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Die Prinzen von Orleans

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»Der Dauphin, der meine Gefühle theilt, leistet ebenfalls zu Gunsten eines Neffen Verzicht auf seine Rechte.

»Sie werden mithin, als Generallieutenant des Königreichs, die Gelangung Heinrich V. zur Krone proclamieren lassen. Sie werden übrigens alle in Ihr Amt einschlagenden Maßregeln treffen, um die Gestaltung der Regierung während der Minderjährigkeit des neuen Königs zu ordnen. Ich beschränke mich darauf, diese Verfügungen bekannt zu machen; dies ist ein Mittel, noch viele Uebel zu vermeiden.

»Sie werden meine Bestimmungen dem diplomatischen Corps mittheilen, und mir sobald als möglich die Proclamation bekannt machen, durch welche mein Enkel unter dem Namen Heinrich V. als König anerkannt werden wird.

»Ich beauftrage den Generallieutenant de Foiffac- Latour, Ihnen diesen Brief zuzustellen. Er ist beauftragt, sich mit Ihnen zu besprechen über die Einrichtungen, welche zu Gunsten derer, die mich begleitet haben, zu treffen sind, sowie über die angemessenen Einrichtungen, mich und den Ueberrest meiner Familie betreffend.

»Wir werden später die weitern Maßregeln treffen, welche natürliche Folgen des Regierungswechsels sind.

»Ich erneuere Ihnen, mein Cousin, die Versicherung der Gesinnungen, mit denen ich bin Ihr wohl affektionierter Cousin

Karl.«

So vertraute Karl X. sich gänzlich der Redlichkeit des Herzogs von Orleans an. Der Gedanke, daß es anders kommen könne, kam ihm nicht ein einziges Mal in den Sinn; hatten nicht so eben die herzlichsten Versicherungen der Anhänglichkeit des Prinzen, alles Mißtrauen im Keime erstickt? Er hätte seinen Verwandten zu verläumden geglaubt, wenn er ihm zugetraut hätte, daß er nach der Krone trachte!

Was hatte der Herzog von Orleans, der Generallieutenant des Reich, der Beschützer Heinrich V. nun zu thun?. . . Nahm er für sich selbst die Krone , die nach den Grundsätzen, die er, der Herzog von Orleans, zu vertheidigen geschworen hatte, diesem königlichen Kinde gehörte, wie er schon zu Gunsten des Herzogs von Aumale die Erbschaft des Prinzen von Condé angenommen hatte?. . .  Das wollte er aber um seine Absicht zu verbergen, wendete er sich zu Herrn von Schonen und rief aus:

»Heinrich V. ist Euer König«

Und seine Gemahlin sagte, sich in seine Arme werfend:

»Sie sind der rechtschaffenste Mann des Königreichs!«

Hier hätte ihm wohl obgelegen die ehrenvolle Laufbahn, die vor ihm lag, zu betreten; oder er hätte wenigstens versuchen sollen, als Vormund des königlichen Kindes den Genuß der Macht mit der Ehrfurcht gegen seine Verwandten zu vereinigen.

Statt alles Dessen wählte der Generallieutenant des Reichs Commissaire, die er beauftragte, die Abreise der königlichen Familie zu beschleunigen, es waren die Herren Odillon-Barrot, Jacqueminot, von Schonen und der Marschall Maison.

Indem der Herzog von Orleans die besiegte Dynastie vertrieb, hatte er Alles zu ihrer Einschiffung vorbereitet. Vor ihrer Abreise nach Rambouillet wurden die Commissaire im Palais-Royal empfangen. Louis-Philipp, sagte ihnen, die ältere Linie habe ihn nur zum General-lieutenant des Königreichs ernannt, um ihn in den Augen, des Volks zu compromittiren, und äußerte noch Mehres, so daß der Herzog von Coigny die Vertheidigung Karls X. gegen ihn übernahm.

Die Commissaire reisten ab und Louis-Philipp schickte an den »Courrier français«, ein seinen Interessen ergebenes Blatt, einen von ihm verfaßten Artikel, in welchem er die Illegitimität des Herzog von Bordeaux zu beweisen versuchte.

Indem die Republikaner nach Rambouillet gingen, verdarben sie ihre Sache, setzten die Zukunft des Volkes aufs Spiel und fielen in einen Hinterhalt.

