Schaum-Welt-Komfort

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Paul-Heinz Schwan

Schaum-Welt-Komfort

Begleittext zu Peter Sloterdijk Sphären Band III: Schäume Frankfurt a.M. Suhrkamp 2004

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Inhaltsverzeichnis

Titel

poetische nachmittage mit sloterdijk

Ein Brief an die Leser

poetische notiz

Notiz

poetischer p r o l o g - schaumgeborenheit

schäume in der zeit des wissens

PROLOG Schaumgeborenheit

Schaum ist also„Luft an unerwarteter Stelle“

Schaumdeutung

Fruchtbare Schäume – Mythologisches Zwischenspiel

Naturschäume, Aphrosphären

Humanschäume

Die Schäume in der Zeit des Wissens

Revolution, Rotatation, Invasion

Wenn Implizites explizit wird: Phänomenologie

Ungeheures erscheint

Wir sind nie revolutionär gewesen

poetische einleitung luftbeben

air / condition

weltseele in agonie -

zwischenbetrachtung:

programm

Einleitung Luftbeben

1. Der Gaskrieg – oder: Das atmoterroristische Muster

2. Zunehmende Explizitheit

3 Air / Condition

4 Weltseele in Agonie

Zwischenbetrachtung:

5 Programm

poetisch übergang

ÜBERGANG Nicht Vertrag, nicht Gewächs

poetisch kapitel 1 insulierungen

a) absolute inseln

b) atmosphärische inseln

c anthropogene inseln

1. chirotop - drei effekte

2 das phonotop - sein in hörweite

3 das uterotop – wir-höhlen weltbrutkästen

4 das thermotop – der verwöhnungsraum

5 das erototop – eifersuchtsfelder stufen des begehrens

6 das ergotop – anstrengungsgemeinschaften kämpfende reiche

7 das alethotop – die wissensrepubliken

8 das thanatotop – die provinz des göttlichen

9 das nomotop – eine verfassungslehre

Resümee

KAPITEL I Insulierungen

A Absolute Inseln

B Atmosphärische Inseln

C Anthropogene Inseln

1 Chirotop – Die zuhandene Welt

2 Das Phonotop - Sein in Hörweite

3 Das Uterotop – Wir-Höhlen, Weltbrutkästen

4 Das Thermotop – Der Verwöhnungsraum

5 Das Erototop – Eifersucht, Stufen des Begehrens

6 Das Ergotop – Anstrengung kämpfende Reiche

7 Das Alethotop – Die Wissensrepubliken

8 Das Thanatotop – Die Provinz des Göttlichen

9 Das Nomotop – Eine Verfassungslehre

Resümee

poetisch kapitel 2 indoors architekturen des schaums

a1 aufgehalten-sein; halte-stelle und speicher

a2 empfänger gewöhnungsanlagen

a3 einbettung und immersion

a4 wohnen als immunsystem

a5 die wohnmaschine oder: das mobilisierte raumselbst

a6 adressen-management endverbrauch-standort klima-regelung

b zellenbau egosphären selbstcontainer

b1 zelle und weltblase

b2 selbstpaarungen im habitat

C foam city

c1 nationalversammlung

c2 die kollektoren:

c3 diskrete synoden: zur theorie der kongresse

c4 foam city – über urbane raumvielheiten

Kapitel 2 Indoors Architekturen des Schaums

A Worin wir leben, weben und sind

1 Das Aufgehalten-Sein; Halte-Stelle und Speicher

2 Empfänger, Gewöhnungsanlagen

3 Einbettung und Immersion

4 Wohnen als Immunsystem

5 Die Wohnmaschine oder: Das mobilisierte Raumselbst

6 Adressen-Management -Standort, Klima-Regelung

B Zellenbau, Egosphären, Selbstcontainer

1 Zelle und Weltblase

2 Selbstpaarungen im Habitat

C Foam City Makro-Interieurs

1 Nationalversammlung

2 Die Kollektoren: Stadien

3 Diskrete Synoden: Zur Theorie der Kongresse

 

