Czytaj książkę: «Die Prätorianer»
152 Seiten mit 60 Abbildungen
Titelbild: Ausschnitt aus dem Cancelleria-Relief A
Umschlagbild hinten: Relief vom Konstantinsbogen in Rom
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2014 by Nünnerich-Asmus Verlag & Media, Mainz am Rhein
ISBN 978-3-943904-52-9
Konzeption und Layout: Vollnhals Fotosatz
Satz: Noch & Noch GbR Satz- und Reprotechnik
Lektorat: Annette Nünnerich-Asmus, Mascha Schnellbacher, Frauke Itzerott
Gestaltung des Titelbildes: Gerald Habel, Scancomp GmbH
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015
Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf fotomechanischem Wege (Fotokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten und zu verbreiten.
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Ritchie Pogorzelski
Die Prätorianer
Folterknechte oder Elitetruppe?
„ … und die Garde, die man auch als Prätorianer bezeichnet; diese leisteten dem gesamten übrigen Heer tapfer Widerstand, da sie körperlich die größten und Elitesoldaten waren; die gesamte übrige Menge aber stritt für Antoninus (Elagabal).“
(Herodian V, 4, 8)
Inhalt
Cover
Impressum
Titel
Zitat
Einleitung
Die Prätorianer
Die Prätorianer im 1. Jh. n. Chr. – eine kaiserliche Leibgarde
Die Aufgaben der Prätorianer
Organisation
Der Aufbau der Truppe
speculatores augusti
evocati augusti
statores augusti
cohortes urbanae – die städtischen Kohorten
cohortes vigilum – die Wachkohorten
Die Peregrini
Die Ausrüstung der Prätorianer
Das Friedensgewand
Das Festgewand
Die Paradeuniform
Der „kleine Dienstanzug“
Die Kampfausrüstung
Besondere Merkmale der Uniformen
Abzeichen
Signa und Tierfelle
Waffen und persönliche Ausrüstung
Die Helme
Die Schilde
Das Pilum
Die Ausbildung der Prätorianer
Die Bezahlung
Die Ränge
Die Kaiser des 1. Jhs. n. Chr. und ihre Prätorianerpräfekten
Augustus und sein Vermächtnis
Tiberius
Lucius Aelius Seianus und die Verschwörung
Idistaviso und der Angrivarierwall
Die castra praetoria
Friedhof der Prätorianer
Caligula
corona exploratoria
corporis custodes
Claudius – Kaiser von Prätorianergnaden
Nero
Die Pisonische Verschwörung
Die Krönung des Tiridates in Rom
Die Künstlerreise Neros nach Griechenland
Galba
Otho
Vitellius
Die zweite Schlacht bei Cremona
Vespasianus
Titus
Domitianus
Die Cancelleria-Reliefs
Nerva
Die Kaiser des 2. Jhs. n. Chr. und ihre Prätorianerpräfekten
Traianus
equites singulatores augusti: die kaiserliche Reitergarde
Der große traianische Schlachtenfries
Hadrianus
Antoninus Pius
Die Pätorianer und die Säule des Antoninus Pius
Lucius Aurelius Verus und Marcus Aurelius
Der erste Markomannenkrieg
Commodus
Pertinax
Didius Julianus
Die Kaiser des 3. Jhs. n. Chr. und ihre Prätorianerpräfekten
Septimius Severus
Caracalla
Macrinus
Elagabalus
Severus Alexander – und das Ende der kaiserlichen Dynastien
Maximinus Thrax – die Zeit der Soldatenkaiser
Gordianus I
Gordianus II
Pupienus und Balbinus
Gordianus III
Philippus Arabs
Decius
Trebonianus Gallus
Aemilianus
Valerianus und Gallienus
Gallienus
Das Gallische Sonderreich (Imperium Galliarum)
Postumus – Kaiser des Gallischen Sonderreichs
