Bittersüß - davor & danach

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Er keucht auf, presst mich immer wieder an sich. Nie zuvor konnte ich derart deutlich spüren, dass ein Mann mich will. Ich halte mich an seinem Hals fest, weil ich den Boden unter mir nicht mehr richtig spüren kann. Alles an diesem Kuss macht mich benommen und erschreckend lebendig zugleich. Seine Fingerspitzen, die sich immer fester in meine Oberarme bohren, als er mich nochmals an sich zieht, um mich hart auf den Mund zu küssen, fast so, als wolle er etwas klarstellen, senden Schauer über meine Haut. Verdammt. Das ist es. Das ist es, worauf ich immer gehofft hatte. Ich bin verloren. Und es gefällt mir.

Langsam lässt er mich los. Ich schaffe es kaum, den Mund zu schließen. Meine Lippen brennen und mein ganzer Körper schreit nach mehr. Diese gierige Seite an mir ist mir völlig fremd. Erstaunt sieht er mich an, blickt immer wieder von meinen Augen zu meinen Lippen, bevor er mich endgültig loslässt und verschwindet.

Was zur Hölle war das denn?

Wie kann man jemanden so küssen? Ich habe bisher nur mit zwei Männern geschlafen, doch diesen Hunger und dieses Hochgefühl hatte ich bei keinem von ihnen. Dabei hat Jan mich nur geküsst. Doch gerade als ich jede Sekunde des Kusses in meinem Kopf abspule, wird mir klar, dass er nicht anrufen wird, deshalb hat er mich so geküsst. Unverbindlich und ohne jede Scham. Wenn man sich nie wiedersieht, gibt es nichts zu verlieren. Sein Kuss war genau so, ohne jede Reue.

Noch immer high und ein wenig schwankend gehe ich zur Wohnung zurück. Ich höre schwach, dass mein Handy klingelt, und eile dem Klingeln entgegen. Aber ich bin so durcheinander, dass ich gar nicht weiß, wo ich es liegengelassen habe. Alles, woran ich denken kann, ist dieser Kuss. Wo liegt dieses verdammte Ding?

Ich stoße mir wieder den Fuß an derselben Stelle wie heute nach dem Aufwachen. Leise fluchend schnappe ich mir das Telefon und hebe ab, ehe noch die Mailbox rangeht.

„Ella hier“, keuche ich außer Atem.

„Und …“, höre ich Jans Stimme, die ich sofort erkenne. Sein Männerlachen fährt mir direkt in den Bauch. „… wie ist es dir in der Zwischenzeit ergangen, Ella?“

Kapitel 3

Ella - 2014

Bin ich denn vollkommen wahnsinnig geworden? Nicht nur, dass ich ihm meine Nummer gegeben habe, ich habe ihn auch noch darum gebeten, mich anzurufen, wenn er reden will. Wieso tue ich so etwas? Habe ich vergessen, wie lange es gedauert hat, darüber hinwegzukommen?

Und jetzt liege ich hier, wach um zwei Uhr morgens, unfähig einzuschlafen, weil ich nur an eines denken kann: Jan Herzog. Ausgerechnet der Mann, der mir das Herz gebrochen hat, bereitet mir nun eine schlaflose Nacht. Inzwischen machen mir schon meine eigenen, verrückten Gedanken Sorgen. Und was für verrückte Gedanken das sind. Ich kann nicht aufhören, daran zu denken, wie er damals war, und noch mehr quält mich der Gedanke, wie er jetzt ist und wie er mit alledem zurechtkommt, was ihm zugestoßen ist. Unfassbar, dass er wirklich dachte, ich würde mich darüber freuen, ihn so zu sehen. Kennt er mich denn so wenig? Als würde ich Freude empfinden können über seine Narben, seine Verletzungen und die bleibenden Schäden. Egal, wie sehr ich es möchte, ich bekomme diese Bilder nicht aus dem Kopf. Jan, wie er mich dunkel und gequält ansieht, ein Schatten seiner selbst und wie er mich stehen lässt, um mit seinem lahmen Bein von mir wegzugehen. Ich sollte es nicht so an mich heranlassen. Es ist immerhin fast vier Jahre her und doch zerreißt es mich, ihn so zu sehen, zu ahnen, wie verzweifelt und frustriert er sein muss. Ich kenne ihn. Das ist nichts, was er einfach so wegstecken kann. Für Jan war die Welt immer ein Ort, der zu sagen schien: „Komm, nimm dir, was du willst, und genieße es.“ Und das hat er auch getan. Nur jetzt ist alles anders.

