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Die Dame von Monsoreau

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Fünftes bis achtes Bändchen

Erstes Kapitel
Wie Chicot bemerkte, dass es leichter war, in die Sainte-Geneviève Abtei hinein, als aus ihr herauszukommen

Als Chicot die Kutte des Mönches anzog, nahm er eine sehr wichtige Vorsichtsmaßregel: er verdoppelte die Dicke seiner Schultern durch geschickte Verteilung seines Mantels und anderer Kleidungsstücke, die das Gewand des Mönches unnötig machte.

Er hatte dieselbe Farbe des Bartes wie Gorenflot, und obgleich der Eine an den Ufern der Saône und der Andere an denen der Garonne geboren war, so hatte er sich doch so oft damit belustigt, die Stimme seines Freundes nachzuahmen, dass er dies jeden Augenblick zum Täuschen zu tun vermochte. Jedermann aber weiß, dass der Bart und die Stimme die zwei einzigen Dinge sind, welche aus den Tiefen einer Mönchskapuze hervorkommen.

Die Türe sollte sich eben schließen, als Chicot kam, und der Bruder Pförtner erwartete nur noch einige Verspätete.

Der Gascogner zeigte seinen Bearner mit dem durchbohrten Herzen und wurde ohne Widerspruch eingelassen.

Zwei Mönche gingen vor ihm; er folgte ihnen und drang mit ihnen in die Kapelle des Klosters, die er kannte, weil er den König oft dahin begleitet hatte, denn der König gewährte der Sainte-Geneviève Abtei einen besonderen Schutz.

Die Kapelle war von romanischer Bauart, sie rührte nämlich aus dem elften und zwölften Jahrhundert her und das Chor bedeckte, wie in allen Kapellen dieser Zeit, eine Gruft, oder eine unterirdische Kirche. Dadurch kam es, dass das Chor um acht bis zehn Fuß höher war, als das Schiff, und dass man in das Chor auf zwei Seitentreppen hinaufstieg, während eine eiserne Türe, die sich zwischen den zwei Treppen öffnete, von dem Schiffe in die Gruft führte, in welche man, wenn diese Türe geöffnet war, auf eben so vielen Stufen, als sich an den Treppen des Chors fanden, hinabstieg.

In dem Chor, das die ganze Kirche beherrschte, waren auf beiden Seiten des Altars, über welchem sich ein Gemälde der heiligen Genoveva fand, das man Meister Rosso zuschrieb, die Statuen von Chlodwig und Chlothilde.

Nur drei Lampen beleuchteten die Kapelle, die eine hing mitten im Chor, die zwei andern waren in gleicher Entfernung von einander im Schiffe angebracht.

Das kaum genügende Licht verlieh dieser Kirche eine größere Feierlichkeit, indem es ihre Verhältnisse verdoppelte, da die Einbildungskraft die im Schatten verlorenen Teile bis in's Unendliche ausdehnen konnte.

Chicot musste Anfangs seine Augen an die Dunkelheit gewöhnen; um sie zu üben, unterhielt er sich damit, dass er die Mönche zählte. Es waren ihrer hundert und zwanzig im Schiff und zwölf im Chor, im Ganzen hundert und zwei und dreißig. Die zwölf Mönche im Chor standen in einer einzigen Linie vor dem Altar neben einander und schienen das Tabernakel wie eine Reihe von Schildwachen zu verteidigen.

Chicot sah zu seinem Vergnügen, dass er nicht der Letzte war, der sich denjenigen anschloss, welche der Bruder Gorenflot als die Treuen der Union bezeichnet hatte. Hinter ihm traten noch drei Mönche in weiten grauen Gewändern ein, die sich vor der Linie aufstellten, die wir als eine Reihe von Schildwachen bezeichnet haben.

Ein kleines Mönchlein, das Chicot noch nicht gesehen hatte, ohne Zweifel ein Chorknabe des Klosters, ging in der Kapelle umher, um zu sehen, ob Jedermann an seinem Posten wäre; nach vollendeter Inspektion sprach der Kleine mit einem von den zuletzt angekommenen drei Mönchen, der sich in der Mitte fand.

