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Der Pechvogel

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XI.
Wie Herr Batifol dem Strafgesetz der französischen Marine verfällt

—–

Herr Batifol ging hinter Huberte einher und kam dem jungen Mädchen immer näher.

Sie durchlief die Insel ihrer ganzen Länge nach gegen das Ufer hinab und sprang wie eine Bachstelze von Stein zu Stein, um über einen kleinen Arm des Flusses hinwegzukommen, welcher diese Insel von den beiden parallelen Inselchen trennte die hintendrein folgen.

Zwischen diesen beiden Inselchen hielt Franz Guichard das Schiff verborgen womit er seine nächtlichen Wildereien trieb und worin er die Ergebnisse seinen Schmuggelfischerei versteckte.

Dieses Schiff war da vollkommen in Sicherheit; man konnte es von keiner Seite des Ufers aus bemerken, und die Strömung ist über dem Loch von Faviot so rasch, daß schon die bloße Furcht vor dem Wiederhinauffahren die Dilettanten welche Pechvogel allein zu fürchten hatte abhielt hinunterzufahren und folglich auf der Insel zu landen.

Herr Batifol verbarg sich zum zweiten mal im Gebüsche.

Seine Ungeduld war groß, sein Herz schlug so heftig daß ihm manchmal der Athem beinahe ausging. Gleichwohl hatte ihn seine Aufregung die Scene nicht vergessen lassen die seine erste Unterhaltung mit Pechvogels Tochter bezeichnet hatte, und das Brett eines Nachens schien ihm ein etwas gefährlicher Schauplatz mit einem so kräftigen Mädchen wie Huberte war.

Diese zog unter der Bank des Schiffes eine Schöpfkanne und einen Korb hervor, öffnete den Kasten und füllte den Korb mit Fischen aller Art; dann lud sie ihre Last auf eine ihrer Schultern und schlug den Weg den sie gekommen war wieder ein um nach der Insel zurückzukehren.

Herr Batifol dachte, dieß sei die günstige Stunde sich zu zeigen; et trat aus seinem Versteck hervor und richtete sich, im Augenblick wo Huberte, mit ihren Händen an den Zweigen und Wurzeln sich anklammernd, das steile Ufer hinangeklettert war, seiner ganzen Länge nach empor.

Diese plötzliche Erscheinung erschreckte das Mädchen dermaßen, daß sie den Korb den sie so eben wieder aufgehoben hatte fallen ließ; er wurde ausgeschüttet und entleerte eine Fluth von Fischen aller Farben und Arten, die auf dem Gras zu zappeln anfingen, während einige, von ihrem guten Stern geleitet und von der Beschaffenheit des Bodens begünstigt, sich das steile Ufer hinab arbeiteten und in ihr Element zurückkehrten.

– Ah! Ah! sagte Herr Batifol, indem er eine übermenschliche Anstrengung machte um seine Physiognomie lügen zu lassen, die gegen seinen Willen zärtlich und freundlich blieb, dießmal habe ich Dich wirklich erwischt»I schöne Spröde!

Huberte, die sich auf der That ertappt sah, ward blaß und stumm: sie zitterte, ihre Kniee wankten unter dem Gewichte ihres Körpers und dicke Thränen sprangen aus ihren Augen.

Herr Batifol schlug ein lustiges Gelächter auf: dieses Gelächter bedeutete:

»Ich glaube wohl daß Du mich heute anders empfangen wirst als bei unserer letzten Unterredung.«

– Ha! begann er dann laut, indem er seine furchtbare Stimme wieder annahm; Ihr zerstört unsere Geräthe! Ha! Ihr stehlet meine Fische, und Ihr glaubt man werde Euch das so hingehen lassen? Ganz gut; dießmal wird Dein Großvater nicht mit einer Geldstrafe wegkommen, sondern er muß ins Gefängniß wandern.

– Verzeihen Sie ihm, Herr, verzeihen Sie ihm, ich bitte Sie um Alles! rief Huberte mit lautem Schluchzen; ich will Ihnen schwören daß er nicht mehr auf den Fluß zurückkehren soll, und er wird gewiß meinen Schwur nicht verleugnen wollen; aber verzeihen Sie ihm, bitte, bitte.