4 Foam City – Über urbane Raumvielheiten

poetisch kapitel 3 auftrieb und verwöhnung

1. jenseits der not

2 die mängelwesen-fiktion

3 leichtsinn und langeweile

4 your private sky – die erleichterung denken

5 erste levitation – zur naturgeschichte des auftriebs

6 katastrophe der neolithischen mütter

7 verwöhnung im symbolischen – weltalter der himmlischen schätze

8 immanentes begehren, faustroman demokratisierung des luxus

9 das empire – oder: das komforttreibhaus;

10 windrose des luxus

Kapitel 3 Auftrieb und Verwöhnung

1. Jenseits der Not

2 Die Mängelwesen-Fiktion

3 Leichtsinn und Langeweile

4 Your private sky – Die Erleichterung denken

5 Erste Levitation – Zur Naturgeschichte des Auftriebs

6 Katastrophe der neolithischen Mütter

7 Verwöhnung im Symbolischen – Das Weltalter der himmlischen Schätze

8 Immanentes Begehren, Faustroman und Demokratisierung des Luxus

9 Das Empire – oder: Das Komforttreibhaus;

10 Windrose des Luxus

R Ü C K B L I C K

Impressum neobooks

poetische nachmittage mit sloterdijk

provenzalische

sommersonnenwendeworte

brennen trockene glieder

aus assoziationsketten

vertikalspannungen

flattern im zeitenwind

horizontale brisen

verwüsten das land

treiben schaumkronen

auf jedermannshäupter

auf allen bühnen

jedermannsworte

gültig für sekunden

unerbittliches leben

stimmt nachsichtig

schaut in

selbstbergung

wird ergriffen ergreifend

ergreifbares umschlingen

herbergsschlingen

nutzen auftriebswollen

unruhig ergreifbarer herzen

verdampfen alles

stehende ständige

vernebelte geburtlichkeit

schaut entsetzt

ins volleleere

mein volatiles ich

mein konsum

mein fortschritt

mein wachstum

mein atemloses reich

rückschau

produziert salzsäulen

vorschau läßt

gletscher weinen

jetztzeit ist grillzeitarbeit

heißeworte im freigehege

Ein Brief an die Leser

Sehr geehrte Appartmentbewohner, liebe Stadionbesucher.

Als Mitspieler in einer erstmaligen (einmaligen?) Aufführung in den Appartments und Stadien der Neuzeit heiße ich sie im dritten Band meiner Begleittexte zu unserem Sphären-Autor herzlich Willkommen.

Wenn Sie, wie Sloterdijk es beabsichtigte, den dritten Band auch eigenständig lesen möchten, darf ich ihnen einen kurzen Hinweis auf mein Vorgehen mit auf den Leseweg geben. Vor Ihnen liegt eine Leselupe die ich für Sie als Begleittext verfasst habe. Ich selber las die drei Bände als nicht-studierter-Philosoph.

Der Ansatz des Autors fasziniert mich, weil es der erste umfassende Versuch ist, eine Philosophie als Lebensweltgeschichte aus der Geburtlichkeit des Menschen heraus zu entwickeln. Was eigentlich liegt näher, als so vorzugehen? Alle anderen philosophischen Versuche sind „Luftschlösser“, weil sie den Menschen nicht näher definieren, sondern etwas um ihn herum konstruieren, ohne nach seiner Wesens-typischen Dynamik zu fragen und diese in den Mittelpunkt der Welterklärung zu stellen. Insofern heißt es in den poetieschen nachmittagen: „provenzalische sommersonnenwendeworte brennen trockene glieder aus assoziationsketten“.

Hier entfielen oder korrigierten sich bei mir einige vertraute Denktypen.

