BGB Allgemeiner Teil I

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bb) Rechtsfähige Personenverbände

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Neben den natürlichen und juristischen Personen kennt unsere Rechtsordnung (vgl. § 14 Abs. 2, § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO, § 7 Nr. 3 MarkenG) schließlich noch rechtsfähige Personengesellschaften. Es handelt sich dabei um Zusammenschlüsse, die selbst keine „juristische Personen“ sind.[19] Personengesellschaften entstehen durch Rechtsgeschäft, nämlich den Gesellschaftsvertrag und werden unter bestimmten Voraussetzungen kraft Gesetzes (z.B. §§ 123, 124 HGB für die OHG) oder im Wege richterlicher Rechtsfortbildung (z.B. Außen-GbR[20]) weithin wie juristische Personen behandelt und sind als Kollektiv insoweit mit eigener Rechtsfähigkeit ausgestattet.

Beispiele

Rechtsfähige Personengesellschaften sind insbesondere (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO): die offene Handelsgesellschaft (vgl. §§ 123, 124 HGB), die Kommanditgesellschaft (§§ 161 Abs. 2, 123, 124 HGB), die Partnerschaftsgesellschaft (§ 7 Abs. 2 PartGG i. V. m. § 124 HGB), die Vor-GmbH,[21] die Vor-AG[22] und die nach außen als Einheit am Rechtsverkehr teilnehmende BGB-Gesellschaft (§ 124 HGB analog[23]). Hinzu kommen weitere rechtsfähige Personenverbände ohne eigene Rechtspersönlichkeit, nämlich die Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 10 VI WEG) und der nicht eingetragene Verein (§ 54).[24]

JURIQ-Klausurtipp

Eine Vertiefung der (schwierigen) Frage nach der juristischen Eigenpersönlichkeit der Personenverbände hilft in der Fallbearbeitung an diesem Prüfungspunkt nicht weiter.[25] Entscheidend ist die Anerkennung der Rechtsfähigkeit für das konkret zu prüfende Schuldverhältnis durch den Gesetzgeber oder durch (richterliche) Rechtsfortbildung.

Die Rechtsfähigkeit einer juristischen Person oder eines (rechtsfähigen) Personenverbandes ist anhand der jeweiligen Norm zu begründen, die die Rechtsfähigkeit beschreibt (z.B. § 13 Abs. 1 GmbHG für die GmbH, §§ 123, 124 HGB für die OHG). Gibt der Sachverhalt dazu Anlass, ist in diesem Zusammenhang auch auf die wirksame Errichtung der juristischen Person bzw. des Personenverbandes einzugehen.

Zur Begründung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR sollten Sie auf § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO, § 191 Abs. 2 Nr. 1 UmwG verweisen und die Argumentation der h.M., insbesondere des BGH,[26] in ihren wesentlichen Grundzügen knapp darstellen. Wegen § 54 gilt dies für den nicht eingetragenen Verein entsprechend. Bei der „Vor-GmbH“ bzw. „Vor-AG“ müssen Sie die (richterrechtlichen) Grundsätze zur Rechtsfähigkeit dieser Gesellschaften präsentieren.

b) Die Anspruchsvoraussetzungen

32

Die Entstehung eines konkreten Anspruchs ist an besondere tatsächliche Voraussetzungen gebunden, die sich aus der jeweiligen Anspruchsgrundlage ergeben. Es handelt sich um diejenigen Tatsachen, die die gewünschte Leistungspflicht nach Maßgabe der von Ihnen gerade geprüften Anspruchsgrundlage unmittelbar auslösen. Anspruchsgrundlagen können sich zum einen aus einem Rechtsgeschäft ergeben, das auf Begründung eines Anspruchs gerichtet ist. § 311 Abs. 1 verlangt dafür regelmäßig ein Rechtsgeschäft in Form eines Vertrages (z.B. Kaufvertrag, Mietvertrag, Werkvertrag).

