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Patrick Lynen

Illustrationen von Reiner Bergmann

how to get

GELASSENHEIT


Dies ist kein therapeutisches Buch. Therapie ist nach dem Verständnis der Macher die Behandlung von Krankheiten. Dieses Buch versucht nur, Klärungen und Lösungen für Scharniermomente im Leben zu bieten. Die folgenden Seiten sind nicht dazu geeignet, gesundheitliche Störungen oder persönliche Probleme zu diagnostizieren oder zu behandeln. Der Autor und der Verlag übernehmen daher keine Haftung für Folgen jedweder Art, die sich direkt oder indirekt aus dem Lesen oder den Empfehlungen dieses Buches ergeben. In manchen Lebenssituationen kann es sinnvoll sein, sich professionelle therapeutische Hilfe zu holen. Hausärzte können in der Regel geeignete Fachleute wie Psychologen, Psychotherapeuten oder Neurologen empfehlen.

© KOHA-Verlag GmbH Burgrain

Alle Rechte vorbehalten

1. Auflage 2014

Lektorat: Nayoma de Haën

Cover: © Sabine Dunst, Guter Punkt München

© Autorenfoto: Amanda Berens, Köln

Gesamtherstellung: Karin Schnellbach

ISBN 978-386728-741-8

ebook-Herstellung und Auslieferung

Brockhaus Commission, Kornwestheim

www.brocom.de

für Justus.

für Laurenz.

für Leon.

für dich.


INHALT

• Herzlich willkommen

• Gelassen mit Veränderungen umgehen

• Gelassen mit Stress umgehen

• Gelassen mit Konflikten umgehen

• Gelassen mit sich selbst umgehen

• Schlüssel zur Gelassenheit: Dankbarkeit und Selbstliebe

• Finale

VORWORT VON STEFAN BÜSSER

Unser Leben ist voll von Rat-Schlägen. Gelassenheit geht so, nein, eher so. Nicht alle diese Tipps helfen. Aber die von Patrick schon. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen.

Mir hat Patrick in einem Coaching hier in der Schweiz mal gesagt: »Bei dir ist weniger viel mehr.« Seine Botschaft: Mach einen Schritt zurück! Überleg nicht ständig, was du noch mehr machen kannst, um entspannter zu sein. Überleg stattdessen: Mache ich das, was ich tue, überhaupt richtig? Was kann ich daran noch vereinfachen, damit ich nicht ständig im Hamsterrad des Alltags laufe?

Damals habe ich mich gefragt: Warum hat noch keiner gemerkt, dass ich eigentlich viel mehr kann, obwohl ich es ständig sage? Vermutlich eben gerade darum, weil ich zu viel gemacht und geredet habe. Im Suchen nach der ganz großen beruflichen Lösung sind meine wahren Stärken irgendwie untergegangen.

Die besten Botschaften sind die, die wir in einem Satz zusammenfassen können. Wie: »Bei dir ist weniger viel mehr.« Maximierung durch Reduktion sozusagen. Ziemlich klug war das.

Und wie ist es außerhalb des Jobs? Ich finde, Gelassenheit ist kein großes Gebäude. Sie ist die Ansammlung kleiner Momente. Ein Lächeln, ein Händchenhalten, ein Geschenk, ein Zurücktreten aus der Mühle des Alltags. Auch das habe ich durch unsere Zusammenarbeit verstanden.

Herzliche Grüße aus Zürich

Stefan Büsser

Stefan Büsser ist Radio- und TV-Moderator in der Schweiz. Er arbeitet dort für die großen Sender als Moderator und Comedian.

Herzlich willkommen


Unsere Fähigkeit, über Sprache miteinander zu kommunizieren, ist etwas Wundervolles, ein großartiges Geschenk unserer kulturellen Entwicklung. Jedes Wort hat eine besondere Kraft. Jeder Satz hat seine eigene Energie. Worte können verbinden oder trennen, sie sind dunkel oder hell, sie erschaffen Freundschaft oder Feindschaft.

Manche Worte bringen uns nach vorne, andere bremsen uns aus. So wie wir miteinander reden, so erleben wir unseren Tag. Ich würde es daher klasse finden, wenn wir uns hier vertrauensvoll duzen könnten. Ein Du ist einfach entspannter, und schließlich geht es hier ja um Entspannung, Leichtigkeit und Gelassenheit. In England klappt es doch auch, dass sich alle duzen, ohne dass die Menschen den gegenseitigen Respekt verlieren. Also, ich biete Ihnen hiermit das »Buch-Du« an. Ok? Du kannst es natürlich jederzeit zurückziehen, wenn du die letzte Seite gelesen hast.


