Za darmo

Der Graf von Bragelonne

Tekst
0
Recenzje
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

»Ah! Ihr meint, man werde über den armen Laicques herfallen.«



»Das ist beinahe unvermeidlich. Herzogin.«



»Oh! er bezieht nur zwölftausend Livres Pension.«



»Ja, aber der König von Spanien hat Gewicht, von Herrn Fouquet berathen, kann er Herrn Laicques in irgend eine Festung einsperren lassen.«



»Ich befürchte das nicht sehr, mein guter Freund, weil ich es nach einer Aussöhnung mit Anna von Oesterreich dahin bringen werde, daß Frankreich die Freilassung von Laicques verlangt.«



»Das ist wahr. Dann werdet Ihr etwas Anderes zu befürchten haben.«



»Was denn?« fragte die Herzogin Erstaunen und Schrecken heuchelnd.



»Ihr werdet wissen und wißt, daß man, einmal beim Orden affiliirt, nicht mehr ohne Schwierigkeiten herauskommt. Die Geheimnisse, die man ergründen konnte, sind ungesund, sie tragen den Keim des Unglücks für Jeden, der sie offenbart, in sich.«



Die Herzogin dachte einen Augenblick nach.



»Das ist ernster,« sagte sie, »ich werde hierauf bedacht sein,«



Und trotz der tiefen Dunkelheit fühlte Aramis einen Blick so brennend wie glühendes Eisen aus den Augen seiner Freunden hervorzucken, um in sein Herz einzudringen.



»Recapituliren wir,« sagte Aramis, der nun auf seiner Hut war und seine Hand unter sein Wamms steckte, wo er ein Stilett verborgen hatte.



»Wohl, recapituliren wir: gute Rechnungen machen gute Freunde.«



»Die Entziehung Eurer Pension . . . «



»Acht und vierzigtausend Livres, und die von Laicques zwölf, thut sechzigtausend Livres, nicht wahr, das ist es, was Ihr wollt?«



»Ganz richtig, und ich suche das Gegengewicht, das Ihr hierfür findet.«



»Fünfmal hundert tausend Livres, die ich von der Königin bekommen werde.«



»Oder die Ihr nicht bekommen werdet.«



»Ich kenne das Mittel, sie zu bekommen,« entgegnete unbesonnener Weise die Herzogin.



Diese Worte machten den Chevalier die Ohren spitzen. Von diesem Fehler seiner Gegnerin an war sein Geist so sehr auf der Hut, daß er immer Nutzen zog und sie folglich den Vortheil verlor.



»Ich nehme an, Ihr bekommet das Geld,« sagte er, »Ihr werdet dabei das Doppelte verlieren, indem Ihr hundert tausend Franken Pension zu beziehen habt statt sechzigtausend, und dies zehn Jahre lang.«



»Nein, denn ich werde diese Verminderung meines Einkommens nur während der Dauer des Ministeriums von Herrn Fouquet zu erdulden haben: diese Dauer schlage ich aber auf zwei Monate an.«



»Ah!« machte Aramis.



»Ich bin offenherzig, wie Ihr seht.«



»Ich danke Euch, Herzogin, doch Ihr hättet Unrecht, wolltet Ihr annehmen, wenn Herr Fouquet in Ungnade gefallen, werde der Befehl, Euch Eure Pension zu bezahlen, erneuert werden.«



»Ich kenne das Mittel, den Befehl auszuwirken, wie ich das Mittel kenne, die Königin Mutter contribuiren zu machen.«



»Dann sind wir Alle gezwungen, die Flagge vor Euch zu streichen. Euch der Sieg! Euch der Triumph! Ich bitte Euch, seid milde! Blaset, Trompeter!«



»Wie ist es möglich,» erwiederte die Herzogin, ohne auf die Ironie Achtung zu geben, »wie ist es möglich, daß Ihr vor fünfmal hundert tausend Livres zurückweichet, während es sich darum handelt, Euch, ich will sagen. Eurem Freunde, verzeiht. Eurem Beschützer eine Unannehmlichkeit zu ersparen, wie die, welche einen Parteikrieg veranlaßt?«



