Czytaj książkę: «Verhasst», strona 4

Czcionka:

Ich versuchte zu Alex durchzudringen und berührte ihn an seiner Schulter, doch im Affekt schlug er mich von sich und ich spürte, wie meine Lippen unter der Wucht aufplatzten. Blut lief in meinen Mund und ich tastete verwirrt danach.

Alex stoppte dadurch und sah mich entsetzt an. Er wollte etwas sagen, doch Robert nutzte seine Abwesenheit und schlug hart zu, wodurch Alex zu Boden ging und röchelnd liegen blieb. Mein ehemals bester Freund trat noch zweimal voller Wucht zu, wodurch sich Alex zusammenkrümmte und immer wieder hustete.

„Merk dir das. Er ist es nicht wert, beschützt zu werden. Das nächste Mal kommst du nicht zu glimpflich davon.“ Robert spuckte auf den am Boden liegenden Jungen und ich spürte, wie ich mich schuldig fühlte. Warum hatte ich mich eingemischt? Das war doch nicht richtig gewesen. Nur wegen mir hatte Alex jetzt verloren.

Sofort robbte ich zu ihm und berührte ihn vorsichtig am Oberarm, wobei ich in sein schmerzverzerrtes Gesicht sah: „Es… es tut mir Leid.“

Ein quälendes Lächeln legte sich auf die Lippen meines neuen Freundes, wobei er erneut kurz hustete, weil er noch nicht schmerzfrei Luft bekam, doch dann winkte er ab: „Es war meine Entscheidung und irgendwer muss sich für dich einsetzten. Niemand sollte alleine auf weiter Flur stehen.“

Es war eine angenehme Wärme, die sich in meinem Inneren ausbreitete und Tränen in meine Augen trieb. Wie konnte man nur so aufopfernd sein? Alex kannte mich doch nicht einmal. Er hatte mich vorher nie bemerkt und jetzt prügelte er sich für mich. Warum tat er das?

„Komm, ich bring dich zu dir. Wir müssen uns um deine Verletzungen kümmern.“ Ich half ihm, sich aufzurichten und stützte ihn. Ich hatte wieder einen Freund. Einen richtigen Freund. Mein Herz machte Freudensprünge und überschlug sich eifrig. Immer wieder aufs Neue. Ich war einfach nur glücklich. Unsagbar glücklich…

Wir saßen auf seinem Bett, während ich seine Schrammen notdürftig versorgte. Darin hatte ich mittlerweile ein wenig Erfahrung, auch wenn es mir lieber wäre, dass es nicht so wäre, doch daran konnte ich jetzt nichts mehr ändern.

Immer wieder zog er scharf die Luft ein, wenn ich falsch an eine Stelle kam und ich entschuldigte mich auch immer dafür. Aber dann wurde es wieder still im Raum. Ich lauschte unseren Atem und versuchte so wenig Schmerzen wie möglich anzurichten. Schließlich mochte ich ihn und er war nur in dieser Lage, weil er sich für mich eingesetzt hatte. Da war es nicht fair, wenn ich ihn dafür bestrafte. Definitiv nicht.

„Du, Alex?“, unterbrach ich nach einer Weile die meditative Stille zwischen uns, wobei ich von seiner Seite nur ein kurzes Brummen bekam, was mich kurz schlucken ließ. Ich musste all meinen Mut sammeln, um die nächste Frage stellen zu können, obwohl ich eigentlich keine Angst haben müsste. Alex war auf meiner Seite. Er würde mir nichts tun, dennoch war die Furcht da, dass er mich von sich stoßen könnte.

„Warum hast du das getan?“ Meine Stimme zitterte und ich musste öfters die Wörter neu beginnen, doch als es draußen war, fühlte ich mich unendlich frei und entspannte mich ein wenig. Es tat gut, sich so zu fühlen.

„Na, um dich zu verteidigen.“ Er schien die Frage nicht zu verstehen, doch dadurch, dass der Knoten jetzt gelockert war, fiel es mir leichter weiter nachzubohren und nicht klein beizugeben: „Ja, das weiß ich doch. Aber warum tust du das? Ich war für dich eigentlich immer ein Fremder. An dem Tag, als ich auf dem Pausenhof lag, da kanntest du mich gar nicht. Dennoch bist du stehen geblieben. Das hat sonst niemand getan.“

„Ich habe halt einen starken Beschützerinstinkt.“ Er zuckte mit den Schultern und ich wünschte mir, dass ich es glauben könnte, doch irgendwie spürte ich, dass dort mehr war. Um so vieles mehr. Als er mich angesehen hatte, war es, als wäre es ihm bekannt und er ertrug diesen Anblick nicht.

