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b) Eigenverantwortlichkeit

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Die Gemeinde regelt die Selbstverwaltungsaufgaben „in eigener Verantwortung“. Eigenverantwortlichkeit bedeutet die grundsätzliche, das Ob, Wann und Wie der Aufgabenwahrnehmung umfassende Entschließungsfreiheit der Gemeinde, die ihrer Verbandskompetenz unterliegenden Aufgaben ohne staatliche Einflussnahme oder Bevormundung so zu erfüllen, wie dies im Rahmen der Rechtsordnung ihrem Gestaltungswillen entspricht[90]. Die eigenverantwortliche Aufgabenerfüllung ist ein eigenständiger Garantiegehalt des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG. Im Bereich der pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben gilt die Gewährleistung der Eigenverantwortlichkeit für die konkrete Art der Durchführung (das „Wie“)[91]. Auf bestimmte Handlungs- und Organisationsformen werden die Gemeinden insoweit nicht festgelegt[92]. Eröffnet ist ihnen vielmehr das ganze Spektrum zulässiger hoheitlicher und privatrechtlicher Handlungsformen[93].

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Die Garantie der Eigenverantwortlichkeit beweist sich in Fällen, in denen der Entscheidungsspielraum der Gemeinden sowohl durch vielfältige gesetzliche Einwirkungen als auch durch faktische Nebenwirkungen in Regelungen aus ganz entfernten Bereichen immer weiter eingeschränkt wird[94]. Hier kommt es darauf an, ob die bundes- oder landesgesetzliche Regelung die verfassungsfest garantierte Autonomie der Gemeinden hinreichend respektiert.

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Die Eigenverantwortlichkeit befreit nicht von der Bindung an Recht und Gesetz, welcher die Gemeinden als Träger hoheitlicher Gewalt nach Art. 20 Abs. 3 GG unterliegen und welche durch die Kommunalaufsicht (Rn. 82 ff.) sichergestellt wird.

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Der Bestand an kommunaler Eigenverantwortung wird üblicherweise in sog. Gemeindehoheiten aufgeteilt, in denen besonders wichtige Teilausschnitte gebündelt werden. Zu den Gemeindehoheiten zählen die Gebietshoheit, die Organisationshoheit, die Personalhoheit, die Planungshoheit, die Finanzhoheit und die Satzungshoheit[95]. Die Einteilung wird bisweilen noch kleinteiliger vorgenommen, indem über die genannten Hoheiten hinaus noch die Kooperationshoheit und die Sparkassenhoheit genannt werden[96]. Die Gemeindehoheiten machen – als Erfüllungsmodalitäten und nicht als Kompetenzblöcke – zwar nicht in allen Einzelheiten, aber als Hoheitsbündel den Wesenskern der Selbstverwaltung in Bezug auf die Eigenverantwortlichkeit aus[97].

aa) Gebietshoheit

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Gebietshoheit bedeutet, dass jedermann, der sich auf dem Gebiet der Körperschaft aufhält, der Herrschaftsgewalt der Gemeinde unterworfen ist[98]. Die Gebietshoheit umfasst das Recht, gegenüber Personen und Sachen im Gemeindegebiet im Rahmen der Gesetze rechtserhebliche Handlungen vorzunehmen.

bb) Organisationshoheit

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Die Organisationshoheit bildet die interne Seite der Eigenverantwortlichkeit und gibt den Gemeinden das Recht, ihre innere Verwaltungsorganisation nach eigenem Ermessen zu ordnen[99]. Durch sie legen die Gemeinden für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben Abläufe und Entscheidungszuständigkeiten im Einzelnen fest und bestimmen damit auch über Gewichtung, Qualität und Inhalt ihrer Entscheidungen[100]. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass seit jeher der Gesetzgeber die äußere Organisation der Kommunen einheitlich gestaltet. Bereits die Städte- und Gemeindeordnungen des 19. Jahrhunderts legten die äußere Organisation der Gemeinden fest. Auch heutzutage gibt es praktisch keine äußere Organisationshoheit der Gemeinden, da diese durch die Gemeindeordnungen landeseinheitlich geregelt ist[101]. Dies führt dazu, dass die Organe der Gemeinden, die Formen des Zusammenwirkens und das Wahlrecht zu den kommunalen Vertretungen vorgegeben sind.

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Den Gemeinden verbleibt insofern nur der Bereich der inneren Organisation, wozu Aufbau und Gliederung des internen Verwaltungsaufbaus rechnen[102]. Dazu zählen bspw. die Bildung von freiwilligen Ausschüssen, die Sachausstattung, die Organisations- und Geschäftsverteilung innerhalb der Verwaltung, aber auch die Entscheidungsbefugnis, ob Eigenbetriebe eingerichtet oder Einrichtungen und Unternehmungen organisationsprivatisiert werden sollen[103].