»Herzogin, ich will Euch erklären, warum: weil nach den fünfmal hundert tausend Livres Herr Laicques seinen Theil verlangen wird, der sich dann auch wohl auf fünfmal hundert tausend Livres belaufen muß, nicht wahr? weil nach dem Theil von Herrn Laicques und dem Eurigen der Theil von Euren Kindern, von Euren Armen, von aller Welt kommen wird, und weil Briefe, so sehr sie auch compromittiren mögen, nicht drei bis vier Millionen werth sind. Wahrhaftiger Gott, Herzogin, die Nestelstifte der Königin von Frankreich waren mehr werth, als die von Mazarin unterzeichneten Fetzen, und dennoch kosteten sie, um sie zu erobern, nicht den vierten Theil von dem, was Ihr für Euch verlangt.«’



»Das ist wahr, das ist wahr, doch der Kaufmann schlägt seine Waare nach seinem Belieben an. Es ist die Sache des Käufers, sie zu erwerben oder sie zurückzuweisen.«



»Höret, Herzogin, soll ich Euch sagen, warum ich Eure Briefe nicht kaufen werde?«



»Sprecht.«



»Eure Briefe von Mazarin sind falsch.«



»Geht doch.«



»Allerdings, denn es wäre zum Mindesten seltsam, daß Ihr, die Ihr mit der Königin durch Mazarin entzweit, mit dem letzteren einen vertrauten Verkehr unterhalten hättet; das röche nach Leidenschaft, nach Späherei, nach . . . genug, ich will das Wort nicht sagen.«



»Sagt es immerhin.«



»Nach Gefälligkeit.«



»Dies Alles ist wahr; doch nicht minder wahr ist das, was sich in dem Briefe findet.«



»Herzogin, ich schwöre Euch, daß Ihr das nicht bei der Königin benützen könnt.«



»Oh! doch, ich kann Alles bei der Königin benützen.«



»Gut,« dachte Aramis; »singe doch, Specht, zische doch, Schlange.«



Die Herzogin hatte aber genug gesprochen; sie machte zwei Schritte gegen die Thüre.



Aramis bewahrte ihr noch eine Unannehmlichkeit . . . die Verwünschung, die der Sklave hinter dem Wagen des Triumphators hören läßt.



Er läutete.



Es erschienen Kerzen im Salon.



Da stand der Bischof in einem Kreise von Lichtern, die auf das entstellte Gesicht der Herzogin glänzten.



Aramis heftete einen langen ironischen Blick auf diese bleichen, vertrockneten Wangen, auf diese Augen, aus denen der Funke unter kahlen Lidern hervorsprang, auf diesen Mund, dessen Lippen geschwärzte, spärliche Zähne sorgfältig verschloßen.



Er gab sich Mühe, seinem reinen, nervigen Bein, seinem leuchtenden, stolzen Kopf eine anmuthige Haltung zu geben; er lächelte, um Zähne erscheinen zu lassen, die im Lichte noch einen gewissen Glanz hatten. Die gealterte Coquette begriff den galanten Spötter; sie stand gerade vor einem großen Spiegel, wo ihre ganze, so ängstlich verborgene Hinfälligkeit klar und deutlich durch den Contrast hervortrat.



Ohne Aramis, der sich geschmeidig und liebenswürdig wie der Musketier von einst verbeugte, nur zu grüßen, ging sie dann mit schwankendem und durch die Hast ungelenkem Schritt weg.



Aramis glitt wie ein Zephir über den Boden hin, um sie bis zur Thüre zu führen.



Frau von Chevreuse machte ihrem großen Lackei, der de» Mousqueton wieder aufnahm, ein Zeichen, und sie verließ dieses Haus, wo zwei so zärtliche Freunde sich nicht verständigt hatten, weil sie sich zu gut begriffen.




XXVIII.

Worin man sieht, daß ein Handel, der sich nicht mit dem Einen abschließen läßt, mit dem Andern abgeschlossen werden kann

Aramis hatte richtig errathen, kaum aus dem Hause der Place Baudoyer weggegangen, ließ sich die Frau Herzogin von Chevreuse in ihre Wohnung führen.



