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Der technische Medienbegriff

Der technische Medienbegriff verweist auf die Materialität der Kommunikation, beginnend bei der Schrift, manchmal auch erst bei der mechanischen Vervielfältigung durch die Druckerpresse (etwa Hiebel u.a. 1999). Zu Verwechselungen kommt es dadurch, dass sowohl Trägermaterialien (CD-ROM) als auch Vervielfältigungsfaktoren (CD-Player) unter diesen Begriff fallen.

Ausgangspunkt aller kommunikationstheoretischen Medienbegriffe ist das technisch-mathematische Modell der Nachrichtenübertragung zwischen technischen Systemen (Shannon/Weaver 1949), das man generell auf die Strukturierung des Problembereichs Kommunikation zu übertragen versuchte. Das informationstechnische Medienmodell sieht (je nach Autor) mindestens vier Elemente vor: Sender, Empfänger, Kanal und Code. Entscheidend für den Medienbegriff ist der Kanal als Übertragungssystem für Signale sowie der Code, also die verwendete Zeichenkonvention. Während es nachrichtentechnisch in erster Linie um die Frage der (Vermeidung von) Kanalstörungen geht, also um Übertragungsfehler, ist medienbegrifflich relevant, dass der Kanal auch den Möglichkeitsraum für Signale und verwendete Codes bestimmt: »Eine Nachricht muss kanalgerecht kodiert werden – das ist die erste Bedingung, die ein technischer Code erfüllen muss. Die Morse-Schrift ist für die Telegrafie ein kanalgerechter Code, sie ist es aber auch für optische und akustische Signale. Dagegen ist eine gesprochene Nachricht für die telegrafische Übertragung nicht kanalgerecht, sie muss umkodiert werden« (Flechtner 1966, S. 21).

Obwohl die Metapher der Übertragung suggeriert, dass der Übertragungsweg (abgesehen von Störungen) keinen Einfluss auf die Inhalte hat, zeigt sich hier, dass er sogar ein bestimmendes Element der Nachrichtenübertragung ist. In Bezug auf neue Medien wird auch deutlich, dass sich jeweils erst ein Code entwickeln oder vereinbart werden muss, um ein Medium kommunikativ zu nutzen.

Zur Beschreibung menschlicher Kommunikation reicht dieses klassische Modell der Kommunikationstheorie nicht aus. Da der Zusammenhang zwischen übertragenen Signalen nicht mitübertragen wird, sind Bedeutungen grundsätzlich nicht mitteilbar, sondern nur generierbar. Begriffe wie »Störung« oder »kanalgerechte Codierung« erfassen weder die zeitliche Dynamik von Kommunikation, noch kann der Sender als ausschließlich aktiv und der Empfänger als ausschließlich passiv modelliert werden, da er Empfänger Sinnstrukturen rekonstruieren (Bedeutungen zuschreiben) muss. Ferner sind Kommunikationsprozesse eingebettet in sich verändernde gesellschaftliche Strukturen und historische Kontexte – Medien können daher nicht unabhängig von der jeweiligen gesellschaftlichen Wirklichkeit gesehen werden (vgl. Baacke 1973, S. 7). Die disziplinär zuständigen Fachwissenschaften haben daher erweiterte und spezielle Medienbegriffe entwickelt.

Der organisationssoziologische Medienbegriff

Medientechnologien und ihre Vermarktung bedürfen ausdifferenzierter Organisations- und Arbeitsformen. Die »Doppelnatur des Systems Medium« (Saxer 1975, S. 209) besteht darin, dass jedes (publizistische) Medium einerseits ein bestimmtes kommunikationstechnisches Potenzial aufweist, sich andererseits bestimmte Sozialsysteme um diese Kommunikationstechnologie herum bilden. Im Anschluss an Saxer (1998) zählt Burkart (2002) folgende für einen »medienwissenschaftlich angemessenen« Begriff von »Medium« charakteristischen Begriffsbestandteile auf:

• Medien sind Kommunikationskanäle, die auditive, visuelle bzw. audiovisuelle Zeichensysteme transportieren bzw. vermitteln;

• bei Medien handelt es sich zumeist um (arbeitsteilige) Organisationen, die vielfältige Leistungen und Funktionen für die Gesellschaft (bzw. jeweilige Zielgruppen) erbringen;

• Medien bilden für Herstellungs-, Bereitstellungs- und Empfangsprozesse mehr oder weniger komplexe soziale Systeme;

• Medien stellen Institutionen dar, da Medien um ihres umfassenden Funktionspotenzials willen in das jeweilige gesellschaftliche Regelsystem eingefügt, institutionalisiert (Saxer 1998, S. 55) werden (vgl. Burkart 2002, S. 42 ff.).

Begrifflich unterscheidet man auch zwischen Medien erster Ordnung, die gewissermaßen eine technische Infrastruktur mit bestimmter (publizistischer) Potenzialität darstellen, und Medien zweiter Ordnung, die unter Beteiligung institutionalisierter Kommunikatoren Massenkommunikation ermöglichen (Kubicek/Schmid/Wagner 1997, S. 32 ff.). Medien erster Ordnung dürfen dabei nicht als neutral oder kulturell beliebig missverstanden werden, sondern sind wie jede Technik immer auch schon Kulturobjekt, »kodierte Bedeutung« (Hörning 1989, S. 100).

In der sozialwissenschaftlichen Technikgeneseforschung hat sich eine institutionelle Perspektive durchgesetzt, der zufolge um technische Innovationen herum Institutionen entstehen. Die Implementierung neuer Medientechniken erscheint aus dieser Perspektive im weitesten Sinne als ein Prozess der Organisationsentwicklung technisch vermittelter Kommunikationssysteme (vgl. Kubicek/Schmid 1996).

Medienentwicklung lässt sich auch als ein Prozess der »Technisierung symbolischer Prozesse« (Rammert 1993, S. 307) beschreiben. Medien sieht Rammert als technische Interaktionssysteme, die bestimmte soziale Interaktionsund Kommunikationsprozesse reproduzieren oder ermöglichen. Kommunikation kommt freilich nur zustande, wenn »jemand sieht, hört, liest – und so weit versteht, dass eine weitere Kommunikation anschließen könnte« (Luhmann 1996, S. 14). Diese für die Entwicklung einer neuen Medientechnik zu einem sozialen Medium notwendige Verständigung erfordert den Aufbau sozialer Regelsysteme und Instanzen, durch die die Verwendungsweisen des Mediums in einem bestimmten Kontext definiert werden durch gemeinsam geteilte Codes und Regeln sowie Wissens- und Sinnbezüge, in die das medienbezogene Handeln eingebettet ist.

Massenmedien

Der Begriff Massenmedien ist von allen Medienbegriffen der wohl am besten definierte und auch in der Forschung noch immer geläufigste. »Massenmedien«, »Medien der Massenkommunikation« oder schlicht »Verbreitungsmittel« sind austauschbare Bezeichnungen für »technische Instrumente oder Apparate, mit denen Aussagen öffentlich, indirekt und einseitig an ein disperses Publikum verbreitet werden« (Maletzke 1963, S. 35). Diese in einer Studie zur Psychologie der Massenkommunikation entwickelte Definition ist weithin rezipiert worden und bis heute anerkannt. Synonym gebraucht wird manchmal der Begriff publizistische Medien. Nicht durchgesetzt haben sich die Bezeichnungen Programm-Medien oder Öffentliche Medien, die beispielsweise Baacke statt Massenmedien vorgeschlagen hat, da Masse (im Gegensatz zum Publikum der Massenmedien) »eher an ein ungegliedertes, unstrukturiertes Miteinander einander fremder Menschen denken lässt« (Baacke 1994, S. 315).