Claudius II
Victorinus – Kaiser des Gallischen Sonderreichs
Quintillus
Aurelianus
Ulpia Severina und Tacitus
Florianus
Probus
Carus
Carinus – Kaiser im Westen und Numerianus – Kaiser im Osten
Die Zeit der Tetrarchie
Diocletianus und die große Reform
Maximianus
Die Kaiser des 4. Jhs. n. Chr. und ihre Prätorianerpräfekten
Constantius Chlorus und Galerius und Severus
Licinius
Maximinus Daia
Maxentius – der verkannte Kaiser
Constantinus – man nennt ihn auch den Großen
Das Ende der Prätorianergarde – die Schlacht an der Milvischen Brücke
Schlussbetrachtung – Revision eines überkommenen Bildes
Glossar
Literatur
Abbildungsnachweis
Einleitung
Der Begriff Prätorianer ist seit ihrer Gründung mit einem eher negativen Bild verbunden. Kaisermörder und Kaisermacher sind nur zwei Begriffe, mit denen wir heute die Prätorianer bezeichnen. Doch woher kommt dieser negative Bekanntheitsgrad? War ihr Ruf wirklich so schlecht? Vielleicht hängt es mit ihrer Rolle als ausführendes Organ der kaiserlichen Macht zusammen? Schließlich waren die Prätorianer die einzige Möglichkeit des Kaisers, seine Macht direkt im Zentrum des Imperiums durchzusetzen, was sie oft wie Folterknechte des jeweiligen Kaisers aussehen lässt. Aber auch ihr Wandel von einer Ordnungsmacht zu einer Inthronisierungstruppe hat viel zu ihrem Negativimage beigetragen. Im Folgenden wird sich zeigen, dass die Prätorianer nicht nur Salonoffiziere, die in Rom ein durch Dekadenz und Luxus geprägtes Leben führten, sondern eine schlagkräftige und bestausgebildete Elitetruppe waren.
Wenn man sich die Anzahl der Kaiser ansieht, die durch die Prätorianer tatsächlich getötet wurden, und sie der Gesamtzahl aller römischen Kaiser gegenüberstellt, so wird schnell deutlich, dass Mord nur in sehr seltenen Fällen vorkam. Oftmals wird die komplette Garde als Mörder bezeichnet, obwohl die Tat in den meisten Fällen nur von einer kleinen Gruppe geplant und durchgeführt wurde. Oft waren es nur die Präfekten, die sich als Mörder betätigten und den Rest vor vollendete Tatsachen stellten. Wie wir sehen werden, waren es im 1. Jh. n. Chr. zwei, im 2. Jh. n. Chr. nur einer und im durch Krisen gekennzeichneten 3. Jh. n. Chr. sechs Kaiser, die durch die Hände der Prätorianer getötet wurden. Darunter waren Persönlichkeiten wie Caligula oder Domitian, die in der Geschichtsschreibung häufig negativ skizziert und als wahnsinnig oder grausam bezeichnet wurden. Dem gegenüber steht die weit größere Zahl von Herrschern, die durch Soldaten der Legionen zu Tode kamen. Durch die große Machtfülle ihrer Präfekten konnte die Garde schnell in politische Auseinandersetzungen hineingezogen werden. Der Ehrgeiz einzelner Präfekten sorgte oft für eine ungewollte Teilnahme der gesamten Garde am politischen Sturz bestimmter Kaiser. Die Garde war an sich nicht an der Politik, sondern vielmehr am Geld interessiert. Regierte ein in den Augen der Prätorianer eher geiziger Kaiser, griffen diese mitunter auch in die Politik ein. Jedoch bewies die Garde gerade bei guten und starken Kaisern absolute Loyalität.
