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Der Arzt auf Java

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»Buddha hat uns auf die Erde gesetzt, um zu lieben und nicht, um zu hassen.«

»Buddha ist kein Gott,« fuhr der Gueber fort. »Zeige mir Deinen Gott, wie ich Dir den meinigen zeigen werde. Der wahre Gott ist die Sonne, die uns das Feuer gab. Betrachte diesen Vulkan,« fuhr Harruch fort, indem er auf die Gipfel des Panderango deutete, der seinen röthlichen Scheitel in die Nacht emporstreckte; betrachte diesen Vulkan, der nur brennt, um vernichten und zu zerstören. Gleichwohl ist der Gott, der ihn in den Eingeweiden des Berges anzündete! So soll es auch nach seinem Willen mit den Leidenschaften sein, die er in unsere Leben legte.«

»Ich sage es Dir, Mann, mag ich auch suchen, wie ich will, so finde ich dennoch keinen Haß in der Seele, die ich von Buddha empfing.«

Harruch stampfte ungeduldig auf den Boden. »Argalenka,« sagte er, »der Malaye, der Dir versprach, Dir Deine Tochter zurückzugeben, hat Dich belogen.«

»Handelt er so, dann beklage ich ihn;« sagte Argalenka, »und werde zu Buddha beten, daß er ihn den Werth der Aufrichtigkeit kennen lehrt.«

»Argalenka, ich sagte es Dir schon,« daß Arroa aus dem Hause des fränkischen Doctors in den Harem des Rajah kam; sie ist zwei Mal besudelt worden.«

»Die Liebe ihres Vaters wird sie läutern.«

»Argalenka, nicht zufrieden mit dem Besitze ihres Körpers, hat dieser Mensch Dir auch das Herz Deines Kindes geraubt; der Geist Deiner Tochter ist die Beute des Dämons geworden.«

»Buddha ist allmächtig; sein Hauch fegt die Dämonen hinweg, wie der Wind die Blätter des Thales vor sich her treibt.«

»So gehe denn, unsinniger Greis, gehe nach dem Sidjiva; Deine Augen werden dort nichts sehen, als die Mauern des alten verlassenen Stalles, als die grünen Bäume und Gesträuche; Deine Ohren werden nichts hören, als das Geschrei der Bewohner der Einsamkeit, welche eine leicht zu erfassende Beute wittern. Dann wirst Du es zu spät bereuen, nicht auf Den gehört zu haben, der Dir redlich seine Hand bot und der allein es vermochte, wo nicht Dir das Herz Deines Kindes zurückzugeben, doch wenigstens Deine väterlichen Blicke durch die Freude zu sättigen, Die zu betrachten, der Du das Leben gabst.«

»Du, Du!« rief Argalenka, indem er seine Schwäche vergaß und sich auf seinen Beinen empor richtete, als wären sie von Stahl; »ich danke Dir, Buddha, daß Du mich erhörtest und mir diesen Menschen sendest! Ich werde sie sehen! Ha, die Freude erstickt mich, meine Thränen, die soeben noch reichlich flossen, versiegen in meinen Augenwimpern und verbrennen sie; – Dir werde ich das Glück verdanken; ich hatte gleich erkannt, daß Du gut bist.«

Die Finsterniß verhinderte Argalenka, das unheimliche Lächeln zu bemerken, welches bei diesen Worten Harruch’s Lippen umspielte.

»Ja,« sagte derselbe, »wenn sie nicht zu Dir gekommen ist, wollen wir es versuchen, zu ihr zu gelangen.

