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Das Horoscop

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VI.
Eine heiser Kehle

Jetzt während der Herr Cardinal von Lothringen sich von seinem Kammerdiener zu Bette bringen läßt; während Robert Stuart zu seinem Freund Patrick zurückkehrt; während Herr von Condé wüthend und lachend zugleich sein Hotel wieder aufsucht;« während dies Frau Admiralin unermüdlich ihre Taschen umkehrt und das unglückselige Billet sucht, das all diesen Ärgerniß hervorgerufen hat; während der König die Lanoue verhört, um herauszubringen, wies das Gerücht von seinem Rendezvous sich verbreiten konnte; während der Marschall von St. André sich selbst fragt, ob er für das Geschehene Gott danken oder den Zufall anklagen müsse; während Fräulein von St. André davon träumt, daß sie um ihren Hals und ihre Arme die Juwelen der Frau von Etampes und der Herzogin von Valentinois; auf dem Kopf die Krone der Maria Stuart habe, wollen wir sehen, was die jungen Prinzen von Montpensier und de la Roche-sur-Yon machen, auf dies wir zurückzukommen uns vorgenommen haben.

Die beiden schönen und lustigen jungen Leute hatten sich als Zeugen eines Schauspiels, das sie allerliebst fanden, vor den drei ohnehin, und in diesem Augenblicke ganz, besonders gravitätischen Personen, Herrn von Guise, Herrn von St. André und dem Cardinal von Lothringen, gewaltig zusammennehmen müssen. Noch mehr, sie hatten ein für die Gelegenheiten passendes Gesicht angenommen und dem Herrn Cardinal von Lothringen, dem Herrn Marschall von St. André und Herrn von Guise in der allergebührlischsten Weise ihr Beileid bezeugt. Dann aber hatten sie den ersten Winkel des Ganges, der ihnen ein Wegschleichen gestattete, benützt, und sich still im Schatten gehalten bis die andern Alle sich, Jeder in der ihm beliebigen Richtung, entfernt hatten.«

Endlich als sie sich allein und ganz allein sahen, brach das mühsam in ihrer Brust zurückgehaltene Lachen mit solcher Gemalt los, daß die Fensterscheiben des Louvre davon erzitterten, wie wen ein schwerer Wegen vorüber führe.

An beiden Seiten der Wand einander gegenüber angelehnt, die Hände in die Seiten gestemmt, die Köpfe rückwärts geworfen, krümmten sie sich in solchen Zuckungen, daß man sie für epileptisch oder, wie man damals sagte, für besessen hätte halten können.

»Ach, lieber Herzog!« sagte der Prinz de la Roche-sur-Yon der zuerst wieder zu Athem kam.«

»Ach, lieber Prinz!« antwortete dieser mühsam.

»Und wenn man bedenkt . . . daß es Leute gibt . . . die behaupten, man lache nicht mehr . . . .man lache nicht mehr in diesem armen Paris!«

»Das sind sehr übelwollende Leute . . . die so Etwas behaupten können.«

»Ach, mein Gott . . . wie wohl und wie weh zu gleich es thut, recht tüchtig zu lachen!«

»Habt Ihr das Gesicht des Herrn von Joinville gesehen?«

»Und das des Marschalls von St. . . . von St André?«

»Ich bedaure nur Eines, Herzog, « sagte der Prinz de la Roche-sur-Yon, indem er sich ein wenig beruhigte.«

»Und ich bedaure Zweierlei, « antwortete dieser.«

»Daß ich nicht an der Stelle des Königs war, und wenn ganz Paris mich gesehen hätte.«

»Und ich, daß mich nicht ganz Paris an der Stelle des Königs gesehen hat.«

»Oh, bedauret Nichts, Herzog morgen Vormittag soll ganz Paris es wissen.«

»Wenn Ihr so denket wie ich, Prinz, so soll ganz Paris es noch heute Nacht erfahren.«

»Und wie denn ?«

»Auf eine höchst einfache Art.«

»Zum Beispiel?«

»Nun bei Gott, wir schreiens auf den Dächern aus.«

»Aber Paris schläft in diesem Augenblick.«

»Paris soll nicht schlafen wenn sein König wacht«

»Ihr habt Recht. Ich stehe dafür, daß Seine Majestiit noch kein Auge zugethan hat.«

»Wecken wir also Paris.«

»Welch eine Narrheit!«

»Ihr weigert Euch?«

»Gewiß nicht. Da ich Euch sage, daß es eine Narrheit sei, so bin ich natürlich damit einverstanden.«

»Also auf den Weg.«

»Vorwärts! Ich fürchte nur, die ganze Stadt möchte bereits einen Theil der Geschichte wissen.«

Und die beiden jungen Leute sprangen die Treppen des Louvre herab wie Hippomenes und Atalanta bei ihrem Wettlauf.

