Your King

Tekst
Z serii: Your #2
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Your King
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Sarah Glicker

Your King

Laura & Taylor

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Sarah Glicker

Prolog

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

Impressum neobooks

Sarah Glicker

Your King

Laura & Taylor

Sarah Weber

Alter Postweg 31a

48477 Hörstel

Copyright by Sarah Weber

Alle Rechte vorbehalten!

Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der offiziellen schriftlichen Genehmigung der Autorin!

Prolog

Wie ich an diesen Job gekommen bin? Oder besser gesagt diesen Aufgabenbereich?

Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Irgendwann hatte ich ihn einfach.

Cody, mein älterer Bruder, hat schon vor einer Weile den größten Teil der Geschäfte unserer Familie übernommen und mich gebeten, dass ich mich darum kümmere, da er schlecht überall seine Augen und Ohren haben kann. Ich habe ihm diesen Wunsch gerne erfüllt.

Auf diese Weise kann ich ihn unterstützen und habe genug Freiraum, sodass ich ihm oder unserem Vater nicht ständig Rede und Antwort stehen muss.

„Wir brauchen Frauen“, verkündet einer der Männer, die aufpassen, dass hier nichts passiert, wenn ich nicht da bin.

Mit einem aufmerksamen Blick beobachtet er mich.

„Was meinst du damit?“

Ich weiß, was er damit meint, allerdings will ich, dass er genauer wird. Ich hasse es, wenn ich allen jedes Wort aus der Nase ziehen muss. Und das ist auch jedem bewusst, der sich in meiner Nähe befindet.

„Es sind in den letzten Wochen immer mehr Besucher geworden. Frustrierte Ehemänner, alte Knacker, die eigentlich eh keinen mehr hochkriegen“, erklärt er und grinst mich frech an. „Aufgrund dessen haben einige Frauen auch hingeschmissen, zumindest gehe ich davon aus. Die meisten Männer behandeln sie wie Dreck. Ich kann das nachvollziehen, doch es hat uns auch vor ein Problem gestellt.“

Er braucht es nicht auszusprechen, ich weiß es auch so. Für viele Frauen ist dieses Geschäft nichts. Sie fangen damit an, weil sie Geldprobleme haben und oft auch ihre Kinder ernähren müssen, weil ihre Männer arbeitslos geworden sind und die Familie nicht mehr ernähren können. Genauso ist mir bewusst, dass die meisten ihre Männer anlügen und ihnen sagen, sie hätten irgendwo einen gut bezahlten Putzjob.

Und sind wir doch mal ehrlich, diese Männer haben keine Ahnung, wie es im Leben läuft. Denn das, was sie hier verdienen, würden sie bei keinem Putzjob bekommen.

Doch schnell merken sie, dass sie mit diesen Dingen nichts zu tun haben wollen und suchen sich eine andere Stelle.

Dennoch kann ich mir nun auch ein Seufzen nicht verkneifen. Aus Erfahrung weiß ich nämlich, dass es nicht einfach ist, neue Frauen zu finden, die bereit sind, diesen Job zu machen.

Sie verdienen nicht wenig, was ein Anreiz ist. Daher ist es oft auch der Fall, dass sie wieder aufhören, sobald sie ihre Schulden abbezahlt haben und sich wieder auf dem Weg nach oben befinden. Oft passiert es auch, dass sie früher oder später hier wieder stehen, aber das ist eine andere Geschichte, mit der ich mich jetzt eindeutig nicht beschäftigen will.

„Es werden bald neue kommen“, erkläre ich, als ich wieder an die Worte meines Vaters denke.

Heute Morgen hatte er mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass er einen sehr lukrativen Deal eingegangen ist. Wie genau der aussieht, wollte er mir nicht sagen und ich gebe zu, dass ich auch nicht so genau nachgefragt habe. Allerdings hat er mir auf diese Art die Arbeit abgenommen, dass ich mich selber auf die Suche machen muss. Und damit hat er mir auch eine Menge Zeit gespart.

