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Werner Gitt
Wunder und Wunderbares


Werner Gitt Wunder und Wunderbares

1. Auflage 2005 der Printausgabe erschienen bei:

CLV Christliche Literatur–Verbreitung, Bielefeld

© 2013 Lichtzeichen Verlag, Lage

ISBN: 9783869549262

Bestell Nr.: 548926

E-Book Erstellung: LICHTZEICHEN Medien

www.lichtzeichen-medien.com


Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Erlaubnis des Verlegers in irgendeiner Form reproduziert werden.

Meiner lieben Marion gewidmet

Der Autor: Prof. Dr.-Ing. Werner Gitt wurde 1937 in Raineck/Ostpreußen geboren. Von 1963 bis 1968 absolvierte er ein Ingenieurstudium an der Technischen Hochschule Hannover, das er als Dipl.-Ing. abschloss. Von 1968 bis 1971 war er Assistent am Institut für Regelungstechnik der Technischen Hochschule Aachen. Nach zweijähriger Forschungsarbeit promovierte er zum Dr.-Ing. Von 1971 bis 2002 leitete er den Fachbereich Informationstechnologie bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig. 1978 wurde er zum Direktor und Professor bei der PTB ernannt. Er hat sich mit wissenschaftlichen Fragestellungen aus den Bereichen Informatik, numerische Mathematik und Regelungstechnik beschäftigt und die Ergebnisse in zahlreichen wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert. 1990 gründete er die »Fachtagung Informatik«, zu der jährlich etwa 150 Teilnehmer anreisen. Ziel ist es, biblische Leitlinien mit wissenschaftlichen Fragestellungen (besonders im Bereich Informationswissenschaften) zu verbinden. Seit 1984 vertritt er das Gebiet »Bibel und Naturwissenschaft« als Gastdozent an der »Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel (StH Basel)«. Seit 1966 ist er mit seiner Frau Marion verheiratet. Im September 1967 wurde Carsten und im April 1969 Rona geboren.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Teil I: Die Wunder der Bibel – Zumutung oder Tatsache?

