Za darmo

Büßende Magdalenen

Tekst
0
Recenzje
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Es ist das ebenso, als ob man ein Schiff, welches einen Leck bekommen, mit einem Suppenlöffel ausschöpfen wollte.

»Wenn wir wenigstens Einige retten!« antwortete sie mir. Ich hatte nichts mehr zu erwiedern.

Fräulein Chupin zeigte mir dann mit einer rührenden Offenheit eine Tabelle über die erzielten Resultate der Anstalt.

Seit deren Gründung waren 1109 junge Mädchen aufgenommen worden. Davon wurden 6 getauft, 41 zur ersten Communion zugelassen, 92 gefirmt, 230 mit ihren Familien versöhnt, 166 mit anständigen Conditionen versorgt und in verschiedenen Stellen untergebracht, 75 angemessen verheiratet.

Sie gab mir folgende Uebersicht über die während der letzten zehn Jahre aufgenommenen Mädchen nach ihrem Alter rangiert:

Im Alter von 14 Jahren 25

» » » 15 » 30

» » » 16 » 75

» » » 17 » 150

» » » 18 » 137

» » » 19 » 105

» » » 20 » 106

» » » 21 » 71

» » » 22 » 60

» » » 23 » 75

» » » 24 » 45

» » » 25 » 35

» » » 26 » 55

» » » 27 » 45

» » » 28 » 30

» » » 29 » 18

» » » 30 » 28

Es ist demnach im 17ten, 18ten, 19ten und 20ten Jahre, daß der Abscheu, der Schrecken und die Gewissensbisse am meisten auftreten. Vor diesem Alter fehlt wohl das Selbstbewußtsein, nach demselben herrscht die Gewohnheit und die Entmuthigung, die Vergangenheit hat schon zu tief eingegriffen, die Energie zur Rettung mangelt, der Hafen ist zu weit, die Schiffbrüchige streckt noch einmal die Arme auf und läßt sich von der Woge verschlingen.

Man kann sich die rührenden Einzelnheiten denken, welche mir Frl. Chupin erzählte. Nicht eine dieser Ausnahmen, welche nicht von einem naiven, pittoresken Detail begleitet gewesen wäre, in dem die zurückgekehrte Seele nicht zu lächeln angefangen hätte. Hinsichtlich des ersten Fehltrittes war die Geschichte immer dieselbe, der Ursprung dieser Existenzen, derselbe Mann unter verschiedenen Namen. Die Verzweiflung oder vielmehr der Schmerz des Frl. Chupin, – denn Frauen wie sie verzweifeln nie – war fortwährend der, daß ihr Haus von diesen unglücklichen Mädchen zu wenig gekannt sei, aber auch gleichzeitig die Furcht, daß es zu viel bekannt werden könnte, denn ihr Haus ist arm. Es fehlen ihm die Mittel , es ist verschuldet, man lebt darin von Tag zu Tag. Man bezahlt den Fleischer nicht regelmäßig. Man nimmt das Brod auf Credit und der Holzhändler ist gezwungen sich zu gedulden. Gläubiger zeigen manchmal die Zähne, und hätte diese Wohnstätte nicht einen geheiligten Charakter und die Garantie Gottes , so kämen die Gerichtsdiener von Tagesanbruch an zur Execution. Und dennoch arbeiten diese Frauen, wenn viele Bestellungen auf Wäsche 2c. da sind , den ganzen Tag, oft selbst einen Theil der Nacht, und kosten nicht mehr als 8 bis 10 Saus täglich. Man muß gestehen, daß Reue um solchen Preis nicht kostspielig ist, und man wäre geneigt, mit der Gründerin der Anstalt anzunehmen, daß angesichts solcher Verhältnisse alle andern Schuldigen bereit wären dasselbe zu thun.