Herr Batifol weidete sich an den Thränen des jungen Mädchens, worin er die schönsten Verheißungen erblickte; gleichwohl wollte er aus Taktik seinen Widerstand verlängern, aber Huberte ergriff eine seiner Hände, drückte sie in den ihrigen, und die Berührung dieser zugleich frischen und feuchten Hand trieb dem Ciselirer das Blut heftiger durch die Adern.

– Und wenn man Dir verzeiht, wirst Du dann wenigstens liebenswürdig werden? fragte er mit seinem falschen Lächeln.

Es gehörte die ganze Einfalt Hubertens dazu um sich über den Sinn dieser Worte zu täuschen.

– Ja freilich, antwortete die Blonde überrascht und beruhigt, man ist liebenswürdig gegen die Leute die es auch sind; ist das nicht natürlich?

Herrn Batifols Gesicht erheiterte sich und sein gewöhnlich gelber Teint bekam einen ziegelrothen Ton.

– Gut, gut, sagte er, weine also nicht mehr, schönes Kind, sondern mach mir ein freundliches Gesichtchen, dann will ich nicht nur selbst keinen Proceß anfangen, sondern noch dafür sorgen daß Dich auch die Andern nicht quälen.

– Ach Herr, wenn Sie so gut wären dieses zu thun!

– Ja, fuhr Herr Batifol fort, und wenn die Andern nicht zufrieden sind, so wird man ihnen schon sonst beizukommen wissen; Dein Vater soll künftig ihnen vor der Nase fischen, und wenn ich selbst dabei die Ruder führen müßte. Der Pacht ist auf meinen Namen ausgestellt; man ist pfiffiger als Berlingard; er mag wollen oder nicht, so muß er sich bei Seite halten, und Pechvogel kann den ganzen Fluß ausfischen so lang es ihm gefällt; von Zeit zu Zeit soll er mir einige ausgewählte Fische geben, er soll meinen Kasten versorgen, wir theilen was er fängt, und was Dich betrifft, Schätzchen, so sollen, ehe acht Tage vergehen, die hübschesten Mädchen der Vorstadt vor Neid bersten wenn sie Dich ansehen.

– Schätzchen! sagte Huberte mit einem sichtbaren Anflug von Angst.

In seinem Enthusiasmus bemerkte Herr Batifol diese Bewegung auf dem Gesichte des Mädchens nicht.

– Verlange Kleider, verlange einen Shawl, verlange eine Uhr, verlange Alles was Du willst, so wahr ich Batifol heiße, ich werde Dir Alles geben; da sieh, Du böses Ding, wenn Du mich neulich angehört hättest, wie viel Verdruß würdest Du Dir erspart haben!

Huberte hatte Herrn Batifol endlich errathen. Sie war emsig beschäftigt die im Gras und unter dem Gesträuche zerstreuten Fische zusammenzulesen und wieder in den Korb zu legen.

– Laß doch Deine Waare liegen, rief der ungeduldige Ciselirer, indem er mit seinem Fuß ein sehr hübsches Rothauge in das Dickicht stieß; Du verdienst heute mehr wenn Du auf der Insel bleibst, als wenn Du Deine Fische in der Halle verkaufst.

– He, he! machte die Blonde mit einem spöttischen Lächeln, wägen Sie mir einmal das, Herr Batifol, es ist da wohl für drei Pistolen, wissen Sie das?

– Und wenn es für hundert wäre, glaubst Du denn ich sei nicht der Mann es zu bezahlen?

– O Jedermann weiß das Gegentheil recht wohl; aber sagen Sie einmal, sind Sie allein so hierhergekommen um mich abzufangen, und ist Niemand bei Ihnen auf der Insel?

– Sei doch ruhig, es kann uns Niemand hören.

Huberte entfloh unter den Weiden.

Herr Batifol nahm diese Flucht als eine Neckerei.

Hätte er Virgil gekannt, so würde er Huberte mit Galatea verglichen haben.

– Wenn Du davonläufst, so nimm Dich in Acht vor dem Proceß, rief er, wie ein Mann der beweisen will daß er Scherz versteht.