Einleitung

1.1 W1: Der lange Tag bei Josua

1.2 Wenn Wunder unerwartet sind, was ist dann das Erwartete?

1.3 Was ist ein Naturgesetz?

1.4 Staunenswerte Vorgänge

1.5 Staunen über Naturgesetze

1.6 Woher kommen die Naturgesetze?

1.7 Wer sorgt für die Einhaltung der Naturgesetze?

1.8 Wo aber ist da noch Platz für Wunder?

1.9 W2: Jona im Bauch des Fisches

1.10 W3: Die Jungfrauengeburt Jesu

1.11 W4: Die Stillung des Sturmes

1.12 W5: Die Heilung des Lahmen an der Tempeltür

1.13 W6: Die Auferstehung Jesu von den Toten

1.14 Kann es sein, dass unser wissenschaftlicher Kenntnisstand (noch) nicht ausreicht, um Wunder zu erklären?

1.15 Werden bei den biblisch bezeugten Wundern immer Naturgesetze verletzt?

1.16 Welche der biblisch bezeugten Wunder werden am häufigsten in Frage gestellt?

1.17 Warum hat Jesus Wunder getan?

1.18 Ist alles, was außerhalb der Naturgesetze geschieht, immer von Gott?

1.19 Zusammenfassende Definition der biblischen Wunder

1.20 Sieht Gott seine Taten als Wunder an?

1.21 Können auch Menschen Wunder tun?

1.22 Geschehen auch heute noch Wunder?

1.23 W7: Das Wunder des Glaubens

1.24 Verschiedenartige biblische Wunder

Teil II: Wunderbares – Selbst erlebte Geschichten

Einleitung

2.1 Meine Kindheit in Ostpreußen

2.2 Der »schwerhörige« Professor aus Moskau

2.3 Nach fünfzig Jahren wieder in Ostpreußen

2.4 Vom Professor für Atheistik zum Radiomissionar

2.5 Die Kirgisin, die in letzter Sekunde den Himmel fand

2.6 Vor kirgisischen Dichtern

2.7 Bekehrt in der Luft oder auf dem Land?

2.8 Gottes nicht nachvollziehbare Mathematik

2.9 Die Suche nach meinem Geburtsort Raineck

2.10 Eine gut genutzte Bahnfahrt

2.11 Hindernisse auf dem Weg nach Tilsit

2.12 Die Drei von der Landstraße

2.13 Eine Saat, die nach 60 Jahren aufging

2.14 Gottes minutiöse Planung in Pinsk

2.15 Überraschendes in einem leeren Hörsaal an der Universität von Königsberg

2.16 Alles einsetzen, um nichts zu gewinnen

2.17 Immer auf der Suche bleiben

2.18 Fromm und doch nicht gerettet

2.19 Wer ist »der liebe Gott«?

2.20 Mein Baby ist im Himmel!

2.21 Der Atheist von Bayern

2.22 Dann kommen ja fast alle in die Hölle

2.23 Warum ließ Gott den Sündenfall zu?

2.24 Jesus, der den Herrn Jesus nicht kannte

2.25 Eine bunt gemischte Gruppe im Nachgespräch

2.26 So eine will ich auch werden

2.27 Die erforderliche Initialzündung

2.28 Das weltweite Netzwerk Gottes

2.29 Die Frau, die zur Hölle wollte

2.30 Warum tut Gott manchmal für uns Unverständliches

2.31 Wer Gott sucht, wird ihn auch finden

2.32 Wenn nacheinander drei Söhne sterben

2.33 Wenn die in den Himmel kommen, dann will ich dort nicht hin

2.34 Mission rund um die Uhr

2.35 Die Theologie der Glaubensabwehr

2.36 Erlebt in Brasilien

2.37 Der Arzt von Swakopmund

2.38 Wie Gott auf Gehorsam reagiert

2.39 Außergewöhnliches in der Namib-Wüste

2.40 Außergewöhnliches in der Höhle von Waitomo

Teil III: Geschichten, die das Leben schrieb – 12 Zeugnisse aus 5 Erdteilen

Einleitung

AUSTRALIEN

Wenn Gott einen weiten Raum schenkt

Z1: Bis zum Mars und zurück Dr. med. Carl Wieland, Brisbane (Australien)

AFRIKA

Namibia

Den kennt doch jeder!

Z2: Erlebnisse unter dem Kreuz des Südens Johannes Trauernicht, Swakopmund (Namibia)

Südafrika

Vom Abenteurer zum Jünger Jesu

Z3: Geklaut – geglaubt – getraut Heinrich Weidmann, Pretoria (Südafrika)

ASIEN

Usbekistan

Auf dem kürzesten Weg zu Jesus

Z4: Vom Islam zur christlichen Missionarin Schirinai Dossowa, Moskau (aus Usbekistan)

AMERIKA

Paraguay

Ein junger Mann setzt konsequent seinen Entschluss um

Z5: Ein Leben für die Indianer Gerhard Hein, Fernheim (Paraguay, Chaco)

EUROPA

Tragödie Ostpreußen

Z6: Wenn Gott seine Engel schickt Walter Stumpf, Neustadt an der Weinstraße

Vom zwielichtigen Gewerbe in den Dienst Jesu

Z7: Und der Herr wandte sich um und sah mich an … Esther (aus Süddeutschland)

Fromm und doch verloren

Z8: Befreit durch den Ruf Jesu Jola (aus Polen)

Der lange Weg bis zur Wahrheit

Z9: Von der Zeugin Jehovas zur Zeugin Jesu Christa Götzen, Jülich

Als Gott mein Herz traf

Z10: Ertappt Ulrike Sch., Bad Säckingen

Wie eine Lebensphilosophie zusammenbricht

Z11: New Age – ich war auf dem Weg der Verblendung Inés Carreras, München

Des Lebens raue Wege

Z12: Unkaputtbar Heidrun Förstner-Henn, Neustadt an der Weinstraße

Wenn nicht anders angegeben, wurden die verwendeten Bibelstellen nach der

Luther-Übersetzung 1984 zitiert.

