Czytaj książkę: «Schatten der Zitadelle», strona 4

Czcionka:

Der Mor'grosh verkniff sich eine bissige Bemerkung. Mit dieser Ungerechtigkeit konnte er sich nicht abfinden. Darauf würde er beim König zu sprechen kommen, das war sicher.

Aber erst einmal ließ er sich weiter durch die Stadt führen.

Im Moment durchfuhren sie ein zweites großes Tor am Ende der Auffahrtsstraße. Zu beiden Seiten des weiterführenden Wegs ragten hohe steinerne Gebäude mit länglichen Fenstern und vergilbten Dächern gen Himmel.

Nur schmale Gassen trennten die Häuser voneinander und allgemein war alles sehr platzsparend gebaut. Hier und da standen, wo sich genug Raum auftat, Baracken, in denen schäbige Kreaturen zusammengekauert saßen. Müll verwandelte die Straße in einen widerlichen Sumpf und verpestete die Luft.

Auch hier lebten eindeutig zu viele Menschen auf zu wenig Platz.

Was hat nur diese Überbevölkerung verursacht? Es scheint mir nicht so, als wäre sie einfach stetig angestiegen, eher als hätte urplötzlich eine Vielzahl an Menschen ein neues Zuhause gesucht. Wie eine... Explosion.“

Weiter folgten sie der Hauptstraße, vorbei an dem Wald von Gebäuden.

An ihrem Ende befand sich der Palast. Grundsätzlich bestand er aus Stein, doch die Fassade war reich mit Elfenbein und Gold verziert. Broxx taten die vielen Fanten Leid, die für die Verzierung hatten sterben müssen.

„Die armen Fanten“, bemerkte Margha.

Er lachte und hätte ihr in diesem Moment am liebsten einen Kuss auf die Lippen gedrückt.

„Wie du bei dem Zustand dieser Stadt nur daran denken kannst.“

Jetzt machte der Reiter halt und die Gruppe brachte die Kutschen zum stehen.

„Haltet euch bereit. Ich trage dem König euer Anliegen vor. Wenn er einer Audienz zustimmt, lasse ich euch holen.“

Nachdem er gegangen war, sprang Broxx mit einem Satz vom Wagen.

„Irgendetwas stimmt hier nicht“, sagte er und verschränkte nachdenklich die Arme.

„Das sehe ich auch so“, stimmte Elune ihm zu. „So viele Menschen müssen doch von irgendwoher kommen.“

Sie diskutierten noch eine Weile, als schließlich ein Diener durch den Eingang trat.

„Der König wünscht, euch zu sehen. Folgt mir bitte.“

Erneut durchschritt Broxx die Festung eines Staatsoberhauptes, doch im Gegensatz zum Kriegshäutpling der Orks, dessen Einrichtung durchweg eher schlicht und kriegerisch gestaltet war, sparte der König der Menschen nicht an Protz und Prunk.

Silber- und Goldornamente, Edelsteine, fein gewebte Teppiche und Vorhänge schmückten die Gänge.

Auch der Raum, den sie nun betraten, war reich verziert, schließlich befanden sie sich nun im Thronsaal.

Der König, der auf dem goldenen Thron saß, trug einen langen roten Mantel mit weißem Flaum an den Rändern. Die Krone war aus grünem Elementium und Echtgold, besetzt mit Rubinen.

Sich nicht erhebend, sprach er mit durchdringender Stimme:

„Was wünscht ihr in meinem Königreich, Ork?“

Dass er sich nicht vorstellte und der barsche Ton verwirrten Broxx.

„Eigentlich sind wir hier, um Euch zu warnen und um Eure Hilfe zu bitten, aber wie ich sehe, habt ihr eigene Probleme.“

„So. Vor was wollt ihr uns denn warnen? Haben die Orks vor, uns in unserem geschwächten Zustand anzugreifen?“

„Nein. Ich komme im Auftrag von Kriegshäuptling Thrakk und er ist Euch wohl gesonnen. Ja, er benötigt sogar Eure Unterstützung.“

Der König prustete los. „Er will unsere Hilfe?! Das ist ja etwas ganz Neues!“ Als er sich wieder gefangen hatte, fügte er hinzu: „Erklärt mir das.“

Daraufhin berichtete der Mor'grosh auch dem Menschenkönig von ihren Erlebnissen mit den Schatten.