Sie befürchtete ohne Zweifel, man würde ihr folgen, und suchte so ihrem Gange ein unschuldiges Ansehen zu geben; doch sie war nicht sobald in ihrem Hotel und sicher, daß ihr Niemand folgte, um sie zu beunruhigen, als sie die Gartenthüre öffnen ließ, die auf eine andere Straße führte, und sich nach der Rue Croix-des-Petits-Champs begab, wo Herr Colbert wohnte.



Wir haben gesagt, es sei Abend geworden, wir hätten sagen müssen, es sei Nacht, finstere Nacht geworden; zu seiner Ruhe zurückgekehrt, verbarg Paris in seinem nachsichtigen Schatten die edle Herzogin, die ihre Intrigue spielte, und die einfache Bürgersfrau, die sich bei einem Abendbrod in der Stadt verspätet hatte und am Arm eines Liebhabers den längsten Weg nahm, um in die eheliche Wohnung zurückzukehren.



Frau von Chevreuse war zu sehr an die nächtliche Politik gewöhnt, um nicht zu wissen, daß ein Minister sich nie in seinem Hause vor den jungen und schönen Damen, die den Staub der Bureaux fürchten, und vor den alten sehr unterrichteten Damen, die vor dem indiscreten Echo der Ministerien bange haben, verbirgt.



Ein Bedienter empfing die Herzogin unter dem Säulengang, und, verschweigen wir es nicht, er empfing sie ziemlich schlecht. Dieser Mensch erklärte ihr sogar, nachdem er ihr Gesicht gesehen, zu einer solchen Stunde und bei einem solchen Alter störe man Herrn Colbert ’nicht bei seiner letzten Arbeit.



Doch ohne ärgerlich zu werden, schrieb Frau von Chevreuse auf ein Blatt ihres Taschenbuchs ihren Namen, einen lärmenden Namen, der so oft unangenehm in den Ohren von Ludwig XIII. und dem alten Cardinal geklungen hatte.



Sie schrieb diesen Namen mit der großen plumpen Schrift der vornehmen Herren jener Zeit, legte das Papier auf eine ihr eigenthümliche Weise zusammen und übergab es dem Bedienten, ohne ein Wort beizufügen, doch mit einer so gebieterischen Miene, daß dieser Bursche, gewohnt, seine Leute zu wittern, die Prinzessin roch, den Kopf beugte und zu Herrn Colbert lief.



Es versteht sich von selbst, daß der Minister einen kleinen Schrei ausstieß, als er das Papier öffnete, und daß der Diener, den dieser Schrei hinreichend unterrichtete, welche Rücksicht er auf den geheimnißvollen Besuch zu nehmen habe, eiligst zu der Herzogin zurückkehrte.



Sie stieg ziemlich schwerfällig den ersten Stock des schönen neuen Hauses hinauf, rastete einen Augenblick auf dem Ruheplatz, um nicht athemlos einzutreten, und erschien vor Herrn Colbert, der selbst die Flügel seiner Thüre offen hielt.



Die Herzogin blieb auf der Schwelle stehen, um den, mit welchem sie es zu thun hatte, wohl anzuschauen.



Der runde, schwere, dicke Kopf, die großen Augenbrauen, die widerwärtige Miene dieses durch eine Plattmütze, wie sie die Priester tragen, niedergedrückten Gesichtes, kurz das Gesammtwesen von Herrn Colbert versprach der Herzogin von Anfang wenig Schwierigkeiten bei den Unterhandlungen, aber auch wenig Interesse bei Erörterung der Artikel.



Denn es hatte nicht den Anschein , als wäre diese plumpe Natur empfindlich für die Reize einer raffinirten Rache oder eines verletzten Ehrgeizes.

 



Als aber die Herzogin mehr von Nahem die kleinen, durchdringenden schwarzen Augen, die der Länge nach gehende Falte der gewölbten ernsten Stirne, das unmerkliche Zusammenziehen dieser Lippen sah, auf denen der große Hause Gutmüthigkeit erblickte, da veränderte Frau von Chevreuse ihre Ansicht und konnte sich sagen: Ich habe meinen Mann gefunden.