»Wir sind unserer hundert und sechs und dreißig,« sagte der Mönch mit einer starken Stimme, »das ist die Zahl Gottes.«

Sogleich standen die hundert und zwanzig im Schiffe knienden Mönche auf und nahmen Platz auf den Stühlen oder in den Chorsitzen. Bald verkündigte ein gewaltiges Geräusch von Angeln und Riegeln, dass die schweren Türen sich schlossen.

Nicht ohne ein gewisses Herzklopfen hörte Chicot, so mutig er war, das Knirschen der Schlösser. Um sich Zeit zur Erholung zu lassen, setzte er sich in den Schatten seines Stuhles, von wo aus seine Augen sich natürlich auf die drei Mönche richteten, welche die Hauptpersonen dieser Versammlung zu sein schienen.

Man hatte ihnen Lehnstühle gebracht und sie saßen da wie drei Richter; hinter ihnen standen die zwölf Mönche des Chors. Als der durch das Schließen der Türen und durch die Veränderung der Stellung der Anwesenden veranlasste Lärmen aufgehört hatte, erklang dreimal eine kleine Glocke.

Es war dies ohne Zweifel das Signal zum Stillschweigen, denn es ließ sich ein gedehntes »Still« von allen Seiten während der zwei ersten Schläge hören und beim dritten erlosch jedes Geräusch.

»Bruder Monsoreau,« sagte der Mönch, welcher bereits gesprochen hatte, »welche Nachricht bringt Ihr der Union aus der Provinz Anjou?«

Zwei Dinge spannten die Aufmerksamkeit von Chicot.

Einmal diese Stimme mit einem so ausdrucksvollen Klang, dass sie mehr geeignet schien, auf dem Schlachtfelde aus dem Visiere eines Helmes, als in der Kirche aus der Kapuze eines Mönches zu kommen.

Sodann der Name von Bruder Monsoreau, der erst seit ein paar Tagen bei Hofe bekannt war, wo er erwähnter maßen einen gewissen Eindruck hervorgebracht hatte.

Ein Mönch von hoher Gestalt, dessen Gewand eckige Falten bildete, ging mit festen, kühnen Schritten durch einen Teil der Versammlung und bestieg den Rednerstuhl.

Chicot suchte sein Gesicht zu erschauen, aber es war unmöglich.

»Gut,« sagte er, »wenn man das Gesicht der Andern nicht sieht, so werden wenigstens die Andern auch das meinige nicht sehen.«

»Meine Brüder,« sprach nun eine Stimme, in der Chicot bei ihren ersten Tönen die des Oberstjägermeisters erkannte, »die Nachrichten aus der Provinz Anjou sind nicht befriedigend; nicht als ob es uns, an Sympathien gebräche, sondern weil wir dort keine Vertreter haben. Die Verbreitung der Union war dort dem Baron von Méridor anvertraut; doch in Verzweiflung über den vor Kurzem erfolgten Tod seiner Tochter, hat dieser Greis die Angelegenheiten der heiligen Ligue vernachlässigt, und bis er über den Verlust, den er erlitten, getröstet ist, können wir nicht auf ihn zählen. Ich meines Teils bringe drei neue Anhänger für den Bund und habe ihre Namen nach der Vorschrift in den Stock des Klosters niedergelegt. Der Rat wird beurteilen, ob diese drei neuen Brüder, für die ich mich übrigens wie für mich selbst verbürge, zu der heiligen Union zugelassen werden sollen.«

Ein Gemurmel der Billigung durchlief die Reihen der Mönche, und Bruder Monsoreau hatte bereits seinen Platz wieder erreicht, als dieses Geräusch noch nicht erloschen war.

»Bruder La Hurière,« sprach derselbe Mönch, der bestimmt schien, die Getreuen nach seinem Gutdünken aufzurufen, »sagt uns, was Ihr in der Stadt Paris gemacht habt.«

Ein Mönch mit niedergeschlagener Kapuze trat in den Stuhl, den Herr von Monsoreau leer gelassen hatte, und sprach:

