Czytaj książkę: «Dimensionen schulischer Qualität im Fokus: Was macht "gute Schule" aus?», strona 3

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68 Vgl. Schulgarten-Wettbewerb 2019: https://www.umweltbildung.bayern.de/projekte/schulgaerten/index.htm.

69 In der Literatur gilt ihnen ein Hauptaugenmerk, so z. B. Th. Müller, Vom Klassenzimmer zur Lernlandschaft. Unterrichtsräume im Zeitalter der Informationstechnologie, in: Meuser, Schulbauten (wie Anm. 59), S. 34-45; W. Buddensiek, Zukunftsfähiges Leben in Häusern des Lernens. Die fraktale Schule, Göttingen 2001; zum in München verfolgten Modell: Praxisbuch Münchner Lernhaus, hrsg. vom Referat für Bildung und Sport der Landeshauptstadt München, München 2016.

70 Spielen, Lernen, Arbeiten in Lernwerkstätten, hrsg. von U. Stadler-Altmann u. a., Bad Heilbrunn 2020; Th. Richter, Neue Schulräume. Architektur für zeitgemäßes Lernen, Basel 2018, S. 28-45.

71 H. Ruch, Bildungspartner Schulbibliothek, in: Schulverwaltung, 32. Jg. (2009), 10/11, S. 288-291; 317-320.

72 Mit gutem Essen Schule machen. Genussort Mensa: bayerische Leitlinien Schulverpflegung, hrsg. vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, München 2017, S. 16f.

73 Zum aktuellen Schulbau s. a. Interview mit Stephan Behnisch: https://behnisch.com/updates/essays/modern-landscapes-of-learning, abgerufen am 26.3.2020, sowie Vortrag ‘Von der Schule zur Lernlandschaft‘, in: https://behnisch.com/updates/essays/von-der-schule-zur-lernlandschaft vom 17.9.2016 (15.6.2020).

74 Im Gesamtrahmen von 200.000 EUR. Gewinner ist der Berliner Künstler Thilo Droste.

75 W. Schönig, Festschrift zum 70. Geburtstag für Wolfgang Obel (Manuskript 2017, S. 12f.), s. a.: https://www.obel-architekten.de/portfolio/item/32-gym-donauwoerth.html, abgerufen am 15.6.2020.

76 Zur Farbe als elementarem Bestandteil im Schulbau s. die Publikationen des Instituts Farbe. Design. Therapie (Roland Aull) in Frammersbach, v. a. Peter Barett, Intelligente Lernräume, Frammersbach 2019.

77 Vgl. Interview mit Architekt Johannes Berschneider (2019), in: https://www.youtube.com/watch?v=jPm7Dd4QJdY, abgerufen am 15.6.2020.

78 M. F. Peschl/Th. Fundneider, Kognitive und epistemologische Grundlagen der Ermöglichung von Wissensgenerierung in Enabling Spaces, in: Raum für Bildung. Ästhetik und Architektur von Lern- und Lebensorten, hrsg. von H. Schrötler-von Brandt, S. 73-80, hier: S. 75.

79 Vgl. den Beitrag von M. Schwarz: https://www.deutschlandfunkkultur.de/le-corbusier-die-rampe-in-der-modernen-architektur.2156.de.html?dram:article_id=329451 (abgerufen am 17.6.2020), und: E. Blume, Le Corbusiers Wege. Wie das Zauberwerk in Gang gesetzt wird, Basel u. a. 1987.

80 J. Watschinger, Schularchitektur und neue Lernkultur. Neues Lernen und neue Räume, Bern 2007.

Offene Lernumgebungen verändern Schule

Otmar Misoph

Der Umbau von Klassenzimmern, die Öffnung und Ausweitung von Lernräumen verändert eine Schule insgesamt. Diese Veränderungen haben Einfluss auf das soziale Klima einer Schule, auf Gestaltung und Qualität von Unterricht, auf die Motivation und das Engagement von Schüler- und Lehrerschaft. In diesem Erfahrungsbericht wird gezeigt, wie sehr die Öffnung der Lernumgebungen das Schulkonzept der Grund- und Mittelschule Thalmässing geprägt hat. Im Wettbewerb Deutscher Schulpreis 2020 gehörte sie gerade wegen ihrer offenen Lernumgebungen und deren effektiven Nutzung zu den nominierten Schulen.