– Ja wohl Proceß, erwiderte Huberte; um einen solchen anzufangen, müssen Sie Zeugen haben, mein sauberer Freund; wenn Sie ein Aufseher sind, so zeigen Sie Ihr Blechlein: aber dieses Blechlein; das, wie der Großvater gesagt hat, aus einem Hallunken Ihres Gelichters einen Ehrenmann machen würde dieses Blechlein haben Sie Gott sei Dank nicht.

Diese Phrase war eine eiskalte Douche über die Selbsttäuschungen des Herrn Batifols sie vermochte jedoch seine Leidenschaft nicht zu dämpfen, sondern verdoppelte ihre Heftigkeit; er begann Huberte zu verfolgen, die wegen ihres schweren Korbes und weil sie die Zweige herunterbiegen mußte um sich Bahn zu brechen, nicht allzu schnell gehen konnte.

Gleichwohl war das junge Mädchen so geschmeidig und flink, daß Herr Batifol sie nicht erreicht haben würde, wenn sie nicht an einem Baumstamm gestrauchelt und rücklings zu Boden gefallen wäre. Bevor sie Zeit hatte zur Besinnung zu kommen, stand der Ciselirer neben ihr.

Im selben Augenblick meinte sie aus dem Fluß den tactmäßigen Schlag mehrerer Ruder zu erkennen.

– Zu Hilfe! rief sie, zu Hilfe!

Herr Batifol drückte ihr so heftig den Mund zu, daß sie einsah daß sie verloren war.

Ihre Kräfte schwanden, sie fiel in Ohnmacht.

Aber im gleichen Moment ergriff eine herculische Hand den Ciselirer beim Kragen, hob ihn vorn Boden auf, wie ein Jäger ein Stück Wild aufhebet, hielt ihn einige Zeit zwei Fuß über die Erde und schleuderte ihn dann mitten in einen dichten Brombeerstrauch.

Derjenige der diesen unzweideutigen Beweis von ungewöhnlicher Muskelstärke gegeben hatte, war ein Mann von vier bis fünfundzwanzig Jahren.

Er trug ein heut zu Tage sehr populär gewordenes Costüm, das aber im Jahr der Gnade 1833 seltsam erscheinen mußte.

Es bestand aus einer rothen, schwarzgestreiften Tricotjacke und weiten braunen Leinwandhosen, um den Leib durch einen ledernen Gürtel zusammengehalten, in welchem ein Messer mit einem Buchsgriff in einer Scheide hing. Dieser Matrosenauszug wurde durch einen niedern Strohhut vervollständigt aus dessen flatterndem Band in goldenen Anfangsbuchstaben Möve stand..

Die Adlernase des jungen Mannes, sowie seine kühnen, von dicken Brauen überragten Augen verliehen ihm ein gewisses ungebärdiges Ansehen das vortrefflich zu seinem Meerwolfsaufzug paßte; aber sein an beiden Enden stark aufgeworfener Mund der seinem Gesichte etwas Possenreißerisches und beinahe Gemeines gab, und besonders seine langen, flatternden. und gerade nicht in der besten Ordnung befindlichen Haare bewiesen zur Genüge daß er, trotz seines anspruchsvollen Costüms, in Marinesachen bloß ein Schmuggler war.

Nachdem er sich durch das bereits bezeichnete Verfahren des Herrn Batifol entledigt hatte, drehte er sich, um und betrachtete Huberte einige Augenblicke mit einem Phlegma als ob der Zustand des Kindes nicht seine ganze Sorgfalt in Anspruch nähme.

 

– Tausend Stückpforten, rief er, eine wahre Psyche! Die Haltung, die zierliche Rundung, die Reinheit der Linien, das Gefühl, alles ist da! Ein solches Modell hätte ich zu meiner Ausstellung haben sollen! Zum Henker, fügte er hinzu, indem er sich gegen die Seite wandte wo Herr Batifol lag, Du ist kein Kostverächten Bursche.

Im selben Augenblick trat ein zweiter junger Mann hinzu. Dieser trug kein Seemannscostüm, sondern Rock und Mütze.

