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Grundwissen Kommunikation

ISBN 978-3-86676-652-5

Frank Hallenberger & Clemens Lorei (Hrsg.)

Grundwissen Kommunikation

ISBN 978-3-86676-652-5


Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

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© Urheberrecht und Copyright: 2014 Verlag für Polizeiwissenschaft,

Prof. Dr. Clemens Lorei, Frankfurt

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Verlag für Polizeiwissenschaft, Prof. Dr. Clemens Lorei

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Telefon/Telefax 0 69/51 37 54 • verlag@polizeiwissenschaft.de

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Printed in Hungary

Vorwort

Liebe Leser,

Kommunikation ist nicht nur sprichwörtlich in aller Munde. Sie ist nicht nur das am häufigsten gebrauchte und wahrscheinlich wichtigste Einsatzmittel des Polizeibeamten, sondern außerdem dessen innerdienstliches Medium zum Informationsaustausch. Letztlich werden Polizeibeamte für das Kommunizieren alimentiert, sie sind also Kommunikationsprofis.

Das Buch „Grundwissen Kommunikation“ verfolgt nun das Ziel, vor allem für die Polizei in Aus- und Fortbildung, elementares Wissen zum Thema Kommunikation zur Verfügung zu stellen. Es richtet sich in erster Linie an Polizeibeamte aber auch an andere Einsatzkräfte. Dabei will es eine Verbindung zwischen wissenschaftlichem Anspruch und praktischer Umsetzbarkeit bei maximaler Verständlichkeit der Inhalte schaffen. Die Beiträge sollen dazu dienen, nützliche und wissenschaftlich fundierte Kenntnisse zu vermitteln. Neben den wichtigsten Theorien werden Kommunikationstechniken und spezielle polizeilich relevante Situationen unter kommunikativer Sicht beleuchtet. Hierbei werden Anregungen und Tipps gegeben, die die Leser in ihr Handeln einfließen lassen können. Wir haben uns bemüht, möglichst allen relevanten Themen von A wie Aktives Zuhören bis Z wie Zeugenaussagen Raum zu geben.

Bei den Autoren handelt es sich um renommierte polizeiinterne Experten und externe Wissenschaftler, die sich mit der Polizei und ihrem Handeln beschäftigen. Wir danken allen für ihre Bereitschaft und ihr Engagement, die das Entstehen dieses Buches ermöglicht haben.

Damit sich polizeiliche Kommunikation den Notwendigkeiten der Veränderung in Gesellschaft, Technik und Zeit anpassen kann, werden sowohl die wissenschaftlichen Theorien als auch die praktischen Anwendungsebereiche weiterentwickelt, ergänzt und aktualisiert. Ebensolches soll auch diesem Lehrwerk widerfahren. Die Herausgeber freuen sich deshalb auf Kommentare, Bemerkungen und Anregungen an grundwissen@polizeiwissenschaft.de.

Wir wünschen den Polizeipraktikern unter den Lesern, dass sie die Inhalte des Buches erfolgreich für ihr Handeln nutzen können. Den Lehrenden und Trainern mögen die Inhalte Erinnerung und Unterstützung bei ihrer Arbeit sein sowie vielleicht auch Ergänzungen und Anregungen zu bestehendem Wissen liefern.

Dr. Frank Hallenberger

Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Fachbereich Polizei – Rheinland-Pfalz

Prof. Dr. Clemens Lore

Hessische Hochschule für Polizei und Verwaltung

Wir danken allen Autoren, die mit ihrer Bereitschaft und ihrem Engagement zum Entstehen dieses Buches beigetragen haben.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Grundlagen der Kommunikation

Wim Nettelnstroth

Nonverbale Kommunikation

Clemens Lorei, Sven Litzcke

Neurolinguistisches Programmieren (NLP)