„Ich glaube, dass da mehr dahinter steckt“, sprach ich dann meine Vermutung aus und erneut verspannte er sich. Ich hoffte, dass ich mit dieser Aussage nicht zu weit gegangen war. Schließlich hatte ich ihn gerade erst für mich gewinnen können und ich wollte ihn nicht sofort wieder verlieren. Das war nicht gut. Einfach nicht gut.

„Da täuschst du dich.“ Seine Stimme wurde bedrohlich leiser und ich stockte kurz. All die Wärme verschwand gerade und sein Körper verkrampfte sich vor mir. Was ging in seinem Kopf vor? Das konnte doch nicht sein Ernst sein? Er verheimlichte mir etwas. Irgendwas trieb ihn dazu mir zu helfen. Aber was?

„Warum reagierst du dann so angespannt?“, bohrte ich nach. Sah nicht das große, rote Stoppschild blinken und hörte auch kurz auf seine Wunden zu versorgen, um nachzusehen, ob ich überhaupt etwas übersehen hatte.

„Ich bin nicht angespannt.“ Ich sah, wie er zwanghaft versuchte sich zu entspannen, doch es misslang ihn. Seine Schultern blieben verkrampft und er presste auch seinen Kiefer aufeinander. Was beschäftigte ihn? Wieso handelte er so, wie er es tat? Warum konnte er es mir nicht sagen?

„Bist du sehr wohl?“ Ich tastete nach seinen Schultern und wollte sie ein wenig massieren, doch in diesem Moment schlug er mit einem „Fass mich nicht an“ meine Hände einfach weg. Er sprang förmlich Abstand nehmend von mir und funkelte mich an.

Ich sah das feuchte Glänzen in seinen Augen und spürte, dass ich zu weit gegangen bin, wodurch ich bedrückt meinen Kopf hängen ließ und auf meine Hände starrte: „Es… es tut mir Leid. Ich wollte dich nicht nerven.“

Ein Seufzer glitt über seine Lippen und hang wie ein dichter Nebel im Raum. War ich dabei meinen Freund schon wieder zu verlieren? Wie widerlich musste ich sein, dass es niemand mit mir lange aushielt? Was machte ich nur immer wieder falsch?

Nun spürte ich selbst die Tränen in meinen Augen, die ich verzweifelt runter schluckte und prophylaktisch über mein Gesicht mit meinem Ärmel strich. Ich wollte jetzt nicht vor Alex weinen. Ihm nicht zeigen, wie kaputt meine Seele von all dieser Tyrannei schon war. Nein, ich wollte einfach kein Mitleid von ihm.

„Es ist nicht wichtig, warum ich dir helfe. Das Einzige, was zählt, ist die Tatsache, dass ich es tue. Was bringt es dir, wenn du meine Motive kennst? Daran wird sich an der aktuellen Situation nicht viel ändern. Warum willst du es also unbedingt wissen?“ Ich spürte, wie er sich leicht auf dem Bett bewegte, und ich unterdrückte das Zittern, als ich die Trauer in seiner Stimme hörte.

„Ich würde dich besser verstehen“, flüsterte ich und hob erst jetzt meinen Blick wieder, um Alex anzusehen, wobei ich sah, dass ihm vereinzelte Tränen über die Wangen liefen. Was bewegte ihn? Dieser bodenlose Schmerz, der sich durch seine sonst so sanften Augen zog, tat mir in der Seele weh und ich wünschte mir, dass ich ihm irgendwie helfen konnte. Ihm irgendwie diese Trauer nehmen konnte.

„Das wirst du auch so. Du musst nicht alles von Anfang an wissen. Irgendwann wirst du es verstehen. Kommt Zeit, kommt Verständnis.“ Er lächelte mich über den Schmerz hinweg an und ich versuchte es zu erwidern.

Die Spannung zwischen uns löste sich langsam auf und ich wagte es wieder normal zu atmen. Mit dem festen Vorsatz, dass ich ihn nie wieder nach seinen Motiven fragen würde, entspannte ich mich. Wenn er der Meinung war, dass die Zeit gekommen war, dann würde er es mir schon erzählen. Da war ich mir mehr als sicher…

3. Kapitel

Ich loggte mich in das Forum ein und erkannte, dass man auf meine Begrüßung geantwortet hatte. Oft waren es einzelne Floskeln, die mich ebenfalls willkommen hießen und mir Mut zusprechen wollten. Doch andere fragten auch danach, wie es mir gerade ging und was mein Tag heute so bereithielt.

