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Der Graf von Moret

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III.
In welchem Monseigneur Gaston, wie Carl IX., seine Kleine Rolle spielt

Als man die Herzogin-Witwe, die Prinzeß Marie und Monseigneur Gaston durch dieselbe Tür sich entfernen gesellen hatte, nachdem sie von demselben Diener gerufen worden waren, fiel der Rest der Gesellschaft natürlich auf den Gedanken, es möchte sich etwas Außerordentliches zugetragen haben, und sei es aus Diskretion, sei es, dass die elfte Stunde bereits vorüber war, man zog sich zurück, nachdem man noch einige Momente gewartet hatte.

Auch Frau von Combalet hatte den Saal verlassen, als der Lakai, welcher die Frau vom Hause aus dem Salon rief, sich in dem dunklen Korridor ihr näherte und mit leiser Stimme zu ihr sagte:

»Die Frau Herzogin-Witwe wird Euch sehr verbunden sein, Madame, wenn Ihr das Hotel nicht verlässt, bevor sie noch einmal die Ehre gehabt hat, Euch zu sehen.«

Und zugleich öffnete er die Tür eines kleinen Boudoirs, wo sie allein und ungestört warten konnte.

Frau von Combal et hatte sich nicht getäuscht, als sie den Namen Vauthier aussprechen zu hören glaubte,

Vauthier war in der Tat an die Frau von Longueville abgesendet worden, um ihr zu sagen, dass die Königin-Mutter es nicht gern sehen würde. Wenn die zwei oder drei besuche, die Gaston bereits der Prinzeß Marie gemacht, sich regelmäßig und häufig wiederholten.

Die Herzogin von Longueville hatte ihre Nichte zu sich kommen lassen, um ihr Mitteilungen über diese Botschaft der Königin-Mutter zu machen.

Die Prinzeß Marie, ein freimütiger und loyaler Charakter, machte sofort den Vorschlag, den Prinzen holen zu lassen und von ihm eine Erklärung zu verlangen. Vauthier wollte sich zurückziehen, aber die Herzogin und die Prinzeß Verlangten, dass er bleibe und in Gegenwart des Prinzen die Worte seiner Botschaft wiederhole.

Man hat gesehen, dass auch der Prinz dieser Aufforderung Folge leistete und den Salon verließ.

Geführt durch den Lakaien, trat er in das Kabinett, wo er erwartet wurde.

Als er Vauthier gewahrte, überflog ein scheinbarer oder wirklicher Ausdruck des Erstaunens seine Züge und auf ihn zu schreitend fragte er ihn in hartem Tone:

»Was tut Ihr hier, Vauthier, und wer hat Euch hierher gesendet?«

Ohne Zweifel wusste Vauthier, dass von Seite der Königin-Mutter der Unwille über das sich anknüpfende Verhältnis zwischen Gaston und Marie bloß ein erheucheltes war, denn er hatte ja geholfen, den darauf bezüglichen Rat des Herzogs von Savoyen lesbar zu machen, aber er wusste nicht, in wie weit Gaston auf diesen herbeigezogenen Streit eingehen werde, der in den Augen Aller einen Zwiespalt zwischen Mutter und Sohn zu bewirten geeignet war.

»Monseigneur,« antwortete er daher, »ich bin nichts als der ergebene Diener der Königin, Eurer erhabenen Mutter, und in Folge dessen gezwungen, ihre Befehle auszuführen. Nun, ich kam aus ihren Befehl hierher, um die Frau Herzogin-Witwe von Longueville und die Prinzeß von Gonzaga zu bitten, sie mögen eine Liebe nicht ermutigen, die sowohl den Absichten meiner Herrin, als denen des Königs, zuwiderlaufen würde.«

»Ihr hört, Monseigneur; in einem auf diese Weise ausgesprochenen Wunsche liegt fast eine Anklage. Wir erwarten daher von Eurer Loyalität, Hoheit, dass Ihro Majestät, die Königin, sowohl über die Ursache Eurer Besuche, als über den Zweck derselben genügend aufgeklärt werde.«

»Vauthier,« sagte der Herzog in jenem hochmütigen, barschen Tone, den er bei Gelegenheit anzunehmen wusste und den er eigentlich weit öfter annahm, als es die Gelegenheit rechtfertigte, »Ihr seid mit den wichtigen Ereignissen, die sich seit Beginn des Jahrhunderts an unserem Hofe zugetragen haben, zu sehr bekannt, um den Tag und das Jahr meiner Geburt nicht zu wissen.«

