Czytaj książkę: «Umsatzsteuer»

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ISBN: 978-3-482-75861-4

Vorwort

Neben der Einkommensteuer-/Lohnsteuer stellt die Umsatzsteuer die ergiebigste Einnahmequelle für den Staat dar, deren Aufkommen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden gemeinsam zusteht. Die Umsatzsteuer, die systematisch den Besitz- und Verkehrsteuern zugerechnet wird, ist in ihrer wirtschaftlichen Wirkung eine allgemeine Verbrauchsteuer, mit der grundsätzlich der gesamte private und öffentliche Verbrauch belastet wird. Hierdurch unterscheidet sie sich von der Einkommen- und Lohnsteuer, die auf die individuelle Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen Rücksicht nehmen.

Nach der systematischen Einordnung werden die allgemeinen Grundlagen und Zusammenhänge der Umsatzsteuer mit Hilfe zahlreicher Beispiele dargestellt.

Rechtsstand ist der 1. 1. 2014.

Ibbenbüren, im Januar 2014Ralf Walkenhorst

Kapitel 1: Einleitung
1.1 Allgemeines

Die Umsatzsteuer (USt) ist vor der Einkommensteuer/Lohnsteuer die größte Einnahmequelle für die öffentlichen Haushalte.

Die USt wurde durch das Umsatzsteuergesetz (UStG) vom 26. 7. 1918 zu einer selbständigen Reichssteuer. Eine grundsätzliche Reform der USt erfolgte durch das UStG vom 29. 5. 1967 (BGBl 1967 I S. 545), das mit Wirkung vom 1. 1. 1968 die Allphasen-Nettoumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug einführte. Dies bedeutet, dass die Umsatzbesteuerung grundsätzlich auf jeder Wirtschaftsstufe stattfindet. Die nächste wesentliche Änderung des UStG erfolgte durch das UStG 1980 vom 26. 11. 1979 (BGBl 1979 I S. 654), mit dem eine Anpassung des deutschen Rechts an die vom Rat der EWG am 17. 5. 1977 erlassene 6. EG-Richtlinie (nunmehr Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie vom 28. 11. 2006) vorgenommen wurde. Die bisher letzte grundlegende Reform des UStG ist durch das USt-Binnenmarktgesetz vom 25. 8. 1992 (BStBl 1992 I S. 552) eingetreten. Seit dieser Zeit ist das UStG durch weitere Änderungsgesetze in mehr oder weniger erheblichem Umfang geändert worden. Die Neufassung des UStG in der Fassung vom 1. 1. 2005 datiert vom 21. 2. 2005 (BGBl 2005 I S. 386). Auch seitdem sind bereits wieder zahlreiche Änderungen eingetreten, zuletzt durch das Gesetz zur Anpassung des Investmentsteuergesetzes und anderer Gesetze an das AIFM-Umsetzungsgesetz vom 18. 12. 2013 (BGBl 2013 I S. 4318).

Rechtsgrundlagen für die USt sind das UStG und die Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV). Die Verwaltung ist darüber hinaus noch an den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) sowie an die Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen, die Erlasse der jeweiligen Finanzministerien der Länder und die Verfügungen der Oberfinanzdirektionen gebunden.

1.2 Zuständigkeiten

Nach Artikel 105 Abs. 2 GG hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebung für die USt, da dem Bund das Aufkommen an der USt zum Teil zusteht und eine bundesgesetzliche Regelung der USt zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erforderlich ist.

Die USt wird von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes gem. Artikel 108 Abs. 3 GG verwaltet. Sachlich zuständig für die Verwaltung der USt sind die Finanzämter als örtliche Landesbehörden; die Verwaltung der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) obliegt den Hauptzollämtern als örtliche Bundesbehörden.

Die örtliche Zuständigkeit, also die Frage, welches Finanzamt zuständig ist, richtet sich nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO). § 21 Abs. 1 Satz 1 AO bestimmt, dass für die USt mit Ausnahme der EUSt grundsätzlich das Finanzamt zuständig ist, von dessen Bezirk aus der Unternehmer sein Unternehmen im Geltungsbereich des Gesetzes ganz oder vorwiegend betreibt.

