Keine normale Liebe

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Keine normale Liebe
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Robert Mirco Tollkien

Keine normale Liebe

Ausgewählte Kurzgeschichten

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Sie sind überall

Im Inneren des Neutronensterns

Der Link

Der Professor mit der Milchkanne

Der Untergang des kubusförmigen Sternenschiffes

Ein Heilfasten und dessen Folgen

Die Wesenstransformation

Die Grenze aller Beschaffenheit

Die Zigarette danach

Ein Pass in Turin

Diamanten an den Spitzen ihrer Schuhe

Das Ding im Nadelwald

Das Wimmern der Pyramide

Die Tante spannt den Wagen an

Am Ufer des smaragdgrünen Ozeans

Der Flug der Pelikane

Schlechte Nachrichten am Alten Zoll

Das Gemälde

Keine normale Liebe

Streamingdienste und Verblödungsfernsehen

Hand in Hand in Lichtgeschwindigkeit

Impressum neobooks

Sie sind überall

Stets stand fest, dass die Wochenenden bei Christian Rosenmeyer arg böse endeten, wenn ein Mensch von böse hinsichtlich harter, chemischer Drogen und harter, hochprozentiger Getränke sprach.

Eigentlich hatte ich gar keine harten Sachen konsumieren wollen und nach meiner Frühschicht zu Christian lediglich ein Glas mit Marihuana und vier Dosen Veltins Curuba mitgebracht. Doch Christian besaß eine große Überzeugungskraft und schnell war mir von dessen Seite ein eiskalter Smirnoff auf Eis kredenzt worden, dem rasch ein zweiter folgte und ein dritter und ein vierter.

Damit meine Wenigkeit mit dem Speedfreak mithalten konnte, sagte ich zum späten Nachmittag hin nicht nein, als mir mal wieder der Spiegel mit den schmutzig-weißen Linien Amphetamin hingehalten wurde. Sofort schwand die Wirkung des Alkohols ins Nirgendwo hinein.

Gegen 19:30 Uhr wackelten wir zwei Freunde das erste Mal zum Edeka, um neuen Schnaps und neues Bier zu besorgen. Um kurz vor 22:00 Uhr taten wir es erneut und ich überlegte, was die Angestellten der Spätschicht wohl über uns dachten, weil wir innerhalb kürzester Zeit größere Mengen an Alkohol aus diesen Laden schleppten, bevor mir durch den schon recht berauschten Kopf schwirrte, ob ein Jeder uns das Draufsein wohl ansehe.

Irgendwann schauten wir Elektro-Musik via YouTube, schafften es aber nicht, einen Clip über die volle Länge anzusehen, switchten dauernd hin und her.

Irgendwann konsumierten wir weiteres Amphetamin.

Irgendwann kamen wir auf die Idee einen Film, Uhrwerk Orange, zu schauen. Irgendwann gelangten wir wieder zu YouTube. Irgendwann kam Christian auf die Idee, LSD zu nehmen. Irgendwann war es draußen wieder hell und wir stolzierten durch den Edeka, um neuen Alkohol zu besorgen.

Vor der Kundentoilette stand eine zwei Meter große Frikadelle und hinter dem Verkaufstresen des Tabakwarenladens bediente mich eine prächtige, blühende Orchidee mit dünnem Geäst als Armen. Auf dem Parkplatz vor dem gigantischen Supermarkt stand eine märchenhafte Kutsche mit sechzehn weißen Chihuahuas davor, auf deren Häuptern goldene Krönchen voller Edelsteinen in der Sonne blitzten. Doch ansonsten verhielt sich diese Welt normal. Fern lag der mögliche Horrortrip.