»Gott behüte mich vor einer solchen Unkenntnis, Monseigneur! Eure Hoheit wurden am 25. April des Jahres 1608 geboren.«

»Nun wohl, mein Herr, wir zählen heute den 13. Dezember des Jahres 1628, das will sagen, dass ich am heutigen Tage zwanzig Jahre, sieben Monate und neunzehn Tage alt bin. Ich bin also schon seit sieben Jahren, sieben Monaten und neunzehn Tagen der Vormundschaft der Weiber ledig; außerdem bin ich bereits ein erstes Mal wider meinen Willen verheiratet worden. Ich bin reich genug, um eine Frau zu bereichern, wenn sie arm wäre, vornehm genug, um sie zu adeln, wenn sie es nicht sein sollte, und da Staatsgründe mit einem jüngeren Sohne nicht leicht in Zusammenhang zu bringen sind, habe ich die Absicht, mich ein zweites Mal nach meinem Willen und nach meinem Geschmack zu vermählen.«

»Monseigneur,« sagten zugleich Frau von Longueville und ihre Nichte, »Ihr werdet schon aus Rücksicht für uns nicht verlangen, dass Herr Vauthier Ihrer Majestät, der Königin-Mutter, eine solche Antwort überbringe.«

»Herr Vauthier mag, wenn es ihm beliebt, sagen, ich habe gar nicht geantwortet und in diesem Falle werde ich, sobald ich in den Louvre zurückkehre, selbst meiner Mutter antworten.«

Und er machte gegen Vauthier eine verabschiedende Handbewegung; Vauthier neigte das Haupt und gehorchte.

»Monseigneur. . . .« begann Frau von Longueville —

Aber Gaston unterbrach sie.

»Madame, seit mehreren Monaten, oder besser gesagt, seitdem ich sie gesehen habe, liebe ich die Prinzeß Marie. Die Achtung, die ich sowohl vor ihr, als auch vor Euch, teure Herzogin, habe, hätten mich wahrscheinlich verhindert, mich vor der vollständigen Erreichung meines einundzwanzigsten Lebensjahres zu erklären, denn was die Prinzeß betrifft, so kann sie, da sie glücklicherweise kaum sechzehn Jahre zählt, noch warten; aber da von einer Seite das Übelwollen meiner Mutter mich von ihr zu entfernen trachtet, da anderseits die leidige Politik verlangt, dass Die, welche ich liebe, irgend einen kleinen italienischen Fürsten heiratet, so will ich sofort zu Ihrer Hoheit sprechen. Prinzeß Marie, meine roten Backen machen mich nicht zu jener Galanterie fähig, welche heutzutage Mode ist, das heißt, den Kranken zu spielen, blass auszusehen und stets zu einer Ohnmacht bereit zu sein: ober ich liebe Euch darum nicht minder; es ist daher an Euch, über mein Anerbieten nachzudenken, denn Ihr begreift es wohl, in diesem Falle ist das Anerbieten meines Herzens auch das meiner Hand. Wählt also zwischen dem Herzog von Rethellois und mir, zwischen Mantua und Paris, zwischen einem kleinen italienischen Fürsten und dem Bruder des Königs von Frankreich.«

»O, Monseigneur,« sagte Frau von Longueville, »wenn Ihr Herr Eurer Handlungen wäret, wie ein einfacher Edelmann, wenn Ihr nicht vom Könige – vom Kardinal, von der Königin, abhingt!«

»Vom Könige? Madame, es ist wahr, ich hänge vom Könige ab, aber es wird meine Sorge sein, von ihm die Erlaubnis für diese Heirat zu erhalten, und ich werde Allein daransetzen; was aber den Kardinal und die Königin betrifft, so sind sie es im Gegenteile, die bald von mir abhängen dürften.«

»Wie das, Monseigneur?« fragten zugleich die beiden Damen.

»Mein Gott, das will ich mit zwei Worten erklären,« sagte Gaston, eine arglose Freimütigkeit affectirend; »da mein Bruder, Ludwig XIII., nach einer dreizehnjährigen Ehe keine Kinder hat, so wird er deren wahrscheinlich auch niemals bekommen. Ihr wisst übrigens, wie es um seine Gesundheit steht, und es kann wohl nicht fehlen, dass er mir eines Tages den Thron Frankreichs als Erbteil hinterlässt.«

»Ihr glaubt also, Monseigneur,« fragte Frau von Longueville, »dass der Tod Sr. Majestät nahe bevorstehend sei?«

Die Prinzeß Marie antwortete nicht, aber da ihr Herz, welches für Niemand schlug, dem Ehrgeiz gestattete, Einfluss auf ihre Gedanken zu üben, verlor sie kein Wort von dem. was Monsieur sagte.

