Czytaj książkę: «Dimensionen schulischer Qualität im Fokus: Was macht "gute Schule" aus?», strona 6

Czcionka:

Bei der Entwicklung bzw. Weiterentwicklung einer Lernwerkstatt können oben genannte Qualitätsmerkmale herangezogen werden, um zentrale Kriterien bei der Implementation bzw. Institutionalisierung zu berücksichtigen. Ebenso relevant sind hierfür allgemeine Faktoren gelungener Innovationen aus der Schulentwicklungsforschung. Diese werden später für die Implementierung einer Lernwerkstatt spezifiziert.

3.3 Gelingensfaktoren der Implementierung aus der Perspektive der Schulentwicklungsforschung

Neben der Rolle von Lernwerkstätten innerhalb von Schulentwicklungsprozessen interessiert, wie Lernwerkstätten an Schulen am effektivsten initiiert und implementiert werden können, welche Gelingens- bzw. Misslingensfaktoren für die Implementierung existieren und inwiefern man daraus Handlungsfelder für die weitere nachhaltige Entwicklung und Förderung von Lernwerkstätten deduzieren kann.

Für die Ableitung von Gelingensfaktoren für die Implementierung von Lernwerkstätten wird als theoretischer Bezugsrahmen auf empirische Ergebnisse aus der Schulentwicklungsforschung zurückgegriffen. Für den Verständniskontext wird zusätzlich der Systemzusammenhang pädagogischer Schulentwicklung aufgezeigt. Anschließend wird Schule als lernende Institution beleuchtet und Merkmale guter Schule im Rahmen von Schulentwicklungsprozessen reflektiert. Die Phasen von Schulentwicklungsprozessen leiten dann zu Überlegungen zur Implementierung der Innovation Lernwerkstätten an Schulen über.

Schulentwicklung steht in Zusammenhang mit Schulqualität derzeit im Zentrum von Bildungspolitik, Fortbildung und Schulleitungshandeln (vgl. Rolff 2009, S. 297f). Dabei etablierte sich der Begriff Schulentwicklung im deutschsprachigen Raum in den 1970er Jahre zuerst für die Entwicklung des Schulsystems und nicht für einzelne Schulen. Die Intention war, das Schulsystem als Ganzes zu erfassen und zu untersuchen. Ende der 1980er Jahre bildete sich das heutige Verständnis von Schulentwicklung, als ein Entwicklungsprozess der einzelnen Schule, heraus. Hierfür beschreibt Rolff zwei Quellen: Zum einen wurde die Bedeutung von Implementierungsprozessen bei der Umsetzung von Reformen entdeckt, zum anderen erkannte man die Wichtigkeit der Einzelschule, weniger das Gesamtsystem, für Veränderungen (vgl. ebd). Nach Wiater ist Schulentwicklung ein „Prozess, bei dem Lehrerkollegien (einschließlich der Schulleitung) oder Lehrerteams initiativ werden und die Unterrichts-, Erziehungs- und Organisationsarbeit der eigenen Schule so verändern, dass sie zum einen den spezifischen Gegebenheiten vor Ort besser entspricht und zum anderen ein besonderes pädagogisches und didaktisches Profil gewinnt. Diese Aktivitäten finden im gemeinsam vereinbarten Schulprogramm eine verbindliche Form. Die Einzelschule wird dadurch ´unverwechselbar´ als pädagogische Handlungs- und Gestaltungseinheit ihrer Mitglieder (Lehrer, Schüler, Eltern, stützendes und evaluierendes Personal). Schulentwicklung hat demnach folgende Ziele: (1) die Vergrößerung der Kompetenz im Erkennen und Lösen schulinterner Probleme (2) die Verbesserung des Arbeitsplatzes Schule für Lehrer, Schüler und Hilfspersonal in pädagogischer, didaktischer und organisatorischer Hinsicht (3) die Selbstorganisation und Selbstevaluation von schulischen und unterrichtlichen Entwicklungsprozessen und (4) die Steigerung der Attraktivität der Einzelschule“ (Wiater o.J.).