Für meine Wege zu den Bänden nutze ich zwei Wanderpfade:

1. für jedes Kapitel eine Aussicht über wesentliche Aussagen als Langtext

2. für jedes Kapitel eine poetische Stichwortsammlung

Insofern haben Sie jeweils nur den halben Seitenumfang zu bewältigen, wenn Sie sich für eine entscheiden.

Diese Zweiteilung habe ich gewählt, weil sie meinen Weg die drei Bände zu lesen wiedergeben. Ich las Sloterdijk auf einer Ebene „sachlich“, um ihn wie andere Autoren „zu verstehen“. Da ich ihn als philosophischer Autodidakt las, reichte das nicht, um viele Passagen wirklich zu verstehen. Aber immer, wenn ich das Buch beiseite legte, ließ es mir keine Ruhe sein Denken zu ergründen, oder besser: Mein Denken ließ mir keine Ruhe. Es wollte dem Sinn nach-reisen, „verstehen“.

Dieses Nachdenken führte zu einem eher poetischen Wort-Wolken-Spiel. Man sieht tausend Wolken aber noch keine schlüssige Wetterlage, keinen Trend dieses Wolkenbildes. Ich spürte, wie ich nach und nach den Zusammenhang besser verstand, aber mir die angemessenen Worte für eine Wiedergabe fehlten, oder besser die angemessenen zwar durch den Kopf zogen, sie aber noch keine Sätze bilden konnten, kein versammeltes Bild schufen.

So biete ich Ihnen beide Varianten an, falls es Ihnen auch so ergehen sollte. Die meisten Aussagen sind im Original oder so Werkgetreu wie möglich wiedergegeben. Die Kapitel entsprechen der Gliederung im Original. Deshalb finden sie keine Fußnoten oder Seitenangaben.

Mit freundlichen Grüßen

PH Schwan

poetische notiz

noch einmal neunhundert seiten

der letzte band im großen wurf

liegt nun vor uns

die ersten zwei?

anläufe, warmlaufen

vorlaufen ins große ganze

stärken den rücken

für lange wege

der dritte

der abschließende pol

läßt offene fragen für weiteres

anders klarer frischer aufblitzen

ist auch alleine lesbar

im ersten

große erzählungen über

sphären-wesen die sich über

orte entwicklung schützendes sprache zeichen

kreieren

ihr zusammensein empfindlich lernfähig

sellenräumlich moralisch sympatie verständnis

alles zeigt:

wir-immunität ist tiefer als ich-immunität

doch nähe löst auch primäragression aus

das allen wiederfahrende grundereigniss

die klausur in der mutter

für jeden neuen raumdesigner

der nun ein leben im außen

gemeinsam

mit dem inneren geheimnis

dem seismograf für abweichungen

von diesem idealen raum

führen muss

im idealfall behütet ergänzt

von „reichen“ müttern vätern und einigen mehr

das flüstert ihm gestaltungszwang

-drang -wunsch -wille -kraft -macht ein

alles seine wesensmerkmale

basis permanenter unruhe sorgen- und hoffnungsdelirien

zusammenleben entwickelt

sich in solch gefüllten sphären

das ist das natürliche am m e n s c h e n

dem empfänger-überträger von gespür und stimmung

von ich-hier nach du-dort

die passung ein schwankendes schiff

einander erreichbar u n d einander transzendent

von da an eine erzählung über die

expansion des seelischen

in imperialen und kognitiven weltbesetzungen:

familien hütten dörfer städte imperium universum

die psyche will teilhabe

am finden des unzerstörbaren

kognitiv und architektonisch

deshalb:

wer jedes einzelne leben verneint

und private immuninteressen ignoriert

wird „abgelöst“

wer infinität über immunität stellt

zerschmilzt im leben-will-leben-strahl

so globalisiert die welt dreifach:

metaphysisch

terristrisch

telekommunikativ

das „leben“ entfaltet sich so

multifokal: ein gott sprachlos – viele bewerben sich

multiperspektivisch: augen gehen nicht nur zum himmel

heterarchisch: kein oben ohne unten – jeder will könig sein

auf

simultanen bühnen

in

vernetzten werkstätten

sie tun immer eins:

bringen den raum hervor

eine raumrepublik

immer bedroht bereichert

verlust an form gewinne an beweglichkeit

ausgediente übertreibung folgen schwärme von

diskreten aufschwüngen

»auf die schiffe, ihr philosophen!«

Notiz

Zur Einstimmung eine Kurzfassung für „nur Band III-Leser“. Sloterdijk möchte in diesem dritten Band der Erwartung nachkommen, dass dieser ohne Vorkenntnisse aus den ersten Bänden zu lesen sei. Sein gesamtes Vorhaben der drei Bände sei auch am besten von seinem abschließenden Pol her zu überblicken.

Band I –Blasen- ist die große Basis-Erzählung zur ersten Sphäre in der für uns alle, alles beginnt, eine geschützte Innen-Brüter-Sphäre, sorgsam abgeschottet und sie doch spürend, die schon lange vor mir wogenden-tobenden Außen-Sphären. Und doch entwickelt sich im Innen ein Lauscher an der Wand, in dem Drängendes wächst -ein Zug ins Außen-. Hin zu einem In-der-Welt-sein, d. h. einem Leben im Außen, das Innenwelten trägt.

Sphäre ist "der" Grundbegriff, der sich über die drei Bände in topologische (Lage, Ort), anthropologische (menschliche Entwicklung), immunologische (umfassend: mich/uns „schützend“) und semiologische (Sprache, Zeichen) Bedeutungsaspekte verzweigt.

Das nahe Zusammen-Sein von Menschen mit Menschen stiftet ein bisher zu wenig beachtetes Interieur, eine Mikrosphäre. Ein empfindlich und lernfähiges, ein seelen- räumliches –wenn man will moralisches-Immunsystem in dem die Wir-Immunität gegenüber der Ich-Immunität das tiefere Phänomen verkörpert.

Das "Wir-Gefühl" –minimal die Zwei- ist die Basis, das tiefere Gefühl, gegenüber der Eins des "Individualismus", weil wir schon in den neun Monaten nicht alleine sind. Ein AUCH -das werdende Kind- umhegt-versorgt von einem MIT -der Plazenta-, unser erstes direktes "Gegenüber", bilden „zu zweit“ die erste und "ideale" Sphäre. Meine stille, fast vergessene, lebenslange Sphären-Blaupause. Vielleicht ist sie es, wenn man sagt, oder wenn ich glaube: Ich sei von allen guten Geistern verlassen.

„Nichts ist im Großen was nicht im Kleinen angelegt ist.“

Eine wie Sloterdijk selber sagt: spekulative Philosophie zu der eine „neue“ Sprachsensibilität gehört, deren Evidenz aber seit langem Formen annimmt. Schon Sokrates lehrte Mäeutik -Hebammenkunst-, längst vergessene Traditionen begruben die Plazenta im Garten unter einem Lebensbaum und in unseren Tagen war es Alfred A. Tomatis, der die wiedererkennbare Mutterstimme „vom ersten Tag an“ zu einer verbreiteten Therapieform entwickelte. Außerdem Hannah Arendt über die Geburtlichkeit, Ludwig Janus „Das Seelenleben des Ungeborenen“ oder Tatiana Shchyttsova „Jenseits der Unbezüglichkeit Geborensein“ um nur einige zu nennen.

 

Auch Hermann Schmitz mit seiner Neuen Phänomenologie.

Damit verbunden sind seine Ausführungen über das sphärenbedürftige, diese aber (mit)erzeugende, (mit) gestaltende und von Sphären (mit)geformte Wesen, das wir zu schnell, kaum hinterfragt, als Mensch voraussetzen. Selbst unräumliche Verhältnisse wie Sympathie und Verstehen lassen sich in quasi räumliche Verhältnisse übersetzen. Gleichzeitig macht die notwendige, unumgehbare Nähe mit anderen, anfällig für die Auslösung von Primäragressionen.