Wissend sieht der Türsteher mich an. Er arbeitet schon seit Jahren für meine Familie und auch sein Vater hat das früher getan. Daher weiß er genau, was ich damit meine. Allerdings sagt er nichts, doch ich bin mir sicher, dass er sich seinen Teil denkt.

„Dann hoffe ich mal, dass es nicht zu lange dauert“, ist sein einziger Kommentar, bevor er an mir vorbeigeht und mich in meinem Büro alleine lässt.

Ich schätze seine Meinung und seine Arbeit. Er gehört zu den Männern in diesen Läden, auf die ich mich immer verlassen kann. Er würde nichts für sich behalten, nur um etwas besser dastehen zu lassen, als es eigentlich ist. Nein, er sagt jedem seine Meinung und macht sich damit nicht immer beliebt. Doch meistens interessiert es ihn nicht. Um genau zu sein habe ich es bis jetzt noch kein einziges Mal erlebt, dass es ihn interessiert hat.

Ein merkwürdiges Gefühl macht sich in mir breit, als ich an die Lieferung neuer Frauen denke, die in wenigen Tagen hier ankommen soll. Es ist nicht das erste Mal, dass ich mich darum kümmere. Doch dieses Mal kommt es mir so vor, als wäre es anders.

Ich kann es nicht genau beschreiben, doch das Gefühl ist da und lässt mich auch nicht mehr los. Und für gewöhnlich kann ich mich darauf verlassen.

1

Taylor

Immer wieder lasse ich ohne Unterbrechung die Fäuste auf die Schoner meines Bruders niederprasseln und reagiere mich so ab. Wie immer habe ich überschüssige Energie, die ich dringend loswerden muss. Und wie immer gibt es keinen besseren Weg für mich, als mit meinen Brüdern zu trainieren.

„Welche Laus ist dir denn über den Weg gelaufen?“, erkundigt sich Brad, als ich eine Pause einlege.

Schwer atmend stehe ich vor ihm und versuche meinen Herzschlag wieder zu beruhigen. Doch so leicht ist das nicht. Die letzten zehn Minuten habe ich ohne Unterbrechung auf ihn eingeschlagen und eingetreten.

Auch wenn ich ihn nicht ansehe, weiß ich dennoch, dass er mich aufmerksam betrachtet. Am liebsten würde ich die Augen verdrehen, doch das kann ich gerade noch verhindern. Es würde nur ein paar Kommentare nach sich ziehen, mit denen ich mich jetzt eindeutig nicht beschäftigen will.

Um genau zu sein weiß ich überhaupt nicht, ob ich das überhaupt irgendwann will.

„Wie kommst du darauf, dass etwas passiert ist?“, frage ich ihn stattdessen und hoffe, dass ich so das Thema wechseln kann.

Einige Sekunden beobachte ich ihn aus dem Augenwinkel, wie er mich einfach nur ansieht. Als ich mich nun doch in seine Richtung drehe, erkenne ich, dass er sich gerade noch so ein Lachen verkneifen kann. Die Fältchen, die sich um seinen Mund und seine Augen gebildet haben, verraten ihn eindeutig.

„Ich kenne dich. Daher weiß ich, dass du beim Training nur so abgehst, wenn etwas passiert ist. Also brauchst du gar nicht versuchen, dich herauszureden. Wie läuft es mit deinem Studium.“

„Habe ich abgebrochen.“

Brad bekommt große Augen und sein Mund öffnet sich ein Stück. Ich weiß, dass er normalerweise nie sprachlos ist. Doch gerade ist anscheinend genau das der Fall.

„Wann?“, bringt er schließlich heraus, als er wieder in der Lage ist, etwas von sich zu geben. Gleichzeitig höre ich die Überraschung in seiner Stimme.

Das kann ich verstehen. An seiner Stelle würde es mir auch so gehen. Doch ich gehe nicht näher darauf ein, da es eh nichts bringen würde. Ich wollte dieses Studium, doch vor ungefähr einem halben Jahr bin ich morgens aufgestanden und hatte das Gefühl, als würde ich in eine falsche Richtung laufen.

 

„Schon von ein paar Monaten“, antworte ich also.