Die republikanische Partei erklärte der Regierung und jeder Tyrannei den Krieg; aber sie stützte sich nicht immer auf den reinen Willensausdruck des Volkes. Daher, die außerordentlichen Gefahren und Verlegenheiten.

Jene verwegenen Männer stürzten sich in die Laufbahn, die ihre Excentricität ihnen vorzeichnete. Man stürzte sie im den Abgrund, aus dem sie vernichtet, aber nicht besiegt, hervorgegangen sind.

Es ist nicht zu läugnen, daß die Republik manches Heilsame hervorgebracht hat. Umsonst sprechen die Feinde derselben von den blutigen Tagen von 1793. Die, welche die Geschichte nach ihren Resultaten beurtheilen, erinnern sich, daß der Convent die Keime vieles Großen befruchtete, Frankreich seine natürlichen Grenzen zurückgab, und die Seele des Volkes erhob, indem er es die Freiheit kennen lehrte.

*                   *
*

Am 6. August vor Eröffnung der Sitzung stellten die Herren Guizot und von Broglie, dem Entwurf Herrn Bérards einen andern entgegen, der jedoch von den allerantinationalsten Ansichten ausging.

Die beiden Minister hatten die vorzüglichsten Garantien des Entwurfes von Herrn Bérard gestrichen.

Nachdem die Sitzung unter dem Vorsitz des Herrn Lafitte (der Casimir Périer’s Stelle vertrat) eröffnet war, las Bérard seine eigne Arbeit der Kammer vor und erregte damit die lebhafteste Theilnahme. Da aber Herr Demarcay sich erhoben hatte, um gegen zu unentschiedene Modificationen zu protestiren, wurde eine Commission ernannt.

Plötzlich wurde die Nachricht gebracht, daß drohende Gruppen den Palast umgäben, welche riefen: »Nieder die Minister! nieder die Kammern, die uns verrathen!« – Zitternd und entsetzt über die drohende Stellung des Volkes, erklärten die Deputirten, die sich am Entschiedensten für den Herzog von Orleans erklärt hatten, daß sie sich nicht mehr zu ihm halten, daß sie thun wollten, was die Nation verlange; sie verleugneten die neue Partei, wie sie die alte verrathen hatten. Diese sogenannten Gesetzgeber versprachen, das Volk solle zu Rathe gezogen werden! Sie erwarteten mit Ungeduld das Gutachten der Commission, denn sie fühlten wohl, daß sie, die sie nur unter Karl X. Deputierte gewesen waren, kein Recht hatten, die Nation zu repräsentieren!

Nur Schnelligkeit konnte sie retten und es ihnen möglich machen, den Herzog von Orleans zu krönen. Deßhalb mußte um jeden Preis verhindert werden, daß das Volk klar in der Sache sah; mit Kühnheit mußte jedem Widerstande vorgebeugt werden. War die neue Regierung – 248 – erst einmal begründet, was kümmerten sie dann die verspäteten Protestationen des Volkes, die sich die Mission auferlegt hatten, seine Rechte zu vertheidigen?. . . Louis Philipp hatte ja die Wahrheit der That für sich, wenn ihm auch die der Legitimität fehlte!. . . Herr Dupin der Aeltere sagte mit großer Arroganz: »Besitz geht vor Recht!« Uebrigens wußte man auch nur zu gut, daß das Volk nicht zu oft zu Revolutionen geneigt ist. Das Volk, so leicht für Undankbare zu gewinnen, sollte ohne Murren sein altes Joch wieder aufnehmen.

Um neun Uhr Abends kam Dupin zu den versammelten Deputierten, um ihnen sein Gutachten vorzulesen; aber man erhob sich so kräftig gegen das Auffällige einer solchen Uebereilung, daß die Berathung auf den folgenden Tag verschoben ward.

Die Aufwiegler des Herzogs fürchteten so sehr die Blicke des Publikums, daß sie kühn genug waren, die Deputierten während der Nacht benachrichtigen zu lassen, daß die Sitzung des Morgens acht Uhr im Hotel Bourbon stattfinden werde; darum waren die Journalisten, denen gesagt war, um zehn Uhr werde die Sitzung sein, abwesend, und die Rednerbühnen leer.

Zuerst erhoben sich die Herren Demarcay und Cormenin unwillig, um der Kammer die Willkürlichkeit, die sie sich anmaße, zu bestreiten. Der Erste sagte Mehres über den Mann, den man verstohlener Weise zum König machen wollte. Der Zweite, der die Dynastie des Sohnes von Philipp Egalité mit so harten Stößen treffen sollte, erklärte, daß die Usurpation offen am Tage liege.

