Czytaj książkę: «Als Oma noch mit Kohlen heizte»

Czcionka:

Willi Fährmann

Als Oma noch mit Kohlen heizte

Geschichten aus der guten alten Zeit

Butzon & Bercker

Bibliografische Information

der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Das Gesamtprogramm

von Butzon & Bercker

finden Sie im Internet

unter www.bube.de

ISBN 978-3-7666-1715-6 (Druckausgabe)

ISBN 978-3-7666-4213-4 (ePub)

ISBN 978-3-7666-4212-7 (Mobi)

© 2013 Butzon & Bercker GmbH, Hoogeweg 100,

47623 Kevelaer, Deutschland, www.bube.de

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagabbildung: © Cabeza Cuadrada – Fotolia.com

Umschlaggestaltung: Anne Derks / Elisabeth von der Heiden

Satz: SATZstudio Josef Pieper

Inhalt

Vorwort

Meine Oma ging aufs Eis

Das Jahr der großen Brücke

Tillas Idee

Über den Rhein

Der Auftrag

In Lebensgefahr

Krankenpflege

Mittelpunkt der Klasse

Pfeiler und Mauern

Was übrig bleibt

Meine Oma war Erfinderin

Auf Wohnungssuche

Nicht einmal Fische im Glas

Hundeelend

Englische Suppe und mehr

Auf Samtpfoten

Scharf beobachtet

Der Katzenaufzug

Eine Erfindung erobert die Welt …

Vorwort

„Tempora mutantur“, die Zeiten ändern sich. Das wussten schon die alten Römer. Aber kommt es uns nicht so vor, als ob diese Zeitenwandlung immer schneller geht? Es ist doch noch gar nicht so schrecklich lange her, dass Oma Papier noch bügelte. Zumindest das Geschenkpapier und das dünne Seidenpapier. Es wurde dann in eine Schublade gelegt und bei Bedarf erneut verwendet. Selbst die alten Zeitungen wurden nicht entsorgt, sondern in handliche Stücke geschnitten und neben dem Klo auf einen Drahthaken gespießt. Zum baldigen Gebrauch, sozusagen.

Auch das samstägliche Bad fand in der Zinkbadewanne statt. Wer hatte schon ein Badezimmer? Zum Kochen und Heizen stand tatsächlich ein Kohlenherd in jeder Küche. Die Kohlen wurden eimerweise aus dem Keller emporgetragen. Dann und wann kam der Kohlenhändler mit seinem Pferdewagen und schleppte das „schwarze Gold“ in Säcken in den Keller.

Überhaupt: Pferdewagen. Der Bäcker bot das Brot auf den Straßen an. Auch der Milchmann kam täglich, und die Nachbarinnen sammelten sich an seinem Gespann mit ihren Blechkannen und kauften die Milch. Oft genug nur ein Viertelliter. Butter hatte er auch im Sortiment, aber Margarine war billiger. Auch der Lumpenhändler fuhr regelmäßig durch die Straßen, pfiff mehr oder weniger eintönig seine Melodie auf einer Blechpfeife und sammelte, was wirklich nicht mehr zu gebrauchen war. Er zahlte dafür einen Pfennigbetrag. Dass sein Geschäft nur wenig eintrug, konnte man schon daran erkennen, dass das Pferd meist ein magerer, uralter Gaul war.

Das sind nur einige wenige Beispiele. Wenn man solche Geschichten von früher erzählt oder vorliest, machen Kinder große Augen und fragen vielleicht: Echt oder geflunkert, Oma, Opa?

Es ist wichtig, solche Geschichten weiterzuerzählen. Sie helfen Kindern, die heutige Zeit in einem anderen Licht zu sehen. Jüngere sind immer dann aufmerksame Zuhörer oder Leser, wenn die Geschichten authentisch wiedergeben, wie die Menschen vor ihnen lebten.

Aber nicht nur als Informationen für Heranwachsende sind Geschichten von früher wichtig. Auch für die Erinnerung der älteren und alten Generationen sind sie hilfreich. Oft genug habe ich bei Geschichten von früher erlebt, dass mit einem Male den Hörern tausend Einzelheiten einfallen und sie miteinander in ein lebhaftes Gespräch kommen.

