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Fremdsprachendidaktische Professionsforschung: Brennpunkt Lehrerbildung
Michael K. Legutke / Michael Schart
A. Francke Verlag Tübingen
© 2016 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG
Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen
www.francke.de • info@francke.de
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E-Book-Produktion: pagina GmbH, Tübingen
ePub-ISBN 978-3-8233-0010-6
Inhalt
Vorwort
Fremdsprachliche Lehrerbildungsforschung: Bilanz und Perspektiven1 Die Ausbildung von Lehrenden: ein vernachlässigtes Forschungsfeld2 Professionelle Kompetenzen von Fremdsprachenlehrenden2.1 Tendenzen in der empirischen Kompetenzforschung2.2 Rahmenmodell2.3 Sprache, Literatur und Kultur2.4 Lehren und Lernen2.5 Identität und Rolle2.6 Kooperation und Entwicklung3 Aus- und Fortbildung als dialogischer Prozess3.1 Der erlebte Unterricht3.2 Der dokumentierte Unterricht3.3 Der beobachtete und praktizierte Unterricht3.4 Der antizipierte Unterricht3.5 Der Unterricht an der Hochschule4 Fazit und Ausblick5 Literatur
Der Aufbau des fachspezifischen Professionswissens angehender Fremdsprachenlehrerinnen und -lehrer in der ersten Ausbildungsphase: Wege zur Entwicklung einer quantitativen Messung1 Das Professionswissen im Lehrerberuf und sein Aufbau im Lehramtsstudium2 Der fachspezifische Kernkompetenzbereich des Professionswissens3 Die Entwicklung eines Erhebungsinstruments zum Professionswissensstand im Lehramts-Studienfach Spanisch3.1 Inhaltliche Parameter der Studie3.2 Die methodische Ausrichtung der ZeBiG-Studie4 Zum Forschungsstand in der empirischen Professionsforschung4.1 Der Forschungsstand zur Professionsforschung in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern4.2 Der Forschungsstand zur Professionsforschung in den geisteswissenschaftlichen Fächern5 Zum forschungsmethodologischen Vorgehen im Fach Spanisch5.1 Item-Entwicklung nach vier Säulen5.2 Thematische Auswahl zur Item-Entwicklung5.3. Operationalisierung der Kompetenzbereiche für die Item-Bildung6 Ausgewählte Item-Beispiele6.1 Item-Beispiel aus dem Bereich Phonetik und Phonologie6.2 Item-Beispiel aus dem Bereich Semantik und Lexikologie7 Fazit8 Literatur
Was sollte eine gute Englischlehrkraft wissen? Über die Auswahl von Items im FALKO-E Test zum fachspezifischen Professionswissen1 Konzeption domänenspezifischen Professionswissens in FALKO-E1.1 Gesamtkonstrukt1.2 Fachdidaktisches Professionswissen (FDW)1.3 Fachwissen (FW)2 Validierung des Testinstruments und Entwicklung des Kodiermanuals2.1 Validierung des Testinstruments2.2 Entwicklung des Kodiermanuals3 Durchführung der Vorstudie zu FALKO-E3.1 Stichprobe und Durchführung3.2 Psychometrische Gütekriterien4 Auswahl der Items für die Hauptstudie5 Ausblick auf die Hauptstudie6 Weitere PerspektivenLiteraturverzeichnis
„Dass jedoch Emotionen einen immensen Einfluss auf den Lernerfolg haben können, war mir nicht bewusst“ –1 Einleitung und Kontext des Ausbildungsprojektes2 Der Reflexionsbegriff als theoretische Basis3 Forschungsmethodik zur Analyse der Reflexionsberichte4 Exemplarische Einzelfallanalysen5 Zusammenführung der Ergebnisse6 Fazit: Entwurf eines theoretischen Modells individueller ReflexionsverläufeLiteraturAnhangRapport réflexif individuelAnalyseraster zur Unterrichtsbeobachtung
Effekte der Verzahnung von wissenschaftlichen und anwendungsbezogenen Ausbildungsinhalten auf die Kompetenzentwicklung von Lehramtsstudierenden der Fachdidaktik Englisch1 Einführung2 Theoretischer Rahmen und Forschungslage2.1 Kompetenzbegriff2.2 Professionswissen2.3 Forschung zum Verhältnis von Theorie und Praxis im Aufbau von professioneller Kompetenz3 Die Lehreinheit4 Curriculare Verankerung der Lehrinhalte5 Kompetenztest und Stichprobe6 Hypothesen7 Erste Ergebnisse und DiskussionLiteratur