Als am Samstagabend die Sportschau in der ARD begann, war der Edeka bereits zwei weitere Male von uns aufgesucht worden. Weil in den Köpfen groß die Gewissheit lag, dass die Geschäfte in diesem Lande an Sonntagen ihre Pforten geschlossen hielten, hatten wir direkt auf größeren Vorrat gekauft. Auf dem Parkplatz spielte diesmal eine Reggae-Band, aber Christian behauptete, die Musik käme lediglich aus einem dort stehenden Automobil und Freund Marley sei ganz gewiss nicht persönlich anwesend.

Während des Sportstudios im ZDF tauchte ein Kerl bei Christian auf, der Jan oder Jannick oder so hieß, und den ich nicht kannte. Er erzählte, warum auch immer, mir irgendwelche Dinge über Satanismus, Okkultismus und okkulte Symbole. Ich glaubte, dass ich auch gut zuhörte, nur gelegentlich minderte ich durch das Ziehen einer neuen Line meine Aufmerksamkeit gegenüber ihm. Christian baute die Fernbedienung seines Smart-TVs auseinander und weilte in einer gänzlich anderen Welt.

Draußen dämmerte es bereits, als der Besucher mir sagte: „Die Satanisten sind überall! Sie regieren die Welt aus dem Verborgenen heraus. Doch ganz so verborgen geht es dann auch wieder nicht zu. Aus einem inneren Zwang heraus müssen sie immer zeigen, wer auf dieser Welt das Zepter führt. Sie sind so mächtig und sie zeigen diese Macht bevorzugt durch Symbole. Du findest diese Symbole überall. Auf Staatsflaggen und -wappen, in den Logos der großen Firmen, auf den Covers großer Alben, in den Gesten berühmter Menschen, als Krawattennadeln oder Broschen an den Kleidern der Damen der gehobenen Gesellschaft. Sie und ihre Symbole sind überall, mein Bester!“

Der Mantel des Vergessens legte sich allmählich über mich. Irgendwann war Jan oder Jannick, oder wie auch immer er heißen mochte, weg und irgendwann gegen Sonntagnachmittag befand ich mich wieder daheim. Ich schlief bis zum Dienstbeginn der Spätschicht am Montag um 14:45 Uhr, meldete mich auf der Arbeit krank und pennte bis Dienstag, 11:23 Uhr weiter. An diesem Tag bekam ich kaum etwas auf die Kette und fiel nach Feierabend gegen 23:30 Uhr erneut tot ins Bett.

Erst am Donnerstag ging mir die Arbeit wieder halbwegs normal von der Hand und ich merkte erneut schmerzhaft, dass ich keine zwanzig mehr war und Abfeiern nach Gutdünken konnte.

Am Samstag ging ich nach dem Aufstehen in die Stadt, um mir ein neues Smartphone abzuholen.

Auf meinem Weg durchs Treppenhaus fiel mir das Paket eines mächtigen Versanddienstleisters auf, welches bei der Nachbarin auf der Türschwelle stand. Nach außen hin zierte die Verpackung ein Bogen, der ein Lächeln darstellen sollte, doch ich sah klarer und verstand, was es dort zu sehen gab. Es handelte sich um eine Anspielung auf die Ringe des Saturns, wobei sich diese Symbolik weniger auf den Gasplaneten selbst bezog, sondern auf den Gott, von dem das kosmische Objekt seinen Namen erhalten hatte und der bei den Römern Saturn und den Griechen Kronos einst hieß; jener Gott Kronos, der seine eigenen Kinder gefressen hatte und dafür von den Satanisten der Jetztzeit sklavisch verehrt wurde. Denn die alten Götter waren doch nichts weiter als die gefallenen Engel, die Gefolgschaft Luzifers bei seinem Aufstand gegen den Herrn. Vielleicht stand hinter Saturn auch Satan persönlich. Wer konnte das genau wissen? Jedenfalls besagte das Logo auf dem Paket klar, dass hinter einem der mächtigsten Konzerne dieser Welt die hohen, okkulten Brüder und Schwestern steckten.

Ich schüttelte mich kurz und setzte meinen Weg fort.

