Czytaj książkę: «Schatten der Zitadelle», strona 5

Czcionka:

Wenn er es sich jetzt so ansah, bereute er es beinahe.

Es war richtig. Die Gefahr, die von ihnen ausging, war zu groß.

Auch die anderen betrachteten die Leichenberge. Sichtlich angewidert, wandte Lurd sich ab und übergab sich mehrmals. Margha half ihm, sich nicht zu verschlucken und redete ihm gut zu.

Eine ganze Dorfgemeinschaft war durch die Gruppe ausgelöscht worden.

Die Einwohner waren Bestien gewesen, aber dennoch belastete es Broxx Gewissen ein wenig.

Jetzt bemerkte er, dass Margha Lurds Arm begutachtete.

Als er näher an die beiden herantrat, erkannte er eine leichte Wunde an dessen Schulter.

„Wie ist das passiert?“

„Ein Werwolf hat mich erwischt. Aber es ist nicht so schlimm.“

„Doch. Es ist eben schon schlimm. Hast du Kumupen nicht zugehört? Du könntest dich verwandeln!“

Lurd schwieg betreten und starrte ins Leere.

Broxx bedeutete Margha, ihm ihr Ohr zu leihen, dann flüsterte er hinein:

„Wir müssen ihn töten. Er ist eine Gefahr für uns alle!“

Entsetzt entfernte sich die Halborkin von ihm und schaute ihn ernst und enttäuscht an.

„Broxx! Ist das Blutbad, das wir hier angerichtet haben, nicht genug? Jetzt reicht es!“, sagte sie erbost. „Außerdem sieh dich doch an. Der Dämon, der in dir versiegelt ist, könnte jederzeit die Kontrolle übernehmen!

Du hast genauso wenig, wie irgendjemand anders das Recht, ihn zu richten, obwohl er nichts verbrochen hat.“

Leiser fügte sie hinzu: „So kenne ich dich gar nicht.“

Er senkte die Augen. „Du hast Recht. Es tut mir Leid. Ich glaube, die Bosheit des Dämons hält mich immer noch umklammert.

Auf jeden Fall müssen wir herausfinden, ob er infiziert ist.“

„Einverstanden. Ich bereite sobald wie möglich ein Elixier zu, das ihn auf Krankheiten überprüft.“

Broxx nickte. „Wir übernachten am besten in einer der Wohnungen. Vielleicht finden wir dort auch etwas vernünftiges zu Essen.“

Dann nahm er den Verletzten auf seine Schultern und forderte die anderen auf, ihm zu folgen.

***

Nachdem die Gefährten in einem Gasthaus mit genug Betten für alle geschlafen und sich an den Vorräten bedient hatten, gingen sie zu den Kutschen zurück.

Als sie sie erreichten, dösten die Moohls zufrieden in der Nachmittagssonne des nächsten Tages.

Sie packten ihre Siebensachen und begannen die Reise zurück nach Hammerfall.

Während dem ständigen Ruckeln der Kutsche auf den unebenen Wegen, dem Auf und Ab der Landschaft und mehreren Sonnenzyklen, fand Broxx wieder viel Zeit nachzudenken.

Bin ich den Werwölfen wirklich so ähnlich?

Ja, letztendlich schon. Zwar kommt meine Fähigkeit, mich in ein wolfsähnliches Wesen zu verwandeln vom Dämon in mir und nicht von einer mysteriösen Infektion, aber mein Zustand ist nicht anders. Zerstörungswut und Aggressivität beherrschen mich immer mehr.

Selbst nach meiner Rückwandlung hat die dämonische Aura noch nachgewirkt. Margha hat Recht. Ich kann verstehen, dass sie sich im Moment von mir distanziert.

Ich muss mich bei ihr entschuldigen.

Nachdenklich wanderte sein Blick über seine Arme zu seinen Händen. Zahlreiche Narben, von Kratzern bis zu tiefen Einschnitten zogen sich über seine Haut. Die Handflächen waren verhornt vom vielen Kämpfen. Eine Entwicklung, die sich vollzog, seit er sich als Kind in der Kriegskunst geschult hatte.

Nun betrachtete er seine Finger. Sie waren kräftig, dick und etwa 5 Zoll lang. Plötzlich fiel ihm auf, dass seine Fingerkuppen die durchsichtig-schimmerende violette Farbe der Schatten annahm. Bei der anderen Hand war es genauso.

Nein! Die Seuche in mir breitet sich aus. Ich beginne, zu einem von ihnen zu werden...