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Ausfluss der inneren Organisationshoheit ist auch das Recht der Gemeinden, mit anderen Gemeinden zusammenzuarbeiten und gemeinsame Institutionen und Handlungsinstrumente, wie z.B. Zweckverbände, zu schaffen[104]. Teilweise wird diese Befugnis aber eigenständig als Kooperationshoheit aufgefasst[105].

cc) Personalhoheit

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Die Personalhoheit berechtigt die Kommunen, einerseits das eigene Personalwesen (Stellenplanung, Einstellungs- und Beförderungsvoraussetzungen, Besoldungs- und Vergütungsmaßstäbe, Zuständigkeitsverteilung) selbstständig zu regeln und andererseits über konkrete Maßnahmen der Personaleinstellung, -entlassung und -beförderung sowie des Personaleinsatzes nach eigenem Ermessen zu entscheiden[106].

dd) Planungshoheit

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Die Planungshoheit ist das Recht der Gemeinden, das Gemeindegebiet selbst zu ordnen und zu gestalten. Die gemeindliche Planungshoheit ist das Ergebnis jüngerer Rechtsentwicklung[107]. Einen zentralen Anwendungsbereich bietet das Städtebaurecht. In Bezug auf den gemeindlichen Raum sind die Flächennutzungs- und Bebauungsplanung die wichtigste Form planerischen Gestaltens der Gemeinden. Planung findet darüber hinaus in allen anderen Bereichen statt, „in denen langfristige konzeptionelle Vorstellungen in institutionalisierter Form verabschiedet werden“[108]. Denn unter Planung versteht man die „Befugnis, die eigenen Angelegenheiten nicht nur von Fall zu Fall zu erledigen, sondern aufgrund von Analyse und Prognose erkennbarer Entwicklungen ein Konzept zu erarbeiten, das den einzelnen Verwaltungsvorgängen Rahmen und Ziel weist“[109]. Ebenso wenig wie die anderen Hoheiten bildet die Planungshoheit eine eigenständige Sachaufgabe. Sie ist vielmehr in erster Linie ein Instrument, das die Wahrnehmung der Fachaufgaben unterstützt. Vorbehaltlich spezieller Vorgaben besitzen die Gemeinden deshalb grundsätzlich für die gesamte Bandbreite ihrer Aufgaben die Planungshoheit (so etwa auch für Haushalt oder Personal)[110].

ee) Finanzhoheit

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Unter Finanzhoheit versteht man das Recht auf eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft einschließlich Haushaltsführung und Vermögensverwaltung im Rahmen der vom Staat überlassenen Einnahmequellen[111]. Die Finanzhoheit wurde schon seit jeher aus der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abgeleitet; sie findet aber seit den Verfassungsreformen von 1994 und 1997 positiv in Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG ihren Ausdruck. Danach umfasst die Gewährleistung der Selbstverwaltung auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung, wobei zu diesen Grundlagen einen den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle gehört. Mit der Einfügung des Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG anerkennt der Verfassungsgeber, dass die kommunale Finanzhoheit das Recht der Gemeinden auf eine angemessene Finanzausstattung voraussetzt[112]. Unklar ist, ob daraus sachlich und betragsmäßig bestimmbare Ansprüche auf eine angemessene kommunale Finanzausstattung abgeleitet werden können[113].

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Die Finanzhoheit schützt nicht vor der Auferlegung neuer Aufgaben, wenngleich das Konnexitätsprinzip nach Maßgabe des Landesverfassungsrechts einen finanziellen Ausgleich bei Aufgabenzuweisung erfordert[114]. Dem Bund ist es seit der Föderalismusreform I nach Art. 84 Abs. 1 S. 7 u. 85 Abs. 1 S. 2 GG gänzlich verwehrt, den Gemeinden Aufgaben zu übertragen[115].

