Czytaj książkę: «Optimales Sportwissen», strona 2

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Hinweis zum Arbeiten mit „Optimales Sportwissen“

Zum leichteren Auffinden sind alle wichtigen Begriffe und Themenblöcke am Seitenrand des Buches vermerkt.

Anschauliche Beispiele aus der Trainingspraxis verschiedener Sportarten erleichtern das Lernen.

Wichtige Definitionen bzw. Merksätze sind farbig markiert. Jedes Kapitel schließt mit mehreren Aufgaben zum Inhalt.

Die Aufgaben dienen zur Wiederholung, zum besseren Verständnis, zur Zusammenfassung und zum Lernen.

Weiterführende Literatur und Literatur, die bei der Erstellung der Kapitel herangezogen wurde, findet sich gesammelt im Literaturverzeichnis.


Vorwort zur 4. Auflage

Mein Anspruch an die mittlerweile 4. Auflage dieses Buches war es, aktuelle Erkenntnisse der Sportwissenschaft und Sportmedizin mit aufzunehmen, beispielsweise die neue Sichtweise und Bewertung des Laktats. Diesbezüglich kann man von einem Paradigmenwechsel sprechen. Dr. Patrick Wahl von der DSHS Köln sowie Prof. Andreas Nieß (Universität Tübingen) und Prof. Billy Sperlich (Universität Würzburg) haben mich dazu motiviert, diese neueren Erkenntnisse genauso, wie sie nun in der 4. Auflage vorzufinden sind, darzustellen. Damit stehen nun bestimmte Aussagen meines Buches im Widerspruch zu Aussagen „älteren“ Datums in anderen Schulbüchern. Doch mir war es ein sehr wichtiges Anliegen, denn dies hatte auch Auswirkungen auf die Trainingslehre, insbesondere auf das Verständnis des High Intensity Trainings (HIT). Das Doping-Kapitel habe ich um aktuelle Fälle ergänzt.

Zudem habe ich die aktuellen Erkenntnisse zur Superkompensation beleuchtet, die in der neuesten Trainingslehre zunehmend vom Modell der Signaltransduktion abgelöst wird. Auf dieses Modell gehe ich detailliert ein. Völlig überarbeitet bzw. neu geschrieben sind zudem das Gesundheitskapitel sowie das Kapitel zur Sportsoziologie. Auch das Kapitel Sportpsychologie wurde in der 4. Auflage stark überarbeitet und um den neuesten Stand der Wissenschaft ergänzt.

Im Konditionstraining kamen in der 4. Auflage zahlreiche neue Trainingsmethoden, Praxisbeispiele sowie Tests aus ganz unterschiedlichen Sportarten hinzu.

Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Kolleginnen und Kollegen sowie den vielen Kursteilnehmern in meinen Trainerkursen, die mir in Gesprächen und Diskussionen Rückmeldungen und Anregungen für die 4. Auflage dieses Buches gegeben haben, hier aber namentlich nicht aufgeführt sind.

Dusslingen, im Mai 2021

Dr. Wolfgang Friedrich


1 Theorie und Methodik des Trainings und Trainierens

Praxisbeispiel

Trainingsbeispiele aus der Praxis

Zur Vorbereitung auf die Wettkampfsaison macht der Handballer eventuell 4- bis 5-mal pro Woche Waldläufe, während der Wettkampfsaison läuft er nur noch 1- bis maximal 2-mal. In einem Tischtennistraining wird der kleine weiße Ball in einer Trainingseinheit zum Teil mehrere tausendmal übers Netz gespielt, und die Trainer korrigieren die technische Ausführung der Schläge sehr genau. Hier spielt offensichtlich technische Perfektion eine große Rolle. Dafür absolvieren auf der anderen Seite professionelle Ausdauerathleten in der Leichathletik insgesamt Läufe über 150–200 km pro Woche, Radprofis fahren 40000–45000 km pro Jahr auf dem Rennrad.

Zur Lauftechnik sagt der Trainer eher wenig bis nichts, er gibt aber ständig Hinweise zur gelaufenen Zeit. Er nimmt dem Läufer immer wieder aus dem Ohrläppchen Blut ab und kontrolliert die Pulsfrequenz seines Pulsmessers. Welche Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede gibt es zwischen dem Training in einer Individualsportart wie dem Tischtennis und dem in einer Mannschaftssportart wie dem Basketball? Schüler in der Schule wollen lieber Volleyball spielen und weniger gern – weil als monoton empfunden – das untere oder obere Zuspiel trainieren. Der Begriff „Training“ wirft viele Fragen auf.

