Czytaj książkę: «Zero Bone Loss: Knochenerhaltende Behandlungskonzepte»
Für meinen Vater.
Titel der Originalausgabe:
Zero Bone Loss Concepts / Linkevičius
Copyright © 2019 Quintessence Publishing Co, Inc.
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Übersetzung: Dr. Sibylle Tönjes, Kiel
Lektorat: Ursula Tanneberger, Berlin
Herstellung und Reproduktionen: Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin
ISBN (epub): 978-3-86867-538-2
ISBN (print): 978-3-86867-509-2
INHALT
Vorwort
Danksagungen
Autoren
Einführung in die knochenerhaltenden Behandlungskonzepte
TEIL I: Chirurgische Konzepte
1Chirurgische Faktoren zur Stabilisierung des krestalen Knochens
2Mit dem Implantatdesign zusammenhängende Faktoren
3Insertionstiefe
4Vertikale Weichgewebedicke
5Subkrestale Implantation
6Abflachen des Alveolarkamms
7Die Tentpole-Technik
8Vertikale Weichgewebeaugmentation
9Befestigte Gewebe an dentalen Implantaten
10Praktische Empfehlungen für das Setzen von Implantaten
TEIL II: Prothetische Konzepte
11Prothetische Faktoren zum Erhalt der krestalen Knochenstabilität
12Überlegungen zu zementierten Restaurationen
13Zementierte/verschraubte Restaurationen
14Lösungen mit Titanbasis für festsitzende Teilrestaurationen
15Abutmentoptionen
16Bedeutung des Emergenzprofils
17Prothetische Materialien
18Subgingivale Materialien
19Vermeiden von „Zirkonoxidrestaurationen ohne Zirkonoxid “
20Supragingivale Materialien für implantatgetragene Restaurationen
Epilog
Stichwortverzeichnis
VORWORT
Als Kind war es mein größter Traum, ein Buch zu schreiben, das auf der ganzen Welt gelesen wird. Als mir Christian Haase von Quintessence Publishing genau diese Möglichkeit eröffnete, stimmte ich deshalb ohne zu zögern zu. Natürlich wusste ich als Kind noch nicht, dass ich ein Buch über dentale Implantologie schreiben würde und keinen Abenteuerroman, aber auch das ist ein guter Einstieg. :-)
Im Rahmen dieser Veröffentlichung wurde mir wieder bewusst, wie vielseitig der Beruf des Zahnarztes ist, da er zahlreiche Gebiete in sich vereint: In zahnärztlicher Tätigkeit behandelt man Patienten, man kann ein Wissenschaftler sein, der klinische und In-vitro-Studien durchführt, ein Akademiker, der Studenten unterrichtet und ihnen bei den ersten Schritten in der Zahnheilkunde hilft, ein Referent, der auf internationalen Bühnen auftritt, oder ein Autor, der all seine Erfahrung mit diesen Aktivitäten zu Papier bringt.
Ich hatte von Anfang an eine bestimmte Vorstellung davon, wie dieses Buch werden sollte. Denn ich wollte nicht nur evidenzbasiertes Wissen aus hochwertigen Veröffentlichungen präsentieren, sondern diese Erkenntnisse auch ästhetisch ansprechend gestalten, da wissenschaftliche Fakten und Daten nicht zwangsläufig langweilig oder trocken sein müssen. Stattdessen sollten sie zum Nachlesen einladen, genau wie es hier erfolgt ist. Darüber bin ich sehr glücklich.
Vielleicht fragen Sie sich, wer dieses Buch lesen soll und ob es sich an Fachzahnärzte, Allgemeinzahnärzte oder gar Anfänger richtet, die erst einmal das Grundwissen benötigen. Diese Frage erinnert mich an ein Gespräch, das ich mit einem meiner Kursteilnehmer hatte. Er war zwar ein Fachzahnarzt und führte erfolgreich umfangreiche Knochen- und Weichgewebeaugmentationen durch, wusste aber nicht, dass die Position eines Implantats von dessen Design abhängt, was meiner Ansicht nach Grundlagenwissen ist. Dieser Chirurg beobachtete bei seinen Patienten ständig einen Verlust an wertvollem periimplantärem Knochen und betrieb einen großen Aufwand, um ihn wiederherzustellen. Letztlich half ihm eine einfache Modifikation der Implantatposition, um das Problem vollständig zu lösen. Somit richtet sich dieses Buch an alle Zahnärzte, die die Stabilität des krestalen Knochens an den von ihnen gesetzten und restaurierten Implantaten verbessern wollen. Denn dieselbe Information kann – abhängig von der Person, die sie liest – als grundlegendes oder fortgeschrittenes Wissen eingestuft werden.