– Richard, Richard, was fällt Dir denn ein? rief der neue Ankömmling; siehst Du denn nicht daß das Mädchen ohnmächtig ist?

– Mein lieber Valentin, versetzte der Künstler Matrose, die Frau ist auf die Welt gesetzt worden um die Augen des Mannes durch ihre Schönheit zu erfreuen, dieses Mädchen ist merkwürdig schön in ihrer Ohnmacht; ich glaube ihren eigenen Interessen und dem Willen der Vorsehung zu dienen wenn ich diesen Zustand möglichst verlängere.

– Du bringst mich mit Deinen Narrheiten noch zur Verzweiflung, Emanuel Knirps, bringet Wasser!

– Keiner wird sich rühren bevor der Capitän das Signal gibt. Ah! die Gölette Möve ist eine ausgezeichnete Gölette; sie besitzt eine wohldisciplinirte Mannschaft und . . .

– Um Gottes Willen, rufe sie doch, Richard. Richard nahm eine an seinem Hals hängende Metallpfeife und entlockte ihr einen langen schrillen Ton.

Zwei neue Individuen, auf und nieder eben so wie Hubertens Retter costümirt, liefen herbei.

– Wasser! meine Freunde, Wassers wiederholte Valentin.

– Niemand rühre sich wenn ihm sein Leben lieb ist, rief Richard im Tone des Melodrams; ist alles in Ordnung am Bord?

– Ja, Capitän, sagten die beiden Figuranten gleichzeitig.

– Richard, wenn Du mit Deiner albernen Comödie nicht aufhörst, so nimm Dich in Acht, dieß sage ich Dir als Freund.

Richard schien diese Drohung nicht sehr zu beachten.

– Gut, sagte er. Du, Emanuel, lauf nach dem Schiff und hole eine Spirituosenflasche aus der Victualienkammer. . .

– Nein, nein, Wasser, drängte Valentin.

– Bring zu gleicher Zeit Wasser mit; wenn diese Unglückliche den Schnaps verschmäht, so bewillige ich der Mannschaft den Antheil den sie verschluckt haben würde. Dir, Knirps, reservire ich das Commando einer Prise die ich so eben gemacht habe.

– Einer Prise? antwortete Knirps wie ein Echo.

– Ja, sie liegt in diesem Gebüsch da, fuhr der Capitän fort, indem er auf Herrn Batifol deutete, der von seinem Fall wie zerschlagen war und, da er nicht recht wußte mit wem er es zu thun, sich noch keinerlei Bewegung erlaubt hatte; bewache diesen Orangoutang, und wenn er einen Fluchtversuch macht, so denke an den wackern Bisson, diese Zierde der französischen Marine, und versenke Dich mit Deiner Eroberung, nachdem Du ihr zuvor den Bauch aufgeschlitzt hast, in den Fluthen.

Knirps, ein Bürschchen von siebzehn bis achtzehn Jahren, mit einer jener verständigen und schalkhaften Physiognomien wie man sie nur in den Pariser Werkstätten trifft, bezeugte seine Befriedigung mit dem empfangenen Auftrag dadurch daß er eine schreckliche Grimasse gegen Herrn Batifol schnitt; aber mitten in seiner Grimasse hielt er inne.

– Ei, sieh da, den kenne ich! rief er; er gehört zu meinem Geschäft; es ist der alte Batifol, die schäbigste aller Flanellwesten. Ha! den braucht man mir nicht mehr zu empfehlen, ich will die Kameraden schön rächen.

Während dieses Gesprächs war derjenige von den beiden Matrosen der auf den Namen Emanuel ging zurückgekommen. Valentin hatte dem jungen Mädchen Wasser ins Gesicht und auf die Hände gespritzt, wie auch einige Tropfen Branntwein in den Mund gegossen, und sie war wieder zur Besinnung gekommen.

