Czytaj książkę: «Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Achter Band: enthaltend Kapitel 15 und 16.», strona 11

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Sechzehntes Kapitel.
Wilhelm und Marie

Wilhelm landet in Carrickfergus und begiebt sich nach Belfast

Wilhelm war das ganze Frühjahr mit Ungeduld in Ulster erwartet worden. Falsche Gerüchte von seiner Ankunft hatten im Laufe des Monats Mai die protestantischen Niederlassungen längs der Küste dieser Provinz zu wiederholten Malen in Bewegung gesetzt. Erst am Nachmittag des 14. Juni landete er in Carrickfergus. Die Bewohner der Stadt hatten sich in der Hauptstraße versammelt und begrüßten ihn mit lautem Jubel, aber sie sahen ihn nur auf einen Augenblick. Sobald er festen Boden unter seinen Füßen hatte, stieg er in seinen Wagen und reiste nach Belfast. Unterwegs begegnete er Schomberg. Das Zusammentreffen fand dicht bei einem weißen Hause statt, der einzigen menschlichen Wohnung, welche damals auf einer Strecke von vielen Meilen an dem öden Strande der Bucht des Laggan zu sehen war. Gegenwärtig erheben sich auf der Stelle, wo damals das weiße Haus stand, ein Dorf und eine Baumwollenfabrik und das ganze Ufer ist mit Landhäusern, Parkanlagen und Gärten besäumt. Belfast ist einer der größten und blühendsten Sitze des Gewerbfleißes auf den britischen Inseln geworden und hat jetzt eine betriebsame Bevölkerung von achtzigtausend Seelen. Die Zölle, welche jährlich im Zollhause bezahlt werden, übersteigen die, welche in den günstigsten Jahren der Regierung Karl’s II. im Zollhause zu London entrichtet wurden. Andere irische Städte mögen dem Auge einen malerischeren Anblick darbieten; aber Belfast ist die einzige große Stadt Irland’s, in der der Reisende nicht durch den widerlichen Anblick und Geruch langer Reihen menschlicher Höhlen abgeschreckt wird, welche an Comfort und Sauberkeit den in glücklicheren Ländern für das Vieh bestimmten Wohnungen bei weitem nachstehen. In keiner andren großen irischen Stadt herrscht eine solche Reinlichkeit, keine andre ist so gut gepflastert und so glänzend erleuchtet. Anstatt der Kuppeln und Thürme sieht man Gebäude, welche dem Geschmack zwar weniger zusagen, aber nicht minder von Wohlstand zeugen, gewaltige Fabriketablissements, die um mehrere Stockwerke über die Schornsteine der Wohnhäuser emporragen und die Luft mit dem Getöse ihrer Maschinen erfüllen. Das Belfast, in welches Wilhelm einzog, war eine kleine englische Niederlassung von ungefähr dreihundert Häusern, von einem längst verschwundenen stattlichen Schlosse beherrscht, dem Stammsitze der edlen Familie Chichester. In diesem Schlosse, das einige Aehnlichkeit mit dem Palaste von Whitehall gehabt haben soll und das durch seine sich auf der Flußseite weit hinab erstreckenden Terrassen und Gartenanlagen berühmt war, hatte man Vorbereitungen zum Empfange des Königs getroffen. Am nördlichen Eingange wurde er von den Behörden und Gemeinderäthen in ihrer Amtstracht bewillkommnet, und die Menge drängte sich mit dem Rufe: „Gott segne den protestantischen König!” um seinen Wagen. Denn die Stadt war eines der Bollwerke des reformirten Glaubens, und als zwei Generationen später die Einwohner zum ersten Male gezählt wurden, ergab es sich, daß die Katholiken nicht mehr als ein Funfzehntel der Bevölkerung bildeten.160

Die Nacht brach herein, aber die protestantischen Grafschaften waren wach und auf den Beinen. Eine Geschützsalve vom Schlosse zu Belfast hatte die Ankunft des Königs verkündet. Sie wurde wiederholt durch Kanonen, welche Schomberg in weiten Entfernungen von einander aufgepflanzt hatte, um von einem Posten zum andren Signale geben zu können. Ueberall wo die Schüsse gehört wurden, wußte man, daß König Wilhelm angekommen war, und noch vor Mitternacht loderten auf allen Höhen von Antrim und Down Freudenfeuer. Der Feuerschein wurde am andren Ufer der Buchten von Carlingford und Dundalk gesehen und verkündete den Vorposten des Feindes, daß die entscheidende Stunde herannahte. Am zweiten Tage nach Wilhelm’s Landung reiste Jakob von Dublin ins irische Lager ab, das unweit der nördlichen Grenze von Leinster aufgeschlagen war.161

