Czytaj książkę: «Schatten der Zitadelle», strona 3

Czcionka:

Anschließend bahnte er sich seinen Weg durch die heranstürmenden Kreaturen zu dem Krater im Berg. Dort angekommen stemmte er sich mit aller Kraft gegen die Felswände, doch es geschah nichts.

Broxx kam noch einmal das Bild der bewusstlos am Boden liegenden Margha vor Augen. Er blickte sich um. Elune stand in der Nähe der Halborkin und verteidigte sie gegen alle Angreifer. Sie standen und heftiger Bedrängnis.

Erneut steigerte sich seine Wut.

Rasend vor Zorn stemmte er sich wieder gegen den Fels. Es ertönte ein leises knacken. Risse fraßen sich in das Gestein. Dann gab der Berg nach. Schnell trat Broxx zur Seite und Felsbrocken verschütteten den Krater.

Noch einmal blickte der Mor'grosh sich um, Zufrieden stellte er fest, dass Margha und seine anderen Gefährten in Sicherheit waren. Erst jetzt spürte er die unglaubliche Müdigkeit, die sich über ihn gebreitet hatte. Der Einfluss des Dämons wich von ihm und er verlor das Bewusstsein.

***

Als Margha wieder erwachte, lag sie unter einigen kuscheligen Fellen auf einer Strohmatratze. Sie grub sich aus und setzt sich am Rande des Bettes auf. Anscheinend befand sie sich in einem der Gästezimmer der Löwenfeste, denn die Wände bestanden aus dem selben Material und waren ebenso nur karg behangen.

Beim Umschauen im Zimmer bemerkte sie, dass in einem zweiten Bett noch jemand lag. Sie fühlte sich etwas schwach, denn der Angriff hatte sich schwer getroffen.

Mit wackeligen Beinen erhob sie sich und schritt auf ihren Zimmergenossen zu. Er lag von ihr weggedreht, aber nach einer Weile kehrte er ihr die Vorderseite zu. Es war Broxx.

Sie betrachtete ihn. Ihr blick glitt über die in der Gefangenschaft wild gewachsenen Haare, die flache Stirn, die geschlossenen Augen, den wohlgeformten Mund, über den muskulösen Hals und Nacken, die muskelbepackten Arme, den gestählten Oberkörper...

Dann schlug Broxx plötzlich die Augen auf und sie wandte verlegen den Blick ab.

Als sie wieder hinsah, starrte er ihr direkt in die Augen. Das tiefe Braun seiner Iris zog sie magisch an. Sein Gesichtsausdruck spiegelte Verwunderung und Neugierde wieder.

Außerdem glaubte sie für einen Moment, ein Gefühl der Zuneigung darin zu erkennen, doch nach wenigen Augenblicken war es schon wieder verschwunden. Dennoch hoffte sie, dass sie sich nicht getäuscht hatte.

„Wo sind wir?“ Die Frage riss sie aus ihren Gedanken. „Und wie viel Zeit ist seit der Schlacht vergangen?“

„Ich...“, aber ihr Antwortversuch wurde unterbrochen.

„Ihr befindet euch in der Festung des Kriegshäuptlings. Meinem Palast.“ Thrakk hatte lautlos das Zimmer betreten. „Und die Schlacht hat vor zwei Tagen stattgefunden. Ihr beiden habt solange geschlafen. Aber das hattet ihr euch wirklich verdient.

Wir sind dir zu tiefstem Dank verpflichtet, Broxx. Ohne deine Hilfe hätten wir diesen Hinterhalt wohl nicht überstanden.“

„Es ist nicht die glücklichste Begebenheit, dass ich mich verwandelt habe, zumindest für mich persönlich... Dennoch ehrt mich eure Dankbarkeit. Ansonsten kann ich nur sagen, dass das wohl Eures Volkes auch mir am Herzen liegt, Kriegshäuptling. Schließlich bin ich auch zu einem Teil Ork.“ Er grinste, dann wurde er wieder ernst. „Außerdem habe ich noch eine Rechnung mit diesen Schattenwesen offen. Und dazu brauche ich Eure Hilfe. Ich muss mit Euren Schamanenältesten sprechen.“

„Es soll dir jeder Wunsch gewährt werden, den ich dir erfüllen kann. Ich werde ein Treffen arrangieren.“

Er wandte sich zum gehen, drehte sich aber noch einmal um.