Beispiel: A ist selbständiger Steuerberater mit Wohnsitz in Ibbenbüren. A betreibt im Bezirk des Finanzamts Münster-Innenstadt seine Steuerberaterpraxis.

Zuständig für die USt des A ist das Finanzamt Münster-Innenstadt, da A von dessen Bezirk aus sein Unternehmen betreibt (§ 21 Abs. 1 Satz 1 AO).

Das Bundesministerium der Finanzen kann zur Sicherstellung der Besteuerung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für Unternehmer, die Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes haben, die örtliche Zuständigkeit einem Finanzamt für den Geltungsbereich des Gesetzes übertragen (§ 21 Abs. 1 Satz 2 AO). Von dieser Ermächtigung ist durch Erlass der USt-Zuständigkeits-VO vom 21. 2. 1995 (BGBl 1995 I S. 225) Gebrauch gemacht worden. Die Verordnung ist am 1. 3. 1995 in Kraft getreten und bestimmt für die im § 1 der VO aufgeführten Länder jeweils ein bestimmtes Finanzamt, das für die USt der Unternehmer zuständig ist, die ihr Unternehmen von diesem Staat aus betreiben. Die überarbeitete USt-Zuständigkeits-VO vom 20. 12. 2001 (BGBl 2001 I S. 3794) ist letztmals im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2010 geändert worden.

Beispiele:


1) Zuständig für die im Königreich der Niederlande ansässigen Unternehmer ist das Finanzamt Kleve.


2) Zuständig für die in der Französischen Republik ansässigen Unternehmer ist das Finanzamt Offenburg.

Die Verordnung schließt jedoch die Anwendung des § 27 AO nicht aus. Sollten daher z. B. betroffene Unternehmer, für deren Besteuerung vor dem 1. 3. 1995 bereits ein Finanzamt im Inland zuständig war, den Antrag stellen, die Zuständigkeit auf ein anderes als das in der Verordnung festgelegte Finanzamt zu übertragen, kann eine entsprechende Zuständigkeitsvereinbarung getroffen werden, wenn beide Finanzämter zustimmen.

Für die USt von Personen, die keine Unternehmer sind, ist das Finanzamt zuständig, das auch für die Besteuerung nach dem Einkommen zuständig ist; in den Fällen des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO ist das Finanzamt für die USt zuständig, das auch für die gesonderte Feststellung zuständig ist (§ 21 Abs. 2 AO).

Beispiel: Der Angestellte A mit Wohnsitz in Recklinghausen erwirbt von dem französischen Pkw-Händler F in Paris ein neues Fahrzeug der Marke Renault.

A muss den Erwerb des neuen Fahrzeugs in Deutschland der Besteuerung unterwerfen. Zuständig für die USt des A ist das Finanzamt Recklinghausen, da A kein Unternehmer ist und für die Besteuerung nach dem Einkommen das Finanzamt Recklinghausen gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 AO örtlich zuständig ist.

1.3 Einordnung in das Steuersystem

Die USt ist


eine Sach- oder Objektsteuer; d. h., persönliche Verhältnisse werden nicht berücksichtigt,


eine Verkehrsteuer, da wirtschaftliche Verkehrsvorgänge (Umsätze) besteuert werden,


eine indirekte Steuer, da Steuerschuldner (Unternehmer) und Steuerträger (Endverbraucher) verschiedene Personen sind,


eine Veranlagungssteuer, da sie nach dem Prinzip der Selbstberechnung durch den Unternehmer (Steueranmeldung) erhoben wird,


eine periodische Steuer, da sie auf der Basis eines jährlichen Besteuerungszeitraums erhoben wird,


eine Gemeinschaftssteuer, da das Aufkommen zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden verteilt wird.

