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1. Gewerbesteuer

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Bei der Gewerbesteuer handelt es sich um eine wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle i.S.v. Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG. Mit einem Aufkommen von 55,4 Milliarden Euro in 2019 ist sie die wichtigste originäre Einnahmequelle der Kommunen zur Bestreitung ihrer öffentlichen Ausgaben[709].

Die Gewerbesteuer wurde bereits 1810 im Zusammenhang mit den Stein/Hardenberg‚schen Reformen eingeführt und schon 1820 hatte sie eine der heutigen Gewerbesteuer sehr ähnliche Gestalt[710]. Geprägt ist sie aufgrund dieser Tradition vor allem durch das Äquivalenzprinzip; ob dieses aber auch heute noch als pauschale Rechtfertigung insgesamt akzeptiert werden kann, ist umstritten[711]. Das Bundesverfassungsgericht bejaht die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer[712], die Diskussion um die Gewerbesteuer besteht jedoch ungehindert fort[713]. Das letzte Reformvorhaben, für das eine Gemeindefinanzkommission eingerichtet wurde, scheiterte im Juni 2011. Bund, Länder und Kommunen konnten sich nicht auf eine gemeinsame Position für die abschließende Kommissionssitzung einigen. Die Kommission sollte Wege prüfen, um die stete Finanznot der Städte und Gemeinden auf Dauer zu verringern. Geplant war der Ersatz der Gewerbesteuer durch eine andere, weniger konjunkturanfällige Geldquelle[714].

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Als Realsteuer knüpft die Gewerbesteuer an den Gewerbebetrieb an, nicht an den Betriebsinhaber. Steuergegenstand ist gemäß § 2 Abs. 1 GewStG jeder im Inland betriebene stehende Gewerbebetrieb. Für den Reisegewerbebetrieb bestehen Sonderregelungen in § 35a GewStG und § 35 GewStDV. Eine Legaldefinition des Gewerbebetriebs ist in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG enthalten, auf die in § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG verwiesen wird. Steuerbefreiungen sind in § 3 GewStG enthalten, die weitestgehend denjenigen des § 5 KStG entsprechen, aber auch darüber hinausgehen.

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Steuerschuldner ist der Unternehmer, für dessen Rechnung das Gewerbe tatsächlich betrieben wird (§ 5 GewStG). Auch eine Personengesellschaft kann Steuerschuldner sein (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG).

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Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag (§ 7 GewStG), der auf dem nach den Vorschriften des EStG/KStG ermittelten Gewinn basiert. Durch besondere Hinzurechnungen und Kürzungen (§§ 8 und 9 GewStG) soll diese Größe so korrigiert werden, dass die objektivierte Ertragskraft eines Betriebes erfasst wird[715].

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Ausgehend vom Gewerbeertrag wird der Steuermessbetrag gemäß § 11 GewStG ermittelt und nach § 14 GewStG, § 184 AO festgesetzt (Gewerbesteuermessbescheid). An diesem Verfahren der Finanzämter sind die Gemeinden nicht beteiligt; sie sind an den Gewerbesteuermessbescheid als Grundlagenbescheid i.S.v. § 182 AO gebunden. Für den nicht seltenen Fall, dass ein Gewerbebetrieb mehrere Betriebstätten in verschiedenen Gemeinden hat oder sich eine Betriebstätte über mehrere Gemeinden erstreckt, wird der Messbetrag in Anteile zerlegt, die auf die einzelnen Gemeinden entfallen[716]. Die Gemeinde wendet auf den Steuermessbetrag nun ihren Hebesatz an und setzt die so ermittelte Gewerbesteuer fest (§ 16 GewStG).

Seit dem 1. Januar 2004 sind Gemeinden nach §§ 1, 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG verpflichtet, Gewerbesteuern zu einem Mindesthebesatz von 200% zu erheben. Zuvor stand es den Gemeinden frei, jeden beliebigen Hebesatz festzusetzen, also auch durch eine Festsetzung des Hebesatzes auf Null von der Erhebung der Gewerbesteuer gänzlich abzusehen. Das Bundesverfassungsgericht hat 2010 entschieden, dass die Verpflichtung der Gemeinden zur Erhebung eines Mindesthebesatzes verfassungsgemäß ist[717].