»Bouvard betrachtet ihn als einen verlorenen Mann,« gab dieser auf die Frage der Herzogin zur Antwort, »und, wundert sich, dass er noch lebt; aber über diesen Punkt sind die Auguren mit ihm in Übereinstimmung,«

»Die Auguren?« fragte Frau von Longueville.

Marie verdoppelte ihre Aufmerksamkeit.

»Meine Mutter hat den ersten Astrologen Italiens, Fabroni, befragt und er sagte voraus, dass mein Bruder der Welt Valet sagen würde, bevor die Sonne im Jahre 1630 das Zeichen des Krebses durchlaufen habe; Fabroni gibt ihm also noch achtzehn Monate Zeit zum Leben. Dasselbe wurde mir und mehreren meiner Diener von einem Arzt, Namens Duval, gesagt. Dem Letzteren ist die Voraussagung schlecht bekommen, denn als der Kardinal vernahm, dass er dem Könige das Horoskop gestellt habe, ließ er ihn verhaften und zu den Galeeren verurteilen, in Anwendung eines altrömischen Gesetzes, welches verbietet, sich mit der Erforschung der ferneren Lebenszeit der Könige abzugeben. Meine Mutter, Madame, weiß dies Alles, meine Mutter erwartet, sowie die Königin und ich, den Tod ihres ältesten Sohnes; und um mich einst zu beeinflussen, wie sie jetzt meinen Bruder beeinflusst, will sie mich mit einer toscanischen Prinzessin verheiraten, die ihr für die Krone erkenntlich sein müsste. Aber es soll nicht so weit kommen, das schwöre ich zu Gott; ich liebe Euch, und im Falle Ihr nicht eine unüberwindliche Abneigung gegen mich habet, werdet Ihr meine Gattin.«

»Aber,« fragte die Herzogin, »haben Eure Hoheit keine Idee, wie der Kardinal über diese Heirat denken wird?«

»Beunruhigt Euch nicht des Kardinals wegen; wir werden ihn auf unserer Seite haben.«

»Und wie das?«

»In diesem Punkte,« sagte Gaston, »müsst Ihr mir ein wenig behilflich sein.«

»Auf welche Art?«

»Der Graf von Soissons hat seine Verbannung bereits herzlich satt; ist es nicht so?«

»Er verzweifelt darüber; aber es ist in diesem Punkte von Herrn von Richelieu nichts zu erlangen.«

»Gut; und wenn er seine Nichte heiraten würde?«,

»Frau von Combalet?«

Die beiden Damen blickten einander an.

»Der Kardinal wird, um sich mit dem königlichen Hause zu verbinden, Alles bewilligen, was man von ihm verlangt.«

 

Die beiden Damen sahen einander wieder an.

»Ist das, was Monseigneur da sagen, ernst gemeint?« fragte Frau von Longueville.

»Man kann nicht mit größerem Ernste sprechen.«

»Ich würde in diesem Falle mit meiner Tochter reden, welche auf ihren Bruder großen Einfluss hat.«

»Sprecht mit ihr davon, Madame,«

Dann sich zur Prinzeß Marie wendend, sagte Gaston:

»Alles das aber, Prinzeß, ist nur ein vergeblicher und eitler Plan, wenn in diesem Complot Euer Herz nicht zum Mitschuldigen des meinen wird.«

»Eure Hoheit wissen, dass ich die Braut des Herzogs von Rethellois bin,« sagte die Prinzeß Marie; »ich kann für meine Person nichts gegen die Kette tun, die mich fesselt und am Reden verhindert; aber an dem Tage, wo diese Kette gebrochen und mein Wort frei sein wird, sollen Eure Hoheit sich über meine Antwort nicht zu beklagen haben.«

Die Prinzeß machte eine Verbeugung und schickte sich an, das Gemach zu verlassen, aber Gaston ergriff lebhaft ihre Hand und drückte einen feurigen Kuß daraus.

»Ihr habt mich zum glücklichsten der Menschen gemacht.« sagte er, »und ich wage es nun. nicht mehr an dem guten Ausgang eines Planes zu zweifeln, in den mein Lebensglück verwebt ist.«

Und wahrend die Prinzeß sich durch die eine Tür entfernte, stürmte der Prinz durch die andere hinaus, wie ein Mensch, der die frische Luft braucht, um in derselben seine Leidenschaft abzukühlen.