„Ich verstehe Eure Besorgnis und würde gerne helfen“, antwortete dieser, „Aber wie ihr bereits festgestellt habt, haben wir selbst dringliche Probleme.“

„Werter König. Vielleicht können wir Euch und Euren Untertanen helfen. Ich habe die überfüllten Gefängnisse und den mangelnden Platz in der Stadt nicht übersehen und die Menschen tun mir Leid. Beschreibt mir Euer Problem, wir werden unser Möglichstes tun, um es zu lösen.“

„Gut. Ich erkläre es Euch.

In letzter Zeit häuften sich die Überfälle auf Karawanen, die auf dem Weg nach Hammerfall waren. Das Merkwürdige an diesen ist, dass keine Güter gestohlen wurden, die Reisen und ihre Zugtiere aber wie vom Erdboden verschluckt waren. Die Wägen hingegen wurden unverändert stehen gelassen. Wir vermuten irgendwelche größeren, mehr oder weniger intelligenten Raubtiere hinter den Angriffen.

Nach und nach wanderten die verängstigten Landbewohner rund um Hammerfall in die Stadt.

Demnach hatten wir bald mit einer starken Überbevölkerung zu kämpfen und die Einwohner wurden immer unzufriedener. Vor einigen Tagen kam es dann zu einem Aufstand, den ich gewaltsam niederschlagen lassen musste, denn die Leute sind wütend. Hunger und Armut plagen sie. Ich ließ viele der Aufständischen einkerkern, um einigermaßen für Ruhe zu sorgen. Aber das ist auf Dauer keine Lösung.“

„Und wie können wir Euch helfen?“

„Nunja. Wir wissen bis jetzt nicht, wer oder was die Reisenden angreift. Donnerbergen wurde komplett von uns abgeschottet. Ich habe schon mehrere bewaffnete Einheiten dorthin entsandt, doch keine von ihnen ist zurückgekehrt.

Aber ich kann und will nicht von Euch verlangen, Euch dieser Gefahr auszusetzen.“

Broxx dachte kurz nach, dann drehte er sich zu seinen Gefährten um. Als diese ihm entschlossen zunickten, antwortete er:

„Es ist nobel von Euch, uns schützen zu wollen, aber wir müssen der Sache auf den Grund gehen. Vielleicht haben die Geschehnisse in Eurem Land etwas mit der Ausbreitung der Seuche zu tun. Unser Auftrag schließt auch deren Eindämmung ein. Wir werden Herausfinden, was in Donnerbergen vor sich geht.

„Ich danke Euch. Lasst uns nun etwas essen. Ich kann mir gut vorstellen, dass ihr nach Eurer Reise hungrig seid. Aber macht Euch danach so bald wie möglich auf den Weg.

Die Angelegenheit duldet keinen Aufschub.

Sobald die fünf Reisenden und der König an der Tafel Platz genommen hatten, die Diener eilends herbeitrugen und deckten, fügte er hinzu:

„Achso, entschuldigt die Unhöflichkeit, ich habe zur Zeit anderes im Kopf. Mein Name lautet Richard.

Und wen habe ich zu Gast? Greift nur zu, greift nur zu!“, begann er das Bankett und schob sich selbst eine Weintraube in den Mund.

***

Nach zwei Tagen näherte sich die Gruppe Donnerbergen.

Die Straßen waren auch jetzt leer, doch bis auf einige unheimliche nächtliche Laute kamen sie nicht in Kontakt mit irgendwelchen Raubtieren.

Was Margha größere Sorgen bereitete, war, dass Broxx sich sehr still verhielt. Er schien in sich gekehrt. Als sie ihn darauf ansprach, schob er es auf die schwere Verantwortung, die jetzt auf ihren Schultern lastete, aber sie war überzeugt, dass er etwas für sich behielt.

Dennoch war er genauso zuvorkommend wie sonst, deshalb fragte sie nicht weiter nach. Sie war in seiner Gegenwart glücklich und wollte das nicht verderben.

Aber auch sie musste zugeben, dass ihr nicht ganz wohl beim derzeitigen Unterfangen war. Etwas stimmte nicht und das konnte man deutlich spüren. Es war zu ruhig.

In der Ferne löste sich langsam ein riesiges Tor zwischen zwei Bergen aus dem Nebel, der seit einigen Meilen immer dichter wurde. Dreihundert Fuß massives Holz, verstärkt mit Eisenbeschlägen brachten Margha zum Staunen. Auf diesem Weg war die Stadt uneinnehmbar. Die Frage war nur, wer in der Lage war, solch ein monströses Bauwerk zu erreichten.