„Achja... Euer Gefährte, Mrosh, ist tot. Er hat ein Leben im Kampf gelassen. Ein gutes Ende.“

Ernst blickte er die beiden an, dann verließ er das Zimmer.

Broxx wirkte bestürzt. Obwohl er den Ork nicht lange gekannt hatte, schien es ihm nahe zu gehen. Allerdings versuchte er, sich nichts anmerken zu lassen.

„Lass uns die anderen suchen. Aber erst brauche ich meine Kleider. Ich würde ungern nackt hier raus spazieren“, sagte er verlegen lachend.

***

Broxx saß in einer größeren Halle der Festung in einem bequemen Ledersessel. Er wartete mit seinen Mitstreitern darauf, zu den Schamanen vorgelassen zu werden.

Aber im Moment hatte er ganz andere Dinge im Kopf. Der Tod eines seiner Mitreisenden machte ihm zu schaffen.

Am Morgen nachdem er wieder erwacht war, hatte er sich einen stillen Ort außerhalb der Stadt gesucht und eine kleine Gedenkfeier abgehalten. Es war nun auch das erste Mal seit seiner Gefangennahme, dass er richtig Zeit hatte, über Thetas Verlust nachzudenken, Dennoch hatte er sie nicht in die Trauerfeier eingebunden. Noch wollte er es nicht wahr haben.

Aber da war noch etwas anderes. Dieser Blick. Marghas Blick, als er aufgewacht war.

Er bekam ihn nicht aus dem Kopf. So fürsorglich, so – er traute sich kaum, es sich vorzustellen – voller Liebe hatte sie ihn angesehen. Und das Kribbeln in seinem Bauch wurde immer stärker. Jedes Mal, wenn er zu ihr schaute, wurde ihm abwechselnd heiß und kalt und er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Er war in sie verliebt, das war ihm jetzt bewusst, aber irgendwie musste er herausfinden, ob sie das selbe für ihn empfand.

Nur wie?

Neben diesem Gefühlschaos musste er sich auch noch sein Ziel vor Augen halten:

Er wollte Tetha – und nun auch Mrosh – rächen. Doch dazu musste er wissen, mit was er es zu tun hatte.

Eben diese Frage sollten ihm die Schamanenältesten beantworten.

Sie waren die Weisesten ihres Volkes und wahrscheinlich würde niemand außer ihnen die Antwort kennen.

Deshalb war Broxx hier.

Nachdem sie mittlerweile schon einige Stunden gewartet hatten, öffnete sich die Tür zum Zeremonienraum. Heraus trat der in eine schlichte schwarze Lederrüstung, die Broxx' bis auf die Verzierung und die zusätzlichen Schulterplatten glich, gekleidete Kriegshäuptling.

„Ihr könnt jetzt reinkommen. Das Ritual ist abgeschlossen.“

Der Mor'grosh war erleichtert. Endlich.

Ein letztes Mal schielte er noch zu Margha herüber, die ihn in diesem Moment ebenfalls ansah und ihm zulächelte, dann erhob er sich und ging auf den am Türrahmen mit Runen verzierten Eingang zu.

Als er die Schwelle durchtrat, erloschen plötzlich alle Lichter im Raum.

Schreckrufe ertönten von seinen Gefährten und den Schamanen. Plötzlich blitzte ein grüner Lichtfunken in der Dunkelheit auf. Langsam schwirrte er auf Broxx zu, der wie zu Stein erstarrt dastand.

Als er den Halbork erreicht hatte, flog er einmal um dessen Kopf herum

- und verschwand!

Dann kehrte das Licht im Raum zurück und der Spuk war vorbei. Der Schock stand in die Gesichter der Zeugen dieses ungewöhnlichen Ereignisses geschrieben.

Doch der Ork, der anscheinend das Oberhaupt der Schamanen darstelle, schien nicht verängstigt, aber dennoch beunruhigt.

„Ihr... wer seid Ihr?“, fragte er forschend.

„Ich bin Broxx von den Mor'grosh und komme, um Euch um Rat in der Angelegenheit mit den Schatten zu bitten.“

„Und... was ist mit Euch geschehen?

Ihr.. habt etwas an Euch. Entschuldigt mich.“

Gedankenverloren wandte er sich ab, nahm einige Reagenzien aus einem Regal an der Wand, warf diese in einen blubbernden Kessel, verrührte die Mixtur und schüttete sie über den Ritualkreis am Boden.

Dampf stieg auf und wabberte im Raum.

Der Schamanenälteste murmelte einige Sätze in seinen geflechteten Bart und starrte dann konzentriert in die Dunstschwaden.