Nach dem neuen Paradigma „die Einzelschule ist der Motor der Entwicklung“ muss jede Schule für sich entscheiden, ob sie im Schulentwicklungsprozess bei der Organisationsentwicklung, bei der Personalentwicklung oder Unterrichtsentwicklung ansetzt (vgl. Rolff 2009, S. 314). Das zusammenhängende System pädagogischer Schulentwicklung macht hier nochmals offensichtlich, dass, egal mit welcher Maßnahme man beginnt, weitere Prozesse im Gesamtsystem in Gang gesetzt werden. Der Zusammenhang von Organisations-, Unterrichts- und Personalentwicklung ist zunächst ein innerschulischer, der jedoch durch die Interaktion mit dem außerschulischen Umfeld angestoßen und beeinflusst wird. Zum Umfeld gehören u.a. die Eltern, Betriebe, Universitäten, die Öffentlichkeit wie auch der Schulträger und die Schulbehörde. Hier wirken lebensweltliche Herausforderungen wie auch bildungspolitische Maßnahmen auf die Einzelschule ein und machen eine Adaption von innerschulischen Maßnahmen nötig. Auch Unterstützungssysteme wie z. B. Fortbildungen und Entlastungsstunden für Pilotvorhaben unterstützen die Schulentwicklung. Rolff beschreibt Schulentwicklung schließlich als einen Lernprozess, der von einem individuellen Arbeitsplatz ausgehen muss und bei dem die beteiligten Akteure neue Praxis erfinden, erproben oder auch reformieren.

Schulentwicklung muss jedoch gleichzeitig von den einzelnen Schulen wie auch vom Gesamtsystem Schule betrachtet werden, denn die Entwicklung von Einzelschulen geschieht unter den Rahmenbedingungen des gesamten Systems (vgl. Rolff 2009, S. 315 f.).

Die Orientierung an Leitsätzen und Schulprogrammen fordert Schulen auf, ihre Ziele einer Schulentwicklung im Systemzusammenhang zu klären und sie mit der Schulfamilie, Schülern und Eltern, zu diskutieren. Hiermit wird auch deutlich, dass alle an der Schule Beteiligten für die Schulentwicklung verantwortlich sind. Diese Überlegungen gelten für die Schulentwicklung der Einzelschule. Schulentwicklung insgesamt orientiert sich an einem Metaziel, das begrifflich durch „lernende Schule“ gekennzeichnet ist. In diesen lernenden Schulen lernen Schüler wie auch die Schule an sich. Die Lernfelder einer lernenden Schule umfasst Rolff wie folgt: „Schulen, die sich bewusst entwickeln, lernen ihr Schulcurriculum klären, eine gemeinsame Diagnose der Stärken und Schwächen durchzuführen, Prioritäten für Entwicklungsvorhaben zu setzen, Teams zu bilden, Projekte zu managen und die Wirkung dieser neuartigen Prozesse zu beurteilen, wofür sich der Begriff der Selbstevaluation einzubürgern beginnt“ (ebd., S. 317).

Die „Architektur der lernenden Organisation (Senge-Dreieck)“ ist folgendermaßen zu interpretieren: Leitgedanken einer lernenden Schule werden in einem Schulprogramm definiert. Dieses stellt eine Art Zielvereinbarung in Absprache mit den an Schule und Unterricht Beteiligten dar und vereinbart die Entwicklungsschwerpunkte der nächsten Jahre. Die Innovationen der Infrastruktur beziehen sich auf die Arbeitsorganisation und Kooperation der Lehrkräfte (z.B. in sogenannten Qualitätszirkeln oder Steuergruppen). Hierbei ist auch die Schulleitung integriert und entscheidend. Steuergruppen stellen demnach die Infrastruktur für die aktive Beteiligung des Kollegiums an (Innovations-) Prozessen dar. Selbst-reflexion und Selbstorganisation (Methoden und Werkzeuge) moderieren diese Prozesse. Im Zentrum steht der Bereich der Lernkultur. „Die Lernkultur einer lernenden Organisation ist im Idealfall gekennzeichnet durch eine unterstützende Atmosphäre, die Fehler verzeiht und auch verrückte Ideen gutheißt, wenn sie nur anregend sind, ferner durch ein akzeptiertes Netz von Normen und Spielregeln, an denen sich Verhalten orientiert, sowie durch ein Ambiente wechselseitigen Austauschs, gegenseitiger Beratung und selbstverständlichen Feedbacks“ (ebd. S. 319).

„Lernende Schulen“ sollten zudem auf gemeinsames Wissen und Umgang mit komplexen Situationen zurückgreifen können. Durch Schulentwicklungsprozesse, die gemeinsam entwickelt und durchlebt werden, soll sich ein „Organisationsgedächtnis“ aufbauen, das das Fortbestehen gewonnener Erkenntnisse aus der Schulentwicklung wie auch der dazu nötigen Beziehungskultur sichert (ebd.). Das ermöglicht lernenden Schulen irgendwann im Schulentwicklungsprozess auf gewonnene Strukturen und Methoden zurückzugreifen und diese „intelligent“ zu nutzen.

