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Czytaj książkę: «Deutsche Humoristen, 4. und 5. Band (von 8)», strona 10

Various
Czcionka:

Ein gutes Tier…
von
Wilhelm Busch

 
Ein gutes Tier
ist das Klavier,
still, friedlich und bescheiden,
und muß dabei
doch vielerlei
erdulden und erleiden.
 
 
Der Virtuos
stürzt darauf los
mit hochgesträubter Mähne.
Er öffnet ihm
voll Ungestüm
den Leib, gleich der Hyäne.
 
 
Und rasend wild,
das Herz erfüllt
von mörderlicher Freude,
durchwühlt er dann,
soweit er kann,
des Opfers Eingeweide.
 
 
Wie es da schrie,
das arme Vieh,
und unter Angstgewimmer
bald hoch, bald tief
um Hilfe rief,
vergeß ich nie und nimmer.
 

Fing man vorzeiten einen Dieb…
von
Wilhelm Busch

 
Fing man vorzeiten einen Dieb,
hing man ihn auf mit Schnellbetrieb,
und meinte man, er sei verschieden,
ging man nach Haus und war zufrieden.
 
 
Ein Wandrer von der weichen Sorte
kam einst zu solchem Galgenorte
und sah, daß oben einer hängt,
dem kürzlich man den Hals verlängt.
 
 
Sogleich, als er ihn baumeln sieht,
zerfließt in Tränen sein Gemüt.
Ich will den armen Schelm begraben,
denkt er, sonst fressen ihn die Raben.
 
 
Nicht ohne Müh’, doch mit Geschick,
klimmt er hinauf und löst den Strick;
und jener, der im Wind geschwebt,
liegt unten, scheinbar unbelebt.
 
 
Sieh’ da, nach Änderung der Lage
tritt neu die Lebenskraft zutage,
so daß der gute Delinquent
die Welt ganz deutlich wiederkennt.
 
 
Zärtlich, als wär’s der eigne Vetter,
umarmt er seinen Lebensretter,
nicht einmal, sondern noch einmal,
vor Freude nach so großer Qual.
 
 
„Mein lieber Mitmensch,“ sprach der Wandrer,
„geh’ in dich, sei hinfür ein andrer.
Zum Anfang für dein neues Leben
werd’ ich dir jetzt zwei Gulden geben.“
 
 
Das Geben tat ihm immer wohl.
Rasch griff er in sein Kamisol,
wo er zur langen Pilgerfahrt
den vollen Säckel aufbewahrt.
Er sucht’ und sucht’ und fand ihn nicht,
und länger wurde sein Gesicht.
Er sucht’ und suchte, wie ein Narr,
weit wird der Mund, das Auge starr,
bald ist ihm heiß, bald ist ihm kalt.
 
 
Der Dieb verschwand im Tannenwald.
 

Selbstkritik
von
Wilhelm Busch

 
Die Selbstkritik hat viel für sich.
Gesetzt den Fall, ich tadle mich;
so hab’ ich erstens den Gewinn,
daß ich so hübsch bescheiden bin;
zum zweiten denken sich die Leut’,
der Mann ist lauter Redlichkeit;
auch schnapp’ ich drittens diesen Bissen
vorweg den andern Kritiküssen;
und viertens hoff’ ich außerdem
auf Widerspruch, der mir genehm.
So kommt es denn zuletzt heraus,
daß ich ein ganz famoses Haus.
 

Er stellt sich vor sein Spiegelglas…
von
Wilhelm Busch

 
Er stellt sich vor sein Spiegelglas
und arrangiert noch dies und das.
Er dreht hinaus des Bartes Spitzen,
sieht zu, wie seine Ringe blitzen,
probiert auch mal, wie sich das macht,
wenn er so herzgewinnend lacht,
übt seines Auges Zauberkraft,
legt die Krawatte musterhaft,
wirft einen süßen Scheideblick
auf sein geliebtes Bild zurück,
geht dann hinaus zur Promenade,
umschwebt vom Dufte der Pomade,
und ärgert sich als wie ein Stint,
daß andre Leute eitel sind.
 