EIN PLÄDOYER FÜR DEN AUFBRUCH

Bis vor Kurzem herrschte in der Persönlichkeitspsychologie die Auffassung, dass mit etwa 30 Jahren der Charakter ausgebildet ist und dann auch so bleibt. In den vergangenen Jahren haben aber Studien von Neurowissenschaftlern gezeigt, dass sich die Persönlichkeit während des gesamten Lebens verändern kann und sich auch bei Älteren noch sehr viel tut.

Das Hirn ist also nie »fertig« konstruiert! Es kann sich bis zum Tod verändern und neu vernetzen. Zwar langsamer, doch die Verästelungen im Hirn wachsen. So ist es unserem Denkorgan also tatsächlich möglich, innerhalb kurzer Zeiträume auf neue Ideen und Herausforderungen zu reagieren und neue Gedanken-Autobahnen anzulegen, die bisher gar nicht vorhanden waren.

Ja, auch du kannst gelassener werden! Selbst wenn du bis jetzt zu den großen Hektikern und Stressbolzen gehört hast. Wie das funktioniert, das erklärt dir dieses Buch. Ich beschreibe hier zahlreiche Erkenntnisse, Tricks und Kniffe, die ich auf dem Weg zu mehr Gelassenheit schätzen gelernt und an viele Menschen weitergegeben habe. Die Wirkung ist ähnlich wie in folgender Geschichte:

Ein sterbender Bauer sagt seinen Kindern, er habe auf seinen Feldern einen wertvollen Schatz für sie vergraben. Doch verrät er ihnen nicht wo. Schon bald nach seinem Tod graben die Geschwister den Boden um. Von links nach rechts, von oben nach unten, und zur Sicherheit noch einmal von vorne nach hinten. Nichts. Kein Schatz, kein Reichtum. Im darauf folgenden Frühling jedoch tragen die Felder – belüftet wie nie zuvor – die beste Ernte aller Zeiten.

STATIONEN AUF DEM WEG ZU MEHR GELASSENHEIT

Immer und unter allen Umständen gelassen? Nein, das bin ich leider auch noch nicht. Aber unglaublich viel gelassener, als ich es noch vor wenigen Jahren war. Und auf dem Weg dorthin habe ich ganz viel begriffen. Vor allem, dass es für innere Ruhe und Gelassenheit wichtig ist, auch mal innezuhalten, freundlicher mit anderen umzugehen, sich selbst besser kennen und vielleicht sogar lieben zu lernen, in den eigenen Seelenkeller hinab zu steigen, dort ein wenig aufzuräumen und Dankbarkeit zu kultivieren.

Wenn du magst, kannst du an meinen Erkenntnissen teilhaben. In diesem Buch steht dir ein Kaleidoskop zur Selbsterkenntnis zur Verfügung. Wenn du beginnst, dich selbst zu betrachten und zu reflektieren, erkennst du auch, wie andere Menschen agieren und reagieren. Wenn du Klarheit und innere Ruhe ausstrahlst, kommen sie dir auch entgegen. Du kannst dann …


achtsamer durch dein Leben gehen,
deine inneren Antreiber besser verstehen,
Konflikte besser erkennen, verstehen und auflösen,
durch Selbstliebe deine Ängste in Kraft verwandeln,
mit Dankbarkeit dein Selbstbewusstsein steigern,
Ziele entwickeln, dranbleiben, dich immer wieder selbst aufrichten,
Veränderung als etwas Selbstverständliches ansehen,
und letztlich immer häufiger aus deiner inneren Mitte inneren Frieden schöpfen.

Auf diese Weise kannst du Stress Stück für Stück reduzieren, einen achtsameren Umgang mit dir selbst erlernen und schließlich gelassener mit dir und den Ereignissen des Alltags umgehen.

EIN BUCH, DAS WIRKLICH SPASS MACHT

Während meiner Trainertätigkeit habe ich verstanden, dass Lesen unbedingt Spaß machen sollte. Langwierige Textwüsten und mühsame Übungsanleitungen werden, selbst wenn sie noch so effektiv sind, selten durchgehalten. Deswegen nimmt jeder der Texte dieses Buches nur wenige Minuten Lesezeit in Anspruch. Eine Zeitspanne, die sich leicht in den Alltag integrieren lässt.

