Czytaj książkę: «Historische Translationskulturen», strona 10

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2.1.4 Walisisch

Es wird angenommen, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts 70 % der Bevölkerung in Wales ausschließlich Walisisch sprachen, während 20 % nur Englisch nutzten und weitere 10 % zweisprachig waren. Während Walisisch in ganz Wales gesprochen wurde, war Englisch eher an der walisisch-englischen Grenze, in Monmouthshire und Glamorganshire im Südosten und in den schnell wachsenden Hafenstädten Swansea, Cardiff und Newport (Kearney 2014: 241) verbreitet. Eine Volkszählung im Jahr 1891 fragte erstmals auch den Sprachgebrauch ab und zeigte eine drastische Veränderung der Anzahl der Walisisch-SprecherInnen. Insgesamt gaben 54,4 % der Befragten an, Walisisch zu sprechen, wobei 32,1 % der Bevölkerung über zwei Jahre ausschließlich Walisisch sprachen. Dieser Wert sank 1901 weiter auf 7,3 % (Davies 2014: 81–82).

Neben der Industrialisierung werden auch die Berichte der Commissioners of Inquiry von vielen als großer Einflussfaktor auf die walisische Sprache im 19. Jahrhundert betrachtet. Der dreibändige Bericht über den Bildungsstand in Wales im Jahr 1847, auch als Treachery of the Blue Books bekannt, stellte die WaliserInnen sowie deren Sprache als unmoralisch und ungebildet dar:

[T]he Welsh language is a vast drawback to Wales, and a manifold barrier to the moral progress and commercial prosperity of the people. […] It dissevers the people from intercourse which would greatly advance their civilisation, and bars the access of improving knowledge to their minds. (Johnson et al. 1847: 66)

Die Berichte hatten negativen Einfluss auf die walisische Sprache, da sie als minderwertige Sprache dargestellt wurde und Walisisch-SprecherInnen daher der Meinung waren, dass ihnen die walisische Sprache nicht dieselben Möglichkeiten bieten könne wie die englische. Aufgrund dieser Entwicklungen wurde Englisch schlussendlich auch zur Unterrichtssprache.

2.1.5 Bretonisch

Im 19. Jahrhundert wurde Bretonisch vor allem noch im Westen der Niederbretagne gesprochen (Timm 2015: 715). Verlässliche Zahlen, die Auskunft über die tatsächliche Anzahl der SprecherInnen geben, sind jedoch schwer zu finden. Foy (2002: 29) bezieht sich auf Zahlen der Volkszählung von 1886, die darauf schließen lassen, dass 51 % (1.320.000 Personen) der Bevölkerung in der Niederbretagne ausschließlich Bretonisch sprachen. Bezugnehmend auf Broudic (1999) stellt Foy fest, dass die Zahlen von 1905 einen Rückgang der SprecherInnen um 32 % zeigen. Das Bildungssystem spielte bei diesem Rückgang eine wichtige Rolle: Ab 1882 wurde durch die Schulgesetze von Jules Ferry die Schulbildung ausschließlich auf Französisch vermittelt. So mussten Schulkinder oft mit einer Bestrafung rechnen, wenn sie Bretonisch sprachen (Prémel 1995: 53), was Prémel auch als Hauptgrund für den starken Rückgang der bretonischen Sprache im 20. Jahrhundert sieht (ibid.: 54). Während Favereau (2007: 130) rund um die Jahrhundertwende eine Renaissance des Bretonischen, insbesondere in Bezug auf Literatur beobachtet, nimmt diese Renaissance in der Keltischen Renaissance keine wichtige Rolle ein, da das Bretonische bis zu diesem Zeitpunkt florierte und im Gegensatz zu den Sprachen Irisch-Gälisch, Schottisch-Gälisch, Manx und Walisisch nicht dem Druck anderer Sprachen ausgesetzt war.

2.1.6 Kornisch

Im Gegensatz zum Bretonischen wurde Kornisch schon um 1800 nicht mehr zu Kommunikationszwecken genutzt (George 2015: 491). Obgleich immer noch Menschen diese Sprache beherrschten, wird davon ausgegangen, dass der Großteil von ihnen bis 1900 verstorben war. Jenner (1904/2016: 12) weist darauf hin, dass die anglikanische Reformation dem Kornischen besonders abträglich war, denn die anglikanische Agende Book of Common Prayer wurde im Gegensatz zu den anderen keltischen Sprachen der Britischen Inseln nie ins Kornische übersetzt.