Es wird mit Recht ein guter Braten…
von
Wilhelm Busch

 
Es wird mit Recht ein guter Braten
gerechnet zu den guten Taten;
und daß man ihn gehörig mache,
ist weibliche Charaktersache.
Ein braves Mädchen braucht dazu
mal erstens reine Seelenruh’,
daß bei Verwendung der Gewürze
sie sich nicht hastig überstürze.
Dann zweitens braucht sie Sinnigkeit,
ja, sozusagen, Innigkeit,
damit sie alles appetitlich,
bald so, bald so und recht gemütlich
begießen, drehn und wenden könne,
daß an der Sache nichts verbrenne.
In Summa braucht sie Herzensgüte,
ein sanftes Sorgen im Gemüte,
fast etwas Liebe insofern,
für all die hübschen, edlen Herrn,
die diesen Braten essen sollen
und immer gern was Gutes wollen.
Ich weiß, daß hier ein jeder spricht:
Ein böses Mädchen kann es nicht.
Drum hab’ ich mir auch stets gedacht
zu Haus und anderwärts:
Wer einen guten Braten macht,
hat auch ein gutes Herz.
 

Durch das Feld ging die Familie…
von
Wilhelm Busch

 
Durch das Feld ging die Familie,
als mit glückbegabter Hand
sanft errötend Frau Ottilie
eine Doppelähre fand.
 
 
Was die alte Sage kündet,
hat sich öfter schon bewährt:
Dem, der solche Ähren findet,
wird ein Doppelglück beschert.
 
 
Vater Franz blickt scheu zur Seite.
Zwei zu fünf, das wäre viel.
„Kinder,“ sprach er, „aber heute
ist es ungewöhnlich schwül.“
 

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland
von
Theodor Fontane

 
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
ein Birnbaum in seinem Garten stand,
und kam die goldene Herbsteszeit,
und die Birnen leuchteten weit und breit,
da stopfte, wenn’s Mittag vom Turme scholl,
der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
und kam in Pantinen ein Junge daher,
so rief er: „Junge, wist ’ne Beer212?“
Und kam ein Mädel, so rief er: „Lütt213 Dirn,
kumm man röwer214, ick hebb215 ’ne Birn.“
 
 
So ging es viele Jahre, bis lobesam
der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.
Er fühlte sein Ende. ’s war Herbsteszeit,
wieder lachten die Birnen weit und breit,
da sagte von Ribbeck: „Ich scheide nun ab,
legt mir eine Birne mit ins Grab.“
Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus
trugen von Ribbeck sie hinaus,
alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht,
sangen „Jesus meine Zuversicht“,
und die Kinder klagten, das Herze schwer:
„He is dod nu216. Wer giwt uns nu ’ne Beer?“
 
 
So klagten die Kinder. Das war nicht recht,
ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht,
der neue freilich, der knausert und spart,
hält Park und Birnbaum strenge verwahrt;
aber der alte, vorahnend schon
und voll Mißtraun gegen den eignen Sohn,
der wußte genau, was damals er tat,
als um eine Birn’ ins Grab er bat,
und im dritten Jahr, aus dem stillen Haus
ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.
 
 
Und die Jahre gehen wohl auf und ab,
längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
und in der goldenen Herbsteszeit
leuchtet’s wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung’ über’n Kirchhof her,
so flüstert’s im Baume: „Wiste ’ne Beer?“
Und kommt ein Mädel, so flüstert’s: „Lütt Dirn,
kumm man röwer, ick gew’ di ’ne Birn.“
 
 
So spendet Segen noch immer die Hand
des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.
 