Als sie die Augen aufschlug, als sie sich mitten unter unbekannten, wunderlich costümirten Leuten sah und sich der Gefahr erinnerte der sie entkommen war, da begann sie in Thränen auszubrechen; aber in diesem Augenblick bemerkte sie Batifol, der bleich, angstvoll, mit zerstörten Augen und zerzausten Haaren dalag, während Knirps um ihn her den Scalpirtanz aufführte und mit Schnörkeln von seiner eigenen Erfindung verzierte. Dieses groteske Bild entriß ihr ein schallendes Gelächter. Als der würdige Capitän, der seit einigen Augenblicken wahrscheinlich auch etwas zur Wiederherstellung des Mädchens beizutragen wünschte, dieß sah, betheiligte er sich, auf die Gefahr hin seine Würde bloszustellen, gleichfalls bei der furchtbaren Pantomime.

Valentin blieb bei Huberte und befragte sie was zwischen ihr und dem Mann vorgefallen sei dessen Händen sein Freund sie entrissen habe.

Von Zeit zu Zeit unterbrachen die drei Tänzer, denn Emanuel hatte sich seinen beiden Kameraden angeschlossen, ihr wahnwiziges Geberdenspiel um dem Mädchen zuzuhören. Herr Batifol wollte diese Frist benützen und einen Versuch zu seiner Rechtfertigung machen, aber beim ersten Wort das ans seinem Munde kam, fiel der Kapitän über ihn her, ergriff ihn bei seinen rothen Haaren, ließ eine Messerklinge kreuzförmig über den Schädel des Unglücklichen schweifen und schrie oder heulte vielmehr ihm zu:

– Sie ist schön und Du bist häßlich; Du bist häßlich und Du bist ein Dummkopf. Singe Dein Todtenlied, denn die Marne wird heute Abend Deinen Leichnam verschlingen.

Valentin näherte sich dem wilden Capitän.

– He da, kannst Du denn gar kein Körnchen Vernunft in Deinem verfluchten Gehirn finden? Du begreifst doch daß wir in Betreff dieses Menschen da einen ernsten Entschluß fassen müssen?

– Er ist bereits gefaßt und wir wollen ihn sogleich vollziehen, antwortete Richard, der plötzlich wieder ernst geworden war.

– Genug der Narrheiten! Wir haben nur eine einzige Sache zu thun, nämlich dieses Mädchen nach Charenton zu dem Polizeicommissär zu führen; dort soll sie ihre Klage vorbringen und wir wollen sie mit unserm Zeugniß bekräftigen.

Herr Batifol erbleichte.

– Zum Polizeicommissär! rief der Capitän mit Entrüstung. Bedenke, Valentin, daß ich König an meinem Bord, folglich Besitzer dieser Insel bin die ich entdeckt haben könnte, und daß alle Verbrechen die hier begangen werden der Justiz meines Scepters verfallen.

– Wenn Du einen Fuß auf Dein schlechtes Schiff gesetzt hast, wirst Du von Stunde zu Stunde närrischer: dieser Mann hat eine Handlung begangen die vom Gesetz vorhergesehen und bestraft wird. Wir müssen ihn denjenigen überliefern welche das Gesetz vertreten, verlangte Valentin.

– Meine Herren, meine Herren, bat Herr Batifol, welchen diese Aussicht noch mehr erschreckte als die Drehungen und Windungen der Mannschaft von der Möve.

– Schweig! herrschte Richard mit furchtbarer Stimme ihm zu.

– Bitte, meine Herren.

– Man hat Dir Schweigen geboten, wiederholte Knirps, indem er seine Mahnung mit einer Geberde begleitete die keine Antwort gestattete.

– Nimm Dich in Acht, Richard, sagte Valentin, mit Deinen Gewaltthätigkeiten wirst Du das Unrecht auf unsere Seite bringen.

– Herr Valentin, antwortete der Capitän der Möve, Sie sind Passagier am Bord, und als solcher werden Sie eingeladen den Gebieter dieses Schiffes seine kleinen Händel nach eigenem Belieben ausmachen zu lassen.

Dann fügte er mit gedämpfter Stimme hinzu:

– Laß mich doch machen, Kamel. Der Polizeicommissär wird diesen Kerl vielleicht mit einem Verweis heimschicken, dann wäre die Sache abgethan; ich aber verlange daß er ganz anders bestraft werde.