In der Stadt betrat ich die Filiale meines Mobilfunkanbieters. Als dessen Logo leuchtete ein Anführungszeichen, welches offiziell ein Zeichen für das Gespräch unter Menschen sein sollte. Tatsächlich jedoch, der Kundige begriff rasch, sah man hier die Zahl Sechs vor sich. Die Sechs genoss unter Okkultisten einen hohen Stellenwert, so war sie doch der einzige Bestandteil der Sechshundertsechsundsechzig, der biblischen Zahl des Tieres. Sie besaß auch noch andere Bedeutungen, aber ich wusste nicht mehr ganz genau, was Jan, oder wie auch immer er heißen mochte, mir dazu erzählt hatte. Zudem, damit schlugen die okkulten Elitären gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, symbolisierte dieses rote Logo eines Telekommunikationsgiganten das allsehende Auge in der Pyramide und dazu braucht man wohl keine näheren Angaben machen, liebe Leserinnen und Leser, oder?

Die Erkenntnis über dieses Logo verwirrte meinen Geist derartig, dass ich gegenüber der jungen, südländischen Verkäuferin kaum ein Wort herausbekam. Auch auf ihrem T-Shirt prangte jenes unheilige Zeichen, jene Kombination aus Auge und satanischer Zahl.

Draußen, leicht verwirrt und gar ein wenig verängstigt, schien auf einer grellen LED-Werbung das würfelförmige Logo eines weiteren globalen Unternehmens, dessen Begründer zu den reichsten Menschen der Welt gehörte.

 

In okkulten Kreisen besaß auch der Kubus höhere, gewichtigere Bedeutung. Was waren Jans - oder wie auch immer er heißen mochte - Worte dazu noch gewesen? Hing es auch mit dem Gott Kronos, beziehungsweise Saturn zusammen?

Ja, sicher! Da gibt es einen Zusammenhang!

Rechte Hand tauchte die Filiale einer Bank auf. Hinter einem ihrer Schaufenster hing ein gewaltiger Flatscreen, über den durch Flaggen und Ziffern die Währungswerte der jeweiligen Länder in Bezug auf den Euro angezeigt wurden.

Nun wusste ich plötzlich eine Passage aus Jans Quasimonolog ganz genau. Ich konnte seine markante Stimme förmlich hinter meinen Ohren und in den Windungen des Gehirns wispern hören.

„Die Farben Blau, Weiß und Rot sind die Farben der Hochgradfreimaurerei. Hinter der Hochgradfreimaurerei, der so viele der Mächtigen angehören, verbergen sich ausschließlich finstere Satanisten, die ihren Götzen Menschenopfer darbringen(…)Das Pentagramm ist sehr wichtig, weil es in umgedrehter Form, also mit den zwei Spitzen nach oben, das Antlitz Satans zeigt; die Hörner in den oberen, die Ohren in den zweien an der Seite und in dem Zacken nach unten siehst du seine grauenhafte, lange Schnauze. Die okkulte Elite zeigt das Pentagramm häufig als einfachen, fünfzackigen Stern mit der Spitze nach oben. Es ist egal, wie rum der Stern steht. Denn bei ihnen ist das Oben gleich dem Unten.“

Ich blickte wie gebannt, vielleicht war ich es auch, auf all die Fahnen, die jenseits des Glases vorüberflimmerten, wobei mein Mund offenstand.

Wie viele Staaten die Farben Rot, Weiß, Blau in ihren Flaggen haben! Und der fünfzackige Stern ziert sogar noch wesentlich mehr davon! Sie sind überall!

Beschleunigten Schrittes trabte ich von dannen und fing damit an, mich häufiger umzusehen, ohne die wahren Gründe dafür zu kennen.

