die Königin der Belgier und außerdem ein riesenhaftes Budget bewilligt.

Von jetzt an folgten sich neue Versuche, den König zu tödten und in Paris einen Aufstand zu erregen, jedoch noch immer so fruchtlos, wie seither, und so kam denn die Eröffnung der Kammer für das Jahr 1840 heran. Soult war damals Ministerpräsident und die Angelegenheiten in Afrika, die Beendigung des spanischen Bürgerkriegs und die Verwicklungen im Orient, nachdem Ibrahim Pascha von Aegypten die Türken bei Nisib geschlagen, bereiteten dem Ministerium einen schweren Stand. Der Kampf begann mit einem Angriffe Thiers" auf die Politik der Regierung in den orientalischen Angelegenheiten, in denen sich England bereits von Frankreich zu trennen begann. Im Januar trat ein Ministerwechsel in Folge dessen ein, daß ein Gesetzvorschlag Soults, die Dotation des Herzogs von Nemours betreffend, verworfen worden war. Thiers wurde Präsident und Minister des Auswärtigen, Remusat Minister des Innern, Vivien Justizminister, Gouin Handelsminister, Pelet Finanzminister, Cubières Kriegsminister, Roussin erhielt die Marine und Cousin den öffentlichen Unterricht zu seinem Wirkungskreise. Thiers richtete seine ganze Aufmerksamkeit seit dem 14. Juli 1840 auf den Orient. Er erklärte, daß ebensowenig der Pascha von Aegypten, als die Pforte fallen dürfe. Als < 14 > die vier Großmächte gewahrten, daß Thiers dem Pascha zu einer unmittelbaren Aussöhnung mit dem Sultan gerathen, ließen sie Frankreich vereinzelt, während sie selbst einen Vertrag unterzeichneten, nach dem Ibrahim Aegypten erblich und alles Land zwischen dem rothen Meere und dem See Tiberias lebenslänglich erhalten solle. Ganz Frankreich flammte vor Kriegslust auf, als es die Vollziehung dieses Vertrags erfuhr. Thiers betrieb jetzt Rüstungen zur See und zu Lande. Auch trat er mit dem Gedanken einer Befestigung von Paris hervor. Die Regierung mochte also doch an die Möglichkeit eines Angriffs, an die Umzingelung der Stadt durch feindliche Truppen, an die Abschneidung der Zufuhr, an die Zerstörung der Kunstwerke und Prachtwerke 2c. denken. Man überdachte aber nicht, daß eine Menge von Landgütern, Fabriken und Anlagen aller Art, welche in oder neben den Dörfern um Paris liegen, sogleich zerstört werden müßten, um den beabsichtigten Festungswerken Platz zu zu machen. Die Gegner Thiers hoben ferner hervor, daß zu einer solchen Riesenarbeit, die gegen zwanzig Jahre erfordern würde, die Einkünfte des Landes, bei so manchen andern dringenden Ausgaben, nicht hinreichen würden. Sie fragten: wie wolle man es anfangen, um eine Bevölkerung von einer Million Seelen auf mehrere Monate zu verproviantieren, um eine ungeheure Volksmenge, welche vom täglichen Erwerbe lebt, in Zucht zu halten, wenn ihr alle Erwerbsquellen verschlossen sein werden? Durch diese < 15 > Maßregel sank die Popularität Louis Philipps noch mehr, weil man es gar nicht glauben wollte, daß die Festungswerke aus Furcht vor einem äußern Feinde errichtet werden, von dem man nicht wußte, woher er kommen sollte. Vielmehr vermuthete man diese Anstalten gegen die Pariser selber errichtet, und wollte in diesen Festungswerken den Wiederaufbau der Bastille in größerm Maßstabe erkennen.