Zustand Dublin’s

In Dublin war die Aufregung furchtbar. Niemand konnte mehr daran zweifeln, daß die entscheidende Krisis bevorstand, und die Qual der Ungewißheit steigerte die Leidenschaften der beiden feindlichen Racen auf den Höhepunkt. Die Mehrheit konnte in den Blicken und Reden der unterdrückten Minderheit unschwer Zeichen entdecken, welche die Hoffnung auf eine baldige Befreiung und eine furchtbare Rache verriethen. Simon Luttrell, unter dessen Obhut die Hauptstadt gestellt war, beeilte sich die Vorsichtsmaßregeln zu ergreifen, welche Angst und Haß ihm eingaben. Es erschien eine Proklamation, welche allen Protestanten einschärfte, von Einbruch der Dunkelheit bis zum Tagesanbruch zu Hause zu bleiben, und ihnen bei Todesstrafe verbot, sich an irgend welchem Orte und zu irgend welchem Zwecke in Gruppen von mehr als fünf Personen zu versammeln. Selbst gegen diejenigen Geistlichen der Landeskirche, welche nie aufgehört hatten, die Lehre vom Nichtwiderstande zu predigen, wurde keine Nachsicht geübt. Doctor Wilhelm King, der, nachdem er lange standhaft geblieben, seit kurzem in seinem politischen Glauben wankend zu werden begann, wurde gefänglich eingezogen. Kein Gefängniß war groß genug, um nur die Hälfte von Denen aufzunehmen, welche der Gouverneur in Verdacht schlimmer Absichten hatte. Das Collegium und mehrere Pfarrkirchen wurden dazu benutzt, und in diesen Gebäuden waren Leute, denen nichts zur Last gelegt werden konnte als ihre Religion, in solchen Massen zusammengepfercht, daß sie kaum athmen konnten.162

Wilhelm’s militärische Maßregeln

Inzwischen betrieben die beiden rivalisirenden Fürsten eifrig die Zusammenziehung ihrer Truppen. Loughbrickland war der Ort, den Wilhelm zum Sammelplatz für die zerstreuten Divisionen seiner Armee bestimmt hatte. Während seine Truppen sich sammelten, arbeitete er unermüdlich darauf hin, ihre Disciplin zu verbessern und für ihren Unterhalt zu sorgen. Er hatte aus England zweihunderttausend Pfund Sterling baares Geld und eine große Menge Kriegsbedarf und Lebensmittel mitgebracht. Alles Plündern wurde bei strenger Strafe verboten. Zu gleicher Zeit wurden reichlich Lebensmittel vertheilt und alle Regimentszahlmeister waren angewiesen, ihre Rechnungen immer sofort einzureichen, damit keine Rückstände blieben.163 Thomas Coningsby, Parlamentsmitglied für Leominster, ein thätiger und nicht skrupulöser Whig, begleitete den König und fungirte als Generalzahlmeister. Es verdient besonders erwähnt zu werden, daß Wilhelm zu dieser Zeit den Zolleinnehmer von Belfast ermächtigte, jedes Jahr zwölfhundert Pfund an einige der angesehensten dissentirenden Geistlichen von Down und Antrim zu zahlen, als Unterstützung für sie und ihre Amtsbrüder. Der König erklärte, daß er diese Summe den nonconformistischen Geistlichen theils als Belohnung für ihre ihm bewiesene ausgezeichnete Loyalität, theils als eine Entschädigung für ihre neuerlichen Verluste aussetze. Dies ist der Ursprung der Schenkung, welche die Regierung noch jetzt alljährlich den presbyterianischen Geistlichen von Ulster zukommen läßt.164