Meine Schritte schlurften über die Pflastersteine eines zentralen Platzes, wo auf einer der zahlreichen Bänke zwei mollige Mädels hockten. Aus Plastikflaschen tranken sie eine weltweit vertriebene, anregende Brause, deren Logo weiße, rote und blaue Farbtöne aufwies.

Sie sind überall!

Ich eilte noch rascher, um heim zu kommen.

Hinter der Fußgängerzone lief ich beinahe in einen PKW hinein, worauf der gesichtslose Fahrer wütend eine Kakophonie des Hupens startete. Auf dem Logo auf der Motorhaube konnte der aufmerksame, geschulte Betrachter ganz deutlich Ausschnitte der Saturnringe ausmachen.

Sie sind überall! Kronos/Saturn hat seine eigenen Kinder gefressen! Deshalb vergöttern sie ihn mit einer sklavischen Unterwürfigkeit! Deshalb opfern die Satanisten bevorzugt Kinder auf ihren finsteren Altären!

Meine Laufgeschwindigkeit steigerte sich weiter.

In meinen vier Wänden zog ich zunächst schnaufend und mit einem Gefühl der Erleichterung die Tür hinter mir zu. Doch nicht sehr lange hielt die Entspannung an, denn beim Blick auf das Display meines Notebooks fiel mir der Browser eines gewaltigen Softwarekonzerns auf, dessen Logo ein schlichtes E war.

„Der Buchstabe E ist für die Okkultisten von ganz besonderer Bedeutung. Er ist der fünfte Buchstabe des lateinischen Alphabets und die Zahl Fünf steht natürlich für das Pentagramm.“, hörte man Jans Stimme klar hinter meinem Rücken sprechen.

Doch als ich mich mit meinem Schreibtischstuhl in die entsprechende Richtung drehte, befand sich dort lediglich leerer Raum.

Sie sind überall! Sogar in meinem Computer! Sie kriegen alles mit, was ich digital tue, egal, welcher Browser dabei benutzt wird!

Mit einem Stich in der Magengegend klappte ich mein Notebook zu und beschloss, zur geistigen Beruhigung lieber etwas oberflächliches Fernsehen zu schauen.

Tief ins Sofa hineingesunken wurde die Fernbedienung in die Hand geholt, um unentwegt die hundert Sender hinauf und hinab zuschalten, die ein digitaler Kabelanschluss mit sich brachte.

Egal, ob es sich um einen Streifen aus den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts, eine brandaktuelle Castingshow, Reklame, Serien, Musikclips oder Sportsendungen handelte, überall sah ich Pyramiden, Zahlen zwischen Fünf und Sechs, Saturnringe, die Buchstaben E, W, M - wobei mir nicht mehr genau bekannt war, wofür W und M überhaupt standen - Würfel, Dreiecke, rot-weiß-blaue Farbkombinationen, fünfzackige Sterne und hochrangige Politiker, die mit Armen und Händen eindeutige, satanische Gesten vollführten, um dadurch zu zeigen, wessen Kinde sie eigentlich waren.

„Schau dir nur mal eine Stunde das Fernsehprogramm an. Überall findest du ihre Symbole. Die Filmstudios und Fernsehsender; sie alle sind fest in okkulter Hand und das müssen diese mächtigen Menschen natürlich aus einem inneren Zwang heraus irgendwie nach außen transportieren. Außerdem huldigen sie so ihren finsteren Göttern.“, hatte Jan, Jannick, oder wie auch immer er heißen mochte, an jenem Tag erklärt.

Sie sind mächtig! Sie sind überall! Sie beobachten mich durch den Fernseher! Schau aus dem Fenster! Auch ihre finsteren Götter sind überall!

Eine unsichtbare Kraft zog mich hoch vom Sofa und zum Fenster hin.

