Czytaj książkę: «Die neuesten Streiche der Schuldbürger»
Michael Klonovsky
Die neuesten Streiche
der Schuldbürger
Reaktionäres vom Tage
Acta diurna 2019
Für alle Gefallenen im »Kampf gegen rechts«
Der Populismus ist der Schrei der Völker, die nicht sterben wollen.
Philippe de Villiers
Der eigentliche Wert eines Buches hängt nicht von der Qualität oder der Bedeutung des Sujets ab, sonst wären die Theologen die besten Schriftsteller.
E. M. Cioran
Die Kultur der Entweihung lehrt uns etwas: Indem sie behauptet, unsere Ideale seien wertlos, beweist sie nur, dass sie selbst wertlos ist.
Roger Scruton
Goebbels sprach zu Hitler das:
Auf die Künste ist Verlaß.
Peter Hacks
INHALT
Vorbemerkung
Acta diurna 2019
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember
Personenregister
VORBEMERKUNG
Auf der Waage, welche misst, ob die jährliche Buchversion der Acta diurna mir eher eine liebe Gewohnheit oder eine Last ist, neigt sich die Schale gen Bürde. Deswegen wird der vorliegende Band sechs der letzte seiner Art sein. Ich will nicht ausschließen, dass, so es Allah gefällt, in den Folgejahren noch Best of-Versionen entstehen, aber als beharrliche, verlässliche, ja penible Chronik werden die gedruckten Tagebücher enden. Sechs Bände über nunmehr acht Jahre sind ja wirklich genug!
Da ich weiß, dass zwischen Etsch und Belt nun doch das eine oder andere bekümmerte »Aber warum denn?« ertönt, will ich die beiden Gründe für diesen Entschluss vortragen.
Grund eins ist, dass ich meine, inzwischen alles gesagt zu haben, was vorzutragen ich bestellt wurde. Ich könnte praktisch einfach wieder mit der Veröffentlichung von Band eins beginnen, aber den gibt es ja bereits. Oft passiert es, dass mir Leser der Online-Version Texte, Links und Hinweise zusenden, die ich mit einem Link auf einen früheren Acta-Eintrag oder dessen Kopie aus einem der Vorgänger-Bücher beantworte. Es reicht vollauf, wenn sich die Medienkommentatoren und das Gestammel der Kanzlerin wiederholen – allein wenn ich sehe, wie oft diese triste Figur hier im Register auftaucht, wird mir ganz blümerant zumute –, ich muss es nicht auch noch selber tun. Sogar die geschilderten Ereignisse sind von enervierender Ähnlichkeit und bekümmernder Monotonie, bei aller realsatirischen Zuspitzung, mit welcher die sogenannte Wirklichkeit täglich vorstellig wird. Der Online-Leser bemerkt dies nicht, weil er meist sowieso nur die aktuellen Einträge liest und die älteren noch schneller vergisst als ich selber; außerdem lösche ich aus Aberglauben regelmäßig die alten Jahrgänge, denn ich fürchte, dass meine Webseite sonst in deren schierer Masse erstickt. Oder ertrinkt. Jedenfalls platzt.
Der zweite Grund ist – um eine neckische contradictio in adiecto zu formulieren – technischer Natur. Bildeten die in den ersten Bänden versammelten Notate auch online noch eine Art von corpus hermeticum, so bestehen die aktuellen Texte aus einer Fülle von Fotografien, Bildmontagen, Grafiken, unzähligen Verlinkungen und Leserzuschriften. Die Webseite ist in hohem Maße bunt, weltoffen, divers und interaktiv geworden. So werden Sie, geneigte Leserin, sogar in diesem Bändchen erstmals auf zwei Grafiken stoßen, die sprechender sind als Worte, außerdem ab Seite 129 auf ein Kompendium von Leserinnenzuschriften zu der für einen Sexisten fundamentalen Frage, wo eigentlich die intelligenten Frauen zu finden sind, denn in der sogenannten Medienöffentlichkeit kommen sie ja offenbar nicht vor, zum Donnerdrummel! Kurz: Die Kluft zwischen der gedruckten und der Online-Version klafft inzwischen so klaftertief, dass sie nicht mehr übersteigbar ist, zumindest nicht für einen zügig, wenn auch ohne Hast den Sechzig Entgegensterbenden, quatsch: -strebenden. Und wissen Sie, wie anstrengend allein diese ewigen Vorworte sind?
