Czytaj książkę: «Warum Läufer beharrlich sind und Surfer das Leben genießen»

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Hinweis

Um den Lesefluss nicht zu erschweren, wurde meist auf die Doppelung männlicher und weiblicher Nomen und Pronomen (z. B. »Bergsteiger und Bergsteigerinnen«, »der/die Sportler/-in«, »er/sie«) verzichtet. Selbstverständlich soll in diesen Fällen die übliche »männliche« Form auch die betreffenden Sportlerinnen umfassen.

Das vorliegende Buch ist im Rahmen eines Promotionsprojektes entstanden.

© KOHA-Verlag GmbH Burgrain

Alle Rechte vorbehalten

1. Auflage 2012

Bildnachweis:

• Fotolia – S. 85, 88, 99, 115, 137, 143, 160, 166, 174, 186

• Shutterstock – S. 2, 13, 33, 49, 52, 55, 65, 66, 69, 70, 74, 77, 79,

80, 91, 95, 98, 101, 103, 105, 107, 108, 116, 128/129, 133, 139, 146,

153, 168, 172, 181, 189, 191; Silhouetten S. 4–7

• Zoonar – S. 25

• Autorenfoto: Swantje Dankert

• Cover, mit Silhouetten von Shutterstock:

Sabine Dunst / Guter Punkt, München

Lektorat: Nayoma de Haën

Redaktion und Layout: Birgit-Inga Weber

Gesamtherstellung: Karin Schnellbach

eBook Herstellung: Beringer Books · www.beringerbooks.de ISBN 978-3-86728-7128 EPUB Version 1.0

Inhaltsverzeichnis


Einleitung

Sport wirkt auf Körper und Seele

Sport wirkt auf den Körper

Sport wirkt auf die Seele

Sport hilft bei Stress

Sport baut Stresshormone ab

Sport baut Aggressionen ab

Sport verbessert die Selbstwahrnehmung

Sport stärkt das Selbstvertrauen

Sport hebt die Stimmungslage

Somatopsychik

Einblicke in das Wechselspiel von Leib und Seele

Psychosomatik – Die Seele wirkt auf den Körper

Körpersprache – Das Muskelspiel der Seele

Sublimierung – Wie ich tun darf, was mich treibt

Schattenarbeit – Ich sehe was, was du nicht siehst

Sag mir, wie du Sport treibst …

Was Sportler ausmacht

Arbeitsritual oder Funsport?

A

Ausdauersport

• Laufen – Jogging, Nordic Walking, Gehen, Wandern

• Radfahren

• Schwimmen

B

Bergsteigen und Klettern

F

Fitnesstraining und Kraftsport

Funsport

• Skifahren und Snowboarding

• Rodeln

• Skateboarding

• Surfen

• Windsurfen und Segeln

• Skaten – Schlittschuh- und Inlinerfahren

• Paragliding, Drachen- und Segelfliegen

• Fallschirmspringen, Base- und Bungeejumping

K

Kampfkunst und Kampfsport

M

Mannschaftssport

Meditative Bewegungsformen – Yoga, Qigong & Co.

Motorsport

R

Reiten

Ruder- und Paddelsport

S

Schießsportarten

• Bogenschießen

• Armbrustschießen

• Moderne Schusswaffen

Sport mit dem Schläger

• Tennis, Badminton, Squash, Tischtennis

• Polo

• Hockey

• Golf

Sprint-, Wurf-, Stoß- und Sprungdisziplinen

• Sprinten

• Springen

• Werfen und Stoßen

T

Tanzen

Turnen und Gymnastik

Ein Ausblick

Ist der Körperkult eine neue Religion?

Die vielleicht schwierigste Übung

Literatur-/Quellenverzeichnis

Der Autor

Einleitung


Treiben Sie gerne Sport? Und wenn ja, welchen? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, dass Ihre Lieblingssportart so manches über Ihre individuellen Stärken, Ihren Charakter und Ihre persönlichen Entwicklungschancen aussagen könnte?

Wenn wir Sport treiben, sind wir uns gewöhnlich zunächst der körperlichen Auswirkungen bewusst. Wir halten uns in Form, wir arbeiten an unserem Leistungsvermögen oder unserer Belastbarkeit. Die seelischen Aspekte haben wir seltener im Blick. Und nur wenige betreiben bewusst Sport zur Charakterbildung.