Du kannst die Buchkapitel einfach nach Stimmungslage lesen oder ganz normal von vorne nach hinten wie man es normalerweise mit Büchern macht. Doch lies dieses Buch bitte in jedem Fall so bewusst wie möglich. Denn nur mit der nötigen Reflexion und dem geschickten Einbauen der Impulse in deinen Alltag kannst du dahin kommen, morgens mit einem Grinsen aufzuwachen und voller Überzeugung zu sagen: »Das Leben ist großartig. Ich werde es auch heute gelassen genießen.«

ÜBRIGENS: DIES IST DAS ERSTE BUCH MIT EIGENEM RADIOSENDER. UNTER WWW.DASCOACHINGRADIO.DE HÖRST DU RUND UM DIE UHR EINE HANDVERLESENE MUSIKAUSWAHL MIT GANZ VIEL ENTSPANNENDER MUSIK. AUSSERDEM GIBT ES ALLE ZEHN MINUTEN TOLLE TIPPS UND ÜBUNGEN ZU DEN GEDANKEN AUF DEN FOLGENDEN SEITEN, GESPROCHEN VON MIR UND DER SCHAUSPIELERIN DOROTHEE KRÜGER. AUCH DAS COACHINGRADIO HILFT DIR, JEDEN TAG ZU WACHSEN UND EIN NEUES VERSTÄNDNIS FÜR DICH SELBST UND DAMIT MEHR GELASSENHEIT ZU ENTWICKELN.

 

WENN ES ZU DIR PASST

Die Geschichte des Lernens war schon immer die Geschichte des Diebstahls. Die Beatles wurden die Beatles, weil sie zu Beginn ihrer Karriere verzweifelt die Everly Brothers imitierten. Elmar Hörig, Deutschlands größter Radiomann aller Zeiten, wurde so bekannt, weil er den britischen DJ Kenny Everett kopierte. Am Ende war er sogar besser als das Original. Steve Jobs von Apple hat die Idee des Personal Computers einfach »nur« auf das nächste Level gebracht. Man sollte allerdings nur die Dinge nachmachen, mit denen man eine wahre Resonanz in sich verspürt. Und dann ist entscheidend, mit welcher Haltung du sie für dich nutzt. Nutze nur das, was deine eigene Seele im tiefsten Inneren berührt. Nimm dir, was du brauchen kannst, und lass den Rest einfach beiseite.

Herzliche Grüße


patricklynen@aol.com

Köln, November 2014


I

Gelassen mit Veränderungen umgehen

Wenn dir demnächst mal wieder jemand zuruft: »Bleib wie du bist!«, dann frage dich: Kann ich in einem Monat oder einem Jahr überhaupt noch derselbe Mensch sein wie heute?

Alles verändert sich. In jeder Sekunde. Auch wir Menschen können uns nicht nicht verändern. Veränderung ist das Grundprinzip unseres Universums. Wie du auf die teils rasanten Veränderungen in unserer Gesellschaft mit Gelassenheit reagieren kannst, das verrate ich dir in den folgenden Kapiteln.

  ALLES VERÄNDERT SICH

  JEDES PROBLEM IST EIN TOR IN RICHTUNG FREIHEIT

  IMMER BESSER SCHEITERN

  LÄCHELN UND LOSLASSEN

  DAS LEBEN ALS SINUSKURVE

  AUF MEIN UNGLÜCK TRETEN

  DER SCHRITT ZUR SEITE

  DAS LEBEN IST SCHÖN

  ZEIT FÜR EIN NEUANFÄNGCHEN

  HESSE FOREVER

  WIE PERSÖNLICHKEITSENTWICKLUNG FUNKTIONIERT

  LASS LOS UND VERTRAUE !

  IN DIE ANTWORTEN HINEINLEBEN

ALLES VERÄNDERT SICH

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich unser Kommunikationstempo um das Millionenfache erhöht. Vor vierzig Jahren haben wir einen Brief verschickt und er kam im Idealfall am übernächsten Tag an. Heute können wir binnen Millisekunden eine Botschaft von A nach B schicken. Unser Reisetempo hat sich vervielfacht und die durchschnittliche Schlafenszeit eines Mitteleuropäers hat sich um etwa 120 Minuten pro Tag reduziert. Wir sparen ständig Zeit und trotzdem haben wir am Ende weniger davon.