Dieses Buch ist insofern einzigartig, als es chirurgische und prothetische Ratschläge kombiniert: Zunächst wird darauf eingegangen, wie der krestale Knochen stabilisiert werden kann, und anschließend darauf, wie seine Stabilität aufrechterhalten wird. Damit spiegelt es mein professionelles Vorgehen wider. Ich bin von Haus aus Prothetiker und habe in den ersten 5 Jahren in meiner Praxis nur prothetische Versorgungen angefertigt. Allerdings wurde mir recht bald klar, dass ich ohne ausreichendes chirurgisches Wissen und entsprechende Operationsfertigkeiten nicht die Ergebnisse erreichen konnte, die meine Patientinnen und Patienten verdienen.
Grundsätzlich geht es mir darum, für komplexe Probleme einfache Lösungen zu finden. Bei meiner wissenschaftlichen Tätigkeit versuche ich immer, eine einzige Frage klar zu beantworten. Beispielsweise: Wo muss der Zementrand verlaufen, damit alle Zementreste komplett entfernt werden können? Meine Studie kam zu dem Ergebnis: supragingival. Bei Forschungsarbeiten sollte immer die Zielgruppe bedacht werden: Die Ärzte, die diese Studie lesen und die Ergebnisse umsetzen werden, sollten die Forschung verstehen können. Darum enthält dieses Buch am Ende des chirurgischen Teils eine kurze Zusammenfassung und am Ende jedes Kapitels eine Liste von Merksätzen, ähnlich denjenigen, die ich auch zum Abschluss meiner Vorlesungen gebe, um die Schlüsselpunkte des Themas zusammenzufassen.
Beim Schreiben dieses Buchs wurde mit immer deutlicher bewusst, dass sich die Behandlungskonzepte und Informationen ständig verändern und dieser Prozess niemals zu Ende ist. Die aktuellste Forschung bei Drucklegung dieses Buchs konnte natürlich nicht mehr mit aufgenommen werden. Dies lässt jedoch Raum für weitere Auflagen und bestätigt die Aussage, dass die Definition der besten Behandlung nicht für immer gültig bleibt.
Ich schließe mit einer meiner Lieblingsweisheiten, die sich schon in unzähligen Lebensbereichen bewahrheitet hat: „Nichts ist unmöglich.“ Wenn Sie diese Konzepte umsetzen und sehen, dass sich das Knochenniveau an den von Ihnen gesetzten Implantaten verbessert, werden auch Sie genau dasselbe sagen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich danke Ihnen dafür, dass Sie dieses Buch in Händen halten und lesen!
DANKSAGUNGEN
Ein Buch wie dieses entsteht nicht aus dem Nichts. Seine Erstellung erfordert eine Art Reise, auf der man immer wieder viele Menschen trifft, denen man Dank schuldet.
Allen voran möchte ich meiner Frau Laura für ihre Liebe und Unterstützung danken, ebenso unseren drei Kindern, Ula, Aloyzas und Antanas. Ich bin gesegnet mit meiner Familie, die mein Leben so glücklich und erfüllend macht.
Während meines beruflichen Werdegangs hatte ich das große Glück, mit außergewöhnlichen Experten in ihren Fachgebieten zu arbeiten, die großartige Freunde und Koautoren dieses Buchs sind. Zunächst danke ich meinem Freund und Partner Dr. Algirdas Puišys, einem talentierten Parodontologen und Spezialisten der dentalen Implantologie. Algirdas und ich arbeiten seit 15 Jahren gemeinsam und nur ihm ist es zu verdanken, dass die in diesem Buch vorgestellten Operationsverfahren zur vertikalen Weichgewebeaugmentation entwickelt werden konnten. Algirdas ist es auch, der die meisten der klinischen Fälle behandelt hat. Und ich danke Rolandas Andrijauskas, einem der besten zertifizierten Zahntechniker, mit denen ich die Ehre hatte zusammenzuarbeiten. Er hat nicht nur die meisten der wunderschönen Keramikrestaurationen und bewundernswerten Bilder in großem Format für dieses Buch angefertigt, sondern auch das Polierverfahren für Zirkonoxid perfektioniert, einen der zentralen prothetischen Aspekte der knochenerhaltenden Behandlungskonzepte.