Die USt ist eine Netto-Allphasen-USt mit Vorsteuerabzug; d. h., die Besteuerung findet grundsätzlich auf jeder Wirtschaftsstufe statt.

Beispiel: Unternehmer U1 stellt eine Ware in seinem Unternehmen her; Vorsteuerbeträge sind hierfür nicht angefallen. Die Ware wird für 1.000 € zzgl. 190 € USt an den Unternehmer U2 veräußert. U2 veräußert die Ware für 2.000 € zzgl. 380 € an den Unternehmer U3. U3 veräußert die Ware für 3.000 € zzgl. 570 € USt an den Privatmann P. Es ist davon auszugehen, dass sämtliche Rechnungen ordnungsgemäß sind.

Bei wem und in welcher Höhe entsteht eine USt-Zahllast?

Wie hoch ist die Steuereinnahme des Staates wenn die Ware bei U3 vernichtet wird?

U1 muss aus dem Verkauf der Ware an U2 eine USt-Zahllast i. H. von 190 € an das Finanzamt abführen.

U2 schuldet aus dem Verkauf der Ware an U3 eine USt i. H. von 380 €. Da U2 ein Vorsteuerabzug i. H. von 190 € zusteht, ergibt sich eine Zahllast von insgesamt 190 €.

U3 schuldet aus dem Verkauf der Ware an P eine USt i. H. von 570 €. Da U3 ein Vorsteuerabzug von 380 € zusteht, ergibt sich eine Zahllast von insgesamt 190 €.

P ist wirtschaftlicher Träger der USt i. H. von 570 €.

Bei Vernichtung der Ware bei U3 ergeben sich für U1 und U2 keine Änderungen; d. h., U1 hat eine USt-Zahllast von 190 € und U2 hat ebenfalls unter Berücksichtigung der Vorsteuer eine Zahllast i. H. von 190 €.

U3 schuldet keine USt, da es nicht zu einem Verkauf der Ware kommt. U3 steht allerdings ein Vorsteueranspruch i. H. von 380 € aus der Rechnung des U2 zu. Folglich hat U3 einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt i. H. von 380 €.

Aus der Sicht des Staates ergibt sich zusammengefasst eine Steuereinnahme von 0 €.

1.4 Binnenmarkt

Der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister hat am 16. 12. 1991 die Richtlinie 91/680/EWG zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen verabschiedet. Durch diese Richtlinie wurde die 6. EG-Richtlinie vom 17. 5. 1977 zur Harmonisierung der USt umfassend ergänzt. Diese Richtlinie stellt einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zur Beseitigung der Steuergrenzen und Grenzkontrollen innerhalb der Europäischen Union (EU) dar. Die in der Richtlinie vom 16. 12. 1991 vorgesehene Regelung musste von den Mitgliedstaaten bis zum 1. 1. 1993 in das jeweilige nationale Recht umgesetzt werden (Artikel 28 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie). Deutschland ist dieser Verpflichtung mit dem USt-Binnenmarktgesetz vom 25. 8. 1992 (BGBl 1992 I S. 1548), das hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Bestimmungen am 1. 1. 1993 in Kraft trat, nachgekommen.

Die durch die Richtlinie vom 16. 12. 1991 getroffene Regelung stellt gem. Artikel 28 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie nur eine Übergangsregelung dar. Eine endgültige Regelung, die eine allumfassende Besteuerung im Ursprungsland, d. h., eine umsatzsteuerliche Behandlung von Lieferungen und sonstigen Leistungen wie Umsätze im Inland, regelt, konnte nicht verabschiedet werden. Die von deutscher Seite vorgeschlagene Regelung, Besteuerung im Ursprungsland mit einem Clearing-Verfahren, wurde von den übrigen Mitgliedstaaten abgelehnt, da diese bezüglich der Ausgleichsmechanismen mit erheblichen Haushaltsrisiken rechneten.