Die Art, wie wir Sport treiben, kann uns weitreichende Hinweise auf unsere Persönlichkeit geben: Unsere sportlichen Vorlieben und Neigungen sind ein Ausdruck unserer individuellen Eigenarten, unserer Stärken und Schwächen, manchmal auch unserer Sehnsüchte – ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Die Auseinandersetzung mit unserem Sportverhalten kann daher ein lohnender Weg der Selbsterkenntnis sein.

Bekanntlich sagt unsere Körpersprache, das Bewegungsspiel unserer Muskeln in Mimik, Gestik und Haltung, etwas darüber aus, wie wir fühlen und denken. Ähnliches gilt für die Art, wie wir unserem Bewegungsdrang in sportlicher Hinsicht nachgeben: Ob Sie lieber joggen, surfen oder einen Teamsport treiben, hat seinen Hintergrund nicht zuletzt in Ihrer Persönlichkeit.

Die Sportart, für die wir uns begeistern – sei es als Ausübende oder als Zuschauer –, kann uns einiges darüber verraten, wonach wir im Leben suchen. Ob wir diese Qualitäten auch anderweitig in unserem Leben ausleben oder ob uns der Sport als ein Ventil für etwas dient, für das wir in unserem Alltagsleben keinen Platz haben, kann dann eine interessante Perspektive auf unsere Lebenssituation und unsere Entwicklungsmöglichkeiten bieten.

Mit dieser Sichtweise wird aus unserem Sport schnell und nachhaltig mehr als ein Schlüssel zu körperlicher Fitness: Er hilft uns, uns selbst zu erkennen, und das ist eine der wichtigsten Grundlagen für Gesundheit und Entwicklung überhaupt.

Die verschiedenen Blickwinkel dieses Buches auf die Sportarten können weder absolut noch vollständig sein. Sie dienen vielmehr als ein Anstoß zu neuen Perspektiven auf uns selbst und die Welt, in der wir leben. An manchen Stellen werden Sie beim Lesen vielleicht denken: »Genau, das ist es. So geht es mir, das war mir nur noch nicht klar.« Möglicherweise fallen Ihnen beim Lesen und Nachsinnen aber noch völlig andere Bedeutungen ein, die für Sie persönlich gültig sind. In beiden Fällen freut mich das, denn mein Ziel ist, Sie mit meinen Worten darin zu unterstützen, mit sich selbst in Kontakt zu kommen. Dieses Buch will vor allem Ihre Fähigkeit zum einfallsreichen Hinschauen und damit zum kreativen Austausch mit sich selbst und der Welt anregen.

Sport ist ein wesentlicher Teil meines Lebens. Als Sportler, Wissenschaftler, Berater und Trainer begleitet er mich schon seit Jahrzehnten. Durch ihn durfte ich in mir und in der Welt um mich herum immer wieder neue, spannende und aufregende Facetten spüren, akzeptieren, entwickeln und lieben lernen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie ähnliche Erfahrungen machen und meine Überlegungen und Blickwinkel für sich gewinnbringend weiterverwerten können.

Lassen Sie sich von den Stärken und Aufgaben inspirieren, von denen unser Bewegungsverhalten uns leise, aber deutlich erzählt. Ich wünsche Ihnen dabei viel Spannung, Freude und Wohlergehen.

Herzlichst

Ihr Thomas Frankenbach


Sport wirkt auf den Körper

Ich erinnere mich noch gut an einen Patienten, der vor einigen Jahren wegen deutlichen Übergewichts zu mir kam. Trotz Einnahme von Betablockern machte ihm sein Bluthochdruck zu schaffen, außerdem litt Herr S. unter Depressionen, für die ihm sein Hausarzt Antidepressiva verschrieben hatte. Seit zwei Jahren nahm er überdies wegen eines sogenannten Alterszuckers weitere Medikamente ein. Dabei war er gerade erst fünfzig geworden.

Mir fiel sofort die außergewöhnlich athletische Konstitution des Mannes auf, die sich unter seinen gut dreißig Kilo zusätzlichem Körperfett abzeichnete. Sein Gesicht war massig und doch markant, unter seinem Polohemd waren ausladende Schultern und ein mächtiger Brustkorb erkennbar, und auch die Längenproportionen von Rumpf, Armen und Beinen ließen bei geschultem Blick trotz seines massigen Körpers den Modellathleten in ihm erahnen. In diesem Herrn schlummerten die Gene eines irdischen Herkules, ohne dass er eine Ahnung davon zu haben schien.