Die Trainingslehre beschäftigt sich unter anderem damit, möglichst plausible Antworten auf die hier gestellten Fragen zu geben bzw. Erklärungen dafür zu finden.

Definition Trainingslehre:

Die Trainingslehre stellt eine systematische Sammlung allgemeiner handlungsrelevanter Aussagen zum Training dar, die einen Bezug zur Handlungsweise im Training haben und sich auf unterschiedliche Quellen beziehen, wie z.B. wissenschaftliche Untersuchungen oder Erfahrungswissen (vgl. Hohmann et al. 2007).

Ein erster Zugang zum „Trainieren“ ist über die unterschiedlichen Zielsetzungen der Trainierenden möglich (Abb. 1.1).

Abb. 1.1: Ziele des Trainings

Zum Zielbereich der Leistungssteigerung zählt neben dem Leistungserhalt auch das gezielte Abtrainieren, wenn z.B. Profis ihre aktive Laufbahn beenden.

Training auf unterschiedlichen Leistungsniveaus

Wie bereits oben angedeutet, gibt es natürlich prinzipielle Unterschiede im Training auf unterschiedlichen Leistungsniveaus. Nehmen wir an, ein Breitensportler und ein Fußballprofi trainieren mit dem gleichen Ziel, nämlich der Leistungssteigerung. Für einen Profi ist dieses Ziel schwieriger zu erreichen als für den Breitensportler. Je höher nämlich das sportliche Niveau ist, desto langsamer vollzieht sich die Leistungssteigerung. Hinzu kommt, dass die Trainingseinheit zwar vom Aufbau her gleich gestaltet sein kann, z.B. mit einleitendem Aufwärmteil, technischem Hauptteil und spielerischem Schlussteil, von der konkreten inhaltlichen Gestaltung her betrachtet, kann man jedoch deutliche Niveauunterschiede in technischer und konditioneller Hinsicht bei den Spiel- und Übungsformen feststellen. Beide trainieren sehr unterschiedlich. Ein Breitensportler trainiert vielleicht 1- bis 2-mal pro Woche, während ein Profi auf ca. 10 Trainingseinheiten pro Woche kommt. Das Training von beiden unterscheidet sich also trotz des gleichen Trainingsziels sowohl qualitativ als auch quantitativ erheblich voneinander.

Training findet also mit unterschiedlichsten Zielsetzungen und auf unterschiedlichsten Ebenen bzw. in unterschiedlichen Bereichen (Leistungsniveaus) statt (Abb. 1.2).

Bereiche von Training

Abb. 1.2: Bereiche von Training

Unabhängig von Zielsetzung und Niveau werden Trainingsprozesse jedoch immer dadurch begründet, dass einige typische – für Training charakteristische – Merkmale erfüllt sind.

Definition Training:

Training ist die geplante und systematische Realisation von Maßnahmen (Trainingsinhalte und -methoden) zur nachhaltigen Erreichung von Trainingszielen im Sport (vgl. Hohmann et al. 2007).

Wesentliche Bestandteile von Training

In dieser Definition sind wesentliche Bestandteile von Training enthalten:

• Planmäßigkeit: Sie ist dann gegeben, wenn Trainingsziele, Trainingsmethoden, Trainingsinhalte sowie Trainingsaufbau und -organisation unter Beachtung trainingswissenschaftlicher Erkenntnisse sowie trainingspraktischer Erfahrung von vornherein festgelegt sind. Die Durchführung muss kontrolliert werden und die Wirkung muss mit entsprechenden Leistungskontrollen überprüft werden (vgl. Weineck 2019).

• Systematik: Für die Leistungsfähigkeit eines Sportlers sind Bedingungen und Prozesse verantwortlich, die in Wechselbeziehung zueinander stehen und somit ein System bilden. Die leistungsbestimmenden Komponenten (Einflussgrößen) sind in Abb. 1.3 und 1.4 dargestellt.

• Trainingsziele: Im Training sollen z.B. konditionelle Fähigkeiten oder sportliche Techniken auf Dauer verbessert, eine hohe Leistungsfähigkeit für den nächsten Wettkampf erarbeitet oder auch für den Gesundheitssport wichtige Entspannungsmethoden erlernt werden. Es wird gezielt an etwas gearbeitet.