»Was verschafft mir die Ehre Eures Besuches, Madame?« fragte der Intendant der Finanzen.



»Der Umstand, daß ich Eurer bedarf, mein Herr, und daß Ihr meiner bedürft.« antwortete die Herzogin.



»Ich schätze mich glücklich, den ersten Theil Eures Satzes vernommen zu haben, Madame, was aber den zweiten betrifft . . . «



Frau von Chevreuse setzte sich in das Fauteuil, das ihr Colbert vorschob.



»Herr Colbert, Ihr seid Intendant der Finanzen?«



»Ja, Madame.«



»Und Ihr trachtet darnach, Oberintendant zu werden?«



»Madame I«



»Leugnet es nicht; es würde unsere Unterredung in die Länge ziehen, und das ist unnöthig.«



»Madame, so sehr ich auch voll guten Willens, sogar voll Artigkeit gegen eine Dame von Eurem Verdienste bin, so wird mich doch nichts gestehen machen, ich suche meinen Oberen von seiner Stelle zu vertreiben.«



»Ich habe nicht von Vertreiben gesprochen, Herr Colbert. Sollte ich zufällig dieses Wort gesagt haben? Das Wort ersetzen ist weniger angreifend und grammatisch schicklicher, wie Herr von Voiture sagte. Ich behaupte also, Ihr strebt darnach, Herrn Fouquet zu, ersetzen.«



»Madame, das Glück von Herrn Fouquet gehört zu denjenigen, welche widerstehen; der Herr Oberintendant spielt in diesem Jahrhundert die Rolle des Kolossen von Rhodus: die Schiffe fahren unter ihm hin und stürzen ihn nicht nieder.«



»Ich hätte mich genau dieser Vergleichung bedient. Ja, Herr Fouquet spielt die Rolle des Kolossen von Rhodus; doch ich erinnere mich, Herrn Conrart – ein Akademiker, glaube ich – erzählen gehört zu haben, als der Koloß gefallen, habe ein Kaufmann, der ihn niederwerfen ließ – ein einfacher Kaufmann, Herr Colbert, – vier hundert Kameele mit den Trümmern beladen. Ein Kaufmann! das ist doch bedeutend weniger stark, als ein Intendant der Finanzen.«



»Madame, ich kann Euch versichern, daß ich Herrn Fouquet nie niederwerfen werde.«



»Wohl, mein Herr Colbert, da Ihr hartnäckig Empfindsamkeit gegen mich spielt, als ob Ihr nicht wüßtet, daß ich Frau von Chevreuse heiße, und daß ich alt bin, das heißt, daß Ihr es mit einer Frau zu thun habt, die mit Herrn von Richelieu Politik getrieben und keine Zeit zu verlieren hat; da Ihr, sage ich, diese Unklugheit begeht, so will ich verständigere Leute aufsuchen, die es mehr drängt, Glück zu machen.«



»Worin, Madame, worin?«



»Ihr gebt mir einen armseligen Begriff von den Unterhandlungen, wie sie heutigen Tages betrieben werden, mein Herr. Ich schwöre Euch, daß, wenn zu meiner Zeit eine Frau Herrn von Cinq-Mars aufgesucht hätte, der doch kein großer Geist war, ich schwöre Euch, daß, wenn sie ihm über den Cardinal gesagt hätte, was ich Euch über Herrn Fouquet gesagt habe, Herr von Cinq-Mars zu dieser Stunde das Eisen schon in’s Feuer gesteckt haben würde.«



»Oh! Madame, habt ein wenig Nachsicht.«



»Ihr willigt also ein, Herrn Fouquet zu ersetzen?«



»Wenn der König Herrn Fouquet entläßt, ja, gewiß.«



»Abermals ein Wort zu viel; es ist klar, daß Ihr, wenn Ihr Herrn Fouquet noch nicht fortjagen gemacht habt, das nicht habt machen können. Ich wäre auch nur ein albernes Thier, wenn ich zu Euch käme, ohne Euch zu bringen, was Euch fehlt.«