Während der allgemeinen Spannung über den Ausgang der orientalischen Frage, hatte der Prinz Louis Napoleon abermals ein Complott gegen Frankreich begonnen, indem er am 6. August mit einigen Anhängern bei Boulogne eindrang, und als Napoleon I. durch die Stadt zog. Er wurde, da ihm Niemand zulief, sogleich gefangen genommen und, vom Pairshof zu lebenslänglicher Haft verurtheilt, nach Ham gebracht. Nachdem Thiers mit Broglie den König zu einer Vermehrung des Heeres bewogen, beabsichtigte er die Absendung der französischen Flotte an die syrische Küste zum Schutze Ibrahims, was jedoch der König nicht zugestand. Am 18. Oktober überreichte Thiers den verbündeten Mächten ein Ultimatum, in dem er mit Krieg drohte, falls der Vicekönig von Aegypten abgesetzt werden sollte. Aber diese halben Maßregeln schreckten nicht. Nebstdem war Frankreichs Einfluß im Orient durch das Friedenssystem Louis Philipps schon verloren gegangen.

Am 15. Oktober war auf das Leben des Königs ein neuer Angriff geschehen. Bei einer Musterung der < 16 > Nationalgarde nämlich hatte ein gewisser Darmès mit einem mit sechs Kugeln geladenen Gewehre auf den königlichen Wagen geschossen, aber nur sich selbst dabei verletzt. Er starb unter der Guillotine.

Die Eröffnung der Kammern war auf den 28. October bestimmt. Der König, beabsichtigte Thiers, sollte bei dieser Gelegenheit den von den Großmächten geschlossenen Vertrag entschieden, verwerfen, und von der Kammer ausgedehnte Mittel zu fernern Rüstungen fordern. Der König aber verweigerte es. Darum forderte Thiers mit den übrigen Ministern seine Entlassung. Der König vertagte hierauf die Kammern bis zum 5. November, und ernannte am 29. Oktober ein Ministerium; in welchem Soult die Präsidentschaft erhielt. Guizot übernahm nun die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten, Duchatel das Innere, Martin du Nord das Justizwesen, Humann die Finanzen, Teste die öffentlichen Arbeiten; Villemain trat in das Ministerium des öffentlichen Unterrichts, Cunim-Gridaine wurde Handelsminister, und Duperré erhielt die Verwaltung der Marine. Dieses Ministerium hatte sich zum Ziel gesetzt, den europäischen Frieden aufrecht zu erhalten. Die Kriegsrüstungen wurden allmälig eingestellt, und der Finanzminister bemühte sich, Ordnung in die Finanzen zu bringen, die unter Thiers kriegerischen Vorbereitungen sehr gelitten hatten.

Am 15. Dezember fand die feierliche Beisetzung der Asche Napoleons im Dome der Invaliden statt. Ungeheire < 17 > heure Summen waren zu dieser Festlichkeit verschwendet worden. Der Regierung lag eigentlich nicht daran, Napoleon als Krieger zu ehren, aber sie fürchtete Ausbrüche von Gesinnungen, die sich mit den Absichten der jetzigen Minister schlecht vertragen hätten. Daher bestand der lange Leichenzug nur aus Truppen und Nationalgarde. Gespart wurde wenig, im Gegentheile, die Regierung hatte sich sogar manche unnütze Kosten gemacht. Denn man erbaute mit großen Kosten einen Tempel auf einem Schiffe, und schmückte denselben auf's prächtigste aus, und dieser Tempel war nicht einmal gebraucht worden! Nicht viel zweckmäßiger waren die großen Bildsäulen aus Gyps, welche man auf der Esplanade der Invaliden errichten ließ, und welche 1200 Franken per Stück gekostet hatten! Ein anderer fonderbarer Einfall war, römische Blasinstrumente machen zu lassen, wahrscheinlich um dem Zuge etwas Antikes zu geben. Die Tubicines konnten aber mit ihren Instrumenten à l'antique nicht fertig werden. Uebrigens hatte die Beisetzung der Gebeine des Kaisers im Invalidendome den Enthusiasmus der Nation weniger erregt, als man geglaubt hatte.

Während sich aber unter Guizots Leitung die Verhältnisse mit den europäischen Mächten wieder günstiger gestalteten, legte das Ministerium der Kammer den Plan Thiers über die Befestigungen von Paris vor, der am 1. Februar 1841 auch ohne Abänderung angenommen wurde. Ueber der Berathung eines Handelsvertrags mit Holland < I8 > wurde die Kammer am 22. Mai 1841 geschlossen. In Folge der Revision des Steuerkatasters brachen im Juli zu Toulouse und in andern Städten des Südens Unruhen aus, die durch Waffengewalt unterdrückt werden mußten.