»Ihr wisst Alle, ob ich dem katholischen Glauben ergeben bin und ob ich Beweise von dieser Ergebenheit an dem großen Tage seines Triumphes geliefert habe. Ja, meine Brüder, seit jener Zeit, und ich rühme mich dessen, war ich einer der Getreuen unseres großen Heinrich von Guise, und aus dem Munde von Herrn von Besme, dem Gott alle Segnungen verleihen möge, habe ich die Befehle erhalten, die ich so strenge befolgte, dass ich meine eigenen Mietsleute töten wollte8 In Folge dieser meiner Anhänglichkeit an die heilige Sache wurde ich zum Viertelsmeister ernannt, und ich darf wohl sagen, dass dies ein glücklicher Umstand für die Religion war. Ich konnte so alle Ketzer des Quartier Saint-Germain-l'Auxerrois, – wo ich immer noch in der Rue de l'Arbre-Sec das Gasthaus zum schönen Gestirne zu Euren Diensten halte, meine Brüder, – aufschreiben, und nachdem ich sie aufgeschrieben, unseren Freunden bezeichnen. Ich habe allerdings nicht mehr Durst nach dem Blute der Hugenotten, wie früher, werde mir aber nie den wahren Zweck der heiligen Union verbergen, welche wir zu gründen bemüht sind.«

»Wir wollen doch hören,« sagte Chicot zu sich selbst, »dieser La Hurière war, wenn ich mich recht erinnere, ein wütender Ketzerschlächter, und er muss in Vieles eingeweiht sein, wenn man bei den Herren Liguisten das Vertrauen nach den Verdiensten abmisst.«

»Sprecht, sprecht,« sagten mehrere Stimmen.

La Hurière, der hier Gelegenheit fand, sein Rednertalent zu entwickeln, das er nur selten entwickeln konnte, obgleich er es als ihm angeboren betrachtete, hustete und fuhr fort:

»Wenn ich mich nicht täusche, meine Brüder, so ist es nicht allein die Vertilgung der Privatketzerei, was uns beschäftigt. Die guten Franzosen müssen Sicherheit haben, dass sie nie Ketzer unter den Prinzen treffen werden, welche sie zu regieren berufen sind. Doch, meine Brüder, wie steht unsere Sache? Franz II., der ein Eifriger zu werden versprach, starb ohne Kinder; Karl IX., der ein Eifriger war, ist ebenfalls kinderlos gestorben. Heinrich III., dessen Glauben zu untersuchen, dessen Handlungen zu beurteilen nicht meine Sache ist, wird wahrscheinlich ohne Kinder sterben; es bleibt noch der Herzog von Anjou, der nicht nur ebenfalls keine Kinder hat, sondern auch lau gegen die heilige Union zu sein scheint.«

Hier unterbrachen den Redner mehrere Stimmen, worunter die des Oberstjägermeisters.

»Warum lau?« sagte diese Stimme, »und Was bewegt Euch, diese Anschuldigung gegen den Prinzen vorzubringen?«

»Ich sage lau, weil er seinen Beitritt noch nicht ausgesprochen hat, obgleich er uns von dem erhabenen Bruder, der mich unterbrochen, bestimmt verheißen worden ist.«

 

»Wer sagt Euch, er habe seinen Beitritt nicht ausgesprochen, da neue Anhänger gemeldet sind?« entgegnete die Stimme. »Ihr habt, wie mir scheint, nicht das Recht, Jemand zu verdächtigen, so lange die Enthüllung noch nicht geschehen ist.«

»Es ist wahr,« sprach La Hurière, »ich werde noch warten; doch nach dem Herzog von Anjou, der sterblich ist und keine Kinder hat, – bemerkt wohl, dass, man jung in dieser Familie stirbt, – an wen kommt die Krone? An den wildesten Hugenotten, den man sich einbilden kann, an einen Renegaten, einen Rückfälligen, einen Nebukadnezar.«

Statt eines Gemurmels unterbrach hier wütendes Beifallsgeschrei La Hurière.

»Kurz, an Heinrich von Bearn, den man oft in Tarbes oder in Pau von seinen Liebschaften in Anspruch genommen glaubt, während man ihn in Paris trifft.«

»In Paris?« riefen mehrere Stimmen, »in Paris? das ist unmöglich!«

»Er ist nach Paris gekommen,« rief La Hurière. »Er befand sich hier in der Nacht, wo Frau von Sauves ermordet wurde; er ist vielleicht noch in diesem Augenblick hier.«

»Tod dem Bearner!« riefen mehrere Stimmen.