2. Grundsteuer

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Die Grundsteuer ist eine der ältesten Formen der direkten Besteuerung, ein reichs- bzw. bundeseinheitliches Grundsteuergesetz gibt es aber erst seit 1936[718]. Als Realsteuer bezieht sie sich auf die Beschaffenheit und den Wert eines Grundstücks; auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Eigentümers und den Ertrag des Grundstücks kommt es nicht an. „Die Grundsteuer entspricht […] in besonderem Maße dem Äquivalenzgedanken, wonach zwischen den Leistungen der Gemeinde für die Daseinsvorsorge und dem Grundsteueraufkommen ein enger Zusammenhang besteht“ [719].

Die Rechtfertigung der Grundsteuer wird immer wieder diskutiert[720], auch Reformversuche waren nicht selten und sind in letzter Zeit aufgrund der Vorlagen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. Oktober 2014[721] und 17. Dezember 2014[722] beim Bundesverfassungsgericht, die mittlerweile entschieden sind, aktueller denn je[723]. Bereits in seinen Urteilen vom 30. Juni 2010[724] hatte der BFH eine allgemeine Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer für erforderlich gehalten und darauf hingewiesen, dass das weitere Unterbleiben einer solchen Neubewertung mit verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG, nicht vereinbar sei. Dennoch entschied er, dass die Einheitsbewertung des Grundvermögens für Bewertungsstichtage bis zum 1. Januar 2007 noch verfassungskonform sei. Mit seinen Beschlüssen vom 22. Oktober 2014 und 17. Dezember 2014 stellt der BFH nun klar, dass er in der Einheitsbewertung des Grundvermögens ab dem Bewertungsstichtag des 1. Januar 208 einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sieht. Neben den Richtervorlagen sind u.a. auch zwei Verfassungsbeschwerden zu dieser Frage beim Bundesverfassungsgericht anhängig[725]. Anfang des Jahres 2011 hat sich der Wissenschaftliche Beirat beim BMF in seiner Stellungnahme zur Grundsteuerreform für die Abschaffung des bisherigen Einheitswertverfahrens und eine Beibehaltung des Hebesatzrechts ausgesprochen[726]. Der Bundesrat hat am 4. November 2016 einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Bewertungsgesetzes beschlossen, in dem der Kostenwert als Bewertungsmaßstab festgelegt wird[727]. Zudem soll durch eine Grundgesetzänderung die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes abgesichert und den Ländern die Möglichkeit zur Festlegung eigener Steuermesszahlen gegeben werden[728]. Mit Urteil vom 10. April 2018 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Grundsteuer wegen Gleichheitsverstößen auf Ebene der Bemessungsgrundlage verfassungswidrig sei. Die unterschiedlichen und veralteten Bewertungsregeln führten dazu, dass sich der Belastungsgrund der Steuer im Verhältnis verschiedener Grundstücke zueinander nicht realitätsgericht abbildete.[729] Mit Gesetz vom 30.11.2019 wurde ein neues Konzept implementiert, bei dem für die Länder die Möglichkeit der Abweichung besteht.

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Steuergegenstand ist der im Gebiet einer Kommune belegene Grundbesitz, wobei zwischen Grundstücken der Land- und Forstwirtschaft und übrigen Grundstücken unterschieden wird (vgl. § 2 BewG). Unter Grundstücken wird die wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens verstanden, wozu Grund und Boden, Gebäude, sonstige Bestandteile und das Zubehör gehören. Auch Erbbaurechte, Gebäude auf fremdem Grund und Boden, Wohnungseigentum, Teileigentum, Teilerbbaurecht und das Wohnungserbbaurecht sind Steuergegenstände[730]. Bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft unterliegt das land- und forstwirtschaftliche Vermögen der Grundsteuer, wozu alle Wirtschaftsgüter gehören, die einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dauernd zu dienen bestimmt sind[731].