In einem eingehenden Gespräch erfuhr ich, dass er seit seiner Jugend keinerlei Sport mehr trieb. Seine Arbeit als Maurer hatte er vor mehr als zehn Jahren zugunsten einer Bürotätigkeit aufgegeben. Viel zu geringe Bewegungsreize für einen Mann seines Naturells.

Als einzige Behandlungsmethode schlug ich ihm vor, ab sofort mehrmals wöchentlich Sport zu treiben. Tags darauf führte ich ihn in die Grundlagen des Kraft-, Ausdauer- und Koordinationstrainings ein. Anfangs mit Skepsis, doch dann mit wachsender Freude absolvierte Herr S. nun dreimal wöchentlich seine festen Trainingseinheiten. Vier Monate später setzte er sein Mittel gegen Bluthochdruck ab, wenige Wochen darauf sein Diabetes-Medikament und nach einem weiteren Vierteljahr die Antidepressiva. Wie ihm sein erstaunter Hausarzt bestätigte, waren sämtliche Medikamente überflüssig geworden. Der Gesundheitszustand von Herrn S. und im gleichen Zuge auch sein Körpergewicht hatten sich allein durch gezieltes Bewegungstraining glänzend harmonisiert.

Fördern durch Belasten

Fragen wir Menschen, warum sie Sport treiben, lautet eine der häufigsten Antworten: »Für die Gesundheit.« Fast immer ist damit die körperliche Gesundheit gemeint. Regelmäßiger, gut dosierter Sport kann unseren Körper in der Tat wesentlich stärken.

Seit der Industrialisierung und erst recht seit dem Wirtschaftswunder haben sowohl das Quantum als auch die Intensität der Bewegung für viele Menschen abgenommen. Fahrzeuge, Informationstechnologie und Maschinen machen heute vieles an Muskelarbeit überflüssig, was wir vor 300 Jahren noch selber hätten leisten müssen.

Doch wer sich nicht fordert, baut ab – körperlich wie mental. Ein gebrochener, in Gips gebetteter Arm beginnt schon nach einigen Tagen, seine materielle Struktur zu verändern. Die Haut wird dünner, der Knochen verliert an Dichte, der Muskel an Masse. Koordination, Dehnbarkeit, Kraft und Ausdauer nehmen ab. Bewegt sich ein Mensch auf Dauer zu wenig, wirkt sich dies auf den gesamten Organismus aus: Die optimale Funktion des Herz-Kreislauf-Systems und das Atemvermögen nehmen ab, Muskeln bilden sich zurück, innere Organe verlieren an Effizienz und werden zum Teil schwächer. Die Leistungsfähigkeit sinkt und das Körperfett nimmt mitunter zu.

Fordern wir den Körper durch ein individuell passendes Maß an Bewegung, werden wir auf Dauer seine Leistungsfähigkeit verbessern. Der Mensch wächst am Widerstand. Erfährt der Körper dauerhaft die individuell richtige Belastungsdosis, wird er belastbarer und stabiler und kann sich optimal entwickeln.

Mit dem passenden Trainingsreiz werden manchmal schon sehr schnell positive Effekte spürbar. Wenn die Trainingsbelastungen langsam erhöht werden, beginnt der Organismus »aufzurüsten«: Es kommt zu Veränderungen im Körper, die Leistungsfähigkeit der Muskeln nimmt zu, der Mensch trägt leichter an sich, seine Sauerstoffaufnahme steigt, er hat einen längeren Atem. Die Knochendichte nimmt zu, und zugleich reduziert sich das Risiko einer Fraktur (Bruch). Im Falle von Übergewicht verringert sich oft das Fettgewebe. Die Immunfunktionen verbessern sich, die Leistungsfähigkeit des Herzens steigt und die sonstigen Leistungsreserven sowie das Regenerationsvermögen nehmen zu.