Im Kontext der vorliegenden Arbeit können Lernwerkstätten Initiator für innere Schulentwicklung sein. Wie beschrieben, sind sie für reformorientierte Schulen eine Möglichkeit, Unterricht neu zu denken. Für Lehrkräfte sind sie Raum für Probehandeln: „Für Schulen mit Reformanspruch war das Lernwerkstatt-Konzept schon immer ein attraktiver, durchaus kompatibler Baustein für die konsequente Fortschreibung ihres Schulprogramms. Diese Schulen sahen die Werkstatt als konstruktive, selbstkritische Instanz, eine Art Versuchsfeld für Innovation im eigenen Unterricht und für die Weiterentwicklung der Schule. Die Lernwerkstatt wurde geschätzt als Kreativitätsabteilung, die auch Gelegenheiten zur Selbstfortbildung bietet, also nicht nur eine didaktische Ideenbörse, sondern zugleich Auslöser für entdeckendes, inzidentelles Lernen sein konnte“ (Hagstedt o.J., S. 2 f.).

Die Schulpraxis zeigt, dass sich für die schuleigene Konzeption eine Lernwerkstatt unter Berücksichtigung des Systemzusammenhangs pädagogischer Schulentwicklung eben ausgeführte Entwicklungsprozesse an Schulen vollziehen.

Woran können sich Schulen in ihren Schulentwicklungsprozessen orientieren? Was genau macht eine gute Schule aus?

Aus einer Vielzahl von Einzeluntersuchungen leiten sich folgende Merkmale „guter“ Schulen ab (vgl. Dubs 2009, S. 218 ff.):

 „[E]ine klare Konzeption der Schule mit pädagogischen Leitideen (Schulen mit einem eigenen Profil, das zu einer eigenen Schulkultur führt);

 hohe Identifikation der Lehrpersonen mit ihrer Schule (hohes Schulethos);

 hohe Lernerwartungen an die Schüler/innen aufgrund klarer Leistungsorientierung der Schule;

 pädagogisches Engagement der Lehrkräfte und eine zielstrebige Führung des Unterrichts;

 gute Zusammenarbeit der Lehrkräfte mit einem Schwergewicht auf der Schulentwicklung und zielgerichtete Selbstevaluation;

 Sicherung von Mindestbedingungen von Disziplin und Ordnung an der Schule;

 Führungsqualitäten der Schulleitung (gute Leadership);

 Arbeitsorganisatorisches Funktionieren der Schule;

 positive Beziehungen zwischen der Schule, den Familien und der Gemeinde;

 Klima des gegenseitigen Vertrauens;

 Fachlich und pädagogisch gut ausgebildete Lehrkräfte mit Unterrichtserfahrung.“

Neben der Bedeutung der einzelnen Lehrkraft, ihrer pädagogischen und fachlichen Kompetenz, aber auch in ihrer Funktion als Mitglied und Kooperationspartner in einem Kollegium, wird auch die Führungsqualität von Schulleitung explizit gemacht. „Gute“ Schulen zeichnen sich zusätzlich durch ein eigenes Profil, eine eigene Schulkultur innerhalb der individuellen Rahmenbedingungen aus. Somit werden zum einen Produktmerkmale von Schulqualität angesprochen, die auf die überfachlichen und fachlichen Lernleistungen der Schüler abzielen, zum anderen Prozessmerkmale wie u.a. die individuellen Haltungen und Qualifikationen der Lehrkräfte und der Schulleitung, deren Verantwortungsbewusstsein und pädagogisches Engagement sowie die aktuelle Schulsituation und das Klima der Schule (vgl. Dubs 2009, S. 218 ff.).

Im Kontext dieser empirischen Ergebnisse der Schulentwicklungsforschung ist die Verlagerung des Interesses von der Schulentwicklung des gesamten Systems hin zu innerschulischen Prozessen zu verstehen.

Diese Merkmale „guter“ Schulen können Schulentwicklungsprozessen einen Rahmen geben. In diesem Sinne sind es Merkmale, die bei der Entwicklung einer Lernwerkstatt an Schulen Einfluss haben. Man darf jedoch nicht davon ausgehen, dass eine Schule, die alle ermittelten Kriterien erfüllt, dann auch schon eine ‚gute’ Schule ist. Vielmehr liegt es in der Verantwortung der Einzelschule, diese Kriterien auszuloten und für die individuellen Schulentwicklungsprozesse wirksam zu machen.

