Czytaj książkę: «Besonderes Verwaltungsrecht», strona 10

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3. Rechte von Einwohnern und Bürgern

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In den Kommunen wird das genossenschaftliche Wesen der Selbstverwaltung mit der demokratischen Legitimation von Verwaltungsträgern vereinigt. Das Zusammenspiel lässt sich an den vom Status als Einwohner oder Bürger abhängenden politischen Rechten nachvollziehen.

a) Teilnahme an Kommunalwahlen

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Das wohl bedeutendste Mitwirkungsrecht der Bürger ist die Teilnahme an Kommunalwahlen[515], worunter in erster Linie die Gemeinderats- und Kreistagswahlen fallen. Für die Vertretungsorgane gemeindlicher Untergliederungen (bspw. Bezirksvertretungen) ist die Volkswahl hingegen nicht zwingend, jedoch zulässig unter dem Aspekt des erweiterten Bürgereinflusses[516]. Diese Möglichkeit haben einige Länder genutzt[517]. Als Volkswahlen ausgestaltet – und damit vom Recht zur Teilnahme an kommunalen Wahlen für die Bürger umfasst – sind die Wahl des Gemeindevorstehers (Bürgermeister)[518] und teilweise auch die Wahl des Kreisvorstehers (Landrat)[519]. In den anderen Ländern wird der Landrat durch den Kreistag gewählt[520].

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Zu berücksichtigen ist die Erweiterung des Kommunalwahlrechts für EU-Ausländer, welches 1992 durch das verfassungsändernde Gesetz vom 21.12.1992 in Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG (sog. Europaprinzip oder auch Gemeinschaftsprinzip[521]) eingeführt wurde, um einen Widerspruch des Grundgesetzes zum Unionsrecht aufzulösen. Vor der Gesetzesänderung war ein Wahlrecht für Ausländer auf Kommunalebene unzulässig, obwohl Art. 20 ff. AEUV (Art. 17 ff. EGV) eine Unionsbürgerschaft vorsieht und die Mitgliedstaaten durch die Richtlinie 94/80/EG[522] verpflichtet worden sind, Ausländern mit Unionsbürgerschaft das Wahlrecht auf kommunaler Ebene zu gewähren[523]. Nach Art. 5 Abs. 3 der benannten Richtlinie sind Ausnahmen nur hinsichtlich des passiven Wahlrechts zulässig, soweit ein Leiter des kommunalen Exekutivorgans bzw. dessen Vertretung zu wählen sind. Von dieser Ausnahme haben nur wenige Länder Gebrauch gemacht und die Ämter des Bürgermeisters und Landrats deutschen Bürgern vorbehalten[524]. In der Einräumung des Wahlrechts für EU-Ausländer liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz[525].

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Die Einführung von Sperrklauseln bei Kommunalwahlen steht im Spannungsverhältnis der Wahlrechtsgleichheit der Wähler und der Chancengleichheit der Kandidaten einerseits und der Gewährleistung der Wahl als Integrationsvorgang bei der politischen Willensbildung und der Funktionsfähigkeit der kommunalen Volksvertretung andererseits. Hier hat insbesondere das Bundesverfassungsgericht hohe, kaum zu erfüllende Rechtfertigungsanforderungen für den Landesgesetzgeber aufgestellt. Zu berücksichtigen sei insbesondere, dass Gemeindevertretungen und Kreistage keine Parlamente im staatsrechtlichen Sinne sind. Ob eine Einschränkung der Grundsätze der Wahlgleichheit und der Chancengleichheit zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit dieser kommunalen Vertretungsorgane erforderlich sei, lasse sich aber nur in Bezug auf die konkreten Funktionen des zu wählenden Organs beurteilen.[526] Demgegenüber haben jüngst Landesverfassungsgerichte Sperrklauseln für Bezirks(verordneten)versammlungen als verfassungsgemäß angesehen[527]. So auch der Verfassungsgerichtshof in Nordrhein-Westphalen, der jedoch gleichzeitig für die Wahlen der Gemeinderäte und Kreistage einer 2,5 %-Klausel entgegengetreten ist. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs sei die gesetzgeberische Prognose drohender Funktionsstörungen der Gemeinderäte und Kreistage aufgrund einer parteipolitischen Zersplitterung in tatsächlicher und rechtlicher hinsichtlich nicht tragfähig[528].