Myokine – Stoffwechselregulatoren aus dem Muskel

Während wir trainieren, produzieren unsere Muskeln Myokine: hormonähnliche Stoffe, die über die Blutbahn in den gesamten Körper gelangen. Die harmonisierende Wirkung der Myokine auf Organe wie die Bauchspeicheldrüse, das Herz, das Gehirn, die Leber sowie auf Fettgewebe und Blut konnte mittlerweile gut nachgewiesen werden. Myokine haben außerdem entzündungshemmende Eigenschaften. Nicht nur die Muskeln, sondern vermutlich alle Gewebe werden somit von einem gut dosierten Training positiv beeinflusst. Eine Vielzahl von Organen wird durch Myokine zu einer höheren Leistungsfähigkeit angeregt. Regelmäßiger Sport fördert nicht nur die Entwicklung des viel zitierten starken Sportlerherzens, sondern zum Beispiel auch die Entwicklung einer leistungsverbesserten Sportlerleber, -niere oder -schilddrüse.

Manche Forscher halten die Skelettmuskulatur wegen der Myokine, die bei Aktivität in ihr gebildet werden, für das wichtigste stoffwechselregulierende Organ des Menschen.

Die Wirkung von körperlichem Training

auf den menschlichen Organismus


Sport wirkt auf die Seele

Frau N. suchte mich vor einigen Jahren wegen einer Ernährungsfrage auf. Sie war damals Anfang siebzig, von auffällig schlanker Gestalt und machte einen sehr nervösen, angespannten Eindruck, der auch in ihrem Händedruck spürbar wurde: Obwohl es ein warmer Sommertag war, fühlten sich ihre Hände auffällig kühl an, möglicherweise ein Indiz für einen hohen Stresshormonspiegel. Nachdem wir ihr Ernährungsanliegen geklärt hatten, kamen wir auf ihre familiäre Situation zu sprechen: Seit Wochen schon lag sie mit ihrer Tochter in schwerem Streit, und kurz bevor sie zu mir kam, war die Situation mit ihr am Telefon erneut eskaliert. Der Familienstreit belastete Frau N. sehr. Die ständige Anspannung und Aufregung hatten sie auch körperlich zu schwächen begonnen. Ein- und Durchschlafstörungen, Appetitlosigkeit und Verdauungsbeschwerden hatten zu einem deutlichen Leistungsknick geführt. Allzu lang zehrte sie schon von den Reserven ihrer Lebensenergie. Ihre Fähigkeit, sich von Belastungen zu regenerieren, war im Schwinden. Würde die Belastung weiter so hoch bleiben, müsste man mit schwerwiegenderen Problemen rechnen, körperlich und seelisch.

In Absprache mit ihrem Arzt empfahl ich Frau N. ein tägliches Ausdauertraining auf eher niedrigem Intensitätsniveau. Noch am gleichen Abend absolvierte sie gemeinsam mit mir ihr erstes Training, das sie von nun an die nächsten drei Wochen täglich durchführen sollte: 45 Minuten an jedem Abend, anfangs auf sehr niedriger Leistungsstufe, die sie über die folgenden Wochen schrittweise anheben würde.

Vom eintretenden Trainingseffekt waren sowohl meine Klientin als auch ihr Arzt angetan: Es dauerte nur zwei Tage, da hatte Frau N. die meiste Zeit des Tages warme Hände. Nach einer Woche fand sie wieder normal in den Schlaf. Frau N. war sichtlich erleichtert. Der Streit mit ihrer Tochter war zwar nicht beigelegt, aber sie fühlte sich psychisch und körperlich wieder stabiler. Ihr hoher Stresshormonspiegel näherte sich durch das wohldosierte Training dem Normalniveau, ihre Regenerationsfähigkeit verbesserte sich und im selben Zuge ihre mentale Stärke. Fachlich ausgedrückt war sie dabei, ihr Restleistungsvermögen zu steigern. Mit den bestehenden Problemen konnte Frau N. nun umgehen, ohne dass diese sie laufend völlig aus der Bahn zu werfen drohten.

Sport hilft bei Stress

Nach dem Training fühlen sich die meisten Menschen wohlig und entspannt. Wo vorher nach einem anspruchsvollen Arbeitstag der Schädel brummte, herrscht nach dem Sport oft ein Gefühl der Leichtigkeit und Zufriedenheit.

Einmal traf ich einen Menschen, der seinem Sporttraining gewissermaßen die Funktion einer Reset-Taste zusprach: Sinnbildlich könne er damit das über den Tag in seinem Arbeitsspeicher zusammengekommene Stresspensum neutralisieren. Hat das Training erst einmal begonnen, lässt sich der Ballast des Lebens oft leichter abstreifen. Wir gewinnen Distanz zum Alltag und seinen Beschwernissen.