München, in den Tagen von Covid-19 | Michael Klonovsky |
ACTA DIURNA 2019
1. Januar
Ich gestatte mir, hier den Neujahrsgruß eines Lesers einzurücken, der sich erfreulich abhebt vom üblichen Geschleime der in meinem kleinen Eckladen herumlungernden Reactionäre, Salonfaschisten und Toleranzkraftzersetzer:
»Sehr geehrter Herr Klonovsky, eine Freundin hat mir Ihre Seite empfohlen.
Ich habe nach nur oberflächlicher Lektüre ein Lob und eine Kritik: Das Lob: passables Deutsch eines hinreichend intelligenten Menschen Die Kritik: Ihr Werk enthält nicht nur unerträgliche Polemiken, Verleumdungen und Boshaftigkeiten, sondern hat diese zum eigentlichen Ziel Ihres Schreibens gemacht. Bleibt mir nur, mit Betroffenheit festzustellen, dass Sie sich da in einer Gemeinschaft gleichgesinnter (und sich gegenseitig befeuernder und überbietender) Verleumder wähnen und wahrscheinlich sogar befinden. Und mit Befriedigung zu vermerken, dass Ihr Kampf in einem demokratischen Staat und einer modernen, zukunftsfähigen Gesellschaft, die mit überwältigender Mehrheit Harmonie, Frieden und Toleranz sucht – und findet – wirkungslos ist.
Ich wünsche Ihnen ein schönes 2019 und menschliche Erkenntnisse.«
Das wünsche ich umgekehrt natürlich auch! Und allen anderen Lesern erst recht!
2. Januar
Nachdem ich am letzten Tag des vergangenen Jahres die Hetzjagd auf Deutsche, welche zu Amberg von einer vierköpfigen Asylantenhorde zelebriert wurde, als einen strukturellen bzw. symptomatischen Vorfall beschrieben habe, will ich heute den deutschen Amokfahrer von Bottrop und Essen nicht beschweigen. Beide Taten stehen schließlich in einem mittelbaren Zusammenhang. Jene von Bottrop resultiert nicht direkt aus jener von Amberg, aber indirekt durchaus, sofern man eben ein wenig zurücktritt und nicht die einzelnen Fälle in den Blick nimmt, sondern den gesamten Kontext.
In einem Land, in dem durch Migranten täglich Gewalttaten gegen Einheimische begangen werden – wo also der von Hans Magnus Enzensberger 1993 prophezeite »molekulare Bürgerkrieg« dank der Erhöhung der Kombattantenzahl vor allem seit 2015 allmählich Fahrt aufnimmt (molekularer Bürgerkrieg bedeutet nichts anderes als: regional vereinzelte, aber regelmäßige Gewalttaten entlang ethnisch-kultureller Bruchlinien) –, in einem solchen Land muss leider, leider und nochmals leider damit gerechnet werden, dass Straftaten auch in der umgekehrten Richtung und mit Opfern unter Ausländern begangen werden. Das ist keine Rechtfertigung, sondern eine Feststellung. Der Einfachheit halber will ich auf die Erwägung verzichten, der Täter von Bottrop könnte tatsächlich psychisch gestört sein, wie die Polizei mutmaßte. Gestehen wir ihm die volle Verantwortung für seine Tat zu, um widerspruchsloser zu der These zu gelangen, dass »Bottrop« als Fall auf »Amberg« als Struktur reagiert. Kann auch »Bottrop« Struktur werden? Und was wäre dagegen zu tun?
