Czytaj książkę: «Bastlliesturm»

Czcionka:

Walter Brendel

Bastillesturm

Impressum

Texte: © Copyright by Walter Brendel

Umschlag: © Copyright by Gunter Pirntke

Verlag:

Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag

Gunter Pirntke

Mühlsdorfer Weg 25

01257 Dresden

gunter.50@gmx.net

Inhalt

Impressum

Einleitung

Die historische Ausganslage

Der Compte rendu au Roi

Das Volk lehnt sich auf

Die Bastille

Vor dem Sturm

Der Sturm beginnt

Der Tod des letzten Kommandanten der Bastille

Was geschah mit den weiteren Beteiligten?

Berühmte Gefangene

Die letzten Gefangenen der Bastille

Legenden über die Pariser Bastille

Die Legende vom Mann in der eisernen Maske

Zusammenfassung

Quellen

Einleitung

Die Bastille, Staatsgefängnis und Symbol des Absolutismus. Im Juli 1789 stürmen Aufständische die Pariser Festung und nehmen das verhasste Bauwerk ein. Wie gelingt ihnen dieser Coup?

Im Juli 1789 befand sich das Volk von Paris in Unruhe: Einerseits setzte es große Hoffnungen in die von König Ludwig XVI. einberufenen Generalstände, andererseits war es durch hohe Brotpreise vom Hunger bedroht. Seit dem 10. Juli wurden Zollhäuser rund um Paris in Brand gesteckt in der Hoffnung, dass die Waren in der Stadt billiger würden, wenn keine Akzise mehr erhoben würde.

Am 11. Juli entließ der König den beim Volk beliebten Finanzminister Jacques Necker. Außerdem hatte er Truppen in Versailles zusammengezogen – eine deutliche Drohung an die Nationalversammlung. Am 12. Juli erreichte die Nachricht von der Entlassung Neckers Paris. Agitatoren im Palais Royal heizten die Stimmung weiter an. Der berühmteste Redner war hier Camille Desmoulins, der die Patrioten aufforderte, sich als Erkennungszeichen Kastanienblätter an die Hüte zu stecken. Am Tag darauf kam es zu ersten gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und dem Kavallerieregiment Royal Allemand.

Es erfolgte danach ein erneuter Aufmarsch mit verbesserter Bewaffnung (Soldaten, Kanonen), worauf die Wachmannschaft kapitulierte und die Menge das Gefängnis stürmte. Sie befreite die Gefangenen: vier Urkundenfälscher, zwei Geisteskranke und vermutlich den adligen Schriftsteller Marquis de Sade, den seine Familie wegen seines wüsten Lebenswandels in der Bastille hatte festsetzen lassen.

De Launay wurde auf dem Weg zum Rathaus trotz Zusicherung des freien Geleits wegen seines Schießbefehls erst tödlich verwundet, dann von einem Metzger geköpft, ein Wachsoldat wurde ebenfalls umgebracht. Als Jacques de Flesselles, Oberhaupt des Pariser Magistrats, den Kommandanten retten wollte, wurde er ebenfalls geköpft. Die Köpfe trug man anschließend unter dem Jubel der Bevölkerung auf Heugabeln durch die Straßen der Hauptstadt. Es waren die ersten adligen Opfer der Revolution.

In nur wenigen Stunden erobern Tausende die Festung, die von acht Türmen und zwei Zugbrücken geschützt ist. Dabei sind die Aufständischen nur einfache Handwerker mit wenigen Waffen. Der Sturm auf die Bastille gilt als Auftakt der Französischen Revolution.

Die Bastille in Paris wird als Staatsgefängnis genutzt und vom französischen Volk gehasst und gefürchtet. Am 14. Juli 1789 wird sie zum Schauplatz eines der bedeutendsten Ereignisse der europäischen Geschichte. Die Menschen greifen zu den Waffen, um dieses gigantische Gebäude zu stürmen. Es dauert nur wenige Stunden, bis die Aufständischen die massive Festung einnehmen. Das Buch verfolgt Stunde für Stunde, wie sich Intrigen und Fehlentscheidungen aneinanderreihen, bis die Festung schließlich eingenommen ist.