Ich zucke mit den Schultern und signalisiere ihm so, dass es keine große Sache für mich ist. Und das ist es auch wirklich nicht. Doch in den letzten Monaten sind einige Dinge geschehen, die dafür gesorgt haben, dass ich noch einmal darüber nachgedacht habe. Dabei bin ich zu dem Schluss gekommen, dass meine Familie mich braucht.

Ich habe zwar immer noch kein Interesse daran, dennoch ist es meine Familie und die kann ich nicht einfach im Stich lassen.

Und was soll ich sagen? Ich gehöre zu den Männern, die sofort handeln.

„Ich kann es nicht glauben“ erklärt er wieder und scheint ungläubig zu sein.

Noch immer steht er vor mir und scheint darüber nachzudenken, was er sagen soll. Doch weit kommt er nicht.

„Was kannst du nicht glauben?“, ertönt in der nächsten Sekunde die Stimme unseres älteren Bruders Cody von der Tür.

Neugierig drehe ich mich zu ihm und erkenne, dass er sich im Rahmen angelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt hat. Aufmerksam betrachtet er uns, als würde er so herausfinden wollen, worüber wir uns unterhalten.

„Unser Superstudent hat sein Studium aufgegeben“, verkündet Brad und grinst dabei von einem Ohr bis zum anderen.

Einen Moment sieht unser Bruder uns abwechselnd an. Doch dann stößt er sich von dem Türrahmen ab und kommt langsam auf uns zu.

„Du hast aufgegeben?“

Mit hochgezogenen Augenbrauen sehe ich ihn an.

„Jetzt fang´ du nicht auch noch an“, seufze ich.

Ich fahre mir über das Gesicht und hoffe, dass sie den Wink mit dem Zaunpfahl verstehen und mich damit in Ruhe lassen. Allerdings kenne ich meine Brüder und weiß daher, dass sie das sicherlich nicht machen werden.

„Womit? Ich interessiere mich nur für den Grund.“

Mit einem unschuldigen Gesichtsausdruck sieht er mich an. Doch ich kenne Cody gut genug um zu wissen, dass er das eindeutig nicht ist.

„Es gibt keinen Grund. Es hat sich einfach nicht mehr richtig angefühlt.“

Ich knurre die Worte mehr, als das ich sie wirklich ausspreche. Meine Brüder lassen mich dabei keine Sekunde aus den Augen. Ich erkenne das vergnügte Funkeln in ihren Augen und würde mich am liebsten auf sie stürzen. Und wenn ich ihre Gesten richtig deute, wissen sie das auch.

„Es hat sich also nicht mehr richtig angefühlt.“

Seine Worte sorgen dafür, dass es nicht mehr lange dauert, bis mir die Hutschnur platzt. Wütend sehe ich ihn an.

„Bist du ein verdammter Papagei?“, frage ich ihn mit angespannten Muskeln.

Cody antwortet nicht, sondern lacht nur.

„Seit wann bist du so empfindlich? Ich ziehe dich doch nur ein wenig auf. Die Hauptsache ist, dass es dir damit gut geht. Aber vielleicht willst du es mir trotzdem irgendwann verraten.“

„Es gab dafür keinen Grund. Auf jeden Fall keinen großen. Nach dem ganzen Drama mit Rachel war es einfach nicht mehr das Richtige. Ich habe das vorher schon gedacht. Aber man kann sagen, dass ich mir danach sicher war.“

Ich zucke mit den Schultern. Meine Brüder sehen sich an, als würden sie etwas sagen wollen. Doch dieses Mal komme ich ihnen zuvor.

„Wie waren eure Flitterwochen?“, erkundige ich mich stattdessen.

„Such dir ein Mädchen, heirate sie und fahr mit ihr in den Urlaub. Dann wirst du wissen, wie Flitterwochen sind“, erwidert Cody grinsend.

„Später vielleicht, jetzt muss ich mich erstmal um die neuen Mädchen für den Club kümmern, die heute Abend ankommen“, verkünde ich genervt.