Vorwort

Wie der Titel schon sagt, geht es in diesem Buch um Wunder und um Wunderbares. Unter Wunder verstehen wir all jene Ereignisse, von denen die Bibel als Taten und Zeichen Gottes berichtet, die wir jedoch normalerweise nicht auf diese Weise erleben. Das Buch gliedert sich in drei Teile.

Teil I: Anhand von 7 ausgewählten Wundern aus dem Alten und Neuen Testament wird das Prinzipielle dieser Geschehnisse herausgearbeitet. Der Leser soll hineingenommen werden in die besonderen Handlungsweisen des Schöpfers und wieder neu über seine Größe staunen können. Die Beiträge wollen sowohl Kritikern der Bibel eine Antwort auf ihre Einwände geben als auch Glaubenden deutlich machen, dass wir Schaden nähmen, wenn wir etwas von der Bibel aufgeben würden.

Teil II: Im Rahmen meines Vortragsdienstes im In- und Ausland habe ich mancherlei Wirkungen Gottes erlebt. Im Unterschied zu den biblisch bezeugten Wundern nenne ich dieses selbst Miterlebte »Wunderbares«. In 40 Beiträgen wird von Ereignissen in unserer Zeit berichtet.

Teil III: Im dritten Teil des Buches kommen 12 Personen (7 Frauen und 5 Männer) aus den fünf verschiedenen Erdteilen in eigenen Lebenszeugnissen ausführlich zu Wort. Alle sind mir persönlich bekannt. Sie schildern anhand ihres eigenen Erlebens, wie Gott durch seinen Sohn Jesus Christus in ihr Leben eingegriffen und ihrem Leben dadurch eine deutliche Wende gegeben hat.

Dank: Meiner Frau danke ich für die Durchsicht des Manuskriptes und alle hilfreichen Gespräche über die jeweilige Thematik. Auch für die Unterstützung des Buchprojekts und für alle Anregungen bin ich sehr dankbar.

Mein Wunsch ist es, dass wir durch die Schilderungen in diesem Buch wieder staunen lernen über die Aktualität der Bibel und über unseren lebendigen Gott.

Werner Gitt

Teil I

Einleitung

Wie schnell doch die Jahre vergehen, sagen wir umso öfter, je älter wir werden. Auch das 20. Jahrhundert haben wir bereits hinter uns gelassen. Im privaten Bereich bleiben jedem von uns persönliche Erinnerungen, aber auch bahnbrechende Erkenntnisse und Erfolge in Wissenschaft und Technik sind nicht vergessen. Nur einige wollen wir hier nennen:

1938 wurde von dem deutschen Erfinder Konrad Zuse (1910-1995) der weltweit erste programmgesteuerte Rechner gebaut. Computer haben inzwischen alle Zweige der Wissenschaft und Wirtschaft erobert, und an das Internet sind heute (2007) mit stark steigender Tendenz weltweit mehr als eine Milliarde Nutzer angeschlossen.

Am 3. Dezember 1967 gelang dem südafrikanischen Arzt Christiaan Barnard zum ersten Mal die erfolgreiche Transplantation eines menschlichen Herzens. Inzwischen sind weltweit über 50 000 Herzen transplantiert worden.

Am 21. Juli 1969 setzte ein Mensch erstmals seinen Fuß auf den Mond. Der Astronaut Neil Armstrong rief uns voller Stolz vom Erdtrabanten den Satz zu: »Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein Riesenschritt für die Menschheit.«

Der schottische Embryologe Ian Wilmut klonte 1996 das Schaf Dolly. Erstmals gelang es, eine normale Körperzelle so zu manipulieren, dass sie sich wie eine befruchtete Eizelle zu teilen begann und sich zu einem normalen Embryo entwickelte.