•Trainingsinhalte und -methoden: Die Trainingsziele geben dem Sportler oder Trainer die Trainingsinhalte mehr oder weniger genau vor: Sämtliche praktische Maßnahmen, wie z.B. Sprünge zum Sprungkrafttraining, häufige Übungswiederholungen des Korblegers im Basketball zum Techniktraining, eine Wassergymnastik im Gesundheitssport oder ein 10-km-Ausdauerlauf zur Schulung der Grundlagenausdauer, also alle Maßnahmen, mit denen diese Trainingsziele planmäßig und systematisch angestrebt werden, bezeichnet man als Trainingsinhalte (vgl. ebd.).

Training als Handlungsprozess

Training ist ein sehr komplexer Handlungsprozess, der darauf ausgerichtet ist, angemessene Wirkung auf alle leistungsrelevanten Merkmale des Sportlers zu erzielen. Bei der Vielzahl der Komponenten der personeninternen Bedingungen wird deutlich, dass deshalb jeder Sportler/Athlet einen ganz individuellen Weg vom Anfänger zum Könner nimmt (Abb. 1.3). Diese personeninternen Bedingungen sind es letztendlich, welche es verhindern oder erst ermöglichen, zum Spitzensportler zu werden.

Abb. 1.3: Schema personeninterner Bedingungen sportlicher Leistungen und Erfolge (Weineck 2002)

1.1 Komponenten sportlicher Leistungsfähigkeit und Anforderungsprofile von Sportarten

Um angestrebte Trainingsziele im Sport zu erreichen, muss die sportliche Leistungsfähigkeit durch Training entsprechend verändert werden. Dazu bedarf es wissenschaftlich begründeter Modelle der sportlichen Leistung und Leistungsfähigkeit. Solche Leistungsstrukturmodelle sollen die wesentlichen Komponenten der sportlichen Leistung identifizieren. Hierbei geht es nicht nur um die Aufzählung einzelner Faktoren bzw. Elemente, sondern auch um das Aufzeigen und die Beschreibung der Wechselwirkungen oder des Bedingungsgefüges innerhalb des Systems.

Abb. 1.4: Vereinfachtes Modell der Komponenten der sportlichen Leistungsfähigkeit (nach Weineck 2019).

Das hier abgebildete trainingswissenschaftliche Modell von Weineck (2019) benennt die einzelnen Komponenten zur Struktur der sportlichen Leistungsfähigkeit, es handelt sich quasi um eine grafische Auflistung der als relevant betrachteten Komponenten. Dabei sind die Einflussgrößen sternförmig um die sportliche Leistungsfähigkeit angeordnet und einzelne Komponenten weisen Verbindungen und wechselseitige Beziehungen (Beziehungspfeile) untereinander auf (vgl. Hohmann, Lames, Letzelter, Pfeiffer 2020). Dieses Modell ist als Raster zu verstehen, welches man auf die jeweilige Sportdisziplin anwenden kann.

Weineck unterscheidet dabei folgende Komponenten mit möglichen Inhalten:


Komponente Mögliche Inhalte
Technik Koordinative Fähigkeiten, Bewegungsfertigkeiten
Kondition Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Flexibilität
Psychische Fähigkeiten z.B. Motivation, Emotion, Volition, Stressresistenz, Wille, Einsatzbereitschaft
Veranlagungsbedingte, konstitutionelle und gesundheitliche Faktoren z.B. Körpergröße, Körperproportionen, Muskelfaserzusammensetzung, Leistungsfähigkeit des HKS, Verletzungsanfälligkeit
Taktisch-kognitive Fähigkeiten z.B. taktisches Wissen und Können, Begreifen, Aufmerksamkeit, Entscheidungsprozesse, Denkfähigkeiten
Soziale Fähigkeiten z.B. Teamfähigkeit, soziale Kompetenz, Integrationsfähigkeit

Eine genauere Spezifizierung muss für jede Sportart und Sportdisziplin eigenständig erstellt und deren Wechselbeziehungen erläutert sowie die Auswahl und jeweilige Bedeutung schlüssig begründet werden.

Die Komponenten sportlicher Leistungsfähigkeit

Kondition Beispiel Fußball

Die folgende Beschreibung der Komponenten der sportlichen Leistungsfähigkeit orientiert sich an dem oben dargestellten Modell von Weineck. In diesem Modell spielen die Komponenten Technik und Kondition eine zentrale Rolle. Die konditionellen Fähigkeiten sollen exemplarisch anhand des Fußballspiels beschrieben werden.