Valentin schwieg, sei es nun daß er überzeugt war, sei es daß er seinen Kameraden zu gut kannte um nicht einzusehen daß jeder weitere Zuspruch doch nichts helfen würde.

– Ich, rufe die Mannschaft der Möve zu einem Kriegsgericht zusammen, begann der Capitän wieder.

– Die beiden Matrosen stießen ein Jubelgeheul aus und Knirps führte um Herrn Batifol, der noch immer im Brombeerstrauch lag, einen Solotanz auf den Händen und mit den Beinen in der Luft aus.

Richard hatte zu seinem Präsidentenstuhl einen Baumstamm gewählt auf welchen er sich rittlings gesetzt. Sein Messer steckte er zwischen die Füße in das Holz, und um die Unempfindlichkeit zu behaupten welche die menschliche Justiz auszeichnen soll, hatte er einen schrecklichen Stummel angezündet den er gewöhnlich in seinem Hutband stecken hatte.

– Man führe den Gefangenen herbei, sprach er. Die beiden Bootsknechte stießen den Ciselirer herum, bis sie ihn so ziemlich vor das Angesicht desjenigen gestellt hatten der sein Richter sein sollt.

Valentin und Huberte näherten sich gleichfalls; letztere unruhig und überrascht wegen dieser ihr so neuen Manieren und Sprache; im Uebrigen sehr neugierig was da geschehen würde. Der junge Mann seinerseits zuckte die Achseln, schien sich aber der Vollziehung des vom Gericht zu erwartenden Urtheilspruches, wie er nun ausfallen mochte, keineswegs widersetzen zu wollen.

– So viel ich von einem meiner Leute gehört habe, sind Sie Spießbürger, begann der Capitän Richard.

– Allerdings, antwortete Herr Batifol, der zu begreifen anfing daß es sich um eine Comödie handle.

– Und Sie schämen sich nicht es zu gestehen?

– Ei zum Henker, ich glaube, Sie wollen mich verhöhnen.

– Sie sind Spießbürger, Sie sind häßlich, Sie sind einfältig; ich habe es Ihnen bereits gesagt, fuhr der Capitän fort; wie kann es Ihnen unbekannt sein daß es einem Menschen der diese drei Fehler vereinigt verboten ist hübsche Mädchen zu küssen?

– Mein Herr, antwortete Herr Batifol, welchem die Uebertreibung der Anklage wieder einigen Muth verlieh; ich meinerseits möchte Sie fragen mit welchem Recht Sie sich, nachdem Sie mich mißhandelt haben, auch noch zu meinem Richter aufwerfen.

– Ich werfe mich zu Ihrem Richter auf weil Sie ein Missethäter sind, erwiderte der unempfindliche Capitän, weil Sie den Enterhaken nach diesem jungen Mädchen ausgeworfen haben. Ihr Verbrechen verdient den Tod.

Herr Batifol zuckte die Achseln; er war jetzt überzeugt daß das Ende dieser Scene nicht so unangenehm ausfallen würde wie er gefürchtet hatte; aber bei dem Worte Tod stürzte sich Huberte, welche die Sache ernsthaft genommen hatte, auf den präsidirenden Richter zu.

– Ach Herr, rief sie, sprechen Sie nicht so, Sie erschrecken mich; Sie sehen so drollig und doch dabei so wild aus, daß ich nicht weiß ob Sie die Sache im Spasse oder im Ernst nehmen. Ach Herr, ich bitte Sie um Alles, lassen Sie ihn gehen; ich versichere Sie daß ich ihm verzeihe; überdieß hatte mein Vater zuerst sich gegen ihn vergangen: wir hatten kein Recht auf dem Fluß zu fischen den der Herr gemiethet hat. O ich wäre untröstlich wenn irgend Jemand, ja selbst diesem Menschen, um meinetwillen ein Unglück widerführe.

– Hören Sie und benützen Sie diese Großmuth , wenn Sie fähig sind sie zu begreifen, elender Geldsack sagte Richard. In Betracht dieses anmuthsvollen Kindes will ich mich herbeilassen Ihre Strafe umzuwandeln. Fallen Sie uns zu Füßen, ich will Ihnen Gelegenheit geben sich so edelmüthig zu zeigen wie ein großer Herr oder wie ein Matrose der seinen Sold empfangen hat. Geben Sie diesem jungen Mädchen zehntausend Franken Mitgift und lassen Sie uns alle zusammen bei Jambon in Creteil eine Matelote essen; sind Sie’s zufrieden?