Nach der Vorlesung von Hrn. Dupin’s Gutachten erklärte Hr. Berryer, dieser Mirabeau, dessen irregeleitetes Herz den Grundsätzen der Legitimität folgt, feierlich, daß die Kammer nicht das Recht habe, über das Königthum zu verfügen, indem sie die Dynastie verändre. Er wurde mit Achtung angehört. – Diese schöne, so erhabene und harmonisch besaitete Natur hat das ausgezeichnete Glück, von Feinden und Freunden gleich bewundert zu werden. – Aber die Unglücklichen behalten wenig Vertheidiger; Berryer war der Letzte, der im Palais Bourbon für die ältere Linie sprach.

Hr. v. Cormenin war der Einzige von allen Deputirten der radikalen Opposition, welcher sich enthielt zu stimmen, weil das Volk nicht gefragt war; er war der Einzige von Allen, welcher protestierte gegen das, was er eine Usurpation ohne Gleichen nannte. Dieser Bürger, der nicht in die Ernennung des Herzog zum Generallieutenant willigen wollte, forderte seinen Abschied mit folgenden Worten:

»Ich habe von dem Volke weder eine Vollmacht, noch habe ich seine Bestätigung erhalten. Zwischen diese beiden Extreme gestellt, bin ich völlig außer Stande, weder einen König oder eine Charte zu machen noch einen Schwur abzulegen. Ich bitte die Kammer, in meine Entlassung zu willigen. Möge mein Vaterland immer frei und ruhmgekrönt sein!«

Umsonst verbreiteten die Bürger das Gerücht, Hr. v. Cormenin sei Karlist; es wurde ihnen nicht geglaubt.

Es blieb Louis Philipp nichts übrig, als durch Ceremonien, welche dem großen Haufen imponieren, seine Gelangung zur Krone zu sanctionieren. Hiernach wurde Montag den 9. August im Palais Bourbon Alles zu einer königlichen Sitzung vorbereitet; und in diesem Kreise verlas der neue Monarch, nachdem er sich gestellt hatte, als verachte er das übliche Ceremoniell, nachdem er Hrn. Casimir Périer, der ihn Louis Philipp von Orleans nannte, unterbrochen und ihm zugeflüstert hatte: »Sagen Sie einfach Louis Philipp,« seine Annahme der Krone in folgenden Worten:

»Meine Herren Pairs, meine Herren Deputierten!

»Mit großer Aufmerksamkeit habe ich die Erklärung der Deputierten-Kammer und die Zustimmungsacte der Pairs-Kammer gelesen; ich habe alle Ausdrücke derselben überlegt und erwogen.

 

»Ich nehme ohne Rückhalt oder Einschränkung alle Bedingungen und Verpflichtungen, welche diese Erklärung enthält und den Titel eines Königs der Franzosen, welchen dieselbe mir ertheilt, an, und bin bereit, die Befolgung derselben zu beschwören.«

Hierauf erhob sich der Sohn von Philipp Egalité, zog seinen Handschuh aus und sprach folgenden Eid:

»Ich schwöre im Namen Gottes die constitutionelle Charte mit den in der Declaration ausgesprochenen Modificationen getreulich aufrecht zu erhalten; nur nach dem Gesetz und durch das Gesetz zu regieren; gute und pünktliche Justiz ausüben und Jedem sein Recht widerfahren zu lassen; und in Allem nur einzig und allein das Glück und den Ruhm des französischen Volkes zu berücksichtigen.«

Nachdem der Scepter, die Krone, das Schwert und die Hand der Justiz, Attribute des Königthums, vor ihm ausgebreitet waren, lächelte der neue König, bedeckte sich, bestieg den Thron und hielt folgende Rede:

»Ich habe einen wichtigen Akt vollzogen. Tief fühle ich die ganze Ausdehnung der Pflichten, welche derselbe mir auferlegt. Ich habe das Bewußtsein, daß ich sie erfüllen werde. Ich habe mit voller Ueberzeugung den Vertrag, der mir angeboten ist, angenommen.