Frau von Longueville, welche sich erinnerte, dass sie Frau von Combalet hatte bitten lassen, auf sie zu warten, stieß eine dritte Tür auf, welche, da sie nur angelehnt war, dem ersten Drucke wich, und hätte beinahe einen Schreckensruf ausgestoßen, als sie sich Auge in Auge mit der Nichte des Kardinals befand, die der Diener unvorsichtiger Weise in ein Boudoir geführt hatte, welches an das Gemach stieß, in dem die Unterredung mit dem Herzog von Orleans stattfand.

»Madame,« sagte schnell gefasst die Herzogin, »da wir den Kardinal als unseren Freund und Beschützer kennen und nichts tun wollen, was ihm ein Geheimnis bleiben oder unangenehm sein könnte, habe ich Euch bitten lassen, das Ende einer Erklärung zwischen uns und der Königin-Mutter abzuwarten, einer Erklärung, welche durch die zwei Besuche hervorgerufen wurde, mit denen Se. Königliche Hoheit, Monsieur, uns beehrte.«

»Ich danke, liebe Herzogin,« sagte Frau von Combalet, »und bitte Euch, zu glauben, dass ich die zarte Aufmerksamkeit anerkenne, mit der Ihr mir die Tür dieses Kabinetts öffnen ließet, damit ich kein Wort von der statt gehabten Unterredung verliere.«

»Ihr habt auch,« fragte die Herzogin mit einigem Zögern, »jene Stelle des Gespräches gehört, welche Euch berührt? Was mich anbelangt, so würde ich, abgesehen von der Ehre, meine Nichte als Herzogin von Orleans, Schwägerin des Königs, vielleicht auch Königin, zu wissen, sehr glücklich sein, Euch in unsere Familie eintreten zu sehen, und ich werde in dieser Beziehung meinen ganzen Einfluss auf den Grafen von Soissons aufbieten, obgleich ich sehr zweifle, dass es dieses Einflusses bedürfen wird.«

»Ich danke, Frau Herzogin,« erwiderte Frau von Combalet; »ich weiß die Ehre, die es für mich sein würde, die Gattin eines Prinzen von Geblüt zu werden, in ihrem ganzen Umfange zu schätzen, allein ich tat, als ich mein Witwenkleid anlegte, zwei Gelübde: das eine, mich nie mehr zu verheiraten; das zweite, mich ganz meinem Oheim zu weihen; ich werde meine Gelübde halten, ohne etwas Anderes zu bedauern, als dass durch denselben der Plan Monsieurs scheitern muss.«

Und sie nahm mit ihrem gewinnendsten Lächeln von der ehrgeizigen Herzogin Abschied, welche es nicht begreifen konnte, dass irgend ein Gelübde schwer genug sein könne, um der Aussicht: Gräfin von Soissons zu werden, das Gleichgewicht zu halten.

IV.
Eva und die Schlange

»Nach dem Louvre!« hatte, wie man sich erinnern wird, Frau von Fargis gerufen, als sie in die Sänfte gestiegen war, und die Träger setzten sie, diesem Befehle gehorchend, am Fuße der Diensttreppe des Palastes ab, welche zugleich zu den Zimmern des Königs und der Königin führte, und dann geöffnet wurde, wenn man die große Freitreppe schloss, das heißt, um zehn Uhr Abends.

Frau von Fargis trat an diesem Abend ihre Dienstwoche bei der Königin an.

Diese liebte sie sehr, so wie sie Frau von Chevreuse geliebt hatte und noch liebte, aber auf diese Letztere, welche sich durch eine Menge Unklugheiten bekannt gemacht hatte, richteten der König und der Kardinal.ein wachsames Auge. Diese ewige Lacherin war dem Könige Ludwig XIII., der, selbst mit Einschluss seiner Kindheit, nicht zehn Mal in seinem Leben gelacht haben mochte, antipathisch. Als man Frau von Chevreuse in die Verbannung geschickt hatte, brachte man an ihre Stelle Frau von Fargis, die noch viel gefälliger gegen ihre Gebieterin war, als Frau von Chevreuse. Sie war hübsch, glühend, schamlos, und dazu ganz geeignet, durch ihr Beispiel die Königin zu allerhand Galanterien anzuspornen. Was ihr den einflussreichen Posten bei der Königin verschafft hatte, war die Stellung ihres Gatten, des Herrn Fargis d'Angennes, welcher ein Vetter der Marquise Rambouillet und französischer Gesandter in Madrid war; vor Allem hatte der Umstand ihrem Ehrgeiz gedient, dass sie drei Jahre bei den Carmeliterinnen in der Rue St. Jacques zugebracht und daselbst die Bekanntschaft der Frau von Combalet gemacht hatte, welche sie dem Kardinal warm empfahl.

