Czytaj książkę: «Besonderes Verwaltungsrecht», strona 8

Czcionka:

cc) Pflichten

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Den Rechten steht eine Vielzahl von Pflichten gegenüber. Damit „versuchen die Gemeindeordnungen, das für die Selbstverwaltung erwünschte, aber auch prekäre Element eines Entscheidens in geringer Distanz zum Sachvorgang rechtsstaatlich auszubalancieren“[356]. Die Gemeindevertreter müssen ihr Amt uneigennützig und verantwortungsbewusst ausführen[357]. Weitergehende Pflichten der Gemeindevertreter sind insbesondere die Verschwiegenheitspflicht, die Bindung an die Befangenheitsvorschriften und die Treuepflicht[358].

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Die Gemeindevertreter sind über alle Angelegenheiten zur Verschwiegenheit verpflichtet, deren Geheimhaltung gesetzlich vorgeschrieben, besonders angeordnet oder ihrer Natur nach erforderlich ist[359]. Sie dürfen die Kenntnis von geheim zuhaltenden Angelegenheiten nicht unbefugt verwerten[360]. Zu beachten ist, dass die Verschwiegenheitsverpflichtung auch nach Beendigung der ehrenamtlichen Tätigkeit fortbesteht[361]. Sie dient der Erhaltung und der Störungsfreiheit einer öffentlichen, hier kommunalen Verwaltung[362].

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Zweck der Befangenheitsvorschriften[363] ist es, allzu intensive Interessenverflechtungen zu vermeiden und eine ordnungsgemäße Verwaltungsführung zu gewährleisten. Die Schwierigkeit liegt darin, die Grenzlinie tatbestandlich zu bestimmen. Der Gemeindevertreter darf nach den einschlägigen Vorschriften weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit ihm selbst, seinen Familienangehörigen oder einer von ihm kraft Gesetzes oder kraft Vollmacht vertretenen natürlichen oder juristischen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann[364]. Der Begriff des Vor- oder Nachteils ist weit auszulegen, da entsprechend dem Zweck der Vorschrift schon der böse Schein einer Interessenverflechtung verhindert werden soll[365]. Zu verlangen ist danach ein individuelles Sonderinteresse des Gemeindevertreters bzw. einer gesetzlich als ihm nahestehenden Person am Verhandlungsgegenstand[366]. Es reicht bereits die bloße Möglichkeit eines Vor- oder Nachteils aus, weil die Kommunalgesetze nur verlangen, dass die Mitwirkung zu einem Vor- oder Nachteil führen kann. Einschränkend stellen die Gemeindeordnungen darauf ab, dass der Vor- oder Nachteil „unmittelbar“ sein muss. Der nordrhein-westfälische Gesetzgeber hat dieses Erfordernis legal definiert, wonach ein Vor- oder Nachteil unmittelbar ist, wenn die Entscheidung eine natürliche oder juristische Person direkt berührt[367]. Nach der niedersächsischen Gemeindeordnung (§ 26 Abs. 1 S. 3) gilt nur derjenige Vor- oder Nachteil als unmittelbar, der sich aus der Entscheidung ergibt, ohne dass weitere Ereignisse eintreten oder Maßnahmen getroffen werden müssen. Die Befangenheitsvorschriften gelten nicht, wenn die Entscheidung nur die gemeinsamen Interessen einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe berührt und bei Wahlen zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit[368]. Teilweise gilt das Mitwirkungsverbot nicht für die Beratung und Entscheidung über Rechtsnormen[369], womit dann auch die gesamte Bauleitplanung vom Anwendungsbereich ausgenommen wird.

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Rechtsfolge des Mitwirkungsverbotes ist, dass der Gemeindevertreter seine Befangenheit mitzuteilen und den Sitzungsraum zu verlassen hat[370]. Im Streitfall entscheidet die Gemeindevertretung[371]. Nimmt ein eigentlich ausgeschlossenes Gemeinderatsmitglied dennoch an der Sitzung teil, erklären manche Gemeindeordnungen den Beschluss unabhängig vom Stimmenverhältnis für rechtswidrig[372], andere nur dann, wenn der Verstoß für das Abstimmungsergebnis entscheidend war[373]. Kommt eine Satzung unter Verstoß gegen die Befangenheitsvorschriften zustande, kann dieser Verfahrensmangel über die Heilungsvorschrift für Satzungen unbeachtlich werden, wenn er nicht rechtzeitig, d.h. regelmäßig innerhalb eines Jahres, gerügt wird[374]. Im Übrigen statuieren die Befangenheitsvorschriften häufig allgemeine Fehlerfolgenregelungen[375].