»Ich wünschte lebhaft, den Thron, auf welchen der Wunsch der Nation mich ruft, niemals zu besteigen, aber Frankreich, in seinen Rechten angegriffen, sah die öffentliche Ordnung in Gefahr; die Verletzung der Charte hatte Alles erschüttert, die Herrschaft der Gesetze mußte wieder hergestellt werden , und es war die Sache der Kammern, dieses zu bewirken. Sie haben es gethan, meine Herren: die weisen Modificationen der Charte, die wir festgestellt haben, garantiren die Sicherheit der Zukunft, und Frankreich wird, so hoffe ich, glücklich im Innern, geachtet im Auslande und der Frieden Europas mehr und mehr gesichert sein.«

– So gelangte Louis Philipp zum Throne. Unsere Aufgabe ist jedoch hiermit noch nicht beendet, was seit 1830 geschah, gehört der Politik und der Geschichte an.

Während der Herzog von Orleans die Zügel der Regierung ergriff, waren in dieser, so mit Armen überfüllten Stadt, die arbeitenden Classen, die sich so tapfer geschlagen hatten, nach dem Triumphe in nur um so tieferes Elend versunken. . . . . . . . . . . . .

In dieser Zeit starb der Herzog von Condé und hinterließ sein unermeßliches Vermögen dem Herzog von Aumale und einer Nichte, der Frau von Feuchères. Dieser geheimnißvolle Sterbefall erweckte den größten Argwohn: Frau von Feuchères, von der öffentlichen Meinung angeklagt, ward, freundschaftlich im Schlosse empfangen. . . Die Rohans verloren ihren Prozeß vor den Richtern, gewannen ihn aber in der Meinung des Volkes, welches noch bis diese Stunde glaubt, daß der Prinz von Condé ermordet ist, und hohe Personen dieses Verbrechens beschuldigt.

Die Disharmonie war nicht nur unter der Nation, sondern auch unter den Oberhäuptern derselben. Herr Odillon-Barrot, Polizeipräfecte, ein kleiner Geist, Freund kleiner Reformen und kleiner Concessionen, richtete eine Proclamation an das Volk in welcher er dasselbe aufforderte, geduldig zu leiden und zuletzt die Gewandtheit der Kammer tadelte. Nun wurde Barrots Absetzung beschlossen, Herr Sebastiani übernahm es, ihm diesen Beschluß bekannt zu machen. Als aber Herr Dupont (de l’Eure), und mit ihm die Herren Lafitte und La Fayette erklärt hatten, daß sie sich dann auch zurückziehen würden, schwankte der König.

Eines Abends kam Louis Philipp mit sehr freudiger Miene zum Conseil und kündigte an, daß Herr La Fayett in die Absetzung Barrot’s willige.

»Ew. Majestät irrt sich jeden Falls,« sagte Herr Dupont (de l’Eure).

»Ich habe es gehört, mein Herr.«

»Erlauben Sie mir, Sire, an einen Irrthum von Ihrer Seite zu glauben. Herr von La Fayette hat gegen mich ganz anders gesprochen, und ich halte den General nicht für fähig, sich in solchem Grade zu widersprechen.«

Das Gesicht des Königs ward purpurroth.

»Uebrigens,« fuhr der Siegelbewahrer entschlossen fort, »reden wir von dem, was mich betrifft. Da Herr Odillon-Barrot sich zurückzieht, richte auch ich an Ew. Majestät die Bitte um meine Entlassung.«

»Aber Sie haben mir heute Morgen ganz das Gegentheil gesagt.«

»Ich, Sire! Diesmal kann ich mit Gewißheit behaupten, daß Sie sich irren.«

»Was mein Herr, Sie trafen mich Lügen. Die ganze Welt soll wissen, daß Sie sich gegen mich vergangen haben.«

»Sire« antwortete Dupont mit Würde: wenn der König Ja gesagt hat und Dupont Nein sagt, so weiß ich nicht, welchem von Beiden Frankreich glauben wird.«

Als Dupont aufgestanden war , um den Saal verlassen, hielt der Herzog von Orleans ihn zurück. . .  Louis Philipp umarmte den Siegelbewahrer; aber von diesem Tage an dachte er darauf, ein andres Cabinet zu bilden, was viele Verlegenheiten veranlaßte.

Das neue Ministerium bestand aus den Herren Lafitte, Präsidenten des Confils, für die Finanzen; Dupont für die Justiz; Maison für die auswärtigen Angelegenheiten; Montalivet für das Innere; Gerard des Krieges; Sebastiani der Marine; Merilhou des öffentlichen Unterrichts. Diese Zusammensetzung gefiel dem Könige. Mit Ausnahme Dupont’s, dessen Tugend sich nicht zu beugen verstand, konnte er auf diese Männer, deren Herz gemein, deren Geist beschränkt war, rechnen.