Die Königin wartete mit Ungeduld. Diese nach Abenteuern lüsterne Frau, welche noch immer Buckingham beweinte, sehnte sich gleichwohl, wenn nicht nach neuen Liebschaften, so doch nach neuen Aufregungen. Dieses Herz von 26 Jahren, in welchem der König nie den ersten Platz einzunehmen gestrebt hatte, schmachtete in Ermanglung einer wirklichen Leidenschaft nach einer Scheinliebe, und glich jenen, an hohen Türmen aufgehängten Aeolsharfen, denen jeder Lufthauch einen Freudenton, eine Klage, oder auch nur eine unbestimmte Vibration entlockt.

Ihre Zukunft war nicht lachender, als ihre Vergangenheit. Dieser gallfüchtige König, dieser trübsinnige Gebieter, dieser Gatte ohne Begierden, musste ihr noch willkommen sein, denn das glücklichste Los, welches sie in der Stunde seines so nahe bevorstehenden und von Allen erwarteten Todes treffen konnte, war, dass sie die Gattin Gastons von Orleans wurde, dieses Prinzen, welcher sieben Jahre jünger war, als sie, und sie nur in dem Glauben erhielt, er werde, im Falle Ludwig XIII. sterbe, sie heiraten, damit sie nicht in einem Anfalle von Verzweiflung oder Liebe ein Mittel ergreife, welches ihn auf immer vom Throne Frankreichs entfernen, und sie zur Regentin machen musste.

Es gab in der Stunde nach dem Tode des Königs in der Tat nur drei Alternativen für sie: Gaston zu heiraten, Regentin zu werden, oder sich nach Spanien zurückschicken zulassen.

Traurig und einsam saß sie in einem an ihr Empfangszimmer stoßenden Kabinett, in welches nur ihre Vertrautesten und die Damen vom Dienst Zutritt hatten, und las mehr mit den Augen als mit den Gedanken in einem Buche von Guilham de Castro, welches sie von dem spanischen Gesandten Mirabel erhalten hatte, und welches »die.Jugend des Cid« betitelt war.

An der Art, an die Tür zu klopfen, erkannte sie Frau. von Fargis, und das Buch, welches einige Jahre später einen großen Einfluss auf ihr Leben üben sollte, weit von sich wegwerfend, rief sie in fröhlichem Tone:

»Du kannst eintreten!«

So ermutigt trat die Fargis nicht einfach ein,sondern sie stürmte in das Kabinett und sank zu den Füßen Annas von Österreich nieder, deren schöne Hände sie mit einer Leidenschaftlichkeit küsste, über welche die Königin lächelte.

»Weißt Du, meine liebe Fargis,« sagte sie, »dass ich zu glauben anfange, Du bist ein verkleideter Liebhaber, und wirst eines Tages, wenn Du Dich von meiner Freundschaft genügend überzeugt hast, deine Verkleidung plötzlich abwerfen?«

»Und wenn dies wäre, meine schöne Majestät, würdet Ihr darüber sehr ungehalten sein?«

»O ja; sehr ungehalten, denn ich wäre in diesem Falle gezwungen, zu schellen und Dich fort weisen zu lassen, so dass ich Dich nicht mehr sehen könnte, was mir einen großen Schmerz verursachen würde, denn außer der Chevreuse bist Du die Einzige, die mich zerstreut.«

»Mein Gott, was ist doch die Tugend für eine barbarische und unnatürliche Sache, da sie stets das Resultat hat, Herzen, die einander lieben, zu trennen, und wie viel naher stehe ich mit meinen nachsichtigen Anschauungen dem Geiste und dem Willen Gottes, als die Heuchler, welche in jeder Galanterie, in jedem Komplimente eine Versündigung sehen.«

»Weißt Du. Fargis, dass es schon acht Tage ist, seit ich Dich zum letzten Male gesehen habe?«

»Mir, Majestät, schienen diese acht Tage acht Jahrhunderte zu sein.«

»Und was hast Du während dieser achthundert Jahre gemacht?«

»Nicht viel Gutes, Majestät! Ich war, wie ich glaube, verliebt.«

»Wie. Du glaubst?« «

»Ja!«

»Mein Gott, wie närrisch Du solche Dinge sagst. Man tut besser, Dir bei dem ersten Worte den Mund mit der Hand zu verschließen.«

»Mögen Eure Majestät es versuchen, und Ihr werdet sehen, wie Eure Hand aufgenommen wird.«

Anna legte ihr lachend die Hand auf ihre schwellenden Lippen, welche diese Hand mit Küssen bedeckten.