„ …; darüber hinaus erhielten die Prätorianer pro Kopf 1.000 Denare, weil sie sich Sejan nicht angeschlossen hatten, …“
(Sueton, Tiberius, 48)
Von der Regentschaft Vespasians bis zum Tode des Commodus vergingen über 120 Jahre, in denen die Prätorianer dem jeweiligen Kaiserhaus treu ergeben waren. Nur bei „schlechten“ und schwachen Kaisern zog die Garde bzw. Teile von ihr die Konsequenzen und setzte ihre Macht ein, um einen neuen aus ihrer Sicht fähigeren Kaiser auf den Thron zu setzen. Auf Caligula folgte z. B. Claudius und auf Elagabalus Severus Alexander. Der Ruf der Prätorianer ist weitaus schlechter als ihre Taten in Wirklichkeit waren. Gerade unsere jüngere Vergangenheit und, nicht zu vergessen, Hollywood haben diesen Ruf erst geschaffen bzw. verstärkt und so zu unserem heutigen Verständnis beigetragen. Denn alle Leibgarden von Diktatoren oder anderen Despoten wurden über die Jahrhunderte automatisch mit den Prätorianern gleichgesetzt. Mit dem vorliegenden Band soll Licht in die bisher dunkle Geschichte dieser Garde gebracht und gezeigt werden, dass diese Soldaten nicht nur Folterknechte, sondern die Elitetruppe des römischen Heeres waren.
Abb. 1: Münze des Galba mit adlocutio-Szene. Galba steht auf einem Podest vor seinen Liktoren und Prätorianern. Der vorderste Soldat trägt einen rechteckigen Schild mit einem Umbo in Form eines Kopfes. Es scheint sich um das Gesicht Galbas zu handeln. Hierdurch sollte die enge Verbindung zu ihm verdeutlicht werden. (Fundort unbekannt, Privatbesitz). Aufnahme: Andreas Pangerl, www.romancoins.info.
Um das Problem gleichzeitig agierender kaiserlicher Protagonisten und ihrer Prätorianer aufzulösen und die teilweise eng miteinander verwobenen Geschicke der einzelnen Personen adäquat darzustellen zu können, hat sich der Autor zu einer konsequent chronologischen Darstellung der Kaiser und ihrer Prätorianerpräfekten entschieden.
Wie schon im ersten Band des Autors „Die Traianssäule in Rom – Dokumentation eines Krieges in Farbe“ wurden auch hier die Reliefs farbig gefasst, um eine größtmögliche Anschaulichkeit zu gewährleisten. Farbreste an Grabsteinen und Reliefs, literarische Hinweise über Farben der römischen Kleidung sowie die große Anzahl an Wandmalereien und bunten Mosaiken haben hierbei als Vorlage gedient.
Die malerischen Arbeiten von Angi Delrey waren dem Verfasser eine wertvolle Hilfe, mit der es möglich wurde, einen Großteil der hier abgebildeten Reliefs farbig darzustellen.
Für die Entstehung dieses Bandes dankt der Autor vor allem dem Nünnerich-Asmus Verlag für alle im Vorfeld notwendigen Arbeiten, um diesen Band erscheinen zu lassen, dem archäologischen Institut in Köln für die Möglichkeit der Recherche, Herrn Andreas Pangerl und dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI) für die freundliche Bereitstellung von Abbildungsmaterial. Einen Großteil der Informationen über die castra praetoria verdankt der Autor der Arbeit von Frau Alexandra W. Busch, die in ihrem Werk „Militär in Rom“ den archäologischen Befund zusammengefasst hat.
Außerdem sei Holger von Grawert für die Unterstützung beim Entstehen des Bandes gedankt.
Ganz besonders herzlich möchte der Autor sich bei seinen Kindern Janina und Nicolas bedanken, die oft auf ihren Vater verzichten mussten, damit dieser die für diesen Band notwendigen Arbeiten durchführen konnte. Ihnen ist dieses Buch gewidmet.