»Wann brechen wir auf fragte der Greis; »es scheint, als verlieren wir viel Zeit. Ach, ich finde, daß der Morgenvogel lange zögert, den Schrei auszustoßen, durch den er den Tag begrüßt. – Arroa, mein Kind, ich soll Dich also wieder sehen!«

»Ja; aber ich stelle dazu eine Bedingung?«

»Welche? Sprich; verlangst Du mein Blut? Verlangst Du mein Leben? Soll ich bis zu ihr durch das Feuer gehen?« Du brauchst nur zusagen was Du verlangst und ich werde es thun. Du, der Du Mitleid mit meinem Schmerze hattest, Du mußt wissen; was es heißt, Vater zu sein.«

»Höre! Ich bin gleich Dir ein Opfer, aber nicht ein trauriges, ergebungsvolles Opfer, wie Du es bist. Wenn Harruch beleidigt wurde, hört er gleich dem Tiger, der nur auf den Ruf seiner Eingeweide achtet, weiter nichts mehr, als seinen Haß und schreitet seiner Beute mit sicherem Fuße entgegen, kriecht, wenn er kriechen muß, verbirgt sich, so lange die Stunde noch nicht geschlagen hat, aber er ist stets bereit, auf die Unklugen, die seinen Zorn reizen, einzuspringen und sie mit seinen stählernen Krallen zu zerreißen.«

»Und was verlangst Du von mir?«

»Ein Mensch, so stark und so tapfer er auch sei, ist doch immer nur ein Mensch; er kann sterben und seine Rache mit ihm. Ich will aber nicht, daß meine Rache sterbe. Du wirst daher bei dem Tempel von Boro-Boda schwören, mir in meinem Werke beizustehen, mich dabei mit allen Deinen Kräften zu unterstützen, wenn das, was ich verkünde, nicht wahr ist, wenn Deine Tochter in Dir nur noch einen Fremden, einen schmutzigen Bettler sieht.«

»Es ist unmöglich! Meine Arroa ihren Vater nicht anerkennen?« sagte der Greis mit einem unbeschreiblichen Ausdruck des Lächelns.

»Weshalb zögerst Du dann, einen Eid zu leisten, der Dich zu nichts verpflichtet?«

»Dieser Eid verwirft Buddha. Ich verdamme Dich nicht, Harruch, aber Deine Ansichten sind nicht die meinigen. »Du hast Recht, indem Du Dich mit dem Tiger der großen Wälder vergleichst, wenn Du gleich ihm Dich nur durch Blut sättigen kannst; ich glaube an die Gerechtigkeit Dessen, der mich auf die Erde stellte; da ich mein Möglichstes that, um seine Gesetze zu befolgen, glaube ich, daß er sich meiner Sache annehmen wird, daß er den straft, der gestraft werden muß, daß er mich rächt, wenn ich gerächt werden soll und in seine Hände übertrage ich dies Alles. Aber wenn ich mich weigere, das zu thun, was mein Gott mir verbietet, ist das für Dich ein Grund, mich des Glaubens zu berauben, daß Du mir versprachst, den lachenden Becher nur meinen Lippen genähert zu haben, um mich desto empfindlicher die Qualen des Durstes fühlen zu lassen!«

»Nein,« erwiederte Harruch darauf, »ich sagte Dir meine Bedingungen, Du wolltest sie nicht erfüllen, unsinniger Greis, und ich verlasse Dich daher. Bitte Buddha, daß er Dir Deine Tochter zurückgibt und erwarte von Harruch nichts mehr.«l

»Das will ich thun,« erwiderte der Greis mit schmerzhafter Ergebung; »ich bin elend, verlassen von Allen, ich habe nicht mehr die Kraft, meine schwachen Hände zu erheben, aber meine Sache ruht in der Hand meines Gottes und ich hoffe, daß er die Boshaften bestrafen wird.«

»Ich hoffe nichts, als von mir selbst,« erwiederte Harruch, indem er die Falten seines Sacong zusammenzog, um sich wieder in Gang zu setzen; »mein Arm wird Die treffen: die mich getroffen haben. Lebe wohl.«

Indem Harruch diese Worte sprach, entfernte er sich mit großen Schritten, Argalenka zurücklassend, wo er ihn gefunden hatte und kniend in dem Staube des Weges.