Dass wir uns nach dem Sport in aller Regel so gut fühlen, hängt auch mit Hormonen zusammen. In »anregenden« Situationen – sei es, dass wir uns freuen, dass uns der Ehrgeiz oder die Ungeduld packen oder wir Angst, Unsicherheit oder Bedrängnis verspüren – produziert unser Körper das Hormon Adrenalin sowie ihm ähnliche Stoffe, die sogenannten Katecholamine. Kurzfristig kann dies zu einer höheren Aufmerksamkeit oder Leistungsbereitschaft führen. Überschreitet jedoch über den Tag hinweg die Summe an Adrenalin-Reizen die Obergrenze des Verkraftbaren, haben wir es mit einem überforderten, gestressten Menschen zu tun. Leistungsfähigkeit, Laune und Lebensqualität sinken. Mittel- bis langfristig drohen schwerwiegende Gesundheitsstörungen. Doch es gibt Gegenmittel, zum Beispiel Sport. Vor allem Ausdauersport baut Stresshormone ab.

Sport baut Stresshormone ab

Vielleicht wissen Sie aus Erfahrung, wie gut es tut, nach einem seelisch belastenden Tag ein paar lockere, flotte Runden im Wald, im Park oder auf dem Laufpfad zu drehen. Sofern Sie sich dabei nicht verausgaben und sich einfach der Monotonie Ihrer Bewegungen hingeben, spüren Sie, wie Ihre Anspannung allmählich nachlässt. Spätestens nach der anschließenden Dusche fühlen Sie sich wohlig entspannt, ruhig und von vielen Sorgen erleichtert. Übermäßige Mengen des Stresshormons Adrenalin sind reduziert worden. Obwohl die Ausschüttung von Adrenalin ins Blut durch die vermehrte Bewegung erhöht wird, wird es – die richtige Bewegungsintensität vorausgesetzt – von der aktiven Muskulatur gleichzeitig umso besser wieder abgebaut. Mit dem Ergebnis, dass spätestens nach einer halben Stunde weit mehr Adrenalin entsorgt als neu gebildet wurde. Der Adrenalin-Spiegel ist merklich abgesunken. Blutdruck und Puls, aber auch der seelische Druck und das Unruhegefühl sind spürbar reduziert. Gelassenheit, entspannte Wachheit und guter Schlaf sind nun besser möglich.

Anspannung und Entspannung bedingen einander

Dank seines Harmonisierungseffekts auf unsere Nerven stellt Sport eine der wirksamsten Methoden zum Stressabbau dar. Wahrscheinlich kennen Sie Yin und Yang, das fernöstliche Sinnbild für die polaren Prinzipien des Lebens, die die Welt beide braucht, um fortzubestehen. So ähnlich können wir uns die Funktionsweise unseres unbewussten, sogenannten vegetativen Nervensystems vorstellen. Auch hier verfügt jeder Mensch über zwei Pole: einen, der uns zur Ruhe bringt (Parasympathikus), und einen anderen, der uns dazu treibt, aktiv zu werden (Sympathikus).

Ob Sie nun eher gelassen und ruhig sind oder mehr nervös und angespannt, hängt davon ab, in welchem Verhältnis die beiden Pole Ihres Nervensystems gerade arbeiten: Dominiert der anregende Teil Ihres Nervensystems, sorgt das für Anspannung, Alarmstimmung und Leistungsbereitschaft. Blutdruck, Puls und Muskelspannung steigen, Konzentration und Wachsamkeit nehmen zu. Der Körper steht unter erhöhtem Stress, befindet er sich doch im Kampf- und Fluchtmodus. Den Verdauungsorganen gewährt unser Nervensystem dann nur Minimalenergie. Die Folgen: Wir haben wenig Appetit, aufgenommene Nahrung liegt uns schwer im Magen, kann nicht optimal verwertet werden und behindert uns mehr, als sie nützt.

Gerade entgegengesetzt wirkt unser parasympathischer, für Ruhe und Erholung zuständiger Nervenanteil. Dominiert er, sinken Blutdruck, Puls und Muskelspannung – der Körper fährt sein Entspannungs- und Erholungsprogramm hoch. Der Mensch findet zur Ruhe. Regenerationsprozesse werden in Gang gebracht, der Geist kann sich erholen und es bilden sich neue Energiereserven. Appetit kommt auf, die Verdauung wird aktiviert, Nahrung kann jetzt optimal verwertet und Körpersubstanz aufgebaut werden.