Die Prätorianer
Die Prätorianer (lateinisch: praetoriani) waren keine Leibwächter, sondern eine Leibgarde. Die Leibgarde unterscheidet sich in einem wichtigen Aspekt von einer Wache: Sie steht nur einem Souverän zu. Als wichtigste Truppe in Rom war die Leibgarde das Instrument des Kaisers, um Verschwörungen und Rebellionen zu verhindern und Unruhen niederzuschlagen. Ihre Angehörigen waren der Kern der kaiserlichen Macht, konnten allerdings auch seine tödlichsten Feinde werden. Bei einer Garde hat es sich schon immer um eine Elitetruppe gehandelt, deren Mitglieder nach strengen Kriterien aus der Armee ausgesucht wurden. Die Anforderungen, die an einen Gardisten gestellt wurden, waren außer einer bestimmten Mindestgröße auch Treue dem Herrscher gegenüber, Loyalität, militärische Disziplin, Fitness, Pflichterfüllung bis zur Aufopferung, ein gutes Erscheinungsbild und Intelligenz. Dies konnte nur von den Besten erfüllt werden. Über all dem stand der Korpsgeist als ideologischer Überbau.
Prätorische Kohorten bestanden schon in der Römischen Republik. Bei der Belagerung Numantias im Jahr 133 v. Chr. war es der römische Feldherr Scipio Aemilianus, der die bisherige Militärtradition wandelte. Auf seinen Befehl hin wurde eigens zu seinem persönlichen Schutz eine komplette Kohorte aufgestellt, die weder aus Liktoren noch aus Extraordinarii bestand. Somit ist sie schon während der Auseinandersetzungen der Republik das Leibregiment des Befehlshabers, des praetors. Mehr als alle anderen Einheiten war sie auf den Feldherrn eingeschworen. Der Begriff Prätorianer rührt vom Hauptplatz des Legionslagers mit dem Zelt des Feldherrn her, dem Praetorium. Es war Gewohnheit vieler römischer Generäle, aus den Rängen eine private Truppe von Soldaten auszusuchen, die als Leibgarde des Zeltes oder seiner eigenen Person agierten. Diese Truppe bestand sowohl aus Infanterie als auch aus Kavallerie. Die z. B. von Scipio auserwählten Männer fungierten ausschließlich als seine persönliche Leibgarde und wurden daher von nun an als prätorianische Garde bezeichnet. In Zukunft folgten viele andere Feldherren Scipios Beispiel und so wurde dieses spezielle Garderegiment, das man cohors praetoria nannte, auch von namhaften Männern wie etwa Iulius Caesar, Marcus Antonius oder Augustus während des Krieges eingesetzt (Abb. 2). Die prätorianische Garde war damit zu einem festen Bestandteil in der Armeestruktur sowie zu einem Statussymbol der jeweiligen Feldherren geworden. Im Jahr 25 v. Chr. wurden die Salasser von Terentius Varro besiegt. Der beste Teil ihres Landes wurde an einige Prätorianer verschenkt, wo später die Stadt Augusta Praetoria, das heutige Aosta, entstand. Nach der Seeschlacht bei Actium am 2. September 31 v. Chr. wurden viele Einheiten aufgelöst und die Veteranen zur Besiedlung der Kolonien Gunugu und Aosta verwendet.
Abb. 2: Denar des Marcus Antonius. Die Münze wurde zum Gedenken an die Unterstützung seitens der prätorischen Kohorten im Bürgerkrieg geschlagen (Fundort unbekannt, Privatbesitz). Aufnahme: Andreas Pangerl, www.romancoins.info.