Gleichzeitig haben wir viel mehr Möglichkeiten. Allein bei Starbucks oder Subway müssen wir ein knappes Dutzend Entscheidungen fällen, um eine Bestellung aufzugeben. Unsere Welt ist eine Kaskade von unendlichen Möglichkeiten. Die wollen wir auch alle wahrnehmen. Kein Wunder, dass wir dann irgendwann «keine Zeit« mehr haben.

Viele von uns treten morgens ins Hamsterrad, spätabends wieder hinaus. Ruhe gibt es nur am Wochenende oder im Urlaub. Unsere Alltagsabläufe sind effizienter und die Firmenstrukturen schlanker geworden. Systeme und Arbeitsprozesse werden ständig optimiert und verdichtet, alles soll noch schneller gehen. Den Alltag zu organisieren, dabei Leistung zu bringen und, wenn es stressig wird, die Zähne zusammenzubeißen – so sieht das Leben der meisten Menschen aus.

Unternehmen werden ihre Geschäftsmodelle in Zukunft permanent verändern. Veränderung IST. Der Wandel ist die Konstante. Veränderungen vermeiden zu wollen ist eine Verschwendung von Zeit und Lebensenergie. Wer mit dieser

Welt und ihrer Veränderung hadert, sorgt für eine innere Reibung, die auf Dauer unzufrieden macht. Wer sich für eine flexible Lebensplanung entscheidet oder sie immer schon betrieben hat, wer gerne improvisiert und ausprobiert, wird damit besser klarkommen.


JEDES PROBLEM IST EIN TOR IN RICHTUNG FREIHEIT

Wenn der Boden wackelt, wenn Konflikte entstehen, wenn etwas fürchterlich schiefgeht, haben wir die Chance, tiefe Einsichten zu gewinnen. Wir werden dann vor eine Herausforderung gestellt. Das Leben gibt uns eine Aufgabe und wir dürfen sie bewältigen. Wenn wir in diesen Momenten erkennen, wie wir die Herausforderung für uns nutzen können, schaffen wir im Gehirn neue Verbindungen und Lernmuster. Lauf nicht davon, zieh dich nicht schmollend zurück, duck dich nicht weg. Die Reibungen in deinem Umfeld sind der Weg zu mehr Gelassenheit.

Bei Problemen und Widerständen habe ich oft den Job gewechselt oder bin umgezogen. Und ich habe geglaubt, meine Ärgernisse, Sorgen und Macken damit für immer hinter mir lassen zu können. Doch, wie dumm: Die Wurzeln des Übels, die kleinen Monster aus der Vergangenheit, sind im Umzugskarton mitgereist und haben sich früher oder später bei mir zurückgemeldet.

Chancen liegen nicht in Umzügen, dem Wegducken oder Schmollen, der Verdrängung, in DEM neuen Job, in brachialen Veränderungen oder Umzügen. Das größte Abenteuer im Leben ist, herauszufinden, warum uns etwas – womöglich immer wieder – Probleme bereitet. Wenn wir dranbleiben, kann jedes »Problem« zu einem Tor in Richtung Freiheit werden. Möchtest du perfekt sein? Der Beste von allen sein? Möchtest du die Menschen in deinem Umfeld beeindrucken? Liebst du womöglich deine Opferrolle und ziehst dich immer mal wieder schmollend in die Ecke zurück? Vermeidest du Konflikte um jeden Preis? Wertest du dich oft selbst ab? Warum gibst du dieser Situation überhaupt so viel Bedeutung?

Die meisten »Probleme« und Ärgernisse stoßen uns mit der eigenen Nase auf Gefühle, die wir bisher verdrängt haben. Wer sich dem immer wieder entzieht oder Mitmenschen die Verantwortung dafür gibt, verstärkt nur eines: sein eigenes Leiden. Nur wenn du die Dinge angehst, die dir Ärger und schlechte Gefühle bereiten, kommst du zu neuen Lösungen, die dir einen anderen Umgang mit dem »Problem« ermöglichen.

»Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.« (Albert Einstein)

MEIN TIPP: LAUF NICHT WEG, SONDERN BLEIB DRAN. ERKENNE SOGENANNTE WIDERSTÄNDE, ALSO GROLL, ÄRGER UND VERZWEIFLUNG ALS GROSSARTIGE MÖGLICHKEIT ZU WACHSEN. IN DEN FOLGENDEN KAPITELN ERFÄHRST DU, WARUM »PROBLEME« ETWAS SEHR HILFREICHES SIND.