Er hatte Angst. Alles in ihm widerstrebte dem Schattensein.

Ein Monster, dass sich gegen seine Freunde wenden würde. Gegen alles, was ihm wichtig war. Gegen Margha.

Hoffentlich finde ich eine Möglichkeit, diese Krankheit loszuwerden, bevor ich meinen Verstand verliere.

Und wieder spielten sich die Bilder seiner Gefangennahme, des Aufhalts in der Zitadelle, Tethas Tod, Mroshs Tod, die Auslöschung Donnerbergens ab.

Sein Herz zog sich zu einem dicken Knoten zusammen.

***

Als Margha und Broxx zusammen Feuerholz im Wald nahe ihres derzeitigen Lagers sammelten, ergriff er die Gelegenheit, die Zweisamkeit beim Schopf.

„Es tut mir Leid wegen der Sache mit Lurd“, begann er sich zu entschuldigen, „Die Kraft des Dämons weckt eine Boshaftigkeit in mir, die ich selbst noch nie erlebt habe. Jedes Mal, wenn er in mir durchbricht, übernimmt er einen größeren Teil von mir. Eigentlich wollte ich dem Jungen nichts Böses.“

Sie nickte lächelnd. „Entschuldigung angenommen. Ich weiß, dass du nichts dafür kannst.

Aber das ist eine ernste Sache. Weißt du noch, was Kumupen gesagt hat? Der Einwanderer hatte eine schwere Krankheit, die eine Art Wundbrand an seinen Gliedern verursachte.

Ich glaube dieser Wundbrand war die langsame, aber stete Verwandlung in einen Schatten.

Anscheinend hat die Seuche noch weitere Eigenschaften als nur die Übernahme des Denkzentrums. Ich stelle mir das so vor:

Sie nimmt beim Austausch von Körperflüssigkeiten, wie bei einem Biss oder bei anderen, stärkeren Verbindungen, wie der Versiegelung des Dämons in dir, Eigenschaften aus dem neu hinzugekommenen Erbmaterial im Wirt auf. Bei den Donnerbergenern war es die Animalität der Wölfe, bei dir ist es die Bosheit und Verderbtheit des Dämons.

Alles in allem benötigen wir dringend ein Gegenmittel, denn sonst haben wir ein ernsthaftes Problem. Nicht nur du wirst zu einer Gefahr. Gar nicht auszudenken, was für abscheuliche Kreuzungen so möglich sind!“

„Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Aber du hast Recht. Die Ogerschatten in Karratosch hatten auch nicht mehr ihre ursprüngliche Gestalt. Wahrscheinlich hat sie irgendwer mit Trollen oder Riesen gekreuzt. So lässt sich auch ihre - selbst für sie – gewaltige Kraft erklären.

Wir müssen herausfinden, wie weit entwickelt diese Seuche ist. Auf jeden Fall wird die Bedrohung schlimmer, je länger wir uns Zeit lassen, gegen sie vorzugehen.“

Beide schwiegen und ließen die bedrückenden Erkenntnisse auf sich wirken.

„Ah! Schau mal, da! Königskraut, genau das, was ich für das Elixier brauche. Damit können wir feststellen, ob Lurd infiziert ist oder nicht“, freute sich die Mor'grosh plötzlich.

„Gut, dann lass uns sofort losgehen, es wird langsam dunkel. Und in diesen Zeiten traue ich selbst dieser ruhigen Umgebung nicht.“

Noch am selben Abend kochte Margha auf dem Lagerfeuer einen grünlichen Sud.

Broxx rümpfte die Nase. Die zähe Flüssigkeit sonderte den süßlichen Gestank von faulendem Obst ab.

Als sie anhand des Geschmacks das Gebräu für tauglich befand, füllte die Mor'grosh etwas davon in einen Becher ab und hielt ihn Lurd hin.

„Trink das.“

„Aber... bäh! Das stinkt widerlich!“, antwortete dieser angeekelt und weigerte sich, zu trinken.

„Gut, dann bleib eben im Ungewissen, ob dein Leben vielleicht nachhaltig beeinträchtigt sein wird. Wir lassen dich dann hier, nur zur Sicherheit, dass du uns nicht eines Nachts zerfleischst.“

„Hmm... Ist ja schon gut. Her mit dem Gesöff.“ Er nahm einen tiefen Zug.

„Wähhhh, schmeckt das eklig!“ Dennoch trank er den ganzen Becher aus.