Martina Kreutner

Geschlechtsspezifische Kommunikation

Birgitta Sticher

Kommunikationstechniken

Fragen – Fragetechniken

Nathalie Kimiai, Christian Groß

Aktives Zuhören

Frank Hallenberger

Ich-Botschaften

Frank Hallenberger

Feedback

Bärbel Werdes

Polizeibezogene Kommunikation

Kommunikative Deeskalation

Peter Pfeiffer

Psychische Erste Hilfe

Frank Lasogga

Umgang mit Opfern

Frank Hallenberger

Polizeibeamte und Provokation

Max Hermanutz

Das Überbringen einer Todesnachricht

Frank Lasogga

Interaktion mit Suizidanten

Jürgen Schramm, Frank Hallenberger

Vernehmung

Claudia Brockmann

Grundlagen der Kommunikation im Kontext der Polizei

Wim Nettelnstroth

Prof. Dr. phil., Dipl.-Volkswirt, HWR Berlin

1 Einleitung

Die Bedeutung der Kommunikation für eine große Zahl polizeilicher Aufgaben wird von polizeilichen Verantwortungsträgern und Verantwortungsträgerinnen immer wieder betont. Eine häufige Äußerung in diesem Zusammenhang ist diejenige, dass Kommunikation die stärkste Waffe des Polizeibeamten und der Polizeibeamtin sei, z. B. noch vor Maßnahmen des Zwangs. Umso wichtiger ist eine diesbezüglich fundierte Ausbildung, um die Fähigkeiten für eine angemessene Kommunikation in den verschiedenen Situationen des polizeilichen Alltags zu schulen bzw. zu verbessern. In diesem Zusammenhang kann davon gesprochen werden, dass Polizisten Kommunikationsprofis sind. Sie werden für das Kommunizieren (z. B. Konfliktlösungen im weitesten Sinne) alimentiert.

Dieser Beitrag verfolgt das Ziel, Basiswissen über Kommunikation darzulegen und beispielhaft auf polizeiliche Standardsituationen zu übertragen. Diese Vorgehensweise soll es der Leserin und dem Leser ermöglichen, kommunikative Theorien nachzuvollziehen und eigenständig auf ihn interessierende polizeiliche Sachverhalte anzuwenden. Zunächst wird in der Einleitung ein Verständnis für das Berufsbild des Polizeibeamten und der Polizeibeamtin geschaffen, indem unter anderem Hauptaufgaben und Schlüsselsituationen polizeilichen Handelns dargestellt werden. Ebenfalls in der Einleitung wird bereits der Bogen zur Kommunikation geschlagen, und es werden Grundgedanken zu kommunikativen Fähigkeiten als Teil der sozialen Kompetenz vorgestellt.

In den Abschnitten 2 bis 5 werden dann die grundlegendsten Modelle bzw. Theorien der Kommunikation erläutert und ein Transfer auf polizeiliche Sachverhalte vorgenommen. Abschließend werden die einzelnen Kommunikationsmodelle in einem Fazit gewürdigt.

1.1 Gedanken zum Berufsbild des Polizeibeamten und der Polizeibeamtin

Der Polizeiberuf kann als sehr anspruchsvoll und inhaltlich breit gefächert angesehen werden und verlangt der handelnden Polizistin und dem handelnden Polizisten in der täglichen Aufgabenbewältigung eine Vielzahl von Kompetenzen ab. Diese können in fachliche, soziale, persönliche und methodische Kompetenzen unterteilt werden. Den Rahmen dafür liefert die Forderung nach verantwortlichem Handeln in einem freiheitlichen, demokratischen, dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Kultur verpflichteten sozialen Rechtsstaat.

Die Polizei leistet wesentliche Beiträge zur Ermöglichung eines friedlichen Zusammenlebens der Bürgerinnen und Bürger und gewährleistet durch den Schutz der Grundrechte auch die Austragung von Konflikten in den durch Recht und Gesetz gezogenen Grenzen.

Die polizeiliche Aufgabenbewältigung muss im Interesse der Bürgerinnen und Bürger erfolgen und hat sich dabei nicht nur an der Sicherheitslage, sondern auch am Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu orientieren. Auch muss sie sich anlassunabhängig um Bürgernähe sowie Kontakte mit anderen Behörden und sonstigen Stellen bemühen.