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Steuerschuldner ist derjenige, dem die wirtschaftliche Einheit des Grundbesitzes zugerechnet wird. Regelmäßig ist dies der bürgerlich-rechtliche Eigentümer, im Falle anderen wirtschaftlichen Eigentums tritt der wirtschaftliche Eigentümer an dessen Stelle.

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Die Grundsteuer wird in selbstständigen, aufeinander folgenden Verfahrensstufen ermittelt. Zunächst erfolgt das Einheitswertverfahren, sodann das auf den Einheitswert aufbauende Steuermessbetragsverfahren und zuletzt das auf den Steuermessbetrag aufbauende Grundsteuerfestsetzungsverfahren. Für die Feststellung des Einheitswertes und des Steuermessbetrages (Promillesatz des Einheitswertes, festgelegt in §§ 14, 15 GrStG) ist das Finanzamt zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich das Grundstück liegt. Die Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer einschließlich der Stundung oder des Erlasses obliegen der Gemeinde, in der das Grundstück liegt. Im Rahmen des Erlasses des Grundsteuerbescheides ist die Gemeinde an den Inhalt der Grundlagenbescheide gebunden. Sie hat folglich hinsichtlich des Inhalts des durch das Finanzamt erlassenen Einheitswertbescheides und des Grundsteuermessbescheids weder eine Prüfungspflicht noch ein Prüfungsrecht[732]. Die Gemeinde errechnet lediglich die konkrete Steuerschuld durch Anwendung des für das Gemeindegebiet geltenden Hebesatzes auf den im Steuermessbescheid ausgewiesenen Messbetrag (§ 25 Abs. 1, § 27 Abs. 1 GrStG).

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Befreiungen von der Grundsteuerpflicht sind nach §§ 3 bis 8 GrStG möglich, wobei zwischen Befreiungstatbeständen für Grundbesitz bestimmter Rechtsträger und solchen in Abhängigkeit der Nutzung unterscheiden werden kann. Im Prinzip gelten die Befreiungen für solchen Grundbesitz, bei dem eine kommerzielle Nutzung ausgeschlossen erscheint[733]. Daneben ist auch ein Grundsteuererlass aus Rechts- und Billigkeitsgründen nach §§ 32 und 33 GrStG möglich, der neben die allgemeine Erlassbefugnis der Gemeinden nach § 227 AO tritt.

IV. Örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern

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Die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern werden auch als „kleine Gemeindesteuern“[734] oder „kommunale Bagatellsteuern“ bezeichnet. Dadurch soll zum Ausdruck gebracht werden, dass ihr Steueraufkommen nur einen geringen Anteil an den Gesamteinnahmen der Kommunen wie auch am staatlichen Gesamtsteueraufkommen ausmacht[735]. Die Kritik liegt nahe, diese Steuerarten seien aus fiskalischer Sicht unrentable, weil unergiebige Einnahmequellen. Auf ordnungspolitischer Ebene wird die Zwecktauglichkeit der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern entsprechend in Frage gestellt[736]. Die Ambivalenz einer derartigen Argumentation wird deutlich, berücksichtigt man, dass das vergleichsweise unbedeutende Aufkommen gerade für eine Beibehaltung sprechen mag, da zum einen mögliche steuersystematische Mängel kaum ins Gewicht fallen[737], zum anderen diese Einnahmen in Zeiten stagnierender oder rückläufiger Steuereinnahmen einen geringen, aber dennoch unverzichtbaren Beitrag zur Finanzierung des Gemeindehaushalts leisten können[738]. Auch kommunalpolitische Gründe streiten für die Beibehaltung der kleinen Gemeindesteuern: Sie stellen ein wirksames Gegengewicht zu der Konzentration der Steuerrechtsetzungskompetenzen beim Bund[739] dar und begegnen so einer ausschließlichen finanziellen Abhängigkeit der Gemeinden von Land und Bund[740]. Die Städte und Gemeinden erhalten so auch auf der Einnahmenseite ihres Haushalts Gestaltungsmöglichkeiten und können insoweit ein Stück Finanzautonomie im besten Wortsinn zu verwirklichen suchen[741]. Schließlich ist anzuführen, dass die kommunalen Verbrauch- und Aufwandsteuern oftmals als Lenkungsinstrumente der Gemeinden fungieren[742]. Der Abbau der „Bagatellsteuern“ würde somit auch einen Verlust an Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung der Lebens- und Wirtschaftsbedingungen innerhalb der Gemeinde mit sich bringen[743]. Steuersysteme sind keine rational am „Reißbrett“ durchkonstruierten Normenkomplexe, sondern unter vielfältigen Einflussfaktoren gewachsene Gebilde, die einen Ausgleich unterschiedlicher – nicht nur fiskalischer – Interessen zum Ausdruck bringen.