Die vorliegenden Ausführungen sollen auch explizit unter dem Aspekt, wie der Verlauf der Implementierung einer Lernwerkstatt sich vollzieht, betrachtet werden. Deshalb werden an dieser Stelle die Phasen von Schulentwicklungsprozessen thematisiert.

Bei Modellen zur Schulreform werden drei Phasen des Schulentwicklungsprozesses beschrieben: Initiation {MISSING SYMBOL Wide-headed rightwards arrow} Implementation {MISSING SYMBOL Wide-headed rightwards arrow}Institutionalisierung (Giaquinta 1973, zit. n. Holtappels 2013, S. 52). Diese Phasen können parallel ablaufen, weil die Innovation nicht alle gleichzeitig erreicht, oder überlagern sich auch.

Als wichtigste Phase des Innovationsprozesses wird die Implementationsphase beschrieben, sie ist die Phase des Konflikts, weil die Neuerung dann innerhalb der Schulorganisation verwirklicht wird und sich die Kolleg*innen und an Schule Beteiligten damit auseinandersetzen müssen (vgl. Holtappels 2013, S. 52).

Für die Gelingensfaktoren von Lernwerkstätten an Schulen (Hiebl 2015) wurde auf existierende theoretisch-konzeptionelle Grundüberlegungen zu Innovationsprozessen in Schulen, die auf Forschungsergebnissen beruhen, zurückgegriffen. „Als Innovation sollen alle Verfahren und Maßnahmen bezeichnet werden, die eine Erneuerung a) von Aufgaben, Inhalten oder Programmen, b) von Personen oder c) des sozialen Systems und der Prozesse selbst in einer Organisation vollziehen, entweder im sozialen System der Einzelschule oder im Schulsystem insgesamt“ (Holtappels 2013, S. 45).

Gleichzeitig weist Holtappels an dieser Stelle kritisch darauf hin, dass nicht alle Innovationen auf Erneuerung auf allen Ebenen der Schulqualität abzielen, zudem bedeute Erneuerung im Sinne von Veränderung der Handlungspraxis nicht immer automatisch Qualitätsverbesserung.

Im Folgenden wird ein Überblick über wesentliche Befunde der empirischen Schulentwicklungsforschung zum Verlauf von Innovationsprozessen in Schulen gegeben. Weiterhin sollen „wirksame Prädikatoren“ (ebd.), also Voraussetzungen, Einflussfaktoren und Gelingens- und Misslingensbedingungen schulischer Innovationen aufgezeigt werden (vgl. ebd.). Diese Befunde werden herangezogen, um die Innovation „Lernwerkstatt an Schulen“ zu reflektieren.

Studien zu Innovationsprozessen in Schulen zeigen bisher vor allem drei Einsichten: (1) Schulen übernehmen nicht einfach gelieferte Konzepte, sondern versuchen diese Konzepte für ihre Schule und deren besondere Voraussetzungen und Rahmenbedingungen zu adaptieren. (2) Innovationen sind nicht „von oben zielgetreu und technokratisch“ (ebd.) zu implementieren. Dies erzeugt meist Widerstand. Vielmehr werden Innovationen von der Basis mit einer eigenen Entwicklungsdynamik umgesetzt. (3) Standardisierte Modelle können an Schulen nicht erfolgreich sein, weil Schulen sehr unterschiedliche Bedingungen vor Ort haben.

An der Durchführung müssen die Praxisakteur*innen aktiv beteiligt sein und „die Innovation beherrschen lernen“ (ebd.). Zu bedenken ist dabei, dass Innovationen oft weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Schulkultur und Organisation der Schule haben (vgl. ebd., S. 53). Inwiefern diese Einsichten auch auf die Schulen mit Lernwerkstätten zutreffen, wird bei der Auswertung der Daten von Interesse sein.

Für die Ableitung von Gelingensfaktoren der Innovation Lernwerkstatt an Schulen ist zudem relevant, sich auf Studien zu Innovationsprozessen zu beziehen und sich im Allgemeinen sowohl mit hinderlichen als auch förderlichen Faktoren auseinander zu setzen.