„Und was bringt das jetzt? Ich merke gar...“

Mitten im Satz kippte er einfach nach vorne um und blieb mit dem Gesicht vor seinen überkreuzten Beinen liegen.

Margha grinste. „Es wirkt.“

„Und jetzt?“, fragte Broxx erstaunt.

„Jetzt warten wir.“

„Was passiert dann?“

„Wirst du schon sehen.“

Brummend verschränkte Broxx die Arme und wartete.

Als Lurd plötzlich begann, sich ruckartig zu bewegen, war er schon fast eingenickt.

Der Junge vollführte spastische Bewegungen, krümmte sich zusammen, sprang auf, bis er sich schließlich gerade auf den Rücken legte. Er öffnete den Mund.

Langsam erhob sich daraus ein weiß leuchtender Funke, der aussah wie eine sehr helle Lampe ohne Fassung.

„Dank sei der Erdenmutter! Er ist von der Infektion verschont geblieben!“, freute sich Margha. Sie kratzte sich am Kopf. „Achso... Ich sehe das daran, dass die Lebenskugel weiß ist, Elune und Broxx. Wäre er krank, wäre sie verfärbt, rot, schwarz, grün oder sonst eine andere Farbe, je nachdem, was er hätte.“

„Lebenskugel?“, fragte Elune erstaunt. „Du hast seine Seele aus ihm geholt?“

„Genau das habe ich. Das ist ein starkes Projektionselixier, es zeigt den Zustand des Körpers in seiner reinsten Form: Der Seele.“

Nach und nach versteckte sich der Funke wieder in Lurds Kehle.

Als er aufwachte, fielen ihm alle glücklich um den Hals. „Dir fehlt nichts!“

„Was war denn jetzt los? Bin ich eingepennt?“, fragte der junge Mann verwirrt.

Sie lachten nur herzlich und erklärten es ihm.

***

„Also war die ganze Stadt von dieser Lykanthropie, wie ihr sie nennt, betroffen? Und ihr habt sie wirklich alle getötet? Seid ihr sicher?“, fragte König Richard harsch.

Sofort nachdem die Gruppe Hammerfall erreicht hatte, unterrichtete Broxx diesen vom Ausgang ihrer Mission.

„Ja. Wir selbst sind aber reichlich knapp davon gekommen. Elune und Lurd haben mittlere Wunden davongetragen und mich hat auch nur das Glück von schwereren Verletzungen verschont.“

„Es tut mir Leid. Aber als Entschädigung und für eure Verdienste im Namen der Krone verleihe ich euch den Status eines königlichen Botschafters.“

„Vielen Dank für das Zeichen Eure Wertschätzung, Majestät. Es ist uns eine Ehre.“

Er räusperte sich.

„Aber da wäre noch die Sache mit den Gefangenen...“

„Ich werde sofort ein offizielles Befehlsschreiben verfassen, mit dem es Euch möglich sein wird, sie zu befreien. Jeden Einzelnen, denn das Reich ist wieder sicher und die Bauern können auf ihre Ländereien zurück. Sie werden keine Aufstände mehr verursachen. Und den anderen bin ich heute geneigt, eine zweite Chance zu geben. Ich hoffe sie ergreifen die Gelegenheit beim Schopf.“

„Ich danke Euch. Ihr Wohl liegt mir am Herzen.“

„Ihr seid wahrlich ein nobler Mann, Broxx... Wenn jemand diese Seuchen besiegen kann, dann ihr.

Außerdem ist euch natürlich auch die Unterstützung der Menschen bei Eurem Kampf gegen die Seuche sicher.

Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte: Geht als nächstes zu unseren Verbündeten, den Zwergen. Sie sind starke und robuste Krieger und werden euch sicherlich helfen.

In Hammerfall gibt es einen Eingang zu einem Tunnel, der in ihr Reich, tief im Gebirge, führt.“

„Das werden wir“, erwiderte Broxx und verabschiedete sich. Erstmal mussten sich die Gefährten ein wenig von den Strapazen in Donnerbergen erholen, dann würden sie weitersehen.

***

Broxx tat, wie ihm geheißen, wenn auch nicht ohne eigenes Interesse.

Er verließ den Palast, spuckte noch auf den überstrapazierten Prunk des Königshauses und marschierte die Kopfsteinpflasterstraße entlang.

Sobald er die Tore von den Adelsgefilden zu den Wohnungen des Pöbels durchschritten hatte, traf er auf eine dicht gedrängte Menschenmasse.