– Zehntausend Franken der Tochter dieses alten Fischdiebes! Halten Sie mich denn für einen Dummkopf mein schöner Bootsherr?

Valentin sah wohl daß der Capitän der Möve sich nicht mit Ehren aus der Unterhandlung ziehen würde die er eingeleitet hattet er schritt daher ein.

– Hören Sie, sagte er zu Herrn Batifol, ich werde Ihnen keine zehntausend Franken für dieß arme Mädchen abverlangen, und zwar aus zwei Gründen: erstens weil ich das Mädchen für ehrenhaft halte und weil sie in dieser Eigenschaft das Geld nicht annehmen würde; zweitens, und dieß ist der bessere Grund, weil Sie, für so einfältig ich Sie auch halte, sich nicht dazu verstehen würden zur Sühnung eines wenn auch noch so großen Unrechtes Ihr Geld wegzugeben, aber Sie werden diesem Mädchen, das Sie zu Ihrem Opfer machen wollten, unverzüglich eine Erlaubniß zum Fischfang für ihren Großvater ausstellen; wo nicht, so schwöre ich Ihnen auf Ehre daß, wenn er es nicht thut, ich selbst Sie verklagen werde, und zwar nicht beim Polizeicommissär, sondern beim Staatsanwalt.

Die Excentricitäten des Beherrschers der Möve hatten Herrn Batifol eine solche Zuversicht eingeflößt, daß er, obschon der kurze und strenge Ton Valentins so wie der entschlossene Ausdruck seiner metallisch blauen Augen ihm deutlich genug sagten daß dieser keine Komödie spiele, zur Antwort gab:

– Nichts da! Ich gebe die Erlaubniß so wenig her als Geld, und wenn Ihr Euch erlaubt Hand an mich zu legen, so werde ich selbst zum Staatsanwalt gehen, versteht Ihr mich?

Der Capitän hatte sich augenscheinlich sehr darüber geärgert daß sein Freund das Wort ergriffen.

 

– Obwohl die Einschreitung eines Passagiers bei einer gerichtlichen Angelegenheit allen Gebräuchen des Seewesens widerspricht, sagte er, so stimme ich doch den Modificationen bei die mein Freund vorgeschlagen hat, aber mit dem Unterschied daß ich Ihnen zwischen der Vorführung vor den Staatsanwalt und dem nassen Kielholen die Wahl lasse.

– Ja, ja, das nasse Kielholen, riefen die beiden Matrosen, denen man es nicht toll genug treiben konnte.

– Geht zum Teufel, sagte der Ciselirer, für welchen diese Worte hebräisch waren; ich fordere Euch auf mich freizulassen; wenn Ihr mich nicht sogleich losgebt, so schwöre ich daß ich Euch und diesen kleinen Zieraffen da, dessen Verbrechen ich beweisen werde, verklage.

Und nach diesen Worten, die er mit einer majestätischen Stimme ausgesprochen, wollte Herr Batifol sich entfernen, aber die allmächtige Hand des Commandanten der Möve ließ sich von Neuem auf die Schulter des Ciselirers nieder und warf ihn zu seinen Füßen. Zu gleicher Zeit zog Knirps einen Strick aus der Tasche und band ihm die Hände, während Emanuel nach dem Schiff lief und ein kleines Ankertau holte, dessen die Bootsleute sich bedienten um die Stromschnellen hinaufzufahren.

– Niemals! Ihr seid Elende, Ihr mißbraucht Eure Gewalt; aber wir wollen sehen was für Gesichter Ihr schneiden werdet. . .

Herr Batifol vollendete nicht.

Knirps hatte das Ankertau zwischen den beiden Armen des Ciselirers hindurchgesteckt, das Ende desselben über einen Weidenzweig geworfen der den Fluß beherrschte, darauf hatten seine Kameraden und er das Taustück in die Höhe gezogen, und Herr Batifol schwebte sechs Fuß hoch über dem Wasser.