Nach einigen Minuten, während denen die anderen gebannt warteten, sprach er mit ernster Miene:

„Mor'grosh, Ihr... wurdet Ihr in irgendeiner Weise von den Wesen behandelt? Ich meine: Haben sie Euch etwas verabreicht oder dergleichen?“

Broxx hatte die Zeit in der Zitadelle größtenteils verdrängt, aber jetzt kamen die Erinnerungen zurück.

„Ich glaube... ja. Sie... sie haben mich einmal aus meiner Zelle in eine Art... Versuchslabor geführt. Dort hat mir jemand etwas gespritzt. Es war eine grüne Flüssigkeit und es tat höllisch weh. Mehr weiß ich nicht.“

„Ja... und das stimmt mit unseren Vermutungen leider überein.

Dann ist es wohl wahr. Aber ich rede wirr..

Es ist so: Untersuchungen der Leichen der Schatten ergaben, dass sie anatomisch den normalen Völkern Korrhas nahezu gleichen. Aber durch irgendetwas wurden Teile ihres Gehirns und der Beschaffenheit ihres Fleisches und ihrer Haut verändert.

Das Ritual, das wir durchgeführt haben, zeigt, dass es sich um eine Krankheit oder eine Seuche handelt.

Die Überreste der Magie aus der Zeremonie haben auf Euch reagiert, Broxx. Und auch der Test, den ich soeben durchgeführt habe, bestätigt, dass ihr die Seuche in Euch tragt.

Wie lange ist es schon her, dass sie Euch das Mittel injiziert haben?“

„Es muss etwa vor zwanzig Tagen gewesen sein. Aber ich weiß nicht genau, wielange ich in der Zitadelle festgehalten wurde, ehe ich mich befreien konnte.“

Er konnte sehen, wie sich entsetzen in Marghas Gesicht breit machte.

„Noch wissen wir nicht, wie lange die Metamorphose dauert. Aber die Veränderungen scheinen Euch noch nicht allzu sehr betroffen zu haben. Wir müssen diese Seuche unbedingt näher untersuchen, denn sie stellt ein ernsthaftes Problem dar.“

„Habt Ihr denn herausfinden können, wer hinter den Angriffen steht? Der Hinterhalt auf Karratosch war hervorragend geplant und ich glaube kaum, dass diese einfachen Krieger sich verbünden und ohne Grund in die Hauptstadt eines Kriegervolks eindringen würden.“

„Ich stimme Euch zu. Dennoch stehen wir hierbei vor einem Rätsel. Die Kreaturen haben von der Wüste aus – und von unseren Spähern erstaunlicherweise unbemerkt – einen Tunnel gegraben. Das heißt, es gibt keinen Ansatzpunkt, wer dafür verantwortlich sein könnte.

Allerdings muss es sich um einen mächtigen Magier handeln, um so ein Truppenaufgebot vor uns zu verbergen.“

Ein ungutes Gefühl machte sich in Broxx breit.

„Das ist wirklich beunruhigend...

Wir müssen herausfinden, wer für die Angriffe verantwortlich ist. Ich habe so eine Ahnung, dass das Ganze schlimmer wird, als wir es uns jetzt vorstellen können.“

„Ich weiß es nicht. Wir Orks stehen derzeit zu keinem Volk in feindlicher Beziehung.“, sagte Thrakk. „Ich stimme dir zu, dass es sich um einen ernste Bedrohung handelt, aber wir können nicht sofort herausfinden, wer der Anführer der Schatten ist.

Dennoch müssen wir uns gegen diesen Feind wappnen. Wir werden die Hilfe der anderen Völker brauchen, nachdem dieser Feind theoretisch über eine grenzenlose Anzahl von Soldaten verfügt.“

Eine längere Gedenkpause trat ein. Schweigen durchdrang den Raum.

„Dann werde ich gehen und sie um Hilfe bitten.

Es mag sein, dass ich nicht überall willkommen bin, aber irgendjemand muss es tun.

Lange bin ich durch die Wildnis Korrhas gewandert. Ich kenne mich dort wohl am besten aus“, schloss Broxx.

Sofort bekundeten die anderen Gruppenmitglieder Broxx ihre Zustimmung und sicherten ihm ihre Hilfe zu.

Nun schaltete sich der Kriegshäuptling wieder ein.

„Mor'grosh... So sei es denn. Warne und helfe den anderen Völkern, bitte sie im Gegenzug um ihre Unterstützung.