VII.
Ein feindlicher Vorschlag

Seit der Eröffnung des Malayen hatte Thsermai beständig an die Drohung gedacht, mit welcher derselbe von ihm schied. Weit entfernt, sich in die Trennung zu fügen, welche Noungal ihm als unvermeidlich geschildert hatte, fühlte er sich täglich mehr von den Reizen Arroa’s ergriffen. Vergebens hatte er gesucht, sich durch die Liebkosungen Derjenigen zu sättigen, die er nur noch kurze Zeit lieben sollte; sie ließen sein Herz stets unbefriedigt, seine Begierden nur umso glühender. Nicht wenige Stunden nur wollte er dieser Liebe widmen, sondern sein ganzes Leben, und er fragte sich, durch welches Mittel es ihm möglich sein würde, sich der lästigen Vormundschaft dessen zu entziehen, der in ihm Träume des Ehrgeizes wachgerufen hatte, auf die er nicht verzichten mochte, doch ohne jene schöne Hindu zu opfern.

Alle die freie Zeit, welche seine Freuden ihm ließen, widmete er dem Nachdenken über die Mittel, die er anzuwenden hätte, um zu diesem Resultate zu gelangen. Aber Noungal schien ihm nicht der Mann zu sein, dem man ungestraft trotzen durfte; er dachte nur mit Schrecken an die eigenthümliche Macht dieses übernatürlichen Wesens, an das entsetzliche Geheimniß, dessen Besitzer er war und trotz seiner Erziehung abergläubisch, wie alle Javanesen, wies er mit Entsetzen die stürmischen Gedanken zurück, die sich seinem Gehirne aufdrängten und zitterte davor, daß der Malaye in seinem Herzen lesen könnte, wie er in den Geheimnissen der Vergangenheit las.

Eines Tages, als er träumerischer wie gewöhnlich war, als seine Stirn sich finster zeigte, sein Blick sorgenvoll, seine Lippen zusammengezogen und weder der Tanz noch das Lächeln seiner Weiber seinen Trübsinn zu zerstreuen vermochten, ging er hinab in die Gärten, die seinen Dalam umgaben und schritt nachdenkend unter dem Schatten derselben umher.

Er hatte seinen schwarzen Panther bei sich, den wir bereits in dieser Geschichte erscheinen sahen, ein prachtvolles Thier mit weichem glänzendem Fell und gelben Augen, funkelnd wie Topase. Er folgte ihm Schritt für Schritt, wie ein junger Hund, rieb von Zeit zu Zeit seinen gewaltigen Kopf gegen den Fuß seines Herrn, entrollte die langen Ringe seines Schweifes und erbettelte eine Liebkosung mit weiblicher Anmuth und Kokettiere.

In dem Augenblicke, als Thsermai eine Allee entlang schritt, welche an dem Bambusgehege hinführte, das den Park von dem Walde trennte und als Schutzwehr gegen das Eindringen wilder Thiere diente, bemerkte er am Ende dieser Allee einen Menschen, der die schwache Umhegung überkletterte.

Die finstern Gedanken, denen der Javanese in diesem Augenblicke sich hingab, stimmten ihn nicht zur Nachsicht; er wandte sich gegen den Panther um, zeigte ihm den Menschen und hetzte ihn auf denselben; das Thier erhob den Kopf, sog lärmend die Luft in seine gewaltigen Nüstern ein, kauerte sich einen Augenblick auf die Hinterpfoten und sprang dann schnell wieder Blitz und leicht wie der Wind vorwärts. Aber zur großen Ueberraschung Thsermai’s geschah es nicht, wie dieser es erwartet hatte, um den Unbesonnenen mit Krallen und Zähnen zu zerreißen; er sah, wie der Tiger denselben liebkoste, wie er nur seinen Herrn zu liebkosen pflegte, wie er sich aufrichtete, seinen Kopf an das Gesicht des Fremden drückte, mit großen Sätzen um denselben her sprang und sich dann zu seinen Füßen niederlegte.

Der Javanese zog wüthend seinen Crid und lief auf die Gruppe zu, welche der Mensch und das Thier bildeten, in seinem eifersüchtigen Zorne unentschlossen, ob er den Einen oder das Andere tödten sollte, oder Beide. Erst als er noch zwanzig Schritte von Denen entfernt war, die er erreichen wollte, erkannte er Harruch.

