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Der Graf von Bragelonne

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»Ein Mann, welcher tief liebt, wie Raoul von Bragelonne vergißt am Ende das Verbrechen seiner Geliebten; aber ich weiß nicht, ob Raoul vergessen wird.«



»Ich werde darauf bedacht sein. Ist das Alles, was Ihr mir über Euren Freund sagen wolltet?«



»Es ist Alles.«



»Nun zu Herrn Fouquet. Was soll ich Mit ihm machen?«



»Ich bitte, laßt ihn als Oberintendanten wie früher.«



»Es sei; doch er ist heute erster Minister.«



»Nicht ganz und gar.«



»Ein unwissender und verlegener König, wie ich, wird wohl einen ersten Minister brauchen.«



»Eure Majestät wird einen Freund brauchen.«



»Ich habe nur einen, der seid Ihr.«



»Ihr werdet später andere haben, doch keinen, der Euch so ergeben, keinen, der so eifrig für Euren Ruhm.«’



»Ihr werdet mein erster Minister sein.«



»Nicht sogleich, Monseigneur. Das würde zu viel Argwohn und Erstaunen erregen.«,



»Herr von Richelieu, der erste Minister meiner Großmutter, Maria von Medicis, war nur Bischof von Luyon, wie Ihr Bischof von Vannes seid.«



»Ich sehe, daß Eure königliche Hoheit meine Noten gut benützt hat. Dieser wunderbare Scharfsinn erfüllt mich mit Freude.«



»Ich weiß wohl, daß Herr von Richelieu durch die Protection der Königin bald Cardinal geworden ist.«



»Es wird besser sein,« erwiederte Aramis sich verbeugend, »wenn ich nicht eher erster Minister bin, als bis mich Eure königliche Hoheit zum Cardinal hat ernennen lassen.«



»Ihr werdet es vor zwei Monaten sein, Herr d’Herblay. Doch das ist sehr wenig. Ihr würdet mich nicht dadurch beleidigen, daß Ihr mehr von mir verlangtet, und Ihr würdet mich betrüben, wenn Ihr Euch hieran hieltet.«



»Ich habe auch etwas mehr zu hoffen, Monseigneur.«



»Sprecht, sprecht.«



»Herr Fouquet wird nicht immer den Angelegenheiten vorstehen, er wird rasch alt werden. Er liebt das Vergnügen, das heute mit dem Ueberreste von Jugend, dessen er sich erfreut, verträglich ist; doch diese Jugend ist vom ersten Kummer, oder von der ersten Krankheit, die ihm zustößt, abhängig. Wir werden ihm den Kummer ersparen, weil er ein galanter Mann und ein edles Herz ist. Vor der Krankheit werden wir ihn nicht schützen können. Das ist also abgethan. Habt Ihr alle Schulden von Herrn Fouquet bezahlt, die Finanzen wieder in Ordnung gebracht, so kann Herr Fouquet König an seinem Hofe von Dichtern und Malern bleiben; wir werden ihn reich gemacht haben. Wenn ich dann erster Minister Eurer königlichen Hoheit geworden bin, werde ich an meine Interessen und an die Eurigen denken können.«



Der junge Mann schaute den Bischof an.



»Herr von Richelieu,« fuhr Aramis fort, »Herr von Richelieu hat großes Unrecht gehabt, daß er hartnäckig Frankreich allein regieren wollte. Er hat zwei Könige, Ludwig XIII. und sich, aus demselben Throne sitzen lassen, wahrend er sie bequemer auf zwei Thronen festsetzen konnte.«



»Auf zwei Thronen?» fragte träumerisch der junge Mann.