Maletzke (1963) differenziert den klassischen Medienbegriff, indem er drei Unterscheidungen vornimmt: zwischen direkter und indirekter Kommunikation, gegenseitiger und einseitiger Kommunikation sowie privater und öffentlicher Kommunikation. Massenkommunikation ist immer indirekte Kommunikation. Während direkte Kommunikation im Gespräch, also face to face stattfindet, gibt es bei indirekter (beispielsweise schriftlicher) Kommunikation eine »räumliche oder zeitliche oder raumzeitliche Distanz zwischen den Kommunikationspartnern« (ebd., S. 28). Anders als im Gespräch, bei dem die Sprecherrolle ständig wechselt (gegenseitige Kommunikation), sind bei Massenkommunikation die Rollen von Kommunikator und Rezipient durch das Medium klar verteilt: »Alle Massenkommunikation verläuft einseitig« (ebd., S. 28). Private Kommunikation definiert Maletzke als »ausschließlich an eine bestimmte Person oder an eine begrenzte Anzahl von eindeutig fixierten Personen« gerichtet. Bei öffentlicher Kommunikation ist der Adressatenkreis weder begrenzt noch definiert, da »die Aussage in der Intention des Aussagenden für jeden bestimmt ist, der in der Lage ist, sich Zugang zur Aussage zu verschaffen, und der willens ist, sich der Aussage zuzuwenden«. Massenkommunikation ist »immer öffentlich in diesem Sinne« (ebd., S. 28).

Dem so definierten Bereich der Massenmedien ordnet Maletzke zunächst vier Medienbereiche zu: Presse, Film, Hörfunk und Fernsehen. Den Begriff der Presse verwendet Maletzke dabei »in seiner weitesten und ursprünglichsten Bedeutung« und versteht darunter »alles veröffentlichte Gedruckte« (Maletzke 1963, S. 36). Neben Zeitung und Zeitschrift, also gedruckten Periodika, sind mit diesem Pressebegriff auch »Buch und Flugblatt, Groschenheft und Werbeprospekt« (ebd.) erfasst (vgl. Abb. 1).

Das entscheidende Kriterium zur Unterscheidung von Massenmedien und »Medien überhaupt« ist das »disperse Publikum« der Massenmedien, das sich vom Präsenzpublikum dadurch unterscheidet, dass Orts- und Zeitfixierung nur auf Letzteres zutrifft. Theater, Zirkus oder Vorträge sind demzufolge keine Massenmedien, dagegen die Schallplatte (ähnlich CD, Video, DVD, Musikstreamingdienste etc.) »als zusammenfassender Begriff für alle zur Veröffentlichung bestimmten Schallaufzeichnungen« (Maletzke 1963, S. 32) sehr wohl. Das Beispiel zeigt, dass bei den Trägermedien die Abgrenzung schwer fällt, da sie sowohl für ein Massenpublikum als auch von einzelnen Nutzern individuell für kleine private Kreise produziert werden können.

Der Begriff »technisches Verbreitungsmittel« schließt die direkte Gesprächssituation aus und dient als Oberbegriff zur genaueren Definition des Mediums, wobei die »Technik« die Unterschiede der Massenmedien begründet. Schanze weist darauf hin, dass Maletzkes Interesse jedoch nicht gerichtet ist auf das »Abstractum der technischen Verbreitungsmittel bzw. auf die verschiedenen Techniken, sondern gerade auf den Komplex der spezifischen Wirkungen der Massenmedien auf das disperse Publikum. Eine Isolation des Medienbegriffs verbietet sich von diesem Ansatz von selbst. Erst das Phänomen Massenmedium als Institution des öffentlichen Lebens kann Untersuchungsgegenstand werden, an dem sich die Theorie der Massenmedien bewährt« (Schanze 1976, S. 34).


