Za darmo

Der Graf von Moret

Tekst
0
Recenzje
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

»Was mich anbelangt,« sagte Monsieur, »so hoffe ich, Ihr werdet, da Ihr mich mit einem hervorragenden Pasten bei dem Feldzuge betraut, auch so großmütig sein, nicht, zu verlangen, dass ich den Feldzug so zu sagen auf eigene Kosten unternehme und mir einen Rüstungsbeitrag von —«

Monsieur zögerte die Summe zu nennen.

»Von wie viel?« fragte der König,:

»Wenigstens von 150,000 Livres auszahlen zu lassen.«

»Ich begreife,« sagte der König mit einem Anflug von Ironie, »dass Ihr, da Ihr soeben für zwei Admiralsstellen, zwei Millionen auszugeben – verspracht, in Euren Geldverhältnissen nun etwas knapp seid; aber Ich mache Euch aufmerksam, dass es dem Kardinal bei dieser Belagerung von La Rochelle, obwohl er zwei Millionen wirklich ausgegeben hatte, um die Admiralsstellen von den Herzogen Guise und Montmorency zu kaufen, dennoch nicht einfiel, von Mir oder von Frankreich 150,000 Livres zu verlangen; dass er im Gegenteil Mir und Frankreich sechs Millionen geliehen hat. Es ist freilich wahr, dass er nicht Mein Bruder ist und dass man die Verwandtschaft bezahlen muss.«

»Aber,« sagte Maria von Medicis, »wenn das Geld, nicht Eurer Familie zu Gute kommen soll, Sire, wer soll es, dann genießen?«

»Es ist wahr, Madame; und da haben Wir auch wirklich in irgend einem Winkel Unseres Familienwappens einen Pelikan. Dieser gibt seinen Jungen, wenn er keine Nahrung mehr für sie hat, sein eigenes Blut zu trinken. Es ist wahr, dass er es seinen Jungen gibt, es ist auch wahr, dass Ich keine Kinder habe. Aber vielleicht gäbe er es wenn er keine Jungen hätte, auch seinen Verwandten. Euer Sohn, Madame, Wird die 150,000 Livres als Ausrüstungsbeitrag erhalten.«

Ludwig XIII. betonte die Worte Euer Sohn in auffallender Weise, denn er, wie alle Welt, wusste, dass Maria von Medicis von allen ihren Kindern nur Gaston Wirklich liebte.

»Ist das Alles?« fragte der König.

»Ja,« sagte Marie, »indessen hätte ich auch einen Diener, den ich gern belohnen möchte; obgleich eigentlich keine Belohnung so groß sein kann, um eine so unbedingte Ergebenheit, wie die seinige, zu bezahlen, so stellte man mir doch stets, wenn ich etwas für ihn verlangte, die Geldverlegenheit, in welcher sich die Verwaltung befinde, vor; da nun die Vorsehung es gefügt, dass das Geld,. welches uns fehlte …«

»Nehmt Euch in Acht, Madame,« sagte der König; »nicht von der Vorsehung, sondern von dem Herrn Kardinal kommt dieses Geld; wenn Ihr die Beiden mit einander verwechselt und der Kardinal für Uns zur Vorsehung wird, so sind Wir große Sünder, dass Wir Uns gegen ihn auflehnen.«

»Ich erlaube mir, sei dem wie ihm wolle, zu bemerken, Sire, dass bei Verteilung Eurer Gunstbezeigungen Herr Vauthier stets leer ausgegangen ist.«

»Ich bewillige ihm dieselbe Summe, welche Ich der Frau von Fargis, der Freundin der Königin, bewilligte, aber nun bitte Ich, dabei stehen zu bleiben, denn von drei Millionen achtundertzweiundachtzig Livres, welche die Vorsehung, nein, Ich irre Mich, welche der Kardinal Uns zur Verfügung stellt, sind bereits zweihundert vierzigtausend Livres fort, und man muss doch bedenken, dass auch Ich Freunde und Diener habe, die Ich belohnen will, und wäre es Niemand, als Meinen Narren L'Angely, der nie etwas von Mir verlangt.«

»Mein Sohn,« sagte Maria, »er Hat die hohe Gunst Eurer beständigen Gegenwart.«

»Eine ganz eigentümliche Gunst, welche ihm wohl Niemand streitig machen wird, Madame; aber – es ist Mittag; um zwei Uhr will Ich von dem Kabinett des Kardinals Besitz nehmen und da kratzt schon Beringhen an der Tür, um Mir anzuzeigen, dass Mein Diner servirt ist.«

»Guten Appetit, mein Bruder!« sagte Monsieur, der sich schön als Chef zweier Admiralitäten, als Generallieutenant des Feldzuges und Besitzer von 150,000 Livres Ausrüstungskosten sah, und in Folge dessen bei sehr guter Laune war.

