Ich bin jetzt Soldat

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Zur Lage und zur Beruhigung: es ist immer noch unverändert ruhig und, wie gesagt, wir führen weiterhin ein ganz beschauliches Leben bei guter Verpflegung und zum Leidwesen der anderen, mit wenig Schnaps, den wir auch hier gut gebrauchen könnten.

Vor einigen Tagen hab' ich noch das Infanterie-Sturmabzeichen für die letzten Angriffe erhalten, und das wäre wohl alles, was von hier zu berichten wäre. Vielmehr interessiert uns doch jetzt alle die Frage um unserer aller Zukunft, über das siegreiche Kriegsende. Ihr werdet sicher genau so viel wissen wie ich, aber eines kann ich sagen: es geht in diesem Jahr ums Ganze, wir befinden uns im totalen Krieg und da ist es für jeden Deutschen eine Selbstverständlichkeit und eine heilige Verpflichtung unseren Stalingradkämpfern gegenüber, daß er sein Äußerstes für den Sieg tut. Und es ist auch für uns hier eine Erleichterung, wenn wir wissen, daß jetzt auch endlich all die jungen Kerle, die nur ihrem Vergnügen nachliefen, auch einmal sich den Wind um die Nase wehen lassen können. Wie viele gibt es davon noch? Und wie viele junge, kinderlose Frauen wissen nicht, was sie vor langer Weile den ganzen Tag anfangen sollen?

Ich will keinen Namen nennen, aber Du weißt selbst, es gibt davon verdammt noch genug, und gerade die sind es, die am meisten meckern. Warum sollen denn nur die Soldaten hier draußen kämpfen und sich opfern, vielleicht für diejenigen, die sich in der Heimat auf die faule Haut legen? Die Sache steht bestimmt nicht schlecht für uns, wenn wir auch schwere Verluste einstecken müssen. Ich bin aber der festen Überzeugung, daß wir im kommenden, für uns günstig werdenden Sommer den Russen vernichten werden, jedenfalls so, daß er uns nicht noch einmal derartige Schwierigkeiten bereiten wird. Vorausgesetzt ist natürlich, daß jeder sein Alleräußerstes tut. Und wenn auch Du oder Papi irgendeine kleine Arbeit zugewiesen bekommt, so muß es getan werden, die Opfer, die unsere Soldaten der Heimat gebracht haben, verpflichten jeden. Ja, das bewegt uns jetzt alle in dieser großen Zeit, und jeder muß sich auch darüber völlig im Klaren sein.

Und nun zu Euch Lieben. Ihr habt wieder schwere Luftangriffe gehabt? Wenn ihr nur gesund bleibt! Sag mal, liebe Mutti, hast Du Dir das mit der Pfalz überlegt? Tu es doch noch, ich würde mich sehr freuen. Wie sieht's sonst in Hamburg aus? Hast Du mal wieder Kränzchen gehabt? Bestell doch bitte allen einen recht schönen Gruß von mir und seid selbst auch vielmals gegrüßt

von Eurem Werner

Im Osten, den 12.II.43

Meine liebe Mutti, lieber Walti u. lieber Opi!

Also, Ihr werdet hoffentlich laufend meine Post erhalten und Euch wohl auch etwas beruhigt haben. Ich muß ja sagen, Schwein hab' ich ja mal wieder gehabt, und zwar ganz gewaltig. So 4 oder 5 Wochen mal vorn raus aus dem Mist ist doch etwas ganz Angenehmes. Ich will Euch gleich mal Einzelheiten berichten: schon am 5. abends gingen wir zum Tross zurück, wo wir das Glück hatten, zwei Tage bleiben zu dürfen (ich bin noch mit einem anderen aus der Staffel hier). Erstmal brachten wir uns auf Vordermann, das heißt, wir wuschen uns, wie es sich gehört, stopften, nähten usw. und sorgten vor allen Dingen erst einmal für unser leibliches Wohl. Wir wurden dann zu unserer größten Freude entlaust, und ich muß sagen, mir waren die verdammten Viecher buchstäblich schon so ans Herz, beziehungsweise ins Hemd gewachsen, daß es für mich jetzt direkt ein ungewohntes Gefühl ist, völlig läusefrei zu sein. Gottseidank sage ich!!

Nach einer etwas weniger angenehmen Fahrt im LKW durch schneeverwehte Straßen kamen wir nach 12 Stunden in Star. Russa an und fuhren von dort mit der Bahn zu unserem jetzigen Standort. Anfangs hatten wir sogar mit Estland gerechnet, aber wir sind auch so zufrieden, denn es ist ein friedliches Dorf, ziemlich groß, und wir haben unsere warmen Behausungen. Kino oder Soldatenheime gibt es hier allerdings nicht und ein weiterer Nachteil ist, daß die Verpflegung doch nicht ganz mit der vorn zu vergleichen ist. Aber auch das läßt man sich gefallen, denn man ist erst mal weit vom Schuss.