Offene Lernumgebungen – noch immer eine Seltenheit

Die Corona Pandemie brachte im Frühjahr 2020 alles zum Stehen. Der flächendeckende Lockdown erfasste natürlich auch die Schulen. Stillstand, Homeschooling, Ratlosigkeit, mangelnde Digitalisierung waren wochenlang die Kennzeichen. Viel zu spät rückte die Schule in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Die Schule schaffte es plötzlich auf die Titelseiten der regionalen und überregionalen Presse, in die Schlagzeilen der Nachrichtensendungen. Und welches Bild von Schule wurde da fast ausschließlich gezeigt? Klassenzimmer mit traditionellen Doppeltischen, in Busordnung frontal nach vorne ausgerichtet, Blickrichtung zur zentralen Pilonentafel, vor der die Lehrkraft agierte; Schule im Jahr 2020 oder zumindest das, was scheinbar allgemein für Schule gehalten wird.

Auf der anderen Seite steht eine ganze Reihe von Untersuchungen und Veröffentlichungen zu einem veränderten Schulbau. In den Veröffentlichungen von Prof. Schönig Gestalten des Schulraums (2013) und Inklusion sucht Raum (2015) geht es um flexible Lernumgebungen und offene Räume an der Schule von heute und morgen. Die Montagsstiftung beschäftigt sich seit Jahren mit veränderten Raumkonzepten an Schulen, die Stadt München hat das Lernhauskonzept als Vorgabe für alle Schulhausneubauten festgelegt, die Firma LernLandSchaft ist inzwischen europaweit unterwegs und begleitet Schulbauten ab der Planungsphase Null.

Und dann wird vor wenigen Jahren in einer mittelfränkischen Kleinstadt ganz stolz ein 23 Millionen teurer Mittelschulbau eingeweiht, an dem all diese Entwicklungen spurlos vorbeigegangen sind.

Warum die schulische Bau- und Raumrealität oft noch so ganz anders aussieht, hat sicher auch damit zu tun, dass Schulleitungen und Kollegien zu wenig bereit sind, Unterricht und Schule neu zu denken, und als Folge davon, Veränderungen an Schulen umzusetzen. Spätestens alle zwei Jahre machen unsere Smartphones einen deutlichen technischen Sprung nach vorne. Das wird von den Verbrauchern erwartet und ist normal. Dass sich Schulräume zwischen 1960 und 2020 kaum verändert haben, das irritiert nur wenige.

Dass dem so ist, hat wiederum mehrere Gründe: Die eigene Schulerfahrung gehört sicher dazu, aber auch ein Lehramtsstudium an den Universitäten, das traditionellen Denkmustern folgt und Innovationen weder anregt noch vor Ort erleben lässt. (So verfügt die Universität Eichstätt derzeit nur noch über einen Seminarraum mit flexibler Möblierung. Dass die fachgerecht verwendet wird, habe ich bei meinen regelmäßigen Besuchen dort aber noch nie gesehen.) Das sich anschließende Referendariat erfolgt – mangels genügend innovativer Schulhauskonzepte – zwangsläufig in klassischen, traditionellen Klassenzimmern.

An der Grund- und Mittelschule Thalmässing, an der ich 21 Jahre in der Schulleitung aktiv war, war Schulentwicklung immer auch Unterrichts- und damit auch (Lern-) Raumentwicklung.

„Stärken stärken durch eigenaktives, gemeinsames Lernen“ - unter diesem Motto machten wir uns recht frühzeitig auf den Weg. Im Laufe der Jahre ist eine enge und wertvolle Zusammenarbeit mit der Universität Eichstätt, besonders mit dem Lehrstuhl von Prof. Schönig, entstanden. Er hat unsere Schulentwicklung über all die Jahre verfolgt und begleitet. Wir als Schule waren offen für Studierende und Seminare. Wie Lernen gut gelingt, wie Lernumgebungen aussehen müssen, um dieses Gelingen zu unterstützen, all das ist hinreichend erforscht und bekannt. Hier gibt es kein Wissens-, aber ein erhebliches Umsetzungsdefizit.

