Czytaj książkę: «Das magische Geheimnis der Familie Bernauer Verlockende Macht (Band 2)»
Paula Böhlmann
Das magische Geheimnis
der Familie Bernauer
Verlockende Macht
Kapitel 1
Abgang mit Stil
Fiona lächelte, als ihr Onkel Patrick und sein Kumpel Claudius hinter sie und Valerian traten.
Patrick legte eine Hand auf ihre Schulter, um zu demonstrieren, dass sie nun unter seinem Einfluss stand, und verkündete mit fast feierlicher Stimme: »Schön, dich zu sehen, Tante Aurora! Ist lange her!«
Fiona konnte ein schadenfrohes Kichern nicht unterdrücken. Das Gesicht ihrer Großmutter war einfach vorzüglich. Sie hatte ihre kalten blauen Augen weit aufgerissen und der Schock zeichnete sich deutlich auf ihrem strengen Gesicht ab. Sie hatte vermutlich nicht gedacht, dass sie den kleinen Jungen, den sie damals vernachlässigt und aus ihrem Haus gewiesen hatte, einmal wiedersehen würde.
»Fiona? Was hast du mit diesen Männern zu schaffen?«, fragte sie. Ihre Stimme war eisig und beinahe tonlos.
Fiona schenkte ihr ein gönnerhaftes Lächeln. »Das ist mein Freund Valerian, daneben steht sein Vater Claudius und Patrick kennst du ja schon.«
»Aber Kind, wie kommst du nur auf diese Leute?« Aurora schien völlig fassungslos. »Du hattet doch nie Kontakt zu schwarzer Magie! Du nicht. Du solltest doch für die weißmagischen Kontrollbehörden arbeiten. Das wolltest du doch auch. Das kann nicht sein!«, brachte sie nur bestürzt stammelnd über die schmalen Lippen.
Auf einmal war sie, Fiona, wieder der Hoffnungsschimmer ihrer Großmutter, jetzt, wo diese merkte, dass Fionas Engagement für die Familie nicht selbstverständlich war. Die Leute wollten immer das, was sie nicht haben konnten.
»Oh doch, Aurora! Deine Zauber sind so langweilig. Claudius zeigt mir Dinge, von denen ich vor einem halben Jahr nicht zu träumen gewagt hätte. Du hast ausgedient, alte Frau! Ich bin keines von deinen Spielzeugen, mit denen du dir deine unerfüllten Träume einer magischen Karriere verwirklichen kannst. Ich lass mich nicht von dir wie Dreck behandeln, nur weil dir einer meiner Tränke nicht passt. Damit ist Schluss!«, sagte Fiona und verschränkte die Arme vor der Brust.
So mächtig war Aurora gar nicht. Sie wirkte fast menschlich, so wie sie dastand – traurig, enttäuscht und erschüttert. Sie war bemitleidenswert und es desillusionierte Fiona. Die Frau, von der sie all die Jahre so viel gehalten hatte, ihr Vorbild, war am Ende auch nur gewöhnlich.
»Wieso tust du uns das an?«, flüsterte Cleo und in ihren Augen lag unendliche Trauer. Auch sie konnte nicht fassen, wozu sich ihre Tochter entwickelt hatte. Doch bei ihr schienen es echte Gefühle und nicht nur verletzter Stolz zu sein.
Fiona wich ihrem Blick aus. Sie wollte sich die Stimmung nicht mit lästigen Emotionen verderben lassen. Aus diesem Grund ließ sie ihre Blicke durch den Raum schweifen, während sie antwortete: »Weil ihr mir in den letzten Monaten so vieles angetan habt. Ich war so allein! Ihr seid keine Familie! Nur Claudius, Patrick und Valerian waren für mich da.«
»Du hättest nur etwas sagen müssen. Wir wussten doch nicht, dass es dir nicht gut geht«, bemühte Paige sich, mit geheuchelter Empathie zu deeskalieren.