Diese wenigen Beispiele könnten den Eindruck vermitteln, als seien dem Menschen kaum noch Grenzen gesetzt. Dem Verstand scheint alles möglich. Bei all dieser Wissenschaftsgläubigkeit haben viele unserer Zeitgenossen Probleme mit der Bibel. Sie machen den Einwand geltend, dass in der Bibel so viele wissenschaftlich nicht nachvollziehbare Dinge geschrieben stehen wie z. B.:

 die Jungfrauengeburt

 die Auferstehung Toter

 Blinde werden sehend, Lahme können plötzlich gehen

 der Sonne wird befohlen: »Stehe still!«

Wir werden hier mit einem Phänomen konfrontiert, das über unseren Verstand hinausgeht: das Wunder. Auch in der Alltagssprache und der Dichtung taucht dieser Begriff häufig auf.

Johann Wolfgang von Goethe sagt im Faust, dem bekannten Drama, nicht unkritisch: »Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.«

Friedrich von Schiller sagt in seinem Schauspiel »Die Jungfrau von Orleans«: »Die Wunder ruhn, der Himmel ist verschlossen.«

In dem bekannten Film »Die große Liebe« (1942) sang der gefeierte Ufa-Star des deutschen Musikfilms Zarah Leander (1907-1981) mit ihrer dunklen, rauchigen Stimme das Lied: »Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn.«

Als Drohung hören wir manchmal den Satz: »Du wirst noch dein blaues Wunder erleben.«

Der deutsche Dichter Christian F. Gellert (1715-1769) schreibt in seinem Lied »Dies ist der Tag«: »Wenn ich dies Wunder fassen will, so steht mein Geist vor Ehrfurcht still.«

In einem französischen Spruch heißt es einschränkend: »Wunder erleben nur diejenigen, die daran glauben.«

Wenn wir mit unseren realen Möglichkeiten am Ende sind, verwenden wir die Redensart: »Jetzt kann nur noch ein Wunder helfen!«

Ist es nicht so, dass manchmal Menschen auf ein Wunder warten? Ist es dann eingetreten, versuchen sie es mit dem Verstand zu erklären und nehmen dem Besonderen damit das Wunderbare. Die Skepsis des französischen Philosophen Voltaire (1694-1778) gipfelt in der Feststellung: »Wenn in Paris auf dem Marktplatz tausend Leute und auch ich ein Wunder sehen würden, dann würde ich den zweitausend Augenpaaren einschließlich meinen eigenen misstrauen.« Wie kommt er zu einer so skeptischen Haltung?

Wunder sind Tatsachen – unbestritten. Was aber ist ein Wunder? Anhand von sieben ausgewählten Beispielen W1 bis W7 wollen wir uns nachfolgend ausgiebig mit biblisch bezeugten Wundern beschäftigen.

1.1 W1: Der lange Tag bei Josua

Im Alten Testament wird eine ganz außergewöhnliche Situation geschildert. Ich ordne das, von dem in Josua 10,12-13+14 (Hfa) berichtet wird, als ein astronomisches Wunder ein:

12. An jenem Tag, als der Herr die Amoriter in die Gewalt der Israeliten gab, hatte Josua vor dem ganzen Volk laut zum Herrn gebetet: »Sonne, bleib stehen über Gibeon, und Mond über dem Tal Ajalon!«

13. Da waren die Sonne und der Mond stehen geblieben, bis die Israeliten sich an ihren Feinden gerächt hatten… Die Sonne stand fast einen Tag lang hoch am Himmel und lief nicht nach Westen.

14. Weder vorher noch nachher hat es je einen Tag gegeben, an dem der Herr auf eine so außergewöhnliche Bitte gehört hätte. Damals tat er es, denn er kämpfte auf der Seite Israels.