 

Der Gueber liebkoste ruhig den Panther, spielte mit ihm, wie mit einer Katze, vertraute seine Hand dessen mächtigen Tatzen an, die ihre Krallen eingezogen hatten, und lächelte freundschaftlich, als er den Javanesen auf sich zu kommen sah. Aber dieses Lächeln schien den Zorn Thsermai’s nicht zu entwaffnen.

»Gibt es denn keine Thür mehr in dem Dalam!« rief er. »Weshalb dringst Du ein, wie ein Räuber, auf die Gefahr hin, Dich durch meinen Panther in Stücke zerreißen zu lassen?«

»Maha hat es vergessen, daß ich ihn seiner Mutter und der Freiheit beraubte. Aber er erinnert sich noch, daß meine Hand ihm die ersten Dienste leistete. Er würde sich eher auf Euch, werfen, Tuan, als seine Zähne an Harruch legen.«

Das Thier schien zu billigen, was der Gueber sagte; es betrachtete seinen ehemaligen Herrn mit Augen voll Liebe; das trieb den Zorn Thsermai’s auf den höchsten Gipfel.

»Du antwortest nicht auf meine Frage Hund? Denke daran, es zu thun, wenn Du nicht willst, daß mein Crid die Worte in Deine Kehle suchen soll.«

Harruch fürchtete, wenn er sich auf dem Hose Deines Palastes zeigte, möchten Deine Diener sich seiner zerrissenen Kleider schämen und ihn nicht zu Dem lassen, der ihr Herr und Gebieter ist.«

»Sage vielmehr, daß Du kommst, um zu erspähen, was in meiner Wohnung vorgeht, Du von Gott verfluchter Gueber.«

Die Schmähungen Thsermai’s schienen keinen Eindruck auf Harruch zu machen; er zeigte sich gegen denselben noch mehr demüthig als gleichgültig, und als der Javanese seine Worte beendet hatte, streckte er die Hände gegen ihn aus, als bitte er ihn um Verzeihung.

»Nun, was willst Du? Sprich. Du willst vielleicht das fordern, was Noungal bei Mynheer Cornelis als Preis auf Deine Gefälligkeit gesetzt hatte, – die schöne europäische Rangun?«

»Harruch antwortete noch nicht; nur senkten seine Augenwimper sich langsam über seine Augen herab, als wollte er diese dem Anblick Thsermai’s entziehen.«

»Wenn das ist,« fuhr der Javanese fort, »bin ich bereit, Dich zu befriedigen; das ist nur gerecht.«

Und indem er in einem Lorbeergebüsch auf den kleinen Hügel deutete, der frisch aufgeworfen zu sein schien, sagte er:

»Die, welche Du suchst, liegt dort; grabe mit Deinem Crid nach und Du wirst sie finden.

»Sie ist also todt?« sagte der Gueber mit vollkommener Gleichgültigkeit.

»Bei Mohamed, der Opium von jenem Tage muß Dir noch das Hirn verwirren, Harruch, wie könntest Du sonst vermuthen, daß ein Elender, wie Du bist, etwas Anderes, als die Leiche eines Mädchens erhalten würde?«

»Die schwarzen Tropfen erheben uns zu dem Paradiese Gottes und die Schönheiten, die es bevölkern, achten nicht auf die Farbe dessen, den sie dort zu lieben bestimmt sind. Aber die Bedaja’s des Rauches folgen uns nicht, wenn wir wieder auf die Erde herabsteigen, und noch fühlen meine Lippen den Wohlgeruch ihrer Küsse, wenn ich schon ihre himmlischen Gesichter vergessen habe. – Nicht wegen des weißen Mädchens bin ich gekommen, Herr; ich kam, weil man mich zu Dir sandte!«

»Wer!«

»Der Adipati der Männer mit den langen Zöpfen, Ti-Kai, der Chinese.«

»So,« entgegnete Thsermai, indem er plötzlich sanfter wurde, »und was bringst Du mir von Ti-Kai?«