Ein Fußballspieler muss heute im modernen Spiel zwischen zehn und zwölf Kilometer laufen können. Dazu benötigt er Ausdauer. In der Halbzeitpause soll er sich außerdem genügend regenerieren können, um erholter aus der Halbzeitpause zu kommen als er hineingegangen ist.

Definition Ausdauer

Ausdauer ist eine konditionelle Fähigkeit, die der psychischen und physischen Ermüdung des Sportlers Widerstand entgegensetzt und eine schnelle Regeneration ermöglicht.

Er muss sich bei Zweikämpfen gegen seine Gegner durchsetzen, einen starken Schuss haben sowie zum Kopfball hochspringen können. Dazu braucht er jeweils verschiedene Kraftfähigkeiten.

Definition Kraft

Kraft ist die Fähigkeit des Nerv-Muskelsystems Muskelkontraktionen durchzuführen und dabei Widerstände zu überwinden, ihnen nachzugeben oder sie zu halten.

Der Spieler muss ca. 600 Meter in vollem 20 km/h-Sprinttempo oder auch längere Sprints (bis zu ca. zwei bis drei Kilometer im 15 km/h-Tempo) auf dem Platz ausführen, mit oder auch ohne Ball. Dazu benötigt er Schnelligkeit (vgl. Sperlich 2013).

Definition Schnelligkeit

Schnelligkeit ist die Fähigkeit, schnell reagieren und sich schnell bewegen zu können.

Bei vielen Aktionen, vor allem in der Verteidigung und im Zweikampf (z.B. Grätsche oder Tackling), muss der Spieler, damit er Bälle noch erreichen kann, über eine sehr gute Gelenkigkeit verfügen, um an den Ball zu kommen und damit er sich nach solchen Aktionen nicht verletzt.

Definition Beweglichkeit

Die Beweglichkeit stellt die maximal mögliche Amplitude in einem Gelenk dar.

Zusammenfassende Übersicht:


Das Fußballbeispiel hat aufgezeigt, dass der Spieler seine konditionellen Fähigkeiten im Spiel bei verschiedenen Spielsituationen anwenden muss. Dabei weisen bis auf die Ausdauer, welche keine Wechselbeziehung zur Koordination hat, die konditionellen Fähigkeiten Kraft, Schnelligkeit und Beweglichkeit (Flexibilität) Wechselbeziehungen zur Koordination auf, werden also auch durch die Bewegungssteuerung und Bewegungsregelung mehr oder weniger stark mitbestimmt.


Abb. 1.5: Die Systematik der Leistungskomponenten Kondition und Koordination unter besonderer Berücksichtigung der Wechselbezüge bei der Kraft, Schnelligkeit und Beweglichkeit (mod. nach Hohmann, Lames, Letzelter, Pfeiffer 2020).

Zum Anforderungsprofil von Sportarten

Sportartanalyse

Die Sportartanalyse ist die wichtigste theoretische Wissensgrundlage des Trainers. Sie vermittelt Kenntnisse zu den aktuellen Ausprägungen von Leistungsvoraussetzungen und Leistungsbedingungen und deren internem Beziehungsgefüge. Daher ist es die Hauptaufgabe der Trainingswissenschaft, sportart-, geschlechts-, alters- und niveauspezifische Belastungs- und Anforderungsprofile zu erarbeiten (vgl. Homann, Lames, Letzelter, Pfeiffer 2020).

Belastungsprofil

Mit dem Belastungsprofil einer Sportart und Sportdisziplin verfolgt man den Zweck, die realen Leistungsanforderungen des Wettkampfes auf einem bestimmten Leistungsniveau zu objektivieren. Die Leistungsniveau gebundenen Ist-Werte werden vom Trainer als Soll-Werte ins Training überführt, er richtet danach sein Training aus.

Anforderungsprofil

Da die Soll-Werte grundsätzlich Forderungen an den trainierenden Sportler formulieren, werden diese sportartspezifischen Normvorgaben als Anforderungsprofil bezeichnet. In der Regel enthalten Anforderungsprofile neben den Wettkampfkennziffern auch diejenigen, die bei den wesentlichen Übungen im Training zur Verbesserung von wichtigen Leistungsvoraussetzungen ermittelt wurden (vgl. Homann, Lames, Letzelter, Pfeiffer 2020). Nicht umsonst schauen sich Entscheider neben wissenschaftlichen Analysedaten auch das Training von Weltmeistern und Olympiasiegern an, um zusätzliche Informationen darüber zu erhalten, wo diese ihre Schwerpunkte im Training setzen.