Wir in Thalmässing haben unsere Ausgangspunkte klar formuliert:

 Lernen braucht Gelingensfaktoren

 Lernen geschieht allein, zu zweit oder in der Gruppe

 Lernen gelingt dann gut, wenn die Schülerinnen und Schüler die für sie passende Lernumgebung vorfinden

 Lernen hat kognitive und soziale Aspekte

 Lernen braucht Raum

Davon ausgehend gestalteten wir zunächst alle Klassenzimmer von Klasse 1 bis 9 zu flexiblen Lernumgebungen mit leicht fahrbaren Dreieckstischen und verschiebbaren Tafelelementen um. Pro Schülergruppe steht jeweils eines dieser Tafelelemente zur Verfügung. In einer weiteren Phase bauten wir unsere bisherigen Gänge zu offiziellen Lernräumen um. Lernen ist somit im gesamten Haus möglich. Ein 40 Jahre altes (Flur-) Schulhaus wird dank des Großraumbürokonzeptes mit dazugehörigem Brandschutzkonzept zur offenen Lernlandschaft. Ist dieser Aufwand nötig, bringt das alles was? Solche Fragen wurden mir als Schulleiter immer wieder gestellt.

Wir als Erwachsene suchen uns für die jeweilige Arbeit möglichst den passenden Arbeitsplatz: Ein Buch oder die Tageszeitung lesen, einen Brief schreiben, ein Formular ausfüllen, die Unterlagen für die Steuererklärung zusammenstellen, all das geschieht an verschiedenen Plätzen.

Unseren Schülerinnen und Schülern gestehen wir diese individuelle, an die Anforderungen der jeweiligen Arbeit angepasste Wahl nicht zu. Wir setzen sie um 8:00 Uhr in einem oftmals zu kleinen Klassenzimmer an einen der festen Zweiertische, oft neben eine zufällige Partnerin bzw. einen Partner. Wir erwarten, dass die Schülerin bzw. der Schüler dort hoch konzentriert und möglichst durchgängig motiviert bis 13:00 Uhr all die verschiedenen Arbeiten erledigt, die wir ihr/ihm aufgeben.

Das macht die überwiegende Mehrzahl der Lehrkräfte an allen Schularten jeden Tag, ein Dienstleben lang. Und nur wenige denken darüber nach, wundern sich darüber und stellen das traditionelle, gewohnte – deswegen aber ja nicht zwangsläufig sinnvolle – System in Frage.

Offene Lernumgebungen verändern das Klima an der Schule

Flexible Lernumgebungen, die Öffnung der Klassenzimmer, die Nutzung des gesamten Schulhauses als Lernraum sind die Grundvoraussetzungen, damit sich Schule und Unterricht in wesentlichen Bereichen verändern. „An dieser Schule herrscht ein ganz besonders Klima; das spürt man gleich, wenn man hereinkommt.“ So hörte man in den vergangenen Jahren in Thalmässing oft von den zahlreichen Gästen an der Schule.

Verändern offene Lernräume, verändert eine Öffnung von Unterricht das Klima einer Schule?

Unsere Erfahrung sagt: eindeutig ja! Wenn man offenen Lern- und Unterrichtsformen Raum gibt, wenn man Lernräume radikal aufmacht und auf das gesamte Schulhaus ausdehnt, wenn die Klassenzimmertüren durchgängig offenstehen, dann steht dahinter eine bestimmte Vision von Schule: Eine, deren Ziel eine veränderte, eine andere Schule ist. Eine offene Schule beginnt im Kopf der Schulleitung und des Kollegiums. Sie rückt Anderssein, individuelles Lernen, Verantwortung für das eigene Lernen und das des anderen, Selbstständigkeit, Eigenaktivität und gegenseitige Wertschätzung in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. So eine Schule verlangt nach einem reflektierten Berufsverständnis der Lehrkräfte und gibt der Sicht auf Eltern, Schülerinnen und Schülern eine neue Bedeutung. Das positive Klima, die gegenseitige Wertschätzung von Schülerinnen und Schülern untereinander und die zwischen Schüler- und Lehrerschaft, die Normalität und Selbstverständlichkeit von Inklusion wird entscheidend durch die Öffnung der Räume und deren individuellen und differenzierten Nutzungsmöglichkeiten erzeugt. Denn dort, wo alle Lehrerinnen und Lehrer für alle Schülerinnen und Schüler verantwortlich und Ansprechpartnerinnen und Partner sind, wo sich Lernende unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Kompetenzen und unterschiedlicher Handicaps begegnen, wo im eigenen Tempo gelernt werden kann, wo nicht jeder zur gleichen Zeit das Gleiche machen muss, dort bleibt Raum für ein positives, offenes und wertschätzendes Miteinander. Die Öffnung des Unterrichts führt notwendigerweise zu einer Öffnung der Räume - und umgekehrt!