Die Aufgaben der Polizei ergeben sich aus Recht und Gesetz. Sie umfassen insbesondere:

• Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren (Gefahrenabwehr), einschließlich der Gefahrenvorsorge und der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten

• Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten

• Vollzugshilfe für andere Behörden

Die Polizei hat die öffentliche Sicherheit oder Ordnung in erster Linie durch vorbeugende Maßnahmen zu gewährleisten und soll zu diesem Zweck Initiativen ergreifen. Grundsätzlich geht die Gefahrenabwehr der Strafverfolgung vor. Darüber hinaus leistet die Polizei im Rahmen ihrer Verkehrssicherheitsarbeit wichtige Beiträge zum sicheren und umweltgerechten Straßen-, Schienen- und Schiffsverkehr. Bürgerinnen und Bürger erwarten von der Polizei Hilfe und Unterstützung in Konfliktsituationen auch in den Fällen, deren Weiterbearbeitung in die Zuständigkeit anderer Behörden führt. Dabei verrichtet die Polizei ihren Dienst in einem Spannungsfeld oft sehr gegensätzlicher Interessen. Ihre Arbeit muss in hohem Maße auf Ausgleich und Entschärfung von Konflikten ausgerichtet sein. Es wird erwartet, dass sie ihre Aufgaben auch unter besonderen Belastungen erfüllt (hoher Entscheidungsdruck bei geringer Informationsdichte, Konfrontationen mit menschlichen Grenzsituationen, Gefahren für das eigene Leben bzw. die eigene Gesundheit etc.).

Es lassen sich folgende Hauptaufgaben der Polizei unterscheiden:

• Anzeigen- und Sachverhaltsaufnahme

• Erster Angriff: Sicherungs- und Auswertungsangriff bei allen anfallenden Straftaten/Einsatzanlässen

• Bearbeitung von Ermittlungsverfahren sowie Verkehrsstraftaten und die Vorgangsbearbeitung bei Verkehrsunfällen

• Verkehrsunfallaufnahme einschließlich der Sicherung der Unfallstelle und Veranlassung aller erforderlichen Eingriffs- und Folgemaßnahmen

• Verkehrsicherheitsarbeit: Verkehrsüberwachung zur Bekämpfung der Hauptunfallursachen; Verkehrsregelung und -lenkung; Beseitigung von Unfallhäufungsstellen

• Einsätze des täglichen Dienstes (Standardeinsätze)

• Einsätze aus besonderem Anlass (Bereitschaftspolizei, Wach- und Wechseldienst, Kriminalpolizei); eigenverantwortliche Lagebewältigung bei Einsatzanlässen, die keinen Aufschub dulden

Als Schlüsselsituationen für das Berufsbild des Polizeibeamten und der Polizeibeamtin können folgende Situationen bezeichnet werden:

Komplexe Situationen, mit denen der Polizeibeamte und die Polizeibeamtin in der alltäglichen Arbeit häufig konfrontiert wird und zu deren Bewältigung komplexe Verhaltensmuster unter Einbeziehung umfangreicher Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten aus den Bereichen Taktik/Eigensicherung, Kommunikation, Stressbewältigung, Eingriffstechniken, Eingriffsrecht und Nichtschießen/Schießen nötig sind.

Situationen, die relativ selten auftreten, aber ein so hohes Gefährdungspotenzial für den Polizeibeamten und die Polizeibeamtin und andere Personen aufweisen und/oder eine so große Öffentlichkeitswirksamkeit beinhalten, dass jeder Beamte und jede Beamtin unbedingt auf sie vorbereitet sein muss.

Innerhalb der ersten Rubrik sind verschiedene Standardlagen zu unterscheiden, zu denen u. a. der Streit (Familienstreit, häusliche Gewalt, Umgang mit Jugendlichen in der Einschreitsituation, Ruhestörung), die verdächtige Person (Täter vor Ort) und der Verkehrsverstoß gehören. Der Umgang mit diesen Lagen erfolgt durch Standardmaßnahmen wie z. B. die Sicherstellung, die Festnahme/Ingewahrsamnahme, die Personen- und Fahrzeugüberprüfung, der Platzverweis oder die Durchsuchung (u. a. Kugelmann, 2012).

