Die besten 12 Strand Krimis Juni 2021

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22

Als Bount Reiniger sich am nächsten Abend wieder in Jack Lunas Lokal blicken ließ, war Maggie nicht da. Bount stellte das enttäuscht und unmutig fest. Er hatte gehofft, heute einen entscheidenden Schritt weiterzukommen. Natürlich hätte ihm Maggie auch einen ganz anderen Job vermitteln können, aber Bounts sechster Sinn sagte ihm, dass sie irgendwie mit den Truck-Hyänen zu tun hatte. Vielleicht war aber auch nur der Wunsch der Vater des Gedankens.

Nachdem Bount eine halbe Stunde herumgelungert hatte, traf Maggie ein. Ein betrunkener Rabauke packte sie und riss sie an sich. Er wollte sie lachend küssen, doch Maggie wusste sich zu wehren. Ein Schlag unter die Gürtellinie, eine Ohrfeige, die laut klatschte, und der Mann verlor schnell die Lust auf einen Kuss. Dafür wurde er von seinen Freunden lauthals ausgelacht.

Maggie setzte sich zu Bount.

„Du hast eine gute Handschrift“, sagte Bount Reiniger und wies mit den Augen nach dem Rabauken, der sich soeben verlegen setzte.

„Im Allgemeinen bin ich nicht so“, sagte das schwarzhaarige Mädchen. „Aber heute bin ich schlechter Laune.“

„Oho, dann muss ich mich wohl auch in Acht nehmen.“

„Kann nicht schaden“, gab Maggie zurück.

Bount beugte sich vor. „Würde dich ein Drink versöhnlicher stimmen?“

Sie schüttelte ihre schwarze Mähne. „Ich mag jetzt nichts.“

„Ist mir recht. Wie stehen meine Aktien? Kriege ich die Chance, an das große Geld ranzukommen?“

„Vielleicht.“

„Nur vielleicht? Wovon hängt’s ab?“

„Natürlich in erster Linie von dir. Es kommt darauf an, welchen Eindruck du machst.“

„Auf wen?“, fragte Bount.

„Draußen steht ein Wagen. Ein Mann sitzt darin. Sein Name ist Victor Tiggers. Ich bin mit ihm befreundet. Er würde sich gern mit dir unterhalten.“

„Was hast du ihm über mich erzählt?“, wollte Bount Reiniger wissen.

„Das, was ich von dir weiß. Der Rest ist jetzt deine Sache.“

Bount dankte dem Mädchen, dass es sich für ihn verwendet hatte, und verließ Jack Lunas Lokal. Er sah Tiggers sofort. Der Mann saß in einem dunkelblauen Oldsmobile.

Bount Reiniger ging auf das Fahrzeug zu. Das Fenster auf der Beifahrerseite stand offen. „Victor Tiggers?“, fragte Bount in den Wagen.

„Bruce Sheridan?“, fragte Tiggers zurück.

„Der bin ich.“

„Steig ein“, verlangte Victor Tiggers. Bount setzte sich neben den Gangster. „Maggie hat mir vorgeschwärmt, wie mutig du bist“, meinte Tiggers.

Bount grinste. „Bei aller Bescheidenheit - das Wort Angst kenne ich nicht.“

„Du weißt deine Fäuste gut zu gebrauchen. Wo hast du das gelernt?“

„Ich war schon als kleiner Junge ein gefürchteter Schläger. Mit zwölf lernte ich Judo, mit achtzehn Karate, dann wechselte ich in den Boxring über. So lernte ich von jedem etwas.“

„Truck zu fahren ödet dich an?“

„So möchte ich das nicht sagen. Der Job bietet mir nicht genügend Verdienstmöglichkeiten.“

„Du gibst gern viel Geld aus.“

„Erst mal haben“, erwiderte Bount grinsend.

„Wir könnten einen Mann wie dich gut gebrauchen.“

„Wir?“, fragte Bount.