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Örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern knüpfen an lokale Gegebenheiten an und begründen eine Steuerpflicht für bestimmte Arten der Einkommensverwendung des persönlichen Bedarfs[744]. Steuersystematisch handelt es sich um umsatzsteuerähnliche Abgaben, die den privaten Konsum belasten[745]. Damit wird die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners erfasst[746]. Für das Kriterium der Örtlichkeit ist entscheidend, ob der Steuertatbestand im Hoheitsbereich der Gemeinde verwirklicht wird[747]. „Örtlich“ in der geltenden Fassung des Art. 105 Abs. 2a GG meint nichts anderes als „örtliche Steuern“, Steuern mit örtlich radiziertem oder bedingtem Wirkungskreis im Sinne der Vorgängerbestimmung[748].

1. Gesetzgebungskompetenz

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Für die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern überträgt Art. 105 Abs. 2a GG die ausschließliche[749] Gesetzgebungszuständigkeit auf die Länder unter der Einschränkung, dass diese bundesrechtlich geregelten Steuern nicht gleichartig sein dürfen. Das Merkmal der Gleichartigkeit dient dabei nicht der Zuständigkeitsrückverweisung an den Bund, sondern stellt klar, dass bei vorliegender Gleichartigkeit eine Gesetzgebungskompetenz weder auf Seiten des Bundes noch auf Landesebene besteht[750]. Gleichartigkeit und Örtlichkeit als Kriterien der Kompetenzbestimmung dürfen nicht miteinander vermengt werden[751]. Das Merkmal „gleichartig“ wird dabei enger verstanden als bei Art. 105 Abs. 2 GG[752] mit der Folge, dass die bestehenden, herkömmlich landesrechtlich geregelten örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuer, unabhängig vom Ergebnis einer Prüfung, nicht dem Gleichartigkeitsverbot unterfallen[753] sollen. Mit Einführung des Art. 105 Abs. 2a GG beabsichtigte der Gesetzgeber[754], jedenfalls die zum 1. Januar 1970 anerkannten Verbrauch- und Aufwandsteuern als Einnahmequellen der Gemeinden unangetastet zu lassen. Insoweit ist Art. 105 Abs. 2a GG restriktiv auszulegen[755].

2. Kein Steuererfindungsrecht der Gemeinden

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Art. 28 Abs. 2 GG garantiert den Gemeinden verfassungsrechtlich, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Dazu zählen auch die Gewährleistung der Finanz- und Ertragshoheit[756], im Rahmen derer die Kommunen aus eigenem Recht ihre Einwohner an den Kosten für die Erfüllung von Gemeinschaftsaufgaben beteiligen dürfen[757]. Gleichzeitig formuliert Art. 28 Abs. 2 GG jedoch kein originäres Steuererhebungsrecht als solches[758]. Ebenso wenig räumt Art. 105 GG den Gemeinden eine eigenständige, gesetzesunabhängige Besteuerungsgewalt ein[759]. Die Steuergesetzgebungshoheit spiegelt vielmehr den grundsätzlich zweistufigen Aufbau von Bundesstaatlichkeit und Finanzverfassung wider: Die notwendige einfachgesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur konkreten Ausformung der Verfassungsgarantie findet sich in den Kommunalabgabengesetzen der Länder[760]. Sie räumen den Gemeinden einen Bereich ein, innerhalb dessen diese mittels ihrer kommunalen Satzungsautonomie in begrenztem Umfang Kommunalsteuern einführen dürfen. Insofern kann von einem durch den gesetzlichen Ermächtigungsrahmen begrenzten Steuerfindungsrecht gesprochen werden, soweit die landesrechtlichen Bestimmungen einerseits keine Verbote für die Erhebung bestimmter Steuern enthalten, andererseits die notwendigen formal-gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen zur Verfügung stellen[761]. Kommunale Steuerautonomie kann stets nur im landesrechtlichen formell-gesetzlichen Rahmen gedacht werden[762]. Die Kommunen selbst sind mangels förmlicher Gesetzgebungskompetenz nicht in der Lage, eigene Ermächtigungsgrundlagen zur Steuererhebung zu schaffen[763].