Stecken die Schatten dahinter? Ich will es mir gar nicht vorstellen.

Am Abend erreichten sie das Gebilde, dessen Schatten sie in der Abendsonne in beinahe nächtliche Dunkelheit hüllte.

Einen Zugang suchend schritten sie mit Fackeln in der Hand am Tor entlang. Aber solange sie es auch betrachteten, tasteten, sie fanden keinen. Nach etwa zwei Stunden gaben sie auf.

„Anscheinend dient das Tor nur der Befestigung. Die Bewohner der Stadt nutzen wahrscheinlich einen anderen Eingang. Lasst uns jetzt rasten und im Morgengrauen weiter suchen, wenn der Schatten anders fällt und wir mehr Licht haben“, schlug Broxx vor.

„Einverstanden“, erwiderte Lurd. „Aber wir sollten uns einen sicheren Lagerplatz suchen. Wir sind in gefährlichem Gebiet und mir ist es hier nicht geheuer.“

Nachdem sie einen leicht zu verteidigenden Platz am Fuß eines der Berge gefunden hatten, schlugen sie dort ihr Lager auf.

„Ich lege mich jetzt schlafen. Margha, kommst du mit?“, sagte Elune bald und die Mor'grosh folgte sofort.

Sehnsüchtig blickte Broxx ihr hinterher, denn sie hätte sich gerne noch weiter unterhalten.

„Gute Nacht, ihr Beiden“, wünschten er und der Junge dennoch.

Aber die zwei Frauen waren zu tief in Gedanken versunken, um zu antworten.

***

Lurds Gedanken sprangen hin und her.

Mal dachte er an den Auftrag, mal an Broxx und Margha, mal an die Seuche, mal an die Ereignisse, die sein Volk und dessen Hauptstadt in Zeiten großer Gefahr schwächten.

Was, wenn auch Hammerfall angegriffen wird? Ein Massaker...

Vor seinem inneren Auge spielte sich plötzlich eine Bilderfolge ab:

Ein kleines Mädchen, das lachend vor ihm davonlief und sich dabei zu ihm umdrehte; ein Mann, der mithilfe von Eseln als Zugtiere einen Acker bestellte; eine ältere Dame mit Brille, die auf der Veranda sitzend strickte; daneben eine in den mittleren Jahren, die der Älteren gut zuredete.

Tränen stiegen ihm in die Augen. Er ballte die Fäuste so stark, dass sie weiß anliefen, die Fingernägel gruben sich tief in die Handballen. Der Hass auf die Schatten entfesselte unbändige Kräfte in ihm, die er nur schwer kontrollieren konnte.

„Ich vermisse euch so sehr... Sara, Vater, Großmutter, Mutter...“, murmelte er leise vor sich hin.

Elune musste seinen Zustand bemerkt haben, denn sie stand auf, setzte sich neben ihn und nahm ihn in den Arm. Trotz seiner neunzehn Jahre fühlte er sich nun wieder wie ein kleines Kind. Doch die Berührung tat gut und so ließ er all die Emotionen, die sich in ihm aufgestaut hatten einfach heraus.

Erst als er sich wieder einigermaßen gefasst hatte, löste die Elfin die Umarmung.

„Danke“, schluchzte er. Sie nickte nur.

Nach einer Weile sagte Elune plötzlich:

„Ich habe meine Elfen verloren, als ich sechs Jahre alt war. Sie starben im Kampf gegen die Oger.

Danach wurde ich von einer Kriegerschule zur nächsten geschickt. Besser als im Waisenhaus einzugehen war es allemal, aber wirklich schön war es nicht.

Was ich sagen will, ist: Ich verstehe, wie hart es ist, seine Familie in jungen Jahren zu verlieren.

Der Schmerz wird nie mehr vollständig vergehen, aber das Leben geht weiter.“

„Du hast Recht. Danke.“

Sie lächelte. Es war dass erste Mal, dass er sie lächeln sah. In diesem Moment wirkte sie seltsam verletzlich, aber dennoch anmutig.

***

Unruhig wälzte Broxx sich hin und her. Träume von wolfsartigen Kreaturen, glühenden Augen in der Dunkelheit und anderen ungewöhnlichen Wesen plagten ihn. Als er erwachte, perlten Schweißtropfen von seiner Stirn.

Nach oben blickend, bemerkte er, dass Wolken den Vollmond am nächtlichen Himmel verdeckten.