Noch stärkere Individualisierung mit Betonung der eigenen Lerngeschwindigkeit, das verstärkte Angebot an offenen, kreativen, selbst zu gestaltenden Aufgaben motiviert und ermöglicht Erfolgserlebnisse in ganz unterschiedlichen Bereichen, auch und gerade in solchen, die im traditionellen Unterrichtsalltag kaum Bedeutung haben. Die flexible Möblierung erlaubt die mühelose Realisierung verschiedenster Sozialformen, die verschiebbaren Tafelelemente ermöglichen das Neben- und Miteinander unterschiedlicher Arbeits- und Präsentationsformen.

Mit der konsequenten Einführung der freien Lernzeit (FLZ) ab der 1. Klasse gelingt es, das gesamte Schulhaus als Lernraum zu nutzen. Die FLZ wird stufenweise eingeführt und soll in der Mittelschule zwei Stunden täglich umfassen. In dieser freien Lernzeit wählt sich die Schülerin bzw. der Schüler sowohl den Unterrichtsinhalt, mit dem sie/er sich beschäftigen will, als auch die Intensität der Beschäftigung damit selbstständig aus. Frei gewählt werden auch die Lernpartnerin bzw. der Lernpartner, der Lernort im Schulhaus und die notwendigen und für das Lernen in dieser Phase geeigneten analogen und/oder digitalen Medien. Lernen wird zum (eigen-)aktiven Prozess, der von der Lehrkraft unterstützt und begleitet wird, der aber individuell gestaltet und geplant werden muss.

Offene Lernumgebungen verändern den Blick auf Schule und Unterricht

Damit all dies gelingt, ist es notwendig, dass sich die Schule auf Lehrgänge verständigt, die eigenaktives Lernen unterstützen. Dabei ist es eben nicht egal, für welches Mathematikbuch man sich in der Grund- bzw. Mittelschule entscheidet. Es ist nicht egal, mit welchem Leselehrgang man in der 1. Klasse beginnt oder welches Rechtschreibkonzept man in allen Jahrgängen implementiert. Wenn sich ein Kollegium damit intensiv beschäftigt, so wird ihm schnell klar, welche Konzepte die Eigenaktivität unterstützen oder gar einfordern, welche für individuelles Arbeitstempo und die unterschiedlichen Leistungsfähigkeiten Angebote machen und welche im traditionellen Abarbeiten von immer gleichen Aufgaben bzw. Arbeitsblättern haften bleiben. Unser Leitspruch war immer weniger ist mehr: weniger Arbeitsblätter, weniger unstrukturierte Aufgabenformate, weniger verschiedene Hefte - aber ein mehr an Freiraum, ein mehr an Erforschen und selbstständigem Üben, ein mehr an sinnvollen Ritualen, die allen Sicherheit geben.

Parallel dazu sind an der Schule genau definierte Arbeitsmethoden bei Schülerinnen und Schülern kleinschrittig einzuführen und es ist dafür zu sorgen, dass diese Methoden im Unterrichtsalltag aller Fächer im gesamten Kollegium konsequent und vergleichbar implementiert werden.

Öffnung der Klassenzimmer, die systematische Nutzung der Lernräume, die Konsequenz der Methoden gelingen nur, wenn sich die Lehrerinnen und Lehrer darauf einlassen. Das setzt voraus, dass einige im Kollegium eine konkrete Vision von Schule und Unterricht haben und, dass diese Vision Stück für Stück auch das restliche Kollegium überzeugt und mitnimmt.