Lexikalisches Lernen optimieren – Ausgewählte Befunde einer Mehrfachfallstudie zur Förderung der professionellen Unterrichtswahrnehmung von angehenden Englischlehrpersonen mit Unterrichtsvideos1 Einleitung2 Theoretische Ausgangspunkte2.1 Wissensverwendungsforschung2.2 Wie hängen Wissen und Wahrnehmung zusammen?2.3 Die Situation als Bewährungsfall für fachdidaktisches Wissen2.4 Konzeptualisierung der Domäne „Lexikalisches Lernen ermöglichen“3 Methodisches Vorgehen3.1 Zum Forschungsdesign: Design-based research3.2 Die Datenerhebung und ihre theoretischen Grundlagen3.3 Kurzbeschreibung des Unterrichtsvideos „Practicing new words“3.4 Datenauswertung4 Beispiele aus den schriftlichen Analysen der Studierenden5 Zusammenfassung und DiskussionLiteratur
Unterrichtsvorbereitung, Kooperation und situiertes Lernen – Untersuchungsergebnisse zu Unterrichtsplanungsgesprächen angehender Englischlehrender1 Erkenntnisinteresse und Untersuchungsgegenstand2 Zugänge und theoretische Verortung2.1 Unterrichtsplanung2.2 Kooperation und kooperative Lernprozesse3 Untersuchungsdesign4 Analysen I, II und III: Vorgehen und ausgewählte Ergebnisse4.1 Inhalte der Unterrichtsplanung4.2 Der Prozess der Unterrichtsplanung4.3 Kooperatives Planen und situiertes Lernen4.4 Das gemeinsame Planen einer Unterrichtsstunde4.5 Kooperative Lernprozesse4.6 Verortung in der Praxisgemeinschaft5 Implikationen für die Lehrer/innenausbildungLiteratur
Professionalisierung und Kompetenzentwicklung in der 2. Phase der Fremdsprachenlehrer(innen)bildung: Akteure, Prozesse, Themen1 Einleitung2 Forschungsfeld Vorbereitungsdienst/Referendariat2.1 Struktur des Vorbereitungsdienstes2.2 Forschung zum Vorbereitungsdienst3 Akteure3.1 Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst (Referendarinnen und Referendare)3.2 Lehrende und Mentorinnen/Mentoren im Vorbereitungsdienst4 Prozesse und Themen4.1 Prozesse und Kompetenzentwicklung4.2 Themen und Problemfelder5 AusblickLiteraturverzeichnis
Kooperatives Sprachlernen – ein Chamäleon in Fortbildung und Evaluation1 Einleitung2 Die Gestaltung von Fortbildungen für Kooperatives Sprachlernen2.1 Das Konzept und seine Methoden in der Lehrerfortbildung2.2 Ziele, Inhalte und Methoden von Lehrerfortbildungen2.3 Forschungsbasierte Inhalte und Methoden in der Lehrerfortbildung3 Die Evaluation von Fortbildungen für kooperatives Sprachlernen3.1 Evaluation – quantitativ, qualitativ oder beides?3.2 Erste Evaluation des Lehrertrainings für kooperatives SprachlernenLiteratur
Lesen und Schreiben im Englischunterricht der Grundschule, aber wie? Gelingensbedingungen aus der Sicht von Lehrkräften 1 Einleitung 2 Professionsforschung und Lehrerfortbildungen 3 Die Lehrerfortbildung als Initiator zum Anbahnen von Lesen und Schreiben im Englischunterricht der Grundschule 4 Kontextabhängige Faktoren für Erfolg und Misserfolg der Fortbildung zum Lesen und Schreiben im Englischunterricht der Grundschule in Bremen 5 Fazit Literatur
“It’s not as academic and impossible as it seems to be” – Aktionsforschung und berufliches Selbstvertrauen in der fremdsprachlichen Lehrerbildung1. Einleitung2 Aktionsforschung in der fremdsprachlichen Lehrerbildung2.1 E-LINGO – Didaktik des frühen Fremdsprachenlernens3 Berufliches Selbstvertrauen4 Selbstvertrauen durch Aktionsforschung?4.1 Vertrauen in sprachliche Kompetenzen4.2 Vertrauen in pädagogische Kompetenzen4.3 Vertrauen in methodische und fachdidaktische Kompetenzen4.4 Vertrauen in fachwissenschaftliche Kompetenzen5 Fazit und Ausblick6 Literatur
Praxiserkundungsprojekte und ihre Wirksamkeit in der Lehrerfort- und Weiterbildung1 Einleitung2 Aktionsforschung als Professionalisierungs- und Entwicklungsstrategie3 Reflexion, Dialog und Evidenz: die Grundsätze alltagskompatibler AktionsforschungReflexionDialogEvidenz4 Praxiserkundungen im Rahmen von Fort- und Weiterbildungen mit DLL5 Datenkorpus: Die PEP-Dokumentationen6 Drei Thesen zur Wirksamkeit von Praxiserkundungen für die Weiterqualifizierung von LehrkräftenThese 1These 2These 37 PerspektivenAnhangLiteratur
Autorenverzeichnis
Vorwort
Michael. K. Legutke/Michael Schart
Der vorliegende Band beruht auf der Arbeit in einer Sektion zur Aus- und Fortbildung von Lehrenden auf dem 26. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung (DGFF) an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg (30. September – 3. Oktober 2015).