Er sah sich um. Die anderen schliefen fest neben dem vor sich hin flämmelnden Lagerfeuer.

Langsam stand er auf und schritt in die Nacht hinaus. Sich ein wenig die Beine zu vertreten, würde ihm gut tun.

Doch kaum hatte er sich einige Fuß vom Lager entfernt, machte ihn ein donnerndes Geräusch irgendwo im vor ihm liegenden Gelände hellhörig.

Jedoch kehrte schon in dem Moment, als er es vernommen hatte, wieder Ruhe ein. Verdutzt lief er weiter. Vielleicht hatte er sich getäuscht.

Er genoß die Stille, die kalte, feuchte Luft und die kühle Brise, die ihm über seine beigefarbene Haut strich.

Als er gerade wieder zurück gehen wollte, blitzte ein Lichtschein einige Meter von ihm entfernt auf. Die Augen zusammenkneifend erkannte er eine Öllampe. Hinter ihr löste sich jetzt langsam eine Gestalt aus dem Nebel.

Broxx griff sofort an seinen Gurt und tastete nach seinen Äxten – doch sie waren nicht da.

Verdammt! Ich muss sie im Lager vergessen haben.

Nach einem als Waffe benutzbaren Gegenstand suchend, glitten seine Augen über den Boden.

Aschfahl kam die Gestalt, beinahe schwebend, immer näher an ihn heran.

Dann eben mit bloßen Händen. Was ist das? Ein Irrlicht?

Als der Mor'grosh Anstalten machte, auf das Wesen loszugehen, gebot es ihm mit abweisend ausgestreckter Hand, aufzuhören und sagte:

„Fürchte dich nicht. Ich bin Kumupen und lebe in Donnerbergen. Unsere Torwachen haben euch bemerkt und ich bin hier, um euch den Zugang zur Stadt zu weisen.“

„Mitten in der Nacht?“ Broxx wurde stutzig. Irgendetwas an dem Mann war ihm nicht geheuer, obwohl er eigentlich recht vertrauenswürdig erschien. Die kurzen, grauen Haare, die vielen feinen Fältchen im Gesicht, die stupsige Nase und die eisblauen Augen strahlten Gutmütigkeit aus.

Dennoch: als die Blicke der beiden sich trafen, regte sich der Dämon in Broxx plötzlich. Es war wie ein Krampf. Seine Muskeln zogen sich kurz zusammen und entspannten sich nach wenigen Augenblicken wieder.

„Alles in Ordnung?“, fragte Kumupen.

„Ja. Ich musste mich nur schütteln. Es ist kalt.“

„Ihr habt Recht. Lasst uns in Euer Lager zurückkehren und Eure Gefährten wecken.“

„Einverstanden. Folgt mir. Mein Name ist übrigens Broxx.“

Also gingen sie zurück und weckten die Schlafenden. Broxx rüttelte sanft Margha wach und Kumupen holte die anderen aus ihren Träumen.

Auf die Frage der Halborkin, wer der ältere Mann sei, sprach Broxx so laut, dass es alle hören konnten:

„Das ist Kumupen. Er kommt aus der Stadt und hat den Auftrag, uns hinein zu geleiten. Ich denke wir können ihm vertrauen.“

„Ich danke Euch, Broxx.“

Überzeugt waren weder der Halbork, noch seine Gefährten, aber es schien ihm die beste Möglichkeit zu sein, in die Stadt zu gelangen.

Also ließen sie sich vom Tor weg, einen versteckten Bergpass entlang führen. Die Kutschen mussten sie zurück lassen, denn der Weg war zu schmal. Mit Sicherheit würde den Moohls das Gras dort, wo sie angebunden waren, bis zu ihrer Rückkehr genügen.

Offensichtlich stellte es einen Umweg dar, denn sie wanderten in der Nacht, als die Sonne aufging und selbst dann noch einige Stunden, als diese sich wieder hinter den Horizont gesenkt hatte.

Irgendwann entschlossen sie sich, eine Rast einzulegen. Da Kumupen meinte, dass der Pfad ungefährlich sei, befestigten sie ihr Lager nur notdürftig.

Anschließend legten sich die erschöpften Reisenden schlafen.

***

Ein auf ihr Gesicht fallender Mondstrahl weckte Elune.

Auf das Licht des silbrigen Nachtgestirns reagierten Elfen in besonderer Weise. Energie durchströmte ihren Körper und sie wurden aktiver. Aus diesem Grund mussten sie nur dann schlafen, wenn der Mond nur schwach oder gar nicht leuchtete.