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Wird ein tatsächlich nicht Befangener ausgeschlossen, führt dieser Verfahrensfehler bei schlichten Ratsbeschlüssen nach allgemeinen Grundsätzen zur Rechtswidrigkeit und damit im Regelfall zur Unwirksamkeit des Ratsbeschlusses[376]. Nach dem Telos der Befangenheitsvorschriften gilt dies grundsätzlich unabhängig von der Kausalität der Mitwirkung des Ausgeschlossenen für das Zustandekommen des Beschlusses, zumal der Betroffene im Rahmen der Beratung die Entscheidung weiterer Ratsmitglieder beeinflussen kann[377].

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Die Gemeindevertreter haben eine besondere Treuepflicht gegenüber der Gemeinde[378]. Mit dieser Treuepflicht ist verbunden, dass sie Ansprüche anderer gegen die Gemeinde nicht geltend machen dürfen, es sei denn, dass sie als gesetzliche Vertreter handeln[379]. Teilweise gilt das sog. kommunale Vertretungsverbot nur insoweit, als die vertretenen Ansprüche mit der ehrenamtlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen[380]. Ob die Voraussetzungen des Vertretungsverbots vorliegen, stellt grundsätzlich der Gemeinderat fest[381]. Durch das Vertretungsverbot soll vermieden werden, dass Gemeindevertreter ihren Einfluss im Gemeinderat ausnutzen, um die Interessen des Dritten zu fördern, und sich damit nicht mehr allein am öffentlichen Wohl orientieren[382]. Das Bundesverfassungsgericht hat die kommunalrechtlichen Vertretungsverbote, die vornehmlich Rechtsanwälte, Architekten und steuerberatende Berufe betreffen, als mit der Berufsfreiheit vereinbar angesehen[383].

b) Organisation des Gemeinderats

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Der Gemeinderat ist ein Kollegialorgan, dessen Aufbau und Funktionieren Regelungen erfordert, die die Kommunalverfassungsgesetze schon recht detailliert aufstellen und die durch Satzungen und Geschäftsordnungen ausgeformt werden (können). Besondere Rollen im „Innenleben“ der Gemeindevertretung haben der Vorsitzende, die Ausschüsse sowie die Fraktionen inne.

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Alle Gemeindeordnungen enthalten Regelungen über den Vorsitz im Gemeinderat, gestalten die Bestimmung des Vorsitzenden und seine Funktionen aber teilweise unterschiedlich aus. In einigen Bundesländern ist der Bürgermeister kraft seines Amtes zugleich Vorsitzender des Gemeinderates[384], in anderen Ländern wird dieser aus der Mitte des Gemeinderates gewählt. Dem Vorsitzenden obliegt es, die Gemeinderatssitzungen einzuberufen und die Tagesordnung festzusetzen. Er leitet die Verhandlungen, handhabt während der Sitzungen die Ordnung (gegenüber und zwischen den Mitgliedern) und übt das Hausrecht (gegenüber Dritten, z.B. Zuhörern und Journalisten) aus. Einige Gemeindeordnungen berechtigen den Gemeinderatsvorsitzenden in diesem Zusammenhang dazu, Ratsmitglieder wegen grober Ungebühr oder wiederholten Verstößen gegen die Ordnung aus dem Beratungsraum zu verweisen[385].