Der Rückhalt der Orks und – das sei dir versichert – meinen größten Respekt hast du dir mit dem Einsatz deines Lebens im Kampf verdient.

Brecht so bald wie möglich auf.

Er sah jeden Einzelnen der Gefährten einige Sekunden lang ernst an.

Broxx nickte. „Ich danke Euch, Thrakk. Das weiß ich sehr zu schätzen.

Dann kommt, Kameraden. Lasst uns uns beraten.“

***

Broxx lag im Bett. Nebenan schlief Margha, die beiden waren trotz angebotenem Zimmerwechsel dort geblieben, wo sie nach der Schlacht geruht hatten.

Jetzt döste er hier und dachte nach.

Die Gefühle für die Halborkin wurden immer stärker und jedes Lächeln, jeder Augenaufschlag bescherte ihm ein Hochgefühl. Er spürte eine Wärme in sich, wie noch nie zuvor.

Es war wundervoll. Und langsam verdrängte dieses tolle Gefühl die Trauer und den Schmerz über Tethas und Mroshs Verlust.

Außerdem dachte er über die Bedrohung durch die Schatten nach. Er hatte eine sehr schlechte Vorahnung und war überzeugt, die Angriffe waren nur der Anfang von etwas Größerem, wusste jedoch nicht, warum. Irgendetwas an diesen Wesen weckte eine starke Abneigung in ihm.

Vielleicht lag es daran, was sie ihm und den anderen angetan hatten, vielleicht regte sich auch die Seuche in ihm, wenn er den Kreaturen gegenüberstand.

Die Seuche... Ich muss ein Gegenmittel finden, koste es, was es wolle. Ich will und werde mich nicht in ein Scheusal verwandeln. Vorher...

Er führte den Gedanken nicht zu Ende, denn in diesem Moment flüsterte Margha:

„Broxx... Seid Ihr wach?“

„Ja, bin ich. Und dutzt mich doch bitte“, flüsterte er zurück. Er blickte sie an, doch in der Finsternis konnte er wenig erkennen.

„Gut.“ Er meinte, ein Lächeln zu auszumachen. Dann wurde sie wieder ernst. „Ich habe Angst, vor dem, was auf dieser Mission alles passieren könnte...“

„Ich habe auch Angst, Margha. Aber ich muss Tetha – und nun auch Mrosh – rächen. Solange werde ich nicht ruhen, bis die Verantwortlichen gebüßt haben.“

„Ihr... Du hast Angst? Aber du bist der tapferste und wohl auch stärkste Krieger, der mir je begegnet ist!“

„Nicht um mich. Ich habe Angst um diejenigen, die ich liebe.“ Er sah dorthin, wo er ihre Augen vermutete.

„Ich verstehe... Danke. Ich dachte schon, ich sei die Einzige mit diesen Gefühlen.“

„Gern geschehen“, erwiderte Broxx.

Dann wandte er sich verwirrt ab und versuchte zu schlafen.

IV. Reich der Menschen

Es war der Abend des zweiten Reisetages zur Hauptstadt der Menschen. Die Sonne tauchte den Himmel in viele verschiedene Nuancen von orange, rosa und blau.

Der Wüstensand wich langsam dem trockenen, spärlich bewachsenen Boden der Steppe.

Margha saß neben Broxx auf einer von Moohls gezogenen Kutsche. Die rhinozerosähnlichen, starken Lasttiere leisteten Großartiges.

Je zwei von ihnen zogen einen riesigen Wagen mit massig Gepäck und einem Zimmer für zwei Personen. Dieses war ziemlich geräumig, beinhaltete es doch ein Stockbett, eine große Kommode, ein Nachtkästchen mit einem Spiegel darüber und einen Tisch in der Mitte. Alles in allem war die Kutsche sehr luxuriös ausgestattet und stellte eine komfortable Art zu reisen dar. Der Kriegshäuptling hatte keine Kosten gescheut, um es seinem Helden und dessen Gefährten so bequem wie möglich zu gestalten.

Die Halborkin fühlte sich vollkommen wohl, nicht zuletzt, weil sie viel Zeit hatte, sich mit Broxx zu unterhalten. Schon seit Beginn der Reise sprachen sie über alles, was ihnen einfiel. Auch ernste Themen fanden ihren Weg ins Gespräch. Bei ihm fühlte sie sich sicher und konnte über alles reden.