Was wissen wir über schulische Innovationsprozesse? Studien von Fullan zeigen die folgenden hinderlichen Faktoren von Innovationen in der Organisation Schule auf:

 „Overload wegen gleichzeitiger Reformprojekte oder Belastungen,

 Komplexität der Innovation,

 mangelnde Kompatibilität mit Normen und etablierter Praxis,

 unzureichende Beherrschung der Neuerung,

 unzulängliche Ressourcen (wie Mittel oder Zeit),

 falsche Veränderungsstrategie“ (Fullan 1982, zit. n. Holtappels 2013, S. 53 f.).

Widerstände gegen die Implementierung von Innovationen lassen sich vor allem abbauen, wenn Betroffene zu Beteiligten werden, Konsens für anstehende Entscheidungen angestrebt wird, verschiedene Lösungsansätze mit einbezogen und Ängste wie auch Unklarheiten abgebaut werden. Holtappels betont, dass insbesondere persönlicher Bezug, Kooperation und Evaluation den Aneignungsprozess einer Innovation konstruktiv vorantreiben, wobei dies jedoch ein Prozess ist, der Zeit braucht. Somit spielt auch der Entwicklungsfaktor Zeit eine entscheidende Rolle. Ängste gegenüber der Innovation sind am ehesten abzubauen, wenn Schulleitung und Schulaufsicht dieses Projekt unterstützen, die am Projekt Beteiligten es als ihre Angelegenheit ansehen, je mehr Arbeitsformen mit bisherig Gewohntem übereinstimmen und je weniger die Selbstbestimmung und Sicherheit der Betroffenen gefährdet scheint (vgl. Holtappels 2013, S. 54).

Dem gegenüber zu stellen sind förderliche Faktoren der Innovationsforschung. Diese fasst Holtappels folgendermaßen zusammen (vgl. Holtappels 2013):

 grundsätzliche Innovationsbereitschaft im Kollegium

 Niveau des Entwicklungstandes der Lernkultur an der Schule vor der Innovation

 Effektives Schulleitungshandeln

 Steuergruppen als tragende Kräfte

 Akzeptanz und Partizipation des Kollegiums

 Teambildung und Lehrerkooperation

 Anwendung systematischer Entwicklungsstrategien

 Unterstützungssysteme von außen

 Entwicklungsfaktor Zeit

Es ist fest zu stellen, dass die Schulqualitätsforschung bereits eine Reihe von Erfolgsfaktoren „guter“ Schulen herausgearbeitet hat, welche man sich für die Analyse von Gelingensfaktoren für eine gelungene Innovation zu Nutze machen kann. Die Theorie zur „Schule als lernende Organisation“ hat dazu relevante Voraussetzungen und Bedingungen im System der Einzelschule identifiziert. Die Komponenten des „Senge-Dreiecks“ werden durch inhaltliche Dimensionen empirisch nachgewiesener wirksamer Schulentwicklungsbedingungen für Innovationsprozesse erweitert. Sie visualisieren die Bedingungen, die später für die Prozesse bei der Implementierung von Lernwerkstätten zu reflektieren sind.

Die Gelingensbedingungen sind im Einzelnen:

Vision und Motivation: Bedürfnisse und Überzeugung; Innovationsklima und Innovationsbereitschaft; Akzeptanz; Ziele, Leitbilder und Standards; Individuelle und kollektive Selbstwirksamkeit;

Infrastruktur der Innovation: Innovationsorientiertes Leitungshandeln; Steuerung der Innovation; Aktivierung und Partizipation; Externe Beratung/ Unterstützung; Netzwerke;

Innovationsstrategien und –verfahren: Externe Evaluation; Datengesteuerte Schulentwicklung; Schulinterne Evaluation als Selbstevaluation; Qualifikation, Wissenstransfer, Fortbildung, Training; Organisations-/ Unterrichts-/ Personalentwicklung; Schulkonzept-/ Schulprogrammarbeit (vgl. ebd.).

Bezieht man sich auf Erkenntnisse der Schulentwicklungsforschung, wird deutlich, dass Top-Down- Modelle Grenzen haben; die entscheidenden Prozesse vollziehen sich auf der Ebene der einzelnen Schule bzw. Institution. Die internen schulischen Prozesse bedingen sich im Gefüge der oben aufgezeigten Dimensionen. Es hat sich auch gezeigt, dass erfolgreiche Implementierungsprozesse die Adaption allgemeiner Konzepte an individuelle schulische Bedingungen aufzeigen. „Offensichtlich kommt es darauf an, dass Schulen intern Entwicklungskapazitäten und Qualitätsmanagement für wirksame Veränderungen aufbauen und extern durch Qualitätsanforderungen und –standards sowie durch Anreize und Unterstützung in Bewegung gebracht werden“ (Holtappels 2013, S. 65).