Hellwach stand sie auf und sah sich um.

Die anderen schliefen fest auf ihren mit Gräsern und Blättern gepolsterten Nachtlagern. Alle lagen sie da:

Broxx, Margha, Lurd...

Moment... Wo ist Kumupen?

Nach links und rechts hielt sie Áusschau, suchte die Umgebung ab, doch er war nirgends zu finden.

Gerade, als sie die anderen wecken wollte, hörte sie ein Heulen, wie das eines Hundes oder Wolfs, nur wesentlich lauter. Sofort zog sie ihren Bogen und legte einen Pfeil auf. Ihre Sinne schärften sich auf die Gefahrensituation.

Auf leisen Sohlen schlich sie in die Richtung, aus der sie das Geräusch vernommen hatte.

Trotz äußerster Wachsamkeit den Verursacher des Heulens konnte sie nicht ausfindig machen.

Nachdem sie sich sicher war, dass hier kein Feind lauerte, bewegte sie sich langsam zurück zu den anderen.

Schon einige Meter entfernt hörte sie ein Scharren, wie von etwas Hartem auf Stein und hechelnde Laute.

Sie legte die Sehne an, schussbereit.

Im Lager angekommen war nichts zu sehen das die Elfe beunruhigte, doch sie spürte die Anwesenheit von etwas Bösem.

Sie schlich sich zu Broxx, um ihn zu wecken, doch in dem Moment, als sie ihn berührte, stürzte aus der Dunkelheit etwas auf sie zu.

Gerade noch konnte sie sich mit katzenartiger Eleganz zur Seite rollen, doch das wolfsähnliche Wesen setzte schon erneut zum Sprung an.

Diesmal feuerte Elune geistesgegenwärtig einen Pfeil auf die Bestie ab, dem diese aber mit einem Haken nach rechts auswich und weiter auf das Spitzohr zu stürmte.

Blitzschnell zog sie ihren Dolch, legte den Bogen auf die Erde und machte sich bereit, den Angriff abzufangen.

Als die Kreatur sich zähnefletschend auf sie warf, rollte sie sich geschickt auf den Rücken, rammte ihm den Dolch in die Brust und stieß es mit den Beinen wieder von sich.

Jaulend und wimmernd wie ein verletzter Hund kauerte es am Boden.

Die Elfe, die eine leichte Beinverletzung von den Krallen des weißen Wolfsmenschen davon getragen hatte, nahm den Bogen auf und schoss blitzschnell nacheinander zwei Pfeile auf ihren Feind ab. Den ersten konnte er mit den Klauen abwehren, aber der zweite traf ihn in den Oberschenkel.

Er schrie mit einer seltsam verzerrten Stimme auf.

Durch den Lärm waren mittlerweile auch die anderen wach geworden und stellten sich kampfbereit zu Elune.

„Alles gut?“, fragte Broxx. Sie nickte nur und legte einen weiteren Pfeil auf.

Der Werwolf ging in die Knie.

Den Hass nicht unterdrückend sprach er mit der verzerrten Stimme Kumupens:

„Wir werden uns wiedersehen!“

Dann sprang er mit unglaublicher Kraft vom Boden ab, in die Nacht hinein und war verschwunden.

Elunes Pfeil ging ins Leere.

„Was zum Teufel war das?“, fragte Lurd entsetzt.

Broxx antwortete ruhig:

„Es muss Kumupen gewesen sein. Seine Stimme war deutlich in der der Kreatur zu wiederzuerkennen.

Und in der Nacht, als ich ihn getroffen habe... seine Augen... als ich in sie hinein sah, regte sich der Wolfsdämon in mir.

Anscheinend sind diese Werwölfe irgendwie mit ihm verbunden.

Aber lasst uns jetzt weiterschlafen. Anscheinend haben wir eine größere Aufgabe vor uns, als wir dachten.“

Er legte sich wieder hin und Lurd tat es ihm gleich.

„Was uns da wohl noch erwarten wird...“, murmelte Elune vor sich hin.

Hinter ihr antwortete Margha:

„Es wird schon nicht so schlimm werden. Aber jetzt lass mich deine Wunde ansehen, bitte.“

Die Elfe schüttelte sich. Sie hatte die Mor'grosh gar nicht bemerkt.

„Ach, ist doch bloß ein Kratzer.“

Dennoch machte sie ihr Bein frei und hielt es so, dass Margha es begutachten konnte.