„Meine Freunde und ich. Einen, der für Geld alles macht, der nicht viele Fragen stellt, der blitzschnell und eiskalt zu reagieren imstande ist ...“ Bount legte seine Hände lächelnd auf die Brust. „Dieser Mann sitzt neben dir, Vic. Wenn die Kasse stimmt, bin ich bereit, jeden Job zu übernehmen. Und ich bin zuverlässig. Du kannst mich testen.“

„Das werden wir. Du fährst für Errol Cabot?“

„Ja, seit ein paar Tagen. Wenn du willst, schmeiße ich den Kram da hin.“

Tiggers schüttelte den Kopf. „Du bleibst bis auf Weiteres bei Cabot.“

„Ist mir auch recht.“

Tiggers griff nach dem Zündschlüssel und startete den Motor. Der dunkelblaue Wagen setzte sich langsam in Bewegung.

„Wohin fahren wir?“, wollte Bount Reiniger wissen.

„Der Boss möchte dich sehen.“

„Ich dachte, du wärst das.“

Tiggers schüttelte den Kopf. „Ich bin bloß sein Stellvertreter.“

Sie fuhren zum Hafen. Nahe der Gowanus Bay steuerte Tiggers ein altes Lagerhaus an. Das Gebäude hatte eingeschlagene Fenster und teilweise vernagelte Türen. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Bount spürte ein unangenehmes Kribbeln im Nacken. Wenn er Glück hatte, stieß er jetzt bis zum Boss der Truck-Hyänen vor. Wenn ihm das Glück dann aber nicht treu blieb, konnte er in arge Schwierigkeiten geraten. Und ganz dick würde es kommen, wenn die Gangster sein falsches Spiel durchschauten.

Victor Tiggers stoppte sein Fahrzeug neben einem rostzerfressenen Eisentor. Er schaltete die Beleuchtung aus und verließ den Wagen. Bount folgte seinem Beispiel.

Von der Upper Bay wehte eine feuchte Brise herüber. Der Himmel war tintig. Kein Stern zeigte sich, denn über der Stadt hing seit dem frühen Nachmittag eine dicke Wolkendecke.

Tiggers trat an das Tor. Er klopfte: dreimal lang, zweimal kurz. Drinnen wurde ein Riegel zur Seite geschoben, und dann sah Bount Reiniger Charles Marcuse wieder.

Bount schluckte trocken. In dem Durchgang, in dem er an Marcuse geraten war, war es stockdunkel gewesen. Dort konnte der Gangster sein Gesicht nicht gesehen haben. Aber vielleicht war es ihm schon früher aufgefallen.

Marcuse streifte Bount mit einem kurzen Blick. „Was ist mit dem?“, fragte er seinen Komplizen. „Wie heißt der?“

„Bruce Sheridan“, antwortete Bount.

Marcuse musterte ihn finster. „Sag mal, haben wir uns schon mal irgendwo gesehen?“

„Nicht, dass ich wüsste“, erwiderte Bount Reiniger.

„Dein Gesicht kommt mir irgendwie bekannt vor.“

„Ich bin oft in Jack Lunas Lokal.“

„Dann werde ich dich da gesehen haben“, brummte Marcuse und trat zur Seite. Tiggers führte Bount in ein kleines Büro mit Glaswänden. In einem Schreibtischsessel, der bei jeder Bewegung quietschte und ächzte, saß ein Mann, dessen Namen Bount von Victor Tiggers erfuhr: Eliot Banninger.

Banninger erhob sich und bot Bount Platz an. Doch Bount Reiniger schüttelte den Kopf und sagte: „Vielen Dank, ich stehe lieber.“ Er war beweglicher, solange er stand. Und es war angeraten, im Kreise dieser Verbrecher auf der Hut zu sein.

Von der Decke hing ein schwarzer Draht, der in eine Fassung mündete, in die eine Glühbirne geschraubt war. Wegen des blechernen Lampenschirms konnte das Licht nur nach unten fallen.

Bount verschränkte die Arme vor der Brust. „Und nun?“, fragte er.

„Der Boss wird in wenigen Minuten eintreffen“, sagte Tiggers.

„Wie soll ich mich verhalten?“

„Ganz natürlich.“

„Mir liegt sehr viel daran, einen guten Job zu kriegen“, sagte Bount.

„Ich bin sicher, du wirst ihm gefallen“, meinte Tiggers.