Im Hof angekommen, gaben sie sich Dandelot zu erkennen, hüteten sich aber wohl ihm Etwas zu sagen, theils weil seine Schwägerin bei all dem eine Rolle gespielt hatte, theils weil sie fürchteten, er möchte ihnen das Ausgehen verwehren.

Dandelot constatirte ihre Identität, wie er bei dem Prinzen von Condé gethan hatte und ließ ihnen das Thor öffnen.

Die beiden jungen Leute eilten Arm in Arm, in ihre Mantel gehüllt, lachend zum Louvre hinaus, gingen über die Zugbrücke und befanden sich in der Nähe des Flusses, wo ein eisiger Wind ihnen in die Gesichter pfiff. Dann hoben sie unter dem Vorwand sich zu erwärmen Steine auf und warfen in den benachbarten Häusern die Scheiben ein.

Sie hatten schon zwei oder drei Fenster zertrümmert und gedachten sich diesen angenehmen Zeitvertreib noch länger zu verschaffen, als zwei in Mäntel gehüllte Männer, welche die beiden jungen Leute laufen sahen, ihnen den Weg vertraten und Halt zuwiesen.

Sie blieben stehen Sie waren allerdings gelaufen, aber nicht geflohen.

»Und mit welchem Recht könnt Ihr uns Halt gebieten ?« rief der Herzog von Montpensier, indem er auf einen der beiden Männer zutrat. »Geht Eures Wegs und laßt zwei vornehme Edelleute sich in ihrer Weise vergnügen.«

»Ah, entschuldigt gnädigster Herr, ich hatte Euch nicht erkannt, « sagte derjenige der beiden Männer, an welchen der Herzog von Montpensier sich gewendet hatte. »Ich bin Herr von Chavigny, Commandant der hundert Bogenschützen der Garde, und wallte eben in Gesellschaft des Herrn von Carvoysin, ersten Stallmeisters Seiner Majestät, nach dem Louvre zurückkehren.«

»Guten Abend, Herr von Chavigny, « sagte der Prinz de la Roche-sur-Yon, indem er auf den Commandanten der hundert Bogenschützen zuging und ihm die Hand reichte, während der Herzog von Montpensier sehr höflich die Complimente des ersten Stallmeisters erwiderte. »Ihr sagt, daß Ihr in den Louvre zurück wollt, Herr von Chavigny?«

»Ja, Prinz.«

»Nun wohl, wir kommen eben heraus.«

»Zu dieser Stunde ?«

»Bemerkt, Herr von Chavigny, daß, wenn die Stunde zum Hineingehen gut ist, sie zum Hinausgehen eben so gut sein muß.«

»Glaubt mir, Prinz, daß ich durchaus nicht die Indiscretion habe Euch ausfragen zu wollen.«

»Und Ihr habt Unrecht, mein lieber Herr, denn wir hätten Euch sehr interessante Dinges zu er zählen.«

»In Bezug auf den Dienst des Königs?« fragte Herr Carvoysin.

»Ganz richtig, in Bezug aus den Dienst des Königs Ihr habt's errathen, Herr Oberststallmeister, « sagte der Prinz de la Roche-sur-Yon mit lautem Gelächter.

»Wirklich ?« fragte Herr von Chavigny.

»Auf Ehre!«

»Um was handelt es sich, meine Herren?«

»Es handelt sich um die große Ehre, die Seine Majestät erst vor einem Augenblick einem ihrer berühmtesten Feldherren erwiesen hat, « sagte der Prinz de la Roche-sur-Yon.

»Und meinem Bruder Joinville, « fügte der Herzog von Montpensier wie ein ächter Schuljunge hinzu.

»Von welcher Ehre sprecht Ihr, Prinz ?«

»Wer ist dieser berühmte Feldherr Herzsog ?«

»Meine Herren, es ist der Marschall von St. André.«

»Und welche Ehren könnte Seine Majestät noch denjenigen beifügen, womit sie Herrn von St. André bereits überladen hat? Ist er nicht Marschall von Frankreich, erster Kammerherr, Großcardon des St. Michaelordens, Ritter des Hosenband? In Wahrheit, es gibt sehr glückliche Leute.«

»Je nach dem.«

»Wie so, je nach dem?«

»Allerdings, es ist ein Glück, das vielleicht Euch, Herr von Chavigny, der Ihr eine hübsche junge Frau besitzet, nicht zusagen würde, und eben so wenig Euch, Herr von Carvoysin, der Ihr eine hübsche junge Tochter habt.«

»Wirklich?« rief Herr von Chavigny, der zu begreifen anfing.