Nach einer Weile sagte sie:

„Margha, kann ich dich etwas fragen?“

„Nur zu“, antwortete diese und lächelte freundlich.

„Warum machst du das alles hier mit? Und was gibt dir die Kraft?“

„Hmm.

Weißt du... Ich bin bei meiner Mutter aufgewachsen, bei ihren Landsleuten, am Rand zum Reich der Orks. Ich fiel natürlich auf, mein Vater gab mir schließlich einen Teil seiner orkischen Gene.

Aber immer, wenn ich traurig war, hat sie mich mit nach draußen genommen.

Wir beobachteten die vielen Tiere, die Vielfalt der Pflanzen. Sie zeigte mir die ganze Schönheit des Lebens.

Und ich lernte dieses zu schätzen.

Die Beziehungen zwischen den Lebewesen.. Freundschaft, Liebe.

Die Schatten zerstören all dies. Und deshalb werde ich gegen sie kämpfen.

Jede Faser meines Körpers widerstrebt ihren Gräueltaten. Sie treten das Leben mit ihrer Seuche mit Füßen.“

Auf eine besondere Weise berührten Elune die Worte der Halborkin und gaben ihr Kraft.

„Ich danke dir. Du hast mir sehr geholfen.“

Ein Ausdruck der Zufriedenheit breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Ihre Verwirrung über das gerade Geschehene rückte in den Hintergrund.

Margha lächelte. Ihre Augen strahlten eine große Wärme und Güte aus.

Sie war nun fertig mit dem Versorgen der Wunde und erhob sich.

„Gute Nacht“, wünschte sie Elune und ging ebenfalls schlafen.

Noch mehrere Stunden lang saß die Elfe schweigend da und dachte nah, bis der Mondschein langsam den ersten Strahlen der Sonne wich.

Dann legte auch sie sich noch ein wenig hin.

***

Die Gefährten hatten ihr Gepäck leicht gemacht. Alles, was sie im Kampf behindern konnte, hatten sie zurückgelassen.

Lediglich ihre Trinkschläuche und eine Notration trugen sie neben ihren Waffen und Rüstungen bei sich.

Sie hatten beschlossen, einfach dem Pfad, den Kumupen sie entlang geführt hatte, weiter zu folgen.

Langsam ging die bergige Landschaft in eine baumgesäumte Ebene über.

Als sie die Baumreihe, die ihnen die Sicht versperrt hatte, hinter sich gelassen hatten, eröffnete sich ihnen schließlich der Blick auf die Stadt.

Nur wenige Meilen waren sie noch entfernt. Je näher sie kamen, desto besser wurde die auffällige Architektur der Donnerbergener sichtbar.

Ein geschwungenes Grundgerüst, auf dem ein spitz zulaufendes Dach mit einem über der Tür hervorstehenden Giebel saß, kennzeichnete jedes Gebäude.

Über der ganzen Stadt schien ein düsterer Schleier zu liegen, was vielleicht an den dunklen Stilelementen lag, die charakteristisch für die Häuser waren.

Als sie die erste gepflasterte Straße betraten, drang weniger Licht zu ihnen durch, da die Dächer eng beieinander standen. Broxx war leicht unheimlich zumute.

Im Zwielicht zogen sie durch die Gassen, doch keine Menschenseele war zu sehen. Immer wieder schaute der Halbork durch die Fenster der Wohnungen, doch sie schienen leer zu stehen.

„Wo sind die bloß alle?“, flüsterte Lurd ängstlich. „Es ist gruselig hier. Die Stille...“

Margha antwortete: „Der ganze Ort ist leblos. Keine Menschen, keine Tiere, nicht einmal irgendwelche Spinnen oder anderen Insekten bewohnen ihn.“

Sie schauderte.

Stundenlang streiften sie durch die tote Stadt, bis zur Dämmerung, aber sie fanden kein Lebenszeichen.

Schließlich schlug Broxx vor, an einem möglichst übersichtlichen Teil Rast zu machen, insofern suchten sie nach dem Marktplatz.

In weiterer Entfernung erblickte er plötzlich schwach den orange leuchtenden Schein von Feuer.

Er bedeutete den anderen, sich kampfbereit zu halten. Dann schritt er leise und vorsichtig in Richtung des Scheins.

Noch immer war es still in der Stadt. Zudem weitete sich nach und nach der düstere Schleier in den Gassen aus.