Leib an Leib stamden sie auf der morastigen, von Kericht und Essenresten verdreckten Straße – so mancher Adelsmann hätte es als Feldweg bezeichnet -, drängten und schubsten, um einen besseren Blick auf das Geschehen zu erhaschen.

Eben diesen Blick versuchte auch Broxx zu bekommen. Den Vorteil seines massigen Körpers nutzend, schob er sich durch die Menge, bis er eine gute Sicht hatte.

Auf dem hölzernen Gestell stand ein maskierter Mann, über dessen Haupt Stricke von einem Balken herabhingen. Sechs Menschen hatten die Köpfe in den Schlingen der Galgenstricke.

Soeben legte der Henker die Hand an den Hebel.

„Halt!“, schrie Broxx und hob energisch die Hand. Er schob sich durch die Leute und schritt die Treppe auf das künstliche Plateau hinauf.

„Was zum Teufel...?! Sei blß still, sonst kannst du gleich den Strick mit denen teilen!“ Der Maskierte zeigte energisch auf die Verurteilten.

Oben angekommen, setzte der Mor'grosh nun eine finstere Miene auf. „Halt, hab ich gesagt.“

„Und wer, verdammich, will mir das befehlen?“

Der Todesknecht löste seine rechte Hand nicht vom Hebel.

„Dein Herrscher, König Richard, um genau zu sein“, sagte Broxx barsch und hielt den Lakaien das königliche Schreiben unter die Nase. Zwar war sich Broxx sicher, dass der Henker nicht lesen konnte, aber das herrschaftliche Siegel verfehlte seinen Zweck nicht. Der Henker wurde bleich, löste die Hand vom Hebel und zischte einem seiner Leute zu:

„Mach die Gefang'nen los. Aber dallI!“

Broxx verkündete laut, für für die gesamte Menge hörbar:

„Es wird keine Hinrichtungen geben! König Richard lässt alle Gefangenen begandigen. Sie sollen in ihr Zuhause zurückkehren, denn es besteht keine Gefahr mehr.“

Ein Raunen ging durch die Versammelten. Teilweise enttäuscht, kein Schauspiel zu sehen zu bekommen, teilweise erfreut, einen geliebten Menschen gerettet zu wissen, trotteten sie nach und nach davon. Ersteres war Broxx vollkommen zuwider. Dass sie sich am Leid der anderen ergötzten, trieb ihm die Wutröte ins Gesicht. Doch für Letzteres befand er, hatte sich sein Einwirken auf den König gelohnt.

Entschlossen marschierte er weiter. Als nächstes wollte er das große Gefängnis unterm Berg informieren, beim Rest würde es sich von allein rumsprechen.

Nachdem er ein Stück die Straße an der Seite des Felsens, auf dem Hammerfall erbaut war, entlang gegangen war, trat er durch einen schmalen Eingang, der in dessen Inneres führte. Er musste sich bücken, denn die Gänge schienen nicht auf Leute seiner Größe ausgerichtet zu sein.

Gleich die erste Tür zu seiner Rechten war als Wachstube des leitenden Wärters kenntlich gemacht. Ohne anzuklopfen trat er ein und erwischte den Ordnungshüter dabei, wie er schnell eine Flasche unter den Tisch gleiten ließ.

„Ach, vor mir braucht Ihr Euren Schnaps nicht zu verstecken, Herr! Lasst uns lieber ein Gläschen trinken“, sagte Broxx, um sich gleich gut mit dem Leiter zu stellen.

Misstrauisch holte der Mann, dessen Gesicht von einer hässlichen Narbe überzogen war, den Alkohol wieder hervor.

„Und auf was, wenn ich fragen darf?“

Broxx kramte den königlichen Befehl aus seiner Tasche und reichte ihn seinem Gegenüber.

„Na das nenn' ich mal 'ne Überraschung!“, staunte der Wärter. Alle begnadigt... Darauf lohnt es sich wirklich, einen zu kippen. Paar Bekannte von mir sitzen auch drin.“

Er füllte zwei Gläser randvoll und sowohl Broxx, als auch er selbst tranken es in einem Zug aus.

Der Mor'grosh schüttelte sich. „Das war gut. Aber ich würde mich gerne selbst überzeugen, das der Befehl auch wirklich ausgeführt wird.“

Der Gefängniswärter wirkte nicht begeistert.

„Bitte. Aber ich versichere...“

„Ich kümmere mich trotzdem selbst darum, wenn es nichts ausmacht“, unterbrach ihn Broxx scharf und trat aus der Kammer.