»Ihr seid auf dem rechten Sprung, mein Lieber, « sagte der Prinz de la Roche-sur-Yon.

»Aber seid Ihr Eurer Sache auch gewiß?« fragte Herr von Chavigny.

»Das will ich meinen.«

»Was Ihr da sagt, mein Prinz, ist eine sehr ernste Sache, « versetzte Herr von Carvoysin.

»Ihr findet? Ich finde es im Gegentheil verdammt comisch.«

»Aber wer hat es Euch gesagt?«

»Wer es uns gesagt hat? Niemand Wir habens gesehen.«

»Wo ?«

»Ich habe es gesehen, und mit mir haben es gesehen Herr de la Roche-sur-Yon, Herr von St. André, mein Bruder Joinville, der es sogar beiläufig gesagt, besser als alle Andern gesehen haben muß, denn er hielt einen Leuchter . . . mit wie viel Armen, Prinz ?«

»Mit fünf Armen!« sagte der Prinz de la Roche-sur-Yon, indem er von Neuem laut auf lachte.

»Die Verbindung Seiner Majestät mit dem Marschall ist also nicht mehr zweifelhaft, « versetzte der Herzog von Montpensier in ernstem Ton, »und von jetzt an mögen sich die Ketzer wohl zusammennehmen. Das wollen wir jetzt den wahren Katholiken von Paris erzählen.«

»Ist’s möglich ?« riefen Herr von Chavigny und Herr von Carvoysin zu gleicher Zeit.

»Es ist, wie ich Euch zu sagen die Ehre hatte, meine Herren, « antwortete der Prinz. »Die Nachricht ist ganz frisch, noch keine Stunde alt; wir glauben Euch also einen wahren Beweis von Freundschaft zu geben, indem wir sie Euch mittheilen. Natürlich knüpfen wir daran die Bedingung, daß Ihr sie in Umlauf setzet und Jedermann erzählt, der Euch in die Hände fällt.«

»Und da zu dieser Stunde der Nacht Einem wenig Freunde in die Hände gerathen, wenn man nicht ein ganz besonderes Glück hat, wie dasjenige, das uns gestattete Euch zu begegnen, so fordern wir Euch auf es eben so zu machen wie wir, das heißt Euch die verschlossenen Thüren öffnen zu lassen, Eure Freunde aus den Betten zu jagen und ihnen unter Anempfehlung des Geheimnisses, wie der Barbier des Königs Midas mit dem Schilfrohr that, zu sagen: Der König Franz II. ist der Liebhaber des Fräuleins von St André.«

 

»Ah bei Gott, meine Herren, sagte der Oberststallmeister, »es soll geschehen, wie Ihr sagt. Ich kann den Marschall von St. André nicht ausstehen, und ich habe hier in der Nähe einen Freund, dem die Nachricht so viel Vergnügen machen wird, daß ich ihn jetzt sogleich aufwecken will, und wenn er im ersten Schlaf läge.«

»Und Ihr« mein lieber Herr von Chavigny, « sagte der Prinz de la Roche-sur-Yon, »Ihr traget meines Wissens Herrn von Joinville nicht gerade in Eurem Herzen, und ich bin daher überzeugt, das Ihr das Beispiel des Herrn von Carvoysin befolgen werdet.«

»Oh, ganz gewiß, « rief Herr von Chavigny, »statt in den Louvre zurückzukehren« geh’ ich jetzt nach Hause und erzähle die Sache meiner Frau. Morgen früh vor neun Uhr werden vier von ihren Freundinnen Alles wissen, und ich versichere Euch, das ist gerade als ob Ihr vier Trompeter nach den vier Weltgegenden ausschicktet.«

Damit verabschiedeten sich die vier Herren: die zwei Prinzen gingen am Ufer hin nach der Rue de la Monnaie, die Herren von Chavigny und von Carvoysin aber kehrten nicht in den Louvre zurück, sondern verbreiteten gewissenhaft, Jeder von seiner Seite, die Nachricht des Tages oder vielmehr der Nacht.

In der Rue de la Mannaie bemerkte der Prinz de la Roche-sur-Yon über einem im Winde knarrenden Schild ein beleuchtetes Fenster.