Im Laufe meines Lebens hatte ich viele ausgezeichnete Lehrer, von denen ich Professor Peter Apse aus Riga, Lettland, hervorheben möchte. Er war mein Doktorvater bei meiner Promotion über die vertikale Weichgewebedicke, die ich 2009 an der Rīga Stradiņš University, Lettland, verteidigte. Ich danke Prof. Apse dafür, dass er mich als jungen Weiterbildungsassistenten der zahnmedizinischen Prothetik unter seine Fittiche genommen und mir geholfen hat, zu dem wissenschaftlich orientierten Zahnarzt zu werden, der ich heute bin.
Außerdem danke ich Dr. Marius Steigmann aus Heidelberg, den ich später in meiner Karriere kennengelernt habe, für all seine Ratschläge, vor allem aber für den Vorschlag, meine gesamte Forschung zusammenzutragen. Daraus entstand schlussendlich der erste praxisnahe Kurs der knochenerhaltenden Behandlungskonzepte und nun dieses Buch.
Dr. Stephen Chu aus New York spielte bei der Entwicklung meiner Konzepte eine wichtige Rolle, die ihm vermutlich gar nicht bewusst ist. Er war einer der ersten international bekannten Referenten, der meine Arbeit anerkannt und mich gerade dann unterstützt hat, als ich Zweifel an der Zuverlässigkeit meiner Untersuchungen hatte.
Schließlich möchte ich allen jungen Wissenschaftskollegen der Vilnius Research Group danken, dem privaten Forschungszentrum, das ich inzwischen betreue und das mit Sicherheit auch weiterhin bahnbrechende Daten hervorbringen wird.
AUTOREN
Algirdas Puišys, DDS, Spec Perio, PhD
Vilnius Implantology Center
Vilnius Research Group
Vilnius, Lithuania
Rolandas Andrijauskas, CDT, MDT
Founder
MasterLab Dental Innovation and Research Center
Vilnius, Lithuania
Algirdas Puišys (links), Tomas Linkevičius (Mitte) und Rolandas Andrijauskas (rechts).
Einführung in die knochenerhaltenden Behandlungskonzepte
Ich beginne mit den ersten Fragen, die ich auch in meinen Kursen und Vorträgen stelle: Stellen Sie an den Implantaten, die Sie setzen und restaurieren, einen krestalen Knochenverlust fest? Sind Sie hier, weil Sie verstehen wollen, warum das manchmal passiert? Die meisten Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich spreche, bejahen diese Fragen: An vielen der von ihnen gesetzten Implantate zeigt sich ein gewisser Knochenverlust. Es handelt sich einfach um ein wichtiges Problem, das in jeder Praxis beobachtet werden kann. Allerdings muss ein krestaler Knochenverlust nicht zwangsläufig auftreten. Aus diesem Gedanken heraus entwickelte ich knochenerhaltende Behandlungskonzepte, also Protokolle, die den Status „kein Knochenverlust“ erreichen.
Kein Knochenverlust. Das ist möglich, und zwar nicht nur Monate nach der prothetischen Versorgung, sondern auch Jahre nach Abschluss der Behandlung. Abbildung 1 zeigt einen außergewöhnlichen Fall mit genau den Ergebnissen, die wir immer anstreben. Die Fragen dazu sind klar: Warum war die Behandlung in diesem Fall so erfolgreich? Was können wir tun, um solche herausragenden Ergebnisse zu erzielen?
Abb. 1 (a) Oberkieferimplantat im Jahr 2013. (b) Derselbe Patient im Jahr 2018.
Letztere Frage möchte ich mit diesem Buch beantworten, und zwar mithilfe von Konzepten aus zwei Bereichen: der klinischen Praxis und der wissenschaftlichen Forschung, die allerdings für sich genommen jeweils gewissen Einschränkungen unterliegen.