An seine Grenzen kommt der Begriff »Massenkommunikation« durch Hybridmedien wie das Internet. In den Computernetzwerken wird Individualkommunikation ebenso praktiziert wie interpersonale Kommunikation in virtuellen Gemeinschaften oder auch Massenkommunikation (vgl. z.B. Höflich 1994, 1995). Angesichts der definitorischen Zuordnungsschwierigkeiten stellt sich daher die Frage, ob man überhaupt noch von Massenmedien reden sollte oder neue Begriffe wie »Massen-Individual-Medien« schaffen müsste.

Wenn man Netzwerke unter Medien subsumiert, lässt sich jedenfalls nicht mehr materialreich nach Medienfeldern (Zeitung, Rundfunk), sondern nur unscharf nach medialen Funktionen differenzieren. Versteht man andererseits Netzwerke nicht als Medien, steht man »den Reichweiten binärer Netze, den verteilten Informationsknoten, den spezifischen Formen informationeller Selbstversorgung, der Mensch-Medien-Interaktivität u.v.a.m. ohne adäquate Beobachtersprache gegenüber« (Faßler 2000).

Medien aus Sicht der Kritischen Theorie

Vor allem in der (Medien-) Pädagogik sind bis in die achtziger Jahre die Medienanalysen und Medienthesen der Kritischen Theorie ebenso einflussreich gewesen wie Maletzkes Modell der Massenkommunikation. Horkheimer und Adorno diagnostizieren in ihren Thesen zur »Kulturindustrie« (1944; 1969) ein stark ungleichgewichtiges Verhältnis zwischen Medien und Publikum mit Abhängigkeiten und Bewusstseinsmanipulation der Rezipienten. Die industrielle Produktion von Kulturwaren kritisieren sie als anti-aufklärerisch, als Massenbetrug. Die Kulturindustrie spricht mit ihrem Medienbegriff eine »nach-autonome Kultur« an (Kausch 1988), die weder hohe Kunst noch Volkskunst ist, sondern prozessierende Medialität, die nach dem Muster reiner Vermittlung abläuft und einen innerhalb des Medialen nicht mehr aufzudeckenden »Verblendungszusammenhang« erzeugt (vgl. Halbach/Faßler 1998, S. 42).

Die Annahmen der Kulturindustriethese sind aus heutiger Sicht überholt (vgl. z. B. Vollbrecht 2001, S. 120 f.). Ein theoretischer Anschluss an die Fragestellungen der Kritischen Theorie ist in der von Prokop vertretenen »neuen kritischen Medienforschung« zu sehen. Unter Medien versteht Prokop ausschließlich »Massenmedien, und das sind populäre Inszenierungen aller Art – informierend wie unterhaltend –, die beim Publikum beliebt sind, sich gut verkaufen, hohe Einschaltquoten, Auflagen, Chartpositionen bringen« (Prokop 2000, S. 11).

Drei Merkmale sind nach Prokop (2001) für Massenmedien wesentlich:

»1. Medien im Sinne von Massenmedien gibt es nur dort, wo es große Publika gibt, die real oder potenziell als Öffentlichkeit agieren. Die großen Publika sind nicht die Medien, aber sie sind deren Voraussetzung. […]

2. Massenmedien gibt es nur, wenn spezielle öffentliche Anbieter vorhanden sind, die mit ihrem Angebot spezielle Interessen verfolgen: Repräsentanz von Macht, Propaganda, Profit, Aufklärung. Die Anbieter selbst sind keine Massenmedien, sondern deren infrastrukturelle Voraussetzung. […]

3. Massenmedien gibt es nur, wenn öffentlich präsentierte Produkte spezielle Inszenierungen anbieten. Diese Inszenierungen, wenn sie populär sind – d. h. bei Bevölkerungsmehrheiten beliebt sind, wahrgenommen, gekauft und debattiert werden – sind die eigentlichen Massenmedien« (Prokop 2001, S. 11 f.).