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Die Kommunalordnungen der Bundesländer regeln Rechtsschutzmöglichkeiten im Zusammenhang mit den Gemeinderatswahlen. Man kann diese Möglichkeiten anhand ihres Stadiums in Rechtsschutz vor der Wahl und Rechtsschutz nach der Wahl einteilen. Sowohl für die Beeinträchtigung des aktiven wie des passiven Wahlrechts haben die Kommunalwahlgesetze Beschwerden und Einwendungen bei der Gemeinde, dem Wahlausschuss bzw. dem Wahlleiter vorgesehen[529]; wenn überhaupt – teilweise wird Rechtsschutz in das Wahlprüfungsverfahren verlegt – kann erst gegen die außergerichtliche Entscheidung der Gemeinde bzw. der Rechtsaufsicht verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz erhoben werden. Nach der Wahl sehen alle Kommunalwahlgesetze die Möglichkeit bzw. die Pflicht der Wahlprüfung vor, an die sich ggf. verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz anschließt[530].

b) Einwohnerversammlung und Einwohnerantrag

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Ferner steht sowohl den Einwohnern als selbstverständlich auch den Bürgern die Teilnahme an Einwohnerversammlungen offen[531]. Dieses Mittel ist letztlich eine Folge der Forderung seit den 1970iger Jahren, die unmittelbar-demokratischen Mitwirkungsrechte der Einwohner und Bürger über das Wahlrecht hinaus auf Gemeinde- und Kreisebene zu stärken[532]. Damit wird den Gemeindeeinwohnern bzw. -bürgern die „Artikulation, Integration und der Umsetzung ihres politischen Willens“ ermöglicht, was wiederum zur Folge hat, dass sie sich mit den Aufgaben und Zielsetzungen der Gemeinde (besser) identifizieren können[533]. Nach manchen Gemeindeordnungen ist die Einberufung verpflichtend, wenn ein bestimmtes Quorum der Einwohnerschaft bzw. der Gemeinderat dies verlangt[534]. Insgesamt lässt die gesetzliche Ausgestaltung der Ortsversammlung eine Gleichbehandlung von Einwohnern und Bürgern erkennen.

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Darüber hinaus besteht in den meisten Ländern für Einwohner auch die Möglichkeit, einen Einwohnerantrag – nicht zu verwechseln mit Bürgerbegehren und Bürgerentscheid – zu stellen, also den Gemeinderat durch schriftlichen, hinreichend bestimmten und begründeten Antrag zu verpflichten, eine in seine Zuständigkeit fallende Angelegenheit der gemeindlichen Selbstverwaltung aufzugreifen und auch zu bescheiden[535]. Für diesen Antrag gibt es bestimmte Voraussetzungen: Es gilt ein Unterschriftenquorum von 2,0–30 % der jeweils antragsberechtigten Bürger bzw. Einwohner und der Antrag hat binnen einer Jahresfrist oder innerhalb der Wahlzeit des Gemeinderats zu erfolgen[536]. Rechtsfolge eines zulässigen Einwohnerantrags ist nur die Verpflichtung des Gemeinderats, sich mit der gegenständlich benannten Angelegenheit zu befassen; seine Entscheidungskompetenz bleibt jedoch unberührt[537]. Rechtsschutz gegen die Zurückweisung des Einwohnerantrags kann vor den Verwaltungsgerichten mittels Verpflichtungsklage begehrt werden[538].