Ich fühle mich schuldig, wenn ich jetzt darüber nachdenke, wie oft mich die Unterschiede zwischen uns geärgert haben. Ich war im Vergleich mit ihm nur Durchschnitt, während er das Leben aus der Perspektive der Gewinner betrachten konnte. In meinem Fall sagte man Dinge wie: Sie kommt gut zurecht. Während er erfolgreich war. Denn als das mit uns anfing, war ich zweiundzwanzig, ging noch auf die Hochschule für Hotelfachmanagement, die für meine Familie fast schon zu teuer war, und musste mir meinen Lebensunterhalt mit Jobs bei Cateringfirmen und als Garderobiere verdienen. Jan dagegen hatte damals sein Architekturstudium gerade hinter sich und konnte durch Beziehungen eine Traineestelle in einem sehr angesehenen Architekturbüro bekommen. Ich komme aus einer stinknormalen, wundervollen Familie. Jan kommt aus sogenanntem gutem Haus und musste sich um so etwas wie Geld nie Sorgen machen, auch wenn die Beziehung zu seinen Eltern nicht vergleichbar war mit dem Band, das mich mit meiner Familie verbindet. Meine wenigen Freunde waren damals so gut wie allesamt vom Land – wie ich – und arbeiteten nebenher, um in ihrem Beruf oder im Studium weiterzukommen. Jans Freunde kamen aus der Stadt, hatten ererbte oder geschenkte Eigentumswohnungen – vorzugsweise im ersten Bezirk – oder kamen aus der näheren Umgebung Wiens. Sie schwänzten ihre Vorlesungen, wechselten ihre Ausbildungs- und Jobgelegenheiten wie ich Sommer- und Wintergarderobe und gingen drei- bis viermal die Woche auf Partys oder in die besten Clubs der Stadt. Jan war viele Dinge, die ich nie sein würde. Das wusste ich von Anfang an. Oft hatte ich damit zu kämpfen, vor allem mit seinen versnobten Freunden oder mit seiner lockeren und sehr selbstbewussten Einstellung zu vielen Dingen, die ich sehr ernst nahm. Doch wenn wir alleine waren, wenn es nur um uns ging, war Jan der wundervollste Liebhaber, der beste Freund und der Mensch, der mir gezeigt hat, dass man Freude im Leben haben soll, auch wenn unsere Schwächen letzten Endes dazu geführt haben, dass wir es als Paar nicht geschafft hatten. Mit diesem Mann hatte ich die schönsten und schlimmsten Monate meines Lebens. Kaum zu glauben, dass er jetzt nicht mehr dieser Mann sein soll und vielleicht sogar nie wieder sein wird. Der Gedanke bereitet mir Magenschmerzen. Ich ertrage das nicht. Ich muss mich aufsetzen und die Decke wegschlagen. Heute Nacht werde ich ohnehin kein Auge zutun.