Abweichend vom Mainstream der Kommunikationswissenschaft fließen in diese Definition als Bestimmungsmomente von Massenmedien der Erfolg beim Publikum ebenso ein wie die Interessen der Anbieter und die Kopplung von Produkt und Konsumtion in der Inszenierung. Dagegen fehlt der Aspekt der technischen Vermittlung, sodass z. B. auch (erfolgreiche) Theater und Musicals als Massenmedien gefasst werden. Wesentlich ist bei Prokop der Fokus auf die Anbieterinteressen, die den »Medienkapitalismus« bzw. den »Kampf um die Medien« (so die beiden Buchtitel) letztlich entscheiden. Für ideologiekritische Analysen oder auch Polemiken ist dieser Medienbegriff wohl eher geeignet als für empirische Studien, denn schon durch die Kopplung des Medienbegriffs an den Publikumserfolg entfällt eine detailreiche Betrachtung der Medialität.

Systemischer Medienbegriff

Systemische, konstruktivistische oder auch kulturwissenschaftliche Mediendefinitionen dehnen im Bemühen um theoretische Vollständigkeit ihre Medienbegriffe weit aus und nähern sich dadurch den universellen Medienbegriffen an.

So verwendet Niklas Luhmann in seiner Systemtheorie den Medienbegriff ebenfalls in sehr weiter Bedeutung (zu Luhmanns Medienbegriff s.a. Grampp 2006). Für Luhmann ist ein Medium alles, was unterschiedliche Formen annehmen kann, die sich immer wieder neu zusammenfügen lassen und zerfallen, ohne dass das Medium verbraucht wird. »Ein Medium ist also Medium nur für eine Form, nur gesehen von einer Form aus. […] Das Gesetz von Medium und Form lautet: dass die rigidere Form sich im weicheren Medium durchsetzt« (Luhmann 1995, S. 44). In dieser operativen Bestimmung von Medien mit der Unterscheidung von Medium und Form, bezeichnet Form die Seite der beobachtbaren Kommunikate, in denen Bedeutung sich aktualisiert, während die Medien selbst unsichtbar bleiben und nur an der Kontingenz der Formbildungen erkennbar sind.

Ferner unterscheidet Luhmann drei Typen von Kommunikationsmedien:

• »Sprache ist ein Medium, das sich durch Zeichengebrauch auszeichnet. Sie benutzt akustische bzw. optische Zeichen für Sinn.«

• »Aufgrund von Sprache haben sich Verbreitungsmedien, nämlich Schrift, Druck und Funk entwickeln lassen.« Sie sind auch die Grundlage für die Massenmedien in der modernen Gesellschaft.

• Drittens gibt es die »symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien«, die jeweils einzelnen Funktionsbereichen der Gesellschaft zugeordnet werden. »Wichtige Beispiele sind: Wahrheit, Liebe, Eigentum/Geld, Macht/ Recht« (Luhmann 1984, S. 220 ff.).

Neben diesen Medienbegriffen definiert Luhmann auch den Begriff »Massenmedien«, und zwar im Sinne technischer Verbreitungsmedien, bei denen keine Interaktion unter Anwesenden zwischen Sender und Empfängern stattfinden kann. Unter Massenmedien versteht er »alle Einrichtungen der Gesellschaft […], die sich zur Verbreitung von Kommunikation technischer Mittel der Vervielfältigung bedienen [… und dafür] Produkte in großer Zahl mit noch unbestimmten Adressaten erzeugen« (Luhmann 1996, S. 10).

Luhmanns Medienbegriff ist von systemtheoretisch und konstruktivistisch orientierten Kommunikationswissenschaftlern aufgegriffen und in unterschiedlichen Varianten weiterentwickelt worden. Als Beispiel soll hier nur der Medienbegriff von Schmidt und Zurstiege vorgestellt werden, die Medien als einen Kompaktbegriff sehen, der semiotische Kommunikationsinstrumente, Medientechnologien, sozialsystemische Institutionalisierungen medientechnischer Dispositive und Medienangebote umfasst, die unter den jeweiligen sozialhistorischen Bedingungen als Gesamtmediensystem selbstorganisatorisch und ko-produktiv zusammenwirken und auf die Entfaltung gruppen- oder gesellschaftsspezifischer Wirklichkeits- und Identitätskonstruktionen einwirken.