»Ich bin trostlos, hierbei beharren zu müssen, Madame,« erwiederte Colbert nach einem Stillschweigen, das der Herzogin die ganze Tiefe seiner Verstellung zu sondiren gestattete, »aber ich muß Euch bemerken, daß sich seit sechs Jahren Anzeigen auf Anzeigen gegen, Herrn Fouquet folgen, ohne daß je die Lage von Herrn Fouquet verrückt worden ist.«



»Alles hat seine Zeit, Herr Colbert; diejenigen, welche diese Anzeigen machten, hießen nicht Frau von Chevreuse, und sie hatten keine Beweise von gleichem Werthe, wie sechs Briefe von Herrn von Mazarin, die das Vergehen, um das es sich handelt, begründen.«



»Das Vergehen!«



»Das Verbrechen, wenn Ihr lieber wollt.«



»Ein Verbrechen! von Herrn Fouquet begangen?«



»Nichts Anderes! Ah! es ist seltsam, ich sehe Euch, der Ihr ein so kaltes und nichts besagendes Gesicht habt, ganz erleuchtet.«



»Ein Verbrechen!«



»Ich bin entzückt, daß dies einige Wirkung auf Euch hervorbringt.«



»Oh! dieses Wort schließt so viel Dinge in sich, Madame.«



»Es schließt das Patent eines Oberintendanten der Finanzen für Euch, und die Verbannung oder die Bastille für Herrn Fouquet in sich.«



»Verzeiht, Frau Herzogin, es ist beinahe unmöglich, daß Herr Fouquet verbannt, eingekerkert wird, in Ungnade fällt!«



»Oh! ich weiß, was ich sage,« erwiederte Frau von Chevreuse mit kaltem Tone. »Ich lebe nicht so weit von Paris entfernt, daß ich nicht wüßte, was vorgeht. Der König liebt Herrn Fouquet nicht, und er wird Herrn Fouquet gern zu Grunde richten, wenn man ihm die Gelegenheit dazu gibt,«



»Die Gelegenheit muß gut sein.«



»Ziemlich gut. Es ist auch eine Gelegenheit, die ich zu fünfmal hunderttausend Livres anschlage.«



»Wie so?«



»Ich will damit sagen: da ich diese Gelegenheit in meinen Händen habe, so werde ich sie in die Eitrigen nur für eine Gegenleistung von fünfmal hunderttausend Livres übergehen lassen.«



»Sehr gut, Madame, ich begreife. Da Ihr aber einen Preis für den Verkauf feststellt, so laßt den zu verkaufenden Werth sehen.«



»Oh! eine Kleinigkeit. Sechs Briefe, wie ich Euch gesagt, von Herrn von Mazarin; eigenhändige Briefe, welche sicherlich nicht zu theuer wären, wenn sie auf eine unverwerfliche Weise herausstellten, Herr Fouquet habe bedeutende Summen vom königlichen Schatz unterschlagen, um sie sich zuzueignen.«



»Auf eine unverwerfliche Weise, Madame?« sagte Colbert, dessen Augen vor Freude glänzten.



»Unverwerflich; wollt Ihr die Briefe lesen?«



»Von Herzen gern! die Abschriften, wohlverstanden.«



»Wohlverstanden, ja.«



Die Frau Herzogin zog aus ihrem Busen ein kleines, durch den sammetenen Schnürleib geplattetes Bündel und sprach:



»Leset.«



Colbert warf sich gierig auf diese Papiere und las sie.



»Vortrefflich!« rief er.



»Nicht wahr, das ist ziemlich klar?«



»Ja, Madame, ja, Herr Mazarin hätte Herrn Fouquet Geld übergeben, und dieser hätte es behalten, aber was für Geld?«



»Ah! was für Geld! wenn wir mit einander unterhandeln, füge ich diesen sechs Briefen einen siebenten bei, der Euch die letzte Auskunft geben wird.«



Colbert dachte nach.