Auf diesen Text bin ich oft angesprochen worden. Wie ist es astronomisch möglich, dass ein Tag so einfach verlängert wird? Drei wesentliche Punkte sollen uns zu einer Erklärung führen:

1. Gebet: Gott stellt sich immer wieder als derjenige vor, der Gebete erhört. In der Bergpredigt lehrt Jesus: »Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan« (Mt 7,7). Aus dem vorliegenden Text (Jos 10,14) erkennen wir, dass es auch ganz außergewöhnliche Gebete gibt, die Gott nur ein einziges Mal in der ganzen Weltgeschichte erhört. Wenn wir beispielsweise im Urlaub am Strand liegen und Gott darum bitten, er möge die Sonne doch noch ein paar Stunden länger scheinen lassen, dann können wir gewiss sein: Hierauf wird Gott nicht wie im Falle Josuas reagieren. Zum weiten Spektrum der Gebetserhörungen gehört auch, dass es Gebete gibt, auf die Gott sofort und immer und an jedem Ort reagiert. Es ist das Gebet eines Menschen, der Rettung erfleht: »Wer den Namen des Herrn anrufen wird, soll gerettet werden« (Röm 10,13). Es ist das größte Anliegen Gottes, dass wir nicht wegen unserer Sünde ewig verloren gehen. Darum sandte er seinen Sohn in die Welt: »Denn der Menschensohn ist gekommen, selig zu machen, was verloren ist« (Mt 18,11). Von der sofortigen Wirkung eines solchen Gebets erfuhr der eine Schächer am Kreuz aus dem Munde Jesu: »Heute wirst du mit mir im Paradies sein« (Lk 23,43). Alle anderen Gebete liegen zwischen diesen beiden Grenzmarken; Gott entscheidet in seiner Weisheit, wann und wie er auf die Gebete eingeht. Kein Gebet ist vergeblich!

2. Koordinatensystem: Manche Kritiker der Bibel wenden bei dem oben zitierten Josua-Text ein, dass der Sonne befohlen wird, stehen zu bleiben, obwohl es astronomisch gesehen doch gerade umgekehrt ist – die Sonne steht still, und die Erde bewegt sich um sie herum. Hierbei haben wir zu bedenken: Jeder moderne Astronom spricht vom Sonnenaufgang und -untergang, obwohl damit nur die scheinbaren Bewegungen beschrieben werden. Und so können wir in jedem Kalender die Zeiten für Sonnenaufgang und -untergang nachlesen. Anders ausgedrückt: Man legt das Koordinatensystem in den Standort des Beobachters, weil dann die Verhältnisse so beschrieben werden, wie diese von ihm aus gesehen werden.

Ich erinnere mich noch gern an die Mechanikvorlesungen meines geschätzten Lehrers Professor Eduard Pestel1 (1914-1988) an der Technischen Hochschule Hannover. Er war bei uns Studenten nicht nur wegen seiner gut strukturierten Vorlesungen, sondern auch wegen seiner angenehm freundlichen Art sehr geschätzt. Als er einen Ruf nach München erhielt, aber dennoch in Hannover blieb, haben viele Studenten sich dafür mit einem Fackelzug, der an seinem Haus endete, bei ihm bedankt. Gefürchtet waren allerdings seine Prüfungsklausuren, in denen er nicht wissen wollte, ob wir gut rechnen konnten. Ihm ging es darum, ob wir das Prinzip des mechanischen Systems so gut durchschauten, dass wir in der Lage waren, das Koordinatensystem für die Aufstellung der be-schreibenden Differenzialgleichungen so optimal zu setzen, dass diese leicht lösbar wurden. Hatte man den Nullpunkt des Koordinatensystems an die richtige Stelle gesetzt, war die Lösung der Aufgabe nur noch Anwendung des mathematischen Rüstzeugs. Durchschaute man die Wirkungsweise des Systems jedoch nicht richtig und setzte den Nullpunkt des Koordinatensystems an eine ungünstige Stelle, wurde der Rechenaufwand an den Gleichungen so beträchtlich, dass die Lösung nicht in der angesetzten Zeit zu schaffen war. Damit will ich auf Folgendes hinweisen: Der Nullpunkt des Koordinatensystems kann im Prinzip an beliebiger Stelle gesetzt werden; es gibt aber eine »beste« Stelle, bei der der Rechenaufwand minimal wird.


Prof. Dr.-Ing. Eduard Pestel (1914-1988), Technische Universität Hannover.