Schließlich hatten sie den Ursprung des Leuchtens beinahe erreicht. Der Mor'grosh lehnte sich an eine Gebäudemauer und lugte mit nur einem Auge, um auf keinen Fall gesehen zu werden, zur Straße, während die anderen hinten warteten.

Und er staunte nicht schlecht.

Der Dorfplatz, in den der Weg mündete, war gefüllt von Menschen. Der Großteil von ihnen trug gut-bürgerliche Kleidung und die Männer Zylinder.

Der helle Schein Entsprang einem großen Feuer in der Mitte des Platzes, der ausreichte um den Dorfbewohnern perfekte Sicht in jede Ecke zu gewährleisten.

Broxx konnte nicht sagen, was genau dort von statten ging, aber es schien eine Art Besprechung zu sein, denn auf einer Tribüne hielt ein älterer Herr eine Rede,

Er steckte die Waffe weg, blieb aber angespannt. Die anderen taten es ihm gleich.

„Ich glaube, es besteht keine Gefahr. Aber bleibt trotzdem vorsichtig.“

Dann schritt er auf den Platz, die anderen folgten dicht hinter ihm.

Der Redner hielt inne und zeigte auf die Neuankömmlinge.

Sofort machte die Mengen Platz und bildete eine Gasse zur Tribüne. Ausdruckslos sahen sie die Gruppe an. Broxx nahm ihre Gesichter nur verschwommen, maskenartig wahr.

Er und seine Gefährten gingen unbeirrt weiter. Direkt hinter ihnen schloss sich die Gasse wieder.

Sie stiegen auf die hölzerne Erhebung.

Jetzt, aus der Nähe, erkannten der Mor'grosh und die anderen, wer der Redner war:

Kumupen.

Sofort zogen sie ihre Waffen.

Ruhig sprach der Wolfsmensch:

„Ich sagte doch, wieder würden uns wiedersehen.“

Er heilt kurz inne.

„Ihr schaut so verdutzt. Lasst es mich euch erklären. Ihr fragt Euch sicher, was uns zu dem gemacht hat, was wir sind.

Eines Tages erreichte uns ein Wanderer aus dem Norden des Reiches. Das große Tor stand noch offen und der Handel blühte.

Der Fremde ließ sich in unserer Stadt nieder, doch er trug eine seltene, unheilbare Krankheit mit sich, die nach und nach seine Glieder violett einfärbte.

Sein Handwerk war die Jagd. Als er einmal im Wald einem Reh nachstellte, attackierte ihn ein riesiger Wolf aus dem Hinterhalt.

Er schaffte es, zu fliehen, doch er wurde mehrfach verwundet. Mit letzter Kraft schleppte er sich zurück zur Stadt und wurde dort bewusstlos aufgefunden.

Lange lag er im Krankenbett. Seine Verletzungen heilten, doch er fieberte und veränderte sich zunehmend.

Seine Zähne wuchsen länger und spitzer, die Körperbehaarung nahm zu. Zu seinen wachen Zeiten verlangte er nach rohem Fleisch, am liebsten blutig.

Mit der Zeit wurde er wieder lebendiger, doch benahm er sich immer mehr wie ein wildes Tier.

Als ihm eine Pflegerin eines Tages das Essen bringen wollte, stürzte er sich auf sie und biss ihr ein Stück Fleisch aus dem Arm. Mit der Hilfe mehrer Männer konnten sie ihn bändigen, doch auch einige von ihnen wurden verletzt.

Schließlich wurde er zum Tode verurteilt und verbrannt.

Doch diejenigen, die er verwundet hatte, mutierten ebenso.

Auch sie forderten ihre Opfer, die sich auch bald verwandelten. Nach und nach breitete es sich so unter allen Einwohnern aus.

Die Infektion veränderte sich bald. Statt die betroffenen äußerlich zu beeinflussen, verlieh sie ihnen die Fähigkeit, sich wann sie wollten in Wolfsmenschen zu verwandeln.

Und wie ihr seht, steht ihr hunderten von uns gegenüber.

Ergebt euch und ich verspreche euch, euer Tod wird schnell von statten gehen.“

Die ganze Zeit hatte Broxx versucht, ihre Lage einzuschätzen. Schon früh hatte er erkannt, dass sie in der Falle saßen.

„Vergiss es“, brüllte er und schlug mit seinen Äxten nach Kumupen, der aber geschickt auswich und sich schnell einige Schritte entfernte, um sich zu verwandeln.

Die anderen reagierten sofort auf Broxx' Ausfall.