»Ei sieh da, « sagte der Herzog, »welch ein Wunder, Morgens um halb vier Uhr nach Licht! Das ist ein Bürgersmann, der sich verheirathet, oder ein Poet, der Verse macht.«

»Es ist etwas Wahres daran, mein Lieber, und ich hatte vergessen, daß ich zur Hochzeit geladen war. Wahrhaftig, ich möchte Euch die Braut des Meisters Balthasar zeigen können. Ihr würdet sehen, daß sie, wenn auch keine Tochter eines Marschalls von Frankreich« doch ein sehr schönes Mädchen ist; aber in Ermangelung des Weibes will ich Euch den Mann zeigen.«

»Ach, lieber Prinz« es wäre gegen alle christliche Liebe den armen Mann in einem solchen Augenblick ans Fenster kommen zu lassen.«

»Oh, sagte der Prinz, »er ist der einzige Mensch, der davon Nichts zu fürchten hat.«

»Und warum?«

»Weil er immer heiser ist. Ich kenne ihn seit zehn Jahren, und ich habe noch nicht ein einziges Mal ein helles und klares guten Morgen mein Prinz, aus ihm herausbringen können.«

»Nun« so laßt uns den Mann sehen.«

»Das müssen wir um so mehr thun, als er nicht blos Wirth, sondern zugleich Bademeister ist; er hat Badestuben an der Seine, und wenn er morgen seine Kunden reibt, so wird er ihnen die Geschichte mittheilen, die wir ihm jetzt erzählen wollen.«

»Bravo!«

Unsere beiden jungen Leute hatten wie zwei Schulknaben, die auf dem Weg an den Fluß ihre Taschen mit Kieselsteinen füllen, um sie über das Wasser hinhüpfen zu lassen, beim Weggehen vom Ufer eine Menge kleiner Steine eingesackt, um sich ihrer als Wurfgeschosse gegen die Häuser zu bedienen, welche sie zu belagern gedachten.

Der Prinz zog einen der Steine aus seiner Tasche trat zwei Schritte zurück um seinen Anlauf zu nehmen, wie wir Robert Stuart, aber in einer unheimlicheren Absicht, thun sahen und schleuderte den Stein in das beleuchtete Fenster.

Das Fenster öffnete sich so rasch daß man hätte glauben können, der Kieselstein habe es geöffnet.

Ein Mann, mit einer Nachtmütze auf dem Kopf und einem Licht in der Hand, kam zum Vorschein und versuchte zu rufen:

»Spitzbuben!«

»Was sagt er ?« fragte der Herzog.

»Ihr sehet wohl, man muß an ihn gewöhnt sein um ihn zu verstehen. Er nennt uns Spitzbuben.«

Dann wandte sich der Prinz wieder gegen das Fenster und rief hinauf:

»Erhitzet Euch nicht, Balthasar, ich bins.«

»Ihr . . . Euer Hoheit? . . . Wolle Euer Hoheit mich entschuldigen! . . . Ihr habt alles Recht meine Scheiben einzuwerfen, wenn es Euch gefällig ist.«

»Ach lieber Gott!« rief der Herzog mit lautem Lachen, »welche Sprache spricht denn der gute Mann, Prinz?«

»Die Sachkenner versichern, es sei ein Kauderwelsch, das zwischen dem Irokesischen und Hottenttischen die Mitte halte. Er hat uns nichtsdestoweniger mit dieser Art von Gegrunze etwas sehr Höfliches gesagt.«

»Was denn?«

»Daß wir das Recht besitzen seine Scheiben zu zertrümmern.«

»Ah bei Gott« das verdient einen Dank.«

Dann wandte er sich gegen Balthasar und rief:

»Mein Freund, bei Hof hat sich das Gerücht verbreitet, daß Ihr heute Abend eine Frau genommen habt und daß Eure Frau hübsch sei. Wir sind nun ganz expreß aus dem Louvre gekommen, um Euch unser Compliment zu machen.«

»Und, um Euch zu sagen, mein lieber Balthasar, daß der Himmel kalt und dieß für die Güter der Erde ein gutes Wetter ist.«

»Während im Gegentheil das Herz Seiner Majestät warm ist, was dem Marschall von St André wohl bekommen wird.«

»Ich begreife nicht.«

»Gleichviel! Wiederholet die Sache wie wir sie Euch sagen, mein lieber Balthasar. Andere werden sie begreifen und wissen, was es bedeuten soll. Unsere Complimente an Madame.«

Und die jungen Leute gingen unter lautem Gelächter die Rue de la Mannaie hinauf, während sie den Wirth zur schwarzen Kuh brummen und husten hörten, denn er konnte zwar sein Fenster verschließen, aber die Scheibe nicht zustopfen.

VII.
Tire-laine und tire-soie

Die beiden jungen Leute gingen unter fortwährendem Gelächter die Rue de la Mannaie hinauf und gelangten in die Rue de Bethisy.

Als sie um die Ecke bogen, meinten sie in der Nähe des Hotels Coligny ein heftiges Waffengeklirr und ein furchtbares Geschrei zu vernehmen.

Die Scene, welche dieses Waffengeklirr und dieses Geschrei hervorrief, trug sich zwanzig oder dreißig Schritte von ihnen in der Dunkelheit zu.