Die Belagerung und Kapitulation der königlichen Festung fand in einer Zeit des Regierungsvakuums, der Wirtschaftskrise und der politischen Spannungen während der Sitzung der Generalstände und ihrer Proklamation durch den Dritten Stand in der Verfassungsgebenden Versammlung statt. Die Unruhe der Pariser Bevölkerung steigerte sich nach der Entlassung von Jacques Necker (am 12. Juli vom Journalisten Camille Desmoulins angekündigt) und der Präsenz von Söldnertruppen am Stadtrand.

Auch wenn seine militärische Bedeutung relativ gering ist, ist das Ereignis in Bezug auf seine allgemeinen, politischen und symbolischen Auswirkungen beispiellos. Die Einnahme der Bastille hatte den Effekt eines Erdbebens, sowohl in Frankreich als auch Europa bis zum russischen Kaiserreich. Die Festung wurde von etwa hundert Männern (Schweizern und Deutschen) verteidigt, die unter den Belagerern fast hundert Menschen töteten. Auf Seiten der Belagerten starben sechs, darunter der Kommandant Bernard-René Jordan de Launay.

Das Ereignis gilt als radikaler Wendepunkt im Verlauf der Ereignisse der Pariser und der königlichen Macht. Es markiert die Auflösung der königlichen Verwaltung und verursacht eine kommunale Revolution. Die Hauptstadt und dann das ganze Land unterstützten die Verfassungsgebenden. Darüber hinaus wird es von seinen Anhängern sofort unterstützt und gefeiert. Das Ereignis hatte eine starke symbolische Wirkung auf die republikanisch-politische Kultur.

Die historische Ausganslage

Die Bastille, Schauplatz eines der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte. Am 14. Juli 1789 greift die Bevölkerung von Paris zu den Waffen. Das Symbol des Absolutismus soll fallen. Es war eine Revolution, nicht nur eine Revolte.

Der Sturm auf die Bastille fordert mehr als einhundert Tote. Was ist an diesen Tag tatsächlich passiert? In nur wenigen Stunden erobern die Aufständischen die Festung.

Sie wollen die Bastille einnehmen. Für das Volk ist das ein Akt der Souveränität, nach dem Motto: Wir haben die Kontrolle. Wir sind die Stärkeren. Um 17 Uhr öffnen sie die Tore und die Menschen stürmen in die Festung.

Der 14. Juli bleibt verbunden mit Geschichten um Abenteuer, von Heldentaten und Fehlentscheidungen.

Zur historischen Ausgangslage. Das Königreich Frankreich ist in der Krise. Was Ludwig XIV. geschaffen hat, den absolutistischen Staat, hat sein Nachfolger Ludwig XV. fast verspielt und dessen Nachfolger Ludwig XVI., einer der schwächsten Könige in der Dynastie um das Haus Bourbon der französischen Revolution ausgeliefert, die mit der Erstürmung der Bastille ihren Anfang nahm.

Die politisch Unzufriedenen wollen Veränderungen, sie sehnen das Ende der absoluten Herrschaft des Königs herbei, der auch noch von unfähigen Beratern umringt war. Hatten seine Vorgänger doch noch solche fähigen erste Minister, wie die Kardinäle Richelieu und Mazarin, so war es bei Ludwig XVI. sehr schlecht bestellt. Der letzte König des Ancien Régime, erhielt von seinem Großvater Ludwig XV. ein schwieriges Erbe. Frankreich stand am Rande des finanziellen Ruins und im Rahmen der absolutistischen Monarchie konnte der König die Krise nicht bewältigen.

Als sein Großvater Ludwig XV. am 10. Mai 1774 starb, wurde Ludwig XVI. mit 19 Jahren König. Er suchte zunächst einen Mentor und entschied sich für den 73-jährigen vormaligen Staatssekretär Graf von Maurepas, der von 1774 bis zu seinem Tod leitender Staatsminister war.

Wenn auch im Grunde leicht und oberflächlich im Charakter, so war Maurepas doch ernsthaft an wissenschaftlichen Angelegenheiten interessiert und er engagierte Frankreichs beste Köpfe, um Fragen der Navigation und der Schiffskonstruktion wissenschaftlich anzugehen.

Er war zutiefst zerstritten mit seiner Cousine Marie-Anne de Mailly-Nesle, die ab 1742 bis zu ihrem Tod Ende 1744 zur Maîtresse en titre des Königs Ludwig XV. und Herzogin von Châteauroux aufstieg.