„Und was dann?“

„Dann gehörst du zu uns. Du kriegst eine Maske, eine MPi und darfst dich an der Truck-Jagd beteiligen.“

Bount spielte den Verblüfften. „Ach, ihr seid das?“

„Überrascht?“

„Einigermaßen. Mann, ist ja toll, dass ich bei euch einsteigen kann.“ Bounts Miene wurde ernst. „Verdammt, was ist aber, wenn ich eurem Boss nicht zusage?“

„Wenn diese Möglichkeit bestanden hätte, hätte ich dich nicht hierhergebracht“, erwiderte Tiggers.

„Meine Güte, ich bin gespannt wie ein Regenschirm“, sagte Bount. Im selben Moment hörte er einen Wagen vorfahren. Der Boss der Truck-Hyänen war eingetroffen.

Eine Fahrzeugtür fiel ins Schloss. Gleich darauf hörten die Männer Schritte. Sie näherten sich dem Tor. Dann wurde geklopft: dreimal lang, zweimal kurz. Charles Marcuse sagte: „Ich gehe schon.“

Er verließ das Büro. Bount Reiniger versuchte, sich seine Erregung nicht anmerken zu lassen. Er setzte sich auf die Schreibtischkante, hörte, wie Marcuse das Tor öffnete und den Chef einließ.

Durch die Glaswand sah Bount Reiniger die beiden Gestalten näher kommen. Rechts ging Marcuse. Nach wenigen Augenblicken erfasste der flache Lichtkegel der Lampe auch das Gesicht des anderen.

Es war Tennessee Brooks, der Fuhrparkleiter von Errol Cabots Frachtunternehmen!

23

Brooks betrat vor Marcuse das Büro. Bount blickte ihn mit offenem Mund an. Der Boss der Truck-Hyänen lachte amüsiert. „Mach den Mund zu, Sheridan. Es zieht.“

„Sie sind also der Kopf der Gang“, sagte Bount Reiniger.

„Was verblüfft dich so? Traust du mir so etwas nicht zu?“

„Errol Cabot bringt Ihnen großes Vertrauen entgegen.“

„Ein Vertrauen, das ich durchaus rechtfertige, was meine Aufgaben als Fuhrparkleiter angeht“, sagte Tennessee Brooks. „Was ich nebenbei noch mache, geht Cabot nichts an. Ich arbeite mit den größten Hehlern New Yorks zusammen. Wenn meine Männer einen Truck überfallen, ist die Ware schon so gut wie verkauft. Die Coups schnurren so zufriedenstellend ab, dass ich mich entschlossen habe, meine Crew auszubauen.“

„Deshalb bin ich hier. Ich würde furchtbar gern für Sie arbeiten“, sagte Bount.

Brooks trat einen Schritt näher. Er musterte Bount Reiniger von Kopf bis Fuß. „Ich würde jeden anderen nehmen, nur nicht dich, Bruce Sheridan!“, kam es scharf über seine Lippen.

Bounts Mund wurde trocken. „Was haben Sie gegen mich?“, fragte er mit belegter Stimme.

Brooks’ Augen verengten sich. „Packt ihn!“, befahl er seinen Männern. Alle drei stürzten sich augenblicklich auf Bount. Sie umklammerten ihn so fest, dass er sich nicht mehr rühren konnte.

 

„Mister Brooks, was hat das zu bedeuten?“, rief Bount erschrocken aus.

Tennessee Brooks kam noch einen Schritt näher. „Ich habe Erkundigungen über dich eingeholt, mein Junge. Die Auskünfte, die ich erhielt, waren nicht sehr zufriedenstellend für mich. Bei BINGO TRANS hat es nie einen Bruce Sheridan gegeben. Ich habe gut ein Dutzend anderer Frachtunternehmen angerufen. Auch da ist ein Bruce Sheridan unbekannt. Es gibt keinen Fahrer dieses Namens. Kannst du mir das erklären?“