Klinische Praxis
In vielen Büchern werden sehr erfolgreiche klinische Ergebnisse präsentiert, die aber oft nur auf den Erfahrungen der Autorinnen oder Autoren beruhen. Die Ergebnisse sind zwar großartig, wenn aber nur ein einzelner Praktiker sie beschreibt, heißt das nicht, dass die Leser ähnliche Ergebnisse erreichen werden. Als Erklärung hört man dann meist nur: „Bei mir funktioniert es.“ Die Leser versuchen den Ergebnissen nachzueifern, und lassen sich von suboptimalen Ergebnissen entmutigen. Meistens geben sich die Leser oder Kursteilnehmer selbst die Schuld und zweifeln an ihrer Fähigkeit, moderne Behandlungsverfahren durchzuführen. Unter Referenten gibt es dafür den Begriff geschönte Forschung. Dabei schaffen es nur die guten Ergebnisse in den Vortrag, Komplikationen und andere Erfahrungen kommen in der Darstellung des Gesamtbilds nicht mehr vor.
Wissenschaftliche Forschung
Oft wird die strenge Wissenschaft von der klinischen Welt nicht so recht ernst genommen, weil sie als zu abgehoben oder einfach als langweilig betrachtet wird. Ideal ist natürlich eine evidenzbasierte dentale Implantologie, die jedoch nur selten erreicht wird, weil es tatsächlich sehr schwierig ist, klinische Studien korrekt und ohne Bias durchzuführen. Weitere Probleme sind die immer strengeren ethischen Vorgaben und die zunehmend fehlende Bereitschaft der Patienten, an einer klinischen Studie teilzunehmen. All dies zusammengenommen erschwert es, die Zustimmung von Ethikkommissionen zu bekommen und klinische Studien durchzuführen. Mittlerweile ist die schlimmstmögliche Situation entstanden, in der Wissenschaftler und Kliniker einander zunehmend mit Misstrauen begegnen. Daher lassen sich tatsächliche Erfolge nur mit Behandlungsverfahren erzielen, die auf klinischer Evidenz beruhen und mit entsprechender Logik und technischen Fähigkeiten durchgeführt werden.
Zusammenführung von Wissenschaft und Klinik
In diesem Buch sollen Wissenschaft und Klinik zusammengeführt werden. Damit erhält der Praktiker genau das, was er benötigt, nämlich klinische Verfahren, die durch solide klinische Evidenz gestützt sind. Das war der Grundgedanke bei der Entwicklung der Knochenerhaltende Behandlungskonzepte.
Einmal äußerte ein Kollege, dass es unmöglich sei, Implantate zu setzen, ohne dass ein gewisser Knochenverlust eintreten werde. Dem habe ich natürlich zugestimmt, aber ich erklärte weiter, dass wir unser Bestes geben müssen, um den Knochenverlust abzustellen. Dabei machen wir große Fortschritte, denn in einer der Studien wurde ein krestaler Knochenverlust von nur 0,2 mm ermittelt – das ist fast Null1!
Ich bin fest davon überzeugt, dass sich der Knochen mithilfe verschiedener Implantatsysteme, Implantatoberflächen, Implantat-Abutment-Verbindungen und prothetischer Lösungen stabilisieren lässt (Abb. 2). Dies ist sogar mit oder ohne Platform-Switching möglich. Für eine erfolgreiche Behandlung müssen jedoch auch die chirurgischen und prothetischen Aspekte sowie die biologischen und mechanischen Grundlagen der implantologischen Behandlung bekannt sein. Mit jedem der Implantatsysteme können sowohl erfolgreiche als auch erfolglose Behandlungen durchgeführt werden (Abb. 3). Daher kann das Implantatdesign nicht der einzige Faktor sein, der zur krestalen Knochenstabilität beiträgt. Mit fast jedem Implantatsystem lässt sich ein Zustand ganz ohne Knochenverlust erreichen, aber manche Systeme sind etwas arbeitsintensiver und setzen mehr Fachwissen voraus als andere. Der Behandler muss mit dem gewählten Implantatsystem, einschließlich der spezifischen Stärken und Einschränkungen, gut vertraut sein. Dies ist der Weg zum Erfolg (Abb. 4).