Glaubte ihre Tante wirklich, sie hätte hier etwas zu sagen? Oder dass Fiona ihre Hilfe annehmen würde? Nein, sie würde Paiges helfende Hand auch verschmähen, wenn sie an einer Klippe über einem Abgrund hinge. Fiona lachte bitter und entgegnete: »Du hättest mir nicht helfen können. In dem ganzen verfluchten Haus gab es drei, vielleicht vier Leute, die mir nicht vollkommen gleichgültig waren. Und du hast nie dazugehört. Leider haben sich auch diese vier gegen mich gewandt.« Fiona legte eine kurze Denkpause ein. Sie sprach hier von ihrer besten Freundin Zoe, Aurora, Cleo und ihrer Schwester Elenor.
Auch wenn die beiden Letzteren ihr nicht offen geschadet hatten, hatten ihre Mutter und ihre kleine Schwester jedoch nicht die Courage gehabt, sich gegen den Rest der Familie zu stellen. Vielleicht war es unfair, so etwas von einer Achtjährigen zu fordern, aber Fiona fühlte sich auch von ihr verraten.
Allerdings behielt sie das für sich und erläuterte nur, warum Zoe und ihre Großmutter ausschlaggebend für ihre Radikalisierung gewesen waren: »Zoe beispielsweise, sie hat mich durch ihren Freund Thomas ersetzt! Aurora hat mich ebenfalls für diesen Typen fallen gelassen, denn er ist ja so viel schlauer und ein viel besseres Prestigeobjekt! Ich habe vorher nie gesehen, dass er der eigentliche Grund meines Untergangs war.« Fiona betrachtete Thomas, der gerade mit Zoe auf sie zusteuerte, und war selbst von der Erkenntnis überrascht. »Wenn ich es mir so recht überlege, sollte ich ihn einfach umbringen. Dann wäre wohl alles besser.« Das Gedankenexperiment machte Spaß, auch wenn sie wusste, dass es sich nur um hohle Phrasen handelte. Sie war keine Mörderin.
»Schatz, nicht vor den ganzen Leuten. Das verdirbt doch die Stimmung«, widersprach Valerian lachend und drückte ihre Hand.
»Und der gute Teppich ist dann auch Müll. Wenn, dann klär das draußen«, spottete Claudius. Man hörte die Gleichgültigkeit in seiner Stimme. Ihm wäre es garantiert egal, wenn sie Thomas jetzt abschlachten würde. Sie glaubte sogar, dass er sie aus der aufgebrachten Masse herausboxen würde. Das Schöne an Claudius und seinen Leuten war, dass sie so unfassbar loyal waren.
»Er kann nichts dafür, dass du und Zoe euch zerstritten habt«, verteidigte Leo seinen Traumschwiegersohn.
»Ja, vermutlich habt ihr recht. Ich verabscheue ihn dennoch«, stellte sie klar und schnippte mit dem Finger, worauf Thomas einfach zusammenklappte. Es sah aus, als hätte ein übermächtiges unsichtbares Wesen ihn geschubst.
Fiona musste kichern, weil es so witzig aussah. Zoe dagegen stieß einen kleinen erschreckten Schrei aus und kniete sich neben ihren Freund, der sich mühsam wieder aufrichtete und sich verwirrt umsah. Zoe half ihm auf und geleitete ihn zu einem Stuhl, während sie ebenfalls nach der Ursache für den seltsamen Vorfall Ausschau hielt. Im Gegensatz zu Thomas wurde sie fündig, denn ihr Blick fiel auf ihre Cousine, die sich vor Lachen schüttelte.
Zoe stolzierte mit zorniger Miene auf Fiona zu und fragte: »Was soll dieser Kindergarten?«
»Kindergarten nennt sie das?! Ich glaube, sie weiß gar nicht, wem sie da gegenübersteht«, sagte Patrick kopfschüttelnd. Er und Claudius tauschten einen Blick und mussten grinsen.