In diesem Prozess der Personalentwicklung kommt der Schulleitung – wie insgesamt bei einer erfolgreichen Schul- und Unterrichtsentwicklung - eine zentrale Rolle zu. Sie muss eine klare Vision von Schule haben, sie muss diese Vision unmissverständlich kommunizieren, ihr Gewicht geben und auch gegen Widerstände konsequent verteidigen. Der Schulleitung obliegt es auch, den Schulalltag auf die konkrete Umsetzung dieser Vision hin zu überprüfen und die ungefilterte Einhaltung beschlossener Konzepte einzufordern.

Dass Schulentwicklung unter diesen Gesichtspunkten ein mühsames, ein langwieriges Geschäft ist, das versteht sich von selbst. Zu viele Schulleitungen scheuen sich leider davor. Vielen Lehrerinnen und Lehrern, die bisher oft schon jahrelang in anderen konzeptionellen und räumlichen Situationen gearbeitet und unterrichtet haben, fehlt die Erfahrung und leider oft auch der mentale Zugang zu Fragen in Bezug auf Veränderung der Lernräume. Von daher ist es wichtig, dass die Öffnung von Räumen, dass so scheinbare Kleinigkeiten wie die Anordnung und Nutzung der Möblierung im Klassenzimmer nicht unter dem Slogan der pädagogischen Freiheit jedem Einzelnen überlassen wird. Der Tod eines Konzeptes beginnt damit, dass es von jedem nur so ungefähr erfüllt wird. Wenn jeder alles irgendwie macht, macht niemand etwas vollständig richtig.

Für uns als Schule bedeutete das, dass z. B. die Anordnung des Lehrertisches im Raum verbindlich festgelegt war. Das Lehrerpult als beweglicher Trapeztisch an einer Seite des Klassenzimmers, mit deutlichem Abstand zum SMART Board, macht die Rolle der Lehrkraft als Organisator und Moderator von Lernprozessen schon optisch deutlich. Seine Hauptaufgabe besteht darin, das individuelle Lernen zu unterstützen und zu fördern.

Offene Klassenzimmertüren, Lernen im ganzen Schulhaus, Schülerinnen und Schüler, die sich ihren Arbeitsplatz selbst suchen - all das führt auch dazu, dass die Arbeit der einzelnen Lehrkraft sehr transparent ist. Wie sie unterrichtet, welche Methoden sie einsetzt, welche Schwerpunkte sie setzt - all das bekommen die Kolleginnen und Kollegen unmittelbar mit, es wird sozusagen öffentlich. Auch das ist ein großer Problemstein, der nicht unterschätzt werden darf und der gerade neu an die Schule kommenden Lehrerinnen und Lehrern Bauchgrimmen verursacht. Deren Erfahrung war bisher, dass all das, was hinter verschlossenen Klassenzimmertüren geschieht, eher Privatsache war und niemanden zu interessieren hat. Der notwendige Unterrichtsbesuch der Schulleitung wurde vor diesem Szenario oft als unvermeidliches, aber doch störendes und nervös machendes Kontrollinstrument gesehen.

Es dauert einige Zeit, bis die Transparenz offener Lernräume im Kollegium von allen selbstbewusst erlebt und gelebt wird. Auch hier ist wieder die Schulleitung gefordert. Möglichst oft sollte bzw. muss sie im Schulhaus unterwegs sein, in der Klassenzimmertür stehen bleiben und den Unterricht kurz beobachten. Was zunächst als Überwachung der Schulleitung verstanden wird, wird zunehmend dahingehend gedeutet, dass sie Interesse an der Arbeit der Lehrkraft hat, dass sie das, was in der Klasse getan wird, wertschätzt und auch alltägliche Kleinigkeiten nicht übersieht. Positive Rückmeldungen und sensibel formulierte Tipps schaffen Vertrauen und stärken das Selbstbewusstsein einerseits, zeigen aber auch deutlich, dass der Schulleitung an dem Gesamtkonzept gelegen ist.