»Ich brauche Euch wohl nicht dasselbe zu wünschen, Mein Bruder,« sagte Ludwig XIII., »denn in dieser Beziehung bin Ich vollkommen beruhigt.«

Und der König verlief; das Gemach, erstaunt darüber, dass Staatsgeschäfte ihn veranlasst hatten, seine gewöhnliche Essenszeit um eine ganze Stunde hinauszuschieben; denn der König pflegte sonst, wie uns sein Leibchronist Hérouard erzählt, um elf Uhr oder elf Uhr und zehn Minuten Vormittags zu speisen.

Wäre der würdige Arzt Hérouard nicht sechs Monate vorher gestorben, so würden wir bis auf einen Löffel Klippe und eine getrocknete süße Kirsche ganz genau wissen, was Seine Majestät Ludwig XIII. bei dieser Mahlzeit aßen und tranken, welche den wirklichen Beginn seines Königtums eröffnete. Alles, was darüber bis auf uns gelangte, ist indeß, dass er unter vier Augen mit seinem Günstling Baradas speiste und dass er um ein und ein halb Uhr in seine Kutsche stieg, indem, er befahl: »Place Royale, nach dem Hotel des Herrn Kardinals.«

Punkt zwei Uhr trat er dann, geführt durch den Sekretär Charpentier, in das Arbeitscabinet des Kardinals, wo er sich aus den Armstuhl des in Ungnade gefallenen Ministers setzte, einen tiefen Seufzer der Befriedigung ausstieß und lächelnd, doch ohne deren Tragweite zu kennen, die Worte murmelte:

»Endlich werde ich regieren!«

VII.
Der König regiert

Erzogen unter den tollen Verschwendungen der Regentschaft, während welcher alles Geld Frankreichs bei den glänzenden Festen und Turnieren davonflog, welche zu Ehren des schönen dienenden Ritters der Königin gegeben wurden; – zur Regierung gelangt, als Frankreich durch die Plünderung von Heinrichs IV. Schatz verarmt war, den Sully mit großer Mühe angesammelt hatte, und dessen ganzes Gold in die Hände der Epernon, Guise, Condé und aller der großen Herren überging, die man um jeden Preis erkaufen musste, um an ihnen einen Schild gegen den Hass des Volkes zu gewinnen, welches die Königin ganz laut der Ermordung eines geliebten Königs anklagte, – hatte Ludwig XIII. stets ein ärmliches Leben geführt, bis zu der Stunde, in welcher er den Herzog von Richelieu zu seinem Minister ernannte.

Durch eine weise Verwaltung, bei der er die Sullys zum Muster nahm, der er aber eine größere Uneigennützigkeit hinzufügte, als sein Vorgänger zeigte, war es Richelieu gelungen, die Finanzen wieder in Ordnung zu bringen und das Metall wiederzufinden, welches man für das ausschließliche Eigentum Spaniens hielt – das Gold.

Aber um welchen Preis war dieser Diktator der Verzweiflung dahin gelangt? Er durfte nicht an das Mittel von 1789 denken, welches dennoch den Bankrott von 1795 nicht verhinderte, – an das Mittel nämlich, den Adel und die Geistlichkeit zu besteuern. Bei dem ersten Vorschlage dazu wäre er unfehlbar gestürzt worden; er musste daher in den Eingeweiden Frankreichs selbst suchen, das heißt bei dem Volke und bei den Armen, und dabei half ihm seine unermüdliche Festigkeit und Tätigkeit. Und wurde das Volk auch noch mehr ausgesogen, so musste er dennoch Frankreich zu Grunde richten, um es zu retten, welches im Westen von England, im Osten und Norden von Österreich und im Süden von Spanien bedroht wurde.

Binnen vier Jahren steigerte er die Steuern um 15 Millionen; und in der Tat musste er eine Flotte schaffen, das Heer erhalten, die Augen vor dem Elende des Volkes, die Ohren vor dem Geschrei der Armee verschließen. Besonders musste er in Ermangelung eines Liebestrankes und eines Zauberringes ein Mittel ausfindig machen, um sich des Königs zu bemächtigen.

Dieses Mittel fand Richelieu.

Ludwig XIII. hatte noch niemals Geld besessen; er ließ ihn welches erblicken.

Daher rührte die Verblendung Ludwigs XIII. und seine Bewunderung für seinen Minister.

Wie hätte er auch in der Tat nicht einen Mann bewundern müssen, der unter seiner persönlichen Verantwortlichkeit sechs Millionen auftrieb, während der König nicht nur auf sein Wort, sondern auch auf seine Unterschrift keine fünfzigtausend Taler hätte finden können.