Fritz Katzfuß
von
Theodor Fontane

 
Fritz Katzfuß war ein siebzehnjähr’ger Junge,
rothaarig, sommersprossig, etwas faul,
und stand in Lehre bei der Witwe Marzahn,
die geizig war und einen Laden hatte,
d’rin Hering, Schlackwurst, Datteln, Schweizerkäse,
samt Pumpernickel, Lachs und Apfelsinen
ein friedlich Dasein miteinander führten.
Und auf der hohen, etwas schmalen Leiter
mit ihren halb schon weggetret’nen Sprossen
sprang unser Katzfuß, wenn die Mädchen kamen
und Soda, Waschblau, Gries, Korinthen wollten,
geschäftig hin und her.
Ja, sprang er wirklich?
Die Wahrheit zu gestehn, das war die Frage.
Die Mädchen, deren Schatz oft draußen paßte,
vermeinten ganz im Gegenteil, „er nöle“,
sei wie verbiestert und durchaus kein „Katzfuß“.
Im Laden, wenn Frau Marzahn auf ihn passe,
da ging’ es noch, wenn auch nicht grad’ aufs beste,
das Schlimme käm’ erst, wenn er wegen Selter-
und Sodawasser in den Keller müsse,
das sei dann manchmal g’rad’zu zum Verzweifeln,
und wär’ er nicht solch herzensguter Junge,
der nie was sage, nie zu wenig gebe,
ja, meistens, daß die Wagschal’ überklappe,
so wär ’s nicht zu beleben.
Und nicht besser
klang, was die Herrin selber von ihm sagte,
die Witwe Marzahn. „Wo der dumme Junge
nur immer steckt? Hier vorne muß er flink sein,
doch soll er über’n Hof und auf den Boden,
so dauert’s ewig, und ist gar Geburtstag
von Kaiser Wilhelm oder Sedanfeier,
und soll der Stock ’raus mit der preuß’schen Fahne
(mein sel’ger Marzahn war nicht für die deutsche),
Fritz darf nicht ’rauf – denn bis dreiviertel Stunden
ist ihm das mind’ste.“
So sprach Witwe Marzahn,
und kurz und gut, Fritz Katzfuß war ein Rätsel,
und nur das eine war noch rätselvoller,
daß, wie’s auch Droh’n und Donnerwettern mochte,
ja, selbst wenn Blitz und Schlag zusammenfielen,
daß Fritz nie maulte, greinte, wütend wurde.
Nein, unverändert blieb sein stilles Lächeln
und schien zu sagen: „Arme Kreaturen,
ihr glaubt mich dumm, ich bin der Überleg’ne.
Kramladenlehrling! Eure Welt ist Kram,
und wenn ihr Waschblau fordert oder Stärke,
blaut zu, so viel ihr wollt. Mein Blau der Himmel.“
So ging die Zeit, und Fritz war wohl schon siebzehn;
ein Oxhoft Apfelwein war angekommen
und lag im Hof. Von da sollt’s in den Keller.
Fritz schlang ein Tau herum, und weil die Hitze
groß war und drückend, was er wenig liebte,
so warf er seinen Shirting-Rock beiseite,
nicht recht geschickt, so daß der Kragenhängsel
nach unten hing. Und aus der Vordertasche
glitt was heraus und fiel zur Erde. Lautlos.
Fritz merkt’ es nicht. Die Witwe Marzahn aber
schlich sich heran und nahm ein Buch (das war es)
vom Boden auf und sah hinein: „Gedichte.
Gedichte, 1. Teil, von Wolfgang Goethe.“
Zerlesen war’s und schlecht und abgestoßen
und Zeichen eingelegt: ein Endchen Strippe,
Briefmarkenränder, und als dritt’ und letztes,
zu glauben kaum, ein Streifchen Schlackwurstpelle,
die Seiten links und rechts befleckt, befettet,
und oben stand, nun was? stand „Mignonlieder“,
und Witwe Marzahn las: „Dahin, dahin,
möcht’ ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn.“
Nun war es klar. Um so was träg und langsam,
um Goethe, Verse, Mignon.
Armer Lehrling,
ich weiß dein Schicksal nicht, nur eines weiß ich:
wie dir die Lehrzeit hinging bei Frau Marzahn,
ging mir das Leben hin. Ein Band von Goethe
blieb mir bis heut’ mein bestes Wehr und Waffen,
und wenn die Witwe Marzahn mich gepeinigt,
und dumme Dinger, die nach Waschblau kamen,
mich langsam fanden, kicherten und lachten,
ich lächelte, grad’ so wie du gelächelt,
Fritz Katzfuß, du mein Ideal, mein Vorbild.
Der Band von Goethe gab mir Kraft und Leben,
vielleicht auch Dünkel .. Allgenau dasselbe,
nur andres Haar und – keine Sommersprossen.
 