IMMER BESSER SCHEITERN

Als Baby nehmen wir alle irgendwann unseren Mut zusammen, ziehen uns langsam hoch und plumps – schon landen wir auf der Nase. Monatelang üben wir das, ohne aufzugeben, bis es irgendwann klappt. Es gibt wohl kein Baby, das sich nach zwei Monaten denkt: Och – ich lass das jetzt besser mal, das ist mir zu anstrengend.

»Wieder versuchen / Wieder scheitern / Besser scheitern« schrieb der irische Schriftsteller Samuel Beckett. Lernen ist das Ergebnis von Beobachten, Verstehen, Nachmachen, Ausprobieren und grandiosem Scheitern. Auf diese Weise finden wir zu neuen Lösungen. Am Anfang steht jedoch der Mut, es wirklich zu versuchen.

In fast allen Veränderungsprozessen können wir unsere inneren Konflikte nicht sofort klären. Wir streifen mit der Machete durch das Dickicht und können wenig bis gar nichts von unserem Ziel erkennen. Dabei entstehen oft seltsame, verwirrende Eindrücke und Situationen. Ist das der richtige Weg – oder doch der Falsche? Da hilft oft, einfach cool zu bleiben und zu lächeln. Zu den wichtigsten Dingen auf dem Weg durch die Veränderung gehört, zu lernen, solche Situationen auszuhalten. Fokussiere dein Ziel – auch wenn du es noch nicht klar erkennen kannst. Vertraue darauf, dass sich die entscheidenden Punkte im Leben erst später zusammenfügen. Viele Umwege machen erst im Nachhinein einen Sinn. Sie führen dich zu Menschen und Orten, durch die du andere Menschen und Orte kennenlernst. Das Leben lässt sich nur vorwärts leben und nur rückwärts verstehen.


LÄCHELN UND LOSLASSEN

In meiner Jugend hatte ich diese ironische Ader, mit der ich manch Unerträgliches ins Lächerliche gezogen habe. So habe ich beim ein oder anderen Ärgernis einfach den Knopf an meinem Hemdkragen aufgemacht, wenn mir das Leben zu eng wurde. Und dann ging es mir augenblicklich besser. Im Laufe der Jahre hatte ich diesen simplen Trick vergessen, meine Stirn legte sich regelmäßig in Falten und ich ließ den grauen Alltag in mein Herz.

Doch seit ein paar Jahren hab ich das Lächeln und Loslassen wieder zu einem wichtigen Wert in meinem Leben erklärt. Wenn mich mal wieder der Unfug des Alltags einholt, gelingt es mir oft, darüber zu lachen: Meine Nase legt sich in Falten, die Nasenlöcher weiten sich. Mein Kopf wird zurückgeworfen, die Augen schließen sich, der Körper schaukelt hin und her und mein »Lach«-Muskel spannt 15 Gesichtsmuskeln an. Das Zwerchfell hüpft und massiert mich von innen. Insgesamt kommt es dann zu einer besseren Durchblutung meiner Muskulatur und mein Körper schüttet schmerzlindernde Glückshormone aus.

MEIN TIPP: STELL DICH BEI GROLL UND ÄRGER MAL VOR EINEN SPIEGEL UND LÄCHLE VON INNEN HERAUS EIN ÜBERZEUGENDES, EHRLICHES LÄCHELN. ÜBERZEUGE DEIN EIGENES SPIEGELBILD! ATME DABEI TIEF EIN UND AUS. TANZE VOR DEM SPIEGEL, SING VOR DICH HIN. SEI FÜR EIN PAAR MOMENTE MAL WIEDER VÖLLIG VERRÜCKT. UND DANN FRAGE ICH DICH: KANNST DU IN DIESEM ZUSTAND UNZUFRIEDEN, DEPRIMIERT, UNGLÜCKLICH ODER GAR SORGENVOLL SEIN?


DAS LEBEN ALS SINUSKURVE

Eine Lebensweisheit meines Vaters ist mir auch viele Jahre nach seinem Tod in wundervoller Erinnerung: Du musst im Leben auch mal durch tiefen Schlamm waten – damit du den festen Boden wieder würdigen kannst. Vieles hat er so angenommen, wie das Leben es verteilt hat. Auf diese Weise konnte er beinahe jede Situation umwidmen. Darüber gesprochen hat er selten, doch er hat es gelebt.