Der Mor'grosh machte einmal die Runde, überbrachte die Botschaft an alle Wärter und vergewisserte sich, dass auch nicht irgendjemand aus einer bösen Laune der Wachen heraus zurückblieb.

Als er gerade auf den Weg zum nächsten Zellentrakt war, vernahm er ein weinerliches Flehen. Es kam aus einer Einzelzelle.

„Nein... Nicht! Ohh... nein!“

Broxx zog die Waffe und öffnete leise die Tür.

Sein Herz schlug shcneller vor Zorn und Entsetzen, als er sah, wie ein Wärter ein rothaariges, vielleicht sechzehnjähriges Mädchen bedrängte, die Hand unter ihren Rock gleiten ließ. Sie war mit den Armen in Ketten gelegt.

„So... Woll'n wa doch mal seh'n, ob alles noch schön eng is' da unten.“ Während das Mädchen wimmerte, öffnete er die Hose. „Gut...“

Dann erblickte sie Broxx.

„Hilfe!“, schrie sie und noch während sich der Wärter verdutzt umdrehte, schlug Broxx ihm mit der dumpfen Seite seiner Axt auf den Hinterkopf. Er ging bewusstlos zu Boden.

Schnell machte er die junge Frau los, die ihm weinend um den Hals fiel.

„Danke...“, schluchzte sie.

Beruhigend klopfte er ihr auf den Rücken.

„Du bist frei, der König hat alle begnadigt. Geh und würdige das elende Schwein keines Blickes mehr.“

„Danke“, wiederholte das Mädchen und verließ die Zelle ohne zurückzuschauen.

Broxx krempelte die Ärmel des Leinenhemds unter seinem Lederwams hoch und zog sein Jagdmesser.

„So, du dreckiger Bastard... Jetzt will ich dir auch ein paar Unannehmlichkeiten bereiten. So wie du dem Mädchen.“

Nachdem er den Vergewaltiger seiner – Broxx' Meinung nach - gerechten Strafe zugeführt hatte, verließ auch er die Zelle, wischte sich das Blut von den Händen und lief zurück zu seinen Gefährten. Auch er schaute nicht zurück.

V. Reich der Zwerge

Es war dunkel in der unterirdischen Straße. Fackeln hüllten den Tunnel in schummriges Licht. Nur langsam kamen sie in der stickigen Luft voran und so dauerte ihre Reise schon acht Tage an. Etwa eine Woche hatten sich vorher noch in der Stadt verweilt, damit Elune und Lurd ihre Wunden halbwegs auskurieren konnten. Dann hatten sie sich vom König verabschiedet und waren zum Tunneleingang geführt worden.

Und nun wanderten sie im Zwielicht durch den sauerstoffarmen Gang. Die Wände waren glatt geschliffen und hielten den Stein ohne Stützbalken. Trotz der meisterhaften Verarbeitung machte sich das Alter der Konstruktion in feinen Rissen und fehlenden Stücken an der Decke bemerkbar, während der Weg nach und nach begann, sie in noch tiefere Ebenen zu führen.

Einige Stunden liefen sie nach unten, dann, plötzlich stieg Broxx ein scheinbar im Zwielicht verloren gegangener Duft in die Nase. Gierig sog er den Hauch von noch leicht muffliger, aber frischerer Luft, auf.

"Ich glaube wir sind endlich da!“, jubelte Lurd. Er machte beinahe Luftsprünge, so freute er sich darüber.

Nach wenigen Minuten konnte Broxx auch den sanften Lichtschein am Ende des Tunnels sehen. Als sie aus dem Garten hinausgetreten waren, hielten sie geschockt inne. Unfähig, den Blick abzuwenden oder sich irgendwie sonst zu bewegen, betrachtete Broxx das vor ihm liegende Schlachtfeld.

Waffen und Rüstungsteile stecken im Boden, der steinige Grund war aufgewühlt von vielen hundert Füßen, getrocknetes Blut klebte überall.

Leichname von zwei verschiedenen Parteien stapelten sich. Auf der einen Seite hatten einige Abteilungen der Zwerge Leben gelassen. Ihre etwa 4 Fuß großen, gedrungenen Körper mit den kurzen, starken Gliedmaßen waren unverkennbar zwergisch.