2.2 Die Keltische Renaissance: Sprache, Kultur und Autonomie

Rund um die Wende zum 20. Jahrhundert ließ sich in den keltischen Regionen der Britischen Inseln und der Niederbretagne großes Interesse sowohl an alter als auch an moderner keltischer Kultur beobachten. Auch wenn sich die bisherige Forschung zur Keltischen Renaissance vor allem der irischen Kultur und Sprache widmet, erfuhren auch andere keltische Kulturen während dieser Renaissance einen solchen Interessensaufschwung. Diese kulturellen Wiederauflebungen waren regionsübergreifend und äußerten sich in verschiedensten Formen, unter anderem in der Gründung von Verbänden zur Förderung der keltischen Kultur, der Organisation von internationalen keltischen Kongressen sowie der Veröffentlichung von Zeitschriften in keltischen Sprachen. Zu erwähnen ist hier die Zeitschrift Irisleabhar na Gaedhilge (The Gaelic Journal), die erstmals 1882 herausgegeben wurde. In dieser Zeitschrift wurde zweisprachig auf Irisch und Englisch zur Erhaltung und Pflege der irischen Sprache publiziert. Darüber hinaus wurden auch Artikel über die zeitgleichen Entwicklungen in anderen keltischen Regionen auf Schottisch-Gälisch, Walisisch und Französisch veröffentlicht.

Organisationen zur Förderung der keltischen Kultur, wie zum Beispiel An Comunn Gàidhealach (The Gaelic Association), die 1891 zur Unterstützung und Förderung der schottisch-gälischen Sprache und Kultur gegründet wurde, spielten für die Keltische Renaissance eine Schlüsselrolle. Auf die Gründung der Conradh na Gaeilge (The Gaelic League) im Jahr 1893, deren Ziel die Förderung der irischen Sprache und Kultur war, folgte 1894 die Gaelic Athletic Association als zentrale Regulierungsstelle für gälische Sportarten wie Hurling und Gaelic Football. Bei der Abhaltung des traditionellen National Eisteddfod, ein walisisches Literatur- und Musikfestival, wurde 1885 die walisische Sprachgemeinschaft Cymdeithas yr Iaith Gymraeg (Welsh Language Society) gegründet, die die Etablierung eines zweisprachigen Wales anstrebte. 1897 wurde auf der Isle of Man die manx-gälische Gesellschaft Yn Çheshaght Ghailckagh (The Manx Gaelic Society) zum Zwecke der „preservation of everything that IS distinctively Manx, and, above all, to the cultivation of a national spirit“ gegründet (Morrison 1914: 132). Die keltisch-kornische Gesellschaft Cowethas Kelto-Kernuak (The Celtic Cornish Society) wurde 1902 für „the study and preservation of the Celtic remains in the Duchy of Cornwall, the revival of national customs and sports, [and] the Cornish language as a spoken tongue“ gegründet (N.N. 1902). Die eindeutig erkennbaren Parallelen zwischen den fünf keltischen Regionen können als Ausdruck des vorherrschenden Nationalstolzes gesehen werden, der zu einem regen Austausch zwischen den Regionen führte.

Die jahrhundertalte Tradition des walisischen Eisteddfod-Festivals wurde als Folge der Blue Books revitalisiert, sodass 1861 das erste National-Eisteddfod-Festival veranstaltet wurde. Dies inspirierte andere keltische Kulturen zur Organisation ähnlicher Kulturveranstaltungen wie dem Mòd-Festival, einem Festival der schottisch-gälischen Literatur, Kunst und Musik, das erstmals 1892 von An Comunn Gàidhealach in Schottland veranstaltet wurde, und dem Oireachtas, einem Festival der traditionellen irischen Kunst und Literatur, das erstmals 1897 von Conradh na Gaeilge organisiert wurde. Ähnliche Veranstaltungen entstanden nach der Keltischen Renaissance, nämlich 1924 beziehungsweise 1971, auf der Isle of Man und in der Bretagne. VertreterInnen und DarstellerInnen aus diesen drei Regionen nahmen regelmäßig an diesen Festivals teil (O’Leary 1986: 103), die sich zu einer Plattform für einen interkulturellen Diskurs entwickelten. Im Rahmen des Eisteddfod-Festivals 1898 wurde die Gründung einer pankeltischen Vereinigung diskutiert (ibid.), woraufhin im Jahr 1900 die Celtic Association mit Sitz in Dublin gegründet wurde (Stewart 2018: 148).