Bei sportlicher Aktivität wird der anregende Teil unseres Nervensystems stimuliert. Doch nach der Trainingsbelastung folgt – im Sinne eines Ausgleichs der Polaritäten – die Dominanz der beruhigenden Nervenanteile. Entspannung setzt ein. Die Erholungsphase kann beginnen.

Bei jeder Form von Sport werden zunächst Muskelgruppen belastet und angespannt, die dann nach dem Training besser entspannen können als zuvor. Fordern wir durch die Trainingsaktivität den aktivierenden Pol heraus, so wird dies nach einiger Zeit den anderen, Ruhe spendenden Pol auf den Plan rufen. Ist die Erholungsphase dann vollzogen, wird sie erneut vom Gegenpol, der Aktivierungsphase, abgelöst. Ein harmonisches, für das Leben charakteristisches Wechselspiel entsteht.

Sport baut Aggressionen ab

Sie kennen das sicher: Hat man eine richtige Wut im Bauch und trägt sie länger unbearbeitet mit sich herum, kann einem das die Tage verderben. Unbewältigte Wut schädigt nicht nur den Wütenden selbst; sie kann sich ungewollt auf die Menschen um uns herum übertragen und ihre Stimmungslage prägen. Unsere Beziehungen leiden darunter.

Obwohl sich durch Sport meist nicht die Ursache einer schlechten Stimmung auflöst, so lassen sich Aggression und Zorn mit Hilfe von Sport doch in für die Gemeinschaft verträglichere Bahnen lenken und abbauen. Deshalb bieten pädagogische Einrichtungen heute vermehrt Anti-Gewalt-Projekte in Form von Sportkursen für gefährdete oder bereits straffällig gewordene Jugendliche an. Vor allem Kraft- und Kampfsportarten werden von den Problemgruppen oft bereitwillig und regelmäßig angenommen. Auch in US-amerikanischen Gefängnissen nutzt man seit Jahrzehnten die Effekte von Sport zur Aggressionsbewältigung. Gerade sehr anstrengende Sportarten, bei denen man sich stark verausgabt, fördern den Abbau von angestauten Aggressionen, von Gereiztheit und Unausgeglichenheit.

Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen, dass Fitnessaktivitäten wie Radfahren, Aerobic oder Skigymnastik ähnlich wirken können. Die Mehrzahl der Befragten gab an, sich nach dem Training zufriedener, ruhiger, weniger ärgerlich oder weniger deprimiert zu fühlen als zuvor.


Sport verbessert die Selbstwahrnehmung

Viele passionierte Sportler berichten, dass sie durch langjähriges Training nicht nur ihre Leistung, sondern auch ihre Fähigkeiten zur Selbstwahrnehmung deutlich verbessern konnten. So berichten etwa manche Jogger davon, im Laufe der Zeit gelernt zu haben, eine im Anmarsch befindliche Grippe zu spüren, noch bevor sich die ersten Symptome an den Atemwegen eingestellt haben. Ein derart schärferes Frühwarnsystem kann uns helfen, uns vor körperlichen Überlastungen zu schützen.

Oft wird durch dieses Mehr an Feinfühligkeit zugleich unser Gespür für unseren seelischen Zustand gefördert, unser Gespür für die Grenzen unserer seelischen Belastbarkeit, für unsere emotionalen Bedürfnisse sowie für unsere individuellen Ressourcen und Stärken.

Wenn Sie Sport treiben, befassen Sie sich – ob bewusst oder nicht – aktiv mit sich selbst. Jede Stunde Sport ist in diesem Sinne immer auch eine persönliche Therapiestunde. Gerade Einzelsportler widmen sich in erster Linie der Förderung ihrer eigenen Ressourcen. Sie nehmen sich Zeit, um tiefer mit sich in Kontakt zu treten, sich ihren individuellen Bedürfnissen, Potenzialen und gegebenenfalls ihren seelischen Wunden zu widmen, sie zu versorgen und möglichst sogar zu heilen.

Menschen mit verbesserter Selbstwahrnehmung werden schneller merken, in welchen Situationen sie sich körperlich, aber auch seelisch Spannungen aussetzen. Sie merken früher, wann Gefahr droht, sich zu überfordern. Und sie werden ihr Gespür dafür verfeinern, welche Situationen ihnen guttun.