Auf der anderen Seite war der Kampfplatz überflutet mit massenhaft Kreaturen, die der Mor'grosh noch nie zuvor gesehen hatte. Ihre lebendige, schwarze Haut, der kantige Schädel, versehen mit kleinen, roten Augen ohne Lider und wild abstehenden, spitzen Zähnen, der dünne Körper, die knöchernen Arme und Beine, die mit mehreren Zoll langen Krallen versehenen, dreigliedrigen Klauen. Noch nie hatte er von solchen Geschöpfen gehört.

In der Ferne erkannte er eine aus dem Fels gehauene Ansammlung von Gebäuden, die von einer Mauer umschlossen war.

"Dorthin sollten wir gehen", sagte er und zeigte darauf. Die anderen folgten ihm stillschweigend.

Der Mor'grosh blieb aufmerksam. Hinter ihm war Lurd schon wieder beinahe dabei, sich zu übergeben, doch er hielt tapfer dicht.

Hin und wieder untersuchte Elune eine der Leichen. Nützliches sammelte sie auf und verstaute es in ihrer Reisetasche. Margha wandte nur angeekelt den Blick von Tod und Zerstörung ab.

Nun sah Broxx nach oben, Richtung Himmel - doch da war kein Himmel! Über ihm zog sich eine Gesteinsdecke entlang. Das Licht stammte von leuchtenden Kristallen überall in der Höhle, wodurch eine unnatürliche mystische Atmosphäre erzeugt wurde. Je näher sie der Stellung kamen, desto besser erkannte man die Beschädigungen an der Mauer. Einschlaglöcher von Geschossen, Kratzspuren und andere Rückstände von Schlachten zierten sie.

Plötzlich erschallte ein Horn. Wenige Sekunden später meldete sich eine tiefe, raue Stimme zu Wort: "Wer seid Ihr? "

Erschrocken machte die Gruppe halt. Nur Broxx blieb ruhig und antwortete:

"Wir kommen im Auftrag von Kriegshäuptling Thrakk." Dabei zog er das Schreiben aus seiner Tasche hervor, das ihn als Botschafter der Orks auszeichnete. "Sein Anliegen ist es, eure Hilfe zu erbitten."

Kurze Zeit später schwangen die Torflügel auf. "Beeilt euch", ertönte die Stimme erneut. Als die Gruppe hindurch trat, bildeten einige Bewaffnete grimmig drein blickende Zwerge eine Gasse. An ihrem Ende wartete ein von zahlreichen Narben gezeichneter Kleinwüchsiger. Er hielt eine schwere zweischneidige Kriegsaxt in der Hand und trug eine silbrig weiße Krone aus Palladium und passte sich somit den Gebäuden der Stadt an. Nun richtete er das Wort an die Gruppe: "entschuldigt das Misstrauen. Wir befinden uns im Krieg. Jeder könnte ein Feind sein. Mein Name ist Grimdal Sturmhammer, Großkönig der Zwerge. Und das hier", er zeigte auf den jüngeren neben ihm, "ist mein Sohn Durnim."

Broxx nickte und stellte sich und seine Gefährten vor: "Ich bin Broxx, Sohn des Garthrak. Dies ist Margha von den Mor'grosh und hinter mir seht ihr Elune, Waldelfe von Zud Nâthar und Lurd, Sohn des Dork."

"Wie kommen Dan Norocch, der weißen Stadt. Wir befinden uns unter Belagerung, deshalb fasst euch so kurz wie möglich."

Als Broxx geradezu seine Erklärung ansetzen wollte, erschallte das Horn erneut.

Eine Wache brüllte rau: "Wir werden angegriffen! Auf eure Posten!"

Sofort setzten sich hunderte bis an die Zähne bewaffnete Zwerge in Bewegung und ließen die Gruppe einfach stehen.

Mit den Worten "Haltet euch hinter den Mauern oder kämpft, wie ihr wollt." verließ sie auch der König eilends.

Natürlich machten sich die vier sofort kampfbereit und reihten sich zu den Soldaten auf den Wehrgängen. Der Zwerg links von Broxx nickte ihnen anerkennend zu.

Angespannt starrte der Mor'grosh über die Zinnen. Vor der Mauer versammelten sich mehr und mehr von den mysteriösen schwarzen Kreaturen. Mehrfach schnappte Broxx das Wort "Ghule" auf. Es schien die Bezeichnung der Zwerge für die Kreaturen zu sein.

Tausende krochen aus den Tunneln, die zur Stadt führten, und sobald die Ersten den Wall erreichten, fluteten die Kleinwüchsigen den Felsboden mit heißem Pech.

Das schrille Gekreische der Kreaturen hallte ohrenbetäubend von den Bergwänden wieder.