Die Post hat sich ebenfalls geregelt, sie wird uns nachgeschickt und braucht dann höchstens zwei Tage länger, so daß die erste vielleicht schon morgen eintreffen kann. Ich freue mich ja schon riesig darauf. Du brauchst also nicht, wie ich im letzten Brief vorschlug, an die neue, sondern weiter an die alte Adresse schreiben. Post ist ja immer, wie gesagt, die Hauptsache für uns hier draußen, und man ist immer schlechter Stimmung, wenn sie einmal für kurze Zeit aussetzt. Und da wir gerade bei dem Thema sind, will ich Dir gleich Deinen lieben letzten Brief Nr. 21 beantworten: leider hast Du Dir damals noch sehr viele Sorgen um mich gemacht, und sehr unbegründet. Ich Dummkopf hatte ja auch an Dich in die Pfalz geschrieben und der Brief wird so einige Tage länger gebraucht haben, wenn er überhaupt angekommen ist. Wie ich ja immer schrieb, war es von da ab, nachdem wir die neue Stellung bezogen, immer ruhig; Ihr werdet ja auch in der Zeitung von den Abschlußkämpfen am Ilmensee gelesen haben. Der Russe wird wohl auch schlecht noch hier etwas unternehmen können, das machen dann höchstens wir. Leider toben ja noch im Süden die schweren Kämpfe, aber das wird schon geschafft werden, wenn erst mal der Winter vorbei ist, darüber braucht Ihr Euch in der Heimat keine Sorgen zu machen. Es muß überhaupt in diesem Jahr geschafft werden, wovon ich fest überzeugt bin.

Und wie geht es Euch? Da ich lange keine Nachrichten hörte, weiß ich gar nicht, ob Euch die Engländer in Ruhe lassen. Wie sieht es jetzt, nachdem man die Vergnügungsstätten in Hamburg geschlossen hat, aus? Hast Du schon etwas von einem Arbeitseinsatz gehört? Wie geht es Tante Else? Und Opi und Walti, und auch allen anderen Bekannten?

Grüße sie bitte alle von mir, und sei auch Du recht herzlich gegrüßt

von Deinem Werner

Im Osten, d. 15.II.43

Meine liebe Mutti, lieber Walti u. lb. Opi.

Ich habe zwar noch keine Post von Euch erhalten, was natürlich kein Vorwurf sein soll, denn die Post ist bis jetzt zu meinem großen Bedauern noch immer nach hier unterwegs, jedoch werde ich Euch selbstverständlich immer laufend schreiben.

Es gibt eigentlich nicht viel Neues von hier zu berichten, wir machen unsere 2 Stunden Dienst und haben dann Feierabend. Viel anfangen kann man hier natürlich nicht, aber man hat dann seine himmlische, guttuende Ruhe. Hier heulen keine Granaten, hier spielt nicht die Orgel, hier pfeifen keine Bomben, und es ist einem direkt schon ungewohnt. Eine Woche sind wir schon hier, und haben noch 3 Wochen nach. Das ist schon eine anständige Zeit. Vor allen Dingen vermisse ich, wie schon gesagt, die viele Post von Euch hier. Wenn sie nur bald käme.

Ach, ich hätte ja so gern mal wieder einen Brief von Euch gelesen, wie es Euch geht, und ob die Engländer Euch in Ruhe lassen. Wir stehen zwar jetzt in einer schweren Zeit, und Ihr werdet Euch gewiß um unsere Lage hier im Süden der Ostfront große Sorgen machen. Ja, es ist bitter, besonders weil wir Deutschen keine Rückschläge gewohnt sind. Aber, glaubt mir, so schwer es auch im Augenblick sein mag, es wird wieder die Zeit kommen, wo der Russe im Tauwetter wieder steckenbleibt, und es wird auch wieder der Sommer kommen, wo es wieder heißt für uns, zu schlagen, was zu schlagen ist. Oder glaubt Ihr, daß wir umsonst all die großen Industriezentren räumen? Es wird auch schon seine Richtigkeit haben: der Russe wird gezwungen, neue Nachschubwege zu bauen, so daß er, wenn wir zur Offensive übergehen, von jeder Zufuhr abgeschnitten und völlig vernichtet werden kann. Das einzige, was uns jetzt beistehen kann ist, daß der Sommer recht bald kommt, und zum Glück sieht es auch ganz so aus. Also erstmal abwarten.