So kann „Als Oma noch mit Kohlen heizte“ in mancher Hinsicht ein Buch sein, das man immer mal wieder zur Hand nimmt, ob alt, ob jung.

Willi Fährmann

Meine Oma ging aufs Eis

Das Jahr der großen Brücke

Es gibt auf unserer Erde einige weltbekannte Brücken. Die „Golden-Gate-Brücke“ in Kalifornien gehört dazu, die „Karlsbrücke“ in Prag und auch die „Engelsbrücke“ über den Tiber in der Stadt Rom.

Von der „Tilla-Meurer-Brücke“ über den Rhein bei Alsum spricht niemand mehr, obwohl diese Brücke zu ihrer Zeit in unserer Gegend in aller Munde gewesen ist.

Vielleicht ist dieses Bauwerk vergessen worden, weil die Brücke nur dreizehn Tage lang den Verkehr über den breiten Rheinstrom möglich gemacht hat. Vielleicht denken die wenigen, die noch davon wissen, dass die „Tilla-Meurer-Brücke“ gar keine richtige Brücke gewesen ist. Vielleicht sagen manche auch: „Das ist schon viel zu lange her.“

Aber ich habe die Geschichte von dieser sonderbaren Brücke nicht vergessen; denn Tilla Meurer war meine Oma. Sie hat mir oft und oft von der Zeit erzählt, in der sie selbst noch ein Kind gewesen ist. Die Geschichte von der Brücke hat sich zugetragen, als die Sommer noch heiß und trocken waren und die Winter am Niederrhein bitterkalt sein konnten.

Meine Oma Mathilde Lohgerber war damals noch gar nicht Oma, ja, sie war noch nicht einmal Mutter. Damals, lange vor ihrer Heirat, hieß sie Mathilde Meurer. Im Dorf Alsum wurde sie Tilla gerufen.

Alsum liegt nahe beim Rheindeich. Ein stilles Dorf war es damals längst nicht mehr. Gar nicht weit von Alsum entfernt wurden mitten im niederrheinischen Bauernland neue Kohlenschächte in die Erde getrieben und eine Fabrik nach der anderen entstand.

Viele Bergleute und Werksarbeiter wurden gebraucht. Die strömten aus ganz Deutschland herbei. Sogar aus dem fernen Polen kamen Männer und Frauen, die ihr Geld in dem Gebiet an Rhein und Ruhr zu verdienen hofften.

In einer guten halben Stunde Fußweg konnte man von Alsum nach Hamborn gelangen. Das war eine schnell wachsende Stadt mit düsteren Straßen und dunklen Mietshäusern.

Tilla war in dem Jahr der großen Brücke in der siebenten Schulklasse. Der Lehrer Pannbeckers hatte schon zu Beginn des Schuljahres gesagt: „Tilla, was du bei mir lernen konntest, das hast du gelernt“, und er setzte das Mädchen als Hilfslehrerin ein.

Sie musste mit den drei Kindern der dritten Klasse das kleine Einmaleins üben und dem halben Dutzend Schüler der Klasse vier das Gedicht „Gefroren hat es heuer“ abhören.

Tilla machte ihre Sache geschickt. Lehrer Pannbeckers war mit ihr zufrieden. Obwohl er alle dreiundsechzig Kinder des Dorfes vom ersten bis zum achten Schuljahr zusammen in einem einzigen Klassenraum unterrichtete, fand er doch gelegentlich Zeit, während der Schulstunden einen Blick in die Zeitung zu werfen.

Auf Tilla Meurer und seinen anderen Hilfslehrer konnte sich Lehrer Pannbeckers verlassen. Der zweite Hilfslehrer hieß bei den Schülern „der eisenharte Friederich“. Er war sehr gefürchtet. Der Lehrer hatte ihn nämlich eigenhändig aus der Nusshecke von Bauer Drevenaar herausgeschnitten. Der eisenharte Friederich wurde von Lehrer Pannbeckers noch häufiger zur Hilfe geholt als Tilla Meurer.