Wilhelm war wieder ganz er selbst. Seine Lebensgeister, zu Boden gedrückt durch eine anderthalbjährige Existenz in unerfreulichen Verhältnissen und inmitten von Factionen und Intriguen, welche er nur halb verstand, hoben sich wieder beim Anblick der Zelte und Fahnen.165 Es war merkwürdig, wie rasch dieser in Westminster so unpopuläre Mann eine vollkommene Herrschaft über die Herzen seiner Waffenbrüder erlangte. Sie sahen mit Bewunderung, daß er trotz seiner Kränklichkeit alle Mühen und Beschwerden theilte, die sie selbst ertragen mußten, daß er mehr an ihre Bequemlichkeit als an die seinige dachte, daß er einigen Offizieren, die über ihren Eifer, ihm Leckerbissen für seine Tafel zu verschaffen, die Bedürfnisse der gemeinen Soldaten vernachlässigten, nachdrücklich tadelte; daß er von dem Augenblicke an wo er ins Feld rückte, nicht ein einziges Mal in einem Hause wohnte, sondern selbst in der Nähe von Städten und Palästen in seiner kleinen transportabeln Bretterhütte schlief; daß keine Bitten ihn bewegen konnten, sich an einem heißen Tage und bei heftigem Winde aus der erstickenden Staubwolke zu entfernen, die über der marschirenden Colonne hing und minder zarte Lungen als die seinige auf eine harte Probe stellte. Jeder unter seinen Befehlen Dienende wurde mit seiner Persönlichkeit und mit seiner Stimme vertraut, denn es gab kein Regiment, das er nicht mit der sorgfältigsten Aufmerksamkeit inspicirt hätte. Seine freundlichen Mienen und Reden blieben lange in der Erinnerung. Ein wackerer Soldat hat in seinem Tagebuche der liebenswürdigen Freundlichkeit gedacht, mit der der König einen Korb mit den ersten Kirschen des Jahres von ihm annahm, so wie der Heiterkeit, mit der Se. Majestät sich beim Abendessen mit Denen unterhielt, welche um die Tafel herum standen.166

Wilhelm marschirt südwärts

Am 27. Juni, dem zehnten Tage nach seiner Landung, marschirte Wilhelm mit allen seinen Truppen von Loughbrickland in südlicher Richtung ab. Er hatte sich fest vorgenommen, die erste Gelegenheit zu einer Schlacht zu ergreifen. Schomberg und einige andere Offiziere empfahlen Vorsicht und Aufschub; der König aber entgegnete ihnen, daß er nicht nach Irland gekommen sei, um Gras unter seinen Füßen wachsen zu lassen. Der Ausgang des Feldzugs scheint zu beweisen, daß er als General richtig urtheilte, und daß er als Staatsmann richtig urtheilte, kann nicht bezweifelt werden. Er wußte, daß die englische Nation mit der Art der bisherigen Kriegführung unzufrieden war, daß nur ein rascher und glänzender Erfolg den Enthusiasmus seiner Freunde wieder beleben und den Muth seiner Feinde brechen und daß eine Niederlage seinem Rufe und seinen Interessen kaum nachtheiliger sein konnte als ein langwieriger und unentschiedener Feldzug.

Die Gegend, durch die er marschirte, war seit achtzehn Monaten von Soldaten und von Rapparees entsetzlich verwüstet worden. Alles Vieh war geschlachtet, die Anpflanzungen niedergehauen, die Umzäunungen und Häuser in Trümmern. Kein menschliches Wesen war längs der Marschroute zu sehen, außer einigen wenigen halbnackten und ausgehungerten Jammergestalten, die keine andre Nahrung hatten als Haferhülsen, welche sie, wie die Hühner, aus Schmutz und Asche heraussuchten.167 Gleichwohl konnten die natürliche Fruchtbarkeit des Bodens, das üppige Grün der Erde, die für den Handel so vortheilhaft gelegenen Buchten und Flüsse, trotz des nachtheiligen Lichtes, in welchem sich Alles darstellte, dem aufmerksamen Blicke des Königs nicht entgehen. Er mochte wohl bei sich denken, wie ganz anders diese Gegend ausgesehen haben würde, wenn sie mit einer Regierung und einer Religion gesegnet gewesen wäre, welche sein heimisches Holland zu einem Weltwunder gemacht hatten; welche endlose Reihe von Landhäusern, Blumengärten und Meierhöfen die Straße von Lisburn nach Belfast besäumt, wie viele Hunderte von Barken beständig den Laggan auf und ab gefahren sein, welcher Wald von Masten den öden Hafen von Newry belebt, und welche riesigen Waarenmagazine und stattlichen Wohnhäuser den Boden bedeckt haben würden, den jetzt die schmutzigen Gassen von Dundalk einnahmen. „Das Land,” hörte man ihn sagen, „ist werth, daß man darum kämpft.”