Mit Blick auf die Implementierung von Lernwerkstätten im Sinne einer Innovation müssen genau diese Voraussetzungen, Bedingungen und systemischen Zusammenhänge betrachtet und für die Implementierung von Lernwerkstätten spezifiziert werden.

4. Entwicklungspotentiale und Gelingensfaktoren von Lernwerkstätten aus Forschungssicht

Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um eine Qualitätsverbesserung von Unterricht und Schule schien es naheliegend, Forschungen zum Thema Lernwerkstatt aufzunehmen (Hiebl 2014). Denn die Qualitätsentwicklung von Unterricht als zentraler Bereich von Schulen, so Bönsch et. al (2010), ist nach wie vor ein Desiderat: „Da Unterricht Lernen nicht direkt realisieren kann – Lernen müssen Lernende schon selbst! -, zielt das Forschungs- und Entwicklungsinteresse auf die Arrangements, mit denen Lernen erfolgreicher gestaltet werden kann“ (Bönsch et al. 2010, S. 7). Der Lernort „Lernwerkstatt“ wird proklamiert als Möglichkeit, Unterrichtsinhalte und eigene Forscher-Themen handlungsorientiert und mit allen Sinnen zu erarbeiten. Durch das vielfältige Arrangement von Lernsituationen, anregende Lernmaterialien und unterschiedliche Sozialformen soll ein wertvoller Beitrag dazu geleistet werden, dass Schüler*innen nachhaltig in der Schule und für das Leben lernen.

Zunächst führte die Auseinandersetzung mit dem Phänomen Lernwerkstatt in Hinblick auf die Entwicklung einer konkreten Forschungsfrage zu diversen Fragestellungen, die im Folgenden skizziert werden sollen, um den Gedankengang nachvollziehbar zu machen, bevor sie anschließend in spezifische forschungsleitende Fragestellungen übergeführt werden.

Lernwerkstätten haben eine lange Tradition an Hochschulen. Es gilt zu untersuchen, inwiefern die ursprünglichen Ideen und Prinzipien von Lernwerkstattarbeit weiterhin in schulischen Lernwerkstätten vorzufinden sind. Diese Frage wurde vor allem unter dem Aspekt „Lernwerkstatt als Form geöffneten Unterrichts“ erörtert, da offener Unterricht aktuell wieder Anlass für Diskussionen ist. An dieser Stelle soll beispielhaft auf die Hattie-Studie verwiesen werden, die offenem Unterricht tendenziell weniger Wirkung in Hinblick auf fachliche Leistung zuschreibt (vgl. Steffens & Höfer 2012, S. 41). Das kommentiert der Erziehungswissenschaftler Steffens folgendermaßen: „Das Problem so genannter offener Konzepte liegt darin, dass Schülerinnen und Schüler zu wenig Ordnungsstrukturen und Orientierungen in Lernprozessen bekommen und deshalb neues Wissen nicht effektiv verarbeiten und angemessen anwenden können. Dies gilt insbesondere dann, wenn erforderliches Vorwissen fehlt, was meistens bei der Einführung in ein neues Themenfeld der Fall ist. […] Sie brauchen orientierende Hilfestellungen. Gerade schwächere Schülerinnen und Schüler kommen mit offeneren Lernkontexten weniger klar, wenn ihnen dazu die kognitiven ,Landkarten’ zur Selbstorganisation der Lernprozesse fehlen. Für sie ist eine engere Führung mit kürzeren Anleitungsintervallen umso wichtiger. Eckhard Klieme vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung betont, dass offene Lernformen für den Aufbau intelligenten Wissens nur relevant sind, wenn sie mit klarer Strukturierung und herausfordernden Inhalten einhergehen. Da ein solcher Unterricht, z. B. Wochenplanarbeit, sehr anspruchsvoll ist, bedarf er der systematischen Einübung. Das ist sicherlich ein entscheidender Grund dafür, dass es auch viel schlechten offenen Unterricht gibt.“ (Steffens 2012, Herv.i.O.)

Voraussetzung für gelingende Lernprozesse in offenen Unterrichtssituationen sind demnach vor allem kognitiv herausfordernde Inhalte wie auch klare Strukturierung. Zudem muss Lernen in offenen Situationen mit den Schülern gut vorbereitet und „eingeübt“ sein. Kommen Lernwerkstätten diesen Anforderungen für gelingende Lernprozesse nach?