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Die Gemeindevertretungen können kraft ihrer organschaftlichen Autonomie Ausschüsse bilden. Manche Länder sehen die Bildung von sog. Pflichtausschüssen ausdrücklich vor. So muss in Nordrhein-Westfalen in jeder Gemeinde ein Hauptausschuss, ein Finanzausschuss und ein Rechnungsprüfungsausschuss gebildet werden[386]. Die Ausschüsse sind Unterorgane des Gemeinderates[387]. Die Gemeindeordnungen verlangen, dass die Ausschüsse dessen Parteienvorkommen und Sitzverteilung widerspiegeln[388]. Allerdings lassen es die meisten Kommunalverfassungen zu, dass auch sachkundige Bürger und/oder Einwohner in die Ausschüsse bestellt werden[389]. Zweck der Ausschussbildung ist die Entlastung des Plenums, welches bei komplexer werdenden Aufgaben nicht immer allein in der Lage sein wird, diese zu bewältigen. Deshalb werden die Ausschüsse grundsätzlich fachlich ausgerichtet. In beratenden Ausschüssen sollen diejenigen Angelegenheiten, über die der Gemeinderat letztlich entscheidet, hinreichend aufgeklärt und vorbesprochen werden. Die Gemeindeordnungen schaffen zudem die Möglichkeit, dass der Gemeinderat Ausschüssen Angelegenheiten zur Beschlussfassung überträgt (beschließende Ausschüsse)[390]. Die Entscheidung über besonders wichtige Angelegenheiten ist aber grundsätzlich der Entscheidung des Gemeinderates vorbehalten[391]; im Übrigen besteht ein Rückholrecht der Gemeindevertretung. Unter den Ausschüssen kommt dem Hauptausschuss in der Regel eine besondere Bedeutung zu, weil er die Arbeit der Ausschüsse koordiniert[392].

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Die Gemeindevertreter können sich zu Fraktionen zusammenschließen. Fraktionen sind freiwillige Vereinigungen von Gemeindevertretern, die sich auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung zu möglichst gleichgerichtetem Wirken zusammengeschlossen haben[393]. Teilweise wird zur Gründung eine gewisse Mindeststärke gefordert, welche in der Regel bei 2–3 Gemeindevertretern liegt[394]. Angesichts ihrer Wirkungsstätte handelt es sich bei Fraktionen um öffentlich-rechtliche Vereinigungen[395]. Die Fraktionen wirken bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung im Gemeinderat mit. Die Gemeindeordnungen verlangen, dass ihre innere Ordnung demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht, wozu sich die Fraktionen ein Statut geben, in dem das Abstimmungsverfahren, die Aufnahme und der Ausschluss aus der Fraktion geregelt werden[396]. Den Fraktionen stehen nach den gesetzlichen Bestimmungen (und/oder der Hauptsatzung der Gemeinde) sowie der Geschäftsordnung des Gemeinderates Antrags-, Entsende-, Informations- und Rederechte zu[397].

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Nachdem in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts im Verbotsverfahren gegen die NPD[398] die Finanzierung verfassungsfeindlicher Parteien in Art. 21 Abs. 3 GG neu geregelt worden ist, fragt sich, wie auf kommunaler Ebene mit den Fraktionen, Gruppen und Abgeordneten solcher Parteien umzugehen ist. Mancherorts ist der satzungsmäßige Ausschluss erkennbar verfassungsfeindlicher Parteien bzw. Vereinigungen in der Kommunalvertretung von finanziellen Zuwendungen zur Fraktionsgeschäftsführung ins Werk gesetzt worden. Aufgerufen ist damit jedoch ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach politischen Anschauungen (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG), da weder ein Parteiverbot (Art. 21 Abs. 2 GG) noch ein Vereinigungsverbot (Art. 9 Abs. 2 GG) ausgesprochen worden ist. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Fraktionszuschüsse dem aus der Fraktionstätigkeit resultierenden Finanzierungsbedarf einer Untergliederung der Vertretungskörperschaft, nicht aber der Finanzierung der Partei dienen. Schließlich fragt sich, ob die Generalklausel zum Satzungserlass genügt oder eine spezielle gesetzliche Grundlage erforderlich ist. Der VGH Kassel hat jedenfalls einen Gleichheitsverstoß angenommen.[399]

c) Verfahren im Gemeinderat

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Das Zusammenwirken der Gemeindevertreter im Gemeinderat ist in den Kommunalordnungen (nur) in den Grundzügen normiert. Die nähere Ausgestaltung erfolgt in den Geschäftsordnungen, deren Erlass einige Bundesländer zur Pflicht gemacht haben[400]. Ihrer Rechtsnatur nach handelt es sich bei der Geschäftsordnung nicht um eine gemeindliche Satzung, sondern um einen verwaltungsinternen Rechtsakt, der nur die die Gemeindevertreter bindet[401]. Die Geschäftsordnung regelt die inneren Angelegenheiten des Gemeinderates und dabei insbesondere den Ablauf der Gemeinderatssitzungen[402]. Sofern die Geschäftsordnung nicht von Verfassungs oder Gesetzes wegen vorgegebene Linien nachzeichnet, führen Verstöße gegen die Geschäftsordnung nicht zur Unwirksamkeit der betreffenden Entscheidung[403].