Innerhalb des Kollegiums erwächst durch die Transparenz so allmählich die Einsicht, dass man mit den eigenen Fragen, den eigenen Herausforderungen und ggf. auch Problemen nicht allein steht. Im Laufe der Entwicklung wird im Kollegium offen diskutiert, werden Tipps angenommen, wird die persönliche Entlastung gespürt. Der Schwerpunkt der Arbeit der Lehrkraft in offenen Lernumgebungen verschiebt sich sehr deutlich auf die Vorbereitung des Unterrichts. Der Unterrichtsalltag selbst, besonders die Phasen der FLZ entlasten die Lehrerin/den Lehrer erheblich. Es bleibt Zeit, sich um einzelne Schülerinnen und Schüler zu kümmern, Zeit, sich mit der Kollegin/dem Kollegen auszutauschen, ihr/ihm Feedback zu geben, Zeit auch, um gelungene Lernsituationen zu beobachten und zu genießen: Sekundenglück im Lehreralltag; Glück, das stolz macht und zufrieden. Das ist im Hinblick auf die Lehrergesundheit ein viel zu wenig beachteter Vorteil. Offene Lernumgebungen fungieren auch hier wieder als Katalysator von Schul- und Unterrichtsentwicklung. Jenseits theoretischer wissenschaftlicher Lektüre verändert der Raum das berufliche Selbstverständnis.

Vom „ich und meine Klasse“ zum „wir und unsere Schule“ ist ein weiter Weg - ein ungewohnter und deshalb steiniger für viele Lehrerinnen und Lehrer. Offene Räume helfen aber dabei, das Ziel rascher zu erreichen.

Offene Lernumgebungen verändern die Haltung der Schülerinnen und Schüler

Die Schule zu verändern macht natürlich nur Sinn, wenn sich diese Veränderungen positiv auf die Schülerinnen und Schüler auswirken, wenn sich das kognitive und soziale Lernen verbessert.

In all den zurückliegenden Jahren hat uns an der Schule in Thalmässing immer wieder begeistert, wie rasch und verantwortungsvoll die Schülerinnen und Schüler die angebotene Öffnung der Lernräume angenommen und effektiv genutzt haben.

Unsere Schülerschaft wird kleinschrittig und sehr systematisch an das selbstständige Lernen herangeführt. Die Schülerinnen und Schüler erleben somit von Anfang an, wie Lernen gelingen kann, wie sie im eigenen Tempo zu ihren individuellen Erfolgen kommen. Sie sehen täglich, wie an verschiedenen Plätzen im Schulhaus Jüngere und Ältere konzentriert und motiviert nebeneinander und miteinander arbeiten und lernen können. Sie sehen, dass Lernen in der Schule Freude machen kann. Eigenverantwortung und Selbstständigkeit wachsen kontinuierlich, sie wachsen auch und mit den positiven Vorbildern im Schulhaus. Bei der freien Wahl des Arbeitsplatzes, beim Wechseln von einer Lernatmosphäre in eine andere sind die Schülerinnen und Schüler in Bewegung, sind unterwegs. Spezielle Bewegungspausen erübrigen sich deshalb. Im eigenen, angemessenen Tempo arbeiten und lernen zu dürfen baut Druck ab, vermeidet Ängste. Sich die Lernpartnerin bzw. den Lernpartner selbst aussuchen zu dürfen schafft Zufriedenheit und Freude am schulischen Lernen.

Die freie Wahl des Lernortes, die Möglichkeit, auch einmal auf Abstand zu gehen, sich nur auf sich selbst zu konzentrieren, die Enge des Klassenzimmers zu verlassen - all das entschärft soziale Konflikte, schafft Beruhigung in Klassen und Gruppen und ist somit ein wichtiger Baustein für ruhiges, konzentriertes, störungsfreies Arbeiten und Lernen.

Dass die Öffnung von Räumen, die Eigenaktivität der Schülerinnen und Schüler und die FLZ (professionelle und sorgfältige) eine Auswahl der verwendeten Medien voraussetzt, liegt auf der Hand. Individuelles Lernen im eigenen Tempo gelingt nur dann, wenn passgenaue Medien zur Unterstützung bereitstehen.