Die irländische Armee zieht sich zurück

Jakob scheint ursprünglich beabsichtigt zu haben, an der Grenze zwischen Leinster und Ulster das Glück einer Schlacht zu versuchen. Dieser Plan wurde jedoch, wie es scheint auf Lauzun’s Vorstellungen hin, wieder aufgegeben, denn ihm klangen Louvois’ Ermahnungen noch immer in den Ohren, obgleich er sehr wenig geneigt und sehr wenig geschickt dazu war, einen Feldzug nach dem Fabianischen System zu führen.168 Obwohl Jakob entschlossen war, Dublin nicht ohne eine Schlacht aufzugeben, willigte er doch ein sich bis zu einer Stelle zurückzuziehen, wo er den Vortheil des Terrains für sich hatte. Als daher Wilhelm’s Vorhut Dundalk erreichte, war von der irländischen Armee nichts als eine große Staubwolke zu sehen, die sich langsam in südlicher Richtung gegen Ardee hin wälzte. Die Engländer campirten eine Nacht in der Nähe des Ortes, wo Schomberg im vorigen Jahre sein Lager aufgeschlagen hatte, und manche schmerzliche Erinnerungen wurden durch den Anblick des öden Sumpfes geweckt, der das Grab vieler tausend tapferer Männer geworden war.169

Wilhelm rückte jedoch weiter vor und die Irländer zogen sich fortwährend vor ihm zurück, bis seine Armee, in drei Colonnen marschirend, am Morgen des 30. Juni den Kamm eines Höhenzuges unweit der Südgrenze der Grafschaft Louth erreichte. Zu ihren Füßen lag ein Thal, jetzt so fruchtbar und lieblich, daß der hinabsehende Engländer sich in einen der bevorzugtesten Theile seines bevorzugten Vaterlandes versetzt glauben kann. Weizenfelder, Waldungen und blumige Wiesen ziehen sich sanft abfallend bis ans Ufer des Boyne hinunter. Dieser schöne und ruhige Strom, der die Grenze von Louth und Meath bildet, ergießt sich, nachdem er viele Meilen zwischen grünen, mit modernen Palästen und mit den verfallenen Burgen der unter englischer Oberhoheit gestandenen normännischen Barone bedeckten Ufern dahin geströmt ist, nicht weit von hier in das Meer. Fünf Meilen westlich von der Stelle, wo Wilhelm auf den Fluß hinabsah, erhebt sich jetzt am grünenden Ufer, von stolzen Forsten umgeben, Slane Castle, das Schloß des Marquis von Conyngham. Zwei Meilen östlich lagert eine Rauchwolke aus den Schornsteinen der Fabriken und Dampfschiffe über der lebhaften Stadt und dem Hafen von Drogheda. Auf der Meather Seite des Boyne steigt der Boden, noch immer allenthalben mit Kornfeldern, Wiesen, Blumen und Bäumen bedeckt, sanft zu einer Anhöhe auf, die mit einer Gruppe von Eschen gekrönt ist, welche die verfallene Kirche und den verödeten Gottesacker von Donore beschatten.170

Im 17. Jahrhundert gewährte die Landschaft einen ganz andren Anblick. Von Kunst und Industrie waren nur wenige Spuren vorhanden. Auf dem Flusse sah man kaum ein andres Fahrzeug als die rohen Fischerböte von mit Pferdehäuten überzogenem Flechtwerk, deren sich das celtische Landvolk zum Forellen- und Lachsfang bediente. Drogheda, das gegenwärtig zwanzigtausend betriebsame Einwohner zählt, war damals ein kleiner Knäuel enger und schmutziger Gassen, von einem Graben und einem Walle umgeben. Die Häuser waren von Holz, mit hohen Giebeln und vorspringendem Obergestocke. Außerhalb der Stadtmauer war kaum eine menschliche Wohnung zu sehen, außer an einer Stelle Namens Oldbridge. Bei Oldbridge war der Fluß passirbar und südlich von der Furth standen einige Lehmhütten und ein einziges aus festeren Materialien erbautes Haus.