Ich entschloss mich mit kurzen Sätzen die letzte Situation zu beschreiben. Es tat gut sich all seine Gedanken einfach von der Seele zu schreiben. Sie irgendjemanden mitzuteilen, der sie auch lesen wollte. Der für mich da war und Interesse an allem zeigte, was irgendwie wichtig für mich war.

Nachdem ich meine Laster niedergeschrieben hatte, begann ich erneut ein wenig im Forum herum zu klicken. Las ein paar andere Vorstellung. Sie alle lasen sich irgendwie gleich. Es waren meist junge Männer in meinem Alter, die verzweifelt waren, weil man sie nicht mehr akzeptierte, wie sie waren. Manche hatten sich geoutet. Andere litten stumm für sich alleine.

Es legte sich schwer auf meine Seele, all dieses Leid zu sehen. Warum konnte die Welt uns einfach nicht akzeptieren? Was war daran nur so schwer? Wir taten doch niemanden weh und wenn wir es könnten, dann würden wir uns ändern. – Oh Gott, wenn ich es wirklich selbst in der Hand hätte, dann hätte ich mich niemals für diesen Weg entschieden. Nicht für diesen Schmerz. Das war nicht okay. Das war einfach nur grausam. So unendlich grausam.

Ich wollte gerade die Seite verlassen, als sich plötzlich ein Pop Up Fenster öffnete, den ich verwirrt musterte. Man hatte mir eine Private Nachricht geschickt und ich wurde gefragt, ob ich sie lesen möchte. Natürlich!

Sofort klickte ich drauf und schon sah ich die Nachricht vor meinen Augen: „Hallo Aijo, ich habe gerade deine Anmeldung gelesen und das, was dir heute so passiert ist. Erst einmal, bin ich echt froh, dass du so einen netten Menschen getroffen hast, der dir ein wenig zur Seite steht. So etwas ist nicht selbstverständlich, wie du bestimmt schon selbst bemerkt hast. Außerdem hat mich deine Art zu schreiben neugierig gemacht. Ich würde gerne mehr von dir wissen. Wie hast du dich geoutet? Bist du im Moment in jemanden verliebt? Warst du jemals in einen Jungen verliebt? Wie kamst du darauf, dass du schwul bist? Was haben deine Eltern dazu gesagt? Wissen sie es überhaupt schon? Ich hoffe, dass ich dich damit jetzt nicht ein wenig überfahren habe, aber ich bin halt ein sehr neugieriger Mensch. Grüße, Darkking.“

Irgendwie waren die Fragen mir gerade zu viel, wobei ich den Nick des jungen Mannes anstarrte. Er sah sich also als ein dunkler König oder fand den Klang des Namens einfach sehr schön. Doch das Profilbild zeigte eine männliche Animefigur, die auf einem Thron saß und eine schwarze Krone trug. Lässig hatte sie ein Bein angezogen und sah einen voller Überzeugung an, während sie das dunkle Zepter festhielt. Alles strahlte so viel Selbstbewusstsein aus, dass ich schon fast Angst vor dieser Person bekam.

Ich schluckte kurz und sah mich im Zimmer um. Seien wir mal ehrlich: Was hatte ich schon zu verlieren? Nirgends stand mein richtiger Name und unter meinem Nicknamen „Aijo“ konnte man mich auch nicht unbedingt finden, wodurch ich ruhig antworten konnte. Vielleicht konnte er mir ja doch irgendwie helfen.

„Hallo Darkking, danke, dass du dich für mich interessierst. Aber ich glaube, dass sich meine Geschichte nicht allzu stark von dem Rest unterscheidet. Ich habe mich vor einiger Zeit vor meinem besten Freund geoutet. Hatte gehofft, dass, wenn mich einer akzeptiert, er es sein würde und na ja, falsch gedacht, sag ich da nur. Ansonsten kann ich kaum etwas sagen. Meine ganze Klasse weiß es und wohl auch ein Großteil der Schule, weil besagter Freund damit hausieren ging und nun werde ich von jedem blöd angemacht und ausgegrenzt.“ Ich seufzte und ließ mich zurücksinken. Irgendwie tat es weh darüber zu schreiben, doch ich wollte nicht aufhören. Manche Wunden brauchten Luft um zu heilen.