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Die Wahl eines die Bürgerschaft repräsentierenden Organs findet ihren Sinn darin, dass dessen Sitzungen das Zentrum der kommunalpolitischen Auseinandersetzung bilden. Ungeachtet der Ausschusstätigkeiten und Fraktionszusammenkünfte sind Meinungen in den Gemeinderatssitzungen, wenn schon nicht zu bilden, so doch vorzutragen und Entscheidungen zu fällen, und zwar grundsätzlich öffentlich[404]. Der Öffentlichkeitsgrundsatz soll einerseits dem Wahlvolk ermöglichen, sich selbst ein Bild von der Gemeinderatstätigkeit zu machen, und zu deren Verständlichkeit, Nachvollziehbarkeit und Kontrollierbarkeit beitragen; andererseits soll dadurch die Sachgerechtigkeit der Arbeit gefördert werden[405]. Einschränkungen der Gremienarbeit „unter den Augen der Bürgerschaft“ sehen die Gemeindeordnungen für den Fall vor, dass überwiegende Belange des öffentlichen Wohls oder berechtigte Interessen Einzelner dies erfordern[406].

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Gelingensbedingung eines geordneten Willensbildungsprozesses im Gemeinderat ist, dass die Sitzung ordnungsgemäß durch den Vorsitzenden einberufen wird. Die Einberufung steht dabei zwar grundsätzlich im Ermessen des Vorsitzenden; die Kommunalgesetze verpflichten jedoch zur Einberufung, wenn dies von einem bestimmten – länderweise unterschiedlich festgelegten – Mitgliederquorum verlangt wird oder die Geschäftslage dies erfordert[407]. Die Ladung zur Gemeinderatssitzung ist rechtzeitig und fristgerecht sowie mit einer örtlich bekanntzumachenden Tagesordnung zu verbinden, in welcher die Verhandlungsgegenstände so bezeichnet werden, dass die anstehenden Beratungen und Entscheidungen daraus zu erkennen sind[408]. Die Tagesordnung wird grundsätzlich vom Vorsitzenden festgesetzt, wobei diesem ein Gestaltungsspielraum zukommt. Allerdings kann eine qualifizierte Minderheit an Gemeindevertretern – das Quorum variiert länderweise – die Aufnahme einen Gegenstandes auf die Tagesordnung verlangen[409]. Daneben sind in vielen Ländern auch andere Organisationseinheiten wie z.B. bestimmte Ausschüsse, Fraktionen oder der Bürgermeister vorschlagsberechtigt[410]. In einigen Ländern dürfen nur solche Gegenstände auf die Tagesordnung gesetzt werden, die zum Aufgabengebiet der Gemeinde gehören[411]. In den übrigen Bundesländern ist streitig, ob dem Vorsitzenden des Gemeinderates bei der Festsetzung der Tagesordnungsgegenstände eine materielle Verwerfungskompetenz zukommt, wenn es um Materien geht, die außerhalb der Verbandszuständigkeit der Gemeinden liegen[412]. Der Wortlaut der Gemeindeordnungen spricht gegen eine solche Verwerfungskompetenz, da diese den Vorsitzenden beim Vorliegen bestimmter Mindestanforderungen (wie z.B. der fristgerechten Einreichung der Anträge) zur Aufnahme verpflichten. Die Verwerfungskompetenz obliegt daher nicht dem Vorsitzenden, sondern dem Gemeinderat selbst[413], der damit Tagesordnungspunkte noch zu Beginn seiner Sitzung von der Tagesordnung streichen kann.

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Der Gemeinderat kann nur dann formell rechtmäßige Beschlüsse fassen, wenn er beschlussfähig ist, wozu die Anwesenheit eines bestimmten Mitgliederquorums verlangt wird[414]. Während der Sitzung werden die Verhandlungsgegenstände beraten und bei Entscheidungsreife und -notwendigkeit entschieden. Wann eine Mehrheit vorliegt, insbesondere wie mit Enthaltungen zu verfahren ist, regelt üblicherweise das Gesetz[415]. Der Form nach stehen dem Gemeinderat bei Verfahrens- und Sachfragen die Abstimmung (Beschluss) und bei Personalauswahlentscheidungen die Wahl zur Verfügung.

d) Organzuständigkeiten

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Insoweit lässt sich differenzieren zwischen unübertragbaren Vorbehaltsaufgaben des Gemeinderates, übertragbaren Entscheidungszuständigkeiten mir Rückholrecht, delegierten Entscheidungszuständigkeiten mit Vorbehaltsermächtigung sowie unentziehbaren Vorbehaltsaufgaben anderer Organe, speziell des Bürgermeisters.