»Ja, allerdings Tod,« rief La Hurière, »und sollte er sich zufällig im Schönen Gestirne einquartieren, so stehe ich für ihn; doch er wird nicht kommen. Man fängt einen Fuchs nicht zweimal in demselben Bau. Er wird anderswo wohnen, bei einem Freunde; denn er hat Freunde, der Ketzer! Nun wohl, die Zahl dieser Freunde muss man vermindern oder bekannt machen. Unsere Union ist heilig; unsere Ligue ist gesetzmäßig, gesegnet, geweiht durch unsern heiligen Vater, den Papst Gregor III. Ich fordere, dass man nicht länger ein Geheimnis daraus mache, dass die Listen den Viertelsmeistern und Zehnern übergeben werden, und dass diese mit den Listen in den Häusern umhergehen und die guten Bürger zum Unterzeichnen einladen. Diejenigen, welche unterzeichnen, sind unsere Freunde, diejenigen, welche ihre Unterschrift verweigern, sind unsere Feinde, und zeigt sich die Gelegenheit zu einer zweiten Bartholomäusnacht, die den wahren Gläubigen immer dringlicher zu werden scheint, nun! so werden wir tun, was wir bereits in der ersten getan haben, wir werden Gott die Mühe ersparen, die Guten von den Bösen auszuscheiden.«

Auf diese Rede erscholl ein Donner des Beifalls; als er sich mit der Langsamkeit und dem Geräusch wieder gelegt hatte, woran man erkennt, dass die Zurufe nur unterbrochen sind, ließ sich die ernste Stimme des Mönches, der bereits wiederholt gesprochen hatte, abermals vernehmen, und sie sagte:

»Der Antrag des Bruders La Hurière, dem die heilige Union für seinen Eifer dankt, ist in Erwägung zu ziehen und wird im hohen Rate verhandelt werden.«

Der Beifall verdoppelte sich. La Hurière machte mehrere Verbeugungen, um der Versammlung zu danken, stieg die Stufen des Rednerstuhles herab, und kehrte gebeugt unter seinem ungeheuren Triumphe an seinen Platz zurück.

»Ah! ah!« sagte Chicot zu sich selbst, »ich fange an klar in Allem dem zu sehen. Man hat in Betreff des katholischen Glaubens weniger Zutrauen zu meinem Sohne Heinrich, als zu seinem Bruder Karl IX. und den Herren von Guise; das ist sehr wahrscheinlich, da Mayenne hinter dieser Geschichte steckt. Die Herren von Guise wollen im Staate eine eigene kleine Gesellschaft bilden, deren Gebieter sie sein werden; so wird der große Heinrich, der ein General ist, die Armeen, so wird der dicke Mayenne die Bürgerschaft, so wird der erhabene Kardinal die Kirche in den Händen halten, und an einem schönen Morgen wird mein Sohn Heinrich wahrnehmen, dass er nichts hat, als seinen Rosenkranz, mit dem man ihn ganz artig sich in ein Kloster zurückzuziehen einladen wird. Vortrefflich, höchst vernünftig geschlossen! Ah! ja wohl… doch es bleibt noch der Herzog von Anjou. Teufel! was wird man mit dem Herzog von Anjou machen?«

»Bruder Gorenflot!« sprach die Stimme des Mönches, welcher bereits den Oberstjägermeister und La Hurière aufgerufen hatte.

Doch war er nun mit den Betrachtungen beschäftigt, die wir so eben unsern Lesern mitgeteilt haben, oder war er noch nicht daran gewöhnt, auf den Namen zu antworten, den er doch mit der Kutte des Bruder Almosensammlers angenommen, Chicot antwortete nicht.

»Bruder Gorenflot!« rief die Stimme des Mönchleins, eine so klare und spitzige Stimme, dass Chicot bebte.

»Oh! Oh!« murmelte er, »man sollte glauben, eine Frauenstimme rufe den Bruder Gorenflot. Sind in dieser ehrenwerten Versammlung nicht nur die Rangstufen, sondern auch die Geschlechter vermischt?«

»Bruder Gorenflot,« wiederholte dieselbe weibliche Stimme, »seid Ihr denn nicht hier?«

»Ah! Bruder Gorenflot, das bin ich, vorwärts,« sagte Chicot ganz leise zu sich selbst.

Dann sprach er laut und näselnd wie der Mönch:

»Doch, doch, hier bin ich, hier bin ich. Ich war in tiefe Betrachtungen versunken, welche die Rede des Bruder La Hurière in mir erzeugt hatte, und ich hörte nicht, dass ich gerufen wurde.«

Ein nachträgliches Beifallsgemurmel zu Gunsten von La Hurière, dessen Worte noch in allen Herzen wieder klangen, ließ sich vernehmen und gönnte Chicot Zeit, sich vorzubereiten.