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Ein zusätzliches Element der Finanzhoheit ist die Abgabenhoheit, welche das Recht umfasst, eigene Abgabensatzungen nach Maßgabe von Bundes- und Landesrecht zu erlassen, das Recht, die Abgabensatzungen zu vollziehen, sowie das Recht, den Ertrag aus einer Abgabe zu vereinnahmen[116].

ff) Satzungshoheit

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Mit der Satzungshoheit wird den Gemeinden die Befugnis eingeräumt, eigenes Recht in allen Angelegenheiten des örtlichen, eigenen Wirkungskreises setzen zu dürfen. Dieses Recht der Gemeinden ist in den Gemeindeordnungen der Bundesländer ausdrücklich verbürgt[117]. Die Satzungshoheit ermöglicht es den Gemeinden, ein besonderes Ortsrecht zu schaffen, das den örtlichen Besonderheiten angepasst ist und so einen Beitrag zur kommunalen Vielfalt leistet, was dem staatlichen Gesetzgeber nicht möglich ist[118]. Der einer gesetzlichen Ermächtigung bedürftige Erlass von Rechtsverordnungen ist dagegen nicht von der Selbstverwaltungsgarantie erfasst, sondern betrifft den Fremdverwaltungsbereich[119].

c) Gesetzesvorbehalt und Regelungsgrenzen

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Das Selbstverwaltungsrecht wird nicht schrankenlos gewährleistet, sondern steht den Gemeinden nur „im Rahmen der Gesetze“ zu. Diese Formulierung beinhaltet einen institutionellen Gesetzesvorbehalt[120]. Erfasst werden davon beide Schutzelemente, d.h. sowohl die Allzuständigkeit als auch die Eigenverantwortlichkeit[121]. Der Gesetzesvorbehalt hat mehrere Funktionen: Er ermächtigt den Gesetzgeber zur normativen Ausgestaltung des Garantiegehalts, zur deklaratorischen Nachzeichnung immanenter Grenzen und zu konstitutiven Eingriffen in verfassungsunmittelbare Gewährleistungen[122]. Das Bundesverfassungsgericht meint, der Vorbehalt des Gesetzes überlasse dem Gesetzgeber die „Ausgestaltung und Formung“[123].

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Gesetze im Sinne von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG sind nicht nur die Gesetze im formellen Sinne, also die vom Bundes- und Landesgesetzgeber in dem von der Verfassung vorgeschriebenen Verfahren erlassenen Gesetze, sondern auch Gesetze im materiellen Sinne, d.h. Rechtsverordnungen[124] und Satzungen anderer Hoheitsträger[125]. Nach allgemeinen Grundsätzen bedürfen wesentliche Fragen allerdings einer Regelung durch ein förmliches Gesetz[126]. Darüber hinaus ist auch das europäische Unionsrecht in der Lage, nationales Recht und demzufolge auch das Recht der kommunalen Selbstverwaltung einzuschränken[127].

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Werden dem Gesetzesvorbehalt nicht seinerseits Schranken gezogen, kann er zur „Achillesferse der Garantie“ werden[128]. Der Gesetzesvorbehalt wird deswegen von Teilen des Schrifttums als Regelungs- und Ausgestaltungsvorbehalt interpretiert, der Parallelen zur Befugnis des Gesetzgebers aufweise, Inhalt und Schranken des Eigentumsrechts näher zu bestimmen[129]. Auch das Bundesverfassungsgericht hatte früher der Grundrechtsdogmatik die Schranken-Schranken des Kernbereichs und des Übermaßverbotes entlehnt[130]. Mit der „Rastede“-Entscheidung scheint das Gericht aber den Gleichlauf individuen- und institutionenbezogener Gewährleistungen verabschiedet zu haben, indem es die Begriffe „Übermaßverbot“ und „Verhältnismäßigkeitsprinzip“ vermeidet und stattdessen als Schranken des Gesetzesvorbehalts auf den Kernbereich abstellt, in dessen Vorfeld das gemeindespezifische Aufgabenverteilungsprinzip zum Tragen kommt[131].

aa) Kernbereichsgarantie

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Gesetzliche Beschränkungen der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie müssen deren Kernbereich unangetastet lassen[132]. Dieser Kernbereich ist vor jeglicher gesetzlicher Einwirkung gesichert[133]. Diese Grenze ergibt sich indes nicht aus Art. 19 Abs. 2 GG, da es sich bei Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG um kein Grundrecht handelt[134]. Der Gesetzgeber darf demnach die kommunale Selbstverwaltung nicht derart einschränken, dass sie innerlich ausgehöhlt wird, die Möglichkeit zur eigenständigen Betätigung verliert und nur noch ein Schattendasein führt[135]. Daraus folgt, dass der Kernbereichsschutz nur „in Extremsituationen des staatlichen Zugriffs auf die Gemeinden“ wirkt[136].