Trotzdem fühlte sich die Höhle immer weiter. Wie ein schwarzes Meer wogte die Masse hin und her. Bald waren es so viele dass es ihnen möglich war, über die Köpfe der anderen auf den Wehrgang zu klettern. Die Zwerge kamen nicht mit dem Kochen des Suds hinterher.

Der Mor'grosh packte seine Äxte fester. Erste Kreaturen erklommen die Zinnen wurden aber sofort niedergemetzelt und nach unten gestoßen, so dass sie ihre Kameraden mitgerissen.

Doch die Angreifer strömten ohne Unterlass in die Verteidigungslinien der Zwerge. Es war ein Gemetzel, aber die Ghule griffen immer weiter an. Ihre Leichen stapelten sich vor der Stadt und zwischen den Zinnen und beengten den Kampfraum. Broxx und seine Gefährten töteten viele der Schwarzen und sie hatten noch Kraft für viele weitere, jedoch schienen die von den vorherigen Schlachten gezeichneten Zwerge bald zu ermüden.

Margha schien dies zu bemerken. So entfernte sie sich ein Stück vom Kampfgeschehen, setzte sich hin, verschränkte die Arme und schloss die Augen. Konzentriert murmelte sie eine Sätze vor sich hin. Scheinbar rezitierte sie die Formeln, mit denen sie die Erdgeister anrufen konnte.

Allmählich begann die Luft um sie herum zu flirren und eine leuchtende Aura baute sich um sie auf. Mehrere Minuten lang saß sie da und je länger sie die uralten Verse aufs sagte, desto weiter breitete sich die Aura aus. Als sie Broxx erreichte, durchströmte ihn sofort ein Fluss von neuer Energie. Er fühlte sich, als hätte er drei Tage geruht und sich so eben in einer klaren Quelle erfrischt. Er hielt inne und winkte dankend seiner Gefährtin, die sich inzwischen leicht schwankend, aber lächelnd, wieder erhob.

Dann entdeckte er entschlossen die Axt in seiner rechten in die Höhe und stieß einen Kampfschrei hervor, der die gesamte Höhle erzittern ließ. Und die wieder erstarkten Zwerge stimmten in den Schlachtruf ein. Mit der neuen Dynamik gelang es den Verteidigern den Truppen die Feindesströhme nach und nach zurückzudrängen. Als sie langsam in Richtung der Höhlenwände vorrückten, begannen die Kreaturen zurück in die Zugangstunnel zu fliehen. Die Schlacht war gewonnen. Sowohl die Zwerge als auch die Gefährten stießen das Triumphgefühl mit einem sie Geschrei durch den Untergrund.

Nachdem sich auch die letzten Feinde in das Tunnelsystem zurückgezogen hatten, trotteten die erschöpften Verteidiger zurück zur Stadt. Plötzlich sackte einer der Zwerge neben Broxx in sich zusammen. Reaktionsschnell gelang es ihm gerade noch, den kleinen Mann zu stützen.

Um ihn herum kippten noch einige weitere Kriege um, als Marghas Naturzauber nachließ. Die Kraft wurde den Kämpfern wieder entzogen und einige von ihnen hatten sich überanstrengt. Die anderen zogen jetzt mit vor Erschöpfung leerem Blick zurück zum Stadttor. Auch der Mor'grosh mit die Müdigkeit im ganzen Körper. Seine Muskeln waren schlaff und die Knochen schwer.

Hinter den Wellen erwartete sie bereits der König. Blut spuckend sagte er rasend:

"diese Missgeburten haben mein Sohn! Ich werde sie… jeden einzelnen… Nein!" Er versuchte, sich zu beruhigen, was ihm angesichts seines Verlustes erstaunlich gut gelang.

"Was… ach ja. Ihr wart wegen eurer Bitte um Hilfe hier. Ich habe schon von euren Problemen gehört, aber verdammt noch mal - wir befinden uns im Krieg und mein Kind wurde entführt. Die Angriffe erfolgen in immer kürzeren Abständen und lange halten wir nicht mehr durch. Wir wissen, dass die Ghule tief unten hausen, in den Tunneln, die älter sind als unsere Urahnen. Bis vor einer Weile lebten wir mehr oder weniger friedlich nebeneinander, doch irgendetwas hat sie gegen uns aufgehetzt.

Ich weiß ich verlange viel… doch könntet Ihr, Broxx und Eure Gefährten in die Brutstätten der Ghule vordringen und herausfinden, was sie gegen uns aufbringt? Ihr scheint mir erfahrene Krieger zu sein und im Vergleich zu meinen Männern seid ihr halbwegs ausgeruht."