Am 27. December 1841 eröffnete der König, nachdem er das Heer bedeutend reducirt hatte, die Kammern für 1842. Sehr heftige Debatten über die auswärtige Politik, die orientalische Frage, das Durchsuchungsrecht, hätten dem Ministerium die Majorität der Kammer beinahe entzogen. Besonders war es das zur Verhinderung des Sclavenhandels unter den europäischen Mächten eingeführte Durchsuchungsrecht der Schiffe, was die Briten beleidigte. Durch die Protestationen der Kammern gehemmt, wagte der König nicht, den Vertrag vom 20. December 1841 mit den andern Mächten unbedingt zu ratificiren. Die Trennung Frankreichs von den übrigen Cabinetten, die kaum besänftigte Erbitterung mußten dadurch wieder hervorgerufen werden. Beide Nebenbuhler rüsteten sich insgeheim zum Kriege.

 

Der 13. Juli 1842 war für die königliche Familie ein Unglückstag. Gegen elf Uhr wollte der Herzog von Orleans in einer zweispännigen Kalesche vom Pavillon Marsan nach Neuilly fahren, um von seinen hohen Eltern Abschied zu nehmen. Der Prinz war allein, er hatte keinem seiner Offiziere, ihn zu begleiten, erlaubt. Auf der Höhe der Porte Maillot wurde das Sattelpferd scheu und riß aus, in der Richtung gegen die Chemin de la < 19 > Revolte galoppierend. Als der Prinz bemerkte, daß der Postillon der Pferde nicht Meister ward, setzte er den Fuß auf den nicht hohen Kutschentritt, und sprang heraus in die Mitte der Allee. Zwar kam der Herzog mit beiden Füßen auf den Boden, aber die Gewalt des Sprunges brachte ihn zum Fall; er stieß mit dem Kopfe gegen das Pflaster, und ohne Bewußtsein blieb er auf der Stelle, wo der Fall geschehen war, liegen. Man trug dem Prinzen in ein wenige Schritte entferntes Krämerhaus. Ein in der Nähe wohnender Arzt ließ fruchtlos dem Prinzen zur Ader. Die Königin hatte kaum von dem Fall gehört, als sie zu Fuße sich auf den Weg machte, der Kömig folgte ihr. Er hatte Mittags in den Tuilerien, dem Conseil präsidieren wollen. Die bereit stehenden Wagen fuhren nun einen andern Weg. Als sie an dem traurigen Orte anlangten, gab der Prinz kein Lebenszeichen mehr. Die Königin und die Prinzessinnen Adelaide und Clementine lagen auf den Knien neben dem Bette des Sterbenden, unter inbrünstigen Gebeten Thränenströme über das theure Haupt vergießend. Die Prinzen schluchzten. Der König stand unbeweglich, die Augen fest auf das erblaßte Antlitz gerichtet, das Schweigen des tiefsten Grams beobachtend, während draußen die immer wachsende Menge bestürzt das Haus umstand. Die Gemahlin des Prinzen befand sich in den Bädern von Plombières, die beiden Söhne, der Graf von Paris und der Herzog von Chartres, auf Schloß Eu. < 20 >

Sobald sich die Aerzte vom Tode des Kronprinzen überzeugt hatten, wurden Anstalten getroffen, die Leiche nach der Schloßkapelle von Neuilly zu versetzen. Zu diesem Ende wurde auf eine Tragbahre eine Matraze geworfen, und der Leichnam darauf gelegt, der mit einem weißen Tuche bedeckt, und von vier Unteroffizieren getragen wurde. Die vom Schmerz ganz zerknirschte Königin, welche darauf bestanden hatte, zu Fuße der sterblichen Hülle zu folgen, drohte bei jedem Schritte ohnmächtig umzusinken, so daß der Herzog von Aumale sie eigentlich tragen mußte. Der König ging allein hinter der Tragbahre, und rief, von Schmerz überwältigt, fortwährend: »O mon fils, mon pauvre fils!« Der Marschall Soult führte die Herzogin von Nemours und der Marschall Gerard die Madame Adelaide, welche, wie die Prinzeß Clementine, laut schluchzten. Die Minister, Generäle, Adjutanten und ein langes Geleit von Personen aus allen Ständen folgten dem Zug. Erst gegen sechs Uhr konnte man die Königin von der Leiche trennen, um sie nach ihren Gemächern zu bringen, wo die Aerzte, die eine Nervenkrisis befürchteten, sie sogleich umgaben. Der König hatte, um die Papiere des Prinzen unter Siegel zu stellen, sich in sein Cabinet zurückgezogen. Hier erwachten plötzlich die väterlichen Gefühle, und unter einem Thränenstrome rief er die ganze Nachr hindurch nach dem Sohne, der ihm auf so klägliche Art entrissen wurde.