„Meine Eltern wissen aber noch nichts und ich hoffe, dass dies auch noch eine Weile so bleiben wird, denn ich fürchte, dass mein Vater es nicht akzeptieren könnte. Er möchte gerne einen richtigen Mann als Sohn und keine Schwuchtel, wie er so gerne sagt. Ja, mein Leben klingt wirklich nicht leicht, aber ich hoffe, dass es irgendwann besser wird. Schließlich habe ich ja jetzt jemanden, der mir zur Seite steht. Darüber bin ich wirklich froh.“

Erneut musste ich leicht lächeln, als ich an Alex dachte, obwohl ich mich immer wieder in den stillen Minuten fragte, was auf seiner Seele lag, das ihn so traurig machte und seine Welt so sehr zerrüttelte. „Ich bin noch nie verliebt gewesen. Also, nicht so richtig. Doch Mädchen interessieren mich einfach gar nicht. Jungs finde ich da schon viel reizvoller. Alleine bei dem Gedanken, wenn ich über ihre Haut streichle, wird mir ganz anders. Einmal war ich mit einem Mädchen zusammen. Doch so wirklich wollte es nicht funktionieren. Ich hatte damals mehr Interesse an ihrem Bruder, als an ihr und irgendwann ging es auseinander. Ja, dann war es für mich eigentlich klar, als ich mich dabei erwischt hatte, mir vorzustellen ihn zu küssen und zu liebkosen, dass ich definitiv mehr von Jungs wollte, als von allen Mädchen zusammen.“

Noch einmal las ich mir seine Fragen durch und erkannte, dass ich eigentlich jede beantwortet hatte, wodurch ich schnell noch die Nachricht beendete. „Wie war das denn so bei dir? Bist du im Moment verliebt? Warst du schon mit einem Jungen zusammen? Würde mich auf eine Antwort freuen, Aijo.“

Dann schickte ich sie ab und schloss das Fenster. Klar, ich erkannte, dass Darkking noch online war, doch irgendwie hatte ich Angst vor der Antwort. Er war der erste Schwule, mit dem ich Kontakt aufnahm und das machte mich doch ein wenig nervös. Sehr nervös sogar. Was sollte ich tun? Wie würde ich reagieren, wenn das Interesse auf beiden Seiten mehr wurde?

Oh Gott, ich begann schon wieder damit die Welt zu zerdenken, wodurch ich mich dazu zwang, damit aufzuhören und mich dann einfach mit einer Partie Karten abzulenken versuchte, was jedoch nur halb so gut funktionierte, wie ich mir gerne gewünscht hätte…

„Morgen, Felix!“ Ein sanftes Lächeln lag auf den Lippen von Alex, als wir vor meinem Gartentor aufeinander trafen. Er hatte dort auf mich gewartet. So wie es ausgemacht gewesen war, weil wir gemeinsam in die Schule gehen wollten. Es tat gut ihn anzusehen und zu wissen, dass er mich mochte, wie ich war. Ich musste mich vor ihm nicht verstellen. Bei ihm konnte ich ich sein und das war unbeschreiblich befreiend.

„Morgen“, grüßte ich zurück und kniff mir kurz in den Arm, um festzustellen, dass dies kein Traum war. Ich hatte wirklich einen Freund, der mit mir gemeinsam in die Schule ging und mich mit einem Lächeln am Morgen begrüßte. Früher war dies Robert gewesen, aber nun hatte sich unsere Welt verändert. Er wollte nicht mehr mit mir gesehen werden. Nicht als Freund. Höchstens als Feind.

Du hast mein Leben ruiniert!

Ich schüttelte leicht den Kopf, als ich mich an seine letzten Worte erinnerte, die ich bis heute noch nicht begriff. Doch es war auch nicht wichtig. Ich war jetzt mit Alex hier und er mochte mich.

„Wie geht es dir?“, durchbrach mein Begleiter nach einer Weile die Stille, wobei ich kurz zusammen zuckte: „Ähm, gut. Und dir?“

„Auch. Wollen wir uns in der Pause treffen? Manchmal finde ich es blöd, dass wir nicht in der gleichen Klasse sind. Aber na ja, das kann sich ja irgendwann ändern.“ Seine Worte taten gut. Er sprach mit mir, ohne mich fertig zu machen. Er war hier und half mir durch diese Zeit. Und er schien es wirklich zu bereuen, dass wir nicht in der gleichen Klasse waren. Warum auch immer!