1.2 Grundgedanken zu Kommunikation

Die Ausführungen zum Berufsbild der Polizeibeamtin und des Polizeibeamten zeigen einen deutlichen Zusammenhang zum Thema Kommunikation und insbesondere zur Forderung nach der Kommunikationsfähigkeit von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten auf. Noch deutlicher wird dies, wenn die allgemeinen Ausführungen zu den Aufgaben von Polizistinnen und Polizisten auf einzelne konkrete Sachverhalte bezogen werden. Insofern lässt sich die Forderung aufstellen, wonach professionelles Handeln in der Polizei erst durch eine Reflektion über menschliche Kommunikation gewährleistet werden kann (vgl. Sticher, 2012).

Kommunikation im polizeilichen Alltag

Als Grundsätze des kommunikativen Handels der Polizei können die Achtung der Rechte der Bürgerinnen und Bürger, Konfliktvermeidung und Deeskalation, Transparenz sowie die Ökonomie und Wirkung des eigenen Handelns angesehen werden (Hesener, 2008). Typische polizeiliche Tätigkeiten mit einer hohen Bedeutung von Kommunikation und kommunikativer Kompetenz sind die Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterführung (Organisatorische Kommunikationsprozesse, Konflikte mit Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzten und Nachgeordneten), der Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern (Information, Verständigung und Beeinflussung, Konfliktregelung) oder die Vernehmung (Informationsgewinnung von Zeugen bzw. Zeuginnen und mutmaßlichen Täterinnen und Tätern). Darüber hinaus gibt es Situationen mit hoher kommunikativer Relevanz, in denen das Rechtliche nur eine untergeordnete Rolle spielt: Verbarrikadierung, Suizidanten oder das Überbringen von Todesnachrichten.

Die Bedeutung der Kommunikation für das Handeln im polizeilichen Alltag lässt sich auch an der Beschäftigung mit dem Thema im polizeiwissenschaftlichen Kontext messen. Beispiele dafür sind folgende Themengebiete:

Die Kommunikation in der psychologischen Krisenintervention (Hallenberger, 2006, 2009) verdeutlicht die Wichtigkeit sachgerechter Kommunikation bei der Bereitstellung von Hilfe für alle Beteiligten einer Krise (schwerer Verkehrsunfall, Schusswaffengebrauch, Naturkatastrophe, schwere Familientragödie).

Kommunikation in Notfallsituationen (Gasch, 2011) greift psychologische Kommunikationsprobleme auf, die in einer Notfallsituation aufgrund von hohem Stressniveau der Beteiligten und Informationsüberlastung entstehen können.

Großschadensereignisse stellen hohe Anforderungen an die Kooperation und Kommunikation der beteiligten Menschen und Organisationen, die schnell und effizient zusammenarbeiten müssen (Lasogga & von Ameln, 2010).

Abweichend von der bisher überwiegenden Außenperspektive kann der Blick auch nach Innen gerichtet und die Kommunikation innerhalb der Polizeibehörde betrachtet werden. Die gesunde Kommunikation von Polizistinnen und Polizisten im Sinne des Einflusses der Kommunikation auf die Gesundheit von Polizisten (Sandvoß, 2009) beschäftigt sich mit der Kommunikation im Arbeitsalltag der Polizei, die ein Grund für psychosomatische Erkrankungen von Polizeibeamtinnen und -beamten sein kann.

Eine bestimmte Seite des polizeilichen Alltags beschreibt Wiendieck (2003) in seinem Beitrag Polizei im Spannungsfeld zwischen Professionalität und Aggressivität. In der von ihm durchgeführten Studie wird das Selbst- und Aufgabenverständnis der Polizei im Zusammenhang mit polizeilichen Übergriffen untersucht. Dazu werden fiktive, aber doch an Sachverhalten aus Polizeiarchiven angelehnte Fallbeispiele durch Polizeibeamtinnen und -beamte bewertet, die u. a. eine erhebliche kommunikative Komponente aufweisen. So wird in Fall 1 auf die Beschwerde einer älteren Frau mit den Worten, wenn Sie meinen, dass interessiert mich, dann sind sie falsch informiert, reagiert. Im zweiten Fallbeispiel wird einem Bürger, der seinen 90-jährigen Großvater zum Arzt gebracht hatte und deshalb kurzzeitig den Straßenverkehr aufgehalten hat, mitgeteilt: „Wir sehen hier keinen Opa. Sie warten und fahren erst weiter, wenn wir mit Ihnen fertig sind“ (Wiendieck, 2003, S. 50).