Die Gaben
von
Heinrich Seidel

 
Es war ein Pastor, wer weiß wo?
der predigte nur leeres Stroh,
und manche Klage war geschehn.
Ihn selbst zu hören und zu sehn,
beschloß der Superintendent.
Und als die Predigt war zu End’,
da mußte er bedauernd sagen:
„Die Leute haben recht, zu klagen.
Wie bring’ ich ihm das glimpflich bei,
daß ihm das nicht zu schimpflich sei?“
Und darum fing der gute Mann
ganz heimlich und verloren an:
„Ich hörte Sie und war ganz Ohr.
Doch, wie bereiten Sie sich vor,
mein lieber Bruder, möcht ich wissen?“
Und jener drauf: „Das kann ich missen.
So mancher druckst und sinnt und schreibt —
ich rede, wie der Geist mich treibt!“
„Ei, ei, was sind mir das für Sachen,
so könnt’ ich das fürwahr nicht machen!“
sprach nun der Superintendent.
„Das wäre nicht mein Element.
Am Donnerstag schon fang’ ich an
und überlege mir den Plan,
am Freitag wird er dann entfaltet
und durchgeführt und ausgestaltet,
dann schreib’ ich alles sorglich auf
und lern’ es in des Samstags Lauf.
Und bin dann sicher meiner Sachen —
so, denk’ ich, müßt’ es jeder machen.“
Der Pastor aber schmunzelt sehr,
als ob ihm stark geschmeichelt wär’.
„Ja, ja, das glaub’ ich. Sicherlich
kann das nicht jedermann wie ich —
das muß der Mensch so in sich haben,
mein lieber Bruder – das sind Gaben!“ —
 

Wenn die Maiglöckchen blühn
von
Heinrich Seidel

 
Nun in der schönen Frühlingszeit,
da singt und klingt es weit und breit,
Maiglöckchen blühn im Walde.
Es jauchzt im Busch die Nachtigall,
und überall mit süßem Schall
die Lerchen ob der Halde.
 
 
Und da nun alles tönt und klingt
und Gott im Himmel Lieder singt,
nimmt Hänschen die Trompete,
und Fritzchen steht in guter Ruh,
er singt und schlägt den Takt dazu
und mächtig kräht die Grete.
 
 
Der liebe Gott im Himmel spricht:
„Zwar allzu lieblich klingt es nicht,
doch will ich drauf nicht sehen!
Ein jeder macht’s so gut er kann,
und hört es sich auch mäßig an,
ich kann es doch verstehen!“
 

Bei Goldhähnchens
von
Heinrich Seidel

 
Bei Goldhähnchens war ich jüngst zu Gast;
sie wohnen im grünen Fichtenpalast,
in einem Nestchen klein,
sehr niedlich und sehr fein.
 
 
Was hat es gegeben? Schmetterlingsei,
Mückensalat und Gnitzenbrei
und Käferbraten famos,
zwei Millimeter groß.
 
 
Dann sang uns Vater Goldhähnchen was.
So zierlich klang’s wie gesponnenes Glas.
Dann wurden die Kinder besehn;
sehr niedlich alle zehn.
 
 
Dann sagt’ ich: „Adieu“ und „Danke sehr“.
Sie sprachen: „Bitte, wir hatten die Ehr,
und hat uns mächtig gefreut!“ – …
Es sind doch reizende Leut’.
 