Obwohl keltische Organisationen und Veranstaltungen in den angesprochenen Regionen offiziell nicht politischer Natur waren, haben viele von ihnen dennoch zu einem Identitätsgefühl, und besonders in Irland und Schottland zu einem Gefühl von Nationalismus beigetragen. Die Mitglieder dieser Organisationen waren oftmals auch in der lokalen oder nationalen Politik tätig. Hetcher (2017: 167) zeigt am Beispiel Irlands, welche Rolle eine solche kulturelle Renaissance in Bezug auf Nationalismus haben kann: „[T]he revival of ‚ancient‘ cultural forms – such as Gaelic speaking in Ireland […] – is a frequent characteristic of contemporary nationalist movements“. In Irland wurde 1886 dem Parlament der erste Gesetzesentwurf für eine irische Selbstregierung vorgelegt, das sogenannte irische Home-Rule-Gesetz, das jedoch vom Parlament des Britischen Empires abgelehnt wurde. Im selben Jahr wurde in Schottland die Scottish Home Rule Association gegründet, die aber nur wenig Zuspruch fand. In Wales konnte aufgrund der Kluft zwischen Norden und Süden keine gemeinsame Position zum Thema Selbstregierung gefunden werden, wobei 1914 dennoch ein Gesetzesentwurf eingebracht wurde. Nach drei weiteren Versuchen zur Selbstregierung in Irland wurde 1921 schlussendlich der Irische Freistaat ausgerufen. Aus diesem Grund gilt dieses Jahr in Irland als das Ende der Gälischen Renaissance.

3 Keltische Renaissance und Translation

In den vorhergehenden Kapiteln wurde gezeigt, dass für die keltischen Nationen, die zur Jahrhundertwende versuchten, ihr kulturelles Erbe neu zu beleben, der Erhalt von Sprache und der Erhalt von Kultur eng miteinander verbunden waren. In diesem Bestreben einer Neubelebung spielte Translation aufgrund der multilingualen Umgebung eine entscheidende Rolle. Einerseits hatte durch Translation ein breiteres Publikum Zugang zu seinem kulturellen Erbe, da die Zahl der SprecherInnen dieser Sprachen im Laufe des 19. Jahrhunderts zurückgegangen war. Andererseits wurde Translation in gewissem Maße dazu genutzt, die Verwendung der jeweiligen keltischen Sprache zu fördern. An dieser Stelle soll jedoch angemerkt werden, dass es sich bei vielen der damaligen Publikationen um keltischsprachige Originale und keine Übersetzungen handelte. Im folgenden Kapitel wird zuerst für jede der Sprachen die Rolle von Translation in der Keltischen Renaissance vor dem Hintergrund der historischen Entwicklungen der damaligen Zeit diskutiert. Anschließend werden die Verbindungen zwischen den verschiedenen Translationstraditionen hervorgehoben.

3.1 Irisch-Gälisch

Wie bereits erwähnt, gibt es mehrere Gründe, weshalb Irland von besonderem Interesse für die Translationswissenschaft war. Als einzige keltische Nation, die Unabhängigkeit erlangt hat, bietet Irland heute die Möglichkeit, nicht nur die Rolle der Translation, sondern auch die der Sprache und der Translationspolitik zu Zeiten der Keltischen Renaissance zu analysieren, die zur irischen Unabhängigkeit geführt haben.

Die Keltische Renaissance stellte insofern einen Wendepunkt dar, als bis dahin Translation vor allem vom Britischen Empire zur Kolonisierung genutzt wurde: „Translation […] was a tangible, physical oppression, and it was accompanied by various other forms of dispossession, including the erasure of Ireland’s history and Ireland’s humanity“ (Tymoczko 1999: 19). Während der Keltischen Renaissance wurde Translation jedoch von der Bevölkerung Irlands für eigene Zwecke zurückgewonnen. Eine der Hauptfunktionen war es, irisch-sprachige Texte für diejenigen zugänglich zu machen, die aufgrund der Sprachumwälzung im 19. Jahrhundert die irische Sprache nicht beherrschten (Cronin 2011: 55). Translation erlaubte somit eine Renaissance des keltischen Kulturerbes.