JURIQ-Klausurtipp

Anspruchsvoraussetzung für einen vertraglichen Primäranspruch ist also eine vertragliche Vereinbarung, die auf Begründung des geprüften Anspruchs gerichtet ist. Die im Gesetz aufgeführten Normen zur Typisierung der verschiedenen Vertragsarten sind keine Anspruchsgrundlagen – es handelt sich ja eben gerade nicht um ein gesetzliches Schuldverhältnis. Dies kann nicht oft genug betont werden. Bei Primäransprüchen aus atypischen Verträgen (z.B. Lizenzvertrag oder Theateraufführungsvertrag) bringen seitenlange Ausführungen zur Bestimmung des Vertragstyps nichts: Es kommt allein auf die Verpflichtung aus der konkreten Vereinbarung an! Der Anspruch folgt „aus Vertrag“ und nicht „aus § X“.[27] Haben Sie einen Vertrag, der unproblematisch einem Vertragstyp des BGB entspricht, wäre es allerdings unklug, auf das entsprechende Normzitat zu verzichten und einen stichwortverliebten Korrektor damit zu irritieren. Deswegen empfiehlt sich regelmäßig folgende Formulierung (am Beispiel eines Kaufpreiszahlungsanspruches): Anspruch „aus Kaufvertrag gemäß § 433 Abs. 2“.[28]

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Es gibt nach der Formulierung des § 311 Abs. 1 aber auch Ansprüche aus anderen Rechtsgeschäften, die keine Verträge sind, sondern einseitige Rechtsgeschäfte.

Beispiele

Ansprüche aus Auslobung gem. § 657 oder Vermächtnis gem. §§ 1939, 2147, 2174.

34

Ansprüche werden außerdem durch Gesetz oder Gewohnheitsrecht begründet.

Beispiele

Gesetzliche Ansprüche aus §§ 122, 179, 280 ff., 546, 546a Abs. 1, 604, 681, 683, 684 S. 1, 812 ff., 823 ff., 861 f., 985 ff., 1004 Abs. 1, 2018 ff.; Unterlassungsansprüche nach den Grundsätzen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses als gewohnheitsrechtliche Ausprägung von § 242.

35

Jede dieser möglichen Anspruchsgrundlagen hat ihre eigenen Voraussetzungen, die Sie Schritt für Schritt durchgehen.

Bei der Prüfung der jeweils einschlägigen Anspruchsvoraussetzungen können Sie auf Tatbestandsmerkmale stoßen, die mittels sog. „Hilfsnormen“ ausgefüllt werden müssen.


Hilfsnormen sollen uns bei der Anwendung von Tatbeständen helfen, indem sie Tatbestandsmerkmale definieren oder beschreiben.[29]

Beispiel

Der Tatbestand des Anspruchs aus § 288 Abs. 1 S. 1 lautet: „Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen.“ Zum Tatbestand des gesetzlichen Zinsanspruchs aus § 288 Abs. 1 S. 1 gehört also auch das Merkmal des Verzugs. Wann Verzug eintritt, ergibt sich aus der Hilfsnorm des § 286.

Außerdem hat uns § 288 Abs. 1 S. 1 noch keine Auskunft darüber gegeben, wie hoch der Verzugszinssatz denn eigentlich ist. Hier hilft § 288 Abs. 1 S. 2: „Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.“ Es stellt sich eine weitere Frage: Was ist der „Basiszinssatz“? Hier hilft wiederum § 247.

c) Rechtshindernde Einwendungen

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Wenn Sie nun alle Prüfungspunkte abgearbeitet haben, liegen die Voraussetzungen der jeweiligen Anspruchsgrundlage im Ergebnis entweder vor oder nicht. Liegen die Voraussetzungen vor, ist der Anspruch möglicherweise dennoch nicht entstanden. Es gibt nämlich Tatbestände, die die Entstehung des Anspruchs ausnahmsweise verhindern können. Man nennt diese Tatbestände „rechtshindernde Einwendungen“ (des Schuldners/Beklagten).[30] Um sich diesen Begriff besser merken zu können, müssen Sie sich Folgendes vor Augen führen:

 

Der Zivilrichter ermittelt im Prozess die relevanten Tatsachen nicht von Amts wegen. Vielmehr müssen die Prozessparteien dem Richter den Sachverhalt „liefern“. Für bestimmte Tatsachen ist der Kläger verantwortlich, für andere der Beklagte. Man nennt dies die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast.

Im Grundsatz gilt: Jede Partei muss diejenigen Tatsachen darlegen und im Streitfalle beweisen, die ihr günstig sind. Gelingt einer Partei der Beweis nicht, wird die ihr günstige Tatsache bei der Bewertung nicht berücksichtigt.