Wie sieht es denn in Hamburg aus? Werden viele eingezogen? Auch endlich Herr Krause? Hast Du auch etwas gehört, daß Du Dich melden sollst? Verreisen werdet Ihr wohl diesen Sommer nicht, aber das tut ja auch nicht nötig, einmal muß der Krieg ja ein Ende nehmen und dann kann man alles nachholen.

Hab' ich mich schon bei Opa für seinen lb. Brief vom 25.I. bedankt. Ich habe mich riesig dazu gefreut. Dann habe ich noch vergessen, Dir für den letzten Zucker zu danken, der seinen Zweck wieder voll und ganz erfüllt hat. Ich will nicht unbescheiden sein, aber wenn… usw., ich bin ein dankbarer Abnehmer.

Laßt Euch alle recht herzlich grüßen

von Eurem Werner

Im Osten, den 15.III.43

Mein lieber Walter!

Da Du mir inzwischen auch einen so fleißigen netten Brief geschrieben hast, für den ich Dir übrigens noch einmal recht herzlich danke, will ich Dir nicht nachstehen und wieder einmal ein wenig mit Dir plaudern. Da habe ich ja wieder so allerhand interessantes von Dir erfahren und soweit ich mir ein Bild machen kann, scheinst Du ja noch ein ganz angenehmes Leben zu führen.

Wir wollen mal der Reihe nach gehen: Erst mal die Schule. Grüße von mir wirst Du sicher bestellt haben, wie ich für die mir übermittelten recht herzlich danke. Hast Du auch Ulrich bestellt, was ich Dir neulich schrieb? Sag mal, ist auch Prof. Hofer wieder dort? Du wirst ja am besten wissen, was es von der Schule zu berichten gibt, und vielleicht weißt Du ja auch etwas über meine Klassenkameraden. Von Carl, Horst, und Gerhard höre ich ja selbst immer laufend. Jedenfalls hast du Schwein gehabt, daß Du noch nicht Flakschütze werden brauchst, da kommen ja nur die Klassen 6 und 7 in Frage, nicht wahr? Haben die eigentlich in der Kaserne oder in der Schule Unterricht? Über Dein Hockeyspielen berichtest Du mir ja auch immer laufend, und wirst schon erheblich Fortschritte gemacht haben. Bist Du noch Torwart? Was hat denn der Klub für Mannschaften noch, kann er sich immer noch sehen lassen? Im Klub selbst wird wohl nicht mehr viel los sein, und noch weniger mit Urlaubern, denen hat man nun auch einen Riegel vorgesetzt, aber hoffen wir's Beste, daß die Sache bald wieder losgeht, dann werde ich wohl auch bald dran sein mit Urlaub. Ihr seid im Augenblick sicher die einzigen, die das Blickfeld im Klub beherrschen, Doch daß Du von Mädchen immer noch nichts wissen willst, kannst Du mir doch nicht erzählen. Nach den Fotographien, die Mutti mir neulich geschickt hast, siehst Du ja schon richtig männlich aus, und mein Anzug steht Dir bestimmt nicht schlecht. Hoffentlich hast Du nicht alle beschlagnahmt, damit ich wenigstens etwas anzuziehen habe, wenn ich mal auf Urlaub kommen sollte.

 

Und das Tuten bist Du auch angefangen? Wer hat Dich denn auf den Koller gebracht? Du nimmst Dir ja immer reichlich viel vor, ein Schlachtschiff hast Du auch wieder im Bau, nicht wahr? Ist es schon vom Stapel gelaufen? Na, Du wirst mir ja das nächste Mal so allerlei zu berichten wissen (Auf der Schreibmaschine, damit Du auf einen Bogen recht viel herauf bekommst).

Grüße Mutti und Opa recht herzlich von mir und sei Du ebenfalls vielmals gegrüßt

von Deinem Werner

Die Bilder sind von unserem Bunker vor Leningrad, feine Sache, was? Leider bin ich auch dieses Mal nicht drauf. Kannst Du für mich noch mal ein paar Proben von Deiner fotografischen Arbeit schicken? Hauptsache nur, daß Du meinen Kasten nicht kaputt machst.

Im Osten, den 19.III.43

Meine liebe Mutti, lieber Walter u. lieber Opi!