Eigentlich sollte sie sich über die bevorstehenden Aufgaben und Herausforderungen Gedanken machen, aber sie dachte nur an Broxx. Letztendlich wurde ihr klar, dass sie in ihn verliebt war.

Deshalb genoss sie jeden Moment dieser Reise mit ihm.

***

„Sie warten“, sagte der weißhäutige Ork.

Der Kriegshäuptling betrachtete seinen Morghur, seinen Berater.

„Ich weiß, mein Freund. Aber es sind unangenehme Nachrichten, die ich ihnen überbringen muss. Gib mir noch einen Moment.“

Thrakk war nervös. Gleich würde sich zeigen, ob er als Kriegshäuptling etwas taugte oder nicht.

Dann ging er los. Er schritt durch den mit Wachen und Ratsmitgliedern besaiteten Gang, durch die Vorhänge, hinaus auf die Empore.

Schließlich stand er am höchsten Punk der Stadt auf dem Rednerbalkon seiner Feste und blickte auf den Versammlungsplatz herab. Er war komplett gefüllt mit Orks. Jung und alt, arm und reich standen dort unten. Sie erwarteten die Rede.

Sein Volk erwartete ihn.

Als ihm die Historik seines Auftrittes und sein Einfluss auf den weiteren Verlauf dieser Krise bewusst wurde, fiel plötzlich die gesamte Anspannung von ihm ab.

Er konzentrierte sich vollkommen auf sein Ziel.

Dann begann er zu sprechen, zunächst ruhig und leise:

„Ihr Orks! Meine Orks! Freunde und Brüder.

Ich komme heute zu euch mit beunruhigenden Nachrichten.

Eine Bedrohung hat sich aufgetan und wir alle wurden Zeugen eines grausamen Anschlags auf unser Volk.

Viele unserer tapfersten Krieger mussten an diesem schwarzen Tag ihr Leben lassen.“

Seine Stimme erhob sich.

„Doch jemand hat uns in der Not gerettet.

Einer aus jenem Volke, dem so viele von euch noch immer mit Verachtung begegnen. Ein Mor'grosh.“

Buhrufe ertönten. Thrakk wurde immer lauter.

„Doch ich sage euch: Dieses junge Halbblut wird uns mit wertvollem Rat und entschlossener Tat zur Seite stehen und uns sicher aus dieser Krise führen.

Vertraut ihm!

Denn diese Bedrohung wird sich verbreiten wie ein Leuchtfeuer. Die Seuche, mit der wir es zu tun haben, wird sich ausweiten.

Sie wird Freunde zu Feinden machen.

Broxx habe ich mit der Aufgabe betreut, die anderen Völker zu warnen und die Bedrohung einzudämmen.“

Er schrie nun beinahe.

„Doch wir dürfen nicht untätig bleiben!

Macht euch bereit für den Krieg, meine Brüder!

Verteidigt eure Familien!

Verteidigt euer Land!

Verteidigt euer Volk!

Und verteidigt eure Freiheit!

Wir werden diesen Feind vernichten, wie wir jeden vernichten, der sich uns entgegenstellt.

Wir werden zusammenstehen! Und wir werden siegen!

Für unser Volk!“

Einstimmig schrie die versammelte Masse von Grünhäuten ebenso „Für unser Volk!“, riss die Fäuste nach oben und tosender Applaus hallte von den Bergwänden wieder. Die Menge war außer sich.

Der Kriegshäuptling hatte sein Ziel erreicht.

Er hatte sie auf seine Seite gezogen, trotz der weit verbreiteten Verachtung für die Mor'grosh nach dem Bürgerkrieg vor drei Jahrzehnten.

Er drehte sich um und klopfte seinem Berater, der während der Rede hinter ihm gestanden hatte, auf die Schulter.

„Nun bist du an der Reihe, Teile ihnen die Vorbereitungsmaßnahmen mit.“

***

Am Abend des dritten Tages saß die Gruppe ums Feuer am Rande eines kleinen Pinienwaldes und erzählte sich schon seit Einbruch der Dämmerung Geschichten.

Gerade hatte Margha ihre – eine alte Legende der Mor'grosh, die Broxx nur zu gut kannte – beendet und nun war der Halbork als Letzter der Runde an der Reihe.

Aber ihm schien, dass keine Geschichte, die er kannte, im Moment passte.

Er sah Margha an. Ihre schwarzen, geflochtenen Haare, die schmalen Brauen, die graublauen Augen mit dem braunen Rand um die Iris, die Stupsnase, die er extrem niedlich fand, und die sinnlichen, anziehenden Lippen.