Am 30. Juli wurden die irdischen Ueberreste des < 21 > Herzogs von Orleans von Neuilly in die Kirche Notre Dame gebracht. Eine dreimal größere Menschenmasse, als beim Trauerzuge Napoleons, hatte sich auf beiden Seiten des Weges aufgestellt. Um eilf Uhr verkündete das Zeichen von 21 Kanonenschüffen den Aufbruch; kurz vor zwei Uhr passierte erst der Zug über den Concordienplatz und nach drei Uhr langte er vor Notre-Dame an, wo der Erzbischof, an der Spitze eines Diözesanclerus, ihn empfing. Auf ausdrücklichen Wunsch der Königin ging Alles schweigend vor sich, nur das dumpfe Rollen der Trommeln, und der gedämpfte Trauerton der Trompeten der Reiterabtheilungen ließen sich zeitweise in kurzen Momenten vernehmen, oder es sang die Proceffion von Priestern, welche ein silbernes Kreuz vorantrug, im ergreifenden Chorale heilige Grablieder. Die Trauerwagen, von denen der eine in einer Urne das Herz, der andere den Leichnam des Verewigten trug, zeigten weniger Aufwand an Vergoldung und Emblemen, als der Napoleonische. Dagegen behauptete er durch Einfachheit der Ausschmückung vor jenem den Vorzug. Die acht Marschälle, welche die Enden des Leichentuches hielten, waren, mit den Insignien ihrer Würde in der Hand, zu Pferde, die vier Prinzen folgten in zwei Wagen. Die Reiterlegion, der Nationalgarde, welche vor dem Trauerwagen im Zuge ritt, war noch nie so zahlreich beisammen gewesen. In der von oben bis unten schwarz behangenen, durch Wachsfackelschein erleuchteten Kathedrale waren am 3. August die < 22 > beiden Kammern, das diplomatische Corps, die obersten Civil- und Militairbehörden, in tiefe Trauer gekleidet, versammelt. Nach der Todtenmesse, welche der Erzbischof absang, und der Einfegnung der Leiche, beschritten die Prinzen, welche über der Uniform den schwarzen Trauermantel trugen, die Estrade, auf welcher der Entschlafene ruhte, um ihn mit Weihwasser zu besprengen. Denselben Akt vollzogen nach ihnen Baron Pasquier, der Kanzler von Frankreich, Marschall Soult, der Ministerpräsident, Herr Lafitte, der Kammerpräsident, und Graf Appony, als Senior des diplomatischen Corps.