Bount saß verdammt in der Klemme. Er musste sich ganz schnell eine halbwegs glaubhafte Geschichte einfallen lassen. „Ich ... ich war verheiratet. Bin seit zwei Jahren geschieden. Meine Frau verfolgt mich mit Unterhaltszahlungen ... Sie will mich fertigmachen. Sobald sie herauskriegt, wo ich arbeite, lässt sie meinen Lohn pfänden, deshalb bin ich gezwungen, ständig den Arbeitsplatz zu wechseln. Manchmal verwende ich dazu auch einen falschen Namen. Ich habe mir Papiere auf verschiedene Namen verschafft ...“

Tennessee Brooks baute sich vor Bount auf. „Ein schönes Märchen, das du mir da auftischst.“

„Es ist die Wahrheit.“

„Eben nicht!“, schrie Brooks. Er holte aus. Bount sah die Faust kommen und spannte die Bauchmuskeln. Der Schlag war hart und schmerzhaft. „Du lügst. Sag mir die Wahrheit. Sag, wer du wirklich bist!“

„Mein richtiger Name ist William Borden“, stöhnte Bount.

„Oh nein“, widersprach ihm Brooks. „Du lügst schon wieder. Ich fand in Errol Cabots Büro auf einem Notizblock eine Telefonnummer. Kein Name. Keine Anschrift. Nur die Nummer. Ich wählte sie, und da meldete sich eine sympathische Mädchenstimme mit: ,Detektei Reiniger. Büro für private Ermittlungen ... Ich war nicht zu faul, zu dieser Detektei zu fahren. Ich gab dem Pförtner deine Beschreibung, worauf dieser mir bestätigte, dass das Mister Bount Louis Reiniger wäre. Was sagst du dazu? Jetzt bist du baff, was?“

Bount überlief es kalt. Teufel, jetzt hatte er mehr Schwierigkeiten am Hals, als er vertragen konnte. Tennessee Brooks und seine Männer würden ihn nicht mehr laufen lassen, das war klar.

Es war ihm zwar gelungen, die Truck-Hyänen ausfindig zu machen, doch er würde mit seinem Wissen keinen Schaden mehr anrichten können, dafür würden die Gangster garantiert sorgen.

Brooks grinste stolz. „Du hast dich mächtig angestrengt, Reiniger, aber genau betrachtet, hat es dir nur Schwierigkeiten eingebracht. Wir werden dich umlegen. Aber nicht auf die schnelle Tour. Du sollst etwas davon haben. Ganz langsam werden dich meine Männer krepieren lassen, Schnüffler. Du wirst den Tod herbeisehnen.“

Zu seinem privaten Vergnügen verpasste Brooks dem Detektiv noch einen Magenhaken. Bount presste die Kiefer zusammen, um nicht aufzuschreien.

„Fesselt ihn!“, befahl Brooks seinen Männern.

Tiggers und Banninger hielten Bount weiter fest, während Marcuse einen widerstandsfähigen Strick holte. Sie drückten ihm die Arme auf den Rücken und schnürten ihn wie ein Paket zusammen.

Tennessee Brooks prahlte indessen mit den Taten seiner Männer. Dabei erfuhr Bount Reiniger auch, dass Marcuse unter anderem Paul Carson und Jozef Kalescu auf dem Gewissen hatte. Brooks erzählte auch, weshalb Marcuse das Krankenhaus aufgesucht hatte. Das Bild rundete sich ab. Viele Fragen brauchten nicht mehr gestellt zu werden. Brooks beantwortete sie im Vorhinein mit seinem angeberischen Redefluss.