Abb. 2 Knochenerhaltende Behandlungskonzepte mit verschiedenen Implantaten. (a) Straumann-Tissue-Level-Implantat (Fa. Straumann). (b) Conelog-Implantat (Fa. Camlog Biotechnologies). (c) V3-Implantat (Fa. MIS Implants Technologies). (d) Fa. BioHorizons: Tapered-Implantat. (e) Fa. Straumann: Bone-Level-Implantat.
Abb. 3 Stabilität des krestalen Knochens (a) und Knochenverlust (b) bei demselben Implantattyp.
Abb. 4 Langzeitbeobachtung (7 Jahre) eines Implantats, das nach einem Behandlungskonzept ohne Knochenverlust gesetzt und restauriert wurde. (a) Vor der Restauration im Jahr 2011. (b) Implantat mit Restauration im Jahr 2012. (c) Implantatstatus 3 Jahre nach der Behandlung im Jahr 2014. (d) Im Jahr 2017 ist ein Knochenzuwachs am Implantat erkennbar.
Das Ergebnis einer implantologischen Behandlung hängt von der Stabilität des krestalen Knochens ab, die als Schlüsselfaktor bestimmt, ob eine Behandlung zu einem Erfolg oder Misserfolg wird. Daher zielen alle in diesem Buch vorgestellten Techniken und Konzepte darauf ab, die Intaktheit des Knochens zu bewahren. Dabei werden nicht nur die wichtigsten Einflussfaktoren der Knochenstabilität ermittelt, sondern es wird dargestellt, wie die vielen Faktoren zusammenwirken und wie dieses Zusammenwirken die Knochenstabilität beeinflusst.
Die vorgestellten Techniken und Konzepte werden jeweils von wissenschaftlichen Studien gestützt, von denen die überwiegende Mehrzahl klinische Studien sind. Gemeinsam haben mein Team und ich in vielen hochangesehenen zahnmedizinischen Fachzeitschriften mehr als 20 Artikel veröffentlicht, z. B. in The International Journal of Oral and Maxillofacial Implants, Clinical Oral Implants Research und The International Journal of Periodontics and Restorative Dentistry (Tab. 1). Die klinischen und Laborverfahren, die wir anwenden und empfehlen, basieren auf klinischer Evidenz. Wir bauen also nicht nur auf unsere eigenen klinischen Erfahrungen, sondern unsere Protokolle basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Indem wir Wissenschaft und Praxis zusammenführen, machen wir dieses Buch und seine Konzepte zu etwas Besonderem. Außergewöhnlich für alle in diesem Buch beschriebenen Fälle ist weiterhin, dass alle klinischen und In-vitro-Studien in einer privaten Praxis durchgeführt wurden. Üblicherweise finden klinische Studien an Universitäten statt, aber mein Team entwickelte ein spezielles System, das die Praxis mit den Universitäten verbindet und unter enger Führung zur Wissensvermehrung bei der dentalen Implantologie beiträgt.
Tabelle 1 Liste der veröffentlichten Studien, die knochenerhaltende Behandlungskonzepte stützen
Ich möchte betonen, dass dieses Buch nicht nur auf klinischen Befunden und Fallberichten basiert, sondern sich überwiegend auf kontrollierte klinische und sorgfältig geplante In-vitro-Studien stützt. Sich nur auf Einzelfallberichte zu berufen, kann recht gefährlich sein. So wird in Einzelfallberichten der Einsatz von Kofferdam als sichere Option zur Reduktion von Zementresten empfohlen2. Eine kontrollierte klinische Studie kam jedoch zu genau entgegengesetzten Ergebnissen3. Im Jahr 2011 entwickelten und veröffentlichten wir eine einfache und zuverlässige Technik zur Evaluation von Zementresten nach der Zementierung4. Bei dieser Technik wird eine Krone mit einem Zugangsloch in der Okklusalfläche einzementiert, das mit Komposit verschlossen wird, damit der Zement während der Zementierung nicht hineingelangt und die Restauration gemeinsam mit dem Abutment entfernt werden kann. Bei der Durchführung dieser Technik stellten wir fest, dass Kofferdam Zementreste nicht verhindern kann (Abb. 5).
Abb. 5 Kofferdam kann Zementreste in der klinischen Praxis nicht zuverlässig verhindern. (a und b) Implantat mit Abutment und Kofferdam. (c) Die Krone wird zementiert. (d) Kofferdam und Krone werden entfernt. (e) Zementrest auf der Oberfläche, der Kontakt mit den periimplantären Geweben hat. (f) In den periimplantären Geweben finden sich keine Zementreste.