„Das Bekannte ist selten das Erkannte“. (Hegel) Deshalb wagt er sich mit assoziativem Sprachwerkzeug, tastend, erahnend, mit neuen und frischen Worten an das allen Menschen wiederfahrende Grundereignis – der Werdensklausur in der Mutter- heran. Jede Geburt bringt einen neuen Raumdesigner aus art-typischen Gründen hervor, ist eine Chance zu einem Weltaufgang.

Das nahe Zusammen-Sein von Menschen mit Menschen stiftet ein bisher zu wenig beachtetes Interieur, eine Mikrosphäre. Ein empfindlich und lernfähiges, ein seelen-räumliches –wenn man will moralisches-Immunsystem in dem die Wir-Immunität gegenüber der Ich-Immunität das tiefere Phänomen verkörpert.

Aus dem „Grundstudium von Innen“ kommend wird ein jeder in den Praxisschock gestellt. Ein geburtliches Wesen, dass von nun an ein Leben im Außen mit einem –nur ihm gehörenden- inneren Geheimnis über den idealen Raum führen muss. Im Idealfall gut behütet, ergänzt und inspiriert von „reichen“ Müttern, Vätern und hoffentlich einigen Begleitern mehr. Bald wird es als „reiche Daseinsfürsorge“ im „reichen Sozialstaat“ eine zeitragende Rolle spielen. Gott darf uns verlassen, nur der „Sozialstaat“ nicht. Der antwortet auch konkret.

Die tätowierte Feinfühligkeit, der innere Seismograf für die Abweichungen neuer Räume vom ersten wird im Außen sein Urbegleiter bleiben. Manches mal stört die Fliege an der Wand, oder der Partner, oder der Nachbar, oder die Regierung, gar die ganze komplizierte Welt. Erwachsenwerden bedeutet von nun an, auch in Anders-Räumen klar zu kommen, ein gutes Leben zu führen. Wenn nicht, „platzen“ Blasen.

Das tut es von Beginn an nicht im „freien“ auch nicht natürlich instinktiv mit der Natur. Schon gar nicht alleine, sondern eigenwillig Ergänzungsbedürftig, mit der bleibenden Erinnerung an seinen inneren Begleiter und der ersten traumhaften Sphäre mit ihm.

Das wird ihn wach und unruhig halten und ihm Gestaltungsdrang, -wunsch, -wille, -kraft, -macht als ein typisches Wesensmerkmal "einflüstern". Sie bilden die Basis seiner permanenten Unruhe, Sorge und Hoffnungsdelirien.

Das Zusammenleben von Menschen in einer Welt/ auf einer Erde, entwickelt sich in Sphären. Das ist das Natürliche am Menschen.

Der Mensch ist folglich ein Sphärenwesen. Er überträgt sein Gespür der prä- und perinatalen innen -sphäre, auf alle folgenden postnatalen außen-sphären: Familie, Freunde, Sippe, Dorf, Schule, Beruf, Stadt, Welt. Sie bleibt ihm -Vor-bewußt- der tägliche Begleiter, weil er nicht anders kann, als im ständigen Soll-Ist-Abgleich von innen- und außensphäre seinen Standort in der Welt der Vielfalt zu verorten.

Aus der Differenz entsteht sein inneres, schwankendes Gefühl der Passung und sein Entschluss, diese zu akzeptieren, zu verändern oder am Missverhältniss zu kranken.

Die Größe der Differenz schwankt mit den Komponenten der Sphäre und deren jeweiligem individuellen Bedeutungskranz. Die wesentlichen Komponenten sind:

- topologische (Lage, örtlich, Struktur),

- anthropologische (menschliche Entwicklung),

- immunologische (im weitesten Sinne „schützend“) und

- semiologische (Sprache, Zeichen).

In jedem Fall ist er ein Lebewesen, dass auf Nähe und Teilhabe angelegt ist, auch wenn es entgegen aller Freundschaft, Liebe, Verstehen, Konsens, gelegentlich die Primäragrressionen freisetzt. Sie sind füreinander erreichbar und doch einander transzendent.