Gefährliche Gedanken beginnen sich in meinem Kopf zu formen. Schon die bloße Vorstellung ist total verrückt, aber es ist genau das, was ich will. Ich will, dass Jan wieder so ist, wie er einmal war. Ich kann nicht zulassen, dass Jan so weitermacht und der bleibt, den er mir heute Abend gezeigt hat. Eigentlich sollte ich das nicht wollen. Doch wenn es um ihn geht, war ich immer schon unvernünftig. Dabei bin ich für meine Vernunft und meine Kontrolle, besonders in meinem Job als Veranstaltungsmanagerin eines Hotels, bekannt. Der Geschäftsführer, Herr Peters, hat mir in unserem letzten Jahresgespräch versichert, dass er noch nie eine so junge Angestellte in dieser Position – mit gerade mal sechsundzwanzig Jahren – hatte, die ihren Job mit so viel Professionalität und Können bewältigt hat. Ich bin froh, dass niemand bei der Arbeit meine Gedanken lesen kann, denn wenn sie wüssten, wie absolut unvernünftig und gefährlich meine Gedanken gerade sind, würden sie mich nicht wiedererkennen. Und doch sind sie da und hämmern gegen meinen Schädel. Ich möchte für Jan das tun, was er, ohne sein Wissen, für mich getan hat. Jan hat mich vor vier Jahren aus meinem schüchternen Schneckenhaus befreit, mir gezeigt, wie ich mit jemandem sein kann, dem ich vertraue und der mich Vergnügen auf eine ganz neue, aufregende Art erfahren hat lassen. Jan hat mir beigebracht, was Intimität ist und wie sich guter Sex anfühlt. Fast alles, was ich an weiblichem Selbstbewusstsein besitze, geht trotz allem auf Jans Konto. Und nun ist er von Narben gezeichnet, er, bei dessen Anblick die Frauen schwache Knie und feuchte Höschen bekamen – selbst die schönsten. Ausgerechnet er ist gezwungen, mit einem kaputten Bein zu leben, er, der immer so stark und sportlich war. Der beim Marathon seine Spitzenzeit mit einer Sektdusche gefeiert hat. Ich kenne ihn. Gut genug. Ich weiß, dass er sich so nicht akzeptieren kann, dass es ihn umbringt, so angesehen zu werden und nicht die Leistung bringen zu können, die ihm immer so mühelos gelang. Seine Aggressivität mir gegenüber hat es gezeigt. Jan erträgt es nicht, so zu sein, wie ihn der Unfall hat werden lassen, und er schlägt um sich, weil er sich nicht selbst akzeptieren kann. Ich weiß nicht genau, seit wann er sich auf dieser Abwärtsspirale aus Selbsthass und Ablehnung befindet, aber ich weiß aus tiefstem Herzen, dass ich etwas dagegen tun möchte. Meine Mutter nannte es immer meinen Helferkomplex. Sie sagt, ich sei schon immer damit geschlagen gewesen. Als in der Grundschule Franziska von einem der älteren Jungen drangsaliert wurde und ich mit ihr gemeinsam um unser Leben gelaufen bin, weil ich mich einmischen musste, dämmerte mir zum ersten Mal selbst, dass an der Ansicht meiner Mutter etwas dran sein könnte. Aber selbst wenn, kann ich nichts gegen diesen Drang machen, der sich in meinem Inneren ausbreitet. Ich möchte Jan helfen. Ich möchte, dass er nicht mehr so leidet und lernt, sich selbst auch mit seinen Narben und dem kaputten Bein anzunehmen. Denn für mich macht es kaum einen Unterschied. Ich denke an ihn, sehe ihn an, und vor dem Unfall oder danach, dreht sich in mir diese wilde Gefühlsspirale aus heißen Funken, die mich fühlen lässt, die das Feuer in mir entfacht. Egal was damals zwischen uns passiert ist, der Hunger ist noch da. Außerdem muss ich ja nicht blind in diese Sache hineinlaufen. Gut, ich habe den Drang, Jan zu helfen, auch wenn ich sehr bezweifle, dass er mich helfen lässt oder je anruft, dennoch bin ich nicht dumm. Ich muss mich selbst schützen. Ich muss einen Weg finden, Jan zu helfen, ohne dass er es mitbekommt, und gleichzeitig auf der Hut vor meinen Gefühlen für ihn sein. Zu gut kenne ich die Folgen meiner Verliebtheit in Jan Herzog. Die einzige Art, wie ich Jan helfen kann, ohne dass er denkt, ich würde ihn nur bemitleiden, führt über unsere körperliche Anziehungskraft. Sex. Jan hat immer schon alles zwischen uns körperlich ausgedrückt und geregelt. Wenn wir einen Streit hatten, verführte er mich. Wenn wir uns besonders nahe waren, schlief er mit mir und zeigte mir, was er für mich empfand, ohne es mir mit Worten sagen zu können. Jan glaubte an Lust wie niemand sonst. Er sagte sogar einmal zu mir, dass Lust und körperliche Anziehung das Einzige sei, was zwischen einem Mann und einer Frau frei von jeder Lüge sei.