Sie versteckten sich unter der Vorhalle eines Hauses, welches die Ecke der Rue de la Mennaie und der Rue de Bethisy bildete.

»Ah, ah!« sagte eine feste und drohende Stimme, »Ihr seid Diebe wie es scheint.«

»Natürlich, « antwortete eine unverschämte Stimme, »um diese Stunde der Nacht wird man wohl keinen ehrlichen Leuten auf der Straße begegnen.«

»Räuber, « sagte eine Stimme, die weniger sicher war als die erste.

»Wo ist der Dieb der nicht ein wenig Räuber, und der Räuber der nicht ein wenig Dieb wäre?« antwortete die zweite Stimme, die einem Philosophen zu gehören schien.

»Ihr wollt uns also ermorden?«

»Ganz und gar nicht, Euer Herrlichkeit.«

»Was weilt Ihr dann ?«

»Euch Eurer Börse entledigen, sonst Nichts.«

»Ich erkläre Euch, « sagte die Stimme, »daß in meiner Börse nicht viel ist, aber so wie sie ist, sollt Ihr nicht hineinsehen.«

»Ihr habt Unrecht so hartnäckig zu sein, mein Herr.«

»Platz da! sage ich oder ich ziehe vom Leder.«

»Mein Herr, wir bemerken Euch, daß Ihr zwei gegen elf seid, und überdieß scheint Euer Begleiter blos Euer Lakai zu sein. Jeder Widerstand wäre also ein Wahnsinn.«

»Platz!« rief die Stimme, die immer drohender wurde.

»Ihr scheint in dieser guten Stadt Paris fremd zu sein, mein Herr« sagte die Stimme, die dem Anführer der Bande zu gehören schien, »und vielleicht seid Ihr blos deßwegen so zäh, weil Ihr fürchtet ohne Geld kein Nachtlager zu bekommen; aber wir sind gebildete Diebe mein Herr, tire-soie und keine tire-laine, und wir wissen, welche Rücksichten man einem Mann wie Ihr seid schuldet. Gebt uns artig Eure Börse, mein Herr, dann wollen wir Euch einen Thaler zurückgeben, damit Ihr ein Nachtlager bekommt wenn Ihr nicht anders die Adresse eines anständigen Hotels vorzieht, wo man Euch auf Empfehlung sehr gut aufnehmen wird. Ein Mann wie Ihr muß seine Freunde in Paris haben, und morgen oder vielmehr heute – denn ich möchte Euch nicht zu einem Irrthum verleiten, es ist bald vier Uhr – heute werdet Ihr Euch an Eure Freunde wenden, die Euch gewiß nicht in Verlegenheit lassen werden.«

»Platz!« wiederholte dieselbe Stimme, »Ihr könnt mein Leben haben da wir blos zwei gegen elf sind, aber meine Börse sollt Ihr nicht bekommen.«

»Das ist unlogisch, mein Herr, « versetzte derjenige der als Wortführer der Bande aufgestellt schien, »denn, wenn wir einmal Euer Leben haben, so steht es uns frei Eure Börse zu nehmen.«

»Zurück, Canaillen! und nehmt Euch in Ach! Wir haben zwei gute Degen und zwei gute Dolche für uns.«

»Und überdieß das gute Recht, meine Herrn. Aber was nützt das gute Recht, wenn der Schlechte der Stärkere ist.«

»Inzwischen, « sagte der Edelmanm der am wenigsten Geduld zu haben schien, »pariert mir einmal dieß da!«

Und er führte einen furchtbaren Stoß gegen den Anführer der Bande, der zu seinem Glück, da er ohne Zweifel an solche Kämpfe gewohnt war, sich auf seiner Hut hielt und mit solcher Gewandtheit und so rechtzeitig rückwärts sprang, daß blos sein Wamms durchbohrt wurde.

Jetzt begann das Waffengeklirr und das Geschrei, das der Prinz de la Roche-sur-Yon und der Herzog von Montpensier gehört hatten. Einer der beiden Angegriffenen rief, während er focht um Hilfe. Der Andere aber führte als hätte er die Ruhlosigkeit eines Hilferufs begriffen oder einen solchen verschmäht, seine Stöße in alter Stille, und aus verschiedenen Flüchen die seine Gegner ausstießen konnte man abnehmen, daß er nicht in der Luft focht.

Wenn wir sagten, der schweigsame Edelmann sei von der Nutzlosigkeit eines Hilferufs überzeugt gewesen, so hofften wir, der Leser würde unsern Gedanken begreifen.