In der Sektion sollten Forschungsprojekte zusammenfinden, die auf der Grundlage empirischer Erkenntnisse eine oder mehrere der folgenden Fragen thematisieren:
Wie tragen einzelne Elemente eines Programms zur Kompetenzentwicklung bei?
Wie wirken bereits zuvor erworbene, medial vermittelte und direkte Lehrerfahrungen als Teil eines Programms zusammen?
Wie verändern sich das professionelle Selbstverständnis und die Lehrkompetenz in der Aus- und Fortbildung unter verschiedenen Kontextbedingungen?
Wie lässt sich forschendes Lehren und Lernen in die Aus- und Fortbildung integrieren?
Wie sollten einzelne Aus- und Fortbildungsinhalte gewichtet werden und welche Überlegungen sind bei dieser Entscheidung ausschlaggebend?
Wie wirkt Fort- und Ausbildung langfristig?
Welche Rolle spielen die Kompetenzen der Aus- und Fortbilder?
Wie ist das aus- und fortbildungsdidaktische Potenzial digitaler Medienarrangements mit ihren Lehr- und Lernformen (z.b. Blended Learning) einzuschätzen?
Wie können sich Lehrkräften selbstinitiiert, kollektiv und kooperativ fortbilden?
Für die Sektionsleiter war wichtig, mit den ausgewählten Beiträgen nicht nur die verschiedenen Arbeitsbereiche in der Aus- und Fortbildung abzudecken, sondern auch die Didaktiken möglichst unterschiedlicher Sprachen einzubeziehen. Das ist uns auf dem Kongress nur teilweise gelungen. Um ein umfassenderes Bild der gegenwärtigen Forschungslage zu den einzelnen Ausbildungsphasen und den im deutschen Sprachraum am häufigsten unterrichteten Fremdsprachen zu erreichen, haben wir deshalb für diesen Band neben den in Ludwigsburg präsentierten Forschungsprojekten weitere Beiträge aufgenommen.
Im Verlauf der Sektionsarbeit zeigte sich eine große Übereinstimmung bei der Einschätzung, dass die Fremdsprachendidaktik der Lehrerbildung jahrzehntelang bestenfalls einen Nebenschauplatz in der Forschung zugestanden hat. Ebenfalls konstatiert wurde, dass die konkreten Lehr- und Lernzusammenhänge, das Zusammenspiel von inhaltlichen Angeboten, Unterstützungssystemen, Sozialformen und Lehrpraktiken an der Hochschule als eine Black Box beschrieben werden müssen. Andererseits haben die Beiträge und Diskussionen gezeigt, dass auf einem lange vernachlässigten Feld Bewegung entstanden ist, die es zu stärken gilt. Als Empfehlung wurde formuliert, dass es für die weitere Entwicklung des Forschungsfeldes zweifellos von Vorteil wäre, wenn es gelänge, größere Forschungsverbünde zu schaffen, und wenn qualitativ-explorative und quantitativ Hypothesen testende Herangehensweisen verstärkt in gemischten Designs zusammengeführt würden. Der vorliegende Band versteht sich als ein Schritt in diese Richtung.