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Bei der Bestimmung des Kernbereichs geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass hierzu kein gegenständlich bestimmter oder nach feststehenden Merkmalen bestimmbarer Aufgabenkatalog gehört, sondern dass bei der Bestimmung in besonderer Weise der geschichtlichen Entwicklung und den verschiedenen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung Rechnung zu tragen ist[137]. Vom Kernbereichsschutz umfasst wird das Prinzip der gemeindlichen Allzuständigkeit, d.h. „die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Verwaltung übertragen sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen“[138]. Hinsichtlich der Eigenverantwortlichkeitsgarantie hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass es dem Gesetzgeber verwehrt sei, Regelungen zu treffen, die eine eigenständige organisatorische Gestaltungsfähigkeit der Kommunen im Ergebnis ersticken würden[139]. Daraus folgt für die Organisationshoheit, dass sie nicht in vollem Umfang und nicht in ihrem gegenwärtigen Verständnis absoluten verfassungsrechtlichen Schutz genießt, wobei gleiches für die übrigen Gemeindehoheiten gelten dürfte[140]. Aus der Diskussion verschwunden ist mittlerweile die Subtraktionsmethode des Bundesverwaltungsgerichts, weil sich diese als untauglich zur Bestimmung des Kernbereiches erwiesen hat[141].

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Nach der Herangehensweise des Bundesverfassungsgerichts wird der Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie beim Entzug einzelner Aufgaben oder im Falle der Auferlegung bestimmter organisatorischer Maßnahmen regelmäßig nicht betroffen sein, da das Wesen der Gemeinde als dezentraler, körperschaftlich organisierter, allzuständiger und selbstständiger Verwaltungsträger dadurch unangetastet bleibt[142]. In der Konsequenz läuft die Kernbereichsgarantie daher weitgehend leer[143]. Dieser Befund stärkt die Bedeutung der Vorbehaltsschranken im Randbereich.

bb) Randbereichsschutz

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Der Randbereichsschutz verwirklicht sich hinsichtlich des Aufgabenbestandes durch das gemeindespezifische Aufgabenverteilungsprinzip[144]. Maßnahmen des Aufgabenentzuges sind ebenso wie die Überbürdung von Aufgaben an diesem Prinzip zu messen. Dieses Aufgabenverteilungsprinzip gilt zugunsten kreisangehöriger Gemeinden auch gegenüber den Kreisen[145].Verändert der Gesetzgeber den gemeindlichen Aufgabenbestand, indem er private Dritte auf den Markt lässt, hat er dabei Art. 28 Abs. 2 GG zu beachten[146].

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Für den Aufgabenentzug wird demnach ein Regel-Ausnahme-Verhältnis konstituiert, wonach der Gesetzgeber örtliche Aufgaben den Gemeinden nur aus Gründen des Gemeininteresses entziehen darf, vor allem dann, wenn anders die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht sicherzustellen wäre[147]. Demgegenüber scheidet das bloße Ziel der Verwaltungsvereinfachung oder der Zuständigkeitskonzentration – etwa im Interesse der Übersichtlichkeit der öffentlichen Verwaltung – als Rechtfertigung eines Aufgabenentzugs aus[148]. Auch Gründe der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung insgesamt rechtfertigen eine „Hochzonung“ nicht schon aus sich heraus, sondern erst dann, wenn ein Belassen der Aufgabe bei den Gemeinden zu einem unverhältnismäßigen Kostenanstieg führte[149]. Diese Systematik spiegelt die grundgesetzliche Annahme einer dezentralen Aufgabenressortierung wider, die ihrerseits an die mit der kommunalen Selbstverwaltung verbundenen Vorzüge, vor allem die größere Orts- und Sachnähe sowie das bürgerschaftliche Engagement, anknüpft[150].

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Nicht nur ein Entzug von Aufgaben, sondern auch eine Aufgabenzuweisung kann sich als rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in die gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie auswirken, wenn dadurch die Möglichkeit eingeschränkt wird, Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen, die zum verfassungsrechtlich geschützten Aufgabenbestand gehören[151]. Eine Gefahr für die kommunale Selbstverwaltung stellt demnach die zunehmende Übertragung neuer Auftragsangelegenheiten oder Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung dar, vor allem wenn der Gesetzgeber in diesen Fällen nicht für eine aufgabenangemessene Finanzierung sorgt[152].

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Die Gemeinden haben zwar einen Anspruch auf die Beachtung des Aufgabenverteilungsprinzips durch den Gesetzgeber, diesem kommt aber ein Einschätzungsspielraum zu[153]. Dies hat für die gerichtliche Kontrolle zur Konsequenz, dass im Streitfall nur zu prüfen ist, ob die gesetzgeberische Einschätzung von Maß und Gewicht der örtlichen Bezüge einer Aufgabe in Ansehung des unbestimmten Verfassungsbegriffs „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ vertretbar ist[154]. Die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers ist dabei umso enger und die gerichtliche Kontrolle umso intensiver, je mehr die Selbstverwaltung der Gemeinden als Folge der gesetzlichen Regelung an Substanz verliert[155].