Es war unnütz die Leute um Hilfe anzurufen, die in solchen Fällen zur Hilfeleistung verpflichtet waren d. h. die Agenten des Herrn von Mouchy, Oberverhörrichters von Frankreich. Diese Agenten, die man Mouchis oder sogar Mouchards nannte, liefen Tag und Nacht durch die Stadt und hatten allerdings den Auftrag alle Diejenigen zu verhaften die ihnen verdächtig schienen.

Aber den Herren Mouchis oder Mouchards, wie man sie nennen will, schienen die Diebsbanden die Paris unsicher machten nicht verdächtig, und mehr als einmal hatten besagte Agenten des Herrn von Mouchy sogar, wenn sie die Gelegenheit günstig fanden und eine reiche Beute lockte, den Verdächtigen Hilfe geleistet, ob nun dieselben der Gesellschaft der tire-soie oder vornehmen Diebe angehörten, die blos Leute von Stand angriffen, oder ob sie zu der Klasse der tire-laine gehörten, armer Teufel und Diebe der untersten Kategorie, die sich damit begnügten Spießbürgern die Taschen zu leeren.

Außer den beiden großen Kategorien die wir soeben bezeichnet haben, gab es noch die Gesellschaft der bösen Buben, Bravi, die in Regimenter und Sectionen eingetheilt waren und sich als Mörder allen Denjenigen verdingten, von denen sie mit ihrem Vertrauen beehrt wurden. Und bemerken wirs im Vorübergehen, da die Zahl Derjenigen die sich in diesen Zeiten der Liebe und des Hasses irgend Jemandens zu entledigen wünschten groß war, so mangelte es nicht an Arbeit.

»Auch diese schienen den Agenten des Herrn von Mouchy nicht verdächtig. Man wußte, daß sie im Allgemeinen für vornehme und reiche Herren, ja sogar für Prinzen arbeiteten, und man hütete sich wohl sie in der Ausübung ihrer Verrichtungen zu stören.

Blieben noch die guilleries, die plumets und die grisons, die unsern Beutelschneidern, unsern voleurs à la tire und unsern barboteurs entsprachen. Diese aber waren so verächtliche Bursche, daß die Agenten des Herrn von Mouchy, selbst wenn sie ihnen verdächtig geschienen hätten, es unter ihrer Würde gefunden haben würden sich mit ihnen einzulassen.

Es war daher sehr selten, daß ein Edelmann bei Nacht anders als wohl bewaffnet, und besonders mit einem tüchtigen Gefolge von Dienern sich auf die Straßen von Paris wagte.

Es war also eine große Unvorsichtigkeit von unsern jungen Leuten zu einer solchen Stunde ohne alles Gefolge auszugehen, und wir können ihnen diesen Leichtsinn nur mit Berücksichtigung des wichtigen Geschäfts verzeihen, das sie hinaustrieb.

Deßhalb hatte der Anführer der tire-soie, als er den Mann mit der drohenden Stimme angriff, sogleich eingesehen, daß derselbe ein Edelmann aus der Provinz sein mußte.

Nach unsern vorausgeschickten Bemerkungen über das Verfahren der Agenten des Herrn von Mouchy wird man sich nicht wundern, daß auf das Hilfegeschrei des Bedienten Niemand herbeikam. Aber, dieses Geschrei war, wie es scheint, von, einem jungen Mann gehört worden, der vom Hotel Coligny wegging. Da er begriff, um was es sich handele, so hatte er seinen Mantel um seinen linken Arm geschlungen, mit der rechten Hand seinen Degen gezogen, und war herbeigeeilt mit dem Ruft:

»Haltet fest, Herr! Ihr rufet um Hilfe, da ist Hilfe.«

»Ich rufe nicht um Hilfe, « antwortete der Edelmann, indem er weiter focht; »nur dieser Heuler von La Briche da glaubt sich berechtigt um fünf oder sechs elender Mörder willen einen Edelmann zu bemühen und ein ganzes Quartier aufzuwecken.«

 

»Wir sind keine Mörder, mein Herr, antwortete der Anführer der Bande, »und Ihr könnt dieß aus der Höflichkeit ersehen, womit wir Euch angreifen. Wir sind tire-soie, wie wir Euch bereits gesagt haben, Diebe aus guter Familie, wir haben Jeder ein eigenes Haus und wir plündern nur Edelleute. Statt einen Dritten zu Hilfe zu rufen, der die Sache vergiften wird würdet Ihr weit besser thun, wenn Ihr Euch gutwillig ergäbet und uns nicht zu Gewaltsmaßregeln zwänget, die uns unaussprechlich zuwider sind.«

»Ihr sollt keine Pistole bekommen!« antwortete der angegriffene Edelmann.