Nach langwierigen Verhandlungen wurde schließlich mit der Richtlinie vom 16. 12. 1991 eine Einigung erzielt, die im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Unternehmen eine Belastung mit USt im Bestimmungsland herstellt. Da das endgültige Ziel eines einheitlichen Binnenmarktes durch diese Regelung noch nicht erreicht ist, handelt es sich um eine Übergangsregelung, die gem. Artikel 28 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie auf zunächst vier Jahre – bis 31. 12. 1996 – befristet war, allerdings mit der Maßgabe, dass sich die Geltungsdauer automatisch bis zum Inkrafttreten der endgültigen Regelung verlängert. Um den Übergangscharakter im UStG deutlich zu machen, sind die entsprechenden Regelungen durch Kleinbuchstaben gekennzeichnet, z. B. §§ 1a, 1b, 6a UStG.

Das Ursprungslandprinzip ist bisher nur im Bereich des privaten Reiseverkehrs umgesetzt worden. Der private Letztverbraucher kann seit dem 1. 1. 1993 – ohne jede mengen- und wertmäßige Beschränkung – Waren aus einem Mitgliedstaat mit der USt dieses Mitgliedstaates belastet in seinen Wohnsitzmitgliedstaat mitbringen, ohne dass bei Grenzübertritt eine umsatzsteuerliche Erfassung erfolgt.

Es ist zz. nicht absehbar, wann die Übergangsregelung durch eine endgültige Regelung abgelöst werden wird.

Die 6. EG-Richtlinie ist durch zahlreiche Richtlinien geändert bzw. ergänzt worden; z. B. durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. 4. 1995 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG und zur Einführung weiterer Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer. Eine Neufassung ist durch die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. 11. 2006 vorgenommen worden (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie); diese ist am 1. 1. 2007 in Kraft getreten (Artikel 413 der Richtlinie 2006/112/EG).

Der EU gehören zz. folgende Mitgliedstaaten an:


Belgien


Bulgarien (ab 1. 1. 2007)


Dänemark


Deutschland


Estland (ab 1. 5. 2004)


Finnland (ab 1. 1. 1995)


Frankreich


Griechenland


Irland


Italien


Kroatien (ab 1. 7. 2013)


Lettland (ab 1. 5. 2004)


Litauen (ab 1. 5. 2004)


Luxemburg


Malta (ab 1. 5. 2004)


Niederlande


Österreich (ab 1. 1. 1995)


Polen (ab 1. 5. 2004)


Portugal


Rumänien (ab 1. 1. 2007)


Schweden (ab 1. 1. 1995)


Slowakei (ab 1. 5. 2004)


Slowenien (ab 1. 5. 2004)


Spanien


Tschechien (ab 1. 5. 2004)


Ungarn (ab 1. 5. 2004)


Vereinigtes Königreich


Zypern – teilweise – (ab 1. 5. 2004)

1.5 Prüfungsschema

Bei der umsatzsteuerlichen Prüfung eines Sachverhalts sollte folgende Prüfungsreihenfolge eingehalten werden:


1.1. Steuerbarkeit (§ 1 UStG)


2.2. Steuerpflicht/Steuerfreiheit (§§ 4, 4b, 5 UStG)


3.3. Steuersatz (§ 12 UStG)


4.4. Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25, 25a UStG)


5.5. Sondertatbestände (z. B. § 14c UStG)


6.6. Entstehung (§§ 13, 13b, 18b UStG)


7.7. Vorsteuerabzug (§ 15 UStG)


8.8. Berichtigung des Vorsteuerabzugs (§ 15a UStG)

Kapitel 2: Steuerbarkeit


2.1 Allgemeines

Steuergegenstand der USt ist gem. § 1 UStG der steuerbare Umsatz. Nur die im § 1 Abs. 1 UStG abschließend aufgeführten Umsätze sind steuerbar; es liegt eine enumerative Aufzählung vor. Es handelt sich um folgende Umsätze:


Lieferungen und sonstige Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG),


Einfuhr im Inland (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG),


innergemeinschaftlicher Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG).