Sport stärkt das Selbstvertrauen

Stellen Sie sich vor, Sie beginnen mit dem Joggen. Sie spüren, wie Sie von Woche zu Woche besser werden: Die Strecken, die Sie zurücklegen, werden länger, für Ihren Körper aber scheint der Aufwand, eine bestimmte Leistung zu erbringen, von Mal zu Mal geringer zu werden. Ein Erfolgserlebnis folgt auf das nächste. Ihr Selbstvertrauen nimmt zu. Sie werden mental stärker.

Besonders deutlich können wir diesen Effekt an geübten Wettkampfsportlern erkennen. Ein Wettkämpfer stellt sich bewusst dem Druck des Wettstreits. Dank seines Vertrauens auf seine antrainierte Leistungsfähigkeit schafft er es, dem manchmal immensen Druck des direkten Vergleichs gewachsen zu sein. Ob Sieg oder nicht: Ein Sportler, der es gewohnt ist, sich mit anderen zu messen und sich durchzusetzen, kann aus diesem Sachverhalt mental gestärkt hervorgehen und die so erlangte Selbstsicherheit auf Bereiche außerhalb seines Sports übertragen und sie dort nützlich einsetzen.

Ob Kletterer, Nordic Walker oder Turner, ob im Team oder allein, ob im Freizeitsport oder für das Bestehen im Wettkampf: An der eigenen Leistung zu feilen, sie zu entwickeln, sie abzurufen und uns ihrer bewusst zu sein, stärkt unser Zutrauen in uns selbst.

Sport hebt die Stimmungslage

Die meisten Menschen unserer Zeit wissen aus eigener Erfahrung, wie sich eine depressive Verstimmung anfühlt. Die Betroffenen leiden meist unter einem Mangel an Zuversicht und Motivation, an Versagensängsten und Konzentrationsproblemen.

Ein Mittel, das gut gegen depressive Verstimmungen hilft, ist schlicht und ergreifend Bewegung. Beim Sport werden im Gehirn eine ganze Reihe von Stoffen gebildet, die gegen Schwermut helfen können.

Wenden wir uns zum Beispiel kurz den Endorphinen zu: Diese körpereigenen Stoffe ähneln in ihrer Wirkung dem Morphin und können Schmerzen lindern. Bei intensivem Sport kommt es zu einer erhöhten Ausschüttung von Endorphinen, was das Schmerzempfinden mindert. Von den durch lang anhaltende körperliche Anstrengungen hervorgerufenen Glückszuständen, etwa dem viel zitierten »Runner’s High«, dem »Hochgefühl des Läufers«, vermutet man, dass sie unter anderem durch den hohen Endorphinspiegel ausgelöst werden.

Nach dem Training sind bei Sporttreibenden erhöhte Serotoninwerte nachgewiesen worden. Serotonin ist mitverantwortlich für unser Wohlbefinden und wird deshalb zuweilen als »Glückshormon« bezeichnet. Leiden Menschen unter übersteigerter Angst, unter einer depressiven Verstimmung oder sogar unter einer Depression, haben sie häufig einen erniedrigten Serotoninspiegel. Verfügt unser Gehirn über genügend Serotonin, stehen unsere Chancen besser, guter Laune und frei von Schwermut zu bleiben: Wir fühlen uns zufriedener und ausgeglichener.

Zumindest bei Tieren ist die vermehrte Bildung eines weiteren natürlichen Antidepressivums durch Bewegung mittlerweile eindeutig nachgewiesen: Die Wirkkraft des Nervenwachstumsfaktors VGF (vascular growth factor; vaskulär = die Gefäße betreffend) ist so erstaunlich stark, dass Forscher nun Wege suchen, mit Medikamenten die VGF-Produktion im menschlichen Gehirn anzuregen.

2010 konnten Wissenschaftler der Uni Tübingen erstmalig nachweisen, dass Ausdauersport die Ausschüttung eines ganz ähnlichen Stoffs, des relativ neu entdeckten Wachstumsfaktors BDNF (brainderived neurotrophic factor; d. h. »vom Gehirn stammender neurotropher Faktor«), günstig beeinflusst. BDNF ist bei Menschen mit Depression nur vermindert vorhanden. Wenn sie jedoch jeden Tag eine halbe Stunde Ausdauersport machten, erhöhte sich dadurch die BDNF-Konzentration auf ein gesundes Niveau.