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In allen Gemeindeordnungen finden sich Regelungen, welche dem Gemeinderat die Entscheidung über bestimmte Angelegenheiten vorbehalten, so dass er diese nicht auf den Bürgermeister oder auf Ausschüsse delegieren kann[416]. Wenngleich sich die Kataloge im Einzelnen unterscheiden, betreffen die Vorbehaltsaufgaben des Gemeinderates immer Erlass, Änderung und Aufhebung von Satzungen und sonstigem Ortsrecht, die Wahl der Ausschussmitglieder, die Festlegung allgemeiner Grundsätze, nach denen die Verwaltung geführt werden soll, die Beschlussfassung über den Gemeindehaushalt und den Jahresabschluss sowie die Beschlussfassung über die Errichtung, Übernahme, Erweiterung, Einschränkung, Umwandlung und Auflösung von Wirtschaftsunternehmen und Sondervermögen der Gemeinde[417].

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Im Übrigen kann der Gemeinderat zum einen bestimmte Angelegenheiten allgemein oder im Einzelfall auf ein anderes Organ oder Unterorgan übertragen. Hierzu räumen manche Gemeindeordnungen der Gemeindevertretung eine Primärzuständigkeit mit der ausdrücklichen Möglichkeit der Delegation ein[418]. Zum anderen wird darüber hinaus in einigen Kommunalverfassungen die Zuständigkeit eines anderen Organs, nämlich des Bürgermeisters, fingiert und zugleich die Ermächtigung des Gemeinderats statuiert, die Zuständigkeit an sich zu ziehen[419]. Das Verhältnis der Kompetenzen ist also in diesen beiden Fällen umgekehrt.

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Schließlich existiert ein Zuständigkeitsbereich, der exklusiv anderen Organen, vor allem dem Bürgermeister, vorbehalten ist. Auf diese Kompetenzen kann der Gemeinderat weder Einfluss nehmen noch sie verbindlich wahrnehmen[420]. Für die Bestimmung dieser unentziehbaren Vorbehaltsaufgaben anderer Organe muss das jeweilige Landesrecht herangezogen werden. Die meisten Gemeindeordnungen übertragen dem Bürgermeister die Zuständigkeit für die Geschäfte der laufenden Verwaltung, die Verwaltungsleitung und die Vertretungsmacht, Dringlichkeitsentscheidungen sowie das Recht, Beschlüssen des Gemeinderates zu widersprechen bzw. sie zu beanstanden.

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Bei den Aufgaben des Gemeinderates liegt der Akzent auf der Entscheidungszuständigkeit. Zur Vorbereitung und Durchführung von Beschlüssen ist der Gemeinderat auf die Gemeindeverwaltung angewiesen, die dem Bürgermeister untersteht[421]. Der Bürgermeister ist beim Vollzug der Gemeinderatsbeschlüsse aber keineswegs völlig frei, sondern wird dabei von der Vertretung überwacht. Die Gemeindeordnungen räumen dem Gemeinderat diesbezüglich Kontrollzuständigkeiten ein. Gleichermaßen erfasst werden die dem Bürgermeister zugewiesenen Entscheidungskompetenzen. Um die Kontrollaufgabe wahrnehmen zu können, sehen die Kommunalverfassungen eine Reihe von Informations- und Auskunftsrechten der Gemeindevertreter und umgekehrt von Berichts- und Auskunftspflichten des Bürgermeisters vor. So ist der Gemeinderat durch den Bürgermeister über alle wichtigen Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zu unterrichten ist[422]. Der Bürgermeister ist darüber hinaus verpflichtet, einem Gemeindevertreter oder einer hinreichenden Anzahl auf Verlangen Auskunft zu erteilen oder zu einem Tagesordnungspunkt Stellung zu nehmen[423].