Da ich nun 4 Tage nicht geschrieben habe, soll heute noch einmal ein Luftpostbrief starten, denn ich habe wieder 4 Marken auf Lager, von denen ich Dir auch gleich drei mitschicken will. Ich habe nämlich jetzt festgestellt, daß die Luftpost aus der Heimat entschieden schneller geht, als die gewöhnliche Post, wie zum Beisp. Dein lieber Brief Nr. 28, der im Gegensatz zu dem vorletzten Brief Nr. 27 nur 6 Tage brauchte, während der andere 11 Tage unterwegs war; also ganz überraschend kurze Zeit. Für beide Briefe, die ich am 11.II. erhielt habe vielen herzlichen Dank. Du machst mir immer so viel Freude mit Deiner lieben Post, und ich bin Dir auch darum sehr dankbar. Was ich sehr bedaure ist, daß einige Päckchen wieder zurückgegangen sind.

Ich bin von Euch wohl ein wenig verwöhnt worden und es wird mir in Zukunft schwer fallen, all die schönen Sachen, mit denen Du und Papi mich erfreut haben, zu entbehren. Aber es wird ja auch wieder die Zeit kommen, wo alles wieder freigegeben wird und wo Ihr alles schicken könnt. Schließlich hab' ich ja auch noch einen kleinen Vorrat und im übrigen ist die Verpflegung ja auch ausreichend.

In Deinen beiden Briefen hast Du mir so nett und interessant erzählt, daß es mir ordentlich Freude machte. Ich glaube, Du bist jetzt doch etwas über die ständigen Sorgen hinweggekommen Deine Briefe klingen schon wieder so wie früher. Wenn ich nur wüßte, wie es Dir im Augenblick geht und ob Du noch immer Herzbeschwerden hast, ich wünsche Dir jedenfalls von ganzem Herzen recht gute Gesundheit. Die ständigen Sorgen und die vielen Angriffe werden doch etwas zu viel für Dich gewesen sein. Jetzt aber, wo der Frühling kommt und wo Du Dir um mich absolut keine Sorgen mehr zu machen brauchst, können wir dankbar sein, daß wir so viel Glück gehabt haben.

Heute ist ein herrlicher Sonntagmorgen, die Sonne scheint so schön ins Fenster, und man merkt schon richtig, daß es Frühling werden soll. Dieses Wetter können wir gebrauchen, dann wird der Schnee auch in wenigen Tagen fort sein. Der Winter ist jedenfalls endgültig vorbei, den haben wir erst mal überstanden, und wenn wir jetzt noch das Frühjahr über hier bleiben, können wir zufrieden sein.

Walter und Opa werde ich gleich extra schreiben, ebenfalls Papi, dessen Urlaub sicher vorbei sein wird. Stell Dir vor, bis jetzt hab' ich noch nicht einmal an Kochs geschrieben, ich werde es aber heute unbedingt nachholen. Carly hat mir neulich ebenfalls einen sehr netten Brief geschrieben.

Laßt Euch alle recht herzlich grüßen

von Eurem Werner

Im Osten, d. 23.III.43

Liebe Mutti, lieber Walter, u. lieber Opi!

Heute mal etwas ganz anderes. Ich schicke Euch eine kleine Zeichnung, die ich damals beim Funkkursus gezeichnet und jetzt etwas genauer ausgeführt habe. Sie stellt russische Kinder beim Mahlen ihres Kornes dar. Ich fand die Sache ganz reizvoll, habe mich auch gleich hingesetzt und es skizziert, vor allen Dingen, weil die Beleuchtung so eigenartig war. Der Vorgang spielt sich folgendermaßen ab: (Im Keller unter dem eigentlichen Wohnraum) auf einem einfachen runden Mühlstein befindet sich ein etwas flacherer, in der Mitte mit einem Loch, wo das ungemahlene Korn hineingeschüttet wird. Mittels eines exzentrisch angebrachten Stockes, der ebenfalls oben in der Decke in einem Loch steckt, bewegt man nun den Stock im Kreise, so presst sich das Korn zwischen die Steine und fällt dann gemahlen an der Seite herunter.

Das nur nebenbei. Es war für mich jedenfalls sehr interessant. Leider habe ich noch nicht das richtige Zeichenmaterial, hoffe aber öfter ähnliche Zeichnungen machen zu können, denn es macht viel Spaß.

So, das sollte heut' nur mal ein Brief solcher Art sein; in Kürze schreibe ich ausführlicher.

Und sonst geht's hoffentlich gut, was ich von mir jedenfalls behaupten kann.

Laßt Euch drei Hübschen recht herzlich grüßen

von Eurem Werner

Im Osten, den 30.III.43

Meine liebe Mutti, lieber Walti u. lieber Opi.