Von Sportart zu Sportart und von Sportdisziplin zu Sportdisziplin kann man beobachten, dass im Training sehr unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. Diese Schwerpunkte sind das Ergebnis von Analysen des jeweiligen Anforderungsprofils der Sportart. Die entscheidende Frage, um die es geht: Was genau muss ich in welchem Verhältnis trainieren, um in dieser Sportart/Disziplin gut zu werden?

Wenn man das Training und die Leistungsentwicklung optimal steuern möchte, bedeutet dies, dass man Informationen und Kenntnisse

1. über biomechanische, physiologische (z.B. Herz-Kreislaufsystem, Energiebereitstellung), funktionell-anatomische (z.B. Gelenkbelastung) Bedingungen, sowie

2. des konditionellen, kognitiven, psychischen, körperbaulichen, sozialen und materialen Anforderungsprofils benötigt.

Die hier aufgezählten Faktoren darf man dabei nicht isoliert nebeneinander betrachten, es gibt vielfältige Beziehungen untereinander. Wer nur im Training, aber nie im Wettkampf, eine stabile Psyche hat, wird kaum erfolgreich Spitzensport betreiben können. Mit der Körpergröße von 1,60 Metern wird man es im Schwimmen sehr schwer haben, ein erfolgreicher Spitzensportler zu werden. Wer umgekehrt 2,21 Meter groß ist, wird sich im Gerätturnen schwertun.

Nur auf der Basis einer Analyse der Leistungsstruktur lassen sich richtige Empfehlungen für das Training einer Sportart/Disziplin ableiten.


Orientierung an Vorbildern

Für die Darstellung des Leistungssystems ist es wichtig, dass sie nicht nur Kriterien aufzählen, sondern auch deren Einflüsse und Beziehungen zueinander darstellen. Orientiert hat man sich zu Beginn solcher Anforderungsprofilanalysen überwiegend an den sportlichen Meistern einer Sportart bzw. Disziplin, man sprach von sogenannten „Meisterlehren“. Was haben sie trainiert und wie haben sie trainiert? Dies hat man dann kopiert, ähnlich wie bei den Techniken im Sport.

Später hat man dann durch sportwissenschaftliche und sportmedizinische Analysen versucht, die einzelnen Komponenten exakt zu erfassen. Je komplexer jedoch die Sportart, umso schwieriger hat sich dies dargestellt. Wie wichtig einzelne Faktoren bzw. Komponenten des Anforderungsprofils im Hinblick auf die Leistung in einer Sportart sind, bereitet häufig sehr große Probleme und selbst Experten streiten sich um die exakte Bedeutung einzelner Komponenten. Die Analyse ist jedoch zwingend notwendig, denn man kann schlichtweg nicht alle konditionellen noch alle koordinativen Fähigkeiten trainieren. Dafür fehlt einfach die Zeit. Außerdem wäre das Training, da es nicht zielgerichtet ist, weniger effektiv. Gleichwohl gibt es relativ komplexe Sportarten, die ein sehr umfassendes Training hinsichtlich der Koordination und Kondition benötigen. Vor allem Sportspiele wie Handball, Fußball, Basketball, Volleyball oder Tennis, Tischtennis und Badminton zählen dazu.

Die folgende Abbildung zeigt das Ergebnis einer Studie, in welcher bestimmt wurde, welche Merkmale den entscheidenden Einfluss auf die Leistung zum Jahreshöhepunkt (Weltmeisterschaft oder Olympische Spiele) im Judo haben:


Abb. 1.6: Verteilung judospezifischer Merkmalskomplexe, welche Einfluss auf die Judoleistung zum Leistungshöhepunkt hatten (mod. nach Hottenrott, Neumann 2016). Anmerkung: Ergebnis ergibt keine 100 %, da es durch besondere statistische Verfahren zustande kam.

Wie aus der Abbildung hervorgeht, handelt es sich um

1. drei konditionelle Fähigkeiten: allgemeine Kraftfähigkeiten, sportartspezifische Ausdauer, azyklische Schnelligkeit

2. und eine koordinative Fähigkeit: Reaktionsschnelligkeit.