c) Bürgerentscheid und Bürgerbegehren

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Der Bürgerentscheid und das Bürgerbegehren[539] sind als Mitentscheidungsformen den Bürgern vorbehalten. Beiden Instrumenten kommt dabei eindeutig ein plebiszitärer Charakter zu[540]. Ein Bürgerentscheid findet dann statt, wenn eine landesrechtlich festgelegte Mehrheit der Mitglieder des Gemeinderats so beschließt oder aufgrund eines Bürgerbegehrens[541]. Ein Bürgerentscheid hat die Bedeutung, dass über wichtige Gemeindeangelegenheiten von den Bürgern in geheimer Abstimmung an Stelle der gewählten Gemeindevertretung direkt entschieden wird. Eine entsprechende Entscheidung per Bürgerentscheid hat folglich die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses[542]. Bürgerbegehren und -entscheid treten damit als direkt-demokratische Instrumente in Konkurrenz zu den „normalen“ repräsentativen Entscheidungsprozessen[543]. Das hierüber den Bürgern eröffnete Gestaltungspotential fördert Identifikations- und Zufriedenheitseffekte mit der Verwaltung, schwächt aber die Wirkmächtigkeit der gewählten Volksvertreter. Es dient der Durchsetzung singulärer individueller Interessen eines Teils der Ortsbevölkerung und unterliegt nicht dem in der Volksvertretung obwaltenden Ausgleich von Interessen über die Zeit und das Gemeindegebiet. Bei der Normierung plebiszitärer Elemente kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu. Problematisch sind faktische Doppelzuständigkeiten[544].

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An ein Bürgerbegehren werden bestimmte Voraussetzungen geknüpft: Es muss zunächst eine bürgerbegehrensfähige Selbstverwaltungsangelegenheit vorliegen, die entweder positiv bestimmt oder anhand eines Negativkatalogs abgrenzt wird. Des Weiteren findet ein Bürgerbegehren nur statt, wenn der Antrag von einer bestimmten Bürgeranzahl unterschrieben wurde (Quorum), was meist von der Gemeindegröße abhängt und je nachdem bei ca. 3–10 % der Bürger liegt (in Sachsen 15 %[545]). Ferner muss das Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden mit einer genau formulierten Frage, Begründung und Kostendeckungsvorschlag; schließlich sind bestimmte Fristanforderungen zu beachten. Nicht bürgerbegehrensfähig sind solche Angelegenheiten, die bereits innerhalb der letzten 1–3 Jahre Gegenstand eines Bürgerentscheids waren. Darüber hinaus muss unterschieden werden zwischen initiierenden Bürgerbegehren und kassierenden, d.h. gegen einen ergangenen Ratsbeschluss gerichtete Bürgerbegehren, wobei erstere nicht fristgebunden sind[546].

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Bevor als Rechtsfolge des Bürgerbegehrens der Bürgerentscheid stattfindet, sehen die Kommunalordnungen die Feststellung der Zulässigkeit vor, für die entweder der Gemeinderat[547] oder die Kommunalaufsicht zuständig ist[548]. Gegen die Ablehnung des Bürgerentscheids kann mit den Mitteln des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes vorgegangen werden[549]. Besonders umkämpft ist die Phase vor dem (erfolgreichen) Bürgerentscheid, in der von Seiten des Gemeinderats, aber auch des Bürgermeisters als Hauptverwaltungsorgan versucht werden kann, dergestalt vollendete Tatsachen zu schaffen, dass der Bürgerentscheid obsolet wird. Manche Gemeindeordnungen sehen deshalb eine Sperrwirkung des zulässigen Bürgerbegehrens vor[550].