 

Wenn ich einen Weg zu Jan finden will, um ihm zu zeigen, dass er für mich genauso begehrenswert ist wie früher, führt der nur übers Bett. Bin ich bereit, diesen Weg zu gehen? Will ich das wirklich? Kann ich das tun, ohne mich nochmals Hals über Kopf in ihn zu verlieben?

Ja, meine Gedanken sind vollkommen wahnsinnig. Abgesehen davon sind es nur Hirngespinste. Jan will keinen Kontakt zu mir, das hat er mehr als deutlich gemacht, auch wenn er am Ende schwankte. Und selbst wenn … Natürlich bin ich in den letzten Jahren erwachsen geworden und selbstbewusster als noch vor vier Jahren. Doch auch heute plagen mich Unsicherheiten und gewisse Ängste, die ich überwinden müsste, um Jan ohne Zweifel zu beweisen, dass ich ihn noch will. Sein Körper und seine sexuelle Kraft konnten manchmal einschüchternd sein, während ich – schüchtern und unerfahren – einfach von seiner Leidenschaft infiziert worden war. So wie mit ihm war ich mit keinem anderen. Und da ist dieser kleine selbstsüchtige Teil von mir, der das nicht nur für ihn, sondern auch für mich selbst tun möchte, der wieder diesen Rausch fühlen will, wenn ich mit ihm schlafe.

Bin ich stark und entschlossen genug, das durchzuziehen?

Gott, steh mir bei! Aber ich will es tun. Ich will das wirklich wagen. Wie zum Teufel stelle ich das nur an? Wie verführe ausgerechnet ich jemanden, der früher selbst der Verführer war und aufgrund seiner derzeitigen Verfassung sehr wahrscheinlich unempfänglich oder misstrauisch für diese erotischen Absichten sein wird?

Ich erinnere mich nicht daran, je so verrückte Ideen gehabt zu haben. Seltsamerweise ist es dieser kühne, völlig wahnsinnige Plan, der sich in meinem Kopf formt, der mich endlich einschlafen lässt. Verrückt. Erst jetzt gelingt es mir, die Unruhe in mir abzustellen und die Augen zu schließen. Vielleicht bekomme ich doch noch zwei Stunden Schlaf vor einem zehnstündigen Arbeitstag.

Kaum bin ich eingenickt, läutet mein Handy. Zuerst denke ich, dass ich kurz verschlafen habe und nun schon der Wecker läutet. Murrend fasse ich nach dem Smartphone und bekomme fast einen Schlag, als ich den Anrufer auf dem Display erkenne. Eingehender Anruf: Jan Herzog. Sofort bin ich wach. Vielleicht träume ich noch? Mit Unterstützung dieser beruhigenden Vorstellung drücke ich auf annehmen und halte mir das Handy ans Ohr. Mein Herzschlag dröhnt so laut, dass ich Angst habe, nichts zu hören.

„Ella?“, höre ich seine fragende Stimme. Er klingt verdammt wach, so als hätte er keine Minute geschlafen.

„Jan?“

„Ja“, bestätigt er kurz und eine unangenehme Pause entsteht, als wisse keiner von uns, was er eigentlich sagen soll. Aber immerhin hat er mich angerufen um – ich sehe kurz auf die Uhr – fünf Uhr morgens.

Er seufzt leise. „Ich hätte nicht anrufen sollen.“

„Nein, ich meine … Schon okay. Wieso rufst du so früh an?“

Mist. Ich stottere. Aber ich kann mich darauf ausreden, ich hätte schon geschlafen.

„Oh … Wie spät ist es denn?“, fragt er ehrlich erstaunt.