Chicot konnte im Namen von Gorenflot nicht antworten, da Keiner die Kapuze zurückschlug, wird man sagen. Doch die Anwesenden waren gezählt, wie man sich erinnert, sie kannten sich und erwarteten sich; bei Beschauung der Gesichter, und diese Beschauung würde durch die Abwesenheit eines Mannes, den man für gegenwärtig hielt, hervorgerufen worden sein, hätte man den Betrug entdeckt, und dann wäre die Lage von Chicot sehr ernst geworden.

Chicot zögerte also keinen Augenblick. Er stand auf, machte sich sehr breit, stieg die Stufen des Rednerstuhles hinauf und schlug, während er hinaufstieg, seine Kapuze so viel als möglich vor.

»Meine Brüder,« sagte er, die Stimme des Mönches zum Täuschen nachahmend, »ich bin der Bruder Almosensammler dieses Klosters, und Ihr wisst, dass mir dieses Amt das Recht verleiht, in die Wohnungen Aller einzutreten. Ich mache von diesem Rechte zum Wohle des Herrn Gebrauch.

»Meine Brüder,« fuhr er fort, sich des Eingangs von Gorenflot erinnernd, der so unvermutet durch den Schlaf unterbrochen worden war, welcher noch zu dieser Stunde, kraft des verschluckten Getränkes, den wahren Gorenflot in seiner Gewalt hielt, »meine Brüder, es ist ein schöner Tag für den Glauben, der Tag, der uns hier vereinigt. Sprechen wir offenherzig, meine Brüder, da wir hier in dem Hause des Herrn sind.

»Was ist das Königreich Frankreich? Ein Körper; der heilige Augustin hat es gesagt: Omnis civitas corpus est. Jede Bürgerschaft ist ein Körper. Was ist die Bedingung des Heiles eines Körpers? Die gute Gesundheit. Wie erhält man die Gesundheit des Körpers? Indem man kluge Aderlässe vornimmt, wenn ein Übermaß von Kräften vorhanden ist. Die Feinde der katholischen Religion sind nun aber offenbar zu stark, da wir sie fürchten: man muss also diesen großen Körper, den wir Gesellschaft nennen, noch einmal zur Ader lassen; das ist es, was mir jeden Tag die Gläubigen wiederholen, von denen ich nach dem Kloster die Eier, die Schinken und das Geld trage.«

Dieser erste Teil der Rede von Chicot brachte eine große Wirkung auf die Zuhörer hervor.

Chicot ließ dem Beifallsgemurmel, das er angeregt hatte, Zeit, sich auszubilden und hernach wieder zu legen, und fuhr dann fort:

»Man wird mir vielleicht einwenden, die Kirche habe einen Abscheu vor dem Blute; ecclesia abhorret a sanguine. Doch bemerkt wohl, meine lieben Brüder, der Gottesgelehrte sagt nicht, vor welchem Blute die Kirche einen Abscheu habe, und ich würde einen Ochsen gegen ein Ei wetten, dass er in keinem Falle von dem Blute der Ketzer sprechen wollte. In der Tat: Fons malus corruptorum sanguis heriticorum autem pessimus! Und dann noch ein anderer Beweis, meine Brüder: ich habe gesagt die Kirche! Doch wir sind nicht allein die Kirche, Bruder Monsoreau, der vorhin so beredt gesprochen, hat, ich bin es fest überzeugt, sein Oberstjägermeisters-Messer am Gürtel. Bruder La Hurière handhabt den Spieß mit großer Leichtigkeit. Veru agreste, lethiferum tamen instrumentum. Ich selbst, der ich mit Euch spreche, meine Brüder, ich Jacques Nepomucène Gorenflot, habe die Muskete in der Champagne getragen und Hugenotten bei der Predigt niedergeschossen. Das wäre eine für mich hinreichende Ehre gewesen und ich hätte mein Paradies bereits gemacht. Ich glaubte es wenigstens, als man plötzlich in meinem Gewissen Bedenklichkeiten erhob: die Hugenotten waren, ehe man sie verbrannte oder niederschoss, ein wenig geschändet worden. Es scheint, dies verdarb die schöne Handlung, wenigstens wie mir mein Beichtvater sagte … Ich beeilte mich auch, in einen Orden einzutreten, und um die Befleckung zu tilgen, welche die Ketzer in mir zurückgelassen hatten, tat ich von diesem Augenblick an das Gelübde, den Rest meiner Tage in Enthaltsamkeit hinzubringen und nur noch gute Katholiken zu besuchen.«