– Achtung aufs Commando! rief der Commandant der Möve, während Valentin sich an den armen Sünder wandte und ihn zu überzeugen suchte daß es in seinem Interesse liege die verlangte Erlaubniß zu unterzeichnen.

Dem letztern würde es ohne allen Zweifel gelungen sein, denn der Schrecken begann mächtig auf den Ciselirer zu wirken, aber der Capitän Richard, der so reglementarische Vorbereitungen nicht unbenutzt lassen wollte, that einen furchtbaren Pfiff; die beiden Matrosen ließen zu gleicher Zeit das Tau los und Herr Batifol wurde aus der Höhe worin er schwebte plötzlich in die Tiefe seines Abgrunds hinabgeschnellt der sich wieder über ihm schloß.

Sobald Herr Batifol unter dem Strudel verschwunden war, der allein seine Anwesenheit in der Tiefe der Marne offenbarte, zog der Commandant der Möve als pedantischer Formenmensch eine Uhr heraus, um die Secunden zu zählen welche die Todesqual des Delinquenten dauern sollte. Zum Glück warf Valentin sich auf das Ankertau zerrte trotz des Widerspruchs seines Freundes und der beiden Matrosen mit Macht daran, und so gelang es ihm den Ciselirer auf die Oberfläche des Wassers zurückzubringen.

– Ich willige ein, sagte dieser, indem er mit seinen Händen in der Luft herumfocht und das Wasser ausspie das er geschluckt hatte, ich willige ein. . . Die Erlaubniß, die zehntausend Franken, alles was ihr wollt, aber laßt mich um Gottes willen nur heraus. . . Hilfe! Hilfe! Hilfe!

Valentin reichte ihm die Hand und zog ihn ans Ufer zurück.

Herr Batifol war dermaßen erschüttert, er hatte eine solche Furcht vor einer zweiten Probe mit dem nassen Kielholen dessen Bekanntschaft er so eben gemacht hatte, daß er zuerst Papier verlangte und das Verlangen seiner Quäler so schnell wie möglich zu befriedigen.

Man übergab ihm ein Stück von demjenigen was der Befehlshaber der Möve großartig das Schiffsbuch nannte, und das weit öfters dazu diente die Pfeifen anzuzünden als die Reisen der berühmten Gölette zu verzeichnen.

Valentin las zu wiederholtenmalen was Herr Batifol mit zitternder Hand geschrieben hattet er wollte sich versichern daß die Erlaubniß in gebührenden Ausdrücken ausgestellt sei, er vergaß nicht dem Ciselirer zu bemerken zu geben daß man, wenn er seine übernommene Verpflichtung nicht halte, immer nach Zeit habe die Klage einzuleiten womit man ihn bedrote.

Dann schiffte sich die Mannschaft der Möve wieder ein und nahm Huberte mit, welcher Richard als er hörte daß sie nach Paris wollte, galant einen Platz auf seinem Schiff angeboten hatte.

Herr Batifol schaute, bevor er sich wieder auf den Weg machte, ihrer Abfahrt zu.

Knirps und Emanuel führten die Ruder der Capitän hielt den Helmstock und cammandirte das Manöver mit einer klangvolleren Stimme denn je. Valentin und Huberte saßen nebeneinander vor dem Befehlshaber; dieser und sein Freund schienen bereits gegen die Liebenswürdigkeit des Mädchens zu Feld zu ziehen.

Alle diese jungen Leute jubelten und sangen, und die reine, frische Stimme des Mädchens und ihr silbernes Lachen war mitten aus dem fröhlichen Concert herauszukennen.

Unter dem Einfluß dieser lärmenden Fröhlichkeit erblühte die Blonde wie eine Blume in den Sonnenstrahlen.

Herr Batifol sah die Gesellschaft hinter der Spitze von Faviot-Flamand verschwinden, dann schüttelte er dass Wasser von seinen Kleidern ab, lächelte trotz der Wuth die ihn verzehrte und sagte:

– Schon gut, schon gut, ich glaube daß dieser Kahn meinen Rächer trägt.