„Ähm … So fünf Uhr vorbei.“

„Mist. Ich wusste das nicht. Ich konnte nicht schlafen – wie meistens nicht – und dachte, bevor ich es mir nochmals ausreden kann, ruf ich dich lieber gleich einfach an … Aber ich kann auflegen und später anrufen, wenn du noch schlafen möchtest.“ So fahrig und unsicher habe ich ihn noch nie erlebt.

Irgendwie gefällt es mir. Mein Magen drückt bei dem Gedanken, dass er an mich gedacht und dieser Anruf ihn nervös gemacht hat.

„Nein, ist schon in Ordnung. Jetzt bin ich ohnehin wach.“

War ich schon die ganze Nacht lang. Aber das lasse ich lieber unerwähnt, genauso wie den Grund dafür.

„Ich wollte dir nur nochmal sagen, wie beschissen mein Verhalten war. Kann ich dich heute zu einem Kaffee einladen und wir reden?“ Ein so einfacher Vorschlag und dennoch bricht mir der Schweiß aus, obwohl es mir doch wunderbar in den Kram passen sollte, bedenkt man meinen verrückten Plan. Aber ich habe eine noch bessere Idee.

„Ich komme heute ziemlich spät von der Arbeit.“

„Verstehe“, brummt er düster, als hätte ich ihn abgewimmelt.

„Also … wieso kommst du danach nicht zu mir? Ich wohne noch in derselben Wohnung wie früher. Außerdem nehme ich, wenn ich so lange arbeite, immer ein paar Überbleibsel aus der Hotelküche mit. Alles sehr lecker. Und bei mir können wir uns in Ruhe unterhalten … wenn du willst.“ So, ich habe es getan. Der Vorschlag ist raus und damit liegt es an ihm.

Jan zögert. Es knistert in der Leitung. Das Schweigen dehnt sich aus. Hat er genauso Angst vor den Erinnerungen hier wie ich?

„Und das macht dir nichts aus?“, fragt er nach.

„Nein, gar nicht.“ Das ist glatt gelogen. Es hat ein Jahr gedauert, ehe nicht jede Kleinigkeit in meiner Wohnung mich an ihn erinnert hat. Dafür gibt es Ikea und all die anderen Möbelhäuser, die es mir erlaubt haben, für wenig Geld viel Veränderung herbeizuzaubern. Danach wurde es besser. Auch wenn es nicht leicht sein wird, ihn wieder hier zu haben, hilft es mir. Hier wird er vielleicht leichter auftauen.

„Gut. Soll ich etwas mitbringen?“

„Nur dich. Für den Rest sorgt die Hotelküche und meine Kaffeemaschine.“ Er schmunzelt kurz, glaube ich.

„Wann soll ich bei dir sein?“

„So gegen halb sieben.“

Dann habe ich noch über eine Stunde Zeit, um zu duschen, mich umzuziehen und mir einzureden, dass ich bereit dafür bin.

„Das … Das passt.“ Ich habe das Gefühl, er wollte eigentlich etwas anderes sagen.

„Bis dann.“

„Bis dann, Ella.“

Ich lege auf und wünsche mir, dass es mir nicht so durch und durch gehen würde, wenn er meinen Namen sagt. Niemand sagt meinen Namen so bewusst und auf diese spezielle Weise. Das hätte ich beinahe schon vergessen.

Bin ich denn verrückt, zu glauben, ich würde das durchziehen können, ohne zu scheitern? Oder schlimmer noch, ohne mich in ihn verlieben zu können?

Mir bleiben noch über zwölf Stunden, um mich auf den Abend mit Jan gefasst zu machen. Ich versuche mich daran zu erinnern, warum ich das tue, um den Mut nicht zu verlieren.

Doch tief in meinem Inneren weiß ich, warum ich das tue, und es hat sehr viel mit der Nacht zu tun, als Jan und ich das erste Mal miteinander geschlafen haben.