Wie schön es wäre, sie berühren zu dürfen.

Da fasste er einen Entschluss. Und nun wusste er auch, welche Geschichte er erzählen wollte. Die anderen warteten bereits gespannt, als er begann:

„Es war einmal ein Mann, der an einer unheilbaren Krankheit litt.

Augrund dessen hatte er sein ganzen Leben nur mit seiner Mutter, die ihn pflegte, gelebt und sein Zuhause nie verlassen.

Aber die Krankheit verschlimmerte sich langsam und er wollte noch etwas von der Welt sehen.

Deshalb ging er in die Stadt, wo ihn viel Neues erwartete:

reich verzierte Adelshäuser, dreckverschmierte Arbeiter, allerlei Geschäfte.

Nach einer Weile gelangte er zum Markt.

Die Vielfalt der dort angebotenen Waren faszinierte ihn sehr und er wünschte sich, schon viel früher hinaus in die Welt gegangen zu sein.

An einem Stand blieb er stehen. Nicht wegen der Güter, nein. Er hielt wegen einer jungen Frau an. Es war Liebe auf den ersten Blick.

Sie fragte ihn, ob er etwas kaufen wolle. Sie bot Ton feil.

„Ja“, stammelte er und nahm wahllos einen der Gegenstände auf. „Dieses Stück hier... bitte“

Sie lächelte und bedankte sich. Dann wandte sie sich den anderen Kunden zu.

Von nun an ging der Mann jeden Tag zu ihrem Stand und kaufte das Stück, das sie ihm empfohl. Er wollte ihr seine Liebe gestehen, doch er brachte die Worte nicht über seine Lippen.

Schließlich forderte die Krankheit ihren Tribut und er verstarb.

Als die Mutter nach einiger Zeit schließlich das Zimmer ihres Sohnes freiräumen wollte, fand sie in seinem Schrank all die Tonarbeiten, die er gekauft hatte. Jede Einzelne war achtlos verstaut worden.

Als sie sie näher betrachtete, entdeckte sie auf jedem, bis auf das erste, eine Inschrift. Auf den Boden jeder Arbeit eingraviert stand:

„Du bist wundervoll, aber ich traue mich nicht, dich direkt anzusprechen.“

Die Mutter, die von der Liebe ihres Sohnes zu jener Frau wusste, brach in Tränen zusammen.“

Noch lange nach der Erzählung blieb es still.

Schließlich sagte Elune:

„Eine gute Geschichte. Ihre Lehre ist weise. Doch ich verabschiede mich nun, denn ich bin müde. Aternae camaië. Mögen die Sterne über euch wachen.“

„Ich gehe auch. Gute Nacht“, schloss Lurd sich an.

„Gute Nacht ihr beiden“, erwiderte Broxx. Margha nickte nur.

Als die zwei im Wagen verschwunden waren, fragte Broxx:

„Und du? Bist du nicht müde?“

„Nein. Außerdem genieße ich die Stille. Ich gehe gern nach draußen, wenn es dunkel ist, betrachte den Sternenhimmel und lausche den Geräuschen der Nacht.“

Sie saß am Boden, nahe dem Feuer, in ein warmes Fell gehüllt.

„Wirklich? Ich auch! Ich habe beinahe jeden Tag unter freiem Himmel geschlafen, seit ich mein Zuhause verlassen habe.“ Er machte eine kurze Pause. „Was hast du eigentlich vor deiner Gefangennahme gemacht?“

„Nachdem meine Mutter letzten Sommer verstorben ist, verließ ich die Menschensiedlung, in der ich bis dahin gelebt habe. Ich war auf der Durchreise nach Karratosch, weil ich einmal die Hauptstadt des Volkes meines Vaters, den ich nie getroffen habe, kennenlernen wollte und habe in jenem Dorf gerastet, als der Angriff stattfand.

„Dann geht es dir nicht viel anders als mir. Auch ich habe meine Eltern verloren.“

Es war das erste Mal, dass sie miteinander über ihre Vergangenheit redeten. Das Gespräch dauerte einige Stunden an, über Kindheitserfahrungen, wie schwer es war, ohne Fürsorge aufzuwachsen und anderes.

Margha hatte sich mittlerweile neben Broxx gesetzt.

Inzwischen hockten sie da, schwiegen, starrten ins Feuer und dachten darüber nach, was sie gesagt hatten.

Schließlich fasste Broxx sich ein Herz.