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Daneben können die Länder auch verfahrensrechtliche Einschränkungen vorsehen, indem sie beispielsweise die Steuersatzungshoheit an spezielle Genehmigungspflichten binden[764]. Allerdings unterliegen auch diese landesrechtlichen Einschränkungsmöglichkeiten der kommunalen Steuerautonomie ihrerseits verfassungsrechtlichen Schranken aus der Garantie kommunaler Selbstverwaltung, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit[765]. Der Gesetzgeber darf das Selbstverwaltungsrecht nicht in einer Weise beschränken, dass dieses faktisch ausgehöhlt wird[766]. Es bedarf einer Güterabwägung zwischen dem geschützten Selbstverwaltungsrecht und den durch die Begrenzung geschützten übergeordneten – d.h. regelmäßig überörtlichen – Interessen[767]. Dabei ist es insbesondere als unzulässig zu erachten, wenn die Gemeinde darauf verwiesen würde, ihren Finanzbedarf ausschließlich über Finanzzuweisungen zu decken und sich somit in die vollständige materielle Abhängigkeit der zuweisenden Körperschaft zu begeben, sich jeglicher Gestaltungsmöglichkeiten bei der Einnahmeerzielung zu entäußern[768]. Die Selbstverwaltungsgarantie impliziert mithin in ihrem Teilelement der kommunalen Steuerautonomie das Recht der Gemeinden, entsprechende Finanzquellen im Rahmen der landesrechtlichen Ermächtigung eigenverantwortlich ausschöpfen zu können[769].

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Darüber hinaus ist auch hier Art. 105 Abs. 2a GG stets als Grenze zu beachten[770], wonach die kommunale Steuerautonomie nur dann greift, soweit die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern bundesrechtlich geregelten Steuern nicht gleichartig sind. Dadurch soll die Einführung neuer Verbrauch- und Aufwandsteuern, die als solche noch nicht zum Kreis der historisch gewachsenen Steuern gehören, jedoch nicht ausgeschlossen werden[771]. Vielmehr greift die Gleichartigkeitsklausel nur in Ausnahmenfällen, nämlich dann, wenn, ausgehend vom Steuertatbestand[772], in wesentlichen Steuermerkmalen und den damit einhergehenden wirtschaftlichen Auswirkungen eine Kollisionslage mit bundesrechtlichen Steuern besteht[773]. Damit ist der Maßstab der Prüfung der Gleichartigkeit im Rahmen von Art. 105 Abs. 2a GG weniger streng als bei Art. 105 Abs. 2 i.V. mit Art. 72 Abs. 1 GG[774]. Als maßgebliche Kriterien sind dabei von der Rechtsprechung bisher anerkannt worden: Steuergegenstand, Steuermaßstab, Bemessungsgrundlage, Steuerschuldner, Quelle der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, wirtschaftliche Auswirkungen und Erhebungstechnik[775], ohne dass jedoch dieser Katalog Abschluss- oder Ausschließlichkeitscharakter entfaltet. Methodisch handelt es sich um einen wertenden, typologischen Vergleich. Das Merkmal der Gleichartigkeit ist mithin als materiell-rechtliche Einschränkung einer ansonsten umfassenden Gesetzgebungsbefugnis für Aufwand- und Verbrauchsteuern sowohl des Landesgesetzgebers[776], als auch der ermächtigten Gemeinden selbst zu verstehen.