Der Mensch schwingt durch das Leben wie eine Sinuskurve. Von der sogenannten Null-Linie geht es mal nach oben, dann wieder nach unten. Kein Mensch kann das vermeiden. Was du aber ändern kannst, ist die Null-Linie, also der Punkt, um den herum es auf und ab geht. Die Verschiebung dieser Null-Linie nennt man Lernen, Erkenntnis und Veränderung. Erfolgreich ist nicht, wer keine Tiefen erlebt, sondern wer wieder aus dem Tal heraus findet und an dieser Erfahrung wächst. Erfolg ist, wenn eins aus dem anderen erfolgt. Alles im Leben ist ein Geschenk. An manchen Tagen fühle ich mich kraftlos, beinahe ohnmächtig. Und an anderen könnte ich Bäume ausreißen und die ganze Welt umarmen. Diese Extreme nennt man Leben. Es gibt stets zwei Pole, zwischen denen unser Dasein schwingt: Tag und Nacht, Ein- und Ausatmen, Ebbe und Flut, Tun und Nichts-Tun, Entspannen und Anspannen, Wachsein und Ruhen, Sprechen und Schweigen, Männlich und Weiblich, Ying und Yang. Mal bist du oben, mal bist du unten. Es geht auf und ab, wie in einer Achterbahn.

 

Indem du dich dem Gedanken öffnest, dass jede Erfahrung ihren Wert hat, öffnest du dein Leben für Gelassenheit, Vergebung und Vertrauen. Nimm an, was war. Akzeptiere, was dich gerade herausfordert. Die Schmerzen und das Gefühl, dass sich unter dir der Boden öffnet, können ein ungeahntes Kreativ-Potenzial freisetzen. Meist entstehen Wachstum, Veränderung und Erkenntnis aus Momenten der Unzufriedenheit. Allein deine Einstellung entscheidet, ob du leidest oder wächst. Alles hat nur die Bedeutung, die du ihm gibst.


AUF MEIN UNGLÜCK TRETEN

Während ich diese Zeilen schreibe, bin ich auf dem Weg zu einer Klausur mit den Mitarbeitern einer Kulturredaktion. Ich kenne diese Gruppe schon eine Weile. Selten habe ich größere Kulturpessimisten kennengelernt. Für sie war früher alles besser und sie wollen alte Strukturen um jeden Preis bewahren und zementieren. Ihre Angst vor der Zukunft ist immens. Sie fürchten sich vor dem Neuen und halten das Internet für ihren größten Feind.

Wird die Welt irgendwann untergehen? Vermutlich nicht. Sie wird sich verändern. Eines Tages werden wir den Krebs besiegen und die Energie aus dem Inneren der Erde anzapfen. Der Mensch ist unfassbar erfinderisch. Antibiotika, Krebsforschung, erneuerbare Energien, Computer, Flugzeuge, Häuser, Autos, Maschinen, das Rad, Elektrizität, Funkwellen, Radio, Fernsehen, Internet. Die kreative Kompetenz des Menschen ist beachtlich. Die Innovation siegt – seit Anbeginn der Menschheit. Alles wird von uns Menschen erforscht. Neugier ist noch vor Sex und Reichtum unser stärkster Antrieb. Wenn ein Ding begriffen ist, geht es auf zum nächsten. Unsere Sinne verlangen fortwährend nach neuen Eindrücken. Daraus wird Innovation.

Zukunftsangst lähmt. Doch die Entscheidung liegt bei dir, ob du es zulässt. Das Leben ist gut. In der Zukunft wird alles anders sein, doch es hängt von dir ab, wie du dieses Andere wahrnimmst und annimmst.

Glücklich ist, wer glaubt, sein Schicksal selbst in die Hand nehmen zu können. Friedrich Hölderlin schrieb: » Wenn ich auf mein Unglück trete, stehe ich höher!«

Wenn es uns gelingt, die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, an etwas Positives zu denken, sorgt es für eine Umkehr unserer Gefühle. Zumindest für eine Weile. Ich hab das getan – immer wieder. Welche Folgen das hatte, das erzähle ich dir im folgenden Kapitel.