„Weißt du, es gibt Momente, da bin ich froh, dass du angeboten hast, dich um die Läden zu kümmern. Ich hätte keine Lust dazu. Ganz davon abgesehen bin ich mir sicher, dass Rachel auch nicht begeistert davon wäre.“

Nun verzieht Cody das Gesicht, sodass Brad und ich lachen müssen.

„So ist das, wenn man verheiratet ist. Die Frauen haben uns an der kurzen Leine und bestimmen unser Leben. Das ist der Grund, wieso ich niemals eine feste Beziehung eingehen werde“, erklärt Brad.

„Ich bin mir sicher, dass es da draußen auch keine Frau geben wird, die es mit dir aushält“, verkünde ich nun.

„Eigentlich bin ich relativ pflegeleicht.“

Mit diesen Worten schlägt er mir auf die Schulter, wirft Cody die Boxhandschuhe zu und verschwindet dann.

„Irgendwann wird Brad ganz schön auf seinem Arsch landen“, verkündet Cody nun lachend.

Ich hingegen sehe ihm nachdenklich nach. Brad hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass eine feste Beziehung nichts für ihn ist.

„Nun aber zu einem anderen Thema. Wo kommen die neuen Frauen her?“, reizt Cody mich aus meinen Gedanken.

„Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Dad hat sie besorgt. Er ist irgendeinen Deal eingegangen. Wenn du genaueres wissen willst, wirst du ihn fragen müssen. Mir hat er nämlich nichts gesagt.“

Ich zucke mit den Schultern und zeige ihm so, dass ich wirklich keine Ahnung habe.

„Oh Mann. Ich muss dringend mit ihm sprechen. Auf der einen Seite will er, dass ich langsam alles übernehme und dann geht er ein Geschäft ein, ohne es mir vorher zu sagen. So funktioniert das nicht.“

Ich sehe Cody an, dass er nicht glücklich darüber ist. Doch das wäre ich auch nicht. Allerdings bin ich froh darüber, dass ich nicht diese Unterhaltung mit unserem Vater führen muss.

„Das ist deine Baustelle. Ich habe meine eigenen.“

„Und wahrscheinlich ist es besser, wenn ich das jetzt mache. Wir sehen uns morgen, dann können wir über alles sprechen.“

Mit diesen Worten verschwindet auch er, bevor ich noch etwas sagen kann. Auch ich beschließe, dass es an der Zeit ist, duschen zu gehen und mich dann auf den Weg zu machen. Schließlich will ich nicht zu spät kommen.

2

Laura

Als ich in dem Bus sitze, der mich zum Flughafen bringen soll, habe ich die Nervosität, die mich schon seit ein paar Tagen fest im Griff hat, nicht mehr unter Kontrolle. Mein Herz rast wie verrückt, sodass es mir vorkommt, als würde ich gleich ohnmächtig werden. Mir ist schlecht, weswegen ich schon seit einer Ewigkeit nichts mehr gegessen habe. Würde ich es tun, würde es wahrscheinlich eh nicht drin bleiben. Daher spare ich es mir.

In den letzten Tagen konnte ich all das irgendwie ignorieren. Ich habe mir jedes Mal den Grund dafür vor Augen gehalten, wieso ich diesen Schritt gehe. Es hat sich richtig angefühlt und das tut es noch immer.

Aber eigentlich ist es auch egal, denn eine andere Wahl hatte ich nicht. Bis zur letzten Minute habe ich versucht, einen Ausweg zu finden, doch alles ging nach hinten los.

Und auch jetzt denke ich wieder darüber nach, wieso es so weit gekommen ist. Die Wahrheit sieht allerdings so aus, dass ich mir nicht mehr sicher bin, ob ich es wirklich schaffe.

Ich habe Angst vor dem, was mich erwartet. In gewisser Weise kann ich es mir bereits vorstellen und sorgt dafür, dass meine Angst noch größer wird. Ich war noch nie eine sonderlich starke Person. Das bin ich auch jetzt nicht. Doch für meine Familie muss ich es sein. Nur deswegen habe ich mich dazu entschieden.

Als ich am Flughafen ankomme, dauert es nicht lange, bis ich feststelle, dass ich nicht die einzige Frau bin, die diesen Schritt gegangen ist. Ich habe keine Ahnung, welche Beweggründe die anderen Frauen haben, dass sie sich darauf einlassen. Doch es ist mir auch egal.