Maurepas fiel 1749 bei Ludwig XV. in Ungnade, wegen eines Epigramms gegen Madame de Pompadour, und wurde aus Paris verbannt.

Nach der Thronbesteigung Ludwigs XVI. wurde er aber Staatsminister und Ludwigs Hauptberater. Er legte das Finanzministerium in die Hände von Turgot, den königlichen Haushalt in die von Malesherbes und machte Vergennes zum Außenminister. Zu Beginn seiner neuen Karriere offenbarte er seine Schwäche, indem er dem öffentlichen Druck nachgab und das alte Parlament wiedereinsetzte, das Maupeou entlassen hatte. Damit brachte er den gefährlichsten Feind der absolutistischen Macht des Königs wieder ins Spiel.

Dieser Schritt sowie seine Intervention für die amerikanischen Staaten waren ein Beitrag auf dem Weg zur Französischen Revolution. Neidisch auf Turgots Einfluss auf Ludwig XVI., intrigierte er gegen ihn. Nach der Entlassung Turgots 1776 folgten sechs Monate Durcheinander und danach die Ernennung Neckers. Auch ihn ließ er 1781 wegen seiner Reformversuche entlassen. Kurz darauf starb er.

Die Krönung Ludwig XVI. fand am 11. Juni 1775 in Reims statt. Anne Robert Jacques Turgot, der im August 1774 zum Generalkontrolleur der Finanzen berufen worden war, hatte zwar aus Kostengründen geraten, auf das aufwändige Sacre zu verzichten und stattdessen eine schlichte Zeremonie in Paris abzuhalten. Zudem solle Ludwig auf den unzeitgemäßen Eid, er werde alle Häretiker bekämpfen, verzichten. Der fromme Ludwig wies dies zurück: Er war fest davon überzeugt, dass er selbst und seine Herrschaft Teil des göttlichen Heilsplans seien, was durch die Krönung und die Salbung mit dem heiligen Öl zum Ausdruck gebracht werde.

Die Generalstände des Jahres 1789 (französisch États généraux de 1789) bezeichnen die Auswahl und die von Mai bis Juni 1789 abgehaltenen Sitzungen der Ständeversammlung in Frankreich. Der bis dahin absolutistisch regierende König Ludwig XVI. berief sie ein, um sich angesichts eines Staatsbankrotts neue Steuern bewilligen zu lassen. Diese Beteiligung der Stände (Klerus, Adel, Dritter Stand) am politischen Entscheidungsprozess war nach der erfolglosen Notabelnversammlung der zweite entscheidende Schritt zum Ende des Absolutismus in Frankreich. Es war nach 175 Jahren die erste derartige Versammlung, die 1614 das letzte Mal davor in ähnlicher Form zur Zeit des minderjährigen Ludwig XIII. abgehalten worden war.

Im Verlauf der Versammlung der Generalstände des Jahres 1789 kristallisierte sich für die Vertreter des Dritten Standes, also vornehmlich des Bürgertums, immer deutlicher heraus, dass die erhoffte politische Mitbestimmung unerfüllt bleiben würde. Sie konstituierten sich daher zur Nationalversammlung. Dies bedeutete de facto das Ende der Generalstände und leitete die unmittelbar darauf folgende Entwicklung zur französischen Revolution ein.

Die Eröffnung wurde zuvor präzise geplant. Dabei vergab Ludwig XVI. die Chance, die Inszenierung zur Betonung der Gemeinsamkeiten zu nutzen, vielmehr betonte die Organisation die Unterschiede der Stände und die Sonderrolle des Königs deutlich. Während Necker (dazu später mehr) die Angelegenheit eher geschäftsmäßig in Paris abhandeln wollte, bestand der König gestützt auf Berater auf einer augenfälligen Zeremonie.