Eine Antwort hat unter anderen Helmut Schmidt zu geben versucht, der mehrfach darauf insistierte, dass die Migration nach Deutschland gestoppt werden müsse und 1981 auf einer DGB-Veranstaltung sagte: »Wir können nicht mehr Ausländer verdauen, das gibt Mord und Totschlag.« Seine Prognose hat sich als völlig korrekt erwiesen, aber er sagte und meinte nicht, es gäbe dann Mord und Totschlag gegen Deutsche, sondern Schmidt rechnete mit Opfern auf beiden Seiten. Er sah den sozialen Frieden gefährdet, dessen Erhaltung die erste und elementarste Aufgabe eines deutschen Kanzlers (außer einem) ist resp. sein sollte. Da er die verantwortungsethischen Motive über die gesinnungsethischen stellte, weigerte sich Schmidt, als Kollateralschäden für eine politische Vision Opfer in den Kauf zu nehmen. Das CDU/CSU-Programm für die Bundestagswahl 2002 schlug einen ähnlichen Ton an: »Wir erteilen einer Ausweitung der Zuwanderung aus Drittstaaten eine klare Absage, denn sie würde die Integrationsfähigkeit unserer Gesellschaft überfordern. Verstärkte Zuwanderung würde den inneren Frieden gefährden und radikalen Kräften Vorschub leisten.«
Schmidts heutige sozialdemokratische Nachfahren sehen das bekanntlich anders; gemeinsam mit der Merkel-CDU, den Grünen und den meisten Linken haben sie nicht nur die Einwanderung Schwerintegrierbarer rasant beschleunigt, sondern sie stellen obendrein denjenigen Eingeborenen, die sich dagegen wehren – die sich, neben allerlei Unannehmlichkeiten, die ihren Töchtern und Söhnen drohen, letztlich gegen ihre Verdrängung wehren –, unbeirrt den Nazi-Blankoscheck aus. Das heißt, aus der Perspektive des molekularen Bürgerkriegs betrachtet, sie stärken permanent die eine Seite und schwächen permanent die andere – der Wille, wirkliche Fachkräfte ins Land zu holen, die aus diesem Zusammenhang automatisch herausfallen, ist ja noch unterentwickelter als Merkels Deutsch (als Physikerin weiß die Kanzlerin selbstverständlich genau Bescheid über den Unterschied von reversiblen und irreversiblen Prozessen). Der faire Blick Schmidts auf das Problem wurde durch eine einseitige Schuldzuweisung a priori ersetzt, und die gelenkten Medien werden dieses Programm bis an ihr Ende durchziehen. Deswegen sind deutsche Täter immer ein bisschen schuldiger als ausländische, bei denen mildernde Umstände zuhauf zutage gefördert werden (Traumata, kulturelle Gepflogenheiten, Unzurechnungsfähigkeit, Diskriminierung, Unterprivilegierung, Minderjährigkeit bis ins höhere Alter etc. pp.).
Allerdings hat freilich selbst der keckste Linke noch nie behauptet, dass migrantische Messerstecher, Kopftreter und Vergewaltiger sich bloß gegen »Rassisten«, »Nazis« und spröde weiße Emanzen zur Wehr setzten. Die Delinquenz sogenannter Flüchtlinge wird auf andere Weise verharmlost, entschuldigt und entpolitisiert, während umgekehrt gegen Migranten verübte Straftaten Deutscher sofort eine politische Dimension erhalten. Unsere Frage lautet nun: Wie verhindert man Fälle wie in Bottrop? Eine Antwort im Sinne Helmut Schmidts wäre: Indem man Fälle wie in Amberg verhindert. Und wie verhindert man Fälle wie in Amberg? Indem man die »Einwanderung aus primitiven Entwicklungsländern« (Schmidt) drosselt oder inzwischen besser ganz beendet.
Das wirft wiederum die Frage auf: Wer ist schuld an »Bottrop«, jenseits der individuellen strafrechtlichen Schuld des Pkw-Fahrers? Reflexhaft wurde in den sozialen Medien »die« AfD in Vorschlag gebracht, weil sie die gesellschaftliche Stimmung gegenüber Ausländern verschlechtert habe. Ich erlaube mir die These, dass die gesellschaftliche Stimmung ohne die AfD ungefähr so viel anders wäre wie die Temperatur eines Fiebernden ohne Thermometer. Für die verschlechterte gesellschaftliche Stimmung gegenüber Migranten sind ausschließlich Migranten verantwortlich – nicht »die Ausländer«, liebe Bunte und Braune, sondern ein exponierter Teil davon –, und um die Gründe zu erfahren, muss ein Mensch weder eine AfD-Veranstaltung besuchen noch eine AfD-Facebookseite lesen; volkswirtschaftliche Elementarkenntnisse, eigene Erfahrungen und, wenn diese fehlen, ein Blick in die Polizeiberichte oder die Meldungen der Regionalpresse genügen vollauf.
Wer von Amberg nicht reden will, soll also von Bottrop schweigen.
Das tun die Spitzbübinnen und -buben in den Redaktionsstuben natürlich nicht. Die erste Meldung der Tagesschau heute (wie auch den ganzen Tag auf der Webseite) war der Amokfahrer von Bottrop und Essen. Seine Nationalität wurde umstandslos erwähnt, niemand fühlte sich bemüßigt, vor Verallgemeinerung oder linker Instrumentalisierung der Untat zu warnen. Wer auf tagesschau.de indes den Suchbegriff »Amberg« eingibt, findet zu der Hetzjagd auf Einheimische: nichts.