Bald fürchteten die Deputierten nicht mehr, die Presse anzugreifen (die ihnen allerdings zu antworten, wußte). Zunächst galt es dem Vorschlage der Herren Bavour und Tracy, den Stempel und die Cautionsbestellung der Journale abzuschaffen. Bei diesem Vorschlage ließen die Herren Guzot und Broglie sich in bittern Worten vernehmen, die besonders verwegen waren, am Tage nach einer vom Volk bewirkten und von der Burgeoisie, schlau beendigten Revolution, von jener Burgeoisie, welche, nachdem sie gesiegt , ein Vergnügen daran zu finden schien, ihre Advokaten und Schriftsteller gegen das Volk aufzureizen.

Die Herren Guizot und Broglie, die, indem sie sich doctrinaires nennen ließen, ihrem Hochmuth Gewicht geben, wollten, maßten sich an, eine Secte gründen zu wollen. Diese Schule war gestützt auf Alles, was die Philosophie des achtzehnten Jahrhunderts den bösen Leidenschaften nur immer Beschränktes, Grausames und Wildes darbieten kann.

Das Schmachvollste des Doctrinair-Systems, das, welches den tiefsten Eindruck auf Louis Philipps Regierung hinterlassen wird, ist jene Idee ohnmächtiger Willkür die durch Verderbtheit die ihr fehlende Kraft zu erlangen hofft. Man kann ohne Zweifel mit Geld Menschen gewinnen; aber man verliert dieselben, wie man sie gewonnen hat. Nach diesem unmoralischen Prinzip braucht man, um Minister zu sein, nur eine gewisse Anzahl Menschen durch ihren Eigennutz zu beherrschen. Man sollte im Gegentheil die Massen in ihren Leidenschaften, ihren Vorurtheilen, besonders aber durch Befruchtung ihrer Tugenden beherrschen. Auch lassen sich die Massen nur von dem Genie anhaltend leiten.

Jetzt ist die Wahl-Reform nahe daran, die Doktrinairs zu stürzen, und das Ausland, welches kein Interesse mehr dabei hat, sie aufrecht zu erhalten, sieht verächtlich schweigend und unthätig zu. Sie werden sich viel Haß und Erbitterung zugezogen haben, um dem heiligen Bunde der Könige einen Bescheid zu geben, dessen Vortheile der heilige Bund der Völker ihnen rauben wird!

Bald ward auf ausdrückliches Verlangen Englands, welches, auf die Kleinmüthigkeit unsrer Regierung rechnend, erklärt hatte, unsere Verbindung mit Belgien nicht leiden zu wollen, das engherzige und inhumane Prinzip der Nicht-Intervention von den Ministern Louis Philipps angenommen. Das war ein großer Fehler. Uns die egoistische Devise: Jeder für sich, mit welcher die Burgeoisie sich brüstet, aufbürden, hieße Frankreich zwingen, seiner Civilisations-Mission zu entsagen.

*                   *
*

Die Geschichte der Regierung und der Partei Louis Philipps zu erzählen, gehört nicht in den Plan dieses Werkes. Ich will nur noch einige sich auf meinen Gegenstand beziehende Haupt-Thatsachen anführen. Ich werde nicht der Gewalt den Fehdehandschuh hinwerfen; werde nicht von Fehlern, nicht von Ungeschicktheiten reden. Von dem Tage der Erhebung dieser Dynastie an konnte man ihre Legitimität nicht mehr untersuchen. Die Rede des General-Procurators Persil21 war ein Gemisch von Lügen und Possen. So zum Beispiel setzte er der Legitimität den Willen des französischen Volks entgegen, welches gar nicht zu Rathe gezogen war. Nach diesem Prozeß, welcher gefürchtete Fragen zur Sprache brachte, reichten die Anhänger Louis Philipps bei der Kammer eine Schrift ein, welche jeden Angriff gegen die Erbfolge und gegen die Rechte des Königs, die er. . . von der Nation hat, untersagte. Es versteht sich von selbst, daß diese Schrift angenommen wurde.