Zoe nickte zu Valerian. »Der Typ da, der seine Hand auf dem Arsch meiner Cousine hat, denke ich, ist ihr neuer Stecher. Wer ihr seid, weiß ich nicht, aber das ist mir auch scheißegal, denn ich werde euch sicher nie wiedersehen. Die Leute gehen hier ein und aus wie die Freier in einem Bordell, also haltet euch raus, wenn ich mit Fiona rede!«, zischte Zoe hochmütig und warf ihre langen blonden Haare zurück. Sie schien nur den Grund wissen zu wollen, wieso Fiona ihren Freund geschubst hatte.
Da würde sie sich allerdings noch etwas gedulden müssen. Erst einmal wollte Fiona sie diffamieren. Sie hatte keinerlei freundliche Gefühle mehr für ihre ehemalige beste Freundin. Zoe hatte sie verraten und vernachlässigt. Sie konnte keine Gnade erwarten.
Fiona spottete: »Wenn ich mir dein Kleid so ansehe, kann das mit dem Bordell ganz gut hinkommen.«
»Können wir bitte wieder zu unserem ursprünglichen Thema zurückkehren? Ich hoffe sehr für dich, dass du dir nur einen schlechten Scherz erlaubst, Fiona. Du kannst doch nicht wirklich erwarten, dass wir dein Outing als Schwarzmagierin so anstandslos abnicken«, mischte sich ihre Mutter Cleo ein.
»Schwarzmagierin?«, kreischte Zoe und plötzlich huschte ein Funken der Erkenntnis über ihr Gesicht. Sie erinnerte sich wohl an die Bücher, die sie bei ihrer Cousine gesehen hatte. Fiona bemerkte auch den Schock und die Reue, dass ihre Freundin dies als belanglos ignoriert hatte.
»Ja, so eine bin ich wohl, aber ich bin noch ein sehr kleiner Stern an diesem dunklen Himmel. Neben mir steht jemand viel Bedeutenderes. Das ist Magnus Claudius Wenninger. Bei ihm solltest du deine vorlaute Zunge besser etwas zügeln. Zu seinen siebzig Opfern kommt schnell die ein oder andere Person hinzu. Er ist mit dem Blutvergießen wirklich nicht zimperlich!«, verkündete Fiona. Für sie war es gar nicht mehr verstörend, dass der Vater ihres Freundes ein Massenmörder war. Sie fing Claudius gespielt empörten Blick auf und korrigierte kichernd: »Pardon! Höchstens sechzig Opfer! Du bist schließlich kein Monster, Claudius!« Ihr Lachen wurde lauter und schallte durch die Halle.
Das Interesse der übrigen Anwesenden an diesem Gespräch wuchs. Immer mehr Blicke wanderten zu der Gruppe um Aurora, die so angeregt debattierte. Noch war es jedoch zu laut, dass die Diskussion belauscht werden konnte. Aber auch die Blicke von Sigmar Bernauer fielen auf dieses Grüppchen und ihm gefiel offensichtlich nicht, was er da sah. Er humpelte auf sie zu. Er blieb vor seinem Sohn stehen und flüsterte: »Patrick! Ich habe es also doch richtig gesehen. Was machst du hier?«
Fiona wusste nicht, ob sie Trauer, Entsetzen oder Abscheu hörte. Wahrscheinlich war es eine Mischung aus allen dreien.
»Ich möchte natürlich den Geburtstag meiner lieben Cousine Paige feiern. Was denkst du denn? Glaubst du etwa, ich hätte die liebe kleine Fiona, die so niedlich Händchen mit Claudius Sohn hält, rekrutiert?«, höhnte Patrick. Er fühlte nicht das Geringste für seinen Vater. Bei Sigmar handelte es sich lediglich um seinen Erzeuger.
Hinter Sigmar tauchten Naomi und Dieter auf. Naomi stand der Schock ins Gesicht geschrieben, als sie ihren Bruder nach all den Jahren wiedersah. Sie klammerte sich an Dieter, der Fiona nur voller Fassungslosigkeit betrachtete und flüsterte: »Ich habe dir doch damals gesagt, dass du besser bist als diese Leute.«
»Sie müssten Fiona doch gut genug kennen, um zu wissen, dass sie nicht viel Wert auf fremde Meinungen legt«, meinte Valerian und verzog das Gesicht.