Wir bedanken uns bei allen Autorinnen und Autoren für die inspirierende Zusammenarbeit während des Kongresses und bei der Vorbereitung dieses Bandes. Unser Dank gilt weiterhin der Kongressleitung für die erfolgreiche Organisation des Kongresses und ihre Unterstützung dieser Publikation. Ferner danken wir Ilse Braun und Darja Brotzmann für die kompetente Unterstützung bei der Herstellung der Druckfassung.
Im August 2016
Michael Legutke und Michael Schart
Fremdsprachliche Lehrerbildungsforschung: Bilanz und Perspektiven
Michael K. Legutke/Michael Schart
1 Die Ausbildung von Lehrenden: ein vernachlässigtes Forschungsfeld
Die gesellschaftlichen Umwälzungen der letzten vierzig Jahre, die gemeinhin mit dem Begriff Globalisierung zusammengefasst werden, haben die Bedingungen, unter denen Sprachen gelehrt, gelernt und gebraucht werden, grundlegend verändert. Schulische Bildungseinrichtungen im Allgemeinen und die sprachlichen Fächer im Besonderen müssen nicht nur der wachsenden sprachlichen und kulturellen Heterogenität der Lernenden Rechnung tragen, sondern gezielt die Fähigkeit junger Menschen entwickeln, selbstbestimmt mit Sprachen und Kulturen umzugehen, sich kritisch in Diskurse einzuschalten und sie zu gestalten.
Diese Aufgabe, als Kernbestand einer zeitgemäßen und zukunftsfähigen allgemeinen Bildung, beinhaltet die Entwicklung von Schlüsselkompetenzen, die die Mehrsprachigkeit, die Fähigkeit zur Sprachmittlung und die interkulturelle Kompetenz einschließen (KMK/BMZ 2016: 156–191). Dem Fremdsprachenunterricht kommt dabei sicher eine ganz besondere Bedeutung zu. Er muss sich zudem den Herausforderungen und Möglichkeiten stellen, die die technologischen Umwälzungen mit sich bringen. Legen doch letztere nahe, das fremdsprachliche Klassenzimmer als institutionellen Ort des Lehrens und Lernens von Sprachen neu zu bestimmen, nämlich als ein Ensemble vernetzter Lernorte. In diesem nimmt das Klassenzimmer, so wie wir es kennen, nach wie vor eine zentrale Stelle ein. Aber es ist zugleich in vielfacher Weise mit der Lebenswelt und anderen Lernorten verknüpft. Es schafft das Umfeld für virtuelle und direkte Begegnungen, fungiert als Produktionsort multimodaler Texte und stellt den Reflexionsraum für individuelles und kooperatives Lernen bereit. Didaktische Arrangements sind gefragt, die diese neuen Möglichkeiten produktiv nutzen und die Herausforderungen zu meistern helfen (vgl. Legutke 2015).
Dass es dabei in einem erheblichen Maße auf die Lehrkraft ankommt, haben die Diskussionen um Hatties Metastudie (Hattie 2008, 2011; Terhart 2014) eindrücklich bestätigt. Gefragt sind fremdsprachlich, fachdidaktisch und pädagogisch qualifizierte Lehrkräfte, denen es gelingt, zusammen mit den Lernenden einen lebendigen (Fremd)Sprachenunterricht zu gestalten, in dem genau jene oben angesprochenen Schlüsselkompetenzen zur Entfaltung kommen können. Die Frage, wann, wo und wie zukünftige und bereits praktizierende Lehrkräfte entsprechend qualifiziert werden, scheint leicht beantwortet: in den im europäischen Vergleich höchst komplexen und anspruchsvollen Lehrerbildungsprogrammen der Bundesländer, die auch dort, wo die Umstellung auf BA und MA erfolgte, für die erste Ausbildungsphase an einem breit angelegten Zweifachstudium festhalten, das fachwissenschaftliche, fachdidaktische, bildungswissenschaftliche wie unterrrichtspraktische Anteile vorhält. Trotz aller Reformen hat sich die fremdsprachliche Lehrerbildung in seiner Grundstruktur kaum verändert. Sucht man jedoch nach Studien, die die Bildungsprozesse dieser komplexen Programme oder ihre Effekte für die Ausbildung der Kompetenzen der Lehrkräfte erforschen, wird man bis heute kaum fündig: Die fremdsprachendidaktische Forschung im deutschsprachigen Raum hat sich dieser Zusammenhänge erst in jüngster Zeit angenommen (Roters/Trautmann 2014 mit Überblick).