Zu unterscheiden sind also »vier Komponentenebenen:

• Kommunikationsinstrumente, d. h. materielle Zeichen, die zur Kommunikation benutzt werden, allen voran natürliche Sprachen;

• Medientechniken, die eingesetzt werden, um Medienangebote etwa in Form von Büchern, Filmen oder E-Mails herzustellen, zu verbreiten oder zu nutzen;

• institutionelle Einrichtungen bzw. Organisationen (wie Verlage oder Fernsehsender), die entwickelt werden, um Medientechniken zu verwalten, zu finanzieren, politisch und juristisch zu vertreten etc.;

• schließlich die Medienangebote selbst, die aus dem Zusammenwirken aller genannten Faktoren hervorgehen (wie Bücher, Zeitungen, Fernsehsendungen etc.)« (Schmidt/Zurstiege 2000, S. 170).

In der Forschungspraxis sind derart weite Medienbegriffe nicht ohne weiteres verwendbar und müssen im Hinblick auf die jeweilige Forschungsfrage eingegrenzt werden.

Pädagogische Medienbegriffe

Die Bezugswissenschaften der (vergleichsweise jungen) Medienpädagogik sind vor allem die Kommunikationswissenschaft und die Erziehungswissenschaft. Medienpädagogische Medienbegriffe entsprechen daher im Allgemeinen den kommunikationswissenschaftlichen. Unterschiedlich sind dagegen die Forschungsinteressen, die in der Medienpädagogik stärker der pädagogisch relevanteren Rezeptionsseite zuneigen. Der pädagogische Impetus zeigt sich beispielsweise in folgender Begriffsbestimmung:

»Medienpädagogik umfasst alle Fragen der pädagogischen Bedeutung von Medien in den Nutzungsbereichen Freizeit, Bildung und Beruf. Dort, wo Medien als Mittel der Information, Beeinflussung, Unterhaltung, Unterrichtung und Alltagsorganisation Relevanz für die Sozialisation des Menschen erlangen, werden sie zum Gegenstand der Medienpädagogik, wobei Sozialisation die Gesamtheit intendierter und nicht intendierter Einwirkungen meint, die den Menschen auf kognitiver und emotionaler Ebene sowie im Verhaltensbereich prägen. – Gegenstände medienpädagogischer Theorie und Praxis sind die Medien, ihre Produzenten und ihre Nutzer im jeweiligen sozialen Kontext. Medienpädagogik untersucht die Inhalte und Funktionen der Medien, ihre Nutzungsformen sowie ihre individuellen und gesellschaftlichen Auswirkungen. Sie entwirft Modelle für medienpädagogisches Arbeiten, mit dem die Nutzer über die Kompetenzstufen Wissen und Analysefähigkeit in ihren spezifischen Lebenswelten zu medienbezogenem und medieneinbeziehendem Handeln geführt werden sollen« (Neubauer/Tulodziecki 1979, S. 15).

Innerhalb der Erziehungswissenschaft grenzt sich die Medienpädagogik in ihrem disziplinären Selbstverständnis einerseits von der Sozialpädagogik und andererseits von der Schulpädagogik ab. Sowohl im sozialpädagogischen Kontext als auch immer dann, wenn von Medien als Hilfsmitteln im Unterricht (Mediendidaktik, e-learning, Erwachsenenbildung) die Rede ist, sind meist andere als kommunikationswissenschaftliche Medienbegriffe gemeint.