Hier sind jetzt nur koordinative und konditionelle Fähigkeiten aufgeführt, psychische oder kognitive Fähigkeiten werden überhaupt nicht erwähnt, spielen selbstverständlich aber ebenfalls eine wichtige Rolle. Judo stellt noch weit mehr Anforderungen an Kondition oder Koordination. Im Judo gewinnt selten eine nach den obigen Kriterien „gezüchtete Kampfmaschine“. Wer z.B. über keine optimale Kampftechnik oder Kampftaktik (kognitive Fähigkeit) verfügt, wird sich im Wettkampf auf Dauer nicht durchsetzen können.

Differenzierte Beschreibung des konditionellen und koordinativen Anforderungsprofils im Tischtennis

Wenn man im Tischtennistraining bestimmte koordinative und konditionelle Fähigkeiten trainieren möchte, so muss es eine Begründung dafür geben, wozu diese Fähigkeiten im Spiel benötigt werden.

1.Koordinatives Anforderungsprofil Tischtennis

Reaktionsfähigkeit: Tischtennis ist das schnellste Partnerrückschlagspiel, Bälle erreichen bis zu 170 bis 180 km/h, sehr kurze Distanz zum Gegner, sie wird bei jedem Ballwechsel mehr oder weniger stark gefordert

Kopplungsfähigkeit: Komplexe Schlagbewegungen, Ganzkörperbewegungen (Beine-Füße-Hüfte-Oberkörper-Schultern), Schlagarmbewegung mit Oberarm-, Unterarm- und Handgelenksbewegung, vom Timing her genau aufeinander abgestimmt

Differenzierungsfähigkeit: Ballgefühl, Bestimmung von Geschwindigkeit, Rotation, Richtung und Flughöhe des Balles, Ballgewicht ca. 3 g, bei bis zu 8000 bis 10000 Umdrehungen/min bei sog. Topspinschlägen

Orientierungsfähigkeit: Das Spiel um die bessere Spielposition: Wo steht mein Gegner? Wo steht mein Partner? Ausspielen, gegnerische Schwachpunkte anspielen

Gleichgewichtsfähigkeit: dynamisches Gleichgewicht, für präzisen Rückschlag notwendig

Umstellungsfähigkeit: bei Netz- und Kantenbällen in Zusammenarbeit mit der Reaktionsfähigkeit, bei falscher Antizipation

Rhythmisierungsfähigkeit: spielt im Tischtennis eine unbedeutende Rolle

Zusätzlich benötigt der Tischtennisspieler eine sehr gute Antizipationsfähigkeit, also ein frühzeitiges Erkennen, eine gedankliche Vorwegnahme, welchen Schlag der gegnerische Spieler als nächsten Ball wohin auf dem Tisch platzieren möchte.

2. Konditionelles Anforderungsprofil Tischtennis

Schnelligkeit: die wichtigste konditionelle Fähigkeit ist die Schnelligkeit, man benötigt schnelle Beine für die Beinarbeit, schnelle Bewegungen des Rumpfes (Hüfte und Schultern) für die Schläge sowie letztendlich eine schnelle Schlagarmbewegung.

Kraft: die zweitwichtigste konditionelle Fähigkeit ist die Kraft; für die Schlagarmbewegung benötigt man Schnellkraft (Schlagkraft), die Beine müssen ebenfalls schnellkräftig sein; zusätzlich benötigt der Tischtennisspieler wegen der tiefen Grundstellung Kraftausdauer in den Beinen; auch die Rumpfmuskulatur muss kräftig sein, da sie den Schlag z.B. durch schnelle Rumpfdrehungen unterstützt.

Ausdauer: um längere Turniere, zweimaliges Training und Ranglistenturniere erfolgreich gestalten zu können, sichert also die Belastbarkeit im Training und Wettkampf ab. Außerdem verbessert Ausdauer auch die Fähigkeit, sich länger konzentrieren zu können; die Regeneration hängt davon ab.

Beweglichkeit: ein Tischtennisspieler benötigt die sogenannte Optimalnorm, damit die Schlagtechniken ohne Einschränkungen gespielt werden können.

Zudem kann man feststellen, dass man Sportarten schwerpunktmäßig der einen oder anderen konditionellen Fähigkeit mehr oder weniger stark zuordnen kann. Dies ist in der folgenden Grafik dargestellt.

Die folgende Abbildung zeigt die Position ausgewählter Sportarten im Konditionsdreieck:


Abb. 1.7: Positionen ausgewählter Sportarten im Konditionsdreieck „Kraft-Schnelligkeit-Ausdauer“ (mod. nach Hegner, Hotz, Kuntz 2000).