Versammlungsort war der Saal der Menus Plaisir, der im Schlosskomplex von Versailles extra für die Notabelnversammlung erbaut worden war. Man versuchte die alten Verfahren zu rekonstruieren. Da diese aber weitgehend in Vergessenheit geraten waren, hat man die äußeren Abläufe teilweise neu erfunden. Die Planungen reichten bis zur Kleidung. Dabei trugen die Abgeordneten offiziell vorgeschriebene Gewänder. Die hohen Geistlichen und die Angehörigen des Adels waren prachtvoll ausstaffiert. Der Adel etwa trug einen schwarzen Seidenrock, eine Weste aus gold- und silberdurchwirktem Tuch, Spitzenhalstuch und einen Federhut. Der Hut sollte der Mode aus der Zeit Heinrich IV. entsprechen, spiegelte aber eher die Vorstellungen davon als die tatsächliche Bekleidung des 17. Jahrhunderts wider. Die Vertreter des Dritten Standes dagegen hatten ganz in Schwarz zu erscheinen.


Eröffnung der Generalstände

Am 4. Mai, einen Tag vor der offiziellen Eröffnung, wurden die Abgeordneten vom König empfangen. Während Ludwig XVI. die Vertreter von Adel und Klerus im Cabinet du roi empfing, hatten die Abgeordneten des Dritten Standes in einem anderen Saal zu warten und mussten dann am König vorbeigehen. Vor dem Thron hatten die Männer des Dritten Standes die Knie zu beugen. In einer prachtvollen Prozession zogen die Abgeordneten dann in die Ludwigskirche. Noch einmal bot das Hofzeremoniell die Pracht des Königtums auf. Herolde auf weißen Pferden in Samtgewändern aus Purpur und angetan mit dem Zeichen der Lilie bliesen silberne Trompeten. Dem König voran schritt die Garde der Cent Suisses in Uniformen aus der Renaissance.

Insgesamt wurde noch einmal die alte Ordnung beschworen und der Dritte Stand gedemütigt. Dessen Abgeordnete wurden an die Spitze des Zuges gestellt, das heißt, sie waren so weit wie möglich vom König entfernt. Während Adel und Geistliche reservierte Plätze in der Kirche hatten, mussten sich die Bürgerlichen einen Platz suchen. Die protokollarischen Spitzen vergaßen die Vertreter des Dritten Standes nicht.

Die offizielle Eröffnung am 5. Mai begann mit einer kurzen Rede von Ludwig XVI. Diese war widersprüchlich. Einerseits betonte sie die Bedeutung des von vielen herbeigesehnten Tages, andererseits warnte sie vor übertriebenen Neuerungen. Nach ihm sprach der Siegelbewahrer Charles de Barentin, jedoch so leise, dass niemand ihn verstand. Nur zum Schluss wurde er lauter und erteilte allen Neuerungen eine Absage. Die folgenden drei Stunden füllte die Rede Neckers, die dieser jedoch größtenteils von einem Vertreter verlesen ließ. Es handelte sich um die Darlegung der gegenwärtigen Finanzsituation. Eingeräumt hatte Necker nur ein Defizit von 56 Millionen und beantragte die Gewährung einer Anleihe von 80 Millionen. Die Seite des Königs versuchte so, die Versammlung auf den rein technischen Aspekt der Finanzpolitik zu beschränken, obwohl Mirabeau bereits am 5. März an den König appelliert hatte, sofort auch über die Abstimmung nach Köpfen zu debattieren. Nur sehr vorsichtig deutete Necker an, dass man in Zukunft möglicherweise nach Köpfen und nicht nach Ständen abstimmen könnte.

Am 6. Mai begannen die Abgeordneten des Adels und der Geistlichen sich in getrennten Sitzungen zu versammeln, um die Vollmachten der Abgeordneten ihrer Stände zu prüfen. Die Abgeordneten des Dritten Standes taten nichts. Sie waren unschlüssig. Eine Prüfung ihrer Legitimationen auf Basis des Standes hätte die Anerkennung der alten Form der Generalstände bedeutet. Die klare Abstimmung nach Köpfen zu verlangen, hätte aber den Übergang zur Revolution bedeutet, den zu diesem Zeitpunkt nur einige Abgeordnete etwa aus der Bretagne oder der Dauphiné bereit waren zu gehen. Aber es gab unter den Deputierten auch keinen, der bereit gewesen wäre, sich einfach den Traditionen der Abstimmung nach Ständen zu beugen. Aber demonstrativ bezeichnete man sich nach dem Vorbild der Revolte von Grenoble und dem englischen Unterhaus als Députés des communes. Mirabeau gab eine Zeitschrift mit Berichten über die Verhandlungen heraus, die sofort verboten wurde. Seine Nachfolgepublikation konnte sich allein schon deshalb großer Aufmerksamkeit erfreuen.