Die Irländer halten am Boyne Stand

Als Wilhelm das Thal des Boyne erblickte, konnte er einen Ausruf und eine Bewegung der Freude nicht unterdrücken. Er hatte gefürchtet, daß der Feind eine entscheidende Schlacht vermeiden und den Krieg so lange hinziehen würde, bis die Herbstregen mit ihrem Gefolge von Krankheiten wiederkehrten. Diese Besorgniß schwand jetzt, und er hatte die Gewißheit, daß der Kampf heiß und kurz sein würde. Jakob’s Zelt war auf der Höhe von Donore aufgeschlagen und die Fahnen des Hauses Stuart und des Hauses Bourbon wehten nebeneinander herausfordernd auf den Wällen von Drogheda. Das ganze südliche Flußufer war mit den Lagerzelten und Batterien der feindlichen Armee bedeckt. Tausende von Kriegern bewegten sich durch die Zeltgassen und jeder Soldat, ob Reiter oder Infanterist, ob Franzos oder Irländer, hatte ein weißes Feldzeichen am Hut. Diese Farbe war aus Artigkeit gegen das Haus Bourbon gewählt worden. „Ich bin erfreut Euch zu sehen, Gentlemen,” sagte der König, als sein scharfes Auge die irischen Reihen überblickte. „Wenn Ihr mir jetzt entkommt, so ist es meine eigne Schuld.”171

Die Armee Jakob’s

Jeder der beiden einander feindlich gegenüberstehenden Fürsten hatte einige Vortheile über seinen Rivalen. Jakob hatte, in der Defensive, hinter Verschanzungen und mit einem Flusse vor sich, die stärkere Position;172 aber seine Truppen standen hinsichtlich der Anzahl wie der Brauchbarkeit denen seines Gegners nach. Er mochte über etwa dreißigtausend Mann zu verfügen haben. Ungefähr ein Drittel dieser Streitmacht bestand aus vortrefflicher französischer Infanterie und vortrefflicher irischer Cavallerie; der Rest seiner Armee aber war das Gespött von ganz Europa. Die irischen Dragoner waren schlecht; die irische Infanterie noch schlechter. Man sagte damals, ihre gewöhnliche Art zu fechten bestehe darin, daß sie ihre Gewehre einmal abfeuerten und dann mit dem Geheul „Pardon!” und „Mord!” davonliefen. Ihre Unbrauchbarkeit wurde damals von ihren Feinden wie von ihren Verbündeten allgemein natürlicher Feigheit Schuld gegeben. Wie ungegründet diese Beschuldigung war, ist seitdem durch viele Heldenthaten in allen Weltgegenden glänzend bewiesen worden. Es hätte in der That selbst im 17. Jahrhundert verständigen Männern wohl einleuchten können, daß ein Volk, das mit die beste Reiterei von der Welt lieferte, bei richtiger Ausbildung gewiß auch gute Fußsoldaten liefern würde. Der größte unserer Feldherren erklärte zu wiederholten Malen und ganz entschieden, daß selbst die herrliche Armee, die sich unter seinen Befehlen von Torres Vedras bis Toulouse durchschlug, binnen wenigen Wochen zu allen militärischen Zwecken untauglich geworden sein würde, wenn man ihr gestattet hätte, sich das Plündern anzugewöhnen. Was konnte man also wohl von Truppen erwarten, denen man vom ersten Tage ihres Eintritts in die Armee nicht nur erlaubt, sondern die man sogar aufgefordert hatte, sich für den geringen Sold durch Plündern zu entschädigen? Sie waren, wie es kaum anders sein konnte, ein bloßer Haufen Gesindel, zwar wüthend und lärmend in ihrem Eifer für die Sache, der sie sich geweiht hatten, aber unfähig einem wohlorganisirten Truppencorps beharrlichen Widerstand zu leisten. In der That, die Disciplin, wenn man es so nennen darf, der Armee Jakob’s hatte für den celtischen Kerne weiter nichts gethan als daß sie ihn erniedrigte und entnervte. Nach einem anderthalbjährigen nominellen Soldatendienste war er factisch noch eben so weit davon entfernt, ein Soldat zu sein, wie an dem Tage, da er seine Hütte mit dem Feldlager vertauschte.