Am 4. August, Morgens drei Uhr, traf der König, in Begleitung des Conseilpräsidenten, des Grafen Montalivet und des Generals Rumigny, auf dem Schlosse zu Dreux ein, um der Beisetzung der Leiche des Kronprinzen beizuwohnen. Um vier Uhr hatten sich die Prinzen in Notre-Dame eingefunden. Sofort wurde der Sarg von acht Männern vom Katafalk genommen und auf den Leichenwagen gehoben. Der Zug setzte sich in folgender Ordnung in Bewegung: ein Piquet Lanciers, zwei Schwadronen berittener Pariser Nationalgarde, ein Trauerwagen mit zwei Bischöfen, der Leichenwagen, unter der Obhut von vier Domherren, sämmtliche Offiziere der ersten, zweiten und fünften Schwadron der Pariser Nationalgarde; ein Trauerwagen mit dem Herzoge von Nemours, dem Prinzen Joinville, den Herzogen von Aumale und Montpensier, die Adjutanten und Ordonnanzoffiziere < 23 > der Prinzen, mehrere Begleitungswagen, ein Piquet Reiterei. In Versailles stand die Nationalgarde und Linie unter den Waffen, das Rathhaus war schwarz drapiert, und die Civil-, Militair- und geistliche Behörde daselbst vereinigt. Um halb sieben Uhr verkündete Kanonendonner die Ankunft des Trauerzugs in der Stadt. Vor der großen Treppe des Rathhauses machte der Zug Halt. Der Erzbischof von Paris und der Bischof von Evreux stiegen aus. Nun stimmte der Clerus das »de profundis« an, worauf der Bischof von Versailles den Sarg mit dem Weihwasser besprengte, und die drei Fahnen der Nationalgarde über dem Wagen geschwenkt wurden. Ein Militairgeleite verstärkte den Zug. Um halb zwei Uhr Nachmittags verkündigten einundzwanzig Kanonenschüsse und Glockengeläute den Eintritt in Dreux. Eine ungeheure Menschenmenge war versammelt, und ein Clerus von 300 Priestern mit dem Bischof von Chartres. An das Thor war die Urne mit dem Herzen auf einem sechsspännigen, der Sarg auf einen achtspännigen Leichenwagen gebracht worden. Unmittelbar hinter demselben kamen die Prinzen zu Fuße. Den Beschluß machten 150 Arme, welche der König gekleidet und gespeis’t hatte. Unter Kanonendonner erreichte der Zug um halb vier Uhr die Schloßkapelle, in welcher der König an die Spitze der Leidtragenden trat. Der Sarg wurde auf den düster erleuchteten Katafalk gesetzt, und der Gottesdienst dauerte dreiviertel Stunden, während welcher der König stehen < 24 > blieb. Hiernach wurde der Sarg in die untere Kapelle versenkt, um dort neben demjenigen der verewigten Prinzessin Marie von Würtemberg zu ruhen, bis die Gruft gebaut sein würde. Nach vier Uhr war Alles zu Ende.

Schon am 26. Juli war von den zusammengetretenen Kammern die Regentschaftsfrage verhandelt worden. Dieselbe fiel dahin aus, daß der nächste männliche Agnat, wenn er einundzwanzig Jahre alt und keinen fremden Thron einnimmt, bei der Minderjährigkeit des Königs Regent sein soll; der Mutter sei dabei die Erziehung und die Vormundschaft vorbehalten. Die Minister erhielten bei der Abstimmung über dieses Gesetz 392 Stimmen.

Allgemeine Aufmerksamkeit erregten um diese Zeit die Bewegungen des Klerus und die unter dem Schilde der Unterrichtsfreiheit mit der Universität geführten Kämpfe der Jesuiten. Die Geistlichkeit nämlich verlangte die nach der Julirevolution verheißene Unabhängigkeit der Lehranstalten. Sie wollte ganz unabhängig vom Minister des öffentlichen Unterrichts und von der Universität fhalten, welche bekanntlich in Frankreich die höchste Behörde des Unterrichswesens ist, und das gesammte Lehrpersonal beaufsichtigt. Während alle öffentlichen Lehransalten unter ministerieller Aufsicht stehen, wollte die Geistlichkeit von aller Aufsicht frei sein. Sogar der Erzbischof von Paris, so gut er sonst mit der Regierung stand, hielt es in diesem Punkte mit seinen Collegen, und brachte in einer Flugschrift, welche angeblich der Heftigkeit einiger Geistlichen entgegentreten sollte, dieselbe Anmaßung vor. Das Volk aber hatte große Furcht vor der Rückkehr der Jesuiten, die seit 1830 außerordentlich herangewachsen waren, und man meinte, diese stecken hinter der Geistlichkeit, und würden bald hervortreten, um sich der öffentlichen Erziehung wieder zu bemächtigen. Einige kleine Versuche, welche sie gewagt, um sich in Frankreich wieder einzuschleichen, berechtigten einigermaaßen zu diesem Argwohn. Der Unterrichtsminister, Villemain, berührte diesen Streit in einer Rede, die er bei der Preisverthei- lung in der Sorbonne gehalten. Die Geistlichen beschul- digten die öffentliche Behörde geradezu, daß sie den Vor- trag verderblicher Lehren dulde und begünstige. Villemain bemerkte darauf, daß der öffentliche Unterricht in Frankreich auf organischen Gesetzen gegründet sei, und keiner andern, als der dazu angeordneten Behörde übergeben werden könne. Es könne der Regierung nicht einfallen, die Jugend den Händen einer Corporation zu übergeben, welche ihren Stützpunkt in Italien hat, und ihr früher so viel zu schaffen machte, wenn sich auch nicht der Geist der Nation so heftig wider die Wiedereinsetzung des intriguanten Ordens sträubte. Einer Regierung, welche in Frankreich die Jesuiten begünstigen wolle, könne es leicht gehen, wie es den Jesuiten gegangen; Karl X. habe dies bitter genug empfunden.