Mit der Migration verhält es sich wie mit dem IQ: Sie erklärt kein Problem ausschließlich, aber korreliert mit jedem.
4. Januar
»Schwere Explosion vor AfD-Büro im sächsischen Döbeln – Hintergründe unklar«, melden Focus und andere Organe der Qualitätspresse. Vollkommen klar und bis zum Führerbefehl zurückzuverfolgen sind allerdings die Hintergründe zur Amokfahrt in Bottrop, wie dieselbe Qualitätspresse verbreitet (»rassistischer Angriff»).
Währenddessen hat die Welt den Kommentar eines Kriminologen zu Bottrop aus Gründen der sozialen Sensibilität wieder von ihrer Webseite entfernt. In Rede steht Prof. Hans-Dieter Schwind, ein Emeritus (natürlich), der in Bochum lehrte und heute beim »Weißen Ring« engagiert ist, Oberstleutnant der Reserve, CDU-Mitglied, von 1978-82 niedersächsischer Justizminister, der als eine Ursache der Amokfahrt in der Silvesternacht das wachsende Bedrohungsgefühl durch die Zuwanderung ins Spiel bringt. »Es brodelt in den Leuten, und dann kommt es plötzlich zum Ausbruch«, sagte Schwind zuerst wohl gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Er habe einen derartigen Fall »schon viel früher erwartet«. Solche Amokfahrten oder auch die Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte der vergangenen Monate seien die extreme Spitze einer allgemeinen Entwicklung, »und ich befürchte, dass sich dies fortsetzt. Die Willkommenskultur ist am Ende.«
Dass die Welt so etwas von ihrer Webseite nimmt, wäre insofern folgerichtig, als Friede Springer und die Kanzlerin schon vor Zeiten erst ihre Poesiealben und dann ihre Händi-Nummern ausgetauscht haben. Man bedenke, welche Idee hier plötzlich als dunkler Gast im Raume steht! In seinem berühmten Aufruf an die Muslime in aller Welt hat der IS unter anderem empfohlen, die Frommen mögen bei ihrem gottgefälligen Kampf gegen Juden, Christen und Ungläubige, wenn es an richtigen Waffen mangele, einfach Fahrzeuge als Waffe einsetzen, und viele Muslime sind diesem Aufruf gefolgt, nicht nur Stars der Szene von Mohamed Lahouaiej-Bouhlel, der in Nizza 86 Personen zu Brei fuhr und mehr als 400 verletzte, bis zu dem hierzulande noch bekannteren Anis Amri, sondern auch die namenlosen Lenker jener leichteren Gefährte, die nur in kleinere Gruppen fuhren und es nicht in die Hauptnachrichten schafften. Bekanntlich ist die deutsche Zivilgesellschaft, verglichen etwa mit der amerikanischen, israelischen oder schweizerischen, eher unbewaffnet, aber ein Auto hat jeder brave Deutsche. Doch, liebe Mitbürger und schon länger hier Lebende, ich rate, auch im Namen der Bundesregierung, von solchen unüberlegten Taten ab. Wenn Sie 2019 schon etwas ändern wollen, ändern Sie besser Ihr Wahlverhalten!
Übrigens hat Sachsens stellvertretender Ministerpräsident Martin Dulig, SPD, die motivisch ungeklärte Explosion vor dem AfD-Büro verurteilt, als stecke eine Tat dahinter, denn »sie helfe nur der AfD«. Wer also der kollabierenden Sozialdemokratie helfen will, muss Dulig zufolge wohl nolens volens Explosionen vor SPD-Büros veranstalten.
5. Januar
Seitdem die Christenheit der Geschichte ein Ziel verhieß, nistet diese Idée fixe in den Gehirnen des Westens. In der ParusieVorstellung der aktuellen Progressisten stehen wir zwar kurz vor dem Einzug ins multikulturelle Gottesreich der Einen Welt, aber noch in der Endzeit des Antichristen, der auf Pseudonyme wie Trump, Orbán, Salvini oder Gauland hört.
»In Budapest haben etwa 10 000 Menschen erneut gegen die ungarische Regierung des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban demonstriert«, meldet die Tagesschau. »Nach einem Marsch durch die Innenstadt zogen sie bei nasskaltem Wetter vor das Parlament.«
Fehlt da nicht etwas? Gegenkundgebungen, Blockaden, Proteste, der Schwarze Block? Angriffe auf die Demonstranten, Polizeiabsperrungen, lautstarke Regierungsclaqueure? Aufgebrachte Politiker, die den Oppositionellen vorwerfen, Stimmung zu machen und die Gesellschaft zu spalten? Zivilgesellschaftliche Initiativen pro Orbán? Künstler, Gewerkschaften, Kirchen, Satiriker gegen Hass und Hetze? Es-reicht!-Kommentare in den Gazetten und im Staatsfernsehen? Nichts? Zumindest wurde nichts dergleichen gemeldet. Daraus kann man entnehmen, dass die ungarische Demokratie anscheinend vorbildlich funktioniert.