Deinen lieben Brief Nr. 30 mit Luftpost habe ich am 26. mit recht herzlichem Dank erhalten. Leider war er wieder, was ich unendlich bedaure, so sehr traurig gehalten, daß ich jetzt gar nicht mehr weiß, wie ich Dir klar machen soll, daß wir es in den letzten Wochen so unendlich gut gehabt haben und daß all Deine Gedanken und Sorgen wirklich unnütz waren. Ich weiß auch gar nicht, wie Du auf den Ilmmensee kommst, da bin ich doch seit dem Funkkursus überhaupt gar nicht mehr gewesen. Im übrigen wirst Du ja auch gehört haben, daß seit dem 26. im Wehrmachtsbericht an der gesamten Ostfront nur noch örtliche Kampftätigkeit gemeldet wird, das ist doch schon eine gewaltige Sache. Besser können wir es uns doch gar nicht wünschen. Im übrigen steigen die Versenkungsziffern von Tag zu Tag und was die Hauptsache ist, der Urlaub geht jetzt in alter Frische weiter, so daß es sein kann, daß ich bald dran bin, toi toi! Aber wir wollen es erst mal so weit sein lassen und noch keine Pläne machen, sonst kommt es gewöhnlich anders. Jedenfalls haben wir erst mal ein paar herrliche Wochen mit sämtlichen Schikanen verlebt, die uns natürlich niemand mehr nehmen kann, denn was man bekanntlich hat, das hat man.

Nun ist selbstverständlich alles Irdische vergänglich, und so hat man uns allmählich mal wieder etwas fürs Vaterland tun lassen. Seit Vorgestern sind wir mal wieder auf Reisen gewesen und ich muß sagen, wir haben diesmal doch etwas mehr Glück gehabt, als das letzte Mal. Gestern Abend sind wir so ziemlich wieder in der Nähe unserer guten alten ersten Stellung gelandet und warten nun auf einen baldigen Einsatz. Wollen mal sehen, was sie uns diesmal zugedacht haben. Ich schreib Euch bald wieder.

Nun zu Euch Lieben. Also mit Deinem Brief wollte ich Dir auf keinen Fall einen Vorwurf machen. Ich wollte Dir doch nur einmal zeigen, daß all Deine Sorgen wirklich grundlos sind. Daß Du jetzt schon vom Arbeitsamt einen Fragebogen bekommen hast, wundert mich, doch ich glaube kaum, daß sie Dich jetzt schon heranziehen, denn es gibt ja so unendlich viele Frauen und Männer, die solche Arbeiten viel eher leisten können. Im Übrigen wird man auf Deine mangelnde Gesundheit bestimmt Rücksicht nehmen, denn Deine angeführten Gründe sind bestimmt stichhaltig. Wie geht es Dir denn jetzt? Ich wäre ja so froh, wenn Du Dich jetzt zum Frühjahr mal nicht so sehr mit Deiner Wohnung beschäftigtest, sondern Dich ein wenig schonen, denn wenn Du tatsächlich einmal zu irgendeiner Arbeit herangezogen würdest, kannst Du sowieso keine Hausarbeit leisten.

Sag mal, wie ist es eigentlich mit Frühling in Deutschland? Man sagt, es sei schon alles grün. Das wäre ja enorm schnell; wenn es so weitergeht, haben wir in diesem Jahre wieder eine gewaltige Ernte zu erwarten, und so etwas können wir bestimmt gebrauchen. Hier ist auch der Winter vorbei, und wenn nicht der Frühling mit so viel Dreck verbunden wäre, wäre es natürlich auch besser. Alle Straßen sind verschlammt und auch alle Stellungen. Aber zum Glück dauert diese Periode nur kurze Zeit und dann kommt endlich der heißersehnte Sommer.

Ich wollte Dir noch einmal kurz von unserem Stabsabend erzählen, der in der letzten Woche noch stattfand. Um 8 Uhr ging der Zauber los, als Einleitung ein prima Essen (satt) und anschließend reichlich zu rauchen und zu trinken. Musik hatten wir auch und ich muß sagen, der Abend ist wirklich prima gelungen und endete erst, nachdem jeder sein bestes dazu beigetragen hatte, am anderen Morgen um 3 Uhr.

Die Bilder haben Euch gefallen, nicht wahr? Aber leider habe ich von mir selbst immer noch keins, wenn ich mich auch schon x-mal hab' fotografieren lassen. Und zum Zeichnen komme ich auch, das hast Du ja aus dem letzten Brief gesehen. Heute hab' ich noch ein kleines Bild, vielleicht interessiert es Euch.

Laßt Euch für heute recht herzlich grüßen von

Eurem Werner

Im Osten d. 2.IV.43

Meine liebe Mutti, lieber Walti u. lieber Opi.