Ein wichtiges Moment in dem Leben Louis Philipps war der Besuch der Königin Victoria auf dem Schlosse Eu. Am Morgen des 2. September 1843 fuhr die Beherrscherin des britischen Reiches von Cherbourg ab. Bald darauf dem ihr vom König entgegengesandten Prinzen von Joinville auf offener See begegnend, hatte sie sich sogleich von ihrer Escorte getrennt und war, die Kraft und Schnelligkeit ihres Dampfschiffes benutzend, gegen sechs Uhr Abends, weit früher als ihre Escadre, auf der Rhede von Tréport eingetroffen. Sobald die Kanonen der vor dem Hafen stationierten Kriegsschiffe das Nahen der Königin signalifirt hatten, bestieg der auf dem Schloffe von Eu sich befindende König seinen Wagen und fuhr, begleitet von der ganzen königlichen Familie und gefolgt von drei Ministern, dem englischen Botschafter, dem Grafen St. Aulaire und dem Marschall Sebastiani 2c, nach Tréport, auf dessen südlichem Kai, wenige Schritte von dem für die Königin Victoria bestimmten Landungsplatze, ein reich dekoriertes Zelt aufgeschlagen war. Der König bestieg mit den Prinzen und Ministern das bereitliegende königliche Ruderboot und fuhr den hohen Gästen entgegen. Der Hafen bot in diesem Augenblicke ein prächtiges Schauspiel dar. Das Meer, glatt und glänzend, wie ein ungeheuerer Silberspiegel, warf die Feuerstrahlen der sinkenden Sonne zurück. Auf der Fläche der klaren Fluth wiegten sich, im Schmuck aller Flaggen, die mächtigen Kriegsschiffe. Die von vierundzwanzig Ruderern getriebene Schaluppe des Königs glitt rasch dahin durch die See, während vom offenen Meere her das englische Dampfschiff heranbrauste. Sobald die Königsschaluppe diesem nahe war, zog dieses die französische Flagge auf. Als der König die Treppe hinaufstieg, trat ihm die Königin Victoria entgegen; er umarmte sie mit großer Innigkeit und drückte dem Prinzen Albert die Hand. Auf der königlichen Yacht waren der Prinz von Joinville, die Herzöge von Aumale und von Montpensier, der Prinz von Sachsen-Coburg, Lord Aberdeen, Graf St. Aulare und Marschall Sebastiani Zeugen dieser Scene. Die Königin von England wandte sich hierauf mit den freundlichsten Worten an Guizot und grüßte auch die übrigen Herren aus der Begleitung des Königs. Darauf stieg sie, von dem Letzteren eingeladen, mit ihm in seine Schaluppe, welche alsbald den englischen »Royal Standard« aufzog, und mit den beiden gekrönten Häuptern, dem Prinzen Albert und den französischen Prinzen den Rückzug antrat; die übrigen Herren folgten auf dem Dampfschiffe nach. Zugleich begaben sich die Königin der Franzosen und die übrigen fürstlichen Damen vom Ende des südlichen Kais in das Zelt, wo ebenfalls die englische Flagge aufgezogen ward. Bei der Einfahrt in den Hafen salutierten alle Batterien, ertönten die Trommeln, präsentierten die Truppen das Gewehr, die Reiter schwenkten die Säbel, die Musik spielte das englische Nationallied: »Gott erhalte die Königin!