In der polizeipsychologischen Literatur werden bei der Aufbereitung von Sachverhalten kritische Ereignisse behandelt, in denen Kommunikation eine entscheidende Rolle spielt. So werden in dem Buch Moderne Polizeipsychologie in Schlüsselbegriffen von Hermanutz, Ludwig und Schmalzl (2001) 38 Themen behandelt, von denen die meisten mittelbar und viele unmittelbar mit der Kommunikationsfähigkeit des Beamten bzw. der Beamtin zu tun haben, u. a.: Gesprächsführung mit dem Bürger (Dubbert), Lautsprecherdurchsagen (Eggers), Mitarbeitergespräche (Ludwig), Nonverbale Kommunikation/Körpersprache (Eggers) oder Vorgesetzten-Feedback (Ludwig).

Kommunikationsfähigkeit

In einer differenzierten Betrachtung beruflicher Rollen ist zu beobachten, dass „in vielen Berufen der Umgang mit anderen Menschen Kernbestandteil der täglichen Arbeit (ist), in vielen anderen Berufen wesentlicher Begleitumstand, und es gibt kaum einen Beruf, für den dieser Verhaltensbereich keine Bedeutung hätte“ (Blaschke, 1987, S. 142). Wird in diesem Zusammenhang der Beruf des Polizeibeamten und der Polizeibeamtin betrachtet, so zeigt sich, dass der Kontakt mit anderen Menschen ein zentrales Merkmal der polizeilichen Arbeit darstellt. Auf Grund der Bedeutung der Kommunikation für eine Vielzahl an polizeilichen Aufgaben wird deshalb eine hohe Kommunikationsfähigkeit von Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen gefordert.

Dabei kann sie als eine von mehreren Schlüsselqualifikationen verstanden werden wie z. B. Fähigkeiten zum lebenslangen Lernen, zur Analyse und Planung, zur Kooperation oder Dimensionen wie Ausdauer, Konzentration und Leistungsmotivation (Mertens, 1974).

In einer Systematisierung dieser Fähigkeiten werden sechs verschiedene Bereiche von Schlüsselqualifikationen unterschieden (Grunwald, 1990): Fachliche, konzeptionelle, methodische und kommunikative Qualifikationen, soziale Verantwortung und Persönlichkeit. Innerhalb dieser Einteilung wird Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit zum einen als ein Persönlichkeitsmerkmal verstanden, ist damit zeitlich stabil und nur begrenzt trainierbar. Davon abgegrenzt wird zum anderen der Begriff der kommunikativen Qualifikation, dem folgende Merkmale zugeschrieben werden:

• Innere Grundhaltung: Selbstöffnung, Aufrichtigkeit, Authentizität, Zivilcourage, Selbstvertrauen, Gerechtigkeitsempfinden

• Auseinandersetzung mit der eigenen Person (Stärken/Schwächen; Selbstkritik; Umgang mit Erfolgen/Misserfolgen; Wirkung auf andere; Umgang mit eigenen Ängsten, Minderwertigkeitsgefühlen, Unsicherheiten; etc.)

In der aktuellen Betrachtung beruflicher Anforderungen wird unter anderem die Soziale Kompetenz hervorgehoben, die einen engen Zusammenhang zu dem Konzept der Schlüsselqualifikationen aufweist. „Zur sozialen Kompetenz gehört, andere Menschen in ihrem Handeln zu verstehen und mit ihnen angemessen umzugehen“ (Pennig, 2001, S. 200). Insofern überrascht es nicht, dass neben Elementen wie Einfühlungsvermögen, Kooperation, Kollegialität, Durchsetzungsfähigkeit und Rhetorik bzw. Ausdruck die Kommunikationsfähigkeit der Sozialen Kompetenz zugeordnet wird.