Auf der gepflegten Wiese in dem noch viel gepflegteren Garten der werten Familie Erbe stand im letzten Licht des Tages einer der gefallenen Engel, dessen Augen gleich glühenden Kohlen rot funkelten und zu den Fenstern meiner Dachgeschosswohnung hinaufblitzen. Der Rest seines Gesichts blieb ein schemenhafter Schatten, aber die Flügel waren tiefschwarz und wuchsen wie gigantische Bögen aus dem Rücken seines kräftigen Körpers.

Ein gellender Schrei kam über meine Lippen, bevor ich ins Badezimmer torkelte, um unter Schmerzen gelblich-schwarzen Schleim in die Toilettenschüssel zu würgen.

Nachdem die Badezimmertür im Anschluss von mir doppelt verschlossen worden war, kauerte ich zitternd auf dem braunen Bodenfliesen neben dem Klo. Mein gesamter Körper und die darin weilende Seele brannten förmlich vor Angst und Verzweiflung, während sich der Magen anfühlte, als wütete wuchernder Krebs in ihm. Die Schmerzen ließen mich sich krümmen.

Aus der Toilette raunte, Zweifel daran gab es keine, unentwegt eine Stimme: „Sie sind mächtig! Sie sind überall! Sie werden dich kriegen! Sie sind mächtig! Sie sind überall! Sie werden dich kriegen! Sie sind mächtig! Sie sind überall! Sie werden dich kriegen!“

Tränen liefen nun über mein Gesicht.

„Lieber Gott, hilf mir! Lieber Gott, rette mich!“ schluchzte ich leise vor mich hin.

Im Inneren des Neutronensterns

Eine Kurzgeschichte in sieben Akten

Der Link

Des Felix Meyers Welthass richtete sich nicht gegen eine bestimme Ethnie, Hautfarben oder religiöse Gruppierungen. Er umspannte die gesamte Menschheit.

Einst lief im Nachtprogramm ein uralter Film, jedenfalls wenn man es aus Felix zeitlicher Perspektive betrachtete, in dessen Verlauf eine Großmacht mit einer ehemaligen einen thermonuklearen Krieg führte. Am Ende lag der gesamte Planet in rauchenden Trümmern, durch die die letzten Menschen gleich Kolonnen von Gespenstern zogen.

Felix hatte dieser Film gefallen, aber auf eine Art und Weise, wie sie von den Produzenten sicherlich nicht gewollt gewesen war.

Felix Meyer sehnte sich entschieden nach der Apokalypse.

Sein Zimmer war eine abgedunkelte Welt aus Schatten und finsteren Gedanken, in welcher pausenlos ein hochgerüsteter PC lief. Hier existierte eine andere Lichtquelle selten und in diesem Licht wirkte sein Gesicht blass und krank.

Wenn Felix nicht gerade irgendwelche Spiele gewalttätiger Natur austrug, suchte er in den Weiten des Netzes nach Gleichgesinnten, die seinen krankhaften Menschenhass teilten. Den Sinn des Lebens kannte Meyer nicht genau, doch nahm er an, dass dieser irgendwo zwischen einem schwer bewaffneten Amoklauf und einem kollektiven Suizid lag.

Als Felix die Anzeige unter die Augen kam, trieb er sich gerade in einem bestimmten Spieleforum herum. In schlichter weißer Schrift auf schwarzem Grund stand:

!Leave a cruel, boring, fucking world!

Wäre es kurz vor Beginn einer neuen Runde gewesen, hätte er sich nicht die Mühe gemacht, auf diesen Link zu klicken, aber Zeit stand ihm in seiner Nochjugend reichlich zur Verfügung und so führte er den Zeiger der Maus darauf.

Es ging um endloses Leben, ferne Welten, Wesenstransformationen, hatte aber nichts mit den gängigen Religionen dieser Welt zu tun. Es ging weiterhin auch um eine extreme Form der Bewusstseinserweiterung, ohne dafür Drogen konsumieren zu müssen, welche Felix allesamt längst durchgetestet hatte und die ihm nichts Wahrhaftiges gegeben, seinen Hass auf die Menschheit nicht abgemildert hatten.