Diesen Umstand könnte man so deuten, als seien die positiven Effekte der Programme, die Angemessenheit der Inhalte und Lehr- und Lernarrangements über viele Jahre hinweg im deutschsprachigen Raum als gegeben angenommen worden. Ein Blick in die internationale fremd- und zweitsprachliche Lehr- und Professionsforschung legt hingegen nahe, die Wirkungsmechanismen in Aus- und Fortbildungsprogrammen zu hinterfragen: Sie stellen aus gutem Grund einen genuinen Forschungsgegenstand dar. In den letzten vierzig Jahren haben Studien zur Lehrerbildung (second/foreign language teacher education and professional development) erheblich an Bedeutung gewonnen und dabei unter anderem verdeutlicht, weshalb Urteile über den Erfolg von Aus- und Fortbildungsprozessen auf empirischen Erkenntnissen beruhen sollten (z.B. Singh/Richards 2006; Wideen u.a. 1998).
Die Diskussion wird allerdings in auffälliger Weise durch Englisch als Fremd- und Zweitsprache dominiert. Forschungen, das Lehren anderer Sprachen betreffend, und nicht englischsprachige Publikationen finden international durchweg keine Beachtung. Da ein umfassender Forschungsbericht den Rahmen dieser Einleitung sprengen würde, verweisen wir auf die einschlägigen Artikel zum State-of-the-Art (Man 2005, Wright 2010) und vergleichbare Überblicksdarstellungen (Burns/Richards 2009, Benitt 2016: 28–77, Crandall/Christison 2016). Wie Crandall/Christison aufzeigen, lassen sich innerhalb der anglo-amerikanischen Forschungen seit den 1990er Jahren die folgenden Schwerpunkte identifizieren, an denen die gesamte Breite des Forschungsfelds deutlich wird:
Language teacher cognition, teacher experience, and novice teacher development
Teacher identity, globalization, and non-native English speaking teachers
Reflection and reflective teaching
Classroom research, action research, and teacher research
Language teacher learning, collaboration, communities of practice (…) and professional learning communities (Crandall/Christison 2016: 6)
Bei der Durschicht der Forschungsberichte fällt auf, dass sich auch unter den englischsprachigen Publikationen so gut wie keine Studien finden lassen, die die Prozesse der universitären und postuniversitären Lehrerbildung selbst, die dort zum Einsatz kommenden Lehr- und Lernformen in Verbindung mit den erarbeiteten und vermittelten fachdidaktischen und fachwissenschaftlichen Inhalten untersuchen. Auf dieses deutliche Manko weist auch Karen Johnson hin, wenn sie, gestützt auf soziokulturelle Lerntheorien, für eine Forschung plädiert, die sich mit dem befasst „what happens inside the the practices of L2 teacher education“ (Johnson 2015: 515). Wie wir im Folgenden darlegen werden, schreiben auch wir dieser Frage eine zentrale Bedeutung zu, und Antworten aus verschiedenen Kontexten von Aus- und Fortbildung finden sich in mehreren Beiträgen dieses Bandes.
Auch wenn, wie oben angedeutet, die fremdsprachendidaktische empirische Lehrerbildungsforschung im deutschsprachigen Raum kaum entwickelt ist, lässt sich während der letzten dreißig Jahre parallel zur internationalen Entwicklung ein zunehmendes Interesse an der Lehrperson feststellen; die Fachdidaktik beginnt sich zum einen für den Zusammenhang von Lehrerwissen (Erfahrungswissen) und praktischer Unterrichtskompetenz zu interessieren (Appel 2000), zum anderen versuchen Forschende aus unterschiedlichen fachdidaktischen Perspektiven zu ergründen, „was in den Köpfen von Fremdsprachenlehrer(inne)n vorgeht“ (Caspari 2014). Untersucht werden u.a. subjektive Sichtweisen von Lehrkräften zu interkulturellem Lernen und zur Mehrsprachigkeit, zum beruflichen Selbstverständnis. Gegenstand sind Reflexionsprozesse und Kognitionen, Berufsbiographien, das Erfahrungswissen oder die Verarbeitung und Einschätzung der universitären Ausbildung in den ersten Phasen selbständiger Berufstätigkeit (Überblick und Zusammenfassung bei Caspari 2014). Ohne Frage haben diese Studien Implikationen für die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Fremdsprachenlehrkräften; sie werden vielfach am Ende der Studien zu Empfehlungen gebündelt oder sie sind aus Vorschlägen für weitere Forschungen, mit denen die Studien enden, abzuleiten. Solche Einsichten systematisch zusammenzustellen und auszuwerten, könnte die Lehrerbildungsforschung sicher bereichern. Wir werden im Folgenden auf einige von ihnen Bezug nehmen.