Genau dasselbe tut die Bibel auch. Es gilt durchgängig für alle biblischen Beschreibungen, dass der Nullpunkt des Koordinatensystems immer an die Stelle des Beobachters gelegt wird. So auch bei der Beschreibung des langen Tages bei Josua. Was an jenem Tag geschah, wird vom Standpunkt des Beobachters geschildert. Für ihn sah es so aus, als würde sich die Sonne am Himmel nicht weiterbewegen.

An zwei weiteren Beispielen sehen wir ebenfalls, dass es auf den Standpunkt des Beobachters ankommt.

a) In Lukas 12,54-55 beschreibt Jesus eine allgemeine Wetterbeobachtung: »Wenn ihr eine Wolke aufsteigen seht vom Westen her, so sagt ihr gleich: Es gibt Regen. Und es geschieht so. Und wenn der Südwind weht, so sagt ihr: Es wird heiß werden. Und es geschieht so.«

Als ich in Paraguay war, also in der heißen Zone der südlichen Erdhalbkugel, da lernte ich eine andere Regel kennen: Wenn der Nordwind weht, dann wird es sehr heiß. Es ist dann jene Luft, die vom Äquator kommt. Die obige meteorologische Regel, die Jesus nannte, ist keine weltweit gültige, sondern eine für den Standort Israel gegebene.

b) In Jeremia 16,14-15 finden wir eine Prophetie über die Rückkehr der Juden:

»Darum siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, dass man nicht mehr sagen wird: ›So wahr der Herr lebt, der die Israeliten aus Ägyptenland geführt hat‹, sondern: ›So wahr der Herr lebt, der die Israeliten geführt hat aus dem Lande des Nordens und aus allen Ländern, wohin er sie verstoßen hatte.‹ Denn ich will sie zurückbringen in das Land, das ich ihren Vätern gegeben habe.«

Diese Prophetie wurde in Israel ausgesprochen und nicht in Südamerika oder Australien. Das große Land im Norden von Israel war die frühere Sowjetunion; bemerkenswerterweise liegen Jerusalem und Moskau auf demselben Längengrad. Aus diesem Land sind seit Herbst 1989 über 840 000 Juden nach Israel eingewandert. Auch hier sehen wir, dass sich die gegebene Aussage auf den Standort des Beobachters (in Israel) bezieht.

Halten wir fest: Die Bibel beschreibt die Phänomene und trifft Aussagen oder beschreibt Ereignisse immer vom Standort des Beobachters aus, weil sie dann am einfachsten zu verstehen sind.

3. Das Wunder: Nun kommen wir zu dem Hauptproblem dieses Textes. Die physikalisch relevante Bewegung, die in Josua 10 geschildert wird, ist exakt beschrieben, wenn wir das Koordinatensystem in den Erdmittelpunkt legen: Die Erde wurde bezüglich ihrer Umdrehung um die eigene Achse eine Zeit lang angehalten (oder abgebremst) und später wieder »auf Tour« gebracht. Nach den Gesetzen der Mechanik entstehen dabei Beschleunigungskräfte, die massive Wirkungen auf der Erde auslösen: Die Ozeane schwappen über, das Wasser der Flüsse und Seen tritt über die Ufer, Tassen fallen aus dem Schrank und Menschen kippen um. So geschieht es unter Normalbedingungen.

Aber hier greift derjenige ein, der Himmel und Erde durch sein Allmachtswort geschaffen hat. Es ist eine Kleinigkeit für ihn, in den sonst geltenden Naturgesetzen vorübergehend ein paar Parameter zu ändern. Hierfür verwenden wir die Bezeichnung »Wunder«.

Wie können wir ein Wunder definieren? Zunächst möchte ich eine vorläufige Definition D1 geben, die wir nach weiterer Diskussion als D2 noch präzisieren werden:

Definition D1: Ein Wunder versetzt uns ins Staunen, weil es unerwartet und unberechenbar auftritt und unserer normalen Beobachtung widerspricht.

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