»Und die Originalien der Briefe?«



»Eine unnöthige Frage. Das ist, als fragte ich Euch, Herr Colbert, ob die Geldsäcke, die Ihr mir geben werdet, leer oder voll seien.«



»Sehr gut, Madame.«



»Ist dies abgeschlossen?«



»Nein.«



»Wie!«



»Es gibt ein Ding, an das wir beide nicht gedacht haben.«



»Nennt es mir.«



»Herr Fouquet kann bei dieser Gelegenheit nur durch einen Prozeß zu Grunde gerichtet werden.«



»Ja.«



»Durch ein öffentliches Aergerniß.«



»Ja. Nun?«



»Man kann ihm weder den Prozeß anhängen, noch das Aergerniß bereiten.«



»Warum nicht?«



»Weil er Generalanwalt beim Parlament ist; weil Alles in Frankreich, Administration, Armee, Justiz, Handel durch eine Kette von Wohlwollen, die man Corpsgeist nennt, mit einander in Verbindung steht. So wird es das Parlament nie dulden, daß sein Chef vor ein Tribunal geschleppt wird. Nie wird man ihn verurtheilen, sollte er durch einen königlichen Machtspruch vor das Gericht gestellt werden.«



»Ah! meiner Treue, Herr Colbert, das geht mich nichts an.«



»Ich weiß es, doch das geht mich an, und dies vermindert den Werth dessen, was Ihr mir bringt. Wozu kann mir der Beweis eines Verbrechens ohne die Möglichkeit einer Verurtheilung nützen?«



»Nur verdächtigt, wird Herr Fouquet seine Stelle als Oberintendant verlieren.«



»Das ist etwas Großes.« rief Colbert, dessen düstere Züge plötzlich in einem leuchtenden Ausdruck von Haß und Rache erglänzten.



»Ah! ah! Herr Colbert,« sagte die Herzogin, »ich wußte nicht, daß Ihr so empfänglich für Eindrücke seid. Gut, sehr gut. Da Ihr mehr braucht, als ich habe, so wollen wir nichts mehr sprechen.«



»Im Gegentheil, Madame, sprechen wir immerhin. Nun, da Eure Werthe gesunken sind, vermindert auch Eure Ansprüche.«



»Ihr handelt?«



»Das ist eine Nothwendigkeit für Jeden, der redlich bezahlen will.«



»Wie viel bietet Ihr?«



»Zweimal hunderttausend Livres.«



Die Herzogin lachte ihm in’s Gesicht. Dann sagte sie plötzlich:



»Wartet.«



»Ihr willigt ein««



»Noch nicht. Ich habe eine andere Combination.«



»Sprecht.«



»Ihr gebt mir dreimal hunderttausend Livres.«



»Nein! nein!«



»Oh! Ihr könnt es thun oder bleiben lassen . . . und dann ist das nicht Alles.«



»Noch mehr? Ihr werdet unmöglich, Frau Herzogin«



»Weniger, als Ihr glaubt, es ist nicht Geld, was ich von Euch verlange.«



»Was denn?«



»Ein Dienst; Ihr wißt, daß ich die Königin stets zärtlich geliebt habe.«



»Nun!«



»Ich will eine Zusammenkunft mit Ihrer Majestät haben!«



»Mit der Königin?«



»Ja, Herr Colbert, mit der Königin, die allerdings nicht mehr meine Freundin ist, und zwar seit geraumer Zeit, die es aber wieder werden kann, wenn man Gelegenheit dazu bietet.«



»Ihre Majestät empfängt Niemand mehr, Madame. Sie leidet sehr. Ihr wißt nicht, daß die Anfälle ihres Uebels sich häufiger wiederholen.«



»Gerade darum wünsche ich eine Zusammenkunft mit Ihrer Majestät zu erhalten. Stellt Euch vor, daß wir in Flandern viele dergleichen Krankheiten haben.«



»Krebse! eine gräßliche, unheilbare Krankheit!«



»Glaubt das nicht, Herr Colbert. Der flämische Bauer ist ein wenig Naturmensch. Er hat nicht gerade eine Frau, er hat ein Weibchen.«



»Nun, Madame?«



»Nun, Herr Colbert, während er seine Pfeife raucht, arbeitet die Frau; sie schöpft Wasser aus dem Brunnen, sie belastet das Maulthier oder den Esel, sie beladet sich selbst. Da sie sich wenig schont, so stößt sie da und dort an, häufig wird sie sogar geschlagen. Ein Krebs kommt von einer Quetschung.«