Im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 wurde eine Neuregelung der Eigenverbrauchsbesteuerung vorgenommen. Die bisherigen Nr. 2 und 3 des § 1 Abs. 1 UStG wurden gestrichen.

2.2 Steuerbarkeit gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG

Der USt unterliegen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Tatbestandsmerkmale für einen steuerbaren Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG sind:


Lieferungen und sonstige Leistungen,


Unternehmer,


im Rahmen des Unternehmens,


im Inland,


gegen Entgelt.

Nur wenn sämtliche Tatbestandsmerkmale erfüllt sind, ist der Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbar. Ist nur ein Tatbestandsmerkmal nicht gegeben, ist der Umsatz nicht steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG.

2.2.1 Lieferung und sonstige Leistung


Oberbegriff für die Lieferung und die sonstige Leistung ist die Leistung. Auch die Lieferung ist eine Leistung. Die Differenzierung der Leistung in Lieferung und sonstige Leistung ermöglicht es dem Gesetzgeber, Art und Umfang der Besteuerung jeweils unterschiedlich zu regeln.

Grundlage für ein umsatzsteuerliches Leistungsverhalten ist das bürgerlich-rechtliche Verpflichtungsgeschäft. Als Verpflichtungsgeschäfte kommen insbesondere in Betracht:


Kaufvertrag

Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen. Hinweis auf § 433 BGB.


Dienstvertrag

Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein. Hinweis auf § 611 BGB.


Mietvertrag

Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der vermieteten Sache während der Mietzeit zu gewähren. Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter den vereinbarten Mietzins zu entrichten. Hinweis auf § 535 BGB.

Eine umsatzsteuerliche Leistung knüpft indessen nicht an das Verpflichtungsgeschäft an, sondern an das Erfüllungsgeschäft. Die Begründung der vertraglichen Verpflichtung ist noch keine Leistung. Vielmehr entspricht es dem Wesen der USt als Verkehrsteuer, auf die Vertragserfüllung abzustellen. Die Leistung wird grundsätzlich gegenüber demjenigen erbracht, der Vertragspartner des Verpflichtungsgeschäfts ist.

Beispiel: A vermietet an B eine Wohnung, die nicht von B, sondern von C bewohnt wird.

Die Vermietungsleistung wird von A gegenüber B erbracht.

Im Umsatzsteuerrecht herrscht der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung. Ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang darf umsatzsteuerrechtlich nicht in mehrere Leistungen aufgeteilt werden. Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung führt dazu, dass Vorgänge, die bürgerlich-rechtlich selbständig und je für sich betrachtet werden, nach umsatzsteuerrechtlichen Gesichtspunkten als ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang behandelt werden müssen, wenn sie wirtschaftlich zusammengehören und als ein unteilbares Ganzes anzusehen sind.

Nebenleistungen teilen umsatzsteuerrechtlich das Schicksal der Hauptleistung; dies gilt selbst dann, wenn ein besonderes Entgelt verlangt und entrichtet wird. Eine Nebenleistung liegt vor, wenn sie im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit ihr eng – im Sinne einer wirtschaftlich gerechtfertigten Abrundung und Ergänzung – zusammenhängt und üblicherweise in ihrem Gefolge vorkommt. Gegenstand einer Nebenleistung kann sowohl eine unselbständige Lieferung von Gegenständen als auch eine unselbständige sonstige Leistung sein. Verpackungs- und Beförderungskosten teilen als Nebenleistungen grundsätzlich das Schicksal der Hauptleistung.

Beispiel: Der Möbelhändler A betreibt in Augsburg ein Möbelgeschäft. Er verkauft einem Kunden einen Wohnzimmertisch und befördert diesen Tisch vereinbarungsgemäß mit seinem eigenen Lkw zu dem Kunden. Für den Transport erhält A ein gesondertes Entgelt.

A erbringt eine einheitliche Leistung; eine Lieferung des Tisches. Die Beförderung teilt als unselbständige Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung. Es liegt umsatzsteuerlich nur eine Leistung vor.