»In der That,« fuhr Aramis fort, »ein Cardinal, erster Minister von Frankreich, unterstützt durch die Gunst und den Beistand des allerchristlichsten Königs, ein Cardinal, dem der König, sein Herr, seine Schätze, sein Heer, seinen Rath leiht, dieser Mann würde einen doppelt ärgerlichen Gebrauch davon machen, verwendete er seine Mittel aus Frankreich allein. Ihr,« fügte Aramis bis aus den Grund der Augen von Philipp tauchend bei, »Ihr würdet übrigens kein König sein, wie Euer Vater: weichlich, langsam und aller Dinge überdrüssig; Ihr werdet ein König des Kopfes und des Schwertes sein; Ihr werdet an Euren Staaten nicht genug haben, ich würde Euch darin beengen. Nie aber soll unsere Freundschaft, ich sage nicht geschwächt, sondern nur durch einen geheimen Gedanken gestreift werden. Ich werde Euch den Thron von Frankreich gegeben haben, Ihr gebt mir den Thron des heiligen Petrus. Hat Eure redliche, feste und bewaffnete Hand zur Zwillingshand die eines Papstes, wie ich es sein werde, dann werden weder Karl V., der zwei Drittel der Welt besessen hat, noch Karl der Große, der sie ganz besaß, bis zur Höhe Eures Gürtels reichen. Ich habe kein Bündniß, ich habe keine Vorurtheile, ich werde Euch nicht zu Ketzerverfolgungen, nicht zu Familienkriegen antreiben; ich werde sagen: Uns Beiden das Weltall, mir, was die Seelen, Euch was die Leiber betrifft. Und da ich zuerst sterben werde, so beerbt Ihr mich. Was sagt Ihr zu meinem Plane, Monseigneur?«



»Ich sage, daß Ihr mich schon dadurch, daß ich Euch begriffen habe, glücklich und stolz macht. Herr d’Herblay, Ihr werdet Cardinal sein, einmal Cardinal, werdet Ihr mein erster Minister sein. Und dann werdet Ihr mir angeben, was ich zu thun habe, daß man Euch zum Papst erwählt, und ich werde es thun. Verlangt Garantieen von mir.«



»Das ist unnöthig. Ich werde nie handeln, ohne daß ich Euch etwas dabei gewinnen lasse; ich werde nie steigen, ohne Euch aus die höhere Stufe emporgehoben zu haben; ich werde mich immer fern genug von Euch halten, um Eurer Eifersucht zu entgehen, nahe genug, um Euren Vortheil zu wahren und Eure Freundschaft zu überwachen. Alle Verträge der Welt werden gebrochen, weil das Interesse, das sie enthalten, sich nach einer Seite hinneigt. Nie wird es zwischen uns ebenso sein; ich bedarf der Garantieen nicht.«



»Mein Bruder wird also verschwinden . . . «



»Ganz einfach. Wir nehmen ihn aus seinem Bette mittelst eines Brettes weg, das dem Drucke des Fingers nachgibt. Unter der Krone entschlummert, wird er in der Gefangenschaft erwachen. Von diesem Augenblick an werdet Ihr allein befehlen, und Ihr werdet kein theureres Interesse haben, als das, mich bei Euch zu erhalten.«



»Das ist wahr. Hier meine Hand, Herr d’Herblay.«



»Erlaubt mir, Sire, daß ich ehrfurchtsvoll vor Euch niederkniee. Wir umarmen uns an dem Tage, wo wir Beide aus der Stirne, Ihr die Krone, ich die Tiare haben werden.«



»Umarmt mich auch heute, und seid mehr als groß, mehr als gewandt, mehr als erhabenes Genie: seid gut gegen mich, seid mein Vater.«



Aramis hätte sich beinahe rühren lassen, als er ihn so sprechen hörte. Er glaubte in seinem Herzen eine bis dahin unbekannte Bewegung zu fühlen, doch dieser Eindruck verschwand alsbald.



»Sein Vater!« dachte er. »Ja, der heilige Vater.«



Und sie setzten sich wieder in den Wagen, der rasch aus der Straße nach Vaux-le-Vicomte fortfuhr.




XII.