Er konnte daher nur mit Mühe an die 3,880,000 Livres glauben.

Das Erste, was der König von Charpentier verlangte, war daher auch der Schlüssel zu dem berühmten Schatz.

Ohne irgend eine Bemerkung zu machen, bat Charpentier den König, sich zu erheben, zog den Schreibtisch in der Mitte des Kabinetts. hob den Teppich empor, auf welchen gestern der Minister und heute der König seine Füße gesetzt hatte, und deckte einen geheimen Versteck auf, den er durch den Druck auf eine verborgene Feder öffnete, und in welchem man eine gewaltige eiserne Kiste erblicken konnte.

Durch eine gewisse Ordnung von Buchstaben und Zahlen, mit welcher Charpentier den König bekannt machte, ließ dieser Kasten sich leicht öffnen und es zeigte sich nun den geblendeten Augen Ludwigs XIII. die Summe, nach deren Anblick ihm mit solcher Ungeduld verlangt hatte.

Dann verneigte er sich vor dem Könige, entfernte sich nach dem zuvor erhaltenen Befehle aus dem Kabinett und ließ in demselben allein mit einander die beiden Majestäten zurück: die des Goldes und die der Macht.

In jener Zeit, in welcher es noch keine Bank und kein Papiergeld gab, war das baare Geld in Frankreich sehr selten. Die 3,880,000 Livres des Kardinals wurden daher durch ungefähr eine Million Gold mit den Bildnissen Carls IX., Heinrichs III. und Heinrichs IV. dargestellt, durch etwa eine Million spanische Dublonen, durch sieben- bis achtmal hunderttausend Livres in mexikanischen Barren und der Rest durch einen kleinen Beutel mit Diamanten, deren jeder, wie ein Bonbon, in ein Papier gewickelt war, auf welchem sein Wert geschrieben stand.

Statt des freudigen Gefühles, welches Ludwig XIII. bei dem Anblicke dieses Goldes zu empfinden geglaubt hatte, wurde er im Gegenteile von einer unbeschreiblichen Traurigkeit ergriffen.

Nachdem er die Stücke besichtigt und die verschiedenen Bilder erkannt hatte, versenkte er seine Arme in dieses Meer mit den fahlen Wogen, um dessen Tiefe zu ergründen; dann wog er in seinen Händen die Schwere der Goldbarren, spiegelte sich in dem glänzenden Lichte der Diamanten, und brachte Alles wieder an seine Stelle. Endlich richtete er sich empor und betrachtete diese Millionen, die Dem, welcher sie zusammengebracht hatte, so große Mühe gekostet hatten und welche die Frucht der reinsten, uneigennützigsten Ergebenheit waren.

 

Er dachte daran, mit welcher Leichtigkeit er vor einigen Stunden einen guten Teil dieses Geldes verschenkt hatte, um damit Dienste zu belohnen, die sich stets feindlich gegen ihn gewendet hatten; um den Hass zu vergelten, der gegen den Mann gehegt wurde, von dem all' dies Gold kam, und er stellte sich, wenngleich mit Widerstreben, die Frage, ob die Anwendung dieses Geldes durch ihn ebenso vorteilhaft für ihn selbst und für Frankreich sich gestalten werde, als wenn es in der Verwaltung seines weisen Ministers geblieben wäre.

Dann rief er durch ein Glockenzeichen Charpentier herbei, befahl ihm, die Kasse zu verschließen und händigte ihm die Schlüssel ein.

Er hatte aus der Kasse nicht ein einziges Goldstück genommen.

»Ihr werdet von der hier verschlossenen Summe nicht das Geringste ausfolgen, Charpentier, ohne dass Ihr einen schriftlichen Befehl von Meiner Hand erhaltet.«

Charpentier verbeugte sich.

»Mit wem werde Ich arbeiten?« fragte der König,

»Der Herr Kardinal arbeitete stets allein,« antwortete der Sekretär.

»Allein? Und woran arbeitete er allein?«

»An den Staatsgeschäften, Sire.«

»Aber das scheint Mir ein Ding der Unmöglichkeit.«

»Er hatte seine Agenten, die ihm Bericht erstatteten,«

»Welches waren seine Hauptagenten?«

»Der Pater Josef, der Spanier Lopez, Herr von Souscarières und Andere, die ich Euer Majestät nennen werde, wenn sie sich vorstellen, oder wenn ich ihre Berichte überbringe; übrigens sind Alle bereits benachrichtigt, dass sie sich jetzt an Euer Majestät zu wenden haben.«

»Gut!«

»Außerdem, Sire, sind die Agenten, welche der Kardinal bei den verschiedenen europäischen Regierungen unterhält, Herr von Beautru in Spanien, Herr von la Saludie in Italien, Herr von Charnassé in Deutschland. Couriere haben deren Rückkunft für heute oder morgen angezeigt.«

»Sobald sie angekommen sind, werdet Ihr sie Mir vorstellen. Wartet vielleicht in diesem Augenblicke Jemand in dem Vorzimmer?«

»Cavois, der Kapitän der Garde des Kardinal», wünscht sich Euer Majestät vorstellen zu dürfen.«

»Ich hörte, dass Cavois ein ehrlicher Mensch und ein braver Soldat sei; es wird Mich freuen, ihn zu sehen,«

Charpentier ging zur Empfangstür.