Der Unterschied zwischen den beiden Hilfskräften war: Tilla wandte sich an den Verstand der Kinder, der eisenharte Friederich aber sprach bei Mädchen die Handflächen an und bei den Jungen den Hosenboden. Bei Tillas Lehrkunst ging den Kindern ein Licht auf, beim Einsatz des eisenharten Friederich brannten die Handflächen und das Hinterteil wie Feuer. Wenn Lehrer Pannbeckers auf den eisenharten Friederich zurückgriff, dann war sein Kopf rot vor Zorn. Wenn Tilla ihm half, dann lächelte er zufrieden.

Auf Tilla hatte der Lehrer sogar ein Gedicht gemacht. Weil die Kinder fast alle Gedichte auswendig lernen mussten, die der Lehrer schrieb, deshalb war das Gedicht für Tilla im ganzen Dorf bekannt. Die erste Strophe hieß:

„Tilla ist ein Sonntagskind.

Unter ihrem blonden Zopf

in dem klugen, hellen Kopf

wohl tausend und mehr Ideen sind.“

Wie Recht Lehrer Pannbeckers mit den tausend Ideen hatte, das konnte in jenem Jahr allerdings noch niemand wissen.

Es war ein gutes Jahr gewesen. Das Heu war trocken in die Scheunen gekommen und die Getreidefelder hatten reiche Frucht getragen. Die Kinder fanden Anfang November so dicke Runkelrüben wie selten zuvor. Am Martinsabend leuchteten die Kerzen in den ausgehöhlten Rüben und beim Fackelzug schwebten die Fackeln wie große Köpfe durch die Dunkelheit. Die Nussbäume hatten tausend und abertausend Nüsse ins Gras geworfen. „Viele Nüsse, harter Winter“, sagte Tillas Mutter voraus und strickte ein weiteres Paar schafswollene Socken für ihren Mann.

Zunächst jedoch ließ der Winter auf sich warten. Einige wenige Nachtfröste im Dezember und zu Weihnachten Schneematsch auf den Straßen, das war alles, was er bis zum Jahresende aufzubieten hatte. Schon glaubte Tillas Mutter, die Nussbäume hätten sich getäuscht, da fiel Mitte Februar, als die Menschen im Dorf schon auf das Frühjahr warteten, ein scharfer Frost über das Land am Niederrhein. Eine dünne Schneeschicht knirschte unter den Füßen.

Der eisige Ostwind fegte den Himmel blank. Innerhalb weniger Stunden krauste sich eine Eishaut auf Tümpeln und Teichen.

Ob der Rhein in diesem Winter endlich mal zufriert?, dachte Tilla. Seit drei Jahren wartete sie darauf. Ihre Mutter hatte erzählt, dass Tilla zwei Jahre alt gewesen sei, als der Rhein sogar drei Wochen lang unter einem festen Eispanzer gelegen habe. Der Schmied Peerenbosch von der anderen Rheinseite habe es damals als Erster gewagt, über die Schollen von einem Ufer zum anderen zu klettern, und er sei heil herübergekommen.

Tilla stieg zum Rheindamm hinauf. Oben stand bereits der Knecht Christian van Bemmel. Er schaute auf das gewaltige bleigraue Wasser, das sich in dem breiten Flussbett auf Holland zuwälzte.

„Wohin fließt das viele Wasser, Tilla?“, fragte er.

„Nach Holland, Christian, nach Holland ins Meer.“

„Muss wohl groß und tief sein, das Meer“, sagte Christian.

„Muss es wohl“, stimmte Tilla zu. „Noch kein Eis zu sehen, Christian?“

„Noch kein Stückchen Eis, Tilla.“

„Wann, Christian, wann kommt das Eis?“

„Weiß ich auch nicht, Tilla. Vielleicht morgen?“

Sie gingen nebeneinander ins Dorf zurück, das kleine schmale Mädchen und Christian, der Knecht von Drevenaars Bauernhof.

Tilla mochte den Christian gut leiden. Im Winter, wenn die Arbeit für die Knechte nicht so hart war wie zu den anderen Jahreszeiten, dann redeten sie oft miteinander.

„Kommst du morgen wieder auf den Deich?“, fragte Tilla.

„Soll ich das?“

„Ja. Ich sage dir dann, wie groß das Meer ist.“

Als Christian sie ungläubig anschaute, da erklärte sie ihm: „Lehrer Pannbeckers hat ein Buch, da steht alles drin. Alles über die ganze Welt.“

„Komisch“, sagte Christian.