2. Bürgermeister

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Dem aus ehrenamtlich tätigen Mitgliedern zusammengesetzten Organ „Gemeinderat“ stellen nahezu alle Kommunalordnungen einen Hauptverwaltungsbeamten als zweites Organ gegenüber. Im Unterschied zum Kollegialorgan Gemeinderat ist der Bürgermeister ein monokratisches Organ, d.h. dass nur eine Person als Organwalter fungiert. Eine Ausnahme gilt diesbezüglich für Hessen, wo das zweite Gemeindeorgan in der Tradition der Magistratsverfassung ebenfalls kollegial organisiert ist[424]. Dieser sog. Gemeindevorstand besteht aus dem direkt gewählten[425] Bürgermeister als Vorsitzendem, dem Ersten Beigeordneten und weiteren Beigeordneten, die vom Gemeinderat gewählt werden[426]. Der Gemeindevorstand ist die Verwaltungsbehörde der Gemeinde und besorgt nach den Beschlüssen des Gemeinderates im Rahmen der bereitgestellten Mittel die laufende Verwaltung der Gemeinde[427]. Er vertritt ferner die Gemeinde nach außen[428] und nimmt damit die Aufgaben wahr, die in den anderen Ländern dem Bürgermeister obliegen[429].

a) Status

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Bürgermeister sind kommunale Wahlbeamte[430]. Sie werden in allen Bundesländern von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt[431]. Die Wahl des Bürgermeisters erfolgt mancherorts im Verbund mit der Wahl zum Gemeinderat, in anderen Ländern unabhängig von den Gemeinderatswahlen und unter Umständen auch mit abweichender Amtsdauer. Die erste Alternative soll einen „stärkeren politischen Gleichklang zwischen beiden Organen“ befördern[432], die zweite Alternative gerade umgekehrt die politische Unabhängigkeit des Bürgermeisters stärken[433].

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Bürgermeister werden zu (hauptamtlichen) Beamten auf Zeit ernannt, für die vorbehaltlich von Sonderregelungen[434] das reguläre Beamtenrecht gilt[435]. Unterhalb einer verschieden bestimmten Mindestgröße sehen die Gemeindeordnungen einiger Bundesländer den ehrenamtlichen Bürgermeister vor. Er hat die Stellung eines Ehrenbeamten[436], was ebenfalls grundsätzlich die Anwendung des allgemeinen Beamtenrechts nach sich zieht. Wählbar sind grundsätzlich Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG und Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union[437]. Die Wählbarkeit von EU-Ausländern ist allerdings in Bayern ausgeschlossen[438]. Von Bedeutung ist darüber hinaus die in vielen Gemeindeordnungen vorgesehene Höchstaltersgrenze, die in Sachsen bei 65 Jahren und z.B in Niedersachsen bei 67 Jahren liegt[439]. Höchstaltersgrenzen müssen vor Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG Bestand haben, was angesichts einer Gesellschaft, die immer älter wird, dabei aber jedenfalls so leistungsfähig bleibt, dass das Renteneintrittsalter heraufgesetzt worden ist, zunehmend mehr Begründungsaufwand kostet, zumal entsprechende Regelungen etwa für den Bundeskanzler und die Bundesminister nicht bestehen[440]. Das Bundesverfassungsgericht hat aber u.a. die Höchstaltersgrenze im brandenburgischen Kommunalwahlgesetz im Jahre 1994 für verfassungsmäßig gehalten[441].

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Eine Möglichkeit zur Abwahl des Bürgermeisters vor Ablauf seiner Amtszeit ist in den meisten Ländern vorgesehen (nicht jedoch in Bayern und Baden-Württemberg). Sowohl die Einleitung des Abwahlverfahrens als auch die Abwahlentscheidung setzen grundsätzlich hohe Quoren voraus: In Nordrhein-Westfalen bedarf es zur Einleitung des Abwahlverfahrens eines von mindestens der Hälfte der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder gestellten Antrags und eines mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder zu fassenden Beschlusses[442]. Die niedersächsische Kommunalverfassung verlangt für die Abwahlentscheidung sogar einen Beschluss von drei Vierteln der Ratsmitglieder[443]. Im Rahmen der Diskussion um die Stärkung bürgerschaftlicher Mitwirkung durch plebiszitäre Elemente kann auch die Einführung einer Abwahl des Bürgermeisters durch das Gemeindevolk erwogen werden[444].

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