Depressive Verstimmungen und Depressionen haben oft einen komplexen Hintergrund, bei dem die Erbanlagen und der Gesundheitszustand eines Menschen, sein individueller Lebensstil, aber auch seine Einstellung zum Leben sowie das Umfeld, in dem er lebt, eine Rolle spielen können. Sicher ist Sport bei Problemen mit Depression kein Allheilmittel, das andere Behandlungsverfahren ersetzen könnte. Wer aber regelmäßig Sport treibt, zum Beispiel indem er längere Strecken läuft, schwimmt oder mit dem Rad fährt, ist weniger anfällig für schwere Gemütsprobleme. Und Menschen mit bereits bestehender depressiver Problematik hilft der Sport oft großartig, sich auf einem gesünderen Niveau zu stabilisieren.

Somatopsychik

All diese Aspekte, wie wir über den Körper auf unser seelisches Befinden Einfluss nehmen, gehören zum Feld der Somatopsychik. Ist ein Mensch in seiner körperlichen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, wird dies auch in seiner Seele Spuren hinterlassen.

Wer innerlich aufgebracht ist und beim Boxen am Sandsack seine Wut ablässt, um wieder mehr innere Ausgeglichenheit zu finden, macht sich das Prinzip der Somatopsychik zunutze. Wird uns das Glück einer Massage zuteil, erfahren wir über den Weg der körperlichen Berührung eine Aufhellung unseres Gemüts. Erfreut sich jemand einer exzellenten körperlichen Verfassung, wird er sich auch psychisch wohler fühlen und die Beschwernisse des Alltags leichter abfedern. Ist ein Mensch in seiner Muskulatur gelockert, nimmt er Informationen leichter und genauer auf und lernt leichter.

Ist ein Mensch dagegen verkrampft, reduzieren sich seine Aufnahmekapazität und sein Lerntempo. Angespannt zu sein – seelisch oder körperlich –, kann vielerlei Gründe haben, zum Beispiel Autoritätsangst, Leistungszwang, Müdigkeit oder Erschöpfung, aber auch ein Mangel an körperlicher Bewegung. Auch hier kann sich uns das Wirkprinzip der Somatopsychik offenbaren.

Den umgekehrten Prozess, wenn Zustände der Seele sich in körperlichem Befinden niederschlagen, nennen wir Psychosomatik. Davon handelt das nächste Kapitel.

Laufen statt Schäfchen zählen

Wenn Sie nach einem aufregenden Tag einmal nicht einschlafen können, schlüpfen Sie ruhig noch mal in Ihren Sportdress. Gehen Sie eine Runde zügig spazieren oder joggen Sie ums Karree. Lassen Sie sich auf die Monotonie der Bewegung und die positive Macht ein, die sie über uns haben kann. Spüren Sie, wie Sie ruhiger werden.

Nach einer kurzen Dusche gehen Sie zurück ins Bett. Fühlen Sie, wie sich Entspannung und wohlige Ruhe in Ihnen ausdehnen, überhand gewinnen, und dann … eine gute Nacht!


Hinter einem Großteil unseres Tuns steht – bewusst oder unbewusst – der Wunsch nach einer Veränderung unserer Lebenssituation. Ist uns kalt, schließen wir das Fenster. Haben wir Hunger, gehen wir auf Essenssuche. Wenn wir uns unwohl fühlen, ändern wir unsere Sitzposition oder stehen auf und gehen umher. Sind wir nervös und können nicht weg, leiten wir unsere innere Hochfrequenz durch Fußwippen nach außen ab. Wir werden aktiv, um Balance herzustellen.

Sind wir ausgeglichen, neigen wir mehr zur Ruhe: Wer momentan bequem sitzt, wird sich keine andere Sitzposition suchen. Wenn es uns gut geht, lassen wir die Dinge eher so, wie sie sind. Stimmt jedoch etwas nicht, fangen wir spontan an, uns zu bewegen. Auf die Dauer entwickeln sich daraus gewisse Bewegungsgewohnheiten. Diese drücken sich in Form unserer Mimik und Gestik aus, in der Art, wie wir uns in bestimmten Situationen fortbewegen, oder eben in unseren sportlichen Vorlieben.

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