„Was ist denn daran komisch?“

„Na, dass in ein einziges Buch die ganze Welt hineinpasst.“

„Ist aber so.“

„Gut“, sagte Christian. „Ich komme.“

Tillas Idee

Am nächsten Tag aber dachten die beiden nicht an das Meer. Mitten im Rhein erspähten sie die ersten Eisschollen. Sie glitzerten in der Sonne und waren so leicht, dass der Strom sie wie im Spiel auf den Wellenkämmen tanzen ließ.

Von Tag zu Tag wurden die Schollen dicker und größer und schwerer. Bald ächzte und knirschte es, wenn die Strömung ihre Last rheinabwärts schob. Längst standen Christian und Tilla nicht mehr allein auf dem Deich. Einige Kinder versuchten sogar, am Ufer auf besonders große Schollen zu springen und sich auf dem schwankenden Eis ein Stückchen übers Wasser tragen zu lassen. Das war streng verboten, aber die Kinder wagten es dennoch.

Sie glaubten Lehrer Pannbeckers’ Geschichte nicht so recht, die er in jedem Winter von Stina Basendongk erzählte.

Stina sollte, kaum vierzehn Jahre alt, vor langer Zeit auf einer Eisscholle sehr schnell abgetrieben worden sein. Niemand habe das Mädchen retten können. Noch lange habe man ihr Schreien gehört und immer noch sei es bis zum Ufer gedrungen, als das Kind schon längst von den Nebelbänken über dem Fluss verschluckt worden war.

Die Geschichte des Lehrers schloss stets mit den Worten:

„Manchmal in neblig kalten Nächten, dann kann man Stinas Hilferufe immer noch leise über dem Strom klingen hören. Sie kommt und kommt nicht zur Ruhe.“

Auch der Holzschuhmacher Theo Peters, der ganz allein in einer kleinen Kate am Ende der Dorfstraße hauste, auch der behauptete, er habe Stinas Stimme oft genug deutlich gehört.

Die Kinder wussten nicht, was sie davon halten sollten. Am Rheinufer aber waren die Warnungen des Lehrers und Stina Basendongk und ihre traurige Geschichte bald vergessen. Schließlich wollten die Kinder vorsichtig sein. Schließlich wollten sie nur auf eine ganz große Scholle springen. Schließlich wollten sie nur ein winziges Stück auf dem Eise fahren. Und überhaupt ...

Drei Tage später hatte das gefährliche Vergnügen ein Ende. Am Sonntag lief von Holland her die Nachricht den Fluss herauf: Der Rhein friert zu. Bald darauf begannen sich auch bei Alsum die schweren Eisschollen übereinanderzuschieben, ineinanderzuschachteln, niederzudrücken, aufzutürmen. Ein Eisgebirge mit unzähligen Spitzen und Spalten bildete sich binnen weniger Stunden. Endlich kam das Eis zur Ruhe. Das Poltern und Stöhnen, das Knirschen und Donnern wurde leiser und leiser und verstummte schließlich. Eine tiefe Stille breitete sich aus.

Fast jeder aus dem Dorf, der noch laufen konnte, hatte sich dieses Schauspiel vom Damm aus angesehen. Aber bald waren die Menschen vor der Eiseskälte in die Wärme ihrer Häuser geflohen.

Die Knechte kehrten in das Gasthaus „Zum Goldenen Schwan“ ein. Wegen dieses besonderen Tages und auch, weil sie bis auf die Knochen durchgefroren waren, genehmigten sie sich einen Kornschnaps und ein Bier. Es ging schon auf den Abend zu. Die Sonne stand tief und rot hinter den kahlen Bäumen. Auf dem Damm befanden sich nur noch Tilla und Christian.

„Christian“, sagte das Mädchen, „Christian, kennst du die Engelsbrücke in Rom?“

„Ne, kenne ich nicht“, antwortete der Knecht.

„Hast du denn schon mal ein Bild von der Karlsbrücke in Prag gesehen?“, bohrte Tilla weiter.

„Hab ich auch nicht“, gestand Christian ein.