"Wir werden euch helfen", sagte Broxx entschlossen

"Ich danke euch. Aber ihr solltet sofort aufbrechen. Ihr wisst, unter welchem Zeitdruck wir stehen."

***

Nach einer kurzen Stärkung starteten die Kämpfer einen Ausfall. Die Zwerge halfen den Gefährten sicher durch die feindlichen Linien zu gelangen. Zum Glück streifen nur noch vereinzelte Gegnergruppen durch die blaugrün erleuchtete Höhle, die sie schnell beseitigen konnten.

So erreichten sie die äußeren Tunnel recht schnell und ohne Verluste. Sie verabschiedeten sich von ihren Begleitern und begannen den Abstieg in den Untergrund. Eine Kristalllampe, die sie aus der weißen Stadt mitgenommen hatten, leuchtete ihnen dabei den Weg. Am Anfang hielten die Gänge noch ihre sauber herausgearbeitete Form bei, aber je tiefer sie vordrangen, desto gröber waren sie gehauen. Viele Jahrhunderte schienen sie alt zu sein und Spinnweben bedeckten die Wände. Seit geraumer Zeit hörten sie das immer lauter werdende Geräusch von Trommeln im Untergrund, dem sie folgten, um zu den Nestern der Ghule zu gelangen.

Broxx steckte an die Seiten alle paar Schritte einen leuchtenden Kristall aus der Höhle von Dan Norocch, um später den Weg zurück zu finden. Es war stockdunkel in den Tunneln, nur die Lampe spendete ein wenig Licht.

Nach einigen Stunden wurde es langsam heller. Bald erreichen sie eine Reihe von weiteren, von Kristalllicht erleuchteten Gängen. Als sie hindurchgingen, fielen Broxx links und rechts an den Seiten dunklere, kleine Höhlen auf, die von einer Art Dämmmaterial aus Sand und Kieselsteinen abgedeckt waren.

"Seht mal hier", bemerkte er.

Neugierig hielten die anderen inne und betrachteten das Gebilde ebenfalls. Der Mor'grosh begann einfach darauf los zu buddeln. Einige Fuß tief im Geröll fand er ein ovales Objekt. Seine Oberfläche war weich und übersäht mit roten Punkten auf violettem Grund.

Bevor er es genauer untersuchen konnte, nahm Elune ihm den Gegenstand aus den Händen und stach hinein. Dann schnitt sie ihn in der Mitte durch.

Sie zeigte allen den Inhalt: zusammengekauert lag ein junger Ghul in dem Ei.

Das ist also die Brut der Ghule…

jetzt erst bemerkte er die Zeichen rund um die Nester. Wenn man nur flüchtig hinsah, hielt man es für bloße Kratzspuren, doch bei genauerer Betrachtung konnte man primitive Abbildungen von Kreaturen erkennen. Mehrere Arme fügten sich an einen runden Körper, der nur halb dargestellt war.

Sie verfügen also durchaus über eine gewisse Intelligenz. Vielleicht gelingt es uns ja, mit ihnen zu kommunizieren.

Er deutete auf die Zeichen. Als die anderen es betrachteten verzog Margha das Gesicht.

Auf Broxx Frage, was sie beschäftigte, antwortete die Halborkin:

"Ich habe ähnliche Zeichnungen schon gesehen. In Büchern von Legenden und Mythen. Sie sprachen von etwas Uraltem, durch und durch bösen, das lange vor unserer Zeit in die tiefsten Abgründe unserer Welt verbannt wurde. Die Bezeichnung der Orks und der Mor'grosh für diese Wesen ist Lo Darrgh, die Tyrannen. Die Elfen nennen sie Gun'eatha, 'die Ältesten' und die Menschen und Zwerge glauben, dass sie einem das Blut in den Adern gefrieren lassen, wenn man sie sieht. Jedoch gibt es keinen Bericht von einem Augenzeugen."

Broxx erschauderte. Er erinnerte sich an Geschichten, die er als Kind erzählt bekommen hatte. Die Ältesten hatten von den Schlimmsten aller Kreaturen gesprochen.

"Was hat das zu bedeuten?", fragte er.

"Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich verehren die Ghule diese Lebewesen. Ein solches Symbol hierzu finden beunruhigt mich dennoch. Es setzt eine gewisse Boshaftigkeit der Ghule voraus."

Darmowy fragment się skończył.

21,55 zł