Dies unterstreicht die Tatsache, dass Fallberichte subjektiv sind und den Meinungen der Autoren ähneln, was bei der Teilnahme an Kursen, dem Besuch von Vorträgen und dem Lesen von Lehrbüchern bedacht werden muss. Wichtig ist letztlich das Evidenzniveau, das von In-vitro- bis hin zu randomisierten Studien reicht (Abb. 6). Das niedrigste Evidenzniveau haben Tierstudien und In-vitro-Studien, deren Ergebnisse daher nicht direkt auf die klinische Praxis übertragen werden können. Manche Experimente können nur an Tieren durchgeführt werden, aber dabei muss eben berücksichtigt werden, dass beispielsweise die Heilung bei Hunden acht Mal schneller voranschreitet als bei Menschen. Somit sollten die Ergebnisse von Studien am Hundemodell immer als bestmögliches Szenario betrachtet werden. Oft ist jedoch zu beobachten, dass Tierstudien herangezogen werden, um klinische Protokolle zu stützen, und das ist verkehrt. In-vivo-Studien sollten nur dann als Anhalt herangezogen werden, wenn noch keine klinischen Studien vorliegen. Als Beispiel dafür dient die pharmazeutische Industrie. Würden Sie ein Medikament anwenden, das nur an Tieren getestet und niemals klinisch evaluiert wurde? Selbstverständlich nicht, und deswegen ist immer auf die Evidenzhierarchie zu achten. Auch Fallberichte haben darin ihren Platz. Ein einfacher Fallbericht kann zwar wichtiger sein als eine strikte Tierstudie, aber wir können uns beim klinischen Vorgehen nicht nur auf Behandlungsfälle stützen. Daher ist die Abwägung von Evidenz wichtig und Fallberichte dienen als Ausgangspunkt beim Aufbau der wissenschaftlichen Begründung eines Konzepts.
Abb. 6 Die Evidenzhierarchie. Wichtig ist, dass sich Expertenmeinungen und Fallberichte lediglich auf den Plätzen acht und sieben befinden.
Zusammenfassend besteht unser Grundkonzept also darin, wissenschaftliche Evidenz und solide klinische Logik gegeneinander abzuwägen, um den Patientinnen und Patienten das bestmögliche Behandlungsergebnis zu ermöglichen.
Aufbau des Buchs
Dieses Buch besteht aus zwei Teilen: Chirurgie und Prothetik. Dieser Aufbau ist der realen klinischen Behandlung nachempfunden, da zunächst die Implantation und anschließend die prothetische Restauration erfolgt. Im chirurgischen Teil wird erklärt, wie ein stabiler krestaler Knochen erzeugt wird. Hierbei sind verschiedene Faktoren wichtig, wie die vertikale Weichgewebedicke, das Implantatniveau, die Position des polierten Implantathalses sowie die Art der Implantat-Abutment-Verbindung. Allerdings bleiben die ausgezeichneten chirurgischen Ergebnisse nicht lange erhalten, wenn das Implantat nicht mit einer korrekten Restauration versorgt wird. Daher werden die prothetischen Konzepte, die die Stabilität des periimplantären krestalen Knochens erhalten, hier ebenfalls vorgestellt (Teil II).
Literatur
1.Linkevičius T, Puišys A, Steigmann M, Vindašiūtė E, Linkevičienė L. Influence of vertical soft tissue thickness on crestal bone changes around implants with platform switching: A comparative clinical study. Clin Implant Dent Relat Res 2015;17:1228–1236.
2.Seo CW, Seo JM. A technique for minimizing subgingival residual cement by using rubber dam for cement- retained implant crowns. J Prosthet Dent 2017;117:327–328.
3.Andrijauskas P, Alkimavičius J, Zukauskas S, Linkevičius T. Clinical effectiveness of rubber dam and gingival displacement cord with copy abutment on reducing residual cement for cement-retained implant crowns. Clin Oral Implants Res 2018;29(suppl 17):77.
4.Linkevičius T, Vindašiūtė E, Puišys A, Pečiulienė V. The influence of margin location on the amount of undetected cement excess after delivery of cement-retained implant restorations. Clin Oral Implants Res 2011;22:1379–1384.