Band I ist eine Tauchfahrt in den Abgrund der ontologischen Nervosität für Mitseiende, Andere und Äußere.

Band II beschreibt die Konsequenzen aus dieser Einsicht in die ekstatisch-surreale Natur des erlebten und bewohnten Raums. Eine Erzählung über die Expansion des Seelischen im Zug von imperialen und kognitiven Weltbesetzungen: von der familiären Grundsituation in der Hütte über das Dorf, die Stadt zum Imperium ins finite Universum bis es sich im unbewohnbaren grenzenlosen Raum verliert.

Immer der Frage nachgehend, wie die Psyche Teilhabe am Unzerstörbaren zu finden meint oder -der bergungssuchenden- suggeriert wird: kognitiv und architektonisch.

Wie der anonyme plazentale Genius und der Fötus das erste Paar bilden, so Gott und Seele, wahlweise Kosmos und Einzelintellekt, das letzte.

Die klassische Metaphysik zerbricht daran, dass sie die Sache des Lebens verteidigen will -das naturgemäß nur in der Endlichkeit eines individuierten Immunsystems aufgehoben ist- aber jedes einzelne Leben verneint und private Immuninteressen ignoriert.

Die klassische Metaphysik musste an ihrer inneren Unmöglichkeit, an ihrem eigenen Widerspruch scheitern. Im Widerstreit zwischen Infinität und Immunität wurde und wird auch heute der Urstreit des Denkens, das philosophisch sein möchte, manifest.

Der Band II schließt mit der Erzählung über die dreifache Globalisierung: die erste, die Metaphysische beginnend mit dem „Einen-Schönen-Kugeldenken“, der zweiten, der terrestrischen mit der Welteroberung durch „Weltumsegelung“ in der das Geld –besser der Kredit- an Bord von Schiffen geht und mit Mehrwert rückzahlbar zurückkommt und der dritten, der telekommunikativen, der Weltdurchdringung durch elektronische Simultaneität vom heimischen Sofa aus. Letztere brächte die Menschheit nach Marshall McLuhan in eine supertribalistische „psychische Gemeinschaft“.

Der Band III legt eine Theorie des gegenwärtigen Zeitalters vor unter dem Gesichtspunkt, dass das „Leben“ sich multifokal, multiperspektivisch und heterarchisch entfaltet.

Multifokal: der eine Gott ist sprachlos geworden und viele Stimmen bemühen sich um die Nachfolge;

Multiperspektivisch: die Augen gehen weniger zum Himmel, sondern blicken -oft genug entleert- aus und in alle Richtungen;

Heterarchisch: „Oben“ und „Unten“ haben ihr Amt niedergelegt, nun will jeder „König“ sein.

Nun artikuliert sich das Leben auf ineinander verschachtelten simultanen Bühnen, es produziert und verzehrt sich in vernetzten Werkstätten. Doch was das entscheidende ist: Es bringt den Raum, indem es ist und der in ihm ist, jeweils erst hervor.

Unter der Metapher des Schaums umschreibt Sloterdijk das als eine Republik der Räume.

Weder bei den traditionellen Religionen noch bei den Metaphysikern war die Sache des Lebens- des unschlüssigen Lebens- nicht wirklich in guten Händen. Sie verordneten immer nur das Placebo der Hingabe an eine himmlische Verfassung.

Die alteuropäische Denk- und Lebensform Philosophie ist unleugbar erschöpft. Was folgt: Biosophie? Atmosphärentheorie? Immun- und Kommunsysteme? Theorie der Örter? der Situationen? der Immersionen? der Netzwerke? eine globale Wissensgesellschaft? eine neue Weltreligion?

Noch gibt es keine eindeutigen Favoriten. Aber wo man noch den Verlust an Form beklagt, stellen sich doch Gewinne an Beweglichkeit ein.