»Das ist wahr.«



»Die Flamänderinnen sterben deshalb nicht. Leiden sie sehr, so suchen sie das Heilmittel auf. Und die Beguinen von Brügge sind bewunderungswürdige Aerzte für alle Krankheiten. Sie haben kostbare Wasser, örtliche und specifische Heilmittel, sie geben den Kranken ein Fläschchen und eine Kerze, ziehen Vortheil aus der Geistlichkeit, und dienen Gott durch die Ausbeutung ihres doppelten Handels. Ich werde also der Königin das Wasser des Beguinenklosters von Brügge bringen. Ihre Majestät wird genesen und so viele Kerzen verbrennen, als es ihr gut dünkt. Ihr seht, Herr Colbert, daß mich verhindern, die Königin zu sehen, beinahe das Verbrechen des Königsmords ist.«



»Frau Herzogin, Ihr seid eine Dame von zu viel Geist. Ihr bringt mich ganz in Verwirrung; ich sehe indessen, daß dieser großen Liebe für die Königin noch ein kleines persönliches Interesse zu Grunde liegt.«



»Gebe ich mir Mühe, es zu verbergen, Herr Colbert? Ihr habt, glaube ich, gesagt, ein kleines persönliches Interesse? Erfahrt, daß es ein großes ist, und ich werde es Euch beweisen, indem ich mich zusammenfasse. Verschafft Ihr mir Eintritt bei Ihrer Majestät, so begnüge ich mich mit den beanspruchten dreimal hundert tausend Livres: wenn nicht, so behalte ich meine Briefe, gebt Ihr mir nicht auf der Stelle fünfmal hundert tausend Livres.«



Nach diesem entscheidenden Worte stand die alte Herzogin auf und ließ Herrn Colbert in einer unangenehmen Verlegenheit.



Noch einmal handeln war unmöglich geworden, nicht mehr handeln hieß zu viel verlieren.



»Madame,« sprach er, »ich werde das Vergnügen haben. Euch dreimal hundert tausend Livres zu bezahlen.«



»Oh!« machte die Herzogin.



»Doch wie werde ich die ächten Briefe bekommen?«



»Auf die einfachste Weise, mein lieber Herr Colbert . . . wem vertraut Ihr?«



Der ernste Finanzmann lachte in der Stille, so daß seine dicken, schwarzen Brauen wie zwei Fledermausflügel auf den tiefen Linien seiner gelben Stirne hinauf und herab stiegen.



»Niemand,« sagte er.



»Oh! Ihr werdet wohl eine Ausnahme für Euch machen, Herr Colbert.«



»Wie so, Frau Herzogin?«



»Ich will damit sagen, wenn Ihr Euch die Mühe nehmen wolltet, mit mir an den Ort zu kommen, wo die Briefe sind, so würden sie Euch selbst übergeben, und Ihr könntet ihre Aechtheit untersuchen und bewahrheiten.«

 



»Das ist richtig.«



»Ihr würdet Euch mit den dreimal hunderttausend Livres versehen, weil ich auch Niemand vertraue.«



Der Herr Intendant Colbert erröthete bis an die Augenbrauen. Er war, wie alle in der Rechenkunst ausgezeichnete Menschen, von einer unverschämten und mathematischen Redlichkeit.



»Ich werde die versprochene Summe in zwei Anweisungen auf meine Kasse mitnehmen, Madame,« sagte er. »Genügt Euch das?«



»Warum sind es nicht zwei Millionen, Eure Kassenanweisungen, Herr Colbert? Ich werde also die Ehre haben, Euch den Weg zu zeigen.«



»Erlaubt Ihr, daß ich meine Pferde anspannen lasse?«



»Ich habe einen Wagen unten, mein Herr.«



Colbert hustete wie ein unentschlossener Mensch. Er dachte einen Augenblick, der Vorschlag der Herzogin sei eine Falle, man warte vielleicht vor der Thüre, die Dame, deren Geheimniß so eben an Colbert um dreimal hundert tausend Livres verkauft worden, müsse dieses Geheimniß Fouquet um dieselbe Summe angetragen haben!