Der Übersetzer Douglas Hyde, der aus dem Irischen ins Englische übersetzte und seine Texte in beiden Sprachen veröffentlichte, war Gründungsmitglied der Gaelic League und wurde später Präsident Irlands (Constantine 2009: 298). Übersetzungen von Hyde, wie beispielsweise Beside the Fire (1890), eine Sammlung von Übersetzungen irischer Folklore ins Englische, kennzeichneten eine neue Herangehensweise an das Übersetzen, denn das von ihm verwendete Englisch war das Englisch der irischen Bevölkerung (Hyde 1890: xviii). Dieses irische Englisch, auch Hiberno-Englisch genannt, war stark von der irischen Syntax und Ausdrucksweise beeinflusst. Hydes Übersetzungsstrategie war relativ wortgetreu, denn Lexik und Struktur des Ausgangstextes sind auch in der Übersetzung erkennbar. Insofern war seine Art und Weise zu übersetzen bahnbrechend, denn er ordnete die englische Sprache der irischen unter und setzte sie als Mittel ein, um die Aufmerksamkeit auf die Übersetztheit seiner Texte zu richten (Constantine 2009: 298). Auf diese Weise instrumentalisierte Hyde Translation und Sprache zum Zweck der Neubelebung der irischen Sprache und Kultur. Diese Translationsstrategie kann in der Terminologie Lawrence Venutis als „foreignising“ (Venuti 1995/2008) oder „verfremdend“ bezeichnet werden, weil dadurch bestehende Machtverhältnisse infrage gestellt wurden.

Lady Gregory, eine Dramatikerin und wichtige Figur der irischen Literaturrenaissance, verwendete später den in Kiltaran gesprochenen Dialekt dieser neuen Form des Englischen für ihre Übersetzung Cuchulain of Muirthemme (1902). Diese trug dazu bei, dass Hiberno-Englisch eine neue literarische Allgemeinsprache für irische AutorInnen wurde (Cronin 1996: 139), wie beispielsweise für den irischen Dramatiker John Millington Synge, der auch als Übersetzer aus dem Gälischen ins Englische tätig war (Kiberd 1979: 62–63), sowie für William Butler Yeats, der wie Synge in die irische Literaturrenaissance involviert war.

Die meisten Übersetzungen aus dem Irischen ins Englische während der Keltischen Renaissance waren Gedichtsammlungen alter irischer Volkserzählungen, von denen bereits eine englische Übersetzung existierte. Sinn dieser Neuübersetzungen war es „[to] resist and challenge English stereotyping and English cultural isolation. The Irish seized translation of their own cultural heritage as one means of re-establishing and redefining their nation and their people“ (Tymoczko 1999: 21). Dies wurde vor allem Anfang des 20. Jahrhunderts auch durch Übersetzungen ins Irisch-Gälische angestrebt, um diese Sprache wiederzubeleben (Cronin 2000: 485).


Irisch-Gälisch – Überblick Was wurde übersetzt: – häufiger irisch-gälische Ausgangstexte – alte Legenden und Gedichte – zeitgenössische SchriftstellerInnen übersetzten eigene Texte Motivation für Übersetzungen: – Wiederbelebung der irisch-gälischen Literatur und Kultur – Verbreitung irisch-gälischer Literatur und Kultur in Irland und weltweit – Neudefinition des Bildes der keltischen Kultur – Englisch als Sprache der Kolonialmacht – Irisch sollte wiederbelebt werden Übersetzungsstrategien: – wörtliche Übersetzungen – „Kolonisieren“ von Englisch – Entstehung von Hiberno-Englisch – Intralinguale Übersetzung von Legenden ins moderne Irische ÜbersetzerInnen: – Douglas Hyde – Standish James O’Grady – Lady Gregory – John Millington Synge Ziele/Ergebnisse: – Hiberno-Englisch als literarische Umgangssprache – Interesse an zeitgenössischer keltischer Kultur