„Erinnerst du dich an meine Geschichte von vorhin?“

„Ja. Sie hat mich sehr berührt. Danke.“

Während die Flammen alles in einen goldenen Schein hüllten, schenkte ihm die Halborkin ein wunderschönes Lächeln. Die Farbmischung ihrer Augen zog Broxx magisch an.

„Weißt du...“, setzte er an, doch plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper. Schmerzverrte Schreie von sich gebend warf er sich zu Boden und hielt die Hände auf die Stelle, an der man ihm die Seuche injiziert hatte.

„Broxx, was ist los? Macht die Krankheit dir zu schaffen? Halt durch, ich hole schnell eine schmerzlindernde Mixtur aus dem Wagen!“

Sofort eilte Margha los und kam nach wenigen Minuten mit einer zähflüssigen, braunen Substanz in einem Tonbecher wieder.

„Trink das, dann wird es dir besser gehen.“ Sie flößte ihm die in Anbetracht zur Farbe erstaunlich wohlschmeckende Medizin ein so gut es unter seinen starken Krämpfen möglich war.

Nach einigen Minuten, in denen sowohl Elune als auch Lurd voll bewaffnet zu seiner Hilfe geeilt waren, konnte er sich wieder aufrichten.

„Ihr wart schnell. Aber ich muss euch enttäuschen, kein Feind lauert hier... Höchstens der in meinem Blut. Ich denke, wir sollten nun alle zu Bett gehen.“

Ein wenig die verpasste Gelegenheit bedauernd, begleitete er schließlich Lurd in ihr bewegliches Schlafzimmer, während die beiden Frauen in ihrem verschwanden.

Könnte ich doch nur bei ihr sein heute Nacht...

***

Elune behagte diese Reise nicht.

Die Straßen waren seltsam leer und auch sonst beherrschte Stille die Gegend. Die Route schien wie ausgestorben.

„Wo wohl all die fahrenden Händler sind?“, fragte Lurd, der wie immer auf ihrem Wagen mitfuhr, sie. Schon seit ihrem Aufbruch versuchte er, sie zum Reden zu motivieren, aber ihr war einfach nicht danach zumute.

„Ich weiß es nicht“, antwortete sie nur und ließ sich nicht anmerken, dass sie gerade über genau das selbe nachgedacht hatte.

Sie fand ihn eigentlich ja sogar sympathisch, aber es gab wichtigere Dinge, die sie beschäftigten, als sich mit ihm zu unterhalten. Was konnte eine Frau von sechs Dekaden wie sie schon mit einem Neunzehnjährigen anfangen? Natürlich war sie für ihr Volk bei Weitem nicht alt, aber dennoch sah sie die Dinge in einem ganz anderen Licht als so ein Jüngling.

„Ach, jetzt komm schon, Elune, sei doch nicht immer so mies drauf! Ja, sicher, wir sind auf einer wichtigen Mission und Gefahren könnten überall lauern, aber darf man nicht ein wenig Spaß haben?“

Plötzlich begann er, sie zu kitzeln und wackelte auf seinem Sitzplatz hin und her, um sie an den gemeinsten Stellen zu erreichen, als sie sich wehrte. Die Elfe musste heftig lachen und sie schlug so fest um sich, um ihn loszuwerden, dass Lurd nach hinten kippte und halb über den Rand der Sitzbank hing, sein Kopf gefährlich nahe an den eisernen Speichen des Rades.

„Ahhh, zieh mich wieder hoch!“, schrie er nervös.

Nachdem sie ihn am Kragen gepackt hatte, zog Elunde den Jungen mit einem Ruck, den die meisten Leute einer Frau von ihrer zierlichen Statur nicht zutrauen würden, zurück auf den Wagen.

„Mach sowas nie mehr!“, schimpfte sie wütend, aber dennoch so gefasst, dass die weiter vorne fahrenden Mor'grosh es wohl nicht hörten.

„Entschuldige...“ Sich seines kindischen Verhaltens bewusst, stieg Lurd die Schamesröte ins Gesicht. Den Rest des Tages starrte er gedankenverloren vor sich hin und sagte kein Wort mehr.

***

Am sechsten Tag der Reise erschien am Horizont endlich Hammerfall, die Hauptstadt der Menschen.

Eigentlich konnte man von der Stadt selbst noch gar nichts sehen, denn sie war auf einem hohen Berg erbaut, der einsam aus der Ebene hervorragte.

Broxx war schon einige Male hier vorbeigekommen, aber noch nie hatte er Hammerfall selbst besucht.