Die Königin zog rasch ihre Hand zurück.

»Das Feuer deiner Küsse macht mich zittern,« sagte sie, »Du teilst mir dein Fieber mit. Und in wen bist Du verliebt?«

»In einen Traum.«

»Wie, in einen Traum?«

»Nun, ist es etwa nicht ein Traum, in unserem Jahrhunderte der Vendômés, der Condés, der Grammont's einen jungen Mann von zweiundzwanzig Jahren zu finden, der schön, reich, vornehm und verliebt ist?«

»In Dich?«

»In mich? Möglicherweise ja! Er liebt jedoch eine Andere!«

»In der Tat, Du bist toll, Fargis, und ich verstehe nichts von dem, was Du mir da sagst.«

»Ich glaube es wohl; Eure Majestät sind eine wahre Nonne.«

»Und Du? Was bist denn Du? Bist Du nicht vor Kurzem von den Carmeliterinnen ausgetreten?«

»Zugleich mit Frau von Combalet.«

»Du sagtest also, Du seist in einen Traum verliebt?«

»Ja, und Euer Majestät kennen sogar meinen Traum.«

»Ich?«

»Wenn ich daran denke, dass ich für diese Sünde verdammt werden sollte, so hätte ich mein Seelenheil eigentlich für Euer Majestät eingebüßt.«

»O, meine arme Fargis, Du wirst dieses Seelenheil etwas leichtsinnig aufs Spiel gesetzt haben.«

»Sollten Euer Majestät ihn etwa nicht hübsch finden?«

»Wen?«

»Unseren Boten, den Grafen von Moret.«

»Der Graf von Moret ist in der Tat ein Mensch, der auf mich den Eindruck eines vollendeten Kavaliers gemacht hat.

»Ach, meine teure Königin, wenn alle Söhne Heinrich's IV. ihm glichen! Dann würde ich dafür bürgen, dass es dem Throne Frankreichs nicht an einem unmittelbaren Erben fehlte, wie jetzt.«

»Was den Erben betrifft,« sagte die Königin gedankenvoll, »so muss ich Dir doch den Brief zeigen, den er mir gegeben hat. Er ist von meinem Bruder. Philipp IV., und dieser gibt mir darin einen Rat; aber ich verstehe ihn nicht recht.«

»So werde ich Euch das erklären. Es gibt wirklich nur wenige Dinge, die mir unklar sind.«

»Sibylle!« sagte die Königin und sah ihre Vertraute mit einem lächelnden Blicke an, welcher zu sagen schien, dass sie an ihrem Scharfsinn nicht zweifelte.

Dann machte sie mit ihrer gewöhnlichen Ungezwungenheit eine Bewegung, als wollte sie sich erheben.

»Kann ich Eurer Majestät irgend eine Mühe ersparen?« fragte Frau von Fargis.

»Nein, nur ich allein kenne das Geheimnis des Faches, in welchem ich den Brief aufbewahre.«

Dann ging sie zu einem kleinen Schranke, den sie öffnete wie jedes andere Möbel. Sie zog ein Fach heraus, ließ eine geheime Feder spielen und nahm aus dem doppelten Boden die Abschrift der Depesche, welche der Graf von Moret ihr überbracht hatte und welche – wie man sich erinnern wird – außer dem sichtbaren Briefe des Don Gonzales von Cordova auch noch einen andern enthielt, der nur von der Königin allein gelesen werden sollte.

Mit diesem Briefe in der Hand kehrte sie dann zu ihrem Platze auf dem Diwan zurück.

»Setze Dich hier zu mir her,« sagte sie, indem sie auf den Platz an ihrer Seite deutete.

»Wie! Auf demselben Sitze mit Eurer Majestät« «,

»Ja! Wir müssen leise miteinander sprechen.«

Frau von Fargis richtete die Augen auf das Papier, welches die Königin in der Hand hielt.