*                   *
*

Im Jahre 1832 kam die Herzogin von Berry nach Frankreich und trachtete, den Bürgerkrieg zu entzünden. Wie ein wildes Thier verfolgt flüchtete die unglückliche Fürstin sich nach Nantes, von wo aus sie folgenden Brief an ihre Tante, Marie Amalie, Gemahlin Louis Philipps, schrieb, welcher dem vertrauten Manne, der die Antwort darauf erwartete, übermüthig zurückgegeben wurde:

»Welche Folgen die Stellung, in welche meine Pflicht als Mutter mich versetzt hat, auch für mich haben mag, niemals, Madame, werde ich von meinem Interesse zu Ihnen reden; aber es sind wackere Männer in die Sache meines Sohnes verwickelt, und ich kann mich nicht enthalten, um sie zu retten, Alles zu thun, was die Ehre mir erlaubt.

»Ich bitte also meine Tante, (deren gutes Herz und deren Religion mir bekannt sind) all ihren Einfluß zu deren Gunsten anzuwenden.

»Der Ueberbringer dieses Briefes wird Auskunft über ihre Lage geben, er wird sagen, daß man ihnen Männer zu Richtern gegeben hat, gegen welche sie einst gekämpft haben.

»Ungeachtet der gegenwärtigen Verschiedenheit unserer Situationen ist auch unter Ihren Füßen ein Vulcan; Sie wissen es, Madame. Ich kannte Ihre ganz natürliche Angst und Furcht, zu einer Zeit, wo ich in Sicherheit war, und bin nicht unempfindlich dagegen gewesen. Gott allein weiß, was er Ihnen aufbehalten hat, und vielleicht werden Sie es mir einst danken, daß ich Vertrauen in Ihre Güte setzend, Ihnen Gelegenheit gab, dieselbe gegen meine unglücklichen Freunde auszuüben. Seien Sie meiner Dankbarkeit versichert.

»Ich wünsche Ihnen Glück, Madame, denn ich habe eine zu gute Meinung von Ihnen, um es für möglich zu halten, daß Sie in Ihrer jetzigen Stellung glücklich sein könnten.

Marie Caroline.«

Die Königin der Franzosen glaubte nicht an die prophetischen Worte, welche dieser strenge, doch rührende Brief enthielt. Nur ihrem Hochmuthe Gehör gebend, beantwortete sie denselben nicht.

Am Hofe ging es fröhlich zu: Louis Philipp gab seine Tochter jenem deutschen Prinzen, der durch die Feinde Belgiens zum Könige der Belgier ernannt worden war.

Unterdessen waren die Republikaner, obgleich sie den größten Muth entfaltet hatten, bei Saint-Méry überwunden.

Louis Philipp, der im Laufe des Tages gehört hatte, daß die Kämpfenden sich um Saint-Méry zusammengezogen hatten, beschloß, mit denen, die am Abend zuvor entflohen waren, das Schloß zu verlassen; so durchstreifte er die Boulevards. In das Schloß zurückgekehrt, empfing er die Commission. Das Blut der Franzosen floß in den Straßen; Louis Philipp scherzte mit den drei Commissairen, aber seine Scherze lockten ihnen kein Lächeln ab. Sie sagten ihm, sein System sei nicht zu billigen und er habe die Gesetze und die Rechte des Landes aus den Augen gesetzt. Sie waren mitleidslos und rollten folgende Schilderung vor Louis Philipps Blicken auf: Belgien und Polen verlassen; Italien und Spanien verrathen; der Bürgerkrieg in Paris, im Westen, in Lyon, in Grenoble; endlich eine gewaltthätige, rasende Politik im Innern; eine passive und schlaffe nach Außen.

Der König beantwortete diese Vorwürfe, die er wie umgegründete Klagen betrachtete, leichthin und zeigte auf die Artillerie, welche nach Saint-Méry zog.

Jeanne und feine Freunde wurden umgebracht.

 

Der Hof feierte diese Entwicklung mit einer Freude, deren Größe der überstandenen Furcht gleich kam. Es kam darauf an, wer sich mit Demuth vor dieser Dynastie beugen werde, die vor wenig Tagen noch verlassen und wankend war.

Die Nachricht von dem Tode des Herzogs von Reichstadt vollendete das Entzücken der Beherrscher Frankreichs.