Das Schloß Vaux-le-Vicomte

Das Schloß Vaux-le-Vicomte, eine Meile von Melun entfernt, war von Herrn Fouquet im Jahre 1653 erbaut worden. Es gab damals wenig Geld in Frankreich. Mazarin hatte Alles genommen und Fouquet wandte den Rest auf. Nur, da gewisse Menschen fruchtbare Fehler und nützliche Laster haben, hatte Fouquet, indem er Millionen in diesem Palaste aussäte, Gelegenheit gefunden, drei ausgezeichnete Männer zu ernten: Levau, den Baumeister des Schlosses, Lenotre, den Zeichner der Gärten, und Lebrun, den Decorateur der Zimmer.



Hatte das Schloß Vaux einen Fehler, den man ihm vorwerfen konnte, so war es sein großartiger Charakter und seine anmuthreiche Pracht. Es ist noch heute sprichwörtlich, die Morgen seines Daches aufzuzählen, dessen Wiederherstellung in unseren Tagen der Ruin von Vermögen ist, welche beengt, wie die ganze Epoche.



Vaux-le-Vicomte, wenn man durch das prächtige, von Karyatiden gehaltene Gitterthor eingetreten ist, entwickelt zuerst sein Hauptgebäude in dem großen Ehrenhof; dieser Ehrenhof ist von tiefen, mit einem prachtvollen steinernen Geländer eingefaßten Gräben umgeben. Man kann sich nichts Edleres denken, als den Vorbau in der Mitte, aus seine Freitreppe gesetzt, wie ein König aus seinem Throne, um sich her vier die Ecken bildende Pavillons, deren ungeheure jonische Säulen sich majestätisch zur ganzen Höhe des Gebäudes erheben. Die mit Arabesken verzierten Friese, die Frontons, welche die Pilaster bekränzen, geben überall den Reichthum und die Anmuth. Die Kuppeln, welche Alles überragen, geben die Großartigkeit und die Majestät.



Von einem Unterthanen erbaut, gleicht dieses Haus viel mehr einem königlichen Hause, als jene königlichen Häuser, mit denen Wolsey aus Furcht, er könnte die Eifersucht seines Herrn erregen, diesem ein Geschenk machen zu müssen glaubte.



Wenn aber die Pracht und der Geschmack an einem speciellen Orte dieses Palastes zu Tage ausgehen, wenn etwas der glänzenden Anordnung des Innern, dem Luxus der Vergoldungen, der Verschwendung an Gemälden und Statuen vorgezogen werden kann, so ist es der Park, so sind es die Gärten von Vaux. Wunderbar im Jahr 1653, sind die Wasserstrahlen noch heut zu Tage Wunder; die Cascaden wurden von allen Königen und allen Fürsten angestaunt; und was die berühmte Grotte betrifft, das Thema von so vielen vortrefflichen Versen, der Aufenthalt der herrlichen Nymphe von Vaux, welche Pelisson zu seinem Gespräche mit La Fontaine veranlaßt hatte, so wird man uns wohl von der Ausgabe entbinden, alle ihre Schönheiten zu beschreiben.



Wir werden es machen wie Despréaux, wir werden unmittelbar in diesen erst achtzehn Jahre alten Park eintreten, dessen schon prächtige Gipfel, sich unter den ersten Sonnenstrahlen röthend, emporragen. Lenotre hatte das Vergnügen des Mäcens beschleunigt: alle Pflanzschulen hatten durch die Cultur und die thätigen Düngungsmittel verdoppelte Bäume gegeben. Jeder Baum der Nachbarschaft, der eine schöne Hoffnung bot, war mit seinen Wurzeln ausgehoben und ganz lebendig in den Park gepflanzt worden. Fouquet konnte wohl Bäume kaufen, um seinen Park zu schmücken, da er drei Dörfer und ihr Zubehör gekauft hatte, um ihn zu vergrößern.



Herr von Scudéry sagt von diesem Parke, um ihn zu wässern, habe Herr Fouquet einen Fluß in tausend Brunnen getheilt, und tausend Brunnen in Bäche zusammengefaßt. Dieser Herr von Scudéry hat noch ganz andere Dinge in seiner Clélte über diesen Palast vom Valterre gesagt, dessen Annehmlichkeiten er aus das Aengstlichste beschreibt. Wir werden vernünftiger sein, wenn wir die neugierigen Leser nach Vaux schicken, als wenn wir sie zur Clélte schicken.