Die Armee Wilhelm’s

Wilhelm hatte unter seinen Befehlen nahe an sechsunddreißigtausend Mann, die aus vieler Herren Länder stammten und vielerlei Sprachen redeten. Kaum eine einzige protestantische Kirche, kaum eine einzige protestantische Nation war nicht vertreten in dieser Armee, welche durch eine wunderbare Kette von Ereignissen dahin gebracht worden war, auf der entlegensten Insel des Westens für den protestantischen Glauben zu kämpfen. Ungefähr die Hälfte der Truppen waren geborene Engländer. Unter ihnen befand sich Ormond mit den Leibgarden und Oxford mit den Blauen. Sir Johann Lanier, ein Offizier, der sich auf dem Continent militärische Erfahrung erworben hatte und dessen kluge Umsicht hoch geschätzt wurde, stand an der Spitze des Reiterregiments der Königin, jetzt das elfte der Dragonergarden. Ferner war Beaumont’s Infanterie dabei, die sich Jakob’s Befehl zum Trotz geweigert hatte, irische Papisten in ihre Reihen aufzunehmen, und Hastings’ Infanterie, die an dem unglücklichen Tage von Killiecrankie den militärischen Ruf des sächsischen Stammes gerettet hatte. Ferner die beiden Tangerschen Bataillone, bis dahin nur durch Gewaltthätigkeiten und Räubereien bekannt, aber dazu bestimmt, am folgenden Morgen eine lange Ruhmeslaufbahn zu beginnen. Die schottischen Garden kämpften unter dem Commando ihres Landsmannes Jakob Douglas. Zwei schöne englische Regimenter, welche im Dienste der Generalstaaten gestanden und unter Wilhelm’s Anführung schon oft dem Tode ins Angesicht geblickt hatten, begleiteten ihn in diesem Feldzuge nicht nur als ihren General, sondern auch als ihren vaterländischen König. Sie heißen gegenwärtig das fünfte und sechste der Linie. Das erstere wurde von einem Offizier geführt, der nur geringe Kenntniß von den höheren Zweigen der Kriegswissenschaft hatte, den aber die ganze Armee als den Tapfersten der Tapferen anerkannte, von Johann Cutts. Unter den holländischen Truppen zeichneten sich Portland’s und Ginkell’s Reiter und Solms’ blaues Regiment, aus zweitausend Mann der schönsten Infanterie von Europa bestehend, namentlich aus. Deutschland hatte einige seinen vornehmsten Familien entsprossene Krieger ins Feld geschickt. Prinz Georg von Hessen-Darmstadt, ein tapferer Jüngling, der seine Lehrzeit in der Kriegskunst bestand, ritt zur Seite des Königs. Eine starke Brigade dänischer Söldlinge wurde vom Herzog Karl Friedrich von Würtemberg befehligt, einem nahen Verwandten des Oberhauptes seiner erlauchten Familie. Man sagte, daß die Irländer unter allen Soldaten Wilhelm’s diese an meisten fürchteten. Denn Jahrhunderte sächsischer Oberhoheit hatten die Erinnerung an die Gewaltthätigkeit und Grausamkeit der skandinavischen Seekönige nicht verwischt, und eine alte Prophezeiung, daß die Dänen dereinst die Kinder des Landes vernichten würden, wurde noch immer mit abergläubischem Entsetzen wiederholt.173 Unter den fremden Hülfstruppen befanden sich ein brandenburgisches und ein finnländisches Regiment. Doch in diesem großen, aus so verschiedenen Elementen zusammengesetzten Heere waren zwei Corps von einem ganz besonders wilden und unversöhnlichem Geiste beseelt: die französischen Hugenotten, welche nach dem Blute der Franzosen lechzten, und die irischen Engländer, die es nicht erwarten konnten, die eingeborenen Irländer niederzutreten. Die Reihen der Refugiés waren von Spionen und Verräthern wirksam gesäubert worden und bestanden aus Männern, wie sie im vorhergehenden Jahrhundert gegen die Macht des Hauses Valois und gegen das Genie des Hauses Lothringen gekämpft hatten. Alle furchtlosen Männer der unbesiegbaren Colonie hatten sich in Wilhelm’s Lager begeben; so Mitchelburne mit den hartnäckigen Vertheidigern Londonderry’s, und Wolseley mit den Kriegern, welche am Tage von Newton Butler einstimmig „Vorrücken” gerufen hatten. Sir Albert Conyngham, der Ahnherr der edlen Familie, deren Stammschloß jetzt auf den Boyne herniedersieht, hatte aus der Umgegend des Ernesees ein tapferes Dragonerregiment herbeigeführt, das noch heute stolz ist auf den Namen Enniskillen und das an den Ufern des Schwarzen Meeres bewiesen hat, daß es seit der Schlacht am Boyne noch nicht ausgeartet ist.174