„Ja, wir können uns gerne treffen. Und mach dir keinen Kopf. Das hatten wir nie in der Hand“, versuchte ich ihm seine Schuldgefühle zu nehmen, wodurch ich erneut ein sanftes Lächeln bekam: „Wäre ich aber dort, dann könnte ich dich besser beschützen. Niemand sollte alleine auf weiter Flur stehen.“

„Mir hilft der Gedanke, dass es dich gibt.“ So war es wirklich. Alleine der Fakt, dass ich wusste, dass Alex da war und mir helfen würde, ließ mich mein Leben positiver sehen. Ich wusste, dass ich nicht alleine war. Er war bei mir und er würde mich nicht im Stich lassen.

Schließlich erreichten wir das Schulgelände, dessen Hof wir dann ruhig überquerten. Wir sprachen kein Wort und ich spürte, wie ich mich langsam anspannte, und auch, wie Alex sich auf einen Angriff vorbereitete.

Dieser kam: Robert trat mit ein paar Jungs aus unserer Klasse auf uns zu. Zwei von ihnen gingen einfach an uns vorbei, jedoch nicht ohne uns grob anzustoßen, worauf ich ein Knurren von Alex vernahm. Sein Körper spannte sich weiter an und die Zärtlichkeit war aus seinen Augen verschwunden. Dort war nur noch Kampfeslust.

„Seht mal, wer da ist.“ Robert lachte auf und spuckt vor unsere Füße. „Die Schwuchtel und sein schwuler Freund.“

„Robert, lass es“, versuchte ich ihn aufzuhalten, doch er ignorierte mich. Stattdessen drängte er sich zwischen mich und Alex, was ein erneutes Knurren von meinen Freund forderte und kurz suchte er meinen Blick. Erst als er ihn gefunden hatte, konzentrierte er sich wieder auf Robert: „Was willst du von mir?“

„Ich will dich zur Vernunft bringen. Was willst du von dieser schwulen Ratte? Er ist doch widerlich. Stell dir doch einmal vor, dass er sich bei dem Gedanken an dich einen runterholt. Das ist doch nur abartig!“ Die Worte von Robert taten weh. Noch nie hatte ich an irgendeinen bekannten Jungen dabei gedacht. Sie waren doch alle nicht mein Typ. Auch Alex war für mich nur ein Freund. Ich wollte doch nie mit ihm ins Bett.

„Felix ist ein netter Junge“, begehrte Alex sofort auf, doch er wurde prompt von Robert unterbrochen: „Was ist er? Dass ich nicht lache. Er ist eine Schwuchtel. Ja, er liebt Männer. Das ist unnatürlich. Einfach nur krank. Solche Menschen sollten endlich aussterben!“

Im nächsten Moment schien ein Schalter bei Alex umgelegt worden zu sein, wodurch er Robert grob anstieß und dieser unvorbereitet nach hinten zu Boden ging. Alex stand über ihn und spuckte ihm ins Gesicht: „Sag so etwas nie wieder!“

Dann griff er nach meiner Hand und eilte mit mir in Richtung Schuleingang. Ich versuchte zu verstehen, was gerade passiert war und ich spürte, wie es in Alex immer noch brodelte. Seine Gefühle waren außer Kontrolle geraten und ich wusste nicht, wie ich ihm helfen konnte.

„Alex? Ist alles in Ordnung? Du musst nicht-“ Ich konnte nicht zu Ende sprechen, denn er unterbrach mich scharf: „Sprich es nicht aus! Ich bin dein Freund, Felix! Das werde ich immer sein. Egal, was diese Idioten auch tun. Von mir aus können sie mich beschimpfen und verprügeln! Es ist mir einfach egal. Ich mag dich, Felix. Als Kumpel, okay? Darum zerbrich dir bitte nicht den Kopf. Was sie sagen, ist mir egal. Aber bitte, versprich mir, dass du lebst, okay? Bleib einfach nur am Leben, ja?“

Ich sah die Tränen in seinen Augen glänzen und ich wünschte mir, dass ich sie irgendwie daraus vertreiben konnte. Doch meine Kehle war wie zugeschnürt, wodurch ich nur kurz nickte. Stark und kräftig, was Alex lächeln ließ und er mich zum Weitergehen winkte. „Komm, wir müssen ins unsere Klassenzimmer.“

Ein komisches Gefühl wühlte in meinem Inneren und ich wünschte mir, dass ich ihn fragen konnte. Doch ich sah die einzelne Träne, die über seine Wange glitt und schnell von ihm weggewischt wurde. Diese Wunde war so tief und so schmerzhaft, dass ich es nicht wagte, mich ihr zu nähern. Sie eiterte wahrscheinlich und brach immer wieder auf. Wollte einfach nicht heilen. Und ich erkannte in diesem Moment, dass wir alle bluteten.