 



Dieses glänzende Haus war bereit, um

den größten König der Welt

 zu empfangen. Die Freunde von Herrn Fouquet hatten dahin geführt: die Einen ihre Schauspieler und ihre Decorationen, die Anderen ihre Equipagen mit Bildhauern und Malern, wieder Andere ihre sein gespitzten Federn. Es handelte sich darum, viele Impromptus zu wagen.



Wenig gelehrig, obgleich Nymphen, strotzten die Cascaden von einem Wasser, das glänzender, als der Kristall; sie ergossen aus die bronzenen Tritone und Nereiden schäumende Wogen, die unter dem Feuer der Sonne in den Farben des Regenbogens spielten.



Ein Heer von Dienern lief in Abtheilungen durch die Höfe und die weiten Corridors, während Fouquet, der erst am Morgen angekommen, ruhig und hellsehend umher ging, um seine letzten Befehle zu geben, nachdem seine Intendanten die Revue passirt hatten.



Man war, wie gesagt, am fünfzehnten August. Die Sonne fiel senkrecht aus die Schultern der Götter von Marmor und Bronze; sie erwärmte das Wasser der Muscheln und reifte in den Obstgärten die herrlichen Pfirsiche, welche der König fünfzig Jahre später beklagen sollte, als in Marly, da es an schonen Gattungen in, seinen Gärten gebrach, welche Frankreich das Doppelte von dem kosteten, was Fouquet Vaux gekostet hatte, der

große König

 zu Jemand sagte:



»Sie sind zu jung, um Pfirsiche von Herrn Fouquet gegessen zu haben.«



O Erinnerung! o Trompeten des Rufes! o Ruhm dieser Welt! Derjenige, welcher sich gut auf das Verdienst verstand, der die Erbschaft von Nicolas Fouquet eingethan, der ihm Lenotre und Lebrun genommen, der ihn für sein ganzes Leben in ein StaatsGefängnis geschickt hatte, erinnerte sich nur noch der Pfirsiche dieses besiegten, erstickten, vergessenen Feindes! Fouquet mochte immerhin dreißig Millionen in die Bassins, in die Schmelztiegel seiner Bildhauer, in die Schreibzeuge seiner Dichter, in die Mappen seiner Maler geworfen haben; vergebens hatte er an sich denken zu machen geglaubt. Eine frische, fleischige Pfirsich, gereist zwischen den Rauten eines Gitters, unter den grünen Zungen ihrer spitzigen Blätter, dieses Bischen vegetabilischer Stoffe, das ein Murmelthier verzehrte, ohne daran zu denken, genügte für den großen König, um in seinem Gedächtniß den beklagenswerthen Schatten von Frankreichs letztem Oberintendanten wiederzuerwecken!



Sicher, daß Aramis die großen Waffen vertheilt, daß er für die Bewachung der Thüren und Thore, so wie für die Einrichtung der Wohnungen besorgt gewesen war, bekümmerte sich Fouquet nur noch um das Ensemble. Hier zeigte ihm Gourville die Anordnung des Feuerwerks; dort führte ihn Molière auf das Theater, und endlich, nachdem er die Kapelle, die Salons, die Gallerten besucht hatte, ging Fouquet erschöpft hinab, als er aus der Treppe Aramis erblickte. Der Prälat machte ihm ein Zeichen.



Der Oberintendant schloß sich an seinen Freund an, der ihn vor einem kaum vollendeten Gemälde zurückhielt. Sich auf dieser Leinwand zerarbeitend, mit Schweiß bedeckt, von Farben befleckt, bleich von Anstrengung und Inspiration, machte der Maler Lebrun eben die letzten Striche mit seinem raschen Pinsel. Es war dies das Portrait des Königs in dem Galakleide, das Percerin den Bischof von Vannes zum Voraus sehen zu lassen so wohlwollend gewesen war.