»Herr Cavois!« rief er.

Cavois erschien,

»Tretet näher,« sagte der König, »Ihr wünschtet Mich zu sprechen?«

»Ja, Sire; ich möchte eine Gnade von Euer Majestät erbitten.«

»Sprecht. Ihr geltet für einen guten Diener! Ich werde mich freuen, Euren Wunsch zu erfüllen.«

»Sire, ich möchte untertänigst um meinen Abschied bitten.«

»Um Euren Abschied? Und warum, Herr Cavois?«

»Weil ich dem Kardinal gehörte, und jetzt Niemandem gehöre.«

»O. Pardon, Herr Cavois; Ihr gehört Mir!«

»Ich weiß, dass Euer Majestät mich zwingen können, in Eurem Dienste zu bleiben; aber ich bemerke im Voraus, dass ich ein schlechter Diener sein würde.«

»Und warum das, da Ihr unter dem Kardinal ein guter Diener gewesen seid?«

»Weil das Herz dabei war, Sire.«

»Und bei Meinem Dienste?«

»Ich muss gestehen, da wäre bloß die Pflicht.«

»Und was fesselte Euch denn so sehr an den Kardinal?«

»Das Gute, das er mir getan hat.«

»Und wenn Ich eben so viel, ja noch mehr Gutes an. Euch tun wollte?«

Cavois schüttelte den Kopf.

»Das ist nicht mehr dasselbe,« sagte er.

»Wie? Das wäre nicht dasselbe?« fragte der König gereizt.

»Nein; das Gute hat nur dann einen Wert, wenn der Zeitpunkt da ist, wo man es braucht; als der Kardinal mich unterstützte, hatte ich eben geheiratet; er half mir, dass ich mein Hauswesen einrichten, meine Kinder erziehen konnte. Neuerdings erst hat er mir, oder eigentlich meiner Frau, ein Privilegium verliehen, durch welches wir zehn- bis zwölftausend Livres jährlich gewinnen.«

»Ah, der Herr Kardinal stattete die Frauen seiner Diener mit Staatsämtern aus, welche zehn- bis zwölftausend Livres abwerfen? Das ist gut zu wissen.«

»Ich sprach von keinem Amte, Sire, sondern von einem Privilegium.«

»Und welcher Art ist das Privilegium, das der Madame Cavois zu Teil wurde?«

»Es ist das Recht, zur halben Rechnung mit Herrn Michel in den Straßen von Paris Sänften zu vermieten.«

Der König überlegte einen Augenblick, während er Cavois fest betrachtete, der in echt militärischer Haltung, kerzengerade. unbeweglich, den Hut in der Rechten und den kleinen Finger seiner linken Hand an der Naht seiner Beinkleider, vor ihm stand.

»Und wenn Ich Euch, Herr Cavais. unter Meinen Garden denselben Grad einräume, den Ihr in der Garde des Kardinals eingenommen habt?«

»Ihr habt schon Herrn von Fussac, Sire, der ein tadelloser Offizier ist, und dem Euer Majestät keinen Kummer werden bereiten wollen.«

»Ich werde Fussac zum General machen.«

»Wenn Fussac, wie ich voraussetze, Euer Majestät so liebt, wie ich den Kardinal liebe, so wird er es vorziehen, in Eurer Nähe Kapitän zu bleiben, als entfernt von Euch General zu sein.«

»Aber, wenn Ihr den Dienst wirtlich verlaßt, Cavois —«

»Das ist mein Wunsch, Majestät.«

»So werdet Ihr doch als Belohnung für die Zeit Eures Dienstes bei dem Herrn Kardinal eine Gratifikation von fünfzehnhundert bis zweitausend Pistolen annehmen?«

»Sire,« sagte Cavois, sich verneigend, »für die Zeit, in welcher ich dem Kardinal diente, wurde ich nach meinen Verdiensten und darüber hinaus belohnt, Es beginnt ein Krieg, und ein solcher kostet Geld, viel Geld. Bewahrt das Geld für Jene, die sich schlagen werden, und gebt es nicht Jenen, die ihr Geschick an das eines Menschen geknüpft haben und da er gefallen ist, es vorziehen, mit ihm zu fallen.«