Die Anspruchsvoraussetzungen muss folglich der Kläger darlegen und ggfs. beweisen. Bei den rechtshindernden Tatsachen handelt es sich dagegen um Ausnahmen von der regelmäßigen Entstehung des Anspruchs. Also muss diese im Prozess welche Partei darlegen und beweisen? Richtig, der Beklagte – denn ihm sind diese anspruchsverhindernden Tatsachen günstig. Er wendet die rechtshindernden Tatsachen im Prozess gegen den anspruchsbegründenden Klägervortrag ein, indem er sie seinerseits dem Richter vorträgt.

Beispiele

Einwand fehlender Vertretungsmacht eines Vertreters bei Vertragsschluss (§ 177 Abs. 1), Einwand der Formnichtigkeit (§ 125 S. 1), Einwand der Sittenwidrigkeit (§ 138), Einwand anfänglicher Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1), Einwand der Kenntnis vom fehlenden Rechtsgrund zur Leistung nach § 814, Einwand bestehender Besitzberechtigung nach § 986, Einwand bestehender Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2, Einwand einer vereinbarten Haftungsbeschränkung.

JURIQ-Klausurtipp

In der Klausur müssen Sie nicht zwingend erst alle Anspruchsvoraussetzungen prüfen, um überhaupt ein Wort zu rechtshindernden Einwendungen verlieren zu können. Sie können rechtshindernde Einwendungen auch vorziehen, um überflüssige Ausführungen zu vermeiden oder weil es aus Gründen der Verständlichkeit und der Systematik geboten ist.

Prüfen Sie beispielsweise einen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung wegen Leistungsverzögerung im Rahmen eines Grundstückskaufvertrages aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, gehört die Frage nach der Form(nichtigkeit) des Kaufvertrages nach § 125 S. 1 i.V.m. § 311b Abs. 1 S. 1 bereits zum ersten Prüfungspunkt „Schuldverhältnis“. Der Abschluss des Kaufvertrages begründet grundsätzlich ein Schuldverhältnis als erste Voraussetzung des § 280 Abs. 1. Der begründete Einwand einer Formnichtigkeit macht den Kaufvertrag aber unwirksam und verhindert so die Entstehung des geprüften Schadensersatzanspruches. Die weiteren Anspruchsvoraussetzungen müssten dann nicht mehr geprüft werden.

2. Anspruch erloschen?

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Als Zwischenergebnis Ihrer bisherigen Prüfung ist der Anspruch nun entweder entstanden oder nicht. Wenn er entstanden ist, stellt sich die weitere Frage, ob der Anspruch jetzt noch besteht. Er könnte ja in der Zwischenzeit wieder erloschen sein. Schuld daran wären entweder Rechtsgeschäfte (z.B. Aufrechnung gem. § 389, Erlassvertrag gem. § 397) oder gesetzliche Einwendungstatbestände, die sinngemäß die Rechtsfolge anordnen: Dieser Anspruch besteht jetzt nicht mehr – drastisch gesprochen: Der Anspruch wird „vernichtet“.

Welche Partei muss im Prozess solche rechtsvernichtenden Tatsachen darlegen und beweisen? Natürlich der beklagte Schuldner, denn ihm sind diese Tatsachen günstig. Man nennt sie deshalb rechtsvernichtende Einwendungen (des Schuldners/Beklagten).[31]

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Solche rechtsvernichtenden Tatbestände erkennen Sie zum einen an folgenden Formulierungen:

„Das Schuldverhältnis erlischt, wenn …“, vgl. z.B. §§ 362 Abs. 1, 364 Abs. 1, 389, 397;

„… der Schuldner wird befreit …“, vgl. z.B. § 378.

Andere rechtsvernichtende Wirknormen sind nach ihrem Wortlaut nicht so eindeutig zu erkennen. Die rechtsvernichtende Wirkung bestimmter Umstände zeigt sich häufig erst indirekt. Wir werden in dieser Skriptenreihe im jeweiligen Sachzusammenhang darauf zurückkommen.