Fouquet stellte sich vor dieses Gemälde, das, so zu sagen, in seinem frischen Fleisch und in seiner feuchten Farbe lebte. Er schaute das Gesicht an, berechnete die Arbeit, bewunderte, und da er keine Belohnung fand, welche dieser herkulischen Arbeit würdig gewesen wäre, so schlang er seine Arme um den Hals des Malers und küßte ihn. Der Oberintendant hatte ein Kleid von tausend Pistolen verdorben, aber er hatte Lebrun beruhigt.



Es war dies ein schöner Augenblick für den Künstler, es war aber zugleich ein schmerzlicher für Herrn Percerin, der auch hinter Fouquet ging und an dem Gemälde von Lebrun das Kleid bewunderte, das er für den König gemacht hatte, einen Kunstgegenstand, wie er sagte, der nicht seines Gleichen in der Garderobe des Herrn Oberintendanten hatte.



Sein Schmerz und sein Geschrei wurden unterbrochen durch ein Signal, das man von der Spitze des Hauses gab. Jenseits Melun, aus der schon kahlen Ebene, hatten die Schildwachen von Vaux den Zug des Königs und der Königinnen erblickt. Seine Majestät kam in Melun mit ihrer langen Reihe von Wagen und Reitern an.



»In einer Stunde,« sagte Aramis zu Fouquet.



»In einer Stunde,« wiederholte dieser seufzend.



»Und dieses Volk fragt sich, wozu die königlichen Feste dienen!« fuhr der Bischof von Bannes, aus seine falsche Weise lachend, fort.



»Ach! ich, der ich nicht das Volk bin, frage es mich auch!«



»Ich werde Euch in vierundzwanzig Stunden antworten. Nehmt Euer gutes Gesicht an, denn es ist ein Freudentag.«



»Nun! glaubt mir, wenn Ihr wollt, d’Herblay,« sagte Fouquet mit froherem Gesichte, indem er mit dem Finger aus den Zug von Ludwig am Horizont deutete, »er liebt mich nicht sonderlich, ich liebe ihn nicht sehr, aber ich weiß nicht, wie es kommt, seitdem er sich meinem Hause nähert . . . «



»Nun! was?«



»Seitdem er sich meinem Hause nähert, ist er mir heiliger, ist er mir König, ist er mir beinahe theuer.«



»Theuer! ja,« versetzte Aramis, mit dem Worte spielend, wie später der Abbé Terray bei Ludwig XV.



»Scherzt nicht, Herr d’Herblay, ich fühle, daß ich, wenn er es wollte, diesen jungen Mann lieben würde.«



»Nicht mir müßt Ihr das sagen, sondern Herrn Colbert,« entgegnete Aramis.



»Herrn Colbert!« rief Fouquet. »Warum?«



»Weil er Euch eine Pension auf die Cassette des Königs bewilligen wird, wenn er Oberintendant ist.«



Nachdem dieser Pfeil abgeschossen war, verbeugte sich Aramis.



»Wohin geht Ihr denn?« fragte Fouquet, der wieder düster geworden war.



»In mein Zimmer, um die Kleider zu wechseln, Monseigneur.«



»Wo seid Ihr einquartiert, d’Herblay?«



»In dem blauen Zimmer des zweiten Stockes.«



»In dem über dem Zimmer des Königs?«



»Ganz richtig.«



»Wie habt Ihr Euch da abhängig gemacht! Wie kann man sich verurtheilen, sich nicht rühren zu dürfen!«



»Monseigneur, die ganze Nacht schlafe oder lese ich in meinem Bette.«



»Und Eure Leute?«



»Oh! ich habe nur eine Person bei mir.«



»So wenig!«



»Mein Vorleser genügt mir. Gott befohlen, Monseigneur. Strengt, Euch nicht zu sehr an. Erhaltet Euch frisch für die Ankunft des Königs.«



»Man wird Euch sehen? man wird unsern Freund du Vallon sehen?«



»Ich habe ihn bei mir einquartiert. Er kleidet sich an.«



Fouquet grüßte mit dem Kopfe und mit einem Lächeln und ging weiter, wie ein Obergeneral, der die Vorposten visitirt, wenn man ihm den Feind signalisirt hat.