Weil Felix diese Thematik arg ansprach, dankte er seinem kleinen Quantum an Selbstdisziplin, zumindest in Englisch während der Schulzeit aufgepasst zu haben.

Meyer las und klickte und las und klickte; immer tiefer und tiefer hinein.

Der Professor mit der Milchkanne

Herr Professor Walter Habernau galt als wahrlich schräger Vogel. Er war eine weltweit anerkannte Koryphäe auf dem Gebiet der Klassischen Philologie, aber außerhalb der Mauern von Universitäten oder der eigenen vier Wände kaum überlebensfähig. Den studentischen Hilfskräften gab er unter der Hand großzügiges Extrageld, damit diese ordinären Einkäufe für ihn erledigten. In den Regalschluchten eines Supermarktes hätte der alternde Akademiker gar heftige Panikattacken erlitten.

Secil, Studentin bereits im Masterstudiengang, ließ sich allerdings kein Geld auszahlen, sondern einmal die Woche von dem Herrn Professor selbstgemachtes Essen mitbringen, denn neben seinen Kenntnissen der Alten Sprachen eilte ihm der Ruf voraus, dass niemand so gesund und lecker an der Universität wie er kochen könne. Über gesunde Ernährung und vegetarische Kost betrieb Habernau einen gut besuchten Blog; seine zweite, große Passion.

Am heutigen Donnerstag stand noch eine späte Vorlesung über römisches Theater auf dem Programm. Singend stand der große Mann in der Küche und füllte aus einem gewaltigen, silbernen Topf mit einer Kelle beinahe klare Gemüsesuppe in eine kleine Milchkanne. Auf der Arbeitsplatte daneben standen zwei Boxen voller scharf angebratener Auberginen und Basmati Reis. Es war dies der Lohn Secils für einen getätigten Großeinkauf.

Nachdem die feine Kost zubereitet und verstaut worden war, fesselte den Professor das Programm des laufenden Smartfernsehers im Wohnzimmer. Im Bundestag diskutierte man heftig über ein soziales Thema. Weil Habernau stets in den Windungen seines Gehirns damit beschäftigt war, linguistische Probleme zu lösen, fiel ihm erst recht spät auf, dass es sich bei diesem Programm um die Aufzeichnung einer längst historisch gewordenen Debatte aus den Zeiten der Bonner Republik handelte. Obgleich diese Parlamentarier nicht mehr verbal miteinander stritten, die meisten von ihnen gar nicht mehr lebten, gelang es dem Philologen äußerst schwer, sich von dieser Sendung zu lösen. Erst als die Zeit wirklich drängte, machte er sich auf den Weg zum Hörsaal hin.

Draußen empfing ihn ein wundervoller Spätnachmittag im Mai. Der blaue Himmel über den prächtigen Stadthäusern wurde von vereinzelten, schneeweißen Wattewölkchen durchzogen. Die Bäume, welche die Straßenränder säumten, blühten in einem gesunden Grünton und die Menschen, die über die Gehsteige flanierten, wirkten ungemein entspannt.

Durch diese Postkartenszenerie stolzierte der Professor mit seinem Rucksack auf dem Buckel und der Milchkanne sowie einem Umweltbeutel mit den Essensboxen am langen Arm, wobei er schief, jedoch fröhlich einen Police-Klassiker vor sich hin trällerte: „…giants steps are what you take; walking on the moon; i hope my leg dont break; walking on the moon…“

Die goldene Sonne schien auf seine grauen Haare hinab und spiegelte sich leicht auf den dünnen Gläsern seiner eckigen Brille. Kraftvoll hallten seine Schritte von den Fassaden der Häuser wider und diese Geräusche mischten sich mit seinem schiefen Gesang.

„…walking back from your house; walking on the moon…“

Es schien, als könne es nichts Böses auf dieser Welt gegen.

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