Die achtundachtziger Weine. Ein saures Stück Arbeit
von
Johannes Trojan

 
In diesem Jahr am Rheine
sind leider gewachsen Weine,
die an Wert nur geringe,
es reiften nur Säuerlinge
im Verlauf dieses Herbstes;
nur Herberes bracht’ er und Herbstes —
zu viel Regen, zu wenig Sonnenschein
ließ erhofften Segen zerronnen sein,
nichts Gutes floß in die Tonnen ein.
Der 88er Rheinwein
ist, leider Gottes, kein Wein,
um Leidende zu laben,
um Gram zu begraben,
um zu vertreiben Trauer;
er ist dafür zu sauer.
 
 
An der Mosel steht es noch schlimmer,
da hört man nichts als Gewimmer,
nichts als Ächzen und Stöhnen
von den Vätern und Söhnen,
den Müttern und den Töchtern
über den noch viel schlechtern
Ertrag der heurigen Lese.
Der Wein ist wahrhaft böse,
ein Rachenputzer und Krätzer,
wie unter Gläubigen ein Ketzer,
wie ein Strolch, ein gefährlicher,
in dem Kreise Ehrlicher
unter guten Weinen erscheint er.
Aller Freude ist ein Feind er,
aller Lust ein Verderber;
sein Geschmack ist fast noch herber
als der des Essigs, des reinen —
ein Wein ist er zum Weinen.
 
 
Aber der Wein, der in Sachsen
in diesem Jahr ist gewachsen,
und bei Naumburg, im Tale
der rasch fließenden Saale,
der ist saurer noch viele Male
als der sauerste Moselwein.
Wenn du ihn schlürfst in dich hinein,
ist dir’s, als ob ein Stachelschwein
dir kröche durch die Kehle,
das deinen Magen als Höhle
erkor, darin zu hausen.
Angst ergreift dich und Grausen.
 
 
Aber der Grünberger
ist noch sehr viel ärger.
Laß ihn nicht deine Wahl sein!
Gegen ihn ist der Saalwein
noch viel süßer als Zucker.
Er ist ein Wein für Mucker,
für die schlechtesten Dichter
und dergleichen Gelichter.
Er macht lang die Gesichter,
blaß die Wangen; wie Rasen
so grün färbt er die Nasen.
Wer ihn trinkt, den durchschauert es,
wer ihn trank, der bedauert es.
Er hat etwas so Versauertes,
daß er sich nicht läßt mildern
und schwer nur ist zu schildern
in Worten oder Bildern.
 
 
Aber der Züllichauer
ist noch zwölfmal so sauer
als der Wein von Grünberg.
Der ist an Säure ein Zwerg
gegen den Wein von Züllichau.
Wie eine borstige wilde Sau
zu einer zarten Taube
so verhält sich, das glaube,
dieser Wein zu dem Rebensaft
aus Schlesien. Er ist schauderhaft,
er ist gräßlich und greulich,
über die Maßen abscheulich.
Man sollte ihn nur auf Schächerbänken
den Gästen in die Becher schenken,
mit ihm nur schwere Verbrecher tränken,
aber nicht ehrliche Zecher kränken.
 
 
Wenn du einmal kommst
in diesem Winter nach Bomst,
deine Erfahrung zu mehren,
und man setzt, um dich zu ehren,
dir heutigen Bomster Wein vor,
dann, bitt’ ich dich, sieh dich fein vor,
daß du nichts davon verschüttest
und dein Gewand nicht zerrüttest,
weil er Löcher frißt in die Kleider
und auch in das Schuhwerk leider.
Denn dieses Weines Säure
ist eine so ungeheure,
daß gegen ihn Schwefelsäure
der Milch gleich ist, der süßen,
die zarte Kindlein genießen.
Fällt ein Tropfen davon auf den Tisch,
so fährt er mit lautem Gezisch
gleich hindurch durch die Platte.
Eisen zerstört er wie Watte,
durch Stahl geht er wie durch Butter,
er ist aller Sauerkeit Mutter.
Stand halten vor diesem Sauern
weder Schlösser noch Mauern.
Es löst in dem scharfen Bomster Wein
sich Granit auf und Ziegelstein.
Diamanten werden sogleich,
in ihn hineingelegt, flaumenweich,
aus Platina macht er Mürbeteig.
Dieses vergiß nicht, falls du kommst
in diesem Winter einmal nach Bomst.
 