3.2 Schottisch-Gälisch

Im 19. Jahrhundert waren viele Publikationen und Übersetzungen von schottisch-gälischen Texten durch eine, wie Constantine es ausdrückt, „hunt for oral and literary ‚remains‘ to prove/disprove Macpherson’s Ossianic translation“ motiviert (2009: 302). Diese Macpherson-Übersetzung schottisch-gälischer Erzählungen, obwohl nach ihrer Veröffentlichung hoch gelobt, wurde von zeitgenössischen SchriftstellerInnen und WissenschaftlerInnen hinsichtlich ihrer Authentizität stark in Frage gestellt, was zu einem gesteigerten Interesse an gälischen Erzählungen und Legenden führte (Gillies 2000: 182). Aufgrund dessen wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Reihe von Anthologien veröffentlicht, die englische Übersetzungen von Volksmärchen aus dem Schottisch-Gälischen enthielten. Beispiele dafür sind Archibald Campbells Waifs and Strays of Celtic Tradition (1889–1895), und Reliquiae Celticae (1892–1894), die von Pastor Alexander Cameron übersetzte bardische Eulogien und Elegien enthalten. Gemeinsam mit den durch die Highland Clearances verursachten politischen Unruhen war diese Entwicklung Grund für das Wiederaufleben der schottisch-gälischen Literatur gegen Ende des 19. Jahrhunderts (ibid.). Dazu trugen außerdem der zunehmende Kontakt zwischen den unterschiedlichen keltischen Kulturen sowie die Solidarität zwischen den SprecherInnen von Schottisch-Gälisch und Schottisch aufgrund des großen Zustroms von gälischsprachigen SiedlerInnen im schottischen Tiefland bei (Thomson 2000: 487). Gilles hebt dazu hervor: „Gaelic-Scots solidarity, and to some extent pan-Celtic outreach, dictated that English translations would play their part in this revival, to a greater extent than occurred in Ireland or Wales“ (Gillies 2000: 182). So war es beispielsweise für schottisch-gälische DichterInnen gängige Praxis, eine englische Übersetzung ihrer Werke anzufertigen, um LeserInnen sowohl auf Schottisch-Gälisch, als auch auf Scots und Englisch anzusprechen (ibid.: 182–183).

Diese Entwicklung, die bis ins 20. Jahrhundert andauerte, wurde durch das stetig zunehmende wissenschaftliche Interesse an schottisch-gälischer Literatur bestärkt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde Keltologie an Universitäten unterrichtet, was dazu führte, dass eine Reihe von Wissenschaftswerken über schottisch-gälische Lyrik und Volkssagen einschließlich ihrer englischen Übersetzungen veröffentlicht wurden (Thomson 2000: 487). Beispiele dafür sind Nigel MacNeills The Literature of the Highlanders (1892) oder Magnus Macleans The Literature of the Highlands (1904). Zu den wichtigen Anthologien des frühen 20. Jahrhunderts gehört Alexander Carmichaels Carmina Gadelica (1900), eine große Sammlung an Gesängen, Hymnen und Beschwörungsformeln mit ihren Übersetzungen sowie die von Marjory Kennedy Fraser und Pastor Kenneth MacLeod herausgegebenen Songs of the Hebrides (1909) sowie The Gaelic Songs of Duncan Macintyre (1912), die von George Calder veröffentlicht und übersetzt wurden.

Viele Übersetzungen aus dieser Zeit wurden in metrischer Form verfasst (Thomson 2000: 487), um die Altertümlichkeit der Originaltexte hervorzuheben (Gillies 2000: 182). Einige dieser Übersetzungen sind sprachlich ungenau oder ihr Inhalt wurde auf unterschiedliche Weise verändert. Solche (Neu-)Übersetzungen entstanden zu jener Zeit nicht nur in Schottland, sondern auch in anderen englischen Kolonien auf den Britischen Inseln. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass dadurch versucht wurde, gewisse Konzeptionen, die durch von der Hegemonialmacht geschriebenen Originaltexten und Übersetzungen verbreitet wurden, richtigzustellen. Tejaswini Niranjana beschreibt diese Situation folgendermaßen: „By employing certain modes of representing the other – which it thereby also brings into being – translation reinforces hegemonic versions of the colonized“ (Niranjana 1992: 3). Das (Neu-)Übersetzen von Texten bot für die kolonisierte Bevölkerung einen Weg, ihr Selbstbild zu entwickeln und zu stärken.


Schottisch-Gälisch – Überblick Was wurde übersetzt: – häufiger schottisch-gälische Ausgangstexte – hauptsächlich Anthologien: Gedichte, Erzählungen und Legenden Motivation für Übersetzungen: – Wiederbelebung der schottisch-gälischen Literatur und Kultur – Verbreitung schottisch-gälischer Literatur und Kultur in Schottland und weltweit – Neudefinition des Bildes der keltischen Kultur – wissenschaftliches Interesse an der keltischen Sprache und Kultur Übersetzungsstrategien: – metrische Übersetzungen – Gebrauch von Archaismen, um altertümliche Schreibweise und vermeintliche Mystik der Originaltexte nachzubilden ÜbersetzerInnen: – Alexander Cameron – Alexander Carmichael – Gelehrte – Geistliche Ziele/Ergebnisse: – wissenschaftliches Interesse an der keltischen Sprache und Kultur – Interesse an der zeitgenössischen keltischen Kultur