DER SCHRITT ZUR SEITE

Ich habe schon früh gewusst, was ich beruflich machen wollte: »Was mit Medien«. Sehr bald war ich beim Radio. Nebenher habe ich als Sprecher für Werbespots gearbeitet. Doch plötzlich bekam ich aus heiterem Himmel massive Stimmprobleme. Ich konnte von einem Tag auf den anderen nicht mehr vor einem Mikrofon sprechen. Wochenlang hatte ich Schlafstörungen und Schweißausbrüche und ich fühlte mich zunehmend körperlich und seelisch am Ende. Gleichzeitig war ich davon überzeugt: Wer in unserer Gesellschaft scheitert, gilt als Verlierer. Ich überlegte sogar, deswegen ins Ausland zu gehen. Doch die Arbeit im Medienbereich lag mir einfach am Herzen.

Mein Stimmproblem war kein organisches, wie sich nach einigen ärztlichen Untersuchungen zeigte. Im Alltag war meine Stimme ja auch in Ordnung. Nein, etwas in mir wollte einfach nicht mehr in ein Mikrofon sprechen. Meine Seele stellte mir gewissermaßen ein Bein und »missbrauchte« dafür meine Stimmbänder. Vermutlich brauchte ich genau diese wichtige Lernerfahrung des Scheiterns, der Verzweiflung, der Demut und des Durchhaltens, um zu persönlicher Einkehr zu gelangen und mich selbst neu zu erfinden.

Und so habe ich einen Schritt zur Seite gemacht und für eine Weile den Rückwärtsgang eingelegt. Anstelle des dauerhaften und weitgehend selbst gemachten Leistungsdrucks erlaubte ich mir wieder die Leichtigkeit des Anfängers, der Fehler machen durfte. Das gab mir die Freiheit, eine der schöpferischsten Phasen meines Lebens in Angriff zu nehmen. Und so beschloss ich, alle Kompetenzen zu erwerben, die man als Trainer braucht. Ich habe mich fortgebildet und mir einen völlig neuen Bereich in den Medien erschlossen. All das wäre gewiss nicht passiert, wenn meine Stimme mich damals nicht für eine Weile im Stich gelassen hätte.

Kurz nach meinen Stimmproblemen kam der 11. September 2001. Keine persönliche Katastrophe für mich, und doch brannte sich der Tag als unglaubliches Entsetzen in meine Erinnerung ein. Selbst mit Abstand bleibt er für mich ein Trauma. Vor meinen Augen laufen noch jene Bilder ab, die Millionen von Menschen bis heute ängstigen. Doch 9/11 gab den Menschen auch die Chance, zu hinterfragen, was für sie wirklich wichtig ist. Viele sind in den Tagen nach den Anschlägen ihren Liebsten wieder näher gekommen. Viele haben sich darauf besonnen, was wirklich wichtig ist. Wir haben uns in den Armen gehalten und einander unsere weiche Seite gezeigt.

Hinter jeder Katastrophe verbergen sich große Chancen – wenn wir sie erkennen. Ob Kündigung, Krankheit, Scheidung, Unfälle, finanzielle Nöte. Die Schmerzen und das Gefühl, dass sich unter uns ein Abgrund öffnet, können zu einem achtsamen Umgang mit uns und den Mitmenschen führen und damit den Boden für Gelassenheit bereiten.


DAS LEBEN IST SCHÖN

Und dieses Leben ist schön.

Zum Verrücktwerden schön.

Nicht, dass es so wäre.

Doch ich sehe es so.

Bohumil Hrabal, tschechischer Schriftsteller, 1914-1997

ZEIT FÜR EIN NEUANFÄNGCHEN?

Manchmal sehnen wir uns nach einem Neuanfang – und finden gleichzeitig Hunderte von Gründen, eine Veränderung abzulehnen. Ja, klar – ich will schon entspannter sein, aber ändern möchte ich besser nichts. Natürlich will ich einen neuen Job, aber bitte nicht so anstrengend. Klar, das wäre eine Riesenchance, doch ich könnte mich blamieren … Wir suchen dann nach einer Vollkaskoversicherung, die es natürlich nicht geben kann.

Vielleicht gefällt dir ja die folgende Idee: Probier es doch mal mit einem halben Neuanfang. Sozusagen ein Neuanfängchen. Alles wird neu, aber nur ein bisschen. Geht nicht? Von wegen!