Als sozialpädagogische Medien bezeichnet man Mittler zur Gestaltung der pädagogischen Beziehung wie Gestalten, Bewegen, Darstellen. Dazu zählen Spiel, kreative Ausdrucksmedien wie z. B. Musik, Tanz, Theater sowie ausgewählte Gestaltungstechniken. Einbezogen werden jedoch auch technische Medien in ihren Möglichkeiten für Eigenproduktionen, z. B. Videofilme. Mit diesem sozialpädagogischen Medienbegriff werden Medien nicht einem disziplinären Gegenstandsfeld zugeschlagen, sondern einer sozialpädagogischen Handlungskompetenz, die sich richtet

1) auf die Vermittlung spezifischer Sinneswahrnehmungs- und Darstellungsqualitäten (Ästhetik),

2) auf die Ermöglichung des verbalen und nonverbalen Austauschs mit Anderen (Kommunikation),

3) auf den konzeptionell fundierten und handlungsorientierten Einsatz kreativer Kompetenzen für die sozialpädagogische Arbeit mit unterschiedlichen Zielgruppen und Problemlagen (Intervention) (vgl. Studienordnung Sozialpädagogik der FH Darmstadt).

Unübersichtlicher ist der Medienbegriff in der Schulpädagogik. Da die (Massen-) Medien und ihre sozialisatorischen und gesellschaftlichen Effekte auch zum Lehrauftrag der Schule gehören, also Lerngegenstand sind, und der erzieherische Auftrag der Schule auch Medienerziehung umfasst, werden insoweit auch hier kommunikationswissenschaftliche Medienbegriffe verwendet.

Aus schulischer Sicht des eigenen Handlungsfelds kommt jedoch – neben dieser medienpädagogischen Perspektive auf die Massenmedien – der Mediendidaktik und den Unterrichtsmedien ein ungleich höherer Stellenwert zu. Das zeigt sich beispielsweise daran, dass Medienpädagogik häufig entweder synonym mit Mediendidaktik verwendet oder darunter subsumiert wird. So ist noch 1994 im »Handbuch der Medienpädagogik« (hrsg. von Hiegemann/Swoboda) der einzige definitorische Artikel zum Medienbegriff ausschließlich der mediendidaktischen Sicht gewidmet. Dort heißt es, dass Paul Heimann (1970) in der allgemeinen Didaktik die Medien als »selbständigen Faktor der Unterrichtstheorie« (Wokittel 1994, S. 25) fasst.

Während den didaktischen Reflexionen zum Medieneinsatz hohe Bedeutung zugemessen wird, ist der Medienbegriff meist unterbelichtet. Von Tafel und Kreide über Overhead-Projektor, Lehrfilm und Landkarte bis zu Computer, Smartboard, digitalen Lernspielen und Lernprogrammen, kann alles als Unterrichtsmedium bezeichnet werden.

Überschneidungen der drei pädagogischen Medienbegriffe zeigen sich in den Begriffen individuell handhabbare Medien sowie Medienverbund. Unter individuell handhabbaren Medien versteht man in der handlungsorientierten (oder auch: aktivierenden) Medienpädagogik alle technischen Medien, mit denen ohne spezialisierte Kommunikatoren und ohne institutionellen Aufwand mediale Eigenproduktionen hergestellt werden können – in schulischen oder sozialpädagogischen Settings ebenso wie auch privat. Medienverbund bezeichnet eine Kooperation von Massenmedien und Erwachsenenbildung, bei der beispielsweise gedruckte Lehrmaterialien und Bildungssendungen im Radio oder Fernsehen aufeinander abgestimmt zum Einsatz kommen.

Davon abweichend wird manchmal auch jenseits pädagogischer Vermittlungsabsicht von Medienverbund gesprochen, wenn eine intermediale Verschränkung verschiedener Einzelmedien (treffender: Medienkonvergenz) gemeint ist. In technikzentrierter Sicht formuliert Norbert Bolz: »Menschen sind heute nicht mehr Werkzeugbenutzer, sondern Schaltmomente im Medienverbund. Deshalb setzen sich immer mehr Computermetaphern für Selbstverhältnisse durch – wir rasten in Schaltkreise ein.« (Bolz 1993, S. 116). Man könnte hier auch von Medien als einer Matrix sprechen.

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