Auf Antrag von Sieyès beschlossen die Abgeordneten des Dritten Standes am 10. Juni ihre Zurückhaltung aufzugeben. Die Abgeordneten der beiden anderen Stände wurden aufgefordert, sich ihnen anzuschließen. Am Abend des 12. Juni sollte die Sitzung mit den Abgeordneten der beiden anderen Stände stattfinden, aber von diesen erschien niemand. Erst am 13. stießen drei Pfarrer dazu. In den folgenden Tagen nahm der Zulauf dann immer stärker zu. Es kam bald die Frage der Selbstbezeichnung auf. Während Mirabeau und Mounier für ein Abwarten plädierten, setzte Sieyès am 17. Juni nach einer zweitägigen Debatte den Begriff 'Nationalversammlung' durch. Am 19. Juni beschloss der Klerus mit 169 zu 157 Stimmen, sich dem Dritten Stand anzuschließen.

Als der König am 20. Juni den Sitzungssaal mit der Begründung schließen ließ, dass er für eine weitere Sitzung am 23. Juni vorbereitet werden müsse, besetzten die sich vor verschlossenen Türen einfindenden Deputierten kurzerhand die sich in der Nähe befindende Ballsport-Halle, wo sie im sogenannten Ballhausschwur gelobten, „sich niemals zu trennen, bis der Staat eine Verfassung hat […] und nur der Gewalt der Bajonette zu weichen“. Damit erklärte sich die Nationalversammlung zugleich zur Verfassunggebenden Versammlung1.

***

Hauptproblem Frankreichs war tatsächlich die hohe Staatsverschuldung. Ludwig zeigte sich hier als zwar gutwilliger, aber schwacher und unentschlossener Herrscher, dem es nicht gelang, sich vom Einfluss der Entourage seiner Frau zu befreien. Die radikalen Reformen von Turgot und Malesherbes stießen auf den Widerstand des Adels, und Ludwig hatte nicht den Mut oder die Kraft, sie durchzusetzen. Turgot wurde entlassen, Malesherbes trat 1776 zurück und wurde durch Jacques Necker ersetzt.


Jacques Necker

Im Oktober 1776 wurde er von Ludwig XVI. zum Finanzminister Frankreichs ernannt, zunächst nur mit dem Titel eines Direktors der Schatzkammer, und vom 29. Juni 1777 bis zum 19. Mai 1781 als Generaldirektor der Finanzen, directeur général des finances. Er versuchte die Finanzen wieder in geregelte Bahnen zu lenken, indem er die Kopfsteuer gleichmäßiger verteilte, den vingtième d’industrie abschaffte und gemeinnützige Pfandleiheneinrichtete.

Seine wichtigste finanzielle Maßnahme war jedoch der Versuch, die französischen Schulden sowie die Einführung von Jahresrenten unter Bürgschaft durch den Staat zu finanzieren. Die Anwendung der Finanzierungsmaßnahmen war zu schwierig, um innerhalb kurzer Zeit durchgeführt zu werden, und Necker wies nur auf die zu befolgenden Leitlinien hin, anstatt den Vorgang zu vollenden. In all diesen Dingen behandelte er die französischen Finanzen mehr als Bankier denn als kompetenter politischer Ökonom. An Turgot, den berühmtesten Ökonomen seiner Zeit, reichte er nicht heran. Politisch tat der von den Ideen der Aufklärung beeinflusste Generaldirektor der Finanzen nicht viel, um die sich anbahnende Revolution abzuwenden, und seine Gründung von Provinzversammlungen war nur eine ängstliche Anwendung von Turgots ausgefeiltem Plan zur Neuorganisation der Verwaltung Frankreichs.

Im Jahr 1781 verfasste Necker seinen Rechenschaftsbericht/ Finanzbericht an den König), einen Bericht an den König über die Staatsfinanzen. Über diesen Bericht erhielt auch erstmals die Öffentlichkeit Einblick in die staatlichen Einnahmen und Ausgaben. Dieser Compte rendu ist berühmt geworden, weil durch ihn zum ersten Mal in der Geschichte des Königreichs Frankreich Zahlen über die Staatsfinanzen veröffentlicht wurden. Zudem gab er Anlass zu großen Diskussionen, weil er für das aktuelle Jahr 1781 einen ordentlichen Überschuss konstatierte. Dieser Überschuss erschien vielen Zeitgenossen und Historikern nicht glaubhaft, weil das Frankreich des Ancien Régime mit ständigen Finanzproblemen zu kämpfen hatte (siehe nächstes Kapitel).