Der eine an einer anderen Stelle als der andere. Doch wir hatten alle unsere Wunden zu tragen. Und wir brauchten alle jemanden, der sie verarztete und heilen ließ. Ich wünschte mir, dass ich dieser Mensch für Alex werden könnte. Dass ich ihm helfen könnte, seine Wunden zu heilen. Ich wollte ihm beistehen. Er sollte wieder lächeln und sich freuen. Ja, und wenn ich das schaffte, indem ich am Leben blieb, dann würde ich versuchen, dies mit allen Mitteln zu schaffen…

Irgendwie hatte ich die ersten zwei Schulstunden überlebt. Ich hatte die Anfeindungen ignoriert und sämtliche Schikanen an mir abprallen lassen. Es war nicht einfach, denn manche Körperstellen schmerzten noch von den unsanften Berührungen, die man mir beiläufig zukommen ließ. Doch der Gedanke, dass ich Alex in der Pause sehen würde, verlieh mir Flügel und neuen Mut.

So packte ich sofort meine Sachen zusammen, als der Schulgong ertönte und wollte gerade das Zimmer verlassen, als sich mir drei Jungen in den Weg stellten. „Wo willst du denn hin, Felix?“

„Das kann euch egal sein. Lasst mich durch.“ Die Freundschaft zu Alex verlieh mir neue Kraft und vor allem den Mut mich endlich zu wehren und eben nicht alles mit mir machen zu lassen, wodurch ich kurz Überraschung in den Augen der drei Klassenkameraden sah, doch dann grinsten sie breit, während sich einer mir ein wenig näherte. „So? Warum denn auf einmal so mutig, Schwuchtel?“

„Ich brauche vor euch keine Angst zu haben. Ihr könnt mir gar nichts tun.“ Ich wusste, dass dieser Satz mehr Wunschdenken als Realität war, aber ich musste Stärke zeigen. Ich musste endlich damit anfangen, mich zu wehren, sonst würde ich dieser Grausamkeit nie entgehen können. Schließlich musste ich mir das nicht gefallen lassen. Ich konnte für meine Sexualität nichts.

„So? Können wir das nicht? Ich glaube, dass du darüber noch ein Mal nachdenken solltest.“ Das Grinsen auf den Lippen der Jungen wurde breiter und schließlich gingen sie aus den Weg. Ich verstand ihre Worte nicht, doch ich wollte jetzt auch nicht länger mit ihnen diskutieren. Die Pause würde schneller zu ende sein, als ich mir wünschte und ich wollte noch ein wenig Zeit mit Alex verbringen.

Dadurch lief ich an ihnen vorbei aus den Raum und schlug sofort den Weg zu unseren Treffpunkt an, doch als ich dort ankam, stockte mein Atem, denn ich sah Alex, wie er zusammen gekrümmt auf den Boden lag.

„Alex?!“ Ich eilte zu ihm und kniete mich zu ihm herunter. Er hielt sich krampfhaft den Bauch und sein Leib zitterte unter den Schmerzen, wodurch ich mich nicht traute, ihn zu berühren. Was war geschehen? Wer hatte das getan?

„Alex?“ Ich hoffte, dass er antwortete, doch anstatt mit Worten zu reagieren, legte er seine Hand auf mein Bein und drückte leicht zu, während er kurz hustete und ein wenig Blut über seine Lippe trat, die aufgeplatzt war.

„Wer war das?“, fragte ich ihn, obwohl ich die Antwort nicht hören wollte, denn eigentlich kannte ich sie schon. Aber ich wünschte mir, dass er etwas anderes sagen würde. Nur irgendwas anderes. Irgendetwas, was mir zeigte, dass es nicht meine Schuld war, dass er nun hier lag und litt.

„Robert.“ Mein Gefühl sagte mir, dass er mehr sagen wollte, doch er stockte und sein Körper verkrampfte sich erneut, wobei ich weiter hilflos neben ihm sitzen blieb. Es war das passiert, wovor ich immer Angst gehabt hatte. Robert nahm mir alles, was mir wichtig war. Er würde es nicht zulassen, dass ich Freunde hatte, die mich unterstützten. Niemals.