Skat
von
Johannes Trojan

 
Und als an das blaue Meer ich trat,
da standen drei Männer drinnen,
die spielten während des Badens Skat,
und einer schien zu gewinnen.
Der Skat dabei auf dem Wasser schwamm,
mich aber dünkte das wundersam.
 
 
Und als ich kam in die Baumannshöhl’,
da fand ich wider Erwarten
drei Männer unten, bei meiner Seel’,
dasitzend über den Karten.
Die reizten einander beim Grubenlicht —
ich ging davon, mir gefiel das nicht.
 
 
Und als ich kam auf des Faulhorns Höh’,
wohl über Klippen und Grate,
da fand ich drei Männer im ewigen Schnee,
die saßen schon lange beim Skate.
Der eine gab schon zum hundertstenmal —
da floh ich schaudernd hinab ins Tal.
 
 
Es sitzen da im geheimen Rat
drei strenge Richter der Toten.
Sie sollen’s sein, doch sie spielen Skat,
obgleich es Pluto verboten.
O sagt, wohin kann der Mensch noch geh’n,
um nicht drei Männer beim Skat zu seh’n?
 

Hasensalat
von
Johannes Trojan

 
Morgens in den Garten trat
Diese, klein und niedlich,
saß ein Häslein im Salat,
schmaust’ und tat sich gütlich.
 
 
Liese sprach: „Du armes Tier,
wart’ einmal, indes ich
lauf’ ins Haus und hole dir
zum Salat den Essig.“
 
 
Kommt zurück schon mit dem Krug —
niemals lief sie schneller —
Essig gießt sie jetzt genug
auf den Hasenteller.
 
 
„Lieselchen, ich danke dir,“
sprach der kleine Fresser,
„eigentlich doch schmeckt es mir
ohne Essig besser.“
 

Frisch vom Storch
von
Victor Blüthgen

 
O du reizende Maus!
Wie gefällt dir’s hier im Haus?
Hast du schon den Jakob gesehn?
Gelt, die Mama ist wunderschön?
Habt wohl tüchtig fliegen müssen?
Hat dich der Storch denn nicht gebissen?
Guck, die roten Bäckchen und Ohren!
Hast unterwegs wohl arg gefroren
in der Luft auf der langen Reise,
immerfort über Schnee und Eise!
Ach, die Hündchen! Du liebe Güte!
Damit hieltest du die Zuckerdüte?
 

Strampelchen
von
Victor Blüthgen

 
Still, wie still – ’s ist Mitternacht schon,
drunten beim Fenster duftet der Mohn,
duftet so leise, du merkst es kaum,
schläfert mein Kind in tiefen Traum.
 
 
Liese, kleine Liese, tu’s Beinchen hinein!
Guckt durch das Fenster der Mondenschein,
sagt es den Bäumen, die draußen stehn,
daß er dein nackichtes Beinchen gesehn.
 
 
Früh, wenn der Wind kommt, schwatzen sie’s aus,
hört es der Spatz und die Katz’ auf dem Haus,
lachen die Blumen alle so sehr,
weil unsre Liese ein Strampelchen wär’!
 