»Ha, Banditen! Ha, Canaillen! Ha, elende Schufte!« rief der Edelmann, der vom Admiral herauskam, indem er sich mitten ins Gewühl stürzte.«

Und einer der tire-soie stieß einen Schrei aus, welcher bewies, daß der neue Ankömmling die That mit der Drohung verbunden hatte.

»Wohlan denn!« sagte der Anführer der Bande »da Ihr so starrköpfig seid, so sehe ich wohl, daß man der Sache ein Ende machen muß.«

Und im Schatten wurde die formlose Gruppe belebter, das Geschrei der Verwundeten wiederholte sich gellender, zahlreichere Funken sprühten aus Schwertern und Dolchen.

La Briche focht zwar nach besten Kräften, schrie aber fortwährend um Hilfe. Das war bei ihm System, und er konnte behaupten, daß es gut sei, da es schon einmal geglückt war.

Sein Geschrei hatte den gewünschten Erfolg, nachdem die Inscenirung der Personen einmal gegeben war.

Wir können doch diese drei Männer nicht kaltblütig ermorden lassen, « sagte der Prinz de la Roche-sur-Yon, indem er nach dem Degen griff.

»Es ist wahr, Prinz, « antwortete der Herzog von Montpensier, »und wahrhaftig, ich schäme mich, daß wir so lange gewartet haben.«

Und nun stürzten sich auch die beiden jungen Leute in Folge des Hilfegeschreis von La Briche auf den Kampfplatz, indem sie ihrerseits riefen:

»Haltet fest, ihr Herren! wir sind da! auf Tod und Leben!«

Die tire-soie, die schon vorher drei Männer zu bekämpfen gehabt, bereits zwei von den ihrigen verloren hatten und jetzt diese neue Verstärkung in ihren Rücken fallen sahen, beschlossen eine letzte Anstrengung zu versuchen, obschon sie nur noch neun gegen fünf waren.

Der Anführer blieb mit fünf Mann den drei ersten Angegriffenen gegenüber stehen, während vier Banditen Rechsumkehrt machten, Inn die Herren von Montpensier und de la Roche-sur-Yon zu empfangen.

»Also auf Tod und Leben, meine Herren, da Ihr es durchaus wollt, « rief der Anführer.

»Auf Tod und Leben!« wiederholte die ganze Bande.

»Ei, ei, wie Ihr ins Zeug geht Kameraden! auf Tod und Leben?« sagte der Edelmann, der aus dem Hotel Coligny gekommen war. »Nun wohl denn, ja, auf Tod und Leben! Da . . . «

Und indem er so weit ausschritt, als seine kurze Taille ihm gestatten, rannte er einem der Eingreifer seinen Degen durch den Leib.

Der Verwundete stieß einen Schrei aus, that drei Schrittes rückwärts und fiel todt auf das Pflaster.

»Ein hübscher Stoß!« sagte der Edelmann, der zuerst angehalten worden. »Aber ich glaube ich kann Euch mit einem ähnlichen aufwarten. Seht . . .«

Damit schritt er ebenfalls aus und stieß seinen Degen bis ans Heft einem Banditen in den Bauch.

Beinahe zu gleicher Zeit verschwand der Dolch des Herzogs von Montpensier die zum Griff in der Kehle eines seiner Gegner. Die Banditen waren nur noch sechs gegen fünf, d. h. sie begannen die Schwächeren zu werden, als auf einmal die Thür des Hotels Coligny weit aufging und der Admiral, gefolgt von zwei Fackelträgern und vier bewaffneten Lakaien, in einem Schlafrock und mit seinem bloßen Degen in der Hand unter dem leuchteten Gewölbe erschien.

»He da, ihr Lumpenhunde!« rief er, »was ist das? Man säubere die Straße und zwar schnell, sonst lasse ich Euch alle zusammen wie Raben am Hauptthore meines Hotels annageln.«

Dann wandte er sich gegen seine Lakaien und sagte:

»Drauf Kinder! geht diesen Schlingeln zu Leibe.«

Er ging selbst mit dem Beispiel voran und stürzte sich auf das Schlachtfeld.

Jetzt war kein Widerstand mehr möglich.

»Fliehe wer kann!« rief der Anführer, indem er, aber etwas zu spät, einen Degenstoß parierte, der noch die Kraft hatte ihm durch den Arm zu dringen. »Fliehe wer kann, es ist der Prinz von Condé!«

Damit machte er eine schnelle Wendung nach links und lief eiligst davon.

Unglücklicherweise konnten fünf seinen Kameraden diese wohlgemeinte Mahnung nicht benützen. Vier lagen zu Boden, und der fünfte mußte sich an die Mauer lehnen, um nicht zu fallen.

Er war in diesen Zustand durch den Prinzen de la Roche-sur-Yon versetzt worden, so daß Jeder seine Schuldigkeit gethan hatte.