3. Örtliche Aufwandsteuern

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Bei der Aufwandsteuer handelt es sich um eine Art „Luxusbesteuerung“[777] hinsichtlich der Art der Einkommensverwendung, die nicht im Verbrauch eines Guts besteht[778]. Aufwandsteuern knüpfen an das Halten eines Gegenstandes oder an einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand an[779]. In Abgrenzung zur Verbrauchsteuer ist bei der Aufwandsteuer grundsätzlich der Aufwandtreibende mit der Person des Steuerschuldners identisch, die Aufwandsteuer kann als direkte Steuer charakterisiert werden[780]. Ziel der Besteuerung ist es, die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende besondere Leistungsfähigkeit steuerlich zu erfassen[781]. Als Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit wird dabei der konkrete Konsum herangezogen[782], wobei Pauschalierungen und widerlegbare Vermutungsregelungen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung zulässig sind[783].

a) Vergnügungsteuer, insbesondere Spielautomatensteuer

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Die Vergnügungsteuer zählt zu den „herkömmlichen“ gemeindlichen Steuern[784]. Sie ist als Zwecksteuer zur Finanzierung des Armenwesens aufgekommen und wurde zunächst in den mittelalterlichen Städten als Abgabe auf Glücksspiele eingeführt, bevor sie ab dem 17./18. Jahrhundert auch auf andere öffentliche „Belustigungen“ ausgedehnt wurde. Es folgten Spezialvorschriften zur Besteuerung von Billards, Kegelbahnen, Bällen, Maskeraden, Schaustellungen, Theater, Konzerten und ähnlichen Vergnügungen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Gemeinden angesichts der Finanznot zur Erhebung einer Vergnügungsteuer verpflichtet. In den 30er Jahren des 20. Jh. gewann vorübergehend die „Kinosteuer“ an Bedeutung[785]. Die Vergnügungsteuer beruht auf dem allgemeinen Gedanken, dass derjenige, der sich ein Vergnügen leistet, wegen der darin zum Ausdruck kommenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu einer zusätzlichen Abgabe für die Allgemeinheit herangezogen werden darf[786]. Inzwischen wird in vielen Ländern keine allgemeine Vergnügungsteuer mehr erhoben[787]; außer in Bayern können in allen Ländern Spielautomaten besteuert werden[788].

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Die Vergnügungsteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer. Besteuert wird die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit[789]. Erhoben wird sie allerdings bei dem Veranstalter des Vergnügens[790], der sie auf die sich Vergnügenden abwälzt[791]. Als herkömmliche Aufwandsteuer[792] ist die Vergnügungsteuer nicht an dem Gleichartigkeitsverbot zu messen[793], sie ist insofern von vornherein bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht „gleichartig“ i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG[794]. Wie oben bereits ausgeführt sollte mit der Einfügung des Gleichartigkeitsverbots die Befugnis der Länder zur Regelung der herkömmlichen, d.h. jedenfalls der bei Inkrafttreten des Finanzreformgesetzes am 1. Januar 1970 üblicherweise bestehenden örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern nicht berührt werden[795].