Im Moment interessierte er sich allerdings nicht im geringsten dafür, wie es dort oben auf dem Felsen aussah. Er hatte nur Augen für Margha, die neben ihm auf der Kutsche saß und über irgendwelche Kräutersorten redete. Nickend blickte er sie an, obwohl er nicht wirklich zuhörte. Zu sehr faszinierten ihn ihre feinen Züge.

„... und deswegen verwendet man bei offenen Wunden immer Königskraut“, schloss sie.

„Achso. Ja, mein Vater hat das auch immer benutzt, soweit ich mich erinnern kann...“

Gedankenverloren wandte er den Blick in Richtung seiner Heimat.

„Warst du schon einmal in Hammerfall?“, fragte die Mor'grosh ihn.

„Nein. Die Menschen sind tatsächlich die Einzigen, die einen Halbork noch weniger in ihrer Stadt haben wollen als die Orks selbst. Die vergangenen Konflikte zwischen ihnen und den Grünhäuten haben sie vorsichtig gemacht.“

„Bei mir Zuhause waren die Leute immer freundlich zu mir. Aber ja, du hast Recht, eine gewisse Abneigung schlägt einem immer entgegen. Naja, wir werden sehen, wie man uns empfängt.“

Immer näher gelangten die Reisenden an den riesigen Felsen heran. Nur ein schmaler Seitenweg, der mit einem starken Tor gesichert war, führte hinauf zu den Gebäuden.

Merkwürdig... Hier sind nahezu keine Händler unterwegs. Wenn ich recht überlege, ist das schon so, seit wir die Steppe verlassen haben.

Broxx war beunruhigt.

Als sie am Tor angelangten, fragte sie der mürrisch dreinblickende Wächter nach dem Grund ihres Kommens. Broxx erklärte ihm ihren Auftrag und zückte das vom Kriegshäuptling unterzeichnete Pergament, woraufhin sich der Wächter entschuldigte.

„Tur mir Leid. Es geschieht ja nicht alle Tage, dass zwei Halborks und eine Elfe bei uns um Einlass bitten.

Man muss ja vorsichtig sein in diesen Zeiten. Was sich nicht alles außerhalb der Städte bewegt... Räuber, Plünderer...“

Er senkte die Stimme.

„Und man munkelt Schlimmeres... Dunkleres.“

Den Kopf schüttelnd, fügte er hinzu:

„Egal. Ich lasse euch zum König bringen.“

Dann stieß er in sein Horn. Wenige Augenblicke später schwangen die Torflügel auf.

Gestikulierend, dass er sie weiterführen würde, setzte sich ein Reiter an die Spitze des Zuges vor die Kutschen. Er führte sie die schmale Straße hinauf, während Broxx staunend auf die Landschaft zu seiner rechten herabschaute.

Es war ein schönes Fleckchen, das die Menschen ihre Heimat nannten. Lauschige Wiesen, dichte Wälder und sanfte Hügel erstreckten sich bis zum Horizont. Unweigerlich musste er schmunzeln.

Es wäre schon ein schöner Ort, um sich niederzulassen.

Sehnsüchtig wanderte sein Blick in die Ferne.

Dennoch... es reicht niemals an meine Heimat heran.

Schlagartig wurde ihm bewusst, wie sehr ihm sein Zuhause all die Jahre hindurch gefehlt hatte.

Blind vor Zorn hatte er es verdrängt, doch nun, da er Tetha verloren hatte und durch Margha endlich wieder wahres Glück erfahren durfte, wallte das Heimweh stark in ihm auf.

Es ist Zeit für einen Neuanfang.

Als er nach links sah, schwanden die Sehnsucht und die Zufriedenheit aus seinen Gedanken und wichen blankem Entsetzen.

In die Felswände eingelassen waren riesige Gefängniszellen, dunkel und feucht. Viel zu viele Häftlinge drängten sich darin, Leib an Leib. Die Äußeren an die Gitterstäbe gepresst, stöhnten und schrien sie vor Schmerzen aufgrund des Platzmangels.

Die Gesichter der Vordersten waren zu Masken erstarrt.

„Was ist den hier los?“, fragte Broxx den Führer ernst.

Dieser blickte nur kurz über die Schulter und zuckte die Achseln. Ihn schien es nicht sonderlich zu interessieren.

„Sie stehen unter Verdacht des Verrates an der Krone. Und deshalb halten wir sie unter Arrest.“

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