Ich will jedoch nicht behaupten, daß alle diese Bekehrungen ohne Erschütterung, ohne Kämpfe, ohne Drama vor sich gehen. Es sind unter diesen Mädchen solche, welche ihre Reue bereuen, bevor sie ihre Fehler bereut haben. Es befinden sich Geschöpfe unter ihnen, welche, bevor sie dort landeten, im Spital Lourcine, in St. Lazare und allen erdenklichen Schlupfwinkeln der Schande, in allen Gefängnissen Halt gemacht haben. Den Abend vorher noch den Mund schäumend von obscönen Worten, wüthend und lasciv, schlugen und betranken sie sich mit Lastträgern, Fuhrleuten, Straßengesindel, gedrungenen Beschützern und Mördern. Ohne zu wissen was sie thaten, eben so wenig wie sie dies eine Stunde vorher gewußt hatten, gingen sie an diese kleine Pforte in der Straße Landy, welche man ihnen ungefähr bezeichnet hatte, klopfen. Warum? um irgendwo zu übernachten, um zu essen. Am andern Morgen, nachdem sie ausgeschlafen, nachdem sie sich sattgegessen, wollen sie zurückkehren in ihren Schlamm. Sie fühlen nach dem treffenden Ausdrucke Augier’s das »Heimweh nach dem Schmutz.« Die Pforte ist offen. Nichts hält sie zurück. Gehet fort! Eilt! Warum bleiben sie? Ein sanftes Wort, ein mitleidiger Blick haben dieses Wunder bewirkt. Es ist sehr selten, beinahe unerhört, daß einer dieser Flüchtlinge die Zufluchtsstelle verlassen hätte, um zu seiner Vergangenheit zurückzukehren. Und nun kann man , wenn man sich die Mühe gibt, die bewunderungswürdige Fähigkeit der Frau, sich umzuformen, sich aufzurichten, studieren. Diese Creaturen, erniedrigt, verthiert, herabgewürdigt, nummeriert, gebrandmarkt, ehe sie noch das Kleid abgenützt, mit welchem sie ins Asyl kamen, – denn dieses ist nicht reich genug, um ihnen ein Costume geben zu können – werden sie wieder zu Kindern. Einige Zeit lang sprudeln wohl noch Schimpfwörter über ihre Lippen, plötzlich verschwinden sie. Die Stimme hört auf rauh, das Auge unstät zu sein, die Gesichtsfarbe wird klarer, die Nerven beruhigen sich, das Herz zieht sich krampfhaft zusammen und erleichtert sich durch Thränenströme. Der innere Dämon entflieht; die Seele ist zurückgekehrt. Sprecht, nachdem diese Metamorphose vor sich gegangen, eines jener Worte vor ihr ans, die früher ihre Sprache bildeten, so werdet Ihr sie erröthen sehen – sie wird sich beschimpft fühlen, sie erinnert sich nicht mehr dessen, was sie früher war. Sie hat geträumt! Das war nicht sie! Seht sie, wie sie jetzt spielend im Hofe umherläuft, eine Puppe ankleidend, mit dem Hunde scherzend, oder einen kleinen Garten anlegend; hört, wie sie singt und betet! Sie ist wieder 15 Jahre alt geworden. Die größte Strafe, die man ihr auferlegen könnte, wenn sie sich schlecht aufführt, wäre, ihr mit Ausstoßung zu drohen.

Eines Abends war man gezwungen, eine von ihnen, ungeachtet ihrer Versprechungen, ihres Flehens, so zu verabschieden – am andern Morgen fand man sie zusammengekauert schlafend vor der Thüre, – die man ihr wieder öffnete. Und dennoch gibt es in diesem Asyl keine andern Vergnügungen als jene, über die sie ehedem spottete: das Singen von Chorälen, die Predigten am Sonntag, die Opfergaben an Maria. Einmal im Jahre, im Carneval, ist es ihnen erlaubt Komödie zu spielen. Welches Fest! Welches Lachen! Welche Freude!

Aber glaubt nicht, daß das Elend und der Hunger allein die Verirrten an diesen Zufluchtsort führte. Sie kamen auch in Equipagen an, behandschuhte Hände griffen nach dem Hammer der Thüre, um zu klopfen, ihr Geld, ihre Pretiosen darbietend, doch wurden diese niemals als Geschenk angenommen, sondern nur in Aufbewahrung , um sie ihnen zurückzugeben, wenn sie das Haus verließen, sei es, um zu ihrer versöhnten Familie zurückzukehren, sei es, um sich zu verheiraten, denn einige fanden Gatten, und wurden anständige Frauen und gute Mütter. Ein Ausgang, so wahr als unwahrscheinlich. – Wie ich schon sagte, das Asyl ist arm, und manchmal ist man gezwungen, eine Bittstellerin zurückzuschicken, weil es an Platz fehlt. Meistens aber drängt man sich ein wenig zusammen, man schmälert die Portionen, und man nimmt noch diese auf; aber diese wird die Letzte sein – da kömmt noch eine und auch sie noch wird eingelassen.

Gegenwärtig ist das Asyl derartig überfüllt, daß Frl. Chupin und alle Schwestern auf dem Fußboden schlafen, auf Stroh gebettet.

Die Tugend ist in der That eine schöne Leidenschaft! Kein Laster ist so hartnäckig und so schwer auszurotten, wie dieser Drang, Gutes zu thun! Was zur Armuth des Asyls wohl hauptsächlich beiträgt, ist eben die Aufgabe selbst, die es sich gestellt. Ich glaube, unter uns, daß es von den andern Klöstern verachtet wird. Das erstemal, als ich es besuchen wollte, irrte ich mich in der Adresse und klopfte au der Thür eines benachbarten großen Gebäudes, auf welchem ein Kreuz stand. Eine Schwester öffnete mir.