2.2.1.1 Lieferung

Lieferungen eines Unternehmers sind gem. § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

Beispiel: Bäckermeister B verkauft der Hausfrau H in seinem Geschäft in Münster ein Brot für 3,20 €.

Es liegt eine Lieferung gem. § 3 Abs. 1 UStG vor, da der B als Unternehmer den Abnehmer (H) befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand (Brot) zu verfügen.

Gegenstände i. S. des § 3 Abs. 1 UStG sind körperliche Gegenstände (Sachen gem. § 90 BGB, Tiere gem. § 90a BGB), Sachgesamtheiten und solche Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsverkehr wie körperliche Sachen behandelt werden, wie z. B. Elektrizität, Wärme, Wasserkraft. Unter dem Begriff „Sachgesamtheit" ist die Zusammenfassung mehrerer selbständiger Gegenstände zu einem einheitlichen Ganzen zu verstehen, das wirtschaftlich als ein anderes Verkehrsgut angesehen wird als die Summe der einzelnen Gegenstände. Beispiel für eine Sachgesamtheit ist die Stereoanlage, da die Stereoanlage wirtschaftlich als ein anderes Verkehrsgut angesehen wird als die Einzelkomponenten (Verstärker, Tuner, CD-Spieler usw.). Rechte sind dagegen keine Gegenstände i. S. des § 3 Abs. 1 UStG. Die Übertragung von Wertpapieren und Anteilen stellt ebenfalls eine sonstige Leistung dar (BMF-Schreiben vom 30. 11. 2006, BStBl 2006 I S. 793).

Die Lieferung setzt eine Verschaffung der Verfügungsmacht voraus. Der BFH hat hierzu im Urteil vom 12. 5. 1993 (BStBl 1993 II S. 847) ausgeführt, dass die Verschaffung der Verfügungsmacht den von den Beteiligten endgültig gewollten Übergang der wirtschaftlichen Substanz eines Gegenstands vom Leistenden auf den Leistungsempfänger beinhaltet. Der Abnehmer muss faktisch in der Lage sein, mit dem Gegenstand nach Belieben zu verfahren, insbesondere ihn wie ein Eigentümer nutzen und veräußern zu können. Die Verschaffung der Verfügungsmacht geht im Regelfall mit dem Übergang des bürgerlich-rechtlichen Eigentums einher; dies ist aber nicht zwingend. Abweichungen bestehen z. B. bei


der Veräußerung eines Grundstücks

Das bürgerlich-rechtliche Eigentum an einem Grundstück wird durch Auflassung (§ 925 BGB) und Eintragung im Grundbuch (§ 873 BGB) verschafft. Der Kaufvertrag muss notariell beurkundet sein (§ 311b BGB). Umsatzsteuerrechtlich ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausschlaggebend. Für die Verschaffung der Verfügungsmacht ist darauf abzustellen, wann Nutzungen und Lasten am Grundstück auf den Erwerber übergehen. Dieser Zeitpunkt wird regelmäßig bereits im Kaufvertrag festgelegt. Auf die Eintragung im Grundbuch kommt es insoweit nicht an.


der Veräußerung von Diebesgut

Der Dieb kann bürgerlich-rechtlich kein Eigentum übertragen, da er nicht Eigentümer des Diebesguts geworden ist. Der Dieb kann aber Verfügungsmacht an den gestohlenen Gegenständen verschaffen und somit Lieferungen i. S. des § 3 Abs. 1 UStG ausführen.

Wenn ein Gegenstand unter Eigentumsvorbehalt verkauft wird, liegt gleichwohl eine Lieferung i. S. des § 3 Abs. 1 UStG vor; denn wirtschaftlich kann der Käufer über den Gegenstand wie ein Eigentümer verfügen. Beim Kommissionsgeschäft (§ 3 Abs. 3 UStG) liegt eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär erst im Zeitpunkt der Lieferung des Kommissionsgutes an den Abnehmer vor (Abschn. 3.1 Abs. 3 Satz 7 UStAE).

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