»Die Nachricht, daß Deine Besorgnisse unbegründet waren, daß alle Formalitäten, welche die Herren der Insel verlangen, erfüllt sind, daß Du frei über das Gold der weißen Rangun dort verfügen kannst, und daß der Wille des Meisters erfüllt ist.«

»Gut,« sagte Thsermai, »und zum Lohne verspreche ich. Dir, Harruch, eine Nacht, bevölkert mit den Träumen, die Du liebst. Aber,« fuhr er fort, indem er unwillkürlich erblaßte, »hast Du Noungal gesehen, den, welchen der Chinese den Meister nennt?«

»Ja,« erwiederte Harruch.

»Und was sagte er Dir?« fragte Thsermai, dessen Aufregung sich durch s eine Stimme verrieth.

»Sprechen wir von den Brüdern Maha’s, Deines Panthers, welche in den Wäldern heulen, sprechen wir von den Tigern, welche die Felsen durch ihr Gebrüll erzittern machen, sprechen wir von dem Panderango, dessen Beben die ganze Insel erschüttert, wenn der Berg seine Flammen speit, aber sprechen wir noch nicht von Noungal.«

»Gueber, weshalb sagst Du: noch nicht?«

»Weil ich noch nicht weiß, ob Noungal ein Mensch ist, oder Einer jener Barkasahams, welche die Gräber bewohnen und dieselben nur zum Unglück der Söhne der Erde verlassen.«

»Und Du suchst Deinen Zweifel aufzuklären?«

»Ja,« erwiederte Harruch.

»Thsermai bewahrte während einiger Augenblicke das Schweigen. Er dachte nach, dann aber wendete er sich zu dem Schlangenbeschwörer, und sagte:

»Harruch, ungeachtet Deiner Beschäftigung als Jougleur, habe ich Dich stets für einen Menschen voll Verstand und Muth gehalten. Komm mit mir, ich will Dir reiche Kleider geben lassen und Du sollst in meinem Palaste wohnen.«

»Harruch hat stets in der Freiheit der Berge gelebt; er würde ein schlechter Diener sein, Thsermai, das schwöre ich Dir.«

Der Javanese lächelte.

»Nicht zu meinem häuslichen Dienste will, ich Dich dingen, Harruch,« sagte er, »Du sollst Deine Unabhängigkeit bewahren; komm also in meinen Palast, wo Du meine Reichthümer genießen sollst.«

In dem Augenblicke, als Harruch dem Javanesen folgen wollte, wendete er sich nach der Seite, wo die junge Holländerin lag. Vielleicht wollte er Der ein Lebewohl zurufen, deren Reize seine Rauheit zügelten. Aber es bot sich ihm jetzt ein entsetzliches Schauspiel. Während er mit Thsermai sprach, war der Panther, angezogen durch den Leichengeruch, der aus dem Grabe aufstieg, in das Gebüsch geschlüpft und die Erde mit seinen mächtigen Krallen fort schaufelnd, hatte er schnell die Leiche der armen Rangun entblößt, deren Leichentuch er jetzt spielend zerriß.

»Hierher, Maha! Hierher!« rief Thsermai, der einige Augenblicke zuvor vielleicht fühllos gegen diese abscheuliche Profanirung einer Todten geblieben wäre. Da das Thier taub bei seiner Stimme blieb, sprang er auf dasselbe zu und warf es mit einem Fußtritt an den Rand des Grabes nieder. Harruch erblickte jetzt das bläuliche Fleisch der Unglücklichem der er seine Liebe hatte widmen wollen; ein krampfhaftes Frösteln durchzuckte seinen Körper, und so groß auch seine Selbstbeherrschung war, konnte er zwei Thränen nicht unterdrücken, die schweigend an seinen Wangen herab rannen.