Ich habe meine eigenen Probleme, mit denen ich mich auseinandersetzen muss. Vor allem muss ich meinen eigenen Weg finden, um das nicht zu sehr an mich heranzulassen.

Bevor ich mich auf den Weg gemacht habe, habe ich meinen Eltern noch einen kurzen Brief geschrieben. Unter anderem habe ich ihnen mitgeteilt, dass sie sich keine Sorgen um mich machen müssen und ich irgendwann wieder nach Hause kommen werde. Doch vorher muss ich mich darum kümmern, dass meine schlimmsten Befürchtungen nicht eintreten, was ich jedoch für mich behalten habe.

Während des Fluges denke ich die ganze Zeit darüber nach, ob ich nicht doch einen Fehler gemacht habe. Doch nun sitze ich in der Maschine und befinde mich auf dem Weg in die USA, wo ich die nächsten Jahre leben werde, und kann dem nicht mehr entkommen.

Als wir dort ankommen, werden ich und ein paar andere Frauen, die mir vorher nicht aufgefallen sind, direkt von den anderen Passagieren getrennt. Ein paar Männer, die so aussehen, als wären sie Serienmörder, führen uns zu zwei Geländewagen, die auf der Landebahn stehen.

„Euer Gepäck befindet sich schon in den Autos“, verkündet nun einer von ihnen und sorgt dafür, dass mir eine Gänsehaut über den Körper fährt.

Seine Stimme ist gefährlich und passt perfekt zu seinem Äußeren. Erst in diesem Moment wird mir bewusst, in welche Gefahr ich mich selber gebracht habe. Diese Feststellung trägt nicht unbedingt dazu bei, dass es mir besser geht. Es ist eher das genaue Gegenteil der Fall.

Mein Körper zittert so sehr, dass ich es nicht mehr für mich behalten kann, als ich in den Wagen steige. Ich sitze in der Mitte zwischen zwei Frauen, die leise weinen, doch das werde ich nicht. Ich nehme mir vor, dass ich mich so lange zurückhalten werde, bis ich alleine bin. Auch wenn ich weiß, dass das noch eine Weile dauern wird, so will ich es jetzt einfach nicht.

„Wo bringen Sie uns hin?“, fragt nun eine von ihnen mit von Tränen erstickter Stimme.

Für einige Sekunden dreht sich der Beifahrer für einige Sekunden zu uns um. Mit einem aufmerksamen Blick betrachtet er jede von uns. Als er mich ansieht, hört mein Herz auf zu schlagen. Auch wenn es nur einige Sekunden sind, kommt es mir wie eine Ewigkeit vor. Als er sich endlich wieder nach vorne dreht, kann ich nicht verhindern, dass ich leise ausatme.

„Wir werden euch an einen Ort bringen, an dem ihr zu euren neuen Besitzern übergeben werdet“, stellt er nur fest.

Besitzer?, denke ich, während ich darauf warte, dass er noch etwas von sich gibt.

Doch er schweigt und geht nicht näher darauf ein.

Während der nächsten Stunde versuche ich meine Angst so gut es geht unter Kontrolle zu behalten. Ich setze mich auf meine Hände, damit niemand das Zittern bemerkt.

Doch mir ist bewusst, dass ich kurz davor stehe, das Bewusstsein zu verlieren. Und das nur aus dem Grund, weil ich nicht mehr in der Lage bin, richtig zu atmen.

3

Taylor

Ich bin ein paar Minuten zu früh, als ich an dem vereinbarten Treffpunkt mitten in der Nacht ankomme. Allerdings nur, weil ich keine Ahnung hatte, wo ich hin muss.

In den letzten Jahren habe ich es gehasst, mir auf diese Weise neue Frauen zu besorgen, die in den Clubs arbeiten. Ja, leider sind solche Aktionen von meinem Vater schon öfter vorgekommen. Und immer war ich derjenige, der losgefahren ist. Nun bin ich es jedoch, weil ich die Führung der Clubs vor einigen Monaten übernommen habe und es meine Aufgabe ist.