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Auch im Zusammenhang mit dem Bürgerbegehren stellt sich das Problem der Teilnahme von Unionsbürgern. Diesbezüglich gibt es keine Vorgaben der schon erwähnten Richtlinie 90/80/EG und es lässt sich auch keine diesbezügliche Aussage aus Art. 22 AEUV entnehmen, so dass auf bundesverfassungsrechtliche Maßstäbe zurückgegriffen werden muss. Nach Art. 20 Abs. 2 GG geht die Staatsgewalt vom Volk aus und wird durch Wahlen und Abstimmungen ausgeübt. Berücksichtigt man diese Differenzierung zwischen Wahlen und Abstimmungen, so kann man unter den Begriff der Wahlen in Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG nicht ohne Weiteres Abstimmungen fassen. Dieses Ergebnis lässt sich mit dem Zusammenhang zwischen Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG erhärten. Dies hat zur Folge, dass Unionsbürger zwar ein Wahlrecht auf kommunaler Ebene haben; der Wortlaut des Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG allein aber keine Auslegung erlaubt, die ein Abstimmungsrecht für Unionsbürger ergibt. Unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit erscheint jedoch eine Erweiterung auf entsprechende plebiszitäre Verfahren, die grundsätzlich dieselben Fragen betreffen, die auch von den unter Beteiligung der EU-Ausländer gewählten Vertretungen entschieden werden, als grundsätzlich zulässig[551].

d) Konsultative Bürgerbefragungen

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Derartige Befragungen sind auf die Anhörung von Bevölkerungsteilen gerichtet, die von anstehenden Entscheidungen betroffen sein können[552]. Konsultative Bürgerbefragungen sind in Niedersachsen ausdrücklich vorgesehen[553], in den anderen Bundesländern hingegen lediglich angedeutet als Anhörungen oder Fragestunden[554]. Konsultative Bürgerbefragungen können nur hinsichtlich solcher gemeindlichen Angelegenheiten stattfinden, für welche der Gemeinderat auch entscheidungszuständig ist[555]. Der Unterschied zum Bürgerentscheid besteht darin, dass die Ergebnisse der Befragungen rechtlich unverbindlich für den Gemeinderat sind. Jedoch ist nicht jede Befragung zulässig, da die Entscheidungsverantwortung des Gemeinderats nicht unkontrollierten plebiszitären Gefahren in Gestalt unzähliger Befragungen ausgesetzt sein soll[556].

e) Ehrenamtliche Tätigkeiten

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Schließlich haben die Bürger und Einwohner das Recht, aber vor allem auch die Pflicht, ehrenamtlich an der gemeindlichen Verwaltung während einer bestimmten Dauer mitzuwirken. Ehrenamtliche Tätigkeit bedeutet die vorübergehende unentgeltliche Mitwirkung von Bürgern in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis sui generis bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch die Gemeinde[557]. Ziel ist die Entbürokratisierung und Entlastung staatlicher bzw. kommunaler Mandats- und Funktionsträger durch stärkere unmittelbar-bürgerschaftliche Teilhabe[558]. In der Regel knüpft die ehrenamtliche Tätigkeit an die Bürgereigenschaft an, teils ist die Möglichkeit der ehrenamtlichen Mitwirkung an der gemeindlichen Verwaltung aber auch den Einwohnern zugänglich[559].

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Die ehrenamtliche Tätigkeit kann nur aus besonderem Grund (Unzumutbarkeit der Übernahme der Aufgabe für den Bürger, langandauernde Abwesenheit oder Krankheit, zu hohes Alter (> 60 J.) oder familiäre Gründe[560]) abgelehnt werden. Die ehrenamtlich Tätigen unterliegen einer besonderen Treue- und Verschwiegenheitspflicht, so dass es ihnen untersagt ist, bei Befangenheit oder etwaigen Interessenkollisionen tätig zu werden[561]. Die Bestellung zur ehrenamtlichen Tätigkeit als Gemeinderat erfolgt durch Volkswahl und im Übrigen durch den Gemeinderat selbst per Verwaltungsakt, wobei diesem bei der Auswahl der Bürger ein Ermessensspielraum zusteht und vor allem der Vertrauensgrad eine wichtige Rolle spielt. Nur ausnahmsweise wird ein ehrenamtlich Tätiger zum Ehrenbeamten ernannt; dort wird dann die Bestellung durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde abgeschlossen[562]. Für die ehrenamtliche Tätigkeit erhalten die Bürger (bzw. Einwohner in den Ländern, wo dies zulässig ist) eine angemessene Aufwandsentschädigung[563]. Im Übrigen sind die ehrenamtlich Tätigen Amtsträger im haftungsrechtlichen Sinne[564].