Thsermai war zu sehr damit beschäftigt, Maha zum Gehorsam zu bringen, um die Aufregung des Guebern zu bemerken; dennoch glaubte er, daß es für sein Interesse nicht gut sein würde, den armen Teufel länger bei der Betrachtung dieses Schauspieles zu lassen und zog denselben schnell mit sich fort.

Die wenigen Worte, welche Harruch über Noungal gesprochen hatte, entschieden über die Unentschlossenheit des Javanesen. Ungeachtet der Versicherungen des Gegentheils war die Dankbarkeit das, was das Herz Thsermai’s am wenigsten bedrückte, und seitdem Noungal den Wiederbesitz Arroa’s in Anspruch nahm, dachte er nur noch daran, sich dieses unbequemen Freundes zu entledigen. Die Schwierigkeit, dies zu thun, war das Einzige, was ihn in Verlegenheit setzte. Wenn Noungal ein gewöhnlicher Mensch gewesen wäre, so würde Harruch selbst ihn für einige Piaster von demselben haben befreien können, und in Ermangelung Harruch’s würde es nicht an minder gewissenhaften, aber gehorsameren Armen gefehlt haben. Doch der Javanese ahnte, daß Noungal nichts Menschliches hatte, als das Gesicht, und er fürchtete, daß der Crid seiner Diener machtlos gegen denselben sein möchte, und daß ein solcher erneuter Versuch ebenso wenig etwas ausrichten würde, als der Dolchstoß, den er selbst führte.

Um über Noungal zu triumphiren, mußte man Kämpfer und Waffen in der Welt suchen, in welcher er lebte, und für den Augenblick fand Thsermai nichts Besseres, als Harruch, der stets in seine Beschäftigung als Jongleur etwas Empirismus gemischt hatte und bei dem Volke dafür galt im Besitzes geheimer Wissenschaften zu sein.

Wir lachen gern, wenn von der phantastischen Geisterwelt die Rede ist; auf Java ist das nicht der Fall; Java ist das Amorika Oceaniens: gleich dem Bretagner verbindet der Javanese eine abergläubische Tradition mit Allem, was rings um ihn her vorgeht, mit Allem, was seine Augen erblicken; es gibt kein Dorf, keine Straße, keinen einsamen Kreuzweg, keinen Baum, der nicht seine eigene Tradition hat; und sonderbar ist dabei, daß; einige dieser Traditionen beiden Ländern gemeinsam sind. Gleich den bretagneischen Wäschermädchen, nehmen die javanesischen Wiws die Gestalten schöner Weiber an, um die Reisenden zu dem Ufer des Flusses zu locken; indeß hat der Aberglaube auf Juba nicht die milde, tauben-unschuldige poetische Färbung, welche ihn in der Bretagne charakterisiert, sondern zeigt sich finster und wild, wie der Schauplatz, auf den er sich bezieht, wie die vulkanische Erde, in welcher die Natur sich stets gegen die Hand ihres Schöpfers auflehnen zu wollen scheint.

Von Zeit zu Zeit trägt sich irgend ein eigentümliches Ereigniß zu, unerklärbar und unerklärt, ähnlich dem, dessen Geschichte wir schreiben, und gleich einem Meteor hinterläßt es einen hellen Streifen, »der die Bevölkerung in der Ueberzeugung erhält, daß die Wissenschaft, welche dem Menschen übernatürliche Vorrechte erwirbt, und welche ihre Väter entweder von den Ländern des Nil, oder von denen des Ganges mitgebracht haben, nicht verloren ging, sondern von Jahrhundert zu Jahrhundert irgend ein höherer Geist sich dieser Vorrechte wieder zu bemächtigen im Stande ist.

Dies war auch die Ueberzeugung Thsermai’s, und in der Absicht, zu seinem Vortheil den Rang zu benutzen, den Harruch vielleicht unter den Adepten der Magie einnahm, hatte er sich entschlossen, demselben einen so freundschaftlichen Empfang zu gewähren.