Eine weitere Fragestellung, die sich durch die Felderfahrung der Verfasserin herauskristallisierte, ist: Viele Lernwerkstätten entstehen schnell und oft durch das Engagement einzelner Personen. Was braucht es jedoch, dass Lernwerkstätten an Schulen nachhaltig15 in den Schulalltag integriert werden und somit auf Dauer existieren? Gibt es hier bestimmte Faktoren, die man bestimmen kann? So war das Forschungsinteresse entstanden, herauszufinden, welche Faktoren an den verschiedenen Standorten zum Entstehen und Gelingen beigetragen haben. Wenn Lernwerkstätten, wie proklamiert, einen Mehrwert für Schulen und das Lernen der Schüler darstellen sollten, ist es wichtig zu wissen, wie eine Initiierung, Implementierung und Institutionalisierung derer gelingen kann.

Weiterhin war zu untersuchen, ob Schulentwicklungsprozesse durch Lernwerkstätten stattfinden und wenn ja, welcher Art diese sind. Ein Blick auf heutige Grundschulen zeigt, dass sich viele in organisatorischen und inhaltlichen Umbauprozessen befinden. Ganztagsschulen werden ausgebaut, alternative Lernorte, u.a. für den Übergang Kindergarten-Grundschule, eingerichtet. Rückzugsorte für naturwissenschaftliche Experimentiermöglichkeiten werden gesucht, genauso wie Orte der inklusiven Förderung von Kindern und deren Persönlichkeitsentwicklung. Auch Digitalisierung bestimmt den (Schul-) Alltag. Entfaltungsmöglichkeiten für all das, was vielleicht im „Regelunterricht“ manchmal zu kurz kommt. In welchem Verhältnis sind Lernwerkstattarbeit und Unterricht zu sehen? Kann man aktuellen Herausforderungen gerecht werden? Sollte jeder Klassenraum zu einer Lernwerkstatt werden?

Schließlich interessierte besonders die Sicht der Kinder. Wie nehmen sie das Lernen in einer Lernwerkstatt wahr? Welche Lernerfahrungen machen sie dort? Um die Perspektive der Kinder wurden die subjektiv erfahrbaren Wahrnehmungen der Kinder, ihre Erfahrungen mit dem Lernen in der Lernwerkstatt durch innerhalb einer Pädagogischen Kinderforschung (Schultheis & Hiebl 2016) erfasst, um die Bedeutung von Lernwerkstätten aus Kinderperspektive beschreiben zu können.

Für die Konzeption einer Lernwerkstatt sollten inhaltliche, pädagogische und (schul-) organisatorische Fragen diskutiert werden. Das Forschungsprojekt (Hiebl 2014) gibt Aufschluss über die konzeptionellen Grundlagen von Lernwerkstätten (in Bayern). Ein Schwerpunkt der Forschung lag darin, herauszufinden, welche Faktoren eine qualitätsvolle16 Implementierung von Lernwerkstätten begleiten und vor allem auch, welche Faktoren und Rahmenbedingungen nötig sind, um sie bestehen zu lassen. Diese „Gelingensfaktoren“ können für das Entstehen weiterer Lernwerkstätten förderlich sein. Sollte sich ein Kollegium auf den Weg machen wollen, eine Lernwerkstatt zu initiieren, tragen die aus der Forschung abgeleiteten Gelingensfaktoren dazu bei, von Anfang an wichtige Überlegungen in das Konzept und den Aufbau einer Lernwerkstatt mit einzubeziehen. Gleichzeitig sollen aus der Forschung abgeleitete Handlungsfelder helfen, Unterstützungssysteme für Lernwerkstätten aufzubauen. Die Implementierung von Lernwerkstätten wird dazu unter Einbezug der Potentiale für Schule und Unterricht untersucht.

Um Lernwerkstätten nicht nur aus der Perspektive der Erwachsenen zu betrachten, soll der Mehrwert von Lernwerkstätten gerade auch aus der Perspektive der Kinder beschrieben werden. Aus pädagogischer Sicht steht im Zentrum aller bildungsrelevanten Fragestellungen, wie Schüler*innen am besten lernen und welche Lernumgebungen sowie Lernimpulse sie benötigen, um individuelle Kompetenzen zu entwickeln. Hierzu können die Forschungsergebnisse in mehrfacher Hinsicht beitragen. Die Perspektive der Kinder verdeutlicht, wie Kinder das Lernen in der Lernwerkstatt – auch im Vergleich mit Unterricht im Klassenzimmer - erfahren.