Plötzlich gaben Naomis Beine einfach nach und sie blieb von Tränen geschüttelt am Boden sitzen. Nun schien die Sache wirklich aus dem Ruder zu laufen. Immer mehr Gäste beobachteten das Geschehen. Auch Faith war auf ihre Mutter aufmerksam geworden, denn sie zog Ben hinter sich durch das Getümmel, um zu ihrer Familie zu kommen. Als sie vor ihrer Mutter stand und sie fragte, was los sei, deutete diese auf Patrick und keuchte: »Das ist mein Bruder!«
»Du hast einen Bruder, Mama?«, hakte Faith entgeistert nach und betrachtete ihren Onkel voller Verwirrung.
»Und er ist ein Schwarzmagier«, stellte Paige voller Abscheu klar.
Fiona hörte die Arroganz in ihrer Stimme. Wie konnte Paige sich immer noch für etwas Besseres halten?
Thomas, der sich von dem Schreck erholt hatte, trat zu Zoe. Er schien ebenfalls wissen zu wollen, was hier vor sich ging. Langsam wurden es Fiona zu viele Leute, die sich zu eng um sie tummelten. Sie war gern bereit, alle Fragen zu beantworten, aber hier ging alles durcheinander. Patrick stahl ihr momentan die Show.
»War das damals auch schon so schlimm, als du Claudius mitgebracht hast?«, fragte sie Patrick genervt.
»Nein, von mir haben sie wahrscheinlich nicht mehr erwartet. Ich bin schließlich kein Erbe. Außerdem musste ich Claudius nicht mitbringen. Aurora hat mich rausgeschmissen, als sie ein schwarzmagisches Buch bei mir gefunden hat«, berichtete Patrick gleichgültig.
»Schwarze Magie?«, fragte Thomas verständnislos.
Fiona brachte ihn mit einem Fingerwink zum Schweigen. »Daran sieht man wieder, welchen Einfluss Ordnung doch hat. Meine Bücher lagen immer unter meinem Bett, wo unsere hochnäsige Großmutter nie nachschauen würde.« Sie warf ihrer ehemals besten Freundin Zoe einen scharfen Blick zu. »Wäre ich nicht so überaus auf Ordnung bedacht, hätten sie mich bestimmt nach diesem kleinen Unfall erwischt und auch rausgeworfen, aber zum Glück habe ich mein Chaos vollständig aufgeräumt.«
Zoe entfuhr ein ersticktes Kreischen und sie sah Fiona flehend an.
Fiona verzog das Gesicht. Wie gern würde sie die kleine heile Welt ihrer Cousine einstürzen lassen, aber sie fürchtete, dass es auch Konsequenzen für sie hervorrufen würde, die nicht einmal Claudius abwenden konnte. Also entschied sie sich dagegen, die Beziehung zwischen Thomas und Zoe zu ruinieren, obwohl die Versuchung groß war zu erzählen, dass Zoe für den Tod von Thomas' Bruder verantwortlich war. »Keine Angst, du hast damals nicht gepetzt, als du die schwarzmagischen Bücher bei mir entdeckt hast. Ich werde jetzt nicht petzen«, beruhigte sie ihre Cousine.
»Was ist nur aus dir geworden, Fiona?«, fragte Zoe.
Sie erschien Fiona so lächerlich verzweifelt. Wieso interessierte Zoe sich nun für sie? Die ganzen letzten Wochen hatte nur Thomas gezählt.
»Eine starke, unabhängige Frau, die zu ihren Interessen und Überzeugungen steht«, antwortete Claudius an Fionas Stelle, den die Emotionalität der Familie Bernauer sehr zu nerven schien.
Fiona strahlte ihre Cousine triumphierend an und entgegnete: »Richtig, ich bin, was er gesagt hat!« Sie wusste auch nicht wieso, aber Claudius Komplimente waren das geworden, was die Anerkennung ihrer Großmutter einmal gewesen war.
Aurora hatte die ganze Zeit geschwiegen und sie nur beobachtet. Sie hatte wohl versucht herauszufinden, wer oder vielmehr was ihre Enkelin geworden war. Nun hatte sie genug gesehen, denn sie fand ihre Sprache wieder.