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Rechtsgrundlage zur Erhebung der Vergnügungsteuer bilden die auf dem jeweiligen Vergnügungsteuergesetz[796] bzw. Kommunalabgabengesetz[797] beruhenden kommunalen Satzungen. In der Regel wird nicht der Begriff des „Vergnügens“ definiert, sondern es findet sich ein Katalog von Veranstaltungen, auf die eine Steuer erhoben wird. Der Besteuerung unterliegen etwa Tanzveranstaltungen gewerblicher Art, Schönheitstänze und Darbietungen ähnlicher Art, sportliche Veranstaltungen, die berufs- oder gewerbsmäßig betrieben werden, gewerbliche Filmvorführungen, das Ausspielen von Geld- oder Sachwerten in Spielclubs, Spielkasinos und ähnlichen Einrichtungen, das Halten von Musik-, Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen, in Gast- oder Schankwirtschaften, Vereins-, Kantinen- oder ähnlichen Räumen sowie an sonstigen der Öffentlichkeit zugänglichen Orten[798]. Von der Steuer befreit sind regelmäßig Veranstaltungen von Religionsgemeinschaften, Veranstaltungen, deren Ertrag ausschließlich und unmittelbar zu mildtätigen, kirchlichen oder sonstigen gemeinnützigen Zwecken verwendet wird, Filmvorführungen, bei denen Filme gezeigt werden, die von der durch die Landesregierung bestimmten Stelle als „wertvoll“ oder als „besonders wertvoll“ anerkannt worden sind und Volksbelustigungen der auf Jahrmärkten, Kirmessen, Kirchweihfesten und ähnlichen Veranstaltungen üblichen Art[799]. Die Steuer wird erhoben als Kartensteuer, wenn die Teilnahme an der Veranstaltung von der Lösung von Eintrittskarten oder sonstigen Ausweisen abhängig gemacht wird, als Pauschsteuer, wenn die Veranstaltung ohne Eintrittskarte oder sonstigen Ausweis zugänglich ist, wenn die Besteuerung in Form der Kartensteuer nicht hinreichend überwacht werden kann oder wenn die Pauschsteuer höher als die Kartensteuer ist[800]. Die Kartensteuer wird nach Preis und Zahl der ausgegebenen Karten berechnet, wobei unentgeltlich ausgegebene Karten unberücksichtigt bleiben[801]. Die Pauschsteuer kann je nach Steuergegenstand regelmäßig nach Roheinnahme, nach Apparaten oder nach der Größe des benutzten Raumes berechnet werden[802].

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Besondere Bedeutung hat die Spielautomatensteuer[803]. Zwar wurden bereits kurz nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland Zweifel an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Spielgerätesteuer geäußert[804], doch die Einordnung als Verbrauch- oder Verkehrssteuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis im Sinne des Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG (in der damaligen Fassung) im Rahmen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Mai 1962[805] beruhigte diesen Streit. Auch in der Entscheidung vom 4. Februar 2009[806] stellt das Bundesverfassungsgericht klar, dass die Spielgerätesteuer als Aufwandsteuer in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt. Das BVerwG hat sich dem angeschlossen und sieht die Spielgerätesteuer ebenfalls als zulässige örtliche Aufwandsteuer an[807]. Die Spielautomatensteuer ist (auch) Lenkungsteuer: Sie dient neben der Einnahmenbeschaffung auch der Bekämpfung der Spielsucht und deren Folgen[808]. Rechtsgrundlage zur Erhebung der Spielautomatensteuer bilden die auf dem jeweiligen Vergnügungsteuergesetz bzw. Kommunalabgabengesetz beruhenden kommunalen Satzungen. Auch das Kommunalabgabengesetz, das lediglich Art. 105 Abs. 2a GG wiederholt, d.h. nicht Steuergegenstand und Steuerbemessung konkret festlegt, genügt dem Bestimmtheitserfordernis[809].

Mittlerweile hat sich auch der EuGH nach einer Vorlage vom FG Hamburg[810] zur Besteuerung von Spielautomaten geäußert und festgestellt, dass die Besteuerungspraxis in Deutschland, wonach der Umsatz von Spielautomaten sowohl mit der Umsatzsteuer als auch mit der Vergnügungsteuer belegt wird, europarechtskonform ist. Der EuGH sah die Vergnügungsteuer nicht als umsatzsteuerähnlich an und verneinte daher einen Verstoß gegen Art. 401 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie[811]. Das Bundesverwaltungsgericht hat zudem im Anschluss an ein Urteil des EuGH[812] zu der Vereinbarkeit von ungarischen Spielgerätesteuern mit der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV konkretisiert, dass eine Beschränkung von Art. 56 AEUV nur dann vorliege, wenn die an sich diskriminierungsfreie Vergnüngsteuer aufgrund ihrer Höhe einem Betriebsverbot gleichkomme[813].