»Ich höre,« sagte sie, »und ich bin aufmerksam. – Was enthalten zunächst diese drei oder vier Zeilen hier?«

»Nichts; sie raten mir nur, deinen Mann so lange als möglich in Spanien zu erhalten.«

»Nichts! Das nennen Eure Majestät nichts? Das ist im Gegenteil höchst wichtig. Ja, ohne Zweifel muss Herr von Fargis so lange als möglich in Spanien bleiben! Zehn Jahre, zwanzig Jahre; – immer! O, das ist ein Mann, der einen guten Rat erteilt. Lasset jetzt hören, ob der andere Rat eben so gut ist. Ich erkläre, dass Eure Majestät den König Salomon selbst zum Ratgeber haben. Schnell! Schnell! Schnell!«

 

»Kannst Du denn selbst bei den wichtigsten Dingen nie ernsthaft sein?«

Dabei zuckte die Königin leise die Achseln.

»Höre jetzt, was mir mein Bruder, Philipp IV., sagt.«

»Das, was Eure Majestät nicht recht verstehen?«

»Was ich gar nicht verstehe, Fargis,« entgegnete die Königin mit einem meisterhaft gespielten Scheine der Unschuld.

»Lasset das hören.!«

»Meine Schwester,« las die Königin, »ich kenne durch unsern guten Freund, den Herrn von Fargis, den Plan, welcher Dir für den Fall von dem Tode König Ludwigs XIII., zum Gemahl dessen Bruder und Thronfolger, Gaston von Orleans, verspricht.«

»Ein hässlicher Plan!« unterbrach Frau von Fargis die Königin; »vielleicht eben so schlimm, oder sogar noch schlimmer, anzunehmen als zurückzuweisen.«

»Warte doch,« sagte die Königin und fuhr fort: »Noch besser aber wäre es, wenn Du Dich zur Zeit dieses Todes in guter Hoffnung befändest.«

»Jawohl,« flüsterte Frau von Fargis; »das wäre viel besser, als alles Andere.«

»Die Königinnen von Frankreich,« las Anna von Österreich weiter, indem sie sich stellte, als suchte sie den Sinn der Worte zu ergründen, »haben vor ihren Gatten einen großen Vorzug voraus: Sie können ohne ihren Gemahl einem Dauphin das Leben geben; die Könige können das aber nicht ohne ihre Gemahlinnen.«

»Ist es das, was Eure Majestät durchaus nicht verstehen?«

»Oder es erscheint mir wenigstens unausführbar, meine gute Fargis.«

»Welch' ein Unglück,« entgegnete Frau von Fargis, indem sie die Augen zum Himmel richtete, »es mit solchen Umständen zu tun zu haben, wenn es sich nicht nur um das Glück einer großen Königin handelt, sondern auch um das Wohl eines großen Volkes! Welch' ein Unglück, einer allzu tugendhaften Frau dienen zu sollen.«

»Was willst Du damit sagen?«

»Ich will sagen, wenn Ihr in den Gärten von Amiens das getan hättet, was ich an Eurer Stelle getan haben würde, da es sich um einen Mann handelte, der Eure Majestät mehr liebte, als sein Leben, welches er für Euch opferte, – das heißt, wenn Ihr, statt Laporte oder Pulanges herbeizurufen, gar nicht gerufen hättet —«

»Nun —?«

»Nun, dann würde Euer Bruder jetzt den Rat nicht nöthig haben, den er Euch erteilt und der so schwer herbeizuschaffende Dauphin würde dann vielleicht schon vorhanden sein.«

»Aber das wäre ein doppeltes Verbrechen gewesen!«

»Wie können Eure Majestät zwei Verbrechen in einer Handlung erblicken, zu der Euch ein großer König rät, der noch überdies wegen seiner Frömmigkeit bekannt ist.«

»Ich hätte zunächst meinen Gemahl betrogen und außerdem den Sohn eines Engländers auf den französischen Thron gesetzt.«

»Seinen Ehemann zu betrügen ist in allen Ländern eine sehr verzeihliche Sünde und Eure Majestät haben nur nöthig, umherzublicken, um sich zu überzeugen, dass dies die Ansicht der Mehrzahl aller Eurer Untertanen, oder wenigstens Euer Unterthaninnen ist. Aber einen Mann zu betrügen, wie der König Ludwig XIII., der gar kein Ehemann ist, oder doch nur so wenig, dass es nicht der Mühe lohnt, davon zu sprechen, das ist nicht nur eine verzeihliche Sünde, sondern sogar eine löbliche Handlung.«