Dieser zweite Teil der Rede hatte einen nicht minder günstigen Erfolg als der erste, und Jeder schien die Mittel zu bewundern, deren sich der Herr bedient hatte, um die Bekehrung von Bruder Gorenflot zu bewerkstelligen.

Es mischte sich auch einiges Beifallklatschen in das Gemurmel der Billigung, Chicot verbeugte sich bescheiden vor der Versammlung und fuhr fort:

»Es bleibt uns noch übrig, von den Führern zu sprechen, die wir uns gegeben haben, und über die sich, wie es mir, dem armen, unwürdigen Genovever, vorkommt, wohl etwas sagen lässt. Es ist allerdings schön, und besonders klug, sich in der Nacht unter einer Kutte hereinzuschleichen und den Bruder Gorenflot predigen zu hören, doch es scheint mir, die Pflicht solcher Mandatare darf sich nicht hierauf beschränken. Eine so große Behutsamkeit gibt den verdammten Hugenotten zu lachen, während sie im Ganzen, wenn es sich um Degenstiche handelt, Wütende sind. Ich verlange also, dass wir eine Haltung annehmen, welche würdiger ist der Leute von Herz, wie wir sind, oder vielmehr wie wir scheinen wollen. Was ist es, was wir wünschen? Die Vertilgung der Ketzerei … Nun wohl, das lässt sich auf allen Dächern ausschreien. Wir wollen durch die Straßen von Paris, unsere schöne Haltung und unsere guten Partisanen zur Schau stellend, wie eine heilige Prozession marschieren und nicht wie die Diebe in der Nacht, welche an allen Kreuzwegen schauen, ob die Wache nicht komme. Doch wer ist der Mann, der das Beispiel hierzu geben wird? Sprecht. Ich, Jacques Nepomucène Gorenflot, ich, der unwürdige Bruder des Sainte-Geneviève-Ordens, ich, der demütige und arme Almosensammler dieses Klosters, ich werde es sein, der, den Kürass auf dem Rücken, die Pickelhaube auf dem Kopfe und die Muskete auf der Schulter, wenn es sein muss, an der Spitze von guten Katholiken marschiert, die ihm folgen wollen, und das werde ich tun, wäre es auch nur, um die Häupter erröten zu machen, welche sich verbergen, als handelte es sich bei der Verteidigung der Kirche darum, irgend eine Dirnengeschichte im Streite zu behaupten.«

Die Rede von Chicot entsprach den Gefühlen einer großen Anzahl von Mitgliedern der Ligue, welche nicht die Notwendigkeit einsahen, auf einem andern Wege auf das Ziel loszugehen, als auf dem Wege, dessen Schranke sechs Jahre vorher die Bartholomäusnacht geöffnet hatte, und die folglich durch die Langsamkeit und das Zögern der Führer in Verzweiflung gebracht wurden. Diese Rede, sagen wir, entzündete das heilige Feuer in allen Herzen, und außer drei Kapuzen, welche schweigsam blieben, rief die ganze Versammlung: »Es lebe die Messe! Heil dem braven Bruder Gorenflot! Die Prozession! die Prozession!«

Die Begeisterung wurde um so lebhafter erregt, als sich der Eifer des würdigen Bruders zum ersten Male unter einem solchen Lichte zeigte. Bis dahin hatten ihn seine vertrautesten Freunde allerdings zur Zahl der Eifrigen gerechnet, doch derjenigen Eifrigen, welche das Gefühl der Selbsterhaltung in den Schranken der Klugheit bleiben ließ. Aus dieser Halbtinte, in der er sich gehalten hatte, warf sich der Bruder Gorenflot, plötzlich zum Kriege gewaffnet, in das glänzende Licht der Arena; es herrschte ein gewaltiges Erstaunen, das eine große Wiedereinsetzung und Ehrenerklärung herbeiführte, und Viele gingen in ihrer Bewunderung so weit, dass sie Bruder Gorenflot, der die erste Prozession predigte, auf eine Höhe mit Peter dem Einsiedler stellten, welcher den ersten Kreuzzug gepredigt hatte.