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Besteuert werden Spielautomaten (Unterhaltungs- und Gewinnspielgeräte sowie Spieleinrichtungen ähnlicher Art) in Gaststätten-, Vereins- und ähnlichen Räumen sowie in Spielhallen.

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Erhoben wird die Steuer bei dem Aufsteller (Spielhallenbetreiber, Gastwirt). Zwar kann die Steuer zur Vereinfachung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben werden, allerdings muss – da mit der Vergnügungsteuer die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuert werden soll – die Steuer letztlich von demjenigen getragen werden, der sich vergnügt und damit den von der Steuer erfassten Aufwand betreibt[814]. Denn allein in dem Spieleinsatz ist ein zu besteuernder Vermögensaufwand zu erblicken[815]. In diesem Zusammenhang verweist das Bundesverfassungsgericht darauf, dass nicht sichergestellt sein muss, dass der Automatenaufsteller den von ihm entrichteten Betrag immer von der Person erhält, die die Steuerlast tragen soll. Erforderlich ist daher nicht, dass eine Steuererhöhung durch eine entsprechende Erhöhung des Spielereinsatzes ausgeglichen werden kann[816]. Es genügt vielmehr die Möglichkeit einer „kalkulatorischen Überwälzung“ in dem Sinne, dass „der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen – Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten – treffen kann. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den eigentlichen Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt“[817]. Diese Voraussetzung sei zumindest so lange gegeben, wie der Spieleinsatz nicht nur den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb des Spielgeräts deckt, sondern in der Regel sogar noch Gewinn abwirft[818]. Allerdings kann eine sprunghafte Steuererhöhung unverhältnismäßig sein, wenn es dem Aufsteller nicht möglich ist, die Abwälzung mit zumutbaren Mitteln in der kurzen Zeit sicherzustellen, sodass er gezwungen wäre seine Berufstätigkeit zeitweise einzustellen oder diese nur unter unzumutbaren Bedingungen fortführen könnte. Es bedarf in diesem Fall zur Wahrung der Verfassungsmäßigkeit einer angemessenen Übergangsfrist[819].

Aufgrund der in den letzten Jahren zunehmenden Steuererhöhungen der Spielautomatensteuer ist das Erdrosselungsverbot aus Art. 12 Abs. 1 GG vermehrt in den Fokus der Rechtsprechung geraten[820]. Demnach kommt einer kommunalen Steuer erdrosselnde Wirkung zu, wenn mit der Ausübung des in Rede stehenden Berufs in der Gemeinde in Folge dieser Steuer nach Abzug der notwendigen Aufwendungen kein angemessener Reingewinn erzielt werden kann[821]. Das BVerwG sieht das Erfordernis der Abwälzbarkeit als teilidentisch mit dem Erdrosselungsverbot an. Denn bei beiden geht es letztendlich um die Frage, ob eine Steuererhöhung für einen durchschnittlichen Unternehmer wirtschaftlich verkraftbar ist[822]. Damit sind die Anforderungen an eine Erdrosselungswirkung – entsprechend den Anforderungen an eine fehlende Überwälzbarkeit – denkbar hoch[823]. Der BFH sah jedenfalls einen Steuersatz von 20% des Einspielergebnisses als nicht erdrosselnd an[824]. Soweit ersichtlich hat bisher lediglich das Sächsische OVG eine kommunale Satzung wegen Verstoßes gegen das Erdrosselungsverbot für verfassungswidrig erklärt[825].

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Die Spielautomatensteuer wurde regelmäßig als Pauschsteuer nach festen Sätzen je Spielgerät und (angefangenem) Kalendermonat erhoben. Die Steuersätze unterscheiden sich dabei je nach Aufstellort und Spielgerät: Spielgeräte in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen werden zumeist höher besteuert als solche in Gastwirtschaften, Vereins- und ähnlichen Räumen. Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit unterliegen einer höheren Besteuerung als solche ohne Gewinnmöglichkeiten. In der Regel unabhängig vom Aufstellort werden in Verfolgung von Lenkungszwecken Geräte, mit denen sexuelle Handlungen oder Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Tiere dargestellt werden oder die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand haben, zusätzlich erhöht besteuert.

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