»Harruch,« sagte er, indem er sich mit ihm entfernte, und ihn nachdenkend sah, »ich glaube, daß Du in diesem Augenblicke die Macht zu besitzen wünschest, Der das Leben zurückzugeben, welche es verloren hat.«

»Weshalb?« antwortete Harruch mit gezwungener Gleichgültigkeit. »Wenn der Wind den Tackbaum seiner Zweige beraubt, verleiht ihm die Sonne dann nicht sogleich wieder den neuen Schmuck, der unsere Augen ergötzt?«

»Glaubst Du, daß es in der Macht gewisser Menschen liegt, das todte Fleisch zu beleben?«

»Nein,« entgegnete Harruch kurz.

»Dennoch sagt man, daß es möglich ist durch die Wissenschaft dahin zu gelangen, die Geister zu beherrschen, welche das Leben verleihen.«

»Das Feuer allein vermag, was Du sagst, und dies geschieht auf Kosten des Stoffes, löst die Seele von ihrer Hülle los, und sendet sie in einen anderen Körper; aber er kann diesem nicht die Gestalt verleihen, die er hatte, indem er die Seele läuterte.«

»Dann,« sagte Thsermai, welcher den Gueber auf Noungal zu sprechen bringen wollte, »sind die Geister, welche man in diesem Lande die Barkasahams nennt, mächtiger als das Feuer, denn man sagt, sie könnten das, was der Gott, den Du anbetest, nicht kann.«

»So mögen sie es denn wagen, mit dem Vater Ormuzd zu kämpfen!« entgegnete Harruch verächtlich.

»Mein Freund Harruch, der so viele Dinge weiß, ist auf seinem Wege vielleicht schon Barkasahams begegnet?«

»Ja,« entgegnete Harruch.

»Wahrlich!« erwiederte Thsermai, indem er sich erstaunt stellte, »wann und wo?«

»Der Herr ist nicht offen gegen den welchen er seinen Freund nennt; gleich der kleinen Natter Bivouak macht er tausend Windungen um sich selbst, ehe er dahin gelangt, wohin sein Wille strebt.«

»Was willst Du damit sagen?«

»Daß der Herr Thsermai,« erwiederte Harruch mit einer Zuversicht, die wenigstens seinen tiefen Scharfsinn bewies, wenn auch nicht seine Forschergabe, – »daß der Herr Thsermai seine Hand Harruch nur entgegenstreckte, weil er wollte, daß Harruch ihn von dem Barkasaham befreien sollte der ihm schaden will.«

»Und wie heißt dieser Barkasaham?« erwiederte der Javanese, dessen Vertrauen dadurch wuchs, daß der Jongleur seine Gedanken mit solcher Sicherheit errieth.

»Jetzt heißt dieser Barkasaham Noungal, aber ein Barkasaham hat mehr als einen Namen, oft sogar bis zehn, die noch angerechnet, die er im Rückhalt besitzt.«

»Noungal ist mein Freund, Noungal ist mein Bruder, und ich glaube nicht, was Du über ihn sagst. Sprich von den Barkasahams und zähle mir die Vorrechte dieser Geister auf.«

»Nein, ich muß jetzt schweigen. Der Vogel, welcher die Nähe des Tigers andeutet, verstummt, wenn er bemerkt, daß der, welcher die Wälder durchstreift, nur ein Pfauenjäger ist.«

»Sprich doch, Harruch, sprich!« rief Thsermai indem er seinen Begleiter zurückhielt, denn sie näherten sich dem Gebäude des Palastes. »Willst Du mir dienen, so wird man in Dir statt eines gemeinen Jongleurs, einen mächtigen Herrn sehen und einen Weisen Vollstrecker des Willens seines Gebieters.«

 

»Der, welcher das Geheimniß des Todes erforschte, welcher in seiner rechten Hand die Tasten des Schlomoh hält und in seiner Linken einen blühenden Mandelzweig, steht über allen Besorgnissen, über aller Furcht. Er kennt den Grund der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft; er zwingt, sobald er will, die Natur, sich ihm zu offenbaren; im Namen Ahriman’s gebietet er den Elementen und macht sie zu seinen Sclaven. Das sind die Vorrechte des Barkasaham.«