160.London Gazette, June 19. 1690; History of the Wars in Ireland by an Officer in the Royal Army 1690; Villare Hibernicum, 1690; Story’s Impartial History, 1691; Historical Collections relating to the town of Belfast, 1817. Dieses Werk enthält interessante Auszüge aus Handschriften des 17. Jahrhunderts. Im Britischen Museum befindet sich ein Plan von Belfast vom Jahre 1685, der so genau ist, daß man die Häuser zählen kann.
161.Lauzun an Louvois, 16. (26.) Juni. Der Bote welcher Lauzun die Nachricht brachte, hatte die Kanonenschüsse gehört und die Freudenfeuer gesehen. History of the Wars in Ireland, by an Officer of the Royal Army, 1690; Life of James II. 392. Orig. Mem.; Burnet II. 47. Burnet irrt sich gewaltig, indem er sagt, Wilhelm sei bereits sechs Tage in Irland gewesen, ehe Jakob seine Ankunft erfahren habe.
162.A True and Perfect Journal of the Affairs of Ireland by a Person of Quality, 1690; King III. 18. Luttrell’s Proklamation findet man im Anhange zu King.
163.Villare Hibernicum, 1690.
164.Der Befehl an den Zolleinnehmer findet sich in Dr. Reid’s History of the Presbyterian Church in Ireland.
165.„La gayeté peinte sur son visage,” sagt Dumont, der ihn in Belfast sah, „nous fit tous espérer pour les heureux succès de la campagne.”
166.Story’s Impartial Account; MS. Journal of Colonel Bellingham; The Royal Diary.
167.Story’s Impartial Account.
168.Lauzun an Louvois, 23. Juni (3. Juli) 1690; Life of James, II. 393. Orig. Mem.
169.Story’s Impartial Account; Dumont MS.
170.Viele interessante Mittheilungen über das Schlachtfeld und dessen Umgebung findet man in Mr. Wilde’s trefflichem Werke, betitelt: The Beauties of the Boyne and Blackwater.
171.Memorandum von der Hand Alexander’s, Earl von Marchmont. Die Quelle seiner Mittheilungen war Lord Selkirk, der in Wilhelm’s Armee diente.
172.Jakob sagt (Life of James II. 393. Orig. Mem.) daß die ganze Gegend keine bessere Stellung dargeboten habe. King erzählte in einer Danksagungsrede, die er nach Beendigung des Feldzugs in Dublin hielt, seinen Zuhörern, daß „der Vortheil der Position der Irländer sich nach der Ansicht aller Sachkundigen, zu der der Engländer wie Drei zu Eins verhalten habe.” Siehe King’s Danksagungsrede, gehalten am 16. Nov. 1690 vor den Lords Justices. Dies ist ohne Zweifel eine absurde Uebertreibung. Aber Herr de la Hoguette, einer der vornehmsten französischen Offiziere, welche der Schlacht am Boyne beiwohnten, berichtete an Louvois, daß die irische Armee eine gute Defensivstellung einnehme. – Brief von La Hoguette aus Limerick vom 31. Juli (10. Aug.) 1690.
173.Narcissus Luttrell’s Diary, March 1690.
174.Siehe die Historical Records von den Regimentern der britischen Armee, und Story’s Liste der Armee Wilhelm’s, wie sie acht Tage vor der Schlacht bei Finglas die Revue passirte.