Gelangweilt stehe ich nun neben meinem Wagen und habe die Arme vor der Brust verschränkt. Ich beobachte die anderen Männer, die ebenfalls gekommen sind, dabei, wie sie sich unterhalten. Bis auf zwei kenne ich allen von ihnen und weiß aus Erfahrung, dass sie nichts Interessantes zu berichten haben.

Am Anfang hatten sie noch versucht, mich ebenfalls in eine Unterhaltung zu verwickeln. Doch schnell haben sie gemerkt, dass ich darauf keine Lust habe.

Es geht ihnen nicht darum, einfach freundlich zu sein und ein wenig Smalltalk zu machen. Sie wollen in Erfahrung bringen, welchen Kontrahenten sie als Erstes aus dem Weg schaffen können, um seine Geschäfte zu übernehmen. Bei mir wollen sie allerdings eher herausfinden, wie groß die Gefahr ist, die von mir ausgeht.

Und das ist etwas, was sie nichts angeht. Sie kennen den Namen meines Vaters, mehr geht sie aber auch nichts an. Sie sollen ruhig ein wenig grübeln, wie viel Macht ich in meinen Händen halte, oder ob ich mich von meinem Vater lenken lasse.

Jeder von ihnen hat nur einen kleinen Club und versucht sich irgendwie über Wasser zu helfen. Keiner von ihnen hat den Background, den ich habe. Sie können es nicht einmal ansatzweise mit mir aufnehmen. Und das wissen sie auch.

Schon alleine aus diesem Grund bin ich eine ernsthafte Gefahr für sie.

 

Als der Bus endlich auftaucht, in dem sich die Frauen befinden, gebe ich dem Türsteher aus dem Club ein Zeichen. Er steht mit einem zweiten Wagen ein paar Meter hinter mir und wartet nur darauf, dass er endlich von hier wieder verschwinden kann. Doch das kann ich nachvollziehen. Schließlich habe ich auch keine Lust darauf, hier zu sein. Allerdings würde er mir das nie sagen. Nein, auch in dieser Angelegenheit schweigt er.

„Taylor“, höre ich, wie jemand meinen Namen ruft.

Leider kenne ich sie nur zu genau und ich kann nichts Positives mit ihr in Verbindung bringen. Daher kann ich mir auch ein Seufzen nicht verkneifen.

„Die Mädchen sind also von dir“, stelle ich nüchtern fest.

Alex kommt mit großen Schritten auf mich zu und bleibt schließlich zwei Schritte von mir entfernt stehen, um mir die Hand zu reichen. Zögerlich nehme ich sie.

Normalerweise spiele ich das Spiel mit. Doch bei ihm mache ich gerne eine Ausnahme. Er kann ruhig wissen, dass ich kein großer Fan von ihm bin. Mir ist bewusst, dass ich in einer Welt lebe, in der man nicht lange zögert. Doch mir gefällt nicht, wie er seine Geschäfte abschließt, wenn es nicht so läuft, wie er es gerne hätte. Das habe ich ihm auch schon ein paar Mal gesagt.

„Dein Vater und ich haben ein Tauschgeschäft gemacht“, verkündet er mit einem gewissen Stolz in der Stimme.

Für einen kurzen Moment frage ich mich, was mein Vater hatte, was er haben wollte. Doch ich kann die Frage gerade noch für mich behalten. Ich habe keine Lust, mich länger mit ihm zu unterhalten, als es unbedingt sein muss.

Stattdessen sehe ich dabei zu, wie ein Bus anrollt und schließlich stehen bleibt.

„Sie sind da“, verkündet er nun und schlägt mir auf die Schultern, ehe er sich so hinstellt, dass alle ihn sehen können.

„Ihr wisst, wie es läuft. Jeder bekommt, was er haben wollte.“

Ein paar Minuten schweigt er, wobei ich ein dreckiges Grinsen auf seinem Gesicht erkennen kann. In dieser Zeit steigen die Frauen aus und stellen sich hinter ihn in eine Reihe auf.