*                   *
*

– Die Verhaftung der Herzogin von Berry erweckte nur aufs Neue die Energie der unglücklichen Patrioten: die Niederlage der Juni-Tage, die besiegten Verwundeten, die den Dolchen der Stadt-Sergeanten preisgegeben waren, die Auflösung der Klubbs, nichts hatte ihren Muth niederschlagen können. Da die Insurrection ihnen mißlungen war, träumten sie von Mord. Wenn eine Gesellschaft nichts taugt, müssen die Gesetze eben sowohl anders werden, als die Menschen.

Es waren also einige Verschworne übereingekommen, Louis Philipp den Manen ihrer niedergemetzelten Brüder zu opfern. Am 19. November begab er sich, von seinen Truppen umgeben, nach dem Palais-Bourbon, wo er die Sitzung von 1833 eröffnen wollte, als mit einer Pistole, nach ihm geschossen ward. Er war nicht getroffen und seine beunruhigte Begleitung verdoppelte ihre Schritte . . . Es gelang den Agenten der bewaffneten Macht nicht, den Schuldigen zu entdecken. . .

Man hatte alle nöthigen Maßregeln getroffen, um die Herzogin von Berry lange in der Citadelle von Blaye, wo der Aufenthalt schwächlichen Personen sehr nachtheilig ist, gefangen zu halten. Nicht weit davon lag an den Ufern der Gironde eine Corvette vor Anker; die Fenster waren mit Eisenstangen versehen, die Kamine vergittert. Alles athmete dort Krieg, Spionerie, Tod. Im Anfangs theilten Herr von Mesnard und Fräulein von Kerabiec diese entsetzliche Gefangenschaft mit der Herzogin. Bald aber mußten sie, vor die Tribunale gefordert, Herrn von Brissac und Frau von Hautefort die Sorge überlassen über Marie Caroline zu wachen.

Unter mehren Beweisen aufrichtiger Ergebenheit er hielt dieselbe auch folgenden Brief:

»Madame,

»Sie werden mich sehr kühn finden, daß ich in einen solchen Augenblick Sie zu belästigen, Sie um eine Gnade zu bitten wage, deren Gewährung der letzte Ehrgeiz meines Lebens ist: ich wünsche glühend, als einer Ihrer Vertheidiger von Ihnen erwählt zu werden. Zwar habe ich keine persönlichen Ansprüche auf die hohe Gunst, um welche ich zu bitten wage, während so viele neuere große Geister zu Diensten stehen; aber ich wage darum zu bitten im Namen eines Fürsten, dessen Geschichtsschreiber Sie mich zu nennen geruhten; auch hoffe ich dieselbe zu erlangen, als Preis des Blutes meiner Familie. Mein Bruder ward gewürdigt, an einem Tage, in einer Stunde und auf demselben Blutgerüst mit seinem erhabenen Großvater, Herrn von Malesherbes, dem Vertheidiger Ludwig XVI. zu sterben.

»Chateaubriand.«

Bald verlor sich indessen jener heldenmüthige, hingebende Eifer in der Vertheidigung der Herzogin von Berry, denn ein entsetzliches Geheimniß ward bekannt, dessen ärgerliches Aufsehen die Treue aller ihrer Anhänger erschütterte.

Die Republikaner waren der Meinung, daß sie doppelt verdiene, so verlassen zu sein, denn sie beschimpfte sich nicht nur als Frau, sondern war verbrecherisch als Regentin, indem sie den Bürgerkrieg in Frankreich entzünden und aus dem Lande ihr Erbgut machen wollte.

Der Hof gab sich keine Mühe, seine unzarte Freude zu verhehlen. Die Bande des Bluts sind gleichgültig für den, der nach Macht und Gewalt trachtet. Die Orleans lebten in Herrlichkeit und Freude, während sie ihre Verwandte, die sie meist mit Wohlthaten überhäuft hatte, in der Gefangenschaft wußten.

Indessen ward die Freude des Hofes durch die Republikaner getrübt, welche verlangten, daß die Gefangene gerichtet werde. Jetzt fing man an, die Herzogin von Berry als einen großen Stein des Anstoßes zu betrachten; sie ungestraft lassen, war schwer auszuführen, sie zum Tode verdammen, hieß sich feindlich gegen das Königthum beweisen. Sie frei lassen, hieß ihr Verhalten billigen. Sie von den Pairs richten zu lassen, war unmöglich.

Nun blieb noch das Geschwornengericht. Aber dessen Ausspruch hätte vielleicht Louis Philipp als einen Usurpator bezeichnet; denn die Berechtigung Heinrich V. zur Krone anerkennen, hieß die Louis Philipp’s für ungesetzlich erklären.