« Unter allgemeinem Freudenruf betrat Victoria den Boden Frankreichs. Das Journal des Debats dem wir diese Beschreibung entlehnten, knüpft daran die Betrachtung, daß die Souverainin Englands durch ihren Besuch dem König von Frankreich ein Pfand politischer Sympathie und guten Einverständnisses hatte geben wollen. Aber diese Schlußfolge wurde durch die nächste Zukunft als falsch erwiesen. Wie lebhaft war doch die englische Presse durch die von Louis Philipp gestiftete spanische Doppelheirath aufgeregt worden! Welch eine Explosion von Beschuldigungen! Lag darin eine Beruhigung des europäischen Gleichgewichts, daß die Töchter Ferdinands VII. Zwei Bourbons heiratheten, von denen der Eine ein Spanier, der Andere Franzose ist? England klagte über Verletzung des Utrechter Vertrags, aber man konnte in der That, ohne jenen Vertrag weder den Worten noch dem Sinne nach zu verletzen, den Wünschen der Spanier nachgeben, die einige Jahre früher den Herzog von Aumale verlangten, um die Hand der Königin Isabella zu empfangen. Man hat es nicht gethan; verzichtete man aber darum auf jede andere Verbindung zwischen den Bourbons von Frankreich und Spanien? War fortan jede eheliche Verbindung zwischen den Prinzen und Prinzessinnen beider Häuser unmöglich? Und das ist doch, was man behaupten müßte, wenn man den Beschuldigungen der englischen Presse irgend eine Begründung zuerkennen will. Vor länger als einem Jahrhundert wurde nach einem langwierigen Kampfe zwischen den Mächten Europas ausgemacht, daß Ludwigs XIV. Abkömmlinge den spanischen Thron legitim einnehmen sollten, und damals ward als Prinzip festgestellt, daß die Kronen von Frankreich und Spanien in keinem Falle auf. Einem Haupte vereinigt werden dürften. Gegenseitige, in Madrid und Versailles feierlich geschehene Verzichtleistungen sanctionierten diese Grundbedingung des Utrechter Vertrags. Das ist Alles, was England damals wollte; und darum arbeitete es auch, sobald es die Ueberzeugung hegte, daß Ludwig XIV. aufrichtig in die perpetuierliche Trennung der beiden Monarchien willige, thätig auf die allgemeine Pacifikation hin. Gleich beim Beginn der Unterhandlungen hatte die Königin Anna zum französischen Bevollmächtigten gesagt: »Ich werde. Alles, was in meiner Macht steht, dazu beitragen, den Krieg baldigst zu beendigen.« Gegenwärtig, wo alle Großmächte die Erhaltung des Friedens ebenso, wie damals die Königin Anna, wünschen, wäre es doch merkwürdig, wenn Louis Philipp, den man so oft den Napoleon des Friedens nannte, einen Schritt begangen hätte, welcher den Friedens Europas gefährden könnte.