»Raus aus meinem Haus!«, befahl sie mit ruhiger, emotionsloser Stimme und wies mit den Fingern auf die Tür.
Noch vor einem Jahr hätte Fiona das in Tränen ausbrechen lassen, doch sie hatte sich verändert. Sie hatte keine Angst mehr vor ihrer Großmutter und es lag ihr auch nichts mehr an ihr. »Kein Problem, Oma! Die Koffer stehen bereits im Flur!«, erwiderte Fiona und kicherte. Jedoch war sie noch nicht ganz bereit zu gehen. Sie wollte noch eine Sache tun. »Aber Aurora, auch wenn ich deine Unterrichtsmethoden und den eintönigen Stoff verabscheue, hast du mir etwas beigebracht. Man sollte immer seine Würde behalten. Ich lasse mich nicht wie einen Hund vor die Tür setzen. Ich verlasse diese Hölle erhobenen Hauptes und jeder soll sehen, wieso ich gehe.« Mit jedem Wort, das sie sprach, wurde ihre Stimme lauter. Sie dröhnte durch die Halle und immer mehr Leute hörten zu. Matthias hatte inzwischen sogar die Musik abgestellt. Er schien zu sehen, dass da irgendetwas ganz gewaltig schieflief.
Fiona genoss die Aufmerksamkeit. Sie stand in der Mitte des Raumes. Jeder sah sie. Sie erhob die Arme und beschwor riesige Flammen, die sie auf ihren Händen und Armen tanzen ließ. Sofort wurde es im Raum totenstill. Die letzten Gespräche waren verstummt und alle Blicke lagen auf ihr. Man hörte nur das Knistern der Flammen.
Sie sah den Schock auf den Gesichtern der anderen. Ihre Familie konnte offenbar nicht fassen, dass sie ihre Identität verriet. Und die anderen Gäste zweifelten anscheinend an ihrer Zurechnungsfähigkeit, denn Geschrei wurde laut.
»Zauberhaft, nicht wahr?«, spottete Fiona unbeeindruckt und fuhr fort: »Ihr kleinen, erbärmlichen Menschlein schaut sicher ganz verwundert auf die Getränke in eurer Hand. Keine Angst. Das lässt sich auf keine Drogen zurückführen. Das alles ist echt. In diesem Haus herrscht Magie. Wir sind Hexen. Wir sind die Nachkommen der Agnes Bernauer, die wegen solchen widerlichen Kreaturen wie euch Menschen auf dem Scheiterhaufen starb! Nun hat sich das Blatt gewendet! Jetzt halte ich das Feuer in der Hand, mit dem ich innerhalb von Sekunden eure traurigen Leben beenden könnte.«
»Fiona, du sprichst tatsächlich wie eine Schwarzmagierin«, kreischte ihre Mutter schockiert. Tränen liefen über ihre Wangen.
Fiona brach in Gelächter aus und schrie dann: »Das liegt vielleicht daran, dass ich eine bin. Es tut mir leid, Mommy. Du hast in deiner Erziehung wohl versagt!«
»Ich hätte niemals gedacht, dass es Hexen gibt«, piepste Ben mit ungewöhnlich hoher, ängstlicher Stimme.
Die Erkenntnis brauchte noch eine weitere Sekunde, dann flog sein Kopf nach links, wo seine Freundin stand.
»Bist du auch eine?«
Faith nickte. »Aber nicht so ein Psycho wie Fiona!«, stellte sie klar.
Auch Thomas sah zu seiner Freundin, die nur nickte. Im Gegensatz zu Ben machte er keinen Schritt nach hinten, sondern hielt weiter ihre Hand. Wenn er nur wüsste, was sie alles getan hatten, dachte Zoe voller Erleichterung über seine Unwissenheit. Sie brauchte den Halt, den er ihr gerade gab.
»Die spinnt doch, oder?«, fragte ein menschlicher Partygast aufgebracht. Er war einer von Paiges Managerkollegen.