„Und wir werden weitermachen!“, sagte er, als Bount auf dem Boden lag und sich nicht mehr bewegen konnte. „Wie man sieht, kann uns auch ein Bount Reiniger nicht daran hindern. Heute Nacht holen wir uns eine Ladung Mini-Computer. Brick Curtis soll sie von Proby-Electronics abholen und nach Rockland bringen. Aber seine Fahrt mit dem Truck wird schon nach fünfzehn Minuten zu Ende sein. Meine Männer werden ihm nämlich an der Grenze zwischen Bergen und Rockland eine Falle stellen. Es gibt da eine Unterführung, durch die er mit seinem Truck nicht kommen wird. Ehe er recht weiß, was los ist, wird er im Straßengraben liegen, und der Truck samt Ladung befindet sich in unserem Besitz. Sobald die Mini-Computer ihren neuen Bestimmungsort erreicht haben, kehren meine Männer hierher zurück und nehmen sich sehr viel Zeit für dich. Leider werde ich nicht dabei sein können, wenn es dir an den Kragen geht, Reiniger. In Errol Cabots Firma findet eine Nachtinspektion statt, bei der ich anwesend sein muss. Aber meine Leute werden mir ausführlich berichten, wie es dir ergangen ist. Das wär’s“, sagte Tennessee Brooks. „Ich wünsche wohl zu sterben. Zuvor aber wirst du noch eine Weile verpackt hier liegen und Angst haben, und die Wut wird dich von innen langsam auffressen, weil du weißt, dass wir Brick Curtis überfallen, ohne dass du es verhindern kannst.“

Brooks gab seinen Männern ein Zeichen.

Eliot Banninger löschte das Licht.

Die Truck-Hyänen und ihr Boss verließen das Büro. Bount hörte ihre Schritte durch das Lagerhaus hallen, dann schepperte das rostige Tor, Fahrzeugtüren klappten zu, Motoren fingen an zu dröhnen, und dann entfernten sich drei Fahrzeuge.

Bount blieb allein zurück.

Wie viel Zeit hatte er noch? Bestimmt nicht mehr als zwei Stunden. Diese Galgenfrist musste er nutzen. Er musste versuchen, die straff sitzenden Fesseln loszuwerden.

Sofort machte er sich an die Arbeit. Er strengte sich an und versuchte alle Tricks, die er konnte, erreichte damit aber lediglich, dass sich der Strick immer schmerzhafter in sein Fleisch grub.

Es sah nicht danach aus, als ob er es schaffen würde, freizukommen. Seine Aussichten, ein Opfer der Truck-Hyänen zu werden, wurden von Minute zu Minute größer.

24

Zu dem Zeitpunkt, als Bount Reiniger sich zu Victor Tiggers vor Jack Lunas Truck-Driver-Kaschemme in den Wagen setzte und mit diesem abfuhr, traf Richard Dodge gerade ein.

Dodge kannte Tiggers’ Ruf. Dem Mann wurde auch nachgesagt, dass er ein arger Übelfinger sei. Und mit so etwas fuhr Bruce Sheridan ab! Das gab Richard Dodge zu denken.

Seine Gedanken galoppierten in eine ganz bestimmte Richtung. Bruce Sheridan war so neu in der Firma, dass man noch nicht viel von ihm wusste. Vor allem war niemandem bekannt, dass Sheridan Verbindungen zu Verbrecherkreisen hatte.

Dodge wollte es nicht recht glauben, aber in seinem Kopf manifestierte sich ein bestimmter Verdacht. Steckte dieser Bruce Sheridan etwa mit den Truck-Hyänen unter einer Decke?

Die Neugier ließ es nicht zu, dass Richard Dodge darüber einfach mit einem Schulterzucken hinwegging. Er rutschte hinter dem Lenkrad nach unten und wartete, bis Tiggers’ Wagen vorbei war, dann tauchte er aus der Versenkung wieder auf und zündete die Maschine.

Tiggers und Sheridan hatten friedlich miteinander gesprochen. Wenn Dodge es auch nicht recht glauben wollte, so sprachen doch die Fakten dafür, dass die beiden Männer irgendwie zusammengehörten.

Dodge folgte ihnen. Er ließ einen großen Sicherheitsabstand, um nicht bemerkt zu werden. Die Fahrt endete nahe der Gowanus Bay vor einem alten Lagerhaus.

Dodge versteckte seinen Wagen und legte den Rest des Weges zu Fuß zurück. Eine Weile beobachtete er das Lagerhaus aus einer finsteren Nische heraus. Es dauerte nicht lange, da tauchte ein Fahrzeug auf, das Dodge bekannt war. Auch den Fahrer kannte er gut: Es war Tennessee Brooks, der Fuhrparkleiter, mit dem er fast täglich zu tun hatte.

Selbstverständlich wollte Dodge nun hören, was im Lagerhaus gesprochen wurde. Er verließ die Nische und huschte lautlos durch die Dunkelheit. Keuchend erreichte er die Seitenfront des Lagerhauses.