„Bleib ruhig, ich hole die Krankenschwester“, versuchte ich ihn zu beruhigen und richtete mich auf, um dann davonzueilen. Ich musste weg und dieses Bild vergessen. Ja, es war meine Schuld, dass Alex jetzt litt. Nur ich trug die Verantwortung für seine Schmerzen. Solange ich bei ihm blieb, würde er leiden. Unsere Freundschaft war kurz und schön gewesen, aber wenn mir Alex etwas bedeutete, dann musste ich ihn alleine lassen. Er durfte mir nicht zu nahe kommen. Nein, er durfte nicht wegen mir leiden.

Ich kam ins Krankenzimmer der Schule und sagte der Dame Bescheid, wodurch diese sofort los eilte, doch ich blieb zurück. Meine Entscheidung war gefallen. Ich würde Alex aus dem Weg gehen. Es war besser für mich und für ihn. So würden wir beide überleben. Und selbst wenn ich starb. Das wäre besser als er.

Denn er wollte nur helfen und sollte dafür nicht bestraft werden. Es war nicht richtig, dass er nun dort lag und litt. Eigentlich sollte ich es sein, der sich vor Schmerzen auf den Boden krümmte. Ich war derjenige, den sie alle hassten und nicht Alex. Sie sollten endlich mich wieder hassen. Mich alleine. Denn für mich hatten sie wenigstens einen Grund…

Erneut saß ich in meinem Zimmer und starrte auf den Bildschirm. Ich war wieder in diesem Forum. Der einzige Ort, wo meine Ängste verstanden wurden und so hoffte ich, dass auch jetzt einige tröstende Worte ihren Weg zu mir finden würden.

Ich hatte in meinem Thread über die Prügel, die Alex hatte hinnehmen müssen, geschrieben und schon ein paar User hatten geantwortet. Sie kannten von sich selbst, dass die Menschen, die auf ihrer Seite standen, mitleiden mussten. Doch sie alle hatten keine Lösung für mich.

Ihre Ratschläge halfen mir nicht wirklich, die Angst zu verlieren. Immer wieder schrieben sie, dass ich mit Alex reden und klären sollte, ob er die Freundschaft unter diesen Umständen noch aufrecht halten wollte.

Doch ich hatte solche Angst vor der Antwort darauf. Was sollte ich tun, wenn er mich auch von sich stieß? Es war doch um einiges einfacher, selbst auf Abstand zu gehen und im Hinterkopf zu haben, dass er für mich da wäre, wenn ich es nur zulassen würde. Ja, das war doch um so vieles einfacher hinzunehmen.

Ich seufzte schwer und spürte wie sich erneut die Tränen in meine Augen schlichen. Nein, ich wollte jetzt nicht weinen. Das war nicht richtig. Ja, vielleicht wirkte mein Leben jetzt aussichtslos und hoffnungslos, aber ich durfte nicht aufgeben. Ich musste irgendwie weiterleben. Denn erst wenn ich gestorben war, hätten sie gewonnen. Und diesen Sieg wollte ich ihnen nicht gönnen.

Eigentlich wollte ich gerade das Internetfenster schließen, als erneut der Pop Up erschien und ich die Nachricht von Darkking öffnete:

„Hallo Aijo, ich habe gerade deinen neuen Beitrag gelesen und wollte fragen, ob es dir wirklich gut geht. Ja, ich kann mir vorstellen, dass in dir Schuldgefühle gerade am Explodieren sind und du dich fragst, wie du jetzt handeln solltest. Und auch wenn die Angst bleibt und alles in dir danach schreit, dass du Abstand zu diesem Jungen nimmst, solltest du den Kontakt halten. Denn ein Mensch, der hinter einen steht, ist fast so wichtig wie die Luft zum Atmen. Wir sind nicht dafür gemacht, um alleine auf weiter Flur zu stehen. Nur der Gedanke, dass es jemanden gibt, der für uns da ist, wenn wir Hilfe brauchen, verleiht uns eine kostbare Kraft. Du solltest den Kopf nicht hängen lassen und selbst wenn er sich jetzt von dir abwenden sollte. Ich werde dir immer zuhören. LG Darkking.“

Seine Nachrichten gaben mir Kraft und ich wünschte mir, dass er näher wäre. Er würde mir so viel Halt geben, doch auch das, was er nur durch seine Worte erreichte, war mehr, als Alex jemals schaffte. Denn er verstand mich einfach, weil er das Alles schon selbst erlebt hatte.

Ich wollte ihm gerade antworten, als die Tür zu meinem Zimmer plötzlich aufgerissen wurde. Irritiert wandte ich mich um und sah in das zornige Gesicht von Robert. Ich verstand nicht, wie er hier hereinkam und warum er überhaupt gekommen war, doch im nächsten Moment war er bei mir und packte mich grob an meinem Kragen.