»Das dachte ich mir auch, als ich Ihren zwei Nummern zu kleinen Anzug gesehen habe, aber wie auch Sie meine ich das ernst. Wollen Sie eine Kostprobe meiner Fähigkeiten?«, fragte Fiona kalt lächelnd und hob den Mann mittels Telekinese nach oben.
Er brüllte wie am Spieß und strampelte. Das sorgte fast für eine Massenpanik und die Leute wollten aus dem Raum rennen, doch Claudius unterstützte Fiona, indem er eine unsichtbare Wand erzeugte. Niemand konnte fliehen. Fiona wusste, dass er es war, obwohl er in der Mitte des Saals mit verschränkten Armen stand und keinen Finger rührte. Sie sah es in seinen Augen. Immer wenn er zauberte, funkelten sie wie die Sterne am Nachthimmel.
Wenninger erhob die Stimme und verkündete: »Ich kann hier allen Versammelten jeden Knochen einzeln brechen oder Sie beruhigen sich einfach. Wir sind nicht hier, um jemanden zu töten. Wir wollen einfach nur klarstellen, wer Fiona ist. Wir wollen einen Abgang mit Stil für sie!«
Seine Worte erfüllten ihren Zweck. Die Leute beruhigten sich etwas und blieben stehen. Es half vermutlich auch, dass Fiona den Mann wieder absetzte.
Doch ihre Familie war noch immer schockiert.
»Was ist aus dir geworden, Fiona? Wer hat dich zu so etwas Krankem gemacht?«, kreischte Abigail und sah ihre Schwester mit einer Mischung aus Verzweiflung und Wut an.
»Das wart ihr. Ihr habt mir gezeigt, dass ich euch nichts bedeute. Ihr wart nie da, als ich Hilfe brauchte. Diese Leute, die ihr so verabscheut, sind es dagegen stets. Sie sind das Beste, was mir je geschehen ist. Die schwarze Magie ist etwas Außergewöhnliches und Wunderschönes. Sie bietet so viele Möglichkeiten«, stellte Fiona klar und ließ sich durch gezielt eingesetzte magische Winde nach oben schweben. Sie winkelte ihre Beine nach vorn an und überschlug sie. Es sah fast so aus, als würde sie auf einem Thron schweben, von dem sie auf ihre Untergebenen herabblickte.
Das schien auch Claudius so zu sehen, denn er holte sie mit einer winzigen Fingerbewegung wieder sanft auf den Boden. Er war so mächtig. Fiona hatte keine Chance. Er lächelte und wies sie zurecht: »Vergiss nicht, dass ich auch noch in diesem Haus stehe. Der Thron über der Menschheit gebührt mir!«
Fiona schenkte ihm ein Lächeln. »Den werden wir dir erobern!«
»Raus!«, schrie Aurora. Das war das erste Mal, dass Fiona ihre Großmutter schreien hörte. Sie erkannte ihre Stimme kaum wieder. Sie war so hoch und beinahe hysterisch.
Fiona baute sich vor ihrem ehemaligen Vorbild auf und verkündete: »Aurora, von all den Leuten in diesem Haus enttäuschst du mich am meisten. Nicht, weil du mich rausschmeißt, denn damit habe ich gerechnet. Mich schockiert, dass du es nötig hast zu schreien. Du hast mir beigebracht, dass starke Leute auf Geschrei verzichten können. Du bist nicht stark, sondern bloß gewöhnlich. Du hast deine Würde verloren!«
Mit diesen Worten ergriff sie Valerians Hand und zog ihn durch das Getümmel nach draußen in den Flur, wo ihre Koffer bereits auf sie warteten. Niemand hielt sie auf. Die Menschen waren zu schockiert, um sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.
Claudius und Patrick folgten ihnen. Im Foyer ergriff Valerian Fionas Gepäck und sie traten durch die Tür, die Patrick ihnen aufhielt. Fiona blieb im Rahmen stehen und rief in die Stille: »Auf Wiedersehen!«
Ohne dass sie es wollte, klang es wie eine Drohung.