Bevor im folgenden Abschnitt 2 mit dem Grundmodell der Kommunikation der Einsteig in die Kommunikationstheorien erfolgt, wird zunächst dargelegt, welches die Ziele der Kommunikation sind. Ein zentrales Ziel von Kommunikation besteht darin, jemanden zu etwas zu veranlassen (Kommunikation zur Steuerung des Verhaltens). Ob diese Sende-Absicht wenigstens ansatzweise erreicht worden ist, kann dann durch das Empfangsresultat überprüft werden. Kommunikation gilt dann als erfolgreich, wenn das beabsichtige Ziel erreicht werden konnte. Ein weiterer Zweck von Kommunikation besteht darin, „in zwischenmenschlicher Hinsicht besser klarzukommen“ (Schulz von Thun, 2008, S. 12). Beide angesprochenen Aspekte werden sich wie ein roter Faden durch die nachfolgenden Theorien der Kommunikation ziehen. Weitere Zwecke der Sprache bestehen in dem Ausdruck von Wissen und Grundhaltungen (Ungerer, 2006).

2 Das Grundmodell der Kommunikation

Um ein grundlegendes Verständnis von Kommunikation zu bekommen, wird in der Regel zunächst das Grundmodell der Kommunikation (Sticher, 2012) erläutert, welches auch als Sender-Empfänger-Modell (Graumann, 1972, zitiert nach Nerdinger, 2011) oder als klassisches Kommunikationsmodell (Herrmann, 1992) bezeichnet wird. Alle Beschreibungen und Darstellungen des Grundmodells beziehen sich in ihrem Ursprung auf das nachrichtentechnische Modell der Kommunikation von Shannon und Weaver (1949) und auf die Lasswell-Formel (Lasswell, 1948), die über das nachrichtentechnische Modell hinaus bereits psychologische Aspekte integriert (Hofinger, 2008).

Abbildung 1


Damit ein Einstieg in das Verständnis für den Ablauf der Kommunikation zwischen Personen erreicht werden kann, wird das Grundmodell der Kommunikation zunächst in einer stark vereinfachten Weise dargestellt (s. Abb. 1).

Das basale Verständnis von menschlicher Kommunikation beinhaltet stets die Vorstellung davon, dass eine Botschaft von einer Person an eine andere Person übertragen wird. Derjenige, der die Botschaft absendet, wird zweckmäßigerweise als Sender bezeichnet, wohingegen derjenige, der die Botschaft entgegennimmt, Empfänger genannt wird. Um eine Botschaft übermitteln zu können, muss der Sender zunächst etwas Enkodieren, was häufig auch als Verschlüsseln bezeichnet wird. Was genau beim Vorgang des Enkodierens verschlüsselt wird und wie daraus eine Botschaft wird, soll in der Erläuterung des erweiterten Grundmodells dargelegt werden (s. Abb. 2). Bei dem Versuch, die ankommende Botschaft aufzunehmen, versucht der Empfänger sie zu entschlüsseln (Dekodieren), „d.h. er muss die eingehenden Symbole in eine für ihn verständliche Form übersetzen“ (Nerdinger, 2011, S. 59). Analog zum Prozess des Enkodierens wird das Dekodieren im erweiterten Modell beschrieben.

Hinter dem Begriff der Botschaft verbirgt sich nicht etwas Eindimensionales, sondern ein vielschichtiges Konstrukt. Zunächst besteht sie aus den Codes (Zeichen), mit denen der Sender sie ausgestattet hat. Dabei handelt es sich nicht nur um sprachliche, sondern auch um nonverbale (Körpersprache), paraverbale (Stimmeigenschaften, Sprechverhalten) oder schriftliche Anteile der Botschaft, die miteinander in Zusammenhang stehen. Bei der differenzierten Betrachtung einer Botschaft wird deutlich, dass auf verschiedenen Kanälen übermittelt wird: Gesprochenes wird gehört, Gezeigtes oder Geschriebenes gesehen, Berührungen werden gespürt, Gerüche wie beispielsweise Angstschweiß gerochen.