»Und Du hast die Geheimnisse ihres Wesens erforscht?«

»Ja. Der Barkasaham verlängert gleich den Phantomen, welche sich von dem Blute der Todten nähren, sein Leben eben dadurch, daß er ihm die Tage hinzugefügt, welche er den anderen Menschen raubt.«

»Erkläre Dich deutlicher!«

»Durch seine höllischen Rathschläge, durch die Kenntniß, die er von ihren Leidenschaften hat, fährt der Barkasaham sie dahin, selbst das himmlische Feuer zu verlöschen, welches die Hand Ormuzd’s in ihnen entzündet, und ihr Leben mit eigener Hand zu verkürzen. Dann gestattet ihm Ormuzd, sich der Stunden zu bemächtigen, welche diese Verfluchten noch zu leben hatten, die sie aber Verschmähten.«

»Und gibt es denn kein Mittel, sich zum Herrn des Geheimnisses zu machen, durch das sie so mächtig sind, und mit ihnen die Herrschaft zu theilen, welche größer ist, als die aller Könige der Erde?«

»Kennte ich dieses Geheimniß, so würde ich es Dir nicht sagen.«

»Also ist jeder Kampf gegen diese fürchterlichen Wesen unsinnig, jeder Versuch, ihnen Widerstand zu leisten, eine Thorheit?«

»Nein; der Mensch kann viel, wenn die List sich mit Kraft vereinigt.«

»Ich begreife Dich, Du bist die List, ich die Kraft, und Du machst mir den Vorschlag, uns gegen den gemeinschaftlichen Feind zu verbinden?«

»Der Barkasaham ist nicht mein Feind; das Gewürm, welches in dem Grase kriecht, erweckt nicht seine Aufmerksamkeit.«

»Noungal ist nicht Dein Feind?« sagte Thsermai mit fieberhaft bebender Stimme, und ergriffen von dem Verlangen, den Haß in dem Herzen des Guebern zu entzünden. – »Hatte er Dir nicht versprochen, seine weiße Rangun Deiner Liebe zu überlassen, wenn Du ihm bei seinen Plänen gegen den Christen Beistand leisten wolltest, indem Du ihm durch den Duft des Opiums berauschtest?«

»Nun, was soll das?«

»Hat er sie nicht, statt sie Deinen Liebkosungen zu überlassen, dem Bisse der Schlangen preisgegeben? Zeigte er sie Dir nicht sterbend, doch immer noch schön, immer noch von Liebe ergriffen in den Armen eines Anderen?«

»Wenn dem so ist, so hat Gott mich gestraft; ich hatte damals keinen Grund ihn zu hassen. Ueberdies, ich weiß nicht ob Noungal das Gefängnis geöffnet hat, in dem sich die Schlangen befanden.«

Thsermai erröthete unter seiner kupferfarbigen Haut; er fürchtete einen Moment lang, daß Harruch, ungeachtet des Stumpfsinns, in den er versunken war, bemerkt haben könnte, dass er die Bande des verhängnißvollen Korbes gelöst hatte, und so sagte er dann, »er war es; ich kann es ihnen versichern.«

»Wenn ihr das thut, Herr Thsermai, zweifelt auch Harruch nicht mehr,« erwiederte Harruch unbefangen.

»Du siehst wohl, daß Du Dich an diesem Menschen rächen mußt, und zwar wie Du gerade sagtest, durch die List und die Kraft wird es uns gelingen, und ich will dafür weder meine Ruhe, noch meine Reichthümer aufsparen. Komm mit mir in meinen Palast, nicht als Bettler, sondern als mein Gast; bete zu Deinem Gott, daß unser Plan gelingt, und aus dem armen Jongleur, der Du bist, werde ich Dich zu einem reichen Manne machen.«

Harruch zuckte mit den Achseln auf eine Art, die ebenso gut seine Zustimmung als auch eine Aeußerung der Gleichgültigkeit sein konnte.

Thsermai führte hierauf Harruch in das Innere seiner Gemächer ein.