Auf Seiten der Edelleute gab es nur Ritzen oder unbedeutende Wunden.

Als der zuerst angegriffene Edelmann zu seinem großen Staunen erfuhr, daß derjenige, der ihm zuerst zu Hilfe gekommen, kein Anderer als der Prinz von Condé war, wandte der sich gegen ihn, verbeugte sich ehrfurchtsvoll und sprach:

»Gnädigster Herr, ich habe der Vorsehung doppelt zu danken:« erstens daß sie mich gerettet, zweitens, daß sie den tapfersten Edelmann Frankreichs, möge es diesen edeln Herren nicht mißfallen, zum Werkzeug meiner Rettung gewählt hat.«

»Wahrhaftig, meine Herren, « antwortete der Prinz, »ich schätze mich glücklich, daß mich der Zufall in dieser Nacht zu meinem Vetter dem Admiral, geführt hat, was mir Gelegenheit verschaffte Euch nützlich zu sein. Jetzt danket Ihr mir für das Wenige, was ich für Euch gethan habe, in so schönen Ausdrücken, daß ich Euch verbunden wäre, wenn Ihr mir Euren Namens sagen wolltet.«

»Gnädigster Herr, ich heiße Gottfried von Barri.«

»Ah!« fiel Condé ein, »Baron von Perigord, Herr von la Renaudie?»

»Einer meiner guten Freunde, « sagte»der Admiral, indem er la Renaudie die :eine und dem Prinzen von Condé die andere Hand reichte. »Aber ich täusche mich nicht, « fuhr er fort, »es ist schon lange her, daß das Pflaster den Königs eine so schöne und so gute Gesellschaft zusammengeführt hat – der Herr Herzog von Montpensier und der Prinz de la Roche-sur-Yon?«

»In Person, Herr Admiral, « fragte der Prinz de la Roche-sur-Yon, während la Renaudie sich gegen ihn und seinen Cameraden wandte nun Beide begrüßte; »und wenn es diesen armen Teufeln angenehm sein kann zu erfahren, daß diejenigen, welche ihnen ihre Pässe nach der Hölle ausgestellt haben nicht gerade Bauernlümmel sind, so mögen sie ruhig und zufrieden sterben.«

»Meine Herren, « sagte der Admiral »das Hotel Coligny steht offen. Damit will ich Euch sagen, daß Ihr, wenn Ihr mir die Ehre erweisen wollt hinaufzukommen und einige Erfrischungen anzunehmen, willkommen sein werdet.«

»Dank, meint Vetter!« antwortete Herr von Condé. »Ihr wißt, daß ich Euch vor zehn Minuten in der Absicht verließ nach Hause zu gehen. Ich ahnte nicht, daß ich das Vergnügen haben würde vor Eurer Thüre einen Edelmann zu treffen, dessen Bekanntschaft Ihr mir versprochen hattet.«

Und er verbeugte sich höflich gegen la Renaudie.

»Einem wackern Edelmann, den ich bei der Arbeit gesehen habe, mein Vetter, und der sich meiner Treu vortrefflich dabei zu benehmen weiß, « fuhr der Prinz fort. »Seid Ihr schon lange in Paris, Herr von Barri?«

»Ich komme eben erst an, gnädigster Herr, « antwortete la Renaudie im Tone tiefer Wehmuth, indem er einen letzten Blick auf den Unglücklichen warf, den er mit seinem letzten Degenstoß sterbend auf das Pflaster gestreift hatte, »und ich hatte nicht erwartet, daß ich, nachdem ich kaum eine halbe Stunde über den Barierren wäre, den Tod eines Menschen verursachen und einem großen Prinzen mein Leben verdanken sollte.«

»Herr Baron, « sagtest er Prinz von Condé, in dem er mit seiner gewohnten Eleganz und Höflichkeit dem jungen Mann die Hand reichte, »seid versichert, daß es mir das größte Vergnügen bereiten wird Euch wieder zu sehen. Die Freunde des Herrn Admirals sind die Freunde des Prinzen von Condé.«

»Schön, mein lieber Prinz, « sagte Coligny in einem Ton, welcher bedeutete : Es ist kein leeres Versprechen was Ihr uns da gebt, und wir werden darauf zurückkommen.

Dann wandte er sich gegen die jungen Leute und fragte:

»Und Ihr, gnädigste Herren, werdet Ihr mir die Ehre erweisen in mein Haus zu treten? Ehe ich der Feind Eures Vaters wurde, Herr von Montpensier, oder vielmehr ehe er der meinige wurde, waren wir gute und lustige Cameraden. Ich hoffe, « fügte er mit einem Seufzer hinzu, »daß, nur die Zeiten sich verändert haben und nicht die Herzen.«