f) Sonstige Mitwirkungsrechte

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Den Einwohnern stehen noch andere Mitwirkungsrechte zu, wie etwa der Zulassungsanspruch zu öffentlichen Einrichtungen (Rn. 216 ff.). Außerdem haben sie das Recht auf Unterrichtung durch die Gemeinde über alle bedeutsamen Angelegenheiten[565] sowie das Recht auf eine Beratung seitens der Gemeindeverwaltung einschließlich der Hilfe bei Stellung von Anträgen[566] und ihnen steht ein Beschwerderecht zu[567].

4. Pflichten von Einwohnern und Bürgern

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Eine Pflicht der Bürger und Einwohner stellt die ehrenamtliche Tätigkeit bzw. in Ausnahmefällen das Ehrenamt dar. Hierher rechnen kurzfristige Verwaltungshilfen wie die eines Wahlhelfers ebenso wie längerfristige Engagements als ehrenamtlicher Richter, Schöffe oder sachkundiger Bürger in Ausschüssen der Gemeindevertretung.

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Außerdem sind die Einwohner zur Tragung von Lasten verpflichtet[568], davon insbesondere erfasst ist die Pflicht der Einwohner zur Errichtung von Abgaben nach dem Kommunalabgabengesetz. Teils wird auch noch eine Pflicht zu Hand- und Spanndiensten in den Gemeindeordnungen der Länder festgelegt[569]. Systematisch gehören diese Pflichten nicht zur politischen Mitwirkung, sondern zur verwaltungsmäßigen Lastenverteilung und bilden insoweit das Gegenstück zu kommunalen Leistungs- und Teilhaberechten, insbesondere zum Einrichtungsbetrieb[570].

Zehntes Kapitel Kommunalrecht › § 64 Kommunalverfassung › D. Formen und Instrumente gemeindlichen Handelns

D. Formen und Instrumente gemeindlichen Handelns

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Als Verwaltungsträger besitzen die Gemeinden grundsätzlich das Recht zum Einsatz der Organisations- und Handlungsformen des öffentlichen Rechts. Dabei steht die Errichtung weiterer juristischer Personen des öffentlichen Rechts unter Gesetzesvorbehalt[571]. Als Element der Selbstverwaltungsgarantie umfasst die Organisationshoheit im Bereich der freiwilligen und pflichtigen Selbstverwaltungsangelegenheiten die Verwendung privatrechtlicher Organisations- und/oder Handlungsformen. In Gestalt der öffentlichen Einrichtung besteht auf kommunaler Ebene ein besonderes Organisationsregime „für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Einwohner“[572].

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Nicht zuletzt zur Verwirklichung dessen, ferner zur Ausgestaltung der Binnenorganisation kommt den Gemeinden als unmittelbarer Ausfluss der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie die Satzungshoheit im Rahmen ihrer Verbandskompetenz zu. Sie ist von der auf besonderer gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Verordnungsbefugnis wesensverschieden, weil sie in der Eigenverantwortlichkeit gründet.

I. Rechtsetzung der Gemeinden

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Die Rechtsetzung der Gemeinden umfasst hauptsächlich die Satzung als Instrument zur Regelung eigener weisungsfreier Aufgaben der Gebietskörperschaft[573]. Soweit staatliche Gesetze dazu ermächtigen, besteht auch bei Auftragsangelegenheiten oder Pflichtaufgaben nach Weisung die Möglichkeit, Satzungen zu erlassen[574]. Das kommunale Verordnungsrecht gehört – zum Teil alternativ – ebenfalls zur Rechtsetzung der Gemeinden; es unterliegt regelmäßig den gleichen Voraussetzungen wie die Satzungsgebung[575]. Gleichwohl besteht ein gravierender Unterschied zwischen einer Satzung und Rechtsverordnung: Der Erlass von Rechtsverordnungen ist das Ergebnis von Dekonzentration, indem eine Regelungszuständigkeit, nicht aber die zugrunde liegende Aufgabe delegiert worden ist; demgegenüber ist das kommunale Satzungsrecht Folge der Dezentralisierung[576]. Daraus folgt, dass Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG bzw. die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen auf den Erlass von Satzungen nicht anwendbar sind. Die danach verlangten materiell bestimmten Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage für den Rechtsverordnungserlass (Inhalt, Zweck, Ausmaß) sind mit dem Prinzip der Allzuständigkeit der Gemeinden unvereinbar[577].