Inspiriert vom Dokumentarfilmer Morgan Spurlock, hat es Google-Mitarbeiter Matt Cutts ausprobiert. Seine Idee: Wenn dir echte Veränderung zu radikal ist, versuch es mit einer überschaubaren Zeit von 30 Tagen. Sein Motto war: Mach in der Zeit einfach alles, worauf du immer schon Lust hattest. Matt Cutts hat in diesen 30 Tagen all die Dinge verwirklicht, die er lange Zeit nur in seinem Herzen bewegt hat. Und weil er sein Projekt zeitlich befristet anging, konnte er sich ganz entspannt hineinfallen lassen. In einem Blog zu seinem Experiment schrieb er:

»Am Anfang habe ich mir das gar nicht zugetraut. Doch dann habe ich mit etwas Kleinem angefangen. Ich bin mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren. Es hat mich morgens schon viel näher zu mir selbst gebracht. Meine Ziele wurden dann immer größer. Irgendwann habe ich dann sogar einen Roman geschrieben. O.k., der war natürlich nicht gut – was kann man in 30 Tagen schon schaffen?! Doch zumindest kann ich mich nun Autor nennen und ich habe die Ruhe und den Frieden beim Schreiben kennengelernt. Ich habe von Tag zu Tag mehr Sachen gemacht, die ich bis dahin nie angegangen bin. Und jeden Tag habe ich mehr Selbstbewusstsein und Gelassenheit entwickelt. Bis dahin war ich nur die Person, die dieses und jenes gut konnte. Danach war ich für mich und meine Freunde mehr. Ich konnte mir und der Welt zeigen, dass neben den bekannten Schichten noch viel mehr in mir schlummert. Das hat mich wie zu meiner inneren Mitte geführt.«

Matt Cutts hat während dieser Zeit übrigens komplett auf News und Social Media verzichtet.

Zeichne doch einfach mal auf ein Blatt Papier, was du in deinen 30 Tagen Neuanfängchen so alles an verrückten Dingen anstellen und unbedingt erleben würdest. Und falls in deinem Kopf gleich wieder ein »ja, eigentlich schon – aber …« aufkommt, dann schreib es gleich daneben und streiche es mit einer anderen Farbe fett durch. Leg einfach los und zeichne. Je knalliger, desto besser.



HESSE FOREVER

Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe

Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,

Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern

In andre, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,

An keinem wie an einer Heimat hängen,

Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,

Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise

Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,

Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,

Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde

Uns neuen Räumen jung entgegen senden,

Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…

Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Hermann Hesse

WIE PERSÖNLICHKEITSENTWICKLUNG FUNKTIONIERT

Echtes Lernen findet nur außerhalb unserer Komfortzone statt. Die Komfortzone ist der Ort, an dem wir uns so herrlich sicher fühlen und an dem wir alles »richtig« machen. Unsere Wünsche, Ziele, Chancen und Sehnsüchte liegen jedoch meist außerhalb dieser Komfortzone, auf der anderen Seite der Straße. Erst Widerstand und Fehlversuche machen Wachstum überhaupt möglich. Damit es uns so richtig gut geht, muss es uns ab und zu auch mal schlecht gehen dürfen.

Alle Veränderungsprozesse folgen mehr oder weniger einem Verlauf, der 1947 erstmalig von Kurt Tsadek Lewin, einem der einflussreichsten Pioniere der Psychologie, beschrieben worden ist. Diese Phasen der inneren Veränderung laufen ab, wenn wir uns Neuem zuwenden (müssen):


Phase 1: Vorahnung und Sorge: Irgendwas stimmt hier nicht?!

Ich komme immer wieder an persönliche Grenzen, drehe mich im Kreis. Möglicherweise bin ich verunsichert. Ich habe eine erste Vorahnung: Eigentlich sollte ich was ändern.


Phase 2: Schock – Schreck: Ich bin verwirrt …

Ich denke: Das kann nicht wahr sein. Was eigentlich bedeutet: Das soll nicht wahr sein. Ist es aber leider. Ich bin verunsichert, verwirrt oder erlebe eine gewisse Schreckstarre.


Phase 3: Verneinung – Verdrängung – Abwehr: Die Welt ist gemein zu mir …

Dem Schock folgt die Verdrängung. Oft gebe ich anderen die Schuld. Warum soll ausgerechnet ich mich ändern? Nein – das sollen besser mal die anderen tun. Ach was, die ganze Welt soll sich ändern. Je mehr Unsicherheit eine Veränderung mit sich zu bringen droht, umso stärker ist die Abwehr. Ich will die Situation irgendwie in den Griff bekommen und damit meine emotionale Stabilität wiederherstellen. Nicht selten versuche ich Hektik und Stress in dieser Phase künstlich zu erhalten, damit ich mich mit den wesentlichen Gedanken einer notwendigen Veränderung nicht beschäftigen muss.

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