Kapitel 4

Ella - 2010

Ich könnte vor Nervosität zerspringen. Ich zittere, und ich glaube, er bemerkt es. Wieso kann ich nicht zu den selbstsicheren Frauen gehören, für die das hier ein Leichtes ist, die sich wohl in ihrer Haut fühlen und ihrer eigenen Weiblichkeit sicher sind?

Jan lässt mich keine Sekunde aus den Augen, seit wir zurück in meiner Wohnung sind. Im Restaurant hat mir sein Flirten noch einen Kick verschafft und mich locker gemacht. Seine Küsse vor meinem Wohnhaus waren ebenfalls sehr willkommen. Doch jetzt kriechen meine Schüchternheit und Nervosität aus jeder Ecke hervor und haben mich vollkommen im Griff. Die Vorstellung, gleich nackt zu sein, macht mich derart nervös, dass mir der Magen schmerzt. Wie soll ich auch ruhig bleiben, wenn seine blauen Augen mich so anstarren? Seit ein paar Minuten haben wir uns nicht mehr geküsst. Es ist viel leichter, sich selbst zu vergessen, wenn ich an seinen Lippen hänge und unsere Zungen leidenschaftlich miteinander beschäftigt sind. Nun bin ich mir meiner selbst viel zu bewusst. Ich denke an meine leichte, weiche Bauchwölbung und meine Schenkel, die nicht gerade an eine Gazelle erinnern, und an meinen Busen, der für meine Körpergröße viel zu üppig geraten ist. Aber vor allem denke ich an Jan, der mich anstarrt, während er sich ohne jede Scham vor mir auszieht. Verdammt, ich kann genau spüren, wie mir die Röte noch mehr ins Gesicht schießt. Meine Wangen stehen in Flammen. Jan hat nicht die geringste Scheu und enthüllt seinen athletischen Körper, der mich atemlos und befangen macht. Kurz grinst er in sich hinein, ehe er die Shorts nach unten schiebt. Und ich stehe hier in BH und Rock, halb angezogen vor dem Bett wie eine unerfahrene Idiotin. Als er aus der Beuge wieder hochkommt, sehe ich alles, besonders den erregten Teil von ihm, der steil nach oben ragt. Der Anblick macht mich noch feuchter, was mir peinlich ist, obwohl es das nicht sein sollte. Doch seine Erregung, die mir gelten muss, hilft mir auch etwas von meiner Unsicherheit zu verlieren. Immerhin bedeutet es, er will mich. Unsere Küsse und mein Anblick bewirken das bei ihm. Der Gedanke hilft mir, so dass ich fähig bin, mir die Strumpfhose auszuziehen und auch den Slip. Nur Rock und BH gelingen mir nicht. Ich musste mich bisher noch nie vor jemandem ausziehen. Meine wenigen, nicht besonders glorreichen sexuellen Erfahrungen – zwei an der Zahl – waren eher schnell vonstattengegangen. Kleidung war dabei nur im Weg und wurde verschoben oder hektisch vom Körper des anderen gerissen. Doch mit Jan ist es anders. Mit ihm ist einfach alles anders. Wir reden dabei nicht, was meine Nervosität verstärkt. Er lässt sich Zeit.

So wie er mich küsst, so vollkommen und leidenschaftlich genießend, genau so möchte er anscheinend mit mir schlafen. Es dauert eine kleine Ewigkeit, ehe er nackt auf mich zukommt. Ohne mich zu küssen, was mich wahnsinnig macht, streift er mir das Haar nach hinten und öffnet den BH in meinem Rücken, offenbar mühelos. Kein Herumnesteln, bis ich gezwungen bin, es selbst zu tun. Nein, bei Jan geschieht alles fließend. Er weiß genau, was er tut. Obwohl es mich anmacht, ist die Vorstellung, wie viele Frauen bereits in diesen Genuss gekommen sind, keine sehr schöne, wenn ich auch weiß, dass sie wohl der Realität entspricht. Daran gibt es leider kaum einen Zweifel.