»Denken alle Diener des Kardinals wie Ihr, Cavois?«

»Ich glaube es, Sire, und rechne mich sogar zu den Unwürdigeren von ihnen.«

»Also strebt Ihr nach nichts? Habt Ihr gar keinen Wunsch?«

»Ich bekehre nichts, als die Ehre zu haben, dem Herrn Kardinal überall hin folgen zu dürfen, wohin er geht, und stets zu seinem Hause, und wäre es auch als der niedrigste seiner Diener, gehören zu dürfen.«

»Gut, Herr Cavois,« sagte der König, durch so viel Hartnäckigkeit verletzt, »Ihr seid frei!«

Cavois grüßte, ging rückwärts aus dem Zimmer und stieß in der Tür mit Charpentier zusammen, welcher eben eintrat.

»Und Ihr, Charpentier,« rief ihm der König zu, »solltet Ihr such auch, wie Cavois, weigern, in Meine Dienste zu treten?«

»Nein, Sire, da ich von dem Herrn Kardinal den Befehl erhalten habe, bei Ew. Majestät so lange zu bleiben, bis ein anderer Minister an seine Stelle kommt, damit Ew. Majestät mittlerweile über die Geschäfte unterrichtet bleiben.«

»Und wenn statt des Kardinals ein anderer Minister ernannt wird, was werdet Ihr dann tun?«

»Ich werde dann Ew. Majestät bitten, mir die Erlaubnis zur Abreise nach Chaillot zu geben, da der Herr Kardinal an meine Dienste sehr gewöhnt ist.«

»Und wenn Ich den Herrn Kardinal bitten würde, Euch Mir zu überlassen? Ich werde von dem Augenblicke an, wo ein anderer Minister an die Stelle des Kardinals tritt, der gewiss nicht so wie er Alles tun, sondern Mir auch etwas übrig lassen wird, eines Menschen bedürfen, der zugleich geschickt und rechtlich ist, und Ich weiß, dass Ihr diese beiden Eigenschaften in Euch vereinigt.«

»Ich zweifle nicht, dass der Herr Kardinal Euren Wunsch augenblicklich erfüllt, aber dann würde ich mich Ew. Majestät zu Füßen werfen und sagen: »Sire, ich habe einen Vater, der einundsechzig, und eine Mutter, die sechzig Jahre alt ist; ich konnte sie um des Kardinals willen verlassen, der sie in ihrem Elende unterstützt, zu wohlhabenden Leuten und glücklich gemacht hat, aber in dem Augenblicke, wo ich nicht mehr dem Kardinal gehöre, ist mein Platz an ihrer Seite; Sire, gestattet mir die Gnade, meinen Eltern die Augen zudrücken zu dürfen.« Ich bin überzeugt, Ew. Majestät würden mir dann meine Bitte nicht abschlagen.«

»Ehre Vater und Mutter, damit Du lange lebst,« sagte immer gereizter der König. »Sobald der neue Minister ernannt ist, werdet auch Ihr frei sein, Herr Charpentier.«

»Soll ich den Schlüssel zurückgeben, den Euer Majestät mir anvertrauten?«

»Behaltet ihn; wenn der Kardinal, der so gut bedient war, dass Ich ihn um seine Diener beneide, denselben in Eure Hände gab, so kann er sich wohl nicht in den Händen eines rechtschaffenen Mannes befinden. Nur bitte Ich, stets meine Unterschrift zu beachten, und die von Mir verlangten Summen, aber auch nur diese, auszahlen zu lassen.«

Charpentier verneigte sich.

»Habt Ihr nicht hier einen Menschen Namens Rossignol, von dem Ich als von einem besonders geschickten Dechiffreur geheimer Schriften reden hörte?«

»Ja, Sire.«

»Ich wünsche ihn zu sehen.«

»Wenn Ihr dreimal an die Glocke schlagt, Majestät, so wird er erscheinen.«

»Gebet selbst das Zeichen.«

Charpentier gab das Zeichen und sofort trat Rossignol in das Zimmer.

Er hielt ein Papier in der Hand.

»Soll ich gehen oder bleiben?« fragte Charpentier.

»Lasst uns allein.«

Charpentier entfernte sich.

»Heißt Ihr Rossignol?« fragte der König.

»Ja, Sire,« erwiderte Rossignol, dessen Blicke noch immer auf dem Papiere, das er in der Hand hielt, herumirrten.