Beispiel

Ein wirksam ausgeübter Rücktritt vernichtet die bisherigen vertraglichen Primäransprüche. Wenn ein Verkäufer beispielsweise von einem Kaufvertrag zurücktritt, kann er den Kaufpreis nicht mehr gem. § 433 Abs. 2 verlangen. Diese Folge ergibt sich indirekt aus § 346 Abs. 1: Wenn der Kaufpreis bereits gezahlt worden wäre, müsste er wieder zurückerstattet werden (§ 346 Abs. 1). Daraus folgt für den Fall, dass der Preis noch nicht gezahlt wurde, erst recht: Der Verkäufer kann die Zahlung des Kaufpreises nach einem wirksamen Rücktritt nicht mehr verlangen. Der Gesetzgeber hielt dies für so selbstverständlich, dass er uns in der Begründung seiner Regelungen zur Schuldrechtsreform mitgeteilt hat, diese Wirkung müsse man nicht eigens in § 346 Abs. 1 aussprechen.[32]

3. Anspruch durchsetzbar?

39

Wenn Sie nun festgestellt haben, dass der einmal entstandene Anspruch immer noch besteht, ist bald alles geschafft. Der Anspruchssteller ist fast am Ziel, aber eben nur fast. Sein Anspruch nützt ihm nichts, wenn dieser sich nicht gerichtlich durchsetzen lässt.

a) Fälligkeit

40

Der Richter darf den Beklagten grundsätzlich nur zu fälligen Leistungen verurteilen. Die Zivilprozessordnung (ZPO) erlaubt Ausnahmen nur in engen Grenzen (vgl. §§ 257–259 ZPO). Der Anspruch ist grundsätzlich also erst dann gerichtlich durchsetzbar, wenn er auch fällig ist.


Der Begriff der Fälligkeit meint allgemein den Zeitpunkt, ab dem der Gläubiger (im Prozess: der Kläger) die aufgrund seines Anspruchs geschuldete Leistung verlangen kann.[33]

Im Zweifel kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen (§ 271 Abs. 1). Abweichende Fälligkeitstermine können vertraglich vereinbart, also durch Rechtsgeschäft geschaffen werden:

„Zahlung in 14 Tagen“, „Zahlung nach Rechnungserhalt“.

Fälligkeitstermine können sich auch aus dem Gesetz ergeben:

§§ 556b Abs. 1, 579, 587, 604, 614, 641, 1361 Abs. 4, 1585 Abs. 1, 1612 Abs. 3.

Schließlich können sich solche Ausnahmen mangels vertraglicher oder gesetzlicher Regeln auch aus „den Umständen“ entnehmen lassen (vgl. § 271 Abs. 1):

Beispiel

Der Vermieter von Wohnräumen muss eine Kaution des Mieters im Zweifel noch nicht bei Beendigung des Mietverhältnisses zurückzahlen, sondern erst dann, wenn feststeht, ob ihm noch Ansprüche gegen den Mieter zustehen. Zur Feststellung seiner Ansprüche stehen dem Vermieter regelmäßig 3–6 Monate zur Verfügung.[34]

b) Einreden

41

Der Richter bzw. Rechtsanwalt – in der Klausur sind Sie das – hat bis hierher die Frage beantwortet, ob dem Gläubiger (im Prozess: Kläger) ein fälliger Anspruch zusteht und der Schuldner (im Prozess: Beklagter) – leider – leisten muss, d.h. etwas zahlen, unterlassen, herausgeben muss oder was sonst auch immer Inhalt des Anspruchs sein mag.

Das Gesetz gibt dem Schuldner aber noch eine „Notbremse“ an die Hand, die nur er betätigen darf: ein Leistungsverweigerungsrecht. Der Gesetzgeber begründet über entsprechende Tatbestände solche Leistungsverweigerungsrechte. Dem Schuldner steht es frei, sich auf dieses Recht zu berufen. Der Richter kann ihm diese Entscheidung nicht abnehmen. Man nennt diese Leistungsverweigerungsrechte auch Einreden.[35]

Hinweis

Bei den „Einreden“ muss der Schuldner „reden“, er muss sich auf diese Einrederechte berufen. Hat der Schuldner nicht „geredet“, hat er von seinem Leistungsverweigerungsrecht also keinen Gebrauch gemacht, bleibt dem Richter nichts anderes übrig, als ihn zur Leistung zu verurteilen.

Hat der Schuldner nach dem Ihnen vorliegenden Sachverhalt die Einrede nicht erhoben, prüfen Sie den Einredetatbestand trotzdem durch und weisen ggfs. darauf hin, dass die Einrede noch geltend gemacht werden könnte.[36] Dies kann nämlich auch noch im späteren Prozess geschehen.