Die Unentschlossenheit und Passivität, mit denen Ludwig auf die sich verschärfende Krise reagierte, wird von einigen Historikern auf einen Nervenzusammenbruch mit anschließendem, jahrelangem Realitätsverlust zurückgeführt. Dem hält der britische Historiker Ambrogio Caiani seinen phlegmatischen Charakter und die im 18. Jahrhundert unter Monarchen verbreitete Taktik entgegen, sich undurchschaubar zu geben und seine Motive zu verheimlichen.

Das war also die historische Ausgangslage, dessen Hauptproblem im schwachen König und der der bankrotten Lage der Staatsfinanzen war.

Der Compte rendu au Roi

Der Compte rendu enthält einen Aufsatz, in welchem Necker Rechenschaft über seine bisherige Reformpolitik gibt, und den nachfolgenden eigentlichen Finanzbericht mit den Zahlen für das Jahr 1781.

Der Aufsatz seinerseits besteht aus einem kurzen Vorwort und drei nachfolgenden Teilen. Im Vorwort wird dargelegt, wieso die Veröffentlichung der Staatsfinanzen vorteilhaft sei. Die Minister und übrigen Entscheidungsträger in der Regierung müssten den Zustand der Finanzen kennen, damit sie ihre Politik danach ausrichten könnten. Zudem zeige das Beispiel Englands, dass der Staat viel mehr Kredit bekomme, wenn er die Geheimnistuerei beende und mit offenen Karten spiele. In England werde der Finanzhaushalt jährlich dem Parlament vorgelegt und danach veröffentlicht und sei daher jederzeit bekannt. Daher finde England viel mehr Kredit, obwohl es an Bevölkerung und Fläche kleiner sei als Frankreich.

Im ersten Teil werden der Zustand der Finanzen und des öffentlichen Kredits dargelegt. Hier steht die Schlüsselstelle des Compte rendu, in welcher Necker versichert, dass trotz eines strukturellen Defizits, welches noch 1776 bestand, und trotz der großen Kriegsausgaben die Staatsfinanzen gesund seien und nun ein ordentlicher Überschuss von 10,2 Mio. Livre bestehe: „Ich beeile mich nun Eurer Majestät zu vermelden, dass, sowohl durch das Ergebnis meiner Bemühungen und verschiedener Reformen, welche Ihr erlaubt habt, als auch durch die Erhöhung Eurer Einnahmen, oder deren natürliche Steigerung, und schließlich durch die Erlöschung einiger Renten und Schuldrückzahlungen der aktuelle Zustand Eurer Finanzen derart ist, dass, trotz des Defizits von 1776, trotz der immensen Kriegsausgaben, und trotz der Zinsen für die Anleihen, welche für dessen Unterhalt aufgenommen wurden, die ordentlichen Einnahmen Eurer Majestät momentan Eure ordentlichen Ausgaben um 10'200'000 Livre übersteigen.“

Anders als im letzten Krieg (Siebenjähriger Krieg), bei welchem der französische Staat nach drei Jahren Kampf in die Insolvenz stürzte (Oktober 1759), sei diesmal auch der öffentliche Kredit stabil geblieben. Die französische Regierung finde genügend Geld, um ihr militärisches Engagement im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zu finanzieren. Sodann kommt Necker auf die Antizipationen (kurzfristige Vorschüsse) zu sprechen, welche seiner Meinung nach nicht zu hoch sein sollten, weil diese Form von Kredit nur wenige Monate lief und daher immer wieder erneuert werden musste, was bei temporärem Austrocknen des Kapitalmarktes schwierig werden konnte. Danach werden kurz die staatliche Buchführung (comptabilité) und die Diskontbank (caisse d’escompte) angesprochen.