Jan macht einen kleinen Schritt zurück, um die Brüste, die er schon so oft mit seinen Händen erspürt hat, nun vollkommen entblößt anzusehen. Verschmitzt lächelt er mich an, beginnt an meinem Hals zu knabbern und fährt mit den Händen unter meinen Rock, um meinen Po zu streicheln. Ihm scheint zu gefallen, was er fühlt, denn er presst seine Erektion gegen mich. Ich kann ihn heiß und hart auf meinem Bauch spüren. Ich keuche vor mich hin, fast schon wimmernd, weil er mich so langsam verführt und ich nicht weiß, wohin mit meiner Lust. Als ich sein sanftes Spiel kaum noch aushalte und nach ihm fassen will, etwas Eigeninitiative zeigen möchte, gleitet sein Mund von meinem Hals zu meinem Brustansatz. Ich halte die Luft an, ehe er seine Lippen um einen meiner Nippel schließt, die mittlerweile schmerzhaft hart geworden sind. So hat es sich noch nie für mich angefühlt. Jan saugt an ihnen und presst mich im Kreuz immer wieder rhythmisch an sich. Sein Glied reibt dabei zwischen uns auf und ab. Sein Atem beschleunigt sich, doch er lässt sich weiter Zeit, bearbeitet auch meinen anderen Nippel, ehe er meinen Busen mit seinen Händen streichelt.

„Leg dich hin!“, ist das Erste, was er zu mir sagt, seit wir die Wohnung betreten haben. Ich kann überhaupt nicht mehr sprechen, also lege ich mich auf das Bett und ziehe ihn mit mir. Mein fester Griff entlockt ihm ein schiefes Grinsen. Er weiß genau, wie sehr mich das hier erregt und wie verzweifelt ich ihn will. Kaum liege ich, spüre ich ihn auf mir, Haut an Haut. Herrlich, ist alles, was ich denken kann.

Er rutscht an meine Seite, küsst mich, bis mir schwindelig wird. Schnell und mühelos sind seine Finger in mir, sodass ich erschrocken aufstöhne. Tatsächlich bin ich mehr als feucht genug, dass er mit ihnen rein- und rausgleiten kann und mich damit um den Verstand bringt. Als seine Zunge in meinem Mund die verruchten Bewegungen, die er gleichzeitig in meinem Schoß macht, nachahmt, steht bereits mein ganzer Körper unter Strom. Er fühlt sich heiß an. Ich wünschte, ich hätte den Mumm, ihn genauso zu berühren, wie er mich gerade berührt. Doch ich küsse ihn nur und fahre seinen Rücken auf und ab, streichle seine Brust. Meine Angst, etwas nicht zu können oder falsch zu machen, lähmt mich. Doch dann verlangt er von mir: „Fass mich auch an!“

 

Und ich kann gar nicht anders, schließe meine Hand um seine Erektion. Die Bewegungen übernimmt er, worüber ich froh bin, denn es gibt zu viele Dinge, die ich nie getan habe. Bisher.

Mit Jan will ich sie alle erleben, dabei haben wir noch nicht einmal miteinander geschlafen. Jedenfalls noch nicht.

Nach einem Hochgefühl, das unser beinahe einstündiges Herummachen mir beschert hat, bin ich mehr als bereit.

Ich will ihn in mir spüren. Denn mein erstes Mal war wie bei den meisten nicht besonders gut gewesen und bei meinem anderen Mal hat es sich zwar schön angefühlt, aber es war nichts im Vergleich hiermit. Ich möchte endlich wissen, wie es sich anfühlen kann, wie es ist, mit Jan zu schlafen, ihn in mir zu spüren. Meine Lust wird schon beinahe verzweifelt. Also überwinde ich meine Scham, weil mir nichts anderes mehr übrigbleibt und ich keine Minute mehr dieses Vorspiels aushalte, ohne von ihm richtig genommen zu werden. So kenne ich mich gar nicht. Ich packe Jan bei den Hüften und drücke ihn gegen meinen Schoß, der nur noch zu brennen scheint und ausgefüllt werden möchte.