Überlegen Sie einmal selbst, wer die Darlegungs- und Beweislast für die wirksame Erhebung einer Einrede trägt: Kläger oder Beklagter?

Die Darlegungs- und Beweislast für Einredetatbestände und für die Tatsache, dass der Schuldner sie erhoben hat (!) trägt – wer?

Je nach Wirkungsweise der Einreden unterscheiden wir zwischen zwei Einredearten.

aa) Peremptorische Einreden

42

Einredetatbestände können dem Schuldner ein dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht geben (sog. „peremptorische Einreden“, vgl. auch § 813 Abs. 1 S. 1).[37] Macht der Schuldner von einer solchen Einrede Gebrauch, geht für den Gläubiger nichts mehr. Er hat zwar einen Anspruch, kann ihn aber nicht mehr durchsetzen. Der Anspruch besteht rechtlich zwar noch, ist faktisch aber verloren.[38] Sie erkennen diese Einredetatbestände an der Formulierung

„… kann/ist berechtigt zu verweigern …“

Beispiele

Verjährung (Einredetatbestand: § 214[39]), Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung (Einredetatbestand: § 821), Arglisteinrede (Einredetatbestand: § 853), Einrede der beschränkten Minderjährigen- bzw. Erbenhaftung (Einredetatbestände: §§ 1629a, 1973, 1975, 1990), Anfechtbarkeitseinrede (Einredetatbestand: § 2083).

 

bb) Dilatorische Einreden

43

Andere Einredetatbestände geben dem Schuldner nur ein vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht (sog. „dilatorische Einreden“).[40] In den entsprechenden gesetzlichen Einredetatbeständen wird diese Einschränkung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Die Formulierungen lauten dann:

„… kann/ist berechtigt zu verweigern, bis/solange …“

Beispiele

Zurückbehaltungsrechte aus §§ 273, 320, 348, Einreden des Bürgen aus §§ 770, 771.

Hinweis

Bei den Zurückbehaltungsrechten sieht das Gesetz einen besonderen prozessualen Ausgang vor. Der Richter darf die Klage bei Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nicht abweisen, sondern muss den beklagten Schuldner gleichwohl verurteilen – aber nicht uneingeschränkt. Die Verurteilung erfolgt nur zu einer Leistung Zug-um-Zug gegen Erbringung der Gegenleistung durch den klagenden Gläubiger (vgl. §§ 274 Abs. 1, 322 Abs. 1). Im Ergebnis also nur ein halber Triumph für den Kläger.

Mit der Prüfung der Durchsetzbarkeit haben Sie die Begutachtung des jeweiligen Anspruchs abgeschlossen und stellen Ihr Endergebnis abschließend dar.

Anmerkungen

[1]

Medicus/Petersen Bürgerliches Recht Rn. 6.

[2]

Medicus/Petersen Bürgerliches Recht Rn. 5.

[3]

Zur Vorgehensweise bei Fallfragen, die nicht auf die Prüfung von Ansprüchen abzielen, vgl. Medicus/Petersen Bürgerliches Recht § 2 („Grenzen des Anspruchaufbaus“) Rn. 17 ff.

[4]

Siehe dazu Palandt-Ellenberger Einl. v. § 1 Rn. 22.

[5]

Eine prägnante Übersicht der Gründe für diese Reihenfolge finden Sie bei Medicus/Petersen Bürgerliches Recht Rn. 8 ff.

[6]

Palandt-Ellenberger § 241 Rn. 5.

[7]

Palandt-Ellenberger § 241 Rn. 5.

[8]

Palandt-Ellenberger § 280 Rn. 9.

[9]

§ 347 Abs. 2 und § 284 bestehen nach dem Grundsatz des § 325 selbstständig nebeneinander: Urteil des BGH vom 20. Juli 2005 (Az: VIII ZR 275/04) unter Ziff. II 1 = NJW 2005, 2848 = BGHZ 163, 381 ff. und vom 15. April 2015 (Az: VIII ZR 80/14) unter Tz. 30 = NJW 2015, 1669; Palandt-Grüneberg § 325 Rn. 2 und § 347 Rn. 3.

[10]

Zum Verhältnis von § 536a Abs. 2 zu § 539 und § 536a Abs. 1 beachten Sie das wichtige Urteil des BGH vom 16. Januar 2008 (Az: VIII ZR 222/06) = NJW 2008, 1216.

[11]

Vgl. dazu §§ 12 ff. ZPO.