Im zweiten Teil werden die verschiedenen Reformen innerhalb der Finanzverwaltung erläutert. Zunächst werden die Pensionen, Gratifikationen und weiteren pekuniären Zuwendungen angesprochen (dons, croupes et pensions), ein Ausgabeposten, der im Ancien Régime ein wichtiger Schuldenfaktor war. Sodann beschreibt Necker, wie er die Profite der Finanzleute begrenzt habe, was im Zusammenhang mit dem Aufbau des damaligen Staatsapparates gesehen werden muss. Dieser war geprägt durch ein großes Bürokratisierungsdefizit. Durch die Institution der Ämterkäuflichkeit waren wichtige Aufgaben und Ämter innerhalb der Finanzverwaltung (Steuereinziehung, Geldverwaltung, Rechnungsbegleichungen etc.) an privatwirtschaftliche Unternehmer verkauft (Ferme générale), welche für ihre Dienste jedoch große Summen einstrichen und die Führung des Staates schwerfällig und kompliziert machten. Necker trachtete danach, die Profite dieser privatwirtschaftlichen Finanzleute zu schmälern und sie besser zu kontrollieren. Zur Sprache kommen im Compte rendu die Kassierer (Trésoriers), die Hauptsteuerpächter für die direkten Steuern, die Hauptsteuerpächter für die königlichen Ländereien und Wälder, die Auszahler der königlichen Renten sowie die große Steuerreform von 1780, welche die Einziehung eines Großteils der indirekten Steuern auf drei große Kompanien verteilte. Als weitere Themen werden die Ausgaben des königlichen Haushaltes angesprochen welche gemäß Necker stark gekürzt wurden, sodann die Verwaltung der Krondomänen] und königlichen Wälder und die Prägung des Münzgeldes. Gemäß Necker haben all diese Reformen nicht nur zu großen Einsparungen, sondern auch zu mehr Ordnung und Übersicht in der Verwaltung geführt.

Im dritten, umfangmäßig größten Teil des Aufsatzes kommen allgemeinere politische Themen und Reformen zur Sprache, welche zwar nicht direkt mit den staatlichen Finanzen zu tun hatten, aber für die allgemeine Prosperität des Landes dennoch als wichtig bezeichnet werden. Einen großen Raum nehmen dabei fiskalpolitische Diskussionen ein. Vor allem das System der indirekten Steuern war im damaligen Frankreich sehr kompliziert, wenig berechenbar und auch sehr ungleich verteilt, was einerseits eine ständige Ungewissheit für die Steuerzahler bedeutete, andererseits für das Wirtschaftsklima im Land schädlich war. Necker versuchte, hier Verbesserungen durchzuführen, musste aber zugeben, dass wegen des Krieges einige Projekte verschoben werden mussten, insbesondere jene, welche eine gewisse Ertragseinbusse befürchten ließen. Denn um den Schuldendienst sicherzustellen war er ängstlich darauf bedacht, die Einkünfte des Königs, Ludwig XVI. nicht zu schmälern, mochten die damit verbundenen Reformen auch noch so sinnvoll sein. So musste die Reform der Kopfsteuer auf später verschoben werden, ebenfalls die der Salzsteuer. Diese war ein besonders eindrückliches Beispiel dafür, wie kompliziert das damalige Steuersystem war. Frankreich war bezüglich der Salzsteuer in mehrere große Hauptsteuerklassen eingeteilt, in welchen der Salzpreis ganz unterschiedlich hoch war. Dieses Preisspektrum führte zu großem Salzschmuggel, welcher wiederum unter Einsatz großer Ressourcen bekämpft werden musste. Auch innerhalb dieser Hauptsteuerklassen gab es große Preisunterschiede, so dass praktisch im ganzen Land ein permanenter Schmuggelkrieg herrschte. Um dem entgegenzuwirken, schlägt Necker im Compte rendu zwei alternative Maßnahmen vor: Entweder man schaffe die Salzsteuer komplett ab, was aber angesichts ihres großen Ertrages von 54 Mio. Livre nicht möglich sei, oder man sorge wenigstens für einen einigermaßen einheitlichen Salzpreis, damit dem Schmuggel die Grundlage entzogen werde. Doch solche komplizierten Reformen könnten erst nach Beendigung des Krieges angegangen werden. Weitere von Necker angesprochene Steuerarten waren die Zwanzigsten auf das Einkommen, die Hauptertragssteuer, die Steuer auf offizielle Akten Grenzzölle und Wegzölle, die lokale Warensteuern, Steuern auf den Ämterbesitz sowie die Fron.