Also heute Nachmittag der versprochene Brief. Vielleicht kommt er ja wieder Sonntagmorgen an, denn von hier soll die Postverbindung ausgezeichnet sein. Und gleich zu Deinem lieben Brief (Nr. 31), für den ich Dir noch einmal recht herzlich danke. Ich habe mich wirklich gefreut, daß dieser schon ein wenig optimistischer klang als die letzten, nur daß Du jedes Mal mit Bangen darauf wartest, was die nächsten Briefe von mir bringen, begreife ich nicht. Damals glaubtest Du schon, ich sei wieder vorn in schweren Kämpfen, und dabei liege ich jetzt noch in Ruhe. Ja, es kommt doch immer anders, als man gedacht hat. Wir können uns freuen, daß wir da unten erst mal weg sind, hier oben ist gar nicht so viel los. Man hat vorn nicht einmal Platz für uns, so stark sind die Stellungen besetzt.

Heute zum Beispiel ist ganz herrliches Wetter und sogar schon ein bisschen warm. Unsere Flieger gurken hier herum, daß es nur so eine Wonne ist, ununterbrochen ziehen die Stukas in Schwärmen über uns hinweg und laden vor uns ihre Bomben ab, während sich der Russe überhaupt nicht sehen läßt. Neulich allerdings kamen vier russische Bomber herüber, und bevor sie überhaupt unsere Stellungen erreicht hatten, waren schon unsere Jäger hinter ihnen her. Innerhalb von 2 Minuten waren alle viere erfasst und brennend abgestürzt, ohne vorher Bomben geworfen zu haben. Das macht ordentlich Spaß, endlich mal wieder Luftkämpfe zu sehen.

Ja, es wird Sommer, meine Herren, der Russe hat ausgespielt, jetzt kommen wir wieder an die Reihe. (Ich will hier noch schnell einflechten, daß ich auf dem Knie schreibe, da hier nicht viel Platz ist, deshalb die unleserliche Schrift) Also weiter zu Deinem Brief: Du hast mir mit Deiner Urlaubsbeschreibung ja richtig den Mund wässerig gemacht, mir lief nur so das Wasser im Munde zusammen. Aber wir wollen es lieber erst so weit sein lassen, dann haben wir immer noch Zeit genug, Pläne zu schmieden, um so größer ist dann ja auch die Überraschung, nicht wahr? Die Hauptsache ist mir erstmal, daß die Päckchensperre aufgehoben ist, ich seh' ja schon wieder all die phänomenalen Sachen hier eintrudeln. Aber schickt bitte nicht so viel kleine Päckchen, weißt Du, es bedeutet doch eine große Belastung der Post, wenn jeder von uns hier so viele Päckchen wie ich geschickt bekommt. Du hast ja auch vorläufig noch einige Päckchenmarken und in Kürze bekomme ich sowieso noch welche.

Wenn es tatsächlich wahr wäre, daß es Dir in letzter Zeit wieder besser geht, wäre ich ja so froh. Schone Dich nur, wo Du kannst, ich schrieb es Dir schon das letzte Mal. Nun weiß ich tatsächlich nichts mehr zu schreiben, Ihr werdet aber bald wieder von mir hören.

Laßt Euch recht herzlich grüßen

von Eurem Werner

Im Osten, den 6.IV.43

Meine liebe Mutti, lieber Walter und lieber Opi!

Heute habe ich etwas ganz Besonderes. Erst einmal danke ich Dir, liebe Mutti, recht herzlich für Deinen lieben Brief Nr. 32 vom 27.III., der die erstaunlich kurze Zeit von nur einer Woche hierher brauchte. Und nun kommt das Kanonenstück! Stellt Euch vor: gestern, also am 5., erhielt ich Deinen lieben Luftpostbrief Nr. 33 vom 1.IV., das heißt also in 4 Tagen, toll, was? Es ist ganz gewaltig, wie schnell die Post hier arbeitet, dann kann es ja auch gar nicht mehr lange dauern, bis die ersten Päckchen eintrudeln. Außerdem hab' ich vor 2 Tagen noch Deine Wachstasche erhalten, die wirklich noch gut ist, darin kann ich fein meine Briefe aufbewahren, denn sie ist schön groß. Jedenfalls danke ich Dir recht recht herzlich für die viele Post. Du bist wirklich ein fleißiges Mädchen. Und dann hast Du noch von Opi und Walti Briefe angekündigt, worauf ich mich schon sehr freue. Über Deinen letzten Brief war ich wirklich sehr erstaunt, der klang ja ganz anders, als alle die vorhergehenden. Sonst schriebst Du immer so traurig, während dieser richtig fröhlich klang. Ja, so hab' ich's gern. Das trägt auch sehr zu meiner Stimmung bei, genau so, wie das typische Aprilwetter durchdringt, der Frost ist vorbei und man kann schon in Hemdsärmeln draußen arbeiten. Ich möchte ja jetzt mal bei Euch zu Hause sein, wo es jetzt so schön wird und wo Du mir mit Deinen Urlaubsüberraschungen den Mund so wässerig gemacht hast. Aber, wie ich auch schon das letzte Mal schrieb, wir wollen es erst einmal so weit sein lassen, Ihr müßt auch bedenken, daß fast ein viertel Jahr Urlaubssperre war, so daß sich die ganze Sache um diese Zeit verschiebt. Im Übrigen ist es doch auch genau so schön, wenn ich während der Sommerzeit zu Hause bin, dann kann man ja viel mehr anfangen. Verreisen werdet Ihr ja sowieso nicht können in diesem Jahr.