[12]

Medicus/Petersen Bürgerliches Recht Rn. 13; Petersen „Die Entstehung und Prüfung von Ansprüchen“, JURA 2008, 180, 181 unter Ziff. I 1.

[13]

Medicus/Petersen Allgemeiner Teil des BGB Rn. 1039; Palandt-Ellenberger Überbl. v. § 1 Rn. 1.

[14]

Vgl. Überschrift des 1. Abschnitts des 1. Buches des BGB.

[15]

Vgl. Überschrift des 1. Titels des 1. Abschnitts (§§ 1 ff.).

[16]

Vgl. Überschrift des 2. Titels des 1. Abschnitts (§§ 21 ff.).

[17]

Palandt-Ellenberger Überbl. v. § 1 Rn. 1.

[18]

Palandt-Ellenberger Einf. v. § 21 Rn. 1, 3 ff.

[19]

§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO spricht vom Vermögen einer Gesellschaft „ohne Rechtspersönlichkeit“.

[20]

Grundsatzurteil des BGH vom 29. Januar 2001 (Az: II ZR 331/00) = BGHZ 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056 ff.

[21]

Urteil des BGH vom 31. März 2008 (Az: II ZR 308/06) unter Ziff. II 1a.

[22]

Urteil des BGH vom 23. Oktober 2006 (Az: II ZR 162/05) unter Ziff. A I 1 = BGHZ 169, 270 ff. = NJW 2007, 589 ff.

[23]

Grundsatzurteil des BGH vom 29. Januar 2001 (Az: II ZR 331/00) = BGHZ 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056 ff.

[24]

Urteil des BGH vom 2. Juli 2007 (Az: II ZR 111/05) unter Ziff. C II 2a bb (zur aktiven und passiven Parteifähigkeit gem. § 50 Abs. 1 ZPO und damit auch zur Rechtsfähigkeit) = NJW 2008, 69 ff.

[25]

Siehe dazu die „goldenen Worte“ von Karsten Schmidt NJW 2001, 993 ff., insbesondere unter Ziff. II 3b bb („Die Rechtsfähigkeit der Personengesellschaft ist dictum genug.“) und unter Ziff. IV 1.

[26]

Grundsatzurteil des BGH vom 29. Januar 2001 (Az: II ZR 331/00) = BGHZ 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056 ff.

[27]

Leenen BGB AT § 4 Rn. 27 f. m.w.N.

[28]

So auch Petersen JURA 2008, 180, 182 unter Ziff. II 1b.

[29]

Medicus/Petersen Grundwissen zum Bürgerlichen Recht 10. Aufl. Rn. 16.

[30]

Medicus/Petersen Allgemeiner Teil des BGB Rn. 94; Medicus/Petersen Bürgerliches Recht Rn. 732, 734.

[31]

Medicus/Petersen Bürgerliches Recht Rn. 731 f.

[32]

BT-Drs. 14/6040, 194 li. Sp: „Der Rücktritt hat zugleich die Wirkung, dass die durch den Vertrag begründeten primären Leistungspflichten, soweit sie nicht erfüllt sind, erlöschen. Es erscheint allerdings in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht nicht erforderlich, diese Befreiungswirkung im Gesetzeswortlaut ausdrücklich auszusprechen.“

[33]

Palandt-Ellenberger § 271 Rn. 1.

[34]

Palandt-Weidenkaff Einf. v. § 535 Rn. 126.

[35]

Medicus/Petersen Allgemeiner Teil des BGB Rn. 92 ff.; Medicus/Petersen Bürgerliches Recht Rn. 732 f.

[36]

Petersen „Einwendungen und Einreden“, JURA 2008, 422 unter Ziff. I.

[37]

Medicus/Petersen Allgemeiner Teil des BGB Rn. 93; Medicus/Petersen Bürgerliches Recht Rn. 733.

[38]

Allerdings kann ein verjährter Anspruch noch unter den Voraussetzungen des § 215 für eine Aufrechnung oder die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts verwendet werden.

[39]

Beachten Sie hier den Kondiktionsausschluss nach §§ 813 Abs. 1 S. 2, 214 Abs. 2 S. 1 und die wichtige Bestimmung des § 215.

[40]

Medicus/Petersen Allgemeiner Teil des BGB Rn. 93; Medicus/Petersen Bürgerliches Recht Rn. 733.