Elune schoss in wenigen Sekunden mehrere Pfeile in die Meute von Wolfsmenschen, die sich gerade in der Mutation befanden und streckte etwa ein dutzend von ihnen nieder.

Bleiben „nur“ noch ein paar hundert. Das kann ja lustig werden, dachte sie.

Nun stürmten auch die anderen Bestien auf die Tribüne.

Von allen Seiten drangen Feinde auf die Gefährten ein.

Kumupen war indes in der Masse untergetaucht und trotz seines weißen Felles, das ihn von seinen grauen Artgenossen unterschied, konnte Broxx ihn nicht ausmachen.

Jeder der vier versuchte sich auf seine eigene Weise gegen die Vielzahl von Gegnern zur Wehr zu setzen.

Broxx benutzte jeweils eine seiner Waffen als notdürftigen Schild und schlug mit der anderen nach allen Gliedmaßen und Körperteilen, die er erreichen konnte.

Sein Ziel war es, die Gegner zu verwunden und sie dadurch vorerst außer Gefecht zu setzen, was ganz gut klappte. Mehrere mussten weichen.

Elune versuchte, immer ein wenig Abstand zu ihren Feinden zu gewinnen, um sie so mit ihren Pfeilen durchlöchern zu können, und nutzte dafür agil jeden Holzplanken und jedes freie Fleckchen, das sie erreichen konnte.

Sollte es doch einmal ein Wolfsmensch in ihre Nähe schaffen, rammte sie ihren Dolch in dessen Fleisch.

Lurd und Margha bildeten ein Team, waren sie doch von Broxx und Elune getrennt worden.

Die Mor'grosh stärkte ihren Verbündeten mit ihren schamanistischen Kräften und drosch mit ihrem Zweihandstab um sich, so gut es ging, wohingegen der junge Mann mit seinen magisch verstärkten Kräften mit seinem Bidehänder einen Gegner nach dem anderen fällte.

Lange wütete der Kampf, doch die Werwölfe waren zäh. Und die Blutgier trieb sie dazu, sich in halsbrecherische Angriffe zu stürzen.

Dennoch schienen es einfach nicht weniger zu werden und langsam aber sicher wurde die Gruppe müde.

Kumupen witterte seine Chance.

Er drängte sich durch die Menge zurück zu Broxx und stürzte sich zähnefletschend auf ihn. Durch die Wucht der Sprunges wurde der Halbork zu Boden geworfen.

Unter Aufbringung all seiner Stärke hielt dieser die todbringenden Fänge davon ab, sich in seiner Kehle zu verbeißen.

Fauliger Atem schlug ihm ins Gesicht.

Doch er hielt stand und sah der Bestie direkt in die Augen.

Auch jetzt waren diese eisblau, aber nun durchzogen von blutroten Schlieren.

Wieder weckten sie den Dämonen in Broxx. Ein unsagbares Verlangen nach Erlösung von den dadurch entstehenden Schmerzen breitete sich in ihm aus.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, die in Wirklichkeit nur wenige Augenblicke darstellten, hielt er es nicht mehr aus und gab dem Drang nach. Er verwandelte sich wieder in die dämonische Gestalt.

Im Grunde genommen unterschied er sich jetzt kaum mehr von seinen Feinden, jedoch überragte er sie bei Weitem.

So packte er den immer noch nach ihm schnappenden Kumupen an beiden Armen und zog mit einer Gewalt daran, die ihm nur durch die Kräfte des Dämons zugänglich war. Es stellte ein leichtes dar, den wehrlosen Wolfsmenschen in einem Gewitter aus Blut und Gedärmen in der Mitte auseinander zu reißen.

Er wischte sich mit den krallenbesetzten Klauen den dunkelroten Lebenssaft aus dem Gesicht, dann wandte er sich den übrigen Feinde zu.

Mit seinen Krallen zerfetzte er sie, zermalmte sie unter seinen Fäusten.

Er wütete und verfolgte jeden, der zu fliehen versuchte, kannte kein Erbarmen.

Sie musste restlos vernichtet werden, stellten sie doch eine zu große Infektionsgefahr dar und bald lagen alle Werwölfe tot um die Tribüne verteilt.

Nach ihrem Ende verwandelten sie sich zurück in ihre menschliche Form und Broxx tat es ihnen letztendlich gleich.

Er hatte ein Gemetzel veranstaltet. Das Blut seiner Opfer tränkte den Boden und Leichenteile lagen überall verstreut.

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