 

Frankreich ist also dem Sinne der alten Verträge treu geblieben und hatte das Recht, wenn es einen seiner Prinzen der Schwester der Königin Isabella zum Gemahl gab. War es nun eine bessere Politik, sich gleichgültig in einer solchen Angelegenheit zu zeigen, und Englands Thätigkeit die Frage der Doppelheirath anheimzugeben? Frankreich fand in der Verheirathung der Königin Isabella und der Infantin eine natürliche Weranlassung, seinen Einfluß in Spanien zu sichern, und zwar in einer Weise, welche nichts Verletzendes hatte. Es handelte sich hier weder um Eroberung, noch um bewaffnete Intervention. Gerade die gewaltsamen Einmischungen hatten Spanien Frankreich entfremdet. Im Jahre 1823 glaubte der ältere Zweig der Bourbons mit bewaffneter Hand in den inneren Angelegenheiten der Halbinsel intervenieren zu müssen, und obgleich sich die Franzosen jenseits der Pyrenäen mit großer Mäßigung benahmen, so versöhnte, trotz des Triumphes über Ferdinands VII. Feinde, ihre Gegenwart, dennoch die Gemüther nicht mit Frankreich. Sah man nicht in den letzten Jahren, wie Espartero seine Popularität in einer systematischen Feindseligkeit gegen Frankreich suchte? Die Königin Christine und die gemäßigte Partei hatten sich auf den französischen Einfluß gestützt; er verjagte die Königin Christine aus Spanien und profribierte die Moderierten. Durfte also die französische Politik einen andern Zweck vor Augen haben, als den, das ganze Terrain wieder zu erobern, welches sie verloren hatte, und die Vereinigung beider Länder zu befestigen? Welche günstigere Gelegenheit bot sich aber zur Erreichung dieses Zweckes dar, als die doppelte Vermählung der Königin und ihrer Schwester? Hat doch England selber, als dessen Regierung von dem aufrichtigen Wunsche beseelt war, das herzliche Einvernehmen zu erhalten, Frankreichs Interesse und Recht anerkannt, alle seine Aufmerksamkeit und Sorgfalt auf die Vermählungsfrage der Königin Isabella und ihrer Schwester zu richten. Man muß, um über diese Debatte ins Klare zu kommen, wissen, daß zu der Zeit, wo Lord Aberdeen die Königin Victoria nach Schloß Eu begleitete, zwischen ihm und Guizot sehr ernste und mündliche Verhandlungen über die spanischen Angelegenheiten gepflogen wurden. Man machte sich von bei- den Seiten Zugeständnisse. Was die Heirath der Königin Isabella betraf, so verzichtete England darauf, einen Koburg vorzustellen, und Frankreich den Herzog von Montpensier. Verabredet ward, daß die junge Königin einen Abkömmling Philipps V. heirathen sollte. Was die zweite Verheirathung anbetraf, so machte sich die französische Regierung verbindlich, die Verheirathung des Herzogs von Montpensier mit der Infantin bis zu dem Augenblicke zu verschieben, wo die Königin der Krone einen Erben gegeben haben würde. Allein dabei wurde zugleich auch ausgemacht, daß, sobald Frankreich die Candidatur eines Coburg wieder erscheinen sähe, es sich von allen darauf bezüglichen Verbindlichkeiten für entbunden ansehen würde. Auf diese Weise gelangte man zu einer Lösung, welche Spaniens Zukunft sicherte, ohne daß die gute Harmonie zwischen Frankreich und England im Geringsten gestört ward. Diesem Ziele wollte Lord Aberdeen mit voller Aufrichtigkeit entgegengehen.

Allein es gab eine Person, welche bei diesen Eheverhandlungen sehr interessirt war, sich aber durch diese Vereinbarung nicht befriedigt fühlte. Die Königin Christine war überzeugt, daß große Inconvenienzen damit verknüpft seien, wenn man die beiden Ehen der Königin und Infantin nicht zu gleicher Zeit schlösse, indem man durch Vertagung der zweiten sicher eine offene Thüre unglücklicher Eventualitäten ließe. In der Frage der Verheirathung trat ein Aufschub ein. Diese von Neuem auftauchenden Schwierigkeiten bestimmten die Königin Christine, einen Agenten an den Prinzen Ferdinand von Coburg zu senden, welcher sich damals in Lissabon befand. Es läßt sich glauben, daß die Eröffnungen dieses Agenten gute Aufnahme fanden. Der englische Repräsentant in Madrid ging auf den Vorschlag der Königin-Mutter ein. Herr Bulwer fand seine Eigenliebe stets darin geschmeichelt, im Widerspruche mit Frankreich zu stehen, selbst auf die Gefahr hin, einer Störung der guten Harmonie zwischen den beiden Ländern. Demnach strebte er nach dem Erfolge der Candidatur des Prinzen von Coburg mit einer Lebhaftigkeit, die ihm einen Tadel von Lord Aberdeen zuzog. Letzterer erinnerte sich dessen, was auf Schloß Eu gesprochen worden war, und mißbilligte in seiner Loyalität Versuche, die, wie er wohl wußte, das gute Einvernehmen zwischen England und Frankreich gefährden mußten. Herr Bulwer war so empfindlich über die von seinem Chef kundgegebene Mißbilligung, daß er seine Entlassung einreichte. Inzwischen zogen Sir Robert Peel und seine Collegen sich vom Ruder der Geschäfte zurück.