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Beeinträchtigungen der Eigenverantwortlichkeit im Randbereich sind daraufhin zu überprüfen, ob den Gemeinden ein hinreichender Spielraum bei der Aufgabenwahrnehmung verbleibt[156]. Der Gesetzgeber hat dabei den verfassungsgewollten prinzipiellen Vorrang einer dezentralen, also gemeindlichen, vor einer zentral und damit staatlich determinierten Aufgabenwahrnehmung zu berücksichtigen[157]. Inhaltliche Vorgaben bedürfen damit eines gemeinwohlorientierten rechtfertigenden Grundes, insbesondere etwa durch das Ziel, eine ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung sicherzustellen[158]. Sie sind zu beschränken auf dasjenige, was der Gesetzgeber zur Wahrung des jeweiligen Gemeinwohlbelangs für erforderlich halten kann, wobei er angesichts der unterschiedlichen Ausdehnung, Einwohnerzahl und Struktur der Gemeinden typisieren darf und auch im Übrigen einen grundsätzlich weiten Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum hat[159]. Aus diesem Grund findet auch im Bereich der Eigenverantwortlichkeit nur eine gerichtliche Vertretbarkeitskontrolle statt[160].

cc) Interkommunale Gleichbehandlung

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Neben der Rüge der Schwere eines gesetzgeberischen Eingriffs in das kommunale Selbstverwaltungsrecht bedingt die Rechtssubjektivität der Gemeinden naturgemäß auch den Blick zur Seite auf vergleichbare Gemeinden, Städte und Landkreise. Insbesondere dort, wo wie etwa bei der Zuweisung von Finanzmitteln an Kommunen Verteilungsentscheidungen inmitten stehen, zieht jenseits grundrechtlicher Gewährleistungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG das rechtsstaatliche Willkürverbot dem Gesetzgeber Grenzen. Unvertretbar sind insoweit Benachteiligungen oder Bevorzugungen von Kommunen oder Gruppen von Kommunen, die ohne sachlichen Grund erfolgen[161]. Im Einzelnen hat das interkommunale Gleichbehandlungsgebot viele Gesichter (Gebot der Systemgerechtigkeit, Nivellierungs- bzw. Übernivellierungsverbot, Gebot der Aufgabengerechtigkeit), deren Ableitung und Verhältnis zueinander unklar ist. Abgelehnt wird überwiegend, dass sich Gemeinden im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde auf das Willkürverbot berufen können, da es sie nur als objektiv-rechtlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips betrifft[162].

3. Subjektive Rechtsstellungsgarantie

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Gegen Beeinträchtigungen der Rechtssubjektgarantie und der Rechtsinstitutionsgarantie durch andere Träger von Staatsgewalt – nicht aber durch private Dritte – können die Gemeinden Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Die objektiv-institutionenbezogene Gewährleistung kommunaler Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG wird mit einer subjektiven Rechtsstellung der Gemeinden abgesichert[163]. Prominenter Ausdruck dieser Rechtsbewehrung ist die Kommunalverfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG, mit Hilfe derer die Gemeinden in die Lage versetzt werden, die durch Art. 28 Abs. 2 GG verliehenen Rechte vor dem Bundesverfassungsgericht zu verteidigen[164]. Folgerichtig kann ein Verstoß gegen andere Verfassungsbestimmungen im Rahmen einer Kommunalverfassungsbeschwerde nur insoweit geltend gemacht werden, „als sie ihrem Inhalt nach das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen geeignet sind“[165]. Bei der Verletzung durch ein Landesgesetz, ist die in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG enthaltene Subsidiaritätsklausel zu beachten.

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Die subjektive Rechtsstellung umfasst aber nicht nur die Abwehr von Angriffen, sondern auch positive Schutz-, Teilhabe- und Leistungsansprüche: etwa auf Anhörung[166], auf gemeindefreundliches Verhalten[167] oder auf Mitwirkung bei staatlichen Planungsprozessen[168]. Obwohl es sich nicht um ein Grundrecht handelt, wird die jeweils aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG resultierende Rechtsposition als subjektives Recht im Sinne § 42 Abs. 2 VwGO eingestuft, womit den Gemeinden in streitigen Fällen der Verwaltungsrechtsweg offen steht[169].

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