Mir fällt es schwer zu glauben, dass sie wirklich alle freiwillig hier sind. Dafür hat Alex in viel zu vielen Dingen seine Hände drin. Doch ich habe nur den Wunsch von hier zu verschwinden, daher werde ich ihn nicht danach fragen. Doch dieses Mal nehme ich mir vor, dass ich das bei der nächsten Gelegenheit machen werde.

Es dauert nicht lange, bis vier Frauen auf mich zukommen. Sie haben ihre Köpfe gesenkt und weichen mir aus. Das bin ich gewohnt. Und genauso bin ich es gewohnt, dass sich dieses Verhalten früher oder später, meistens früher, ändern wird. Dann werden sie vorlaut und zeigen den nächsten neuen Mädchen, wo es langgeht.

Zumindest in ihren Augen.

Sobald sie alle eingestiegen sind und ihr Gepäck verstaut ist, gebe ich ihm ein Zeichen, woraufhin er den Motor startet.

In dem Moment, in dem der Fahrer mit den Frauen sich auf den Weg macht, fällt mein Blick auf eine Frau, die gerade auf Leland zugeht.

Sie ist nicht sonderlich auffällig gekleidet, dennoch fällt sie mir sofort ins Auge. Ihre langen braunen Haare fallen ihr ins Gesicht, während sie sich ihm mit schüchternen Schritten nähert. Sie trägt eine Jeans und ein enges Top, welches jede Rundung betont, sodass nichts der Fantasie überlassen wird.

Mein Verstand sagt mir, dass ich in den Wagen steigen und von hier verschwinden soll. Ich habe die Frauen, wegen denen ich hergekommen bin und mehr interessiert mich nicht. Doch ich kann es nicht.

Stattdessen bleibe ich neben meinem Auto stehen und sehe dabei zu, wie sie an Leland übergeben wird. Auf den ersten Blick erkenne ich, dass sein bulliger Körper und sein finsterer Blick ihr Angst macht. Doch ihr bleibt nichts anderes übrig, als zu ihm zu gehen.

Automatisch frage ich mich, wieso sie sich für diesen Schritt entschieden hat. Doch schnell schiebe ich diesen Gedanken schnell wieder zur Seite.

Ich kann es nicht verhindern, doch sie sorgt dafür, dass mein Beschützerinstinkt wach wird. In diesem Moment ist es mir egal, ob ich falsch handle oder nicht. Doch ich kann nicht zulassen, dass sie bei ihm bleibt. Vor allem deswegen, weil ich weiß, wie Leland seine Frauen behandelt.

Ein großer Teil von mir will sie bei sich haben und deswegen setze ich mich in Bewegung und gehe auf ihn zu.

„Leland“, rufe ich ihm zu, als er gerade die hintere Wagentür öffnet. „Wir müssen uns kurz unterhalten.“

Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Alex uns neugierig betrachtet. Doch ich beachte ihn überhaupt nicht.

„Taylor. Welch Überraschung, mit dir habe ich ja überhaupt nicht gerechnet“, beginnt er und grinst mich dabei hinterhältig an.

„Ich will sie“, verkünde ich ohne Umschweife und zeige dabei auf die entsprechende Frau.

Einen Moment sieht Leland sie ebenfalls an, bevor er sich wieder auf mich konzentriert.

„Vergiss es“, lacht er und schlägt mir auf die Schultern.

„Ich zahle dir 10.000 Dollar“, knurre ich.

Mir war bewusst, dass er es mir nicht leicht machen wird. Er wäre auch schön blöd, wenn er sie einfach gehen lassen würde. Doch das ändert nichts daran, dass ich eigentlich keine Lust habe, mich mit ihm darüber zu unterhalten.

„100.000.“

„Von mir aus“, knurre ich und gehe zu meinem Wagen, um einen Scheck auszustellen.

„Es ist immer wieder schön, mit dir Geschäfte zu machen. Bestell Cody schöne Grüße von mir. Wie ich gehört habe, ist er nun verheiratet.“

„Komm“, fordere ich sie auf und strecke meine Hand nach ihr aus.