Neben dem deutlich gewachsenen Interesse an der Lehrperson sind wenige Arbeiten zu nennen, die fremdsprachliche Lehrerbildungsprozesse explizit untersuchen. Dem Bereich Lehrerfortbildung zuzuordnen sind beispielsweise Paul Meyermanns Fallstudie zur Qualifizierung von Deutschlehrkräften in Costa Rica (1995) und Marita Schockers vergleichende Mehrfachfallstudie zur teilnehmerorientierten Fortbildung (Schocker-v. Ditfurth 1992). Die Rolle der schulpraktischen Studien als zentraler Baustein der Ausbildung wurde von Gabel (1997), Schocker-v. Ditfurth (2001), Elsner (2010) und Schädlich (2011, 2015) untersucht. In einer vergleichenden Studie ermittelte Roters (2012) die Reflexionsniveaus von Novizen, indem sie Lerngelegenheiten für Studierende an einer deutschen und einer US-amerikanischen Universität herausarbeitete, um dann die unter diesen Lernbedingungen entstandenen studentischen Reflexionen zu analysieren. Im Kontext eines innovativen Blended-learning Master Programms für Primarschullehrkräfte im Fach Englisch erforschten Zibelius kooperatives Lernen als ein Kernelement der Ausbildung (Zibelius 2015) und Benitt die Funktion von Aktionsforschungsprojekten für die Ausbildung von Lehrkompetenz und die Stärkung professionellen Selbstvertrauens (Benitt 2015). Forschungen, die sich der zweiten Ausbildungsphase, dem Referendariat, widmen, sucht man vergeblich. Dieses neue Forschungsfeld eröffnet der Beitrag von Gerlach/Steiniger im vorliegenden Band.
Alle bisher genannten Studien, einschließlich der von Caspari (2014) zusammengestellten, sind Einzelarbeiten, sie sind also in keinem größeren Forschungsverbund entstanden. Ferner handelt es sich fast ausschließlich um Qualifikationsarbeiten, d.h. sie wurden von Forschungsnovizen geleistet. Diese Bestimmungsmerkmale sprechen keinesfalls gegen ihre Qualität, belegen jedoch, dass sich die etablierten Fachdidaktiker und Fachdidaktikerinnen dem Forschungsfeld bisher nicht angenommen haben. Dem Mangel an Engagement für die Erforschung der eigenen Lehre (einschließlich ihrer institutionellen Bedingungen und dynamischen Prozesse), die ja eine zentrale Aufgabe der Wissenschaftler ausmacht, stehen allerdings zahlreiche Positionspapiere gegenüber, mit denen etablierte Vertreter der Fachdidaktik den Reformprozess der letzten Jahrzehnte kommentieren und dabei Forschungsperspektiven skizzieren, die bis heute allerdings nicht konkretisiert wurden (z.B. Zydatiß 1996; Bausch u.a. 1997, 2003).
Am Beginn unserer Bestandsaufnahme bleibt somit festzuhalten, dass die Fremdsprachenforschung über Jahrzehnte hinweg die Aus- und Fortbildungspraxis bestenfalls als einen Nebenschauplatz empirischer Forschung behandelte. Damit manövrierte sie sich gerade in den letzten Jahren zunehmend in einen Widerspruch, werden doch Studierende in den Fremdsprachendidaktiken in den BA und MA Programmen immer öfter zum forschenden Lernen angehalten. Und auch der Umfang an Publikationen, in denen das Potenzial von Aktionsforschung für das Verstehen und die Weiterentwicklung von Lehr- und Lernsituationen aus theoretischer Perspektive dargestellt wird, hat beträchtlich zugenommen. Positiv ist indes zu vermerken, dass das Forschungsfeld in jüngster Zeit bewusster wahrgenommen und aktiver erschlossen wird (vgl. z.B. Klippel 2016). Davon zeugen nicht zuletzt die Beiträge dieses Bandes. Welche neuen Akzente sie setzen und wie sie an Vorhandenem anschließen, möchten wir im Folgenden verdeutlichen, indem wir sie im Rahmen einer zeitgemäßen Aus- und Fortbildung verorten.