So viel Wut und Hass schlug mir aus seinen Augen entgegen. Seine Faust war geballt und bereit mich zu schlagen. Ich wusste nicht, warum er hier war. Was versprach er sich davon? Wollte er mich denn nicht eigentlich nie wiedersehen?

„Robert? Was willst du hier?“, fand ich als erster meine Stimme wieder und ich hörte das zornige Grunzen, bevor er mich einfach von sich stieß und ich das Holz meines Schreibtisches in meinem Rücken spürte.

„Ich bin hier um dir zu erklären, was dir dein Leben noch bereithält. Du wirst nie wieder glücklich werden. Ja, du sollst leiden, Felix.“ Seine Stimme war gesenkt und messerscharf. Sie schnitt die Worte in meine Gedanken und ich wünschte mir, dass ich nichts mehr hören musste. Nein, ich wollte diesen Zorn nicht mehr wahrnehmen. Er sollte endlich verschwinden.

„Warum?“ Dieses eine Wort war so voller Verzweiflung und ich wünschte mir, dass Robert endlich erkannte, was er tat. Doch auf seine Lippen trat ein hämisches Grinsen, als er sich meinem Gesicht näherte. „Weil du es nicht anders verdient hast. Du bist krank und widerlich. Niemand wird dich jemals lieben und dein Leben wird nie wieder ganz werden. Es wird der Trümmerhaufen bleiben, den du gerade vor dir siehst. Ich werde dir jeden Menschen, der dir beisteht, wegnehmen. Du wirst alleine bleiben. Für immer.“

„Robert, bitte.“ Ich wollte noch mehr sagen, doch erneut lachte er nur ekelhaft auf und ich spürte, wie mein Körper zu zittern begann. „Nichts, Robert bitte. Ich bin nicht mehr dein Freund. Wann begreifst du es endlich? Wir sind von nun an Feinde. Und ich werde alles tun, damit du nie wieder glücklich wirst. Hast du verstanden? Du wirst kein Glück mehr empfangen. Genauso wie all die Menschen, die dir helfen wollen. Du hast es nicht verdient fröhlich zu sein. Nicht so ein krankes Schwein wie du.“

Erneut waren dort die Tränen, als sich seine Worte wie heißer Stahl in meine Seele brannten. Warum sagte er das zu mir? Wieso kam er deswegen extra zu mir? Was hatte ich getan, dass er mich so sehr hasste?

„Wieso hasst du mich so sehr?“, stellte ich die Frage, die mich schon immer beschäftigte. Robert lachte darauf nur auf und schüttelte den Kopf. „Du verstehst es einfach nicht. Nein, du bist zu egoistisch, um zu erkennen, was du anderen mit deinen Taten antust. Und darum wirst du leiden, Felix. Du hast mein Leben zerstört. Ich verlange nur Vergeltung. Du hast die Wahl zwischen dem Freitod und der Einsamkeit. Was wirst du wählen?“

Ich sah meinen ehemals besten Freund an und versuchte zu verstehen, was er mir gerade gesagt hatte. Die Erinnerungen an den Traum kamen zurück und ich hatte das Gefühl das kalte Metall in meinen Fingern zu spüren. Nein, ich wollte nicht sterben. Ich hatte mich doch gerade erst für das Leben entschieden. Denn nur wenn man am Leben blieb, konnte es besser werden. Tod war Stillstand und Endgültigkeit. Das wollte ich nicht. Niemals.

„Ich habe dein Leben nicht zerstört und ich werde mich bestimmt nicht umbringen. Denn ich habe nichts Falsches getan“, begehrte ich auf und sah, wie sich der Körper von Robert anspannte, bevor er seine Faust auf die Lehne meines Stuhles niedersausen ließ.

Er funkelte mich an. So voller Hass und Abscheu. Ich verstand nicht, woher diese Gefühle kamen. Schließlich hatte ich nichts getan, was sie ausgelöst haben könnte. Nein, ich habe ihm vertraut und ihm mein größtes Geheimnis anvertraut. Das war in meinen Augen eine nachvollziehbare Handlung. Wem sollte ich denn mehr vertrauen, als meinem besten Freund, der mich eigentlich so akzeptierte, wie ich war, und deswegen an meiner Seite war? Doch ich hatte mich geirrt. Das zeigten mir seine Augen, die mich immer wieder zerrissen und so voller Zorn anstarrten.

Darmowy fragment się skończył.

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