Ich gehe nicht auf seine Worte ein, da es ihn nichts angeht. Hätte Cody ihn bei der Hochzeit dabei haben wollen, hätte er ihn eingeladen. Doch da er es nicht getan hat, werde ich nicht mit ihm darüber sprechen.

Außerdem würde ich Rachel so wieder zur Zielperson machen und das hat sie gerade erst hinter sich.

Die Frau sieht mich einen Moment an, als wäre sie sich nicht sicher, was sie machen soll. Als ich schon die Befürchtung habe, dass sie den Kopf schüttelt oder mir anders zu verstehen gibt, dass sie das nicht will, legt sie ihre Hand in meine.

Bevor Leland noch etwas sagen kann, führe ich sie zu meinem Wagen.

Ängstlich sieht sie mich an, als ich die Beifahrertür meines Wagens öffne und ihr bedeute, dass sie einsteigen soll.

„Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich habe keine Ahnung, was Leland mit dir angestellt hätte. Doch ich werde dir nichts tun“, versuche ich sie zu beruhigen.

Doch ich brauche nur einen Blick in ihr Gesicht zu werfen, um zu wissen, dass die Worte ihre Wirkung verfehlen.

Ein letztes Mal sieht sie mich an, bevor sie einsteigt. Dabei spüre ich jedoch die Anspannung, die von ihr ausgeht. Daher frage ich mich erneut, wieso sie hier ist.

Hier und jetzt ist jedoch nicht der passende Zeitpunkt, um mich danach zu erkundigen. Ich brauche nur einen Blick auf Leland zu werfen um zu wissen, dass er nicht begeistert davon ist, dass sie nun mir gehört. Ich weiß aber, dass er das Geld braucht, sodass es leicht für mich war, sie zu bekommen.

Und auch wenn ich weiß, dass er nichts unternehmen würde, so will ich sie dennoch so schnell wie möglich von hier wegbekommen. Daher steige ich schnell in meinen Wagen und mache mich auf den Weg in die Unterkunft, wo ein Teil der Mädels wohnen, die für mich arbeiten.

Die ersten Minuten bringe ich schweigend hinter mir. Doch dann sehe ich sie kurz an.

„Wie heißt du?“, frage ich sie.

Schweigend sieht sie weiter auf die Straße. Ich habe eine gute Menschenkenntnis, daher weiß ich, dass sie es mir nicht leicht machen will. Wenn ich etwas über sie erfahren will, muss ich ihr Vertrauen bekommen. Doch ich habe keine Ahnung, wie ich das anstellen soll.

„Mein Name ist Taylor“, spreche ich weiter, da ich nicht so genau weiß, was ich eigentlich sagen soll.

Es dauert ein wenig, doch schließlich dreht sie sich in meine Richtung und sieht mich nachdenklich an. Ich bin erleichtert darüber, zeige ihr das jedoch nicht.

„Laura“, nennt sie mir schließlich so leise ihren Namen, dass ich sie kaum richtig verstehen kann.

„Schöner Name“, stelle ich dennoch fest.

Schweigend fahre ich weiter.

„Wieso hast du mich mitgenommen und soviel Geld für mich bezahlt?“

Ich habe gedacht, dass sie sich erkundigt, wo ich sie hinbringe. Doch mit dieser Frage habe ich nicht gerechnet. Daher bin ich kurz auch zu überrascht, um ihr zu antworten. Doch ich weiß auch nicht so ganz, was ich dazu sagen soll. Schließlich kenne ich den Grund selber nicht.

Doch sie will eine Antwort und die soll sie auch bekommen.

„Nennen wir es einfach einen zu großen Beschützerinstinkt, den ich zwischendurch habe.“ Ich zucke so mit den Schultern und zeige ihr, dass es keine große Sache ist.

Doch mein Gefühl sagt mir etwas anderes. Und darauf kann ich mich verlassen. Doch gerade will ich nicht so genau darüber nachdenken.

Als ich vor dem Haus stehen bleibe, in dem sie wohnen wird, habe ich mir vorgenommen, dass ich ihre Beweggründe in Erfahrung bringen werde.

Und dann werde ich ihr helfen. Egal, wie ihr Problem aussieht!