XIII.

Der Wein von Melun

Der König war wirklich in Melun angekommen, doch nur in der Absicht, durch die Stadt zu fahren. Es dürstete den jungen Monarchen nach Vergnügungen. Während der ganzen Reise hatte er nur zweimal la Vallière erblickt, und da er vermuthete, er würde sie erst am Abend, nach der Ceremonie, in den Gärten sprechen können, so hatte er Eile, seine Wohnung in Vaux einzunehmen. Doch er rechnete ohne seinen Kapitän der Musketiere und auch ohne Herrn Colbert.



Calypso ähnlich, die sich nicht über die Abreise von Ulysses trösten konnte, konnte sich unser Gascogner nicht darüber trösten, daß er nicht errathen, warum Aramis von Percerin die Vorlegung der neuen Kleider des Königs verlangt hatte.



»So viel ist immerhin gewiß sagte zu sich selbst dieser in seiner Logik unbeugsame Geist, »es ist gewiß, daß der Bischof von Vannes, mein Freund, dies zu einem bestimmten Zwecke thut.«



Und vergebens zermarterte er sich das Gehirn.



D’Artagnan, der so geschmeidig bei allen Intriguen des Hofes, d’Artagnan, der die Lage von Fouquet besser kannte, als Fouquet selbst, hatte den seltsamsten Verdacht bei der Ankündigung dieses Festes geschöpft, das einen reichen Mann zu Grunde gerichtet haben würde, während es ein unausführbares, wahnsinniges Werk für einen ruinirten Mann wurde. Und dann die Gegenwart von Aramis, der von Belle-Isle zurückgekommen und von Herrn Fouquet zum Oberfestordner ernannt worden war, seine beharrliche Einmischung in alle Angelegenheiten des Oberintendanten, die Besuche des Bischofs von Vannes bei Herrn von Baisemeaux, dieses ganze zweideutige Wesen war seit ein paar Wochen zu einer tiefen Qual für d’Artagnan geworden.



»Bei Leuten vom Schlage von Aramis ist man nur der Stärkere mit dem Degen in der Hand,« sagte er. »So lange Aramis den Kriegsmann spielte, hatte man Hoffnung, ihn zu überwinden. Seitdem er seinen Panzer mit einer Stole gefüttert hat, sind wir verloren. Doch was will Aramis?«



D’Artagnan träumte.



»Was ist im Ganzen mir daran gelegen, wenn er nur Herrn Colbert stürzen will . . . Was kann er Anderes wollen?«



D’Artagnan kratzte sich an der Stirne, dieser fruchtbaren Erde, aus der die Pfugschaar seines Nagels so viele schöne und gute Ideen herausgewühlt hatte.



Er hatte den Gedanken, sich mit Colbert zu besprechen, doch sein Schwur von einst, seine Freundschaft banden ihn zu sehr an Aramis. Er blieb. Ueberdies haßte er diesen Finanzmann.



Er wollte sich dem König eröffnen, doch der König würde durchaus nicht seinen Verdacht begreifen, der Nicht einmal die Wirklichkeit eines Schattens hatte.



Er beschloß, sich unmittelbar an Aramis zu wenden, sobald er ihn wieder sehen würde.



»Ich werde ihn zwischen zwei Lichtern nehmen, unmittelbar, ungestüm,« sagte der Musketier zu sich selbst; »ich werde ihm die Hand aufs Herz legen, und er wird mir sagen . . . Was wird er mir sagen? ja, er wird mir etwas sagen, Mordioux! denn dahinter steckt etwas!«



Nun ruhiger, traf d’Artagnan seine Anstalten zur Reise und war dafür besorgt, daß die königlichen Haustruppen, damals noch sehr unbedeutend, gut befehligt und in ihren mittelmäßigen Verhältnissen gut angeordnet würden. Eine Folge der Verkehrungen des Kapitäns war, daß sich der König an der Spitze der Musketiere, der Schweizer und eines Piquets von französischen Garden befand, als er vor Melun ankam. Man hätte glauben sollen, es wäre ein kleines Heer. Colbert schaute diese Militäre mit großem Vergnügen an. Er wollte noch ein Drittel dazu haben.