Augustus entschied im Jahr 27 v. Chr., dass eine derartige Einheit nicht nur im Krieg, sondern auch in der Politik nützlich sein könne und rekrutierte aus den Rängen der Legionen und den meist italischen Gebieten Etrurien, Umbrien, Latium sowie den altrömischen Koloniestädten die Prätorianergarde. Daneben wurden nach Cassius Dio auch Gallier und Germanen rekrutiert. Das besondere Verhältnis der Gefolgschaft zu ihrem Feldherrn wurde nun auf die absolute Loyalität gegenüber dem Princeps erweitert. Die ursprüngliche Truppe unterschied sich erheblich von der späteren Garde. Während Augustus Schutz in der Innenpolitik benötigte, war er gleichzeitig darauf bedacht, den republikanischen Anschein seines Regimes zu wahren. Seit der Zeit der Gracchen kam es in Rom immer wieder zu regelmäßigen Straßenkämpfen konkurrierender Parteimitglieder. Sullas Marsch auf Rom im Jahr 88 v. Chr. oder der Konflikt zwischen Pompeius und Cäsar im 1. Jh. v. Chr. trugen dazu bei, dass das sakrale Gebiet, das Pomerium, für politische Zwecke kein Hindernis mehr darstellte. Bisher gab es Vorschriften, nach denen sich kein Heer innerhalb dieses Bereichs aufhalten durfte. Ausnahmen bildeten nur die Tripumphzüge, bei denen die Soldaten aber unbewaffnet im Zug marschierten.
Durch die Truppen der einflussreichsten Persönlichkeiten der Stadt kam es immer wieder zu regelrechten Straßenschlachten. Es existierte kein Gegengewicht, welches die innere Sicherheit aufrechterhalten konnte. Daher erlaubte Augustus die Aufstellung von neun Kohorten mit je 500 Männern, von denen nur drei gleichzeitig ihren Dienst in der Hauptstadt absolvieren durften. Diese dauerhafte Stationierung von Soldaten in Rom markierte einen entscheidenen Wendepunkt zwischen Republik und Prinzipat. Die restlichen sechs Kohorten und eine geringe Anzahl von Kavallerieeinheiten (turmae) wurden außerhalb der Stadt Rom aufgestellt. Dort begann das imperium militae. Während sie unauffällig im Palast und in größeren Gebäuden patrouillierten, waren die Übrigen in den Städten der Umgebung Roms stationiert, sodass von diesen einzelnen Kohorten keine Bedrohung ausgehen konnte. Durch die Einsetzung von zwei Prätorianerpräfekten (Quintus Ostorius Scapula und Publius Salvius Aper) im Jahr 2 v. Chr. wurde dieses System nicht wesentlich verändert, sondern lediglich die Organisation und das Kommando verbessert. Die Prätorianergarde galt als ranghöchste Abteilung und Elitetruppe des römischen Heeres, besonders in Bezug auf die Ausbildung und die Ausrüstung. Auch ihre Dienstzeit war erheblich kürzer. Statt der im Jahr 13 v. Chr. üblichen 16 Jahre mussten sie nach Cassius Dio nur zwölf Jahre dienen. Bereits im Jahr 5 n. Chr. war die Dienstzeit der Legionäre auf 20 und die der Prätorianer auf 16 Jahre erhöht worden. Bei ihrer Entlassung erhielten sie wie die kaiserliche Reitergarde (equites singulares augusti) und die Hilfstruppen ein Bronzediplom. Diese wurden nur wegen des Heiratsrechts benötigt, da eine Heirat während der Dienstzeit nicht möglich war. Die Fundorte der Diplome deuten darauf hin, dass nur diejenigen Prätorianer ein Diplom erhielten, die in den Grenzländern eine Nichtbürgerin heiraten wollten. In Rom selbst brauchte ein Prätorianer kein Diplom, da alle Unterlagen bei der Truppe vorhanden waren. Selbst nach Caracallas allgemeinem Bürgerrechtserlass im Jahr 212 n. Chr., mit dem allen Bewohnern des römischen Reiches das römische Bürgerrecht verliehen wurde, erhielten sowohl die Prätorianer als auch die equites singulares augusti und die Soldaten der italischen Flotte weiterhin ein Diplom. Eine weitere Besonderheit der Prätorianerdiplome ist, dass der Kaiser als Befehlshaber die Verfügung in der Ich-Form schreiben ließ, was die Nähe des Kaisers zu seinen Prätorianern kennzeichnet. Bei allen anderen Truppen, selbst bei der Reitergarde, kam dies nicht vor.