»Fargis!«

»O, Ihr wisst das wohl, und im Grunde Eures Herzens werdet Ihr Euch den unglückseligen Schrei zum Vorwurf gemacht haben, der ein so großes Ärgernis verursachte, während Euer Schweigen alle Welt zufriedengestellt haben würde.«

»Leider!«

»Das ist also mein Urteil über die erste Frage und das »leider!« Eurer Majestät spricht meiner Ansicht gewonnenes Spiel. Es bleibt nun noch die zweite Frage zu erörtern und dabei bin ich gezwungen, Eurer Majestät vollkommen Recht zu geben,«

»Siehst Du wohl?«

»Aber nehmen wir an, dass Ihr, statt es mit einem Engländer zu tun zu haben, der zwar ein sehr liebenswürdiger Mann, aber von einem fremden Stamme war, – nehmen wir an, dass ein anderer Mann, nicht weniger liebenswürdig, wie er,« die Königin stieß einen Seufzer aus, »aber von französischem Mut – ja, noch besser, ein Mann von königlichem Stamme – ein echter Sohn Heinrich's IV., Euch gegenübergestanden hätte, während der König Ludwig XIII. durch seine Neigungen, seine Gewohnheiten, seinen Charakter auf mich immer die Wirkung macht, als stammte er von einem gewissen Virginio Orsini ab —«

»Auch Du, Fargis, glaubst an diese Verleumdungen?«

»Wenn es Verleumdungen sind, so rühren sie jedenfalls von dem Vaterland Eurer Majestät her. – Nehmen wir nun endlich an, der Graf von Moret hätte sich an der Stelle des Herzogs von Buckingham befunden, glaubt Ihr, dass das Verbrechen dann auch so groß gewesen wäre, oder würde nicht im Gegenteil die Vorsehung sich seiner bedient haben, um das echte Blut Heinrichs IV. wieder auf den Thron von Frankreich zu bringen?«

»Aber, Fargis, ich liebe den Grafen von Moret nicht!«

»Nun wohl, Eure Majestät, so läge darin die Büßung der Sünde, weil dabei ein Opfer Statt fände, und weil Ihr Euch in diesem Falle mehr dem Ruhme und dem Wohle Frankreichs opfertet, als dass Ihr m Eurem eigenen Interesse handeltet,«

»Fargis, ich begreife nicht, wie eine Frau einen andern Mann, als ihren Gatten, erhören kann, ohne vor Scham zu sterben, wenn sie sich das erste Mal diesem Manne bei hellem Tageslicht gegenüber erblickt.«

»Ach, Madame,« rief die Fargis, »wenn alle Frauen so dächten, wie Eure Majestät, wie viele Männer würde man dann um ihre Frauen trauern sehen, ohne dass sie wüssten, an welcher Krankheit ihre Frauen gestorben sind! Nun ja, ehedem hat man wohl dergleichen erlebt, aber seit der Erfindung der Fächer sind solche Ereignisse viel seltener geworden.«

»Fargis! Fargis! Du bist die unmoralischeste Person von der Welt und ich weiß wahrlich nicht, ob selbst die Chevreuse so verdorben ist, wie Du es bist. Aber in wen ist denn dein Traum verliebt?«

»In Euren Schützling. Isabella.« .

»In Isabella von Lautrec? die ihn neulich Abend zu mir geführt hat? Aber wo sah er sie denn?«

»Er hatte sie damals noch nicht gesehen. Die Liebe entstand, indem er auf den finsteren Korridors und in den schwarzen Kabinetts mit ihr Blindekuh spielte.«

»Der arme Mensch! Seine Liebe wird nicht vorwärtskommen. Ich glaube, es ist ein Vertrag zwischen dem Vater Isabellens und einem gewissen Vicomte von Pontis geschlossen. Indes werden wir von dem Allen wieder sprechen, Fargis. Ich wünsche den Dienst zu vergelten, den er mir geleistet hat.«

»Und auch den, welchen er Euch noch leisten wird.«

»Fargis!«

»Madame?«

»Wahrlich, sie antwortet mit einer Ruhe, als ob sie nicht die abscheulichsten Dinge sagte! Fargis, hilf mir, mich zu Bett legen, meine Tochter, O mein Gott, welche unvernünftige Träume wirst Du mir mit allen deinen Erzählungen verursachen!« ..

Die Königin erhob sich, ging noch nachlässiger und noch schmachtender, wie gewöhnlich, nach ihrem Schlafzimmer und stützte sich dabei auf die Schulter ihrer Ratgeberin Harris, die man vieler Dinge beschuldigen konnte, zuverlässig ober nicht des Egoismus in der Liebe.