 

Also, wie gesagt, Dein Brief hat mir riesig gefallen, ich habe ihn x-mal gelesen, und immer wieder hab' ich mich gefreut. Besonders, daß es Dir jetzt gesundheitlich wieder besser geht. Stimmt das auch wirklich? Gehe zu dieser Jahreszeit nur recht viel spazieren und lege Dich mal auf den Balkon und vor allen Dingen, laß ruhig in diesem Jahr das Spähnen. Deine Kränzchendamen würden Dir das bestimmt nicht übelnehmen, und wenn ich auf Urlaub komme, dann trampel ich Dir doch mit meinen Soldatenstiefeln alles wieder voll. Übrigens, wenn Du willst, kannst Du ruhig auch mal Pferdefleisch probieren, es schmeckt bestimmt nicht schlecht. Nur wild wird man nicht davon, es sei denn, wenn es allzu zäh ist. Aber unseres war ganz ordentlich, das hätte ich jedenfalls nie gedacht. Jetzt können wir uns das natürlich nicht mehr leisten, denn hier haben wir nicht für uns allein ein Haus. Jedoch auf Radio haben wir nicht verzichtet und führen auch sonst hier ein ganz beschauliches Leben. Wir haben am Tage über unsere Beschäftigung und abends hören wir den beliebten Hott, allerdings nicht mehr bei elektrischem Licht.

Und Gerhard war wieder einmal auf Urlaub? Das ist ja kaum glaubhaft, was der Mensch für ein Schwein hat. Wie hat er das denn bloß wieder fertiggekriegt? Du schreibst auch, daß der Jahrgang 24 auch schon hier im Osten ist, das geht jetzt ja jedes Jahr schneller; nachher kommt es so weit, daß wir in 2 Jahren schon 15jährige an der Front haben. Na, so schlimm wird es nicht werden, es ist jedenfalls gut, daß jetzt auch diejenigen, die sich bisher drücken konnten, einmal etwas vom Krieg hier zu spüren bekommen. Dadurch, daß jetzt Schüler die Flak in den Städten unterstützen, werden natürlich auch wieder Unmengen von Soldaten für die Ostfront frei, denn hier können wir sie eher gebrauchen, als in der Heimat. Nur Walti hat mal wieder Schwein gehabt, das Luder. Aber warte man, mein Sohn, in diesem Sommer wirst Du bestimmt zur Erntehilfe müssen. Na, ich werde ja bald einen Brief von Dir bekommen, da wirst Du mir sicher so allerhand zu erzählen haben.

Du schreibst, daß auch Harald gefallen ist. Es ist doch so unendlich traurig, daß so viele junge Menschen ihr Leben lassen müssen. Aber was nützt uns das Klagen, es fallen ja so viele, und wir wissen auch, daß es einen großen Sinn hat. Und warum soll man da mit Bangen in die Zukunft sehen, wo niemand weiß, was sie uns bringen wird. Man muß eben hier Glück haben, das ist alles; Strapazen lassen sich sowieso immer überwinden. Und da bleibt es sich doch gleich, ob man an gefahrvollen oder ruhigen Stellen ist, den einen kann's da, den anderen dort treffen und viele kommen überall heil heraus, und das nennt man Schwein und Schwein muß man schon haben, sonst ist alles Mist. Das Soldatenleben ist nun mal ganz anders, als das zivile und hat in seiner Art bestimmt auch Reize, besonders, wenn es ab und zu mal etwas besonderes, wie Schnaps, Schokolade usw. und vor allen Dingen auch Urlaub gibt. So ein gewaltiger Feldzug ist auf jeden Fall sehr interessant, wenn man auch manchen Annehmlichkeiten entsagen muß. Dafür haben wir Krieg.