»Man sagt, Ihr seid ein geschickter Entchifferer.«

»Es ist wahr, Sire, dass ich in dieser Kunst nicht meinesgleichen zu haben glaube.«

»Ihr seid im Stande, alle Geheimschriften zu lesen?«

»Es gibt nur eine, welche ich bis jetzt nicht entchiffriert habe, aber mit Hilfe Gottes wird es mir gelingen, auch zu dieser den Schlüssel zu finden.«

»Welche Geheimschrift habt Ihr zuletzt entchiffret?«

»Einen Brief des Herzogs von Lothringen an Se. Hoheit Monsieur!«

»An meinen Bruder?«

»Ja, Sire, an Se. königliche Hoheit.«

»Und was schrieb Lothringen an meinen Bruder?«

»Majestät wünschen es zu wissen?«

»Natürlich!«

»Ich will den Brief holen.«

Rossignol wandte sich zum Gehen; nach einigen Schritten jedoch blieb er stehen.

»Wünschen Eure Majestät das Original oder die Übersetzung?«

»Beide, Herr Rossignol.«

Mit der Schnelligkeit eines Wiesels, dessen Schädelbildung er auch vollkommen hatte, lief Rossignol in sein Kabinett, dann kehrte er zurück, die beiden verlangten Papiere in der Hand, während er im Gehen sich damit beschäftigte, die Chiffre jenes Papiers zu erraten, welches er in der Hand hielt, als ihn der König hatte rufen lassen.

»Hier sind die Papiere, Sire.«

Und er übergab dem Könige den Brief des Herzogs von Lothringen und die Übersetzung desselben.

»Der König begann mit dem Originale und las:

»Wenn Jupiter . . .«

»Monsieur,« unterbrach Rossignol den König.

»Aus dem Olymp verjagt sein wird . . .« setzte der König seine Lektüre fort.

»Das heißt aus dem Louvre!« sagte Rossignol.

»Und warum sollte Monsieur vom Hofe verbannt werden?« fragte Ludwig XIII.

»Weil er konspiriert!« erwiderte Rossignol mit großer Ruhe.

»Monsieur konspiriert? Und gegen wen?«

»Gegen Ew. Majestät und gegen den Staat.«

»Wisst Ihr auch, was Ihr mir da sagt, mein Herr?«

»Ich sage, Sire, nur das, was Ihr sogleich lesen werdet.«

»… so kann er nach Kreta flüchten,« las der König weiter.

»Das heißt nach Lothringen.«

». . . Minos . . .«

»Der Herzog Carl IV.«

». . . wird ihm seine Gastfreundschaft mit Vergnügen anbieten, aber die Gesundheit Cephalos…«?

»Die Gesundheit Ew. Majestät!«

»Mich also nennt er Cephalos?«

»Ja. Sire.«

»Ich weiß wohl, wer Minos war, aber es ist Mir entfallen, wer und was Cephalos gewesen ist.«

»Cephalos war ein thessalischer Prinz, verheiratet mit einer sehr schönen atheniensischen Prinzeß, die er aber wegen ihrer Untreue weggejagt hatte. Später versöhnte er sich mit ihr.«

»Ludwig XIII. runzelte die Stirn.

»Und dieser Cephalos, Gemahl einer ungetreuen Gattin, mit der er sich trotzdem versöhnt, das bin Ich?«

»Ja, Sire, hier in diesem Briefe seid Ihr dieser Cephalos.«

»Seid Ihr dessen sicher?«

»Vollkommen; übrigens werden Ew. Majestät ja sehen.«

»Wo sind Wir geblieben?«

»Wenn Monsieur aus dem Louvre vertrieben worden sein wird, kann er sich nach Lothringen flüchten, Herzog Carl IV. wird ihm seine Gastfreundschaft mit Vergnügen anbieten, aber die Gesundheit Cephalos…« da seid Ihr stehen geblieben, Sire!«

 

». . . kann nicht mehr lange andauern . . . .« las Ludwig XIII.

»Was heißt das?«

»Das soll heißen, dass Ew. Majestät krank und nach der Ansicht des Herzogs von Lothringen sehr krank sind.«

»O,« sagte der König erbleichend, »ich bin also sehr krank?«

Er eilte zum Spiegel, sich in demselben zu sehen, suchte in der Tasche nach seinem Riechsalz, da er es aber nicht fand, machte er eine gewaltsame Anstrengung und las mit bewegter Stimme weiter:

». . . Warum sollte man im Falle des Todes nicht Procris . . .« Procris?«

»Die Königin,« sagte Rossignol, »Procris war eben die ungetreue Frau des Cephalos.«

». . . nicht Procris mit Jupiter vermählen? – Wie, die Königin mit Monsieur?«

»Ja, Sire, mit Monsieur.«

Der König wischte sich mit seinem Taschentuche den Schweiß von der Stirn und fuhr fort:

». . . Es ist das Gerücht verbreitet, dass das Orakel. . .«

»Der Herr Kardinal!«

». . . sich der Procris entledigen will, um die Hand der Venus . . .«

Der König blickte Rossignol an, der seinerseits noch immer auf das Papier stierte, das er in Händen hielt.