Als er lange zögerte, schaute ihm die Herzogin in die Augen und fragte:



»Ihr zieht Euren Wagen vor?«



»Ich gestehe es.«



»Ihr bildet Euch ein, ich führe Euch in eine Falle.«



»Frau Herzogin, Ihr habt einen muthwilligen Charakter, und ich, der ich mit einem ziemlich ernsten Charakter bekleidet bin, kann durch einen Scherz compromittirt werden.«



»Ja, Ihr habt Angst; nun so nehmt Euren Wagen und so viele Bediente, als Ihr wollt; nur bedenkt, was wir Beide thun, wissen wir allein; was ein Dritter gesehen hat, theilen wir dem ganzen Weltall mit Mir ist im Ganzen nichts daran gelegen; mein Wagen wird dem Eurigen folgen, und ich halte mich dadurch befriedigt, daß ich in Euren Wagen steige, um mich zu der Königin zu begeben.«



»Zu der Königin?«



»Habt Ihr es schon vergessen? Wie! eine Klausel von solcher Wichtigkeit für mich ist Euch entgangen? Mein Gott! wie wenig war das für Euch! Wenn ich das gewußt hätte, ich würde das Doppelte verlangt haben.«



»Ich habe es mir überlegt, Frau Herzogin, ich werde Euch nicht begleiten.«



»Wahrhaftig! . . Warum nicht?«



»Weil ich ein grenzenloses Zutrauen zu Euch habe.«



»Ihr seid zu gütig! Aber wie nehme ich die dreimal hundert tausend Livres in Empfang?«



»Hier sind sie.«



Der Intendant kritzelte ein paar Worte auf ein Papier, da« er der Herzogin übergab.



»Ihr seid bezahlt,« sagte er.



»Der Zug ist schön, Herr Colbert, und ich werde Euch dafür belohnen.«



Bei diesen Worten lachte Frau von Chevreuse.



Da« Gelächter der Herzogin war ein finsteres Gemurmel; jeder Mensch, der die Jugend, den Glauben, die Liebe, das Leben in seinem Herzen schlagen fühlt, zieht Thränen diesem kläglichen Gelächter vor.



Die Herzogin öffnete den Leib ihres Rockes und zog aus ihrem gerötheten Busen ein kleines Bündel mit einem feuerfarbigen Band umwickelter Papiere. Die Häkchen hatten unter dem plumpen Druck ihrer nervigen Hände nachgegeben. Durch das Herauszerren und die Reibung der Papiere verschoben, erschien die Haut schamlos vor den Augen des Intendanten, den diese seltsamen Präliminarien sehr in Verlegenheit brachten.



Die Herzogin lachte fortwährend.



»Hier,« sagte sie, »hier sind die ächten Briefe von Herrn Mazarin. Ihr habt sie, und überdies hat sich die Herzogin von Chevreuse vor Euch entkleidet, als wäret Ihr gewesen . . . ich will Euch keine Namen sagen, die Euch stolz machen oder zur Eifersucht reizen würden. Nun, Herr Colbert,« fügte sie bei, während sie rasch den Leib ihres Kleides zuhäkelte, »Euer Glück ist vollendet, führt mich zur Königin.«



»Nein, Madame. Wenn Ihr abermals bei Eurer Majestät in Ungnade fallen würdet, und es würde im Palais-Royal ruchbar, ich habe Euch eingeführt, die Königin verziehe es mir in ihrem Leben nicht mehr. Nein. Ich habe im Palast mir ergebene Leute, diese werden Euch einführen, ohne daß ich mich gefährde.«



»Wie e« Euch beliebt, wenn ich nur Eintritt erhalte.«



»Wie nennt Ihr die Nonnen von Brügge, die die Krankheiten heilen?«



»Beginnen.«



»Ihr seid eine Beguine.«



»Gut; aber ich werde wieder aufhören müssen, es zu sein.«



»Da« ist Eure Sache.«



»Verzeiht! verzeiht! ich will nicht der Gefahr ausgesetzt sein, daß man mir den Eintritt verweigert.«



»Das ist abermals Eure Sache, Madame. Ich werde dem ers