Im Grunde genommen müsste hier die einfache Betrachtung der Kommunikation im wortwörtlichen Sinne des Sender-Empfänger-Modells enden. Wahrscheinlich hat das 1. Axiom von Watzlawick, Beavon und Jackson (2007) dazu geführt, dass das Grundmodell der Kommunikation meistens mit einer Rückschleife versehen ist. Danach findet Kommunikation stets statt, wenn sich mindestens zwei Personen in einer Situation befinden, und deshalb eine Reaktion zu integrieren ist. Es wiederholt sich der bereits dargelegte Prozess, nur dass der Empfänger durch seine Erwiderung auf die ursprüngliche Botschaft zum Sender wird und der Sender zum Empfänger. Dieses Verständnis führt dazu, dass über das nachrichtentechnische Modell der Kommunikation von Shannon und Weaver (1949) hinaus menschliche Kommunikation als Kreislauf angesehen (vgl. Watzlawicks 3. Axiom) und im Grundmodell der Kommunikation auch so dargestellt wird. Streng genommen sprechen einige Autoren dann nicht mehr nur von Kommunikation als die Weitergabe von Information, sondern von Interaktion.

Für ein tieferes Verständnis menschlicher Kommunikation wird das einfache Grundmodell der Kommunikation in einer erweiterten Variante unter anderem um die störanfälligen Prozesse ergänzt (s. Abb. 2).

Die Struktur des einfachen Modells bleibt auch im Erweiterten erhalten: Weiterhin werden Botschaften gegenseitig ausgetauscht, die enkodiert und dekodiert werden.

Allerdings werden Modifikationen eingeführt, die dem Gedanken eines kommunikativen Kreislaufs Rechnung tragen. So wird nicht mehr eine Person als Sender und die andere als Empfänger bezeichnet, sondern die Kommunikationsteilnehmer nehmen gleichzeitig beide Rollen ein. Zusätzlich wird über die begriffliche Unterscheidung zwischen der auslösenden (die ursprüngliche Nachricht) und der erwidernden Botschaft (die Rückmeldung; Nerdinger, 2011) verdeutlicht, dass Kommunikation nie ausschließlich in eine Richtung stattfindet. Ausnahmen von dieser auf die persönliche Interaktion bezogenen Beschreibung sind das Senden eines Briefs oder das Besprechen eines Anrufbeantworters.

Im Zentrum des erweiterten Grundmodells der Kommunikation stehen jedoch die Begriffe Bedeutungsvorrat, Zeichenvorrat, Bedeutungs-Zeichen-Zuordnung, Bedeutungssequenz und Zeichensequenz (Herrmann, 1992), die es ermöglichen, den Prozess des En- und Dekodierens zu verstehen und Störquellen der menschlichen Kommunikation zu erkennen.

Abbildung 2


Bei der Frage, was Enkodieren bedeutet, wird fälschlicherweise oftmals nur das Produkt des Verschlüsselns, nämlich die Botschaft mit ihren unterschiedlichen Inhalten (u. a. verbal, nonverbal) genannt. Was enkodiert wird, bleibt zumeist unbeantwortet. Der Prozess des Enkodierens beinhaltet, Aspekte aus dem Inneren des Senders wie Gedanken, Gefühle, Absichten und ähnliches, die eben nicht Worte, Gesten, Tonfall oder Schrift sind, in genau diese Zeichen (Codes) zu übertragen, damit sie übertragungsfähig sind. Um in den Begriffen des Modells zu argumentieren, kann Enkodieren als der Vorgang bezeichnet werden, bei der konkrete Gedanken, Gefühle bzw. Absichten des Senders einer persönlichen Bedeutungssequenz entsprechen, die auf Basis seiner individuellen Bedeutungs-Zeichen-Zuordnung in eine Zeichensequenz überführt wird, die wiederum die Botschaft darstellt. Um diese konkrete Zuordnung einer Bedeutungssequenz zu einer Zeichensequenz individuell gleichbleibend zu erreichen, greift der Sender auf seinen Bedeutungsvorrat, seinen Zeichenvorrat und die Zuordnung beider Vorräte zueinander, auf seine individuelle Bedeutungs-Zeichen-Zuordnung, zurück: „Die Zeichen (oder geordnete Gruppen von Zeichen, z. B. Wortfolgen) und die Bedeutungen sind einander paarweise zugeordnet: Ein Zeichen oder eine Zeichengruppe stehen für genau eine Bedeutung“ (Herrmann, 1992, S. 288).