»Warum?« fragte der König.



»Um Herrn Fouquet mehr Ehre zu machen,« erwiederte Colbert.



»Um ihn geschwinder zu Grunde zu richten,« dachte d’Artagnan.



Das Heer erschien vor Melun, dessen Notabeln dem König die Schlüssel überbrachten und ihn einluden, ins Rathhaus zu kommen, um den Ehrenwein zu trinken.



Der König, der weiter zu fahren und sogleich Vaux zu erreichen gedachte, wurde roth vor Aerger.



»Wer ist der Dummkopf, der mir diese Zögerung verursacht hat?« brummte er zwischen den Zähnen, während der Oberschöffe seine Rede hielt.



»Ich nicht, aber ich glaube, Herr Colbert,« erwiederte d’Artagnan.



Colbert hörte seinen Namen.



»Was beliebt, Herr d’Artagnan?« fragte er.



»Es beliebt mir, wissen zu wollen, ob Ihr es seid, der den König hierher gebracht hat?«



»Ja, mein Herr.«



»Dann hat Euch der König einen Namen gegeben.«



»Welchen, mein Herr?«



»Ich weiß nicht genau . . . wartet . . . Einfalts pinsel . . . nein, nein . . . Dummkopf . . . oder albern hat Seine Majestät denjenigen genannt, welcher ihn zum Ehrenwein von Melun gebracht hat.«



Nach dieser Ladung streichelte d’Artagnan ruhig sein Pferd. Der dicke Kopf von Colbert schwoll an wie ein Scheffel.



Als ihn d’Artagnan so häßlich durch den Zorn sah, blieb er nicht auf dem Wege stehen. Der Redner fuhr immer fort, der König wurde sichtbar immer röther.



»Mordioux,« sagte phlegmatisch der Musketier, »es wird den König ein Blutschlag treffen. Wie Teufels ist Euch dieser Gedanke gekommen, Herr Colbert? Ihr habt kein Glück.«



»Mein Herr,« erwiederte der Finanzmann, indem er sich ausrichtete, »dieser Gedanke ist mir durch meinen Eifer für den Dienst des Königs eingegeben worden.«



»Bah!«



»Mein Herr, Melun ist eine Stadt, eine gute Stadt, welche gut bezahlt und nicht unzufrieden gemacht werden darf.«



»Seht Ihr es so an! Ich, der ich kein Finanzmann bin, sah nur einen Gedanken in Euren Gedanken.«



»Welchen, mein Herr?«



»Den, ein wenig Galle Herrn Fouquet zu machen, der sich dort auf seinen Thürmen abmartert, uns zu erwarten.«



Der Schlag traf richtig und gewaltig. Colbert war bügellos. Er zog sich mit gesenkten Ohren zurück. Zum Glück war die Rede zu Ende. Der König trank, dann zog alle Welt durch die Stadt weiter.



Der König nagte an seinen Lippen, denn es wurde Nacht, und jede Hoffnung aus einen Spaziergang mit la Vallière verschwand.

 



Um das ganze königliche Haus in Vaux einziehen zu lassen, brauchte man wenigstens vier Stunden. Der König kochte auch vor Ungeduld; er trieb die Königin an, damit man vor Nacht ankäme. Doch, in dem Augenblick, wo man wieder ausbrach, erhoben sich die Schwierigkeiten.



»Wird der König nicht in Melun übernachten?« sagte Colbert leise zu d’Artagnan.



Herr Colbert war an diesem Tage schlecht inspirirt, daß er sich so an den Anführer der Musketiere wandte. Dieser