1. Satzungen

a) Satzungsbegriff

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Satzungen sind das selbstverwaltungsadäquate Regelungsinstrument und somit eine der wichtigsten Anwendungsfälle der Gesetze im materiellen Sinne[578]. Es handelt sich dabei regelmäßig um Rechtsvorschriften, d.h. abstrakt-generelle Regelungen, die von einer dem Staat zugeordneten juristischen Person des öffentliche Rechts im Rahmen der ihr gesetzlichen verliehen Autonomie (Satzungshoheit) kraft öffentlichen Rechts mit Wirksamkeit für die ihr angehörigen und unterworfenen Personen erlassen werden[579].

b) Ermächtigungsgrundlage und Gesetzesvorbehalt

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Aus Art. 28 Abs. 2 GG bzw. den entsprechenden Regelungen in den einzelnen Gemeindeordnungen[580] der Länder folgt eine „Generalermächtigung“ zum Erlass kommunaler Satzungen[581]. Diese allgemeinen Klauseln haben jedoch lediglich organisationsrechtliche Bedeutung, weil sie nicht den Anforderungen an den rechtsstaatlichen Parlaments- und Rechtsetzungsvorbehalt genügen. Davon ist die kommunale Rechtsetzung nicht freigestellt[582].

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Eingriffe in Freiheit und Eigentum des Bürgers erfordern insoweit eine Rechtsgrundlage, die über die allgemeine kommunale Satzungsautonomie hinausgeht[583]. Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht zum Parlamentsvorbehalt festgestellt, dass in grundrechtsrelevanten Fragen der staatliche Gesetzgeber selbst tätig werden muss[584]. Geboten sind danach gesetzliche Regelungen, aus denen Inhalt und Reichweite des Satzungsrechts ablesbar sind[585]. Insoweit kann schwierig zu bestimmen sein, wann eine Angelegenheit so wesentlich ist, dass sie per Satzung nicht geregelt werden kann und darf. Die Antwort kann erst nach gründlicher Abwägung der Interessen gegeben werden[586]. Einige spezielle Ermächtigungsgrundlagen zum Satzungserlass sind vor allem im Baurecht zu finden (§§ 10, 25, 132 BauGB), aber auch im Kommunalabgabenrecht (Satzungsvorbehalt für Kommunalabgaben), im Straßenrecht (Reinigungs- und Streupflichtsatzung) und im Gemeinderecht bezüglich Anschluss und Benutzung kommunaler Ver- und Entsorgungseinrichtungen (Abwasser-/Abfallsatzung)[587]. Soweit keine Grundrechtseingriffe mit dem Satzungserlass verbunden sind, bieten die genannten Generalermächtigungen eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage und es bedarf daneben keiner speziellen Rechtsgrundlage im Fachrecht[588].

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Kommunalverfassungsrechtlich ist der innerkommunale Gesetzesvorbehalt zu berücksichtigen, welcher erfordert, dass grundrechtsrelevante Entscheidungen im Aufgabenfeld der örtlichen Angelegenheiten von der Gemeindevertretung in Satzungsform und nicht lediglich in Verwaltungsrichtlinien der Gemeindeverwaltung getroffen werden[589].

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Schließlich gilt im kommunalen Satzungsrecht der Gesetzesvorrang, so dass die Gemeinden als Träger mittelbarer Staatsgewalt nach Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden sind und demnach kommunale Satzungen nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen dürfen[590].

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