Zum Unglück oder zum Glück für denjenigen, welcher diese Begeisterung hervorgerufen hatte, lag es nicht im Plane der Führer, ihn seinen Lauf nehmen zu lassen. Einer von den drei schweigsamen Mönchen neigte sich an das Ohr des Mönchleins, und die Flötenstimme des Kindes ertönte sogleich unter dem Gewölbe, dreimal aufrufend:

 

»Meine Brüder, die Stunde zum Rückzug hat geschlagen, die Sitzung ist aufgehoben.«

Die Mönche standen brummend auf, und während sie bei der nächsten Sitzung einstimmig die von dem braven Bruder Gorenflot beantragte Prozession zu fördern sich gelobten, schlugen sie langsam den Weg nach der Türe ein. Viele näherten sich dem Rednerstuhle, um den Bruder Almosensammler zu beglückwünschen, wenn er von der Tribüne herabsteigen würde, auf der er einen so großen Erfolg gehabt hatte. Doch bedenkend, von Nahem gehört, dürfte seine Stimme, in der er einen gewissen gascognischen Accent nie auszumerzen im Stande gewesen war, erkannt werden; von Nahem gesehen, könnte sein Körper einiges Staunen erregen, insofern er in senkrechter Linie sechs bis sieben Zoll mehr bot, als Bruder Gorenflot, welcher allerdings im Geiste seiner Zuhörer gewachsen war, doch nur moralisch, – dies bedenkend, warf sich Chicot auf die Knie und schien, wie Samuel, in ein Gespräch unter vier Augen mit dem Herrn vertieft.

Man achtete also seine Extase, und Jeder wanderte nach dem Ausgang mit einer Aufregung, welche unter der Kapuze, in deren Falten man Öffnungen für die Augen gelassen hatte, Chicot sehr belustigte.

Doch der Zweck von Chicot war gleichsam verfehlt. Was ihn bewogen hatte, ohne sich einen Urlaub zu erbitten, Heinrich III. zu verlassen, war der Anblick des Herzogs von Mayenne. Was ihn bewogen hatte, nach Paris zurückzukehren, war der Anblick von Nicolas David. Chicot hatte, wie gesagt, das doppelte Gelübde einer Rache getan, doch er war ein zu kleiner Kamerad, um einen Prinzen aus dem Hause Lothringen anzugreifen, oder er musste, um es ungestraft zu tun, lange und geduldig auf eine Gelegenheit warten. Nicht dasselbe fand bei Nicolas David statt, der nur ein einfacher normannischer Advokat war, allerdings ein sehr verschmitzter Bursche, welcher, ehe er in den Advokatenstand trat, das Soldatenhandwerk trieb, und als Soldat Fechtmeister war. Doch ohne Fechtmeister zu sein, bildete sich Chicot ein, er verstehe ganz anständig mit dem Rapiere zu spielen; die große Frage war für ihn also, seinen Feind wieder aufzufinden, und hatte er ihn einmal aufgefunden, so stellte er sein Leben wie die alten Ritter unter den Schutz seines guten Rechtes und seines Schwertes.

Chicot betrachtete also alle Mönche, während sie hinter einander weggingen, um wo möglich unter den Kutten und Kapuzen die lange, und magere Gestalt von Meister Nicolas zu erkennen, als er plötzlich wahrnahm, dass jeder Mönch beim Weggehen einer Prüfung, der beim Eintritte ähnlich, unterworfen wurde, und aus seiner Tasche irgend ein Zeichen ziehend sein Exeat nur erhielt, wenn es ihm der Bruder Pförtner nach Beschauung dieses Zeichens gegeben hatte. Chicot glaubte sich Anfangs getäuscht zu haben; doch sein Zweifel verwandelte sich bald in Gewissheit, und diese Gewissheit machte den Schweiß an den Wurzeln seiner Haare hervorbrechen.

Bruder Gorenflot hatte ihm wohl das Zeichen angegeben, mit dessen Hilfe man eintreten konnte, aber er hatte vergessen, ihm das Zeichen zu weisen, mit dem man hinauszukommen vermochte.

8Eine uns aus der Königin Margot so wohl bekannte Geschichte.