»Die Kundgebungen richten sich auch gegen andere Missstände unter der Orban-Regierung, darunter die als einseitig und regierungsfreundlich kritisierte Berichterstattung des staatlichen Rundfunks«, heißt es weiter. Nein so was! Wahrscheinlich ist dieses Ungarn doch einem schrecklich repressiven Regime in die Hände gefallen.
Immer mal wieder steht der verbliebene Zeitungsleser vor der diffizilen Abwägung, ob er gerade ein Werk der Lügen-, Lücken- oder Lumpenpresse studieren durfte. Etwa dieses: »Seitdem mehr Migranten in Deutschland leben, stieg die Zahl der Patentanmeldungen von 58 000 auf 62 000.« Also frohlockt die FAZ unter Berufung auf eine DIW-Studie.
In einem Gastbeitrag auf der Webseite von Vera Lengsfeld indes heißt es: »Sucht man im Text den Begriff ›Erteilte Patente‹, wird man nicht fündig, ›Patentanmeldungen‹ findet man 30 mal. … Da ahnt man, warum diese ›Studie‹ erstellt wurde.« Man ahnt überdies, was Peter Sloterdijk im Sinn gehabt haben mochte, als er den Terminus »Lügenäther« prägte.
Die DIW-Erhebung verschweigt, dass die Anzahl der erteilten Patente zurückging, von 21 000 anno 2006 auf nur noch 14 000 zehn Jahre später. Das Fazit in FAZ-Prosa: »Fast jedes zehnte aus Deutschland angemeldete Patent stammte im Jahr 2016 von einem Erfinder mit Migrationshintergrund, berichtete am Donnerstag das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Das entspreche rund 3 000 Patenten. Im Jahr 2005 lag der Anteil noch bei 6 Prozent.« Was kann der brave Abdul dafür, wenn sein famoser Falafelpürierer am Ende nicht patentiert wird?
Am Rande: Es empfiehlt sich, die Patentanmeldungsraten in den Herkunftsländern der aktuellen Migrantenscharen zu studieren, um die Faktenzurechtbiegerei der Qualitätspresse angemessen würdigen zu können. Da bleiben wohl nur zwei Möglichkeiten: Die Patentanmelder mit dem edlen Hintergrund stammen fast alle aus Asien, Russland, Osteuropa – oder aber gewisse Orientalen resp. Nordafrikaner werden mit der Überquerung der deutschen Grenze genial.
PS: Passend dazu die Tatarenmeldung vom Dezember 2015. »86 Prozent der syrischen Flüchtlinge sind hochgebildet«, verkündete das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR damals, und die Willkommenspresse verbreitete die Relotiade (= erwünschte Illusion), ohne sich von des Zweifels Blässe ankränkeln zu lassen.
Apropos: Immer neue Details des Falls Relotius sickern an die Öffentlichkeit. Der »Star-Reporter« hat sogar Reportagen geschrieben, ohne dafür den Schreibtisch zu verlassen, beispielsweise ein Propagandastück namens »Der Kapitän weint« von Bord eines Flüchtlings- bzw. Schlepperschiffs, erschienen im Juli 2018 im Spiegel. Der Kapitän allerdings »weint überhaupt nicht. Im Gegenteil: Er ist richtig wütend auf den Autor«, ist bei Tichys Einblick zu lesen, denn der Relotius-Text sei eine Fiktion. Es schließen sich zwei angemessen peinliche Fragen an: Warum empört sich der Kapitän erst ein halbes Jahr später über die Märchenstunde? Und warum haben die drei Co-Autoren des Relotius-Märchens, die eigentlichen Rechercheure der Story, ebenfalls geschwiegen?
Wie ich schon sagte: Relotius ist kein Ausnahmefall, sondern ein struktureller. Jetzt sind es schon vier Spiegel-Redakteure, die im Zuge der Affäre ihre Glaubwürdigkeit verloren haben, plus zwei Chefredakteure und x Dokumentare. Und dabei wird es nicht bleiben. Wer soll denen je wieder etwas glauben?