Neben diesen fiskalpolitischen Diskussionen spricht er auch Themen institutioneller und sozialpolitischer Art an. Einen großen Raum nehmen insbesondere die Provinzialadministrationen ein. Dieses Projekt, von Necker gestartet, sah die Errichtung von Regionalparlamenten vor, welche im begrenzten Gebiet einer Provinz Lösungen zu regionalpolitischen Problemen suchen sollten. Insbesondere die gerechte Aufteilung der Steuern, die Behandlung der Klagen der Steuerpflichtigen, der Straßenunterhalt und die Mehrung des allgemeinen Wohlstandes gehörten zu ihren zentralen Aufgaben. Obwohl jegliche Beschlüsse dieser Administrationen an die königliche Zustimmung gebunden blieben und dessen volle Autorität nicht beschränkt wurde, erkannte Necker, dass es nicht nötig und auch nicht sinnvoll war, wenn Lösungsansätze immer nur von Versailles ausgingen. Die in der Region selbst wohnenden Leute hatten oftmals viel größere Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten und konnten daher viel genauer und sensibler auf sie reagieren als die weit entfernte königliche Regierung in Versailles.

Zwei weitere Punkte betreffen die von Necker 1777 abgeschafften Finanzintendanten sowie ein Gremium zur Behandlung von Streitfällen und Klagen, welches den Finanzminister in seiner täglichen Arbeit entlasten soll. Am Ende des Aufsatzes kommt behandelt Necker einige wirtschafts- und sozialpolitische Themen. Eines davon betrifft den Mont-de-Piété, ein staatliches Leihhaus, welches es den aus der Provinz nach Paris hergezogenen jungen Leuten erlauben sollte, Kleinkredite aufzunehmen, ohne die von privaten Kreditgebern oftmals geforderten Wucherzinsen bezahlen zu müssen. In den darauffolgenden Punkten über das Manufakturwesen die Gewichte und Masse und den Getreidehandel spricht sich Necker für eine dezidiert liberale Wirtschaftspolitik aus. So sollten die Manufakturen von staatlicher Seite nicht zu sehr reglementiert sein, dennoch sollte der Staat versuchen, sie zu fördern und talentierte Handwerker aus dem Ausland anzuziehen. Die verschiedenen Gewichte und Massen sollten vereinheitlicht werden, doch wäre dies gemäß Necker eine gewaltige Arbeit, weil dann viele Verträge und Dokumente umgeschrieben werden müssten. Der Getreidehandel sollte prinzipiell frei sein, doch dürfe man nicht ins Extrem verfallen. In Zeiten schlechter Ernten müsse er auch eingeschränkt werden können. Sodann kommt auch der Maintmorte zur Sprache, ein altes feudales Recht, welches die Leibeigenen und ihre allfälligen Güter unter der Verfügungsgewalt des Herrn hielt. Der König hatte in seinen eigenen Ländern die Leibeigenen von diesem Recht befreit, und Necker nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, dass einige weitere Lehnsherren dem königlichen Beispiel gefolgt waren.

Darauf folgen Erläuterungen zu den Spitälern und Gefängnissen, welche oftmals schlecht organisiert waren und den Zustand der Patienten bzw. Insassen eher verschlimmerten. Necker und insbesondere seine Frau, die Salonière Suzanne Necker hatten hier einige Reformen im Sinne der Aufklärung veranlasst. Madame Necker hatte 1778 in der Pariser Gemeinde Saint-Sulpice ein Hospital errichtet, welches nach modernen medizinischen Gesichtspunkten organisiert war und als Modell für alle weiteren Spitäler des Landes dienen sollte. Sodann beschreibt Necker, wie er den Bau eines neuen, größeren Gefängnisses durchgesetzt habe, worin die Insassen nach Geschlecht, Alter und Art des Vergehens getrennt werden konnten.

Am Schluss versichert Necker, dass er sich mit Hingabe und vollem Einsatz der wichtigen Aufgabe gewidmet habe, welche ihm der König zugetragen habe. Er habe nicht nur auf das private Vergnügen verzichtet, sondern auch darauf, seinen Freunden mit Ämtern und Zuwendungen zu dienen.

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148 str. 31 ilustracje
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9783966511865
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Bookwire
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