Die Prätorianer im 1. Jh. n. Chr. – eine kaiserliche Leibgarde
Nach Augustus’ Tod am 19. August 14 n. Chr. verlas Tiberius eine Lobrede. Beim anschließenden Leichenzug waren nicht nur Senat und Ritterschaft anwesend, sondern auch die gesamte Prätorianergarde.
„ …, dann liefen sämtliche Berittene, nicht nur jene, die dem ordo equester angehörten, sondern auch der gesamte Rest und das Fußvolk der Garnison um den Scheiterhaufen und warfen all ihre Auszeichnungen, sofern einige dergleichen jemals von ihm für eine Großtat empfangen hatten, darauf. Anschließend ergriffen nach Senatsbeschluss Centurionen Fakeln und steckten das Holzwerk von unten her an.“
(Cassius Dio, Buch 56, 42, 2 – 3)
Der Tod des Augustus bedeutete auch das Ende des Friedens bei den Prätorianern. Durch die Intrigen ihres Präfekten Lucius Aelius Seianus wurde die Garde aus den italischen Kasernen nach Rom selbst verlegt. Im Jahr 23 n. Chr. überzeugte der Präfekt Kaiser Tiberius von der Notwendigkeit eines Lagers für die Prätorianer, das knapp außerhalb Roms errichtet wurde. Der Kaiser verfügte fortan über die gesamte Garde, war aber ebenso ihrer Gnade ausgeliefert. Das Ergebnis wurde im Jahr 31 n. Chr. deutlich, als Tiberius gezwungen war, sich gegen Seianus auf die Stadtwachen der vigiles zu stützen. Obwohl die Prätorianergarde ihre Treue unter Beweis stellte, wurde in diesem Moment ihr politisches Gewicht offenkundig.
Die Garde zog unter Tiberius erstmals 14 n. Chr. ins Feld, als er sich mit Meutereien unter seinen Armeen am Rhein und in Pannonien konfrontiert sah, die sich über ihre Dienstbedingungen beklagten. Die Legionen in Pannonien zerschlug Tiberius jüngerer Bruder Drusus, den zwei Kohorten Prätorianer, ein großer Teil der Prätorianerreiter und die germanische Leibwache (corporis custodes) begleiteten. Auch der Gardepräfekt Aelius Seianus war darunter. Die Rebellion der Rheinlegionen schlug Tiberius Neffe Germanicus nieder, der damals die Legionen und Abteilungen der Garde in einer Invasion Germaniens befehligte. Ein Mitglied der Garde, Cassius Charea, der sich später durch die Ermordung des Kaisers Caligula in der Nachwelt einen Namen machte, tat sich dadurch hervor, dass er sich mit dem Schwert einen Weg durch die ihm entgegenstehende bewaffnete Menge bahnte.
Diese Mitglieder der Elitetruppe galten nicht umsonst als gefürchtete Soldaten. So ist aus den germanischen Feldzügen des Germanicus überliefert, dass bei der Schlacht um den Angrivarierwall zwei Kohorten der Prätorianer die cheruskischen Stellungen im Wald bereits weit vor den regulären Legionen angriffen und die Germanen vernichtend schlugen. Dennoch galten sie nicht als unbesiegbar, wie die erste Schlacht bei Bedriacum zeigte, wo die Prätorianer, die für Otho stritten, den aus Germanien vorstoßenden Truppen des Vitellius unterlagen. Das hatte zur Folge, dass sich Otho nach nur 95 Amtstagen das Leben nahm. Weitere größere Erfolge feierten die Prätorianer im Mesopotamischen Krieg, wo viele gegnerische Soldaten schon vor der Schlacht ihr Heil in der Flucht suchten, als sie erfuhren, dass sie mit der römischen Elitegarde die Waffen kreuzen sollten. Grundsätzlich nahmen die Prätorianer an jedem Krieg teil, bei dem auch der Kaiser persönlich anwesend war.