Hier gab es eine Eisenleiter. Richard Dodge turnte die Sprossen sogleich hoch. Auf dem Dach ragten mehrere Lüftungsaufbauten auf. Sie waren mit Kippfenstern versehen.

Eines dieser Fenster stand offen. Vorsichtig schlich Dodge darauf zu, und Augenblicke später hörte er, was unter ihm, im von Glaswänden eingerahmten Büro, gesprochen wurde.

Er fiel aus allen Wolken, als er erfuhr, dass Tennessee Brooks der Boss der Truck-Hyänen war. Er hörte auch, dass Bruce Sheridan nicht Bruce Sheridan, sondern Bount Louis Reiniger hieß, und es freute ihn, zu erfahren, dass Bount kein Gangster, sondern ein Privatdetektiv war.

Du hast dich in ihm also doch nicht getäuscht, dachte Richard Dodge. Er beobachtete, wie die Gangster den Detektiv fesselten und hörte, welche Pläne die Truck-Hyänen in dieser Nacht zu verfolgen gedachten.

Voller Ungeduld wartete Dodge danach darauf, dass die Verbrecher abrückten, damit er Bount Reiniger befreien konnte. Sie verließen das Lagerhaus schon bald. Dodge hörte sie abfahren und ließ noch einige Minuten verstreichen, ehe er das Dach verließ. Während er die Sprossen der Eisenleiter hinunterkletterte, befürchtete er fortwährend, die Truck-Hyänen könnten aus irgendeinem Grund noch einmal zurückkommen.

Aber sie kamen nicht wieder. Seit die Verbrecher Jozef Kalescu ermordet hatten, trug sich Richard Dodge mit dem Gedanken, eine Waffe zu erwerben. Heute hatte es damit endlich geklappt.

Es war ihm gelungen, einem alten Saufbold für eine Flasche Whisky einen alten Revolver mit zwanzig Schuss Munition abzuluchsen. Er trug die Waffe bei sich, und er hätte sie gegen die Gangster eingesetzt, wenn sie ihn dazu gezwungen hätten.

Dodge schlich auf das Lagerhaustor zu. Die Verbrecher hatten sich nicht die Mühe gemacht, abzuschließen. Sie waren sicher, dass sich Bount Reiniger nicht aus dem Staub machen konnte.

Vorsichtig zog Dodge das Tor zur Seite. Stockdunkel war es in der Halle. Da es aber in dem leeren Lagerhaus so gut wie kein Hindernis gab, konnte Dodge bedenkenlos drauflosmarschieren.

Erst als er in die Nähe der Glaswände kam, die das Büro einfriedeten, in dem Bount Reiniger lag, verlangsamte Dodge seinen Schritt. Er streckte die Hand aus und ertastete die Glaswand.

An ihr ging er entlang, bis er die Tür erreichte. Sie war offen. Dodge trat ein und suchte mit beiden Händen die von der Decke hängende Lampe. Sobald er sie gefunden hatte, flammte das Licht auf.

„He, Reiniger“, sagte Dodge grinsend. „Mann, heute Abend kam ich aus dem Staunen nicht raus. Zuerst sehe ich dich mit diesem Ganoven Tiggers abfahren und halte dich sofort für keinen astreinen Jungen. Dann höre ich, dass du ein Schnüffler bist und erfahre auch noch, dass Tennessee Brooks der Kopf der Truck-Hyänen ist. Eine Menge Überraschungen auf einmal.“

Er kniete sich neben Bount auf den Boden und holte sein Messer aus der Tasche. Ein paar Schnitte - und Bount Reiniger war frei. „Danke“, sagte Bount.

„Gern geschehen“, gab Dodge grinsend zurück.

Bount stand auf. Auch Dodge erhob sich. „Hast du gehört, was die Brüder vorhaben?“, fragte Bount Reiniger.

„Ja, sie wollen Brick überfallen. Aber wir werden ihnen durch diese Rechnung einen dicken Strich machen.“

„Wir?“

„Ich komme selbstverständlich mit, was dachtest du denn?“