So, nun wieder etwas anderes. Also Fotos von mir habe ich leider noch nicht, wenn ich auch schon unzählige Male verewigt worden bin. Aber Du weißt ja, es werden hier keine Bilder mehr gemacht. Bekommen tust Du bestimmt mal eins von mir, das verspreche ich Dir. Vielleicht kann ich das ja mal mit ein paar Zeichnungen wettmachen. Wie haben Dir übrigens die beiden gefallen? Es war nur mal wieder ein kleiner Versuch.

So, das wäre für heute wohl alles, bald hört Ihr mehr. In der Hoffnung, dass Dein nächster Brief, liebe Mutti, genau so fröhlich wie der letzte sein wird, grüße ich Euch drei Hübschen recht herzlich,

Euer Werner

Im Osten, den 18.IV.43

Meine liebe Mutti.

Ich weiß im Moment gar nicht, ob ich Dir schon für Deinen lieben Luftpostbrief Nr. 34 gedankt habe, ich glaube es jedenfalls nicht, und so nimm also jetzt meinen herzlichsten Dank dafür. Ich habe ihn nämlich am letzten Sonntag erhalten und Euch seither nicht wieder geschrieben. Auch dieser Brief brauchte die ungewöhnliche Zeit von nur 4 Tagen hierher, ist das nicht fabelhaft? Da ich jetzt wieder Marken habe, werde ich gleich 2 schicken und ebenso eine Päckchenmarke (natürlich, wenn's Dir nichts ausmacht). Eine werde ich Papi schicken. Außerdem habe ich von Dir schon das erste Päckchen mit den herrlichen Kuchen, die ich ja so lange entbehren mußte, empfangen, wofür ich Dir ebenfalls recht herzlich danke. Sie waren, wie immer, unverändert prima, und ich wundere mich nur, woher Du noch die schönen Zutaten hast, ich glaube, Du opferst mir alles!

Warum ich eine ganze Woche nicht geschrieben habe, werde ich Dir gleich erklären, vorher will ich jedoch erst mal auf Deinen lieben Brief eingehen, der mir wieder sehr gefallen hat, da Du gottlob wieder Deinen alten, vertraulichen Stil angenommen hast und hoffentlich auch beibehälst, denn, wie ich ja neulich schon mal schrieb, trägt ein solcher Brief sehr zur guten, fröhlichen Laune des Landsers bei. Ich weiß wohl, daß es oft schwer fällt, etwas zu schreiben, was nicht mit der augenblicklichen Stimmung zu vereinbaren ist, man muß sich aber auch ein wenig zwingen können und Schweres herunterschlucken, dabei nach Außen immer ein freundliches, lächelndes Gesicht zeigen. Das heißt nun nicht, sich innerlich selbst belügen; man würde niemals ins Reine kommen, wann man sich nicht so aussprechen dürfte, wie man wollte. Ich habe bis jetzt auch nie ein Blatt vor den Mund genommen und immer die Wahrheit geschrieben, so wie mir zumute war, jedoch mich bemüht, immer ein freundliches Lächeln zu bewahren, wenn man so sagen kann, und vor allen Dingen meinen Humor mir niemals nehmen lassen, wenn es vielleicht doch manchmal so klang.

Du wirst Dich nun fragen: was hat der Junge? Ich will's doch vorwegnehmen: Wir waren in den letzten Tagen vorne und haben einen Angriff gemacht, und Du kannst Dir denken, daß er, da er mit unendlichen Schwierigkeiten verbunden war, seelisch und auch körperlich Spuren hinterlassen hat. Man kann das schlecht schildern, wie einem dabei zumute ist, wenn man den sicheren Tod schon im Auge gesehen hat, Ihr werdet es schlecht begreifen können. Ich will keine Einzelheiten schreiben, das kann ich nicht: es hat jedenfalls mit unserem Funk geklappt, und wir liegen nun wieder für unbestimmte lange Zeit in Ruhe und werden nach Strich und Faden verwöhnt, was körperliche Genüsse anbetrifft. Du kannst Dir denken, daß ich nicht gleich schreiben konnte, man muß sich erst einmal wieder erholen, was wir auch jetzt in vollen Zügen tun werden. Eine kleine Überraschung ist an der Sache auch noch, und zwar soll hier in Kürze von der PK ein Hörbericht gemacht werden, dessen Wiedergabe im Rundfunk ich noch schreiben werde. Es war ja auch eine großangelegte Sache mit neuen Waffen von unerhörter Wirkung. Na, vielleicht hört Ihr das ja, es wäre ganz nett.

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