Die Geschichte von der übermütigen Mohrenprinzessin
von
Albert Roderich

 
Pelusa, die Tochter des Königs der Mohren,
war schwarz im Gesicht bis hinter die Ohren;
sie war wie geschnitzelt aus Ebenholz
und übermütig und scheußlich stolz.
Sie spielte aber vortrefflich Schach
und übte darin sich jeden Tag.
Einst machte bekannt sie durch ihre Bonzen
und auch zugleich durch Zeitungsannoncen,
es könnt’ mit ihr spielen um hohen Gewinns
eine Partie Schach jeder Vollblutprinz;
gewinnt er, so wird sie sein Ehegesponst,
verliert er, so muß er ihr dienen umsonst,
muß scheuern und putzen des Schlosses Treppen,
muß Holz zerspalten und Wasser schleppen. —
Es waren gekommen, auf Klugheit trutzend,
von Mohrenprinzen diverse Dutzend,
so viele, daß ich sie einzeln nicht zähl’,
zu Wasser, zu Pferde und auch zu Kamel,
Pelusa besiegte sie alle im Schach,
und Hausknechte wurden die Prinzen sonach.
Da kam mal ein weißer, ein Prinz vom Norden
– der Name ist nicht bekannt geworden —
der zeigte seinen Geburtsschein und sprach:
„Bitte, melden Sie mich der Prinzessin zum Schach!“
Wie die beiden einander gegenübersaßen,
da gefiel er dem Fräulein über die Maßen;
anstatt, daß wie sonst vorsichtig sie spielt,
hat heimlich sie nach dem Prinzen geschielt.
Ihre Kunst, die bewährte, ward immer geringer,
jetzt nimmt ihr der Prinz schon den zweiten Springer.
Die Schranzen können sich wundern nicht satt;
jetzt ruft schon der eine: „Beim nächsten Zug matt!“
Da beugte der Prinz vor Pelusa das Knie
und sagte: „Mein Fräulein, ich geb’ es remis!“
grüßt hübsch in der Runde verschiedene Mal
und verläßt mit zierlichem Lächeln den Saal.
Da glich das Antlitz der stolzen Pelusa
dem Angesicht einer schwarzen Medusa,
und regungslos saß sie voll Wut und Stolz,
als wär’ sie geschnitzelt aus Ebenholz.
Sie wartet noch heut’ auf den Prinzen vom Norden —
laß sie warten, bis sie weiß geworden.
 

Der Junge
von
Ferdinand Avenarius

 
Wer war weggegangen, wer,
sag’ mir, Frau, kam wieder her?
Mit roten Backen, heisassa,
unsere Jugend ist wieder da!
Sieht wie ein großer Junge aus,
lärmt und tollt, es ist ein Graus.
Sitz’ ich bei der Arbeit sacht,
hängt er mir plötzlich am Hals und lacht,
macht mir das, wie sich’s gehört, Verdruß,
mir nichts, dir nichts, gibt’s einen Kuß.
Wehr’ ich mich endlich: „Nun aber hinaus!“
schaut er auf einmal ganz anders aus,
sieht mich aus den Augen verschmitzt
an, daß mir’s zum Herzen blitzt,
klatscht dann plötzlich in die Hand —
Himmel: von Pult und Schrank und Wand
von Mucken, Motten und Hummeln brummts
und hinaus zum Fenster summts!
„Ich bin die Jugend,“ lacht er dazu:
„Das kann ich – nun duld mich, du!“
Gut, so mag’s fortan denn sein:
Wir Alten, die Jugend, wir bleiben zu drei’n!
 

Ein Bildchen
von
Carl Spitteler

 
Den Rain hinauf, mit trotzigem Alarm
fuchtelt ein Kinderschwarm.
„Vorwärts! Hurra!“
Hut ab! Du schaust kein Spiel.
Den Himmel zu erstürmen gilt das ernste Ziel.
Er ist so nah!
Siehst, wie er aus dem Grase guckt dort oben?
 
 
Zwei Glockentöne, leicht vom Morgenwind gehoben,
kommen vergnügt und ungezwungen
dahergesungen.
„Wo geht denn hier der Weg?“
„Wir wollen durch den Kindersternenhaufen
über den Hügel weg
die lange Kirschenblütenstraße laufen.“
Gesagt. Ein Sang, ein Flug:
verschwunden in den Kirschen überm Hügelzug.
 
 
Der Kindersturm aber dort unten
hat einen Igel gefunden.
In Anbetracht dessen
ist der Himmel vergessen.
 
212.willst du eine Birne?
213.kleine.
214.komme nur herüber.
215.habe.
216.er ist jetzt tot.