Nach einer Weile fuhr er fort: „Steht sicher alles in dem schlauen Buch von Lehrer Pannbeckers, wie?“

„Schade, dass du die berühmten Brücken nicht kennst, Christian“, bedauerte Tilla. „Die sind nämlich wirklich sehr, sehr schön. Wenn es hier solch eine Brücke über den Rhein gäbe ...“

„Weißt du, Tilla“, sagte Christian, „ich habe überhaupt noch keine Rheinbrücke gesehen. In Köln soll es eine geben und irgendwo in Holland auch. Hat mir jedenfalls mein Onkel erzählt. Und der muss es wissen. Er fährt nämlich schon sein Leben lang als Matrose auf einem Rheinkahn.“

„Ich würde gern auf einer Brücke über den Rhein laufen“, schwärmte Tilla.

„Das ist ein teures Vergnügen, Kind. Mein Onkel sagt, jeder, der über die Brücke in Köln gehen will, der muss Brückengeld bezahlen.“

„Ich habe etwas gespart, Christian. Ich würde all mein Geld geben, wenn ich über eine Brücke laufen dürfte.“

Christian lachte. „Du bist doch sonst so sparsam“, neckte er sie.

„Ganz, ganz langsam würde ich gehen, Christian. Das Wasser fließt unter mir her. Herrlich muss das sein.“

Christian sah, wie Tilla sich tiefer in ihren Mantel kuschelte. „Kalt?“, fragte er besorgt.

„Ja“, antwortete Tilla. „Aber Christian, könntet ihr nicht ...“

„Was könnten wir, Kind?“

„Ich meine, alle Männer aus dem Dorf, ihr könntet doch?“

Christian verstand das Mädchen nicht. Er schaute sie erwartungsvoll an.

„Ihr könntet doch eine Brücke quer über das Eis bauen, Christian.“

„Wie stellst du dir das denn vor, Tilla?“ Um Christians Mund zogen sich kleine Spottfalten. „Das ist unmöglich.“

„Ist nicht unmöglich“, behauptete Tilla. „Ihr schlagt die Eisspitzen mit dem schweren Hammer und mit der Hacke ab, füllt mit den Eisstücken die Spalten aus, bis alles eben ist, und baut so eine Straße von Ufer zu Ufer, breit genug, dass gerade ein Pferdewagen darüberfahren kann.“

Christian lachte laut auf. Tilla aber redete sich in Begeisterung. Sie malte ihm aus, wie die Straße Meter um Meter zum anderen Ufer hin wachsen würde.

„Zum Schluss“, sagte sie, „hackt ihr ein Loch in das Eis, holt mit einem Eimer Wasser empor und gießt es über die Eisstraße. Die wird dann glatt und fest. Und da, wo die Brücke anfängt, da baut ihr aus Eisblöcken links und rechts einen Pfeiler und ...“

„Hör auf, hör auf“, sagte Christian. „Mir wird schon ganz schwindlig bei all deinen Hirngespinsten.“

„Warum nennst du das Hirngespinste, Christian? Eine Brücke ist eine Brücke. Und jede Brücke war zuerst in irgendeinem Kopf da, ehe sie gebaut wurde.“

Christian zündete sich eine Pfeife an. Er musste mehrmals ein Streichholz anreißen, bis der Tabak endlich glühte. Hart pfiff der Wind. Die blauen Tabakswolken wurden ihm vom Munde weggerissen.

„Meinst du wirklich, das geht?“, fragte er nachdenklich.

„Ja, Christian, das meine ich wirklich.“

„Selbst wenn ich es wollte, Tilla, ich werde keinen Menschen finden, der mir dabei hilft. Das ganze Jahr über müssen alle hier im Dorf hart arbeiten. Im Sommer geht es schon in aller Frühe aus den Federn, und ins Bett kommen wir mit den Hühnern. Und die verschwinden bekanntlich erst im Stall, wenn es anfängt, dunkel zu werden. Nur im Winter, da haben wir es etwas besser, da gibt es auf den Höfen nicht viel Arbeit. Jeder Mensch braucht auch mal eine ruhigere Zeit. Und so eine Eisbrücke zu bauen, Tilla, das kostet viel, viel Schweiß.“

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