Herr Thiers besonders, der, um von der Niedrigkeit Deutz’s Vortheil zu ziehen, zu demselben sagte: »Verrathen Sie, mein Freund, und Sie werden reich;« Herr Thiers, der indessen nicht gewagt hatte, Herrn von Bourmont gefangen zu nehmen, und der die Rache der Republikaner, der Sieger der Juli-Tage, der aufrichtigen, muthigen Befreier fürchtete, verlangte, daß der Gerechtigkeit ihr Lauf gelassen werde.

Die Verlegenheit des Herrn Thiers war so groß, daß er sein Portefeuille gegen das des Herrn d’Argout umtauschte, um in dieser Sache nicht beschäftigt zu sein. Wirklich vereinigte sich Alles, die Situation zu erschweren.

In einer sehr viel gelesenen Schrift sagte Herr von Chateaubriand zu Marie Caroline: »Madame, Ihr Sohn ist mein König.« Die Gazette de France und die andern legitimistischen Blätter sprachen täglich von dem Muthe der Mutter des Königs; man wollte ihr eine Civilliste machen.

Bald verbreitete sich die Nachricht von der Schwangerschaft der Herzogin von Berry. Das Ministerium wollte einen unedeln Vortheil aus diesem Umstande ziehen, den die verblendeten Legitimisten als eine unlautere Verläumdung betrachteten.

Der König ließ den auf seine Familie gehäuften Beschimpfungen freien Lauf, und die Königin erhob ungescheut einen großen Lärm über die Ehrvergessenheit ihrer Nichte; auch beeilten sich die Höflinge, einander an Schonungslosigkeit zu überbieten. Das Ministerium schickte Aerzte nach Blaye, die sich von der Wahrheit des Gerüchts überzeugen sollten. Diese erklärten, daß die Herzogin schwindsüchtig und ein längerer Aufenthalt zu Blaye ihr jedenfalls tödtlich sei.

Zu gleicher Zeit schrieen die Legitimisten von allen Seiten, die Regierung wolle den Tod der hohen Gefangenen. Aber die Gewalt kehrte sich nicht an diese schrecklichen Beschuldigungen, durch eine entehrende Lockspeise geködert, wollte sie den Vortheil, den die Stellung Marien Carolinens bot, nicht aufgeben.

Wie um sich ihres Raubes noch mehr zu versichern, riefen die Minister den Gouverneur der Citadelle von Blaye, der sich geweigert hatte, die Polizei bis zu seiner Gefangenen dringen zu lassen, ab, und setzten an seine Stelle Herrn Bugeaud, einen arroganten, prahlerischen, groben und heftigen Subaltern-Officier, der keiner zarten Rücksichtnahme fähig war.

Vom Tage nach ihrer Ankunft sah die Herzogin sich auf eine so demüthigende Weise der allerkleinsten Spionerie ausgesetzt, daß sie Alles zu gestehen beschloß und am 22sten Januar 1833 folgende Zeilen an ihren Kerkermeister schrieb:

»Von den Umständen und den von der Regierung angeordneten Maßregeln gedrängt, glaube ich es mir selbst und meinen Kindern schuldig zu sein, ungeachtet die wichtigsten Gründe mich zu der Geheimhaltung meiner Vermählung bewogen, zu erklären, daß ich mich während meines Aufenthaltes in Italien heimlich vermählt habe,

»Marie Caroline.«

Diese Erklärung erschien am 26. im Moniteur, welcher der Familie Orleans zugethan ist.

So war das Geheimniß dieser unglücklichen Fürstin durch ihre nächsten Verwandten der öffentlichen Beurtheilung preisgegeben! Es ist ein großer Unterschied zwischen dem Familienleben der Fürsten und jener Familienliebe und Anhänglichkeit, die im Mittelstande, ja selbst in den untersten Classen herrscht und die Leute verhindert, ihre Verwandten der Entehrung preiszugeben! Auf die Beschimpfung eines Verwandten Speculationen zu gründen, war wohl eine unkönigliche Handlung zu nennen, und trug dem Hause Orleans in der That auch schlechte Frucht.

21Man sehe den Prozeß des Herrn von Kergovaly, welcher gewagt hatte, Louis Philipp öffentlich die Illegitimität seiner Thronbesteigung vorzuwerfen.