,»Venus? Wer ist Venus?« fragte der König ungeduldig.

»Frau von Combalet,« erwiderte Rossignol.

». . . dem Cephalos zu geben.« Wie? man wollte mich mit Frau von Combalet verheiraten?«

»Während also Jupiter fortfährt, der Hebe die Cur zu machen . . .«

»Hebe ist die Prinzessin Maria von Gonzaga.«

». . . und dadurch mit Juno in Uneinigkeit zu kommen scheint. . .«

»Mit der Königin-Mutter.«

»… ist es wichtig, dass, so schlau es ist oder vielmehr zu sein glaubt, das Orakel sich täusche.

»Minos.«

»Ah!« sagte der König, nachdem er mit dem Lesen zu Ende war, »das ist also das Geheimnis dieser großen Liebe, die man der Stelle eines Generallieutenants aufopfert; also Meine Gesundheit kann nicht von langer Dauer sein, und nach Meinem Tode will man Meine Witwe an Meinen Bruder verheiraten? Aber wenn auch krank und sehr krank, wie sie sagen, bin Ich doch noch nicht todt. Also, Mein Bruder verschwört sich gegen Mich und wird, wenn die Verschwörung entdeckt werden sollte, gastliche Aufnahme beim Herzog finden? Als ob Frankreich dies Lothringen mitsamt seinem Herzog nicht auf einen Bissen verschlucken könnte.«

Dann wandte er sich an Rossignol.

»Auf welche Art ist dieser Brief in die Hände des Herrn Kardinals gelangt?«

»Er war Herrn Senelle anvertraut worden.«

»Einer Meiner Ärzte; Ich bin in der Tat gut bedient,« sagte Ludwig XIII.

»Und der Kammerdiener des Herrn Senelle war, in Voraussicht einer Cabale zwischen den Höfen von Lothringen und Frankreich, im Voraus durch den Pater Josef gewonnen.«

»Dieser Pater Josef ist, wie es scheint, ein geschickter Mensch?«

Rossignol zwinkerte mit den Augen.

»Er ist der Schatten des Herrn Kardinals,« sagte er.

»Und der Kammerdiener des Herrn Senelle? . .?«

»Stahl seinem Herrn den Brief und schickte ihn uns.«

»Was tat da Senelle?«

»Er war noch nicht weit von Nancy entfernt, kehrte also dahin zurück und sagte dem Herzog, dass er aus Unachtsamkeit den Brief mit anderen Papieren verbrannt habe; der Herzog ahnte nichts und gab ihm einen zweiten, der dann in die Hände Monsieurs gelangte.«

»Und was hat Mein Bruder Jupiter dem weisen Minos geantwortet?« fragte der König, fieberhaft lachend, so dass die Spitzen seines Schnurrbart noch eine Weile zitterten, als er bereits zu lachen aufgehört hatte.

»Das weiß ich noch nicht; es ist eben jene Antwort, die ich hier gerade in der Hand halte.«

»Wie, das wäre die Antwort Meines Bruders?«

»Ja, Sire!«

»Gebet!«

»Euer Majestät werden nichts davon verstehen, da ich selbst noch nichts davon weiß.«

»Wie das?«

»Weil sie, durch das Verlorengehen des ersten Briefes argwöhnisch gemacht, eine neue Chiffreschrift erfunden haben.«

Der König warf einen Blick auf das Schreiben und las einige vollkommen unverständliche Worte.

»Und Ihr könntet erraten, was das heißen soll?«

»Ich werde es morgen wissen, Sire!«

»Es ist nicht die Schrift Meines Bruders.«

»Nein; diesmal hat der Kammerdiener aus Furcht vor Entdeckung nicht gewagt, den Brief zu stehlen und hat sich damit begnügt, ihn abzuschreiben.«

»Und wann wurde dieser Brief geschrieben?«

»Heute gegen Mittag, Sire!«

»Und Ihr habt bereits die Abschrift?«

»Um zwei Uhr händigte Pater Josef sie mir ein.«

Der König dachte einen Augenblick nach; dann sagte er Zu dem kleinen Manne:

»Ihr werdet bei Mir bleiben, Rossignol, nicht wahr?«

»Ja, Sire, bis dieser Brief entchiffriert ist.«

»Wie! Bis dieser Brief entchiffriert ist? Ich glaubte. Ihr standet in dem Dienste des Herrn Kardinals?«