Natürlich versteht er und schiebt meine Beine weiter auseinander. Als er sich über mich stemmt, wage ich es nicht, ihm in die Augen zu sehen, aber ich fühle überdeutlich, wie er in mich eindringt. Ich halte so lange still, bis er mich vollkommen ausfüllt, dann blicke ich aus den Augenwinkeln in sein Gesicht. Ein Ausdruck angespannten Genusses überzieht seine schönen Gesichtszüge. Sein Blick zuckt zu mir und diese blauen Augen fordern etwas von mir. Als er mich wieder küsst, wild und fest, beginnt er sich zu bewegen. Ich kann jeden Zentimeter seines Geschlechts spüren, auch wenn er ein Kondom zum Schutz trägt, von dem ein Teil von mir wünscht, es wäre nicht zwischen uns. Er hat es irgendwann übergestreift, als klar wurde, dass es nicht beim Rummachen bleiben würde.

Seine Bewegungen bringen mir pure Ekstase. Er bestimmt den Rhythmus, und dieser ist genau richtig. Mit jedem weiteren Stoß bringt er mich der wachsenden Welle näher, die sich in mir aufbaut und die ich noch nie fühlen durfte.

Ich wusste es schon von dem Moment an, als er mich heute das erste Mal nackt berührt hat, dass er es sein würde, bei dem ich endlich einen Höhepunkt spüren werde. Jetzt, wo es so weit ist, bin ich dennoch überrascht, wie überwältigend die Empfindungen dabei sind. Kurz scheint es fast unangenehm, die Lust zu viel, ehe es droht, weniger zu werden und mein Körper erneut nach mehr verlangt. Ich spüre seine heiße, wundervolle Männerhaut unter meinen Fingern und habe sein wildes Keuchen im Ohr, das immer schneller wird. Doch erst als er meine Schenkel packt und sie sich um seine Hüften schlingt, dringt er noch ein kleines Stück tiefer und berührt einen Punkt in mir, der mich ohne Gegenwehr aufschreien lässt. Auch Jans Laute werden schneller, der Ton seiner Lustgeräusche wird tiefer. Wir können uns nicht mehr küssen, lieben uns viel zu heftig. Immer schneller stößt er dabei in mich. Die Reibung beim letzten Mal war zu viel für mich. Mein Unterleib krampft sich fest zusammen. Die Wellen dieser Lust breiten sich in meinem ganzen Körper aus, erfassen mich, außen wie innen, ehe ich explodiere und erstarrt und zitternd in Jans Armen komme. Kurz nach mir, den Nachklang meines Zitterns und meiner Enge spürend, erstarrt er zweimal schnell hintereinander, ehe zuerst ein gequälter und dann ein erlösender Ausdruck über seinem Gesicht erscheint. Auch er hat seinen Höhepunkt. Ich kann es sehen und fühlen, auch wenn das Kondom mir verwehrt, den physischen Genuss seiner Explosion in mir vollständig zu spüren. Seltsam. Bei meinen beiden anderen Malen war ich immer froh darüber, dass das Kondom da war, während ich bei Jan keine Scheu gehabt hätte, auch das von ihm zu spüren.

Als er auf mir zusammenbricht, genauso heiß und verschwitzt wie ich, hören all diese Gedanken auf und ich fühle mich nur wunderbar, befriedigt und glücklich. Wie eine verbesserte und auch weiblichere Version meiner selbst, die gerade geboren wurde.

Jan lacht und drückt dabei seinen Kopf an meine Schulter. Das Beben seines Körpers verschafft mir eine wohlige Gänsehaut.

„Was ist?“, frage ich und lache ebenfalls.

„Ich fürchte, Ella … nach dieser Nacht wirst du mich nur sehr schwer wieder los“, warnt er mich und macht es sich neben mir gemütlich. Seine blauen Augen blitzen erheitert auf.

„Das passt mir gut … nach heute Nacht …“

„Na, dann sind wir uns ja einig.“

„Sind wir“, bestätige ich schmunzelnd.

Wir küssen uns – ganz sanft. In Wahrheit will ich, dass er nie wieder geht, obwohl wir uns erst zwei Wochen kennen und gerade erst zum ersten Mal miteinander geschlafen haben.

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