Im Folgenden werden die zentralen Forschungsergebnisse zu Lernwerkstätten an Schulen (Hiebl 2014) zusammengetragen.

4.1 Entwicklungspotentiale von Lernwerkstätten

Lernwerkstätten in Bayern haben vielfältige Konzepte und Zielsetzungen. Gemeinsam ist ihnen die Bemühung um eine Qualitätsverbesserung zugunsten des Lernerfolgs einer heterogenen Schülerschaft und aktuellen Herausforderungen der Bildungslandschaft. Aus Forschungssicht (Hiebl 2014) und damit aus der Perspektive der befragten Schüler*innen und Schulleitungen können Lernwerkstätten vielfältige Entwicklungspotentiale für die Schüler*innen, für die Lehrkräfte wie für Schulentwicklungsprozesse zugeschrieben werden.

[bad img format]

Abb.: Entwicklungspotentiale von Lernwerkstätten aus Forschungssicht (Hiebl 2014)

Im Schaubild wird der Mehrwert von Lernwerkstätten sichtbar. Lernwerkstätten sind Orte der Lernerfahrungen für Schüler*innen und Lehrer*innen, sie bieten Entwicklungspotentiale für Lernende sowie für die gesamte Schule im Sinne einer lernenden Organisation.

Aus Schülerperspektive sind Lernwerkstätten Erfahrungsräume, die zur Entwicklung der individuellen Persönlichkeit sowie überfachlicher und fachlicher Kompetenzen im sozialen Kontext beitragen. Durch die leiblich wahrgenommene lernförderliche Atmosphäre in der Lernwerkstatt und den Aufforderungscharakter der Lernumgebung werden die Schüler*innen zum Lernen motiviert. Hierbei unterstützt sie das Gefühl von Mit- bzw. Selbstbestimmung. Die Schulleiteraussagen über die Schüler*innen bestätigen dies: Die Schulleitungen nehmen wahr, dass die Selbstständigkeit der Schüler insgesamt gefördert wird und individuelle Kompetenzen gestärkt werden, die im gesamten Unterricht zum Tragen kommen. Die (Lern-)Motivation der Schüler*innen durch die Lernwerkstattarbeit wird hoch eingeschätzt. Die Schüler*innen erfahren als positiv, dass sie in der Lernwerkstatt ihren eigenen Fragestellungen nachgehen können und durch Lernpartner auf ihren Lernwegen unterstützt werden. Die Kinderaussagen korrelieren in hohem Maße mit erziehungswissenschaftlichen Theorien, wie Kinder gut lernen.

Lehrkräfte erleben ebenso wie die Schüler*innen, laut Aussagen der Schulleitungen, Lernwerkstätten als Raum für neue (didaktische) Erfahrungen. „Aspekte guten Unterrichts können realisiert werden: vor allem Anschauung, Handlungsorientierung, Motivation, verschiedene Lernzugänge schaffen, abwechslungsreiches Üben, effektives spielerisches Lernen“. Eine Lernwerkstatt führt zum gemeinsamen Nachdenken über Lernen im Kollegium. Unterricht wird gemeinsam reflektiert und entwickelt. Wobei Lernwerkstätten „weiche Veränderungsprozesse“ möglich machen. Sie sind für Schüler*innen wie Lehrer*innen Lernorte und bieten einen „Schonraum“, in dem Lernen und Unterricht neu gedacht werden dürfen. Die Lehrkräfte dürfen sich dort ohne unmittelbaren Zeit- und Leistungsdruck entwickeln und Aspekte der Innovation erfahren sowie auf Alltagstauglichkeit und Kompatibilität mit der etablierten Praxis prüfen. Gleichzeitig wird durch die Kooperation mit den Kolleg*innen eine Arbeitserleichterung erfahren und die in der Lernwerkstatt zur Verfügung stehenden Lernangebote können ebenso zur Differenzierung im weiteren Unterricht eingesetzt werden. Die Lernwerkstattarbeit strahlt somit auf den gesamten Unterricht aus. Die Kooperation der Lehrer*innen wird durch die gemeinsame Konzeption einer Lernwerkstatt angeregt, sie erfordert Kommunikation und das Zusammenbringen verschiedener Personen und Kompetenzen.

Darmowy fragment się skończył.