Der Prozess des Dekodierens muss entsprechend andersherum (spiegelbildlich) ablaufen. Die in Codes des Senders ausgedrückte Botschaft (und nicht seine Gedanken, Gefühle, Wünsche!) trifft auf den Empfänger, der diese Zeichensequenz in seine persönliche Bedeutungssequenz übersetzt. Dazu bedient er sich seines persönlichen Bedeutungs- und Zeichenvorrats und seiner individuellen Bedeutungs-Zeichen-Zuordnung, die normalerweise nicht derjenigen des Senders entspricht. Das um die Prozesse des En- und Dekodierens erweiterte Sender-Empfänger-Modell wird in Abb. 3 dargestellt (Arbeit, Bildung und Forschung [ABF], 2003).

Watzlawick et al. (2007) beschreiben ein kulturelles Missverständnis, das seine Ursachen im En- und Dekodieren hat. So verschlüsselt ein US-Amerikaner seine Zuneigung zu einer Britin zur Zeit der amerikanischen Stationierung von Soldaten in Großbritannien in einem frühen Stadium der Beziehung durch den Wunsch nach einem Kuss. Bei der Britin kommt eben diese Nachricht an (Wunsch nach einem Kuss), wird aber anders entschlüsselt: Küsse werden in Großbritannien nicht in einer frühen Phase einer möglichen Beziehung ausgetauscht, sondern in einer sehr späten Phase, die schon bald sexuelle Handlungen nach sich ziehen würde. Welche Rückmeldung wird die Britin dem Amerikaner geben? Wird sie den Amerikaner schnellstmöglich verlassen, was bei ihm zu einer Interpretation einer prüden Britin führen würde? Oder wird sie sexuelle Aktivitäten anstreben, was zu einer Interpretation führen könnte, wonach Britinnen leicht zu haben sind und schnell zur Sache kommen?

Im polizeilichen Kontext sind derartige Kommunikationsprobleme ebenfalls an der Tagesordnung, da im gesamten Polizeiapparat zahlreiche Subkulturen aufeinander treffen, die Gleiches unterschiedlich Ver- und Entschlüsseln. Der Satz Jetzt aber los eines erfahrenen Polizeiführers im Einsatz könnte bedeuten, dass die ihm zugeordneten Kräfte langsam mit der Vorbereitung beginnen sollten. Ein neues Mitglied der Gruppe, das frisch aus der Ausbildung dazu gestoßen ist, dekodiert den Satz allerdings in einem anderen Sinne, versteht ihn als Aufforderung zum Handeln und stürmt los.

Abbildung 3


Allein aus der Beschreibung der Prozesse des En- und Dekodierens wird deutlich, wie störanfällig menschliche Kommunikation ist. Dabei werden als Störquellen solche Kommunikationsbarrieren bezeichnet, „die in der Lage sind, die Eindeutigkeit der Nachricht zu beeinträchtigen. Zu den Störquellen zählen Wahrnehmungsprobleme, semantische Schwierigkeiten oder interkulturelle Differenzen“ (Nerdinger, 2011, S. 59-60).

Es ist offensichtlich, dass die gelingende Kommunikation zwischen Gesprächspartnern auf einem gegenseitigen Verständnis beruht. Unter Zuhilfenahme des erweiterten Grundmodells der Kommunikation wird deutlich, dass dieses gegenseitige Verständnis auch von einer gewissen Übereinstimmung des Bedeutungs- und Zeichenvorrats abhängt. Vor allem ist jedoch die Zuordnung von Zeichen (u. a. Worte, Gesten, Tonfall, Schrift) zu einer konkreten, gemeinsam geteilten Bedeutung für eine erfolgreiche Kommunikation entscheidend. Besteht nicht eine ausreichende Übereinstimmung in der Bedeutungs-Zeichen-Zuordnung, wird durch den Prozess des Enkodierens und beim Prozess des Dekodierens (Störquellen 1 und 3) eine im wahrsten Sinne des Wortes verständnisvolle Kommunikation verhindert, da dieselben Zeichen bei beiden Kommunikationspartnern eine unterschiedliche Bedeutung haben können (s. Beispiele oben).

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