»Ich bin in seinem Dienst, aber nur so lange, als er Minister ist; von dem Augenblicke an, wo er es zu sein aufhört, hat er meine Dienste nicht mehr nöthig.«

»Aber Ich bedarf Eurer. Rossignol.«

»Sire,« sagte Rossignol und schüttelte so energisch mit dem Kopfe, dass die Augengläser ihm von der Nase herabzufallen drohten; »ich verlasse morgen Frankreich.«

»Und warum?«

»Weil ich mir im Dienste des Kardinals, d. h. in Eurem Dienste, Sire, durch meine Kunst unter den hohen Herren des Hofes große Feinde gemacht habe, gegen deren Hass der Herr Kardinal allein mich zu schützen vermochte.«

»Und wenn Ich Euch beschütze?«

»Euer Majestät werden wohl die Absicht dazu haben, aber —«

»Aber —«

»Aber es wird Euch die Macht fehlen.«

»So?« sagte der König, die Stirn runzelnd.

»Übrigens,« fuhr Rossignol fort, »verdanke ich Alles dem Herrn Kardinal. Ich war ein armer Bursche aus Alby; zufällig erfuhr der Herr Kardinal von meinem Talente, ließ mich kommen, gab mir eine Stelle zuerst von tausend, dann von zweitausend Talern; später fügte er für jeden übersetzten Brief zwanzig Pistolen hinzu, so dass ich mir seit dm sechs Jahren, die ich in seinem Dienste bin, und während welcher ich wöchentlich ein bis zwei Briefe entchiffriere, ein hübsches Vermögen erwarb, das ich vortrefflich angelegt habe.«

»Wo das?«

»In England, Sire.«

»Ihr geht also nach England, um dort in die Dienste des Königs Carl zu treten?

»König Carl hat mir zweitausend Pistolen jährlich und eine Belohnung von fünfzig Pistolen für jeden Brief angeboten, wenn ich den Dienst des Kardinals verlassen wollte; ich habe es jedoch abgeschlagen.«

»Und falls Ich Euch so viel anbieten würde, wie der König Carl?«

»Sire, das Leben ist das Kostbarste, was der Mensch hat. denn wenn man einmal unter der Erde ist, kommt man nicht wieder empor; nun, da der Kardinal in Ungnade ist, würde ich trotz des Schutzes Eurer Majestät, und vielleicht eben dieses Schutzes wegen, nicht acht Tage mehr leben. Es bedurfte heute Morgen der ganzen Autorität des Herrn Kardinals, mich von dem Entschluss abzubringen, mit ihm zugleich Paris zu verlassen, und mich zu bewegen, mein Leben für ihn auf vierundzwanzig Stunden in die Schanze zu schlagen.«

»Für Mich habet Ihr aber nicht im Sinne, Euch zu opfern?«

»Eine solche Ergebenheit ist man nur seinen Verwandten und seinen Wohltätern schuldig; sucht diese Ergebenheit, Sire, unter Euren Verwandten oder unter Denen, welchen Ihr Gutes getan habt, und ich bin überzeugt, dass Ihr sie dort finden werdet.«

»Ihr seid davon überzeugt? Ich meinerseits zweifle daran.«

»Und nun, da ich Euer Majestät Alles gesagt habe, bitte ich, meiner Abreise, die nach der Dechiffrierung dieses Briefes erfolgen soll, kein Hindernis entgegenzusetzen.«

»Ich werde Mich Eurer Reise unter der Bedingung nicht widersetzen, dass Ihr nicht in den Dienst eines andern Fürsten tretet, der Euer Talent zum Nachteile Frankreichs ausbeuten würde.«

»Ich gebe Euer Majestät mein Wort.«

»Ihr könnt nun gehen! Der Herr Kardinal ist sehr glücklich, dass er solche Diener hat, wie Euch und Eure Gefährten.«

Der König blickte auf seine Uhr.

»Vier Uhr,« sagte er. »Morgen um zehn Uhr Vormittags werde Ich hier sein; trachtet, dass dann die Übersetzung fertig sei.«

»Sie wird es sein, Sire!«

Der König nahm den Hut.

»Wollen Euer Majestät nicht den Pater Josef vorlassen?« fragte Rossignol.

»In der Tat! Sobald er kommt, möge Charpentier ihn herbringen.«

»Er ist bereits da, Sire!«

»Er möge eintreten! Ich will gleich mit ihm sprechen.«

Rossignol verließ das Zimmer und die »graue Eminenz« trat ein.

Pater Josef verbeugte sich, auf der Schwelle stehend, tief vor dem Könige.

»Tretet näher,« sagte der König.

Der Mönch näherte sich mit gesenktem Kopfe und über der Brust gefalteten Händen.