Der Dialog in Beratung und Coaching

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Der Dialog in Beratung und Coaching
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Michael Benesch

Der Dialog in Beratung und Coaching


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

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Alle Angaben in diesem Fachbuch erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr, eine Haftung des Autors oder des Verlages ist ausgeschlossen.

Der Verlag hat sich bemüht, alle Urheber der in diesem Buch dargestellten Abbildungen zu erheben und die rechtliche Seite abzuklären. Sollte es bei einer Abbildung nicht gelungen sein, den tatsächlichen Urheber zu eruieren, bitten wir diesen, sollten Ansprüche gestellt werden, sich mit dem Verlag in Verbindung zu setzen.

1. Auflage 2020

Copyright © 2020 Facultas Verlags- und Buchhandels AG

facultas, Universitätsverlag, Stolberggasse 26, 1050 Wien, Österreich

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung

sowie der Übersetzung, sind vorbehalten.

Umschlagfoto: © mediaphotos/iStock

Lektorat: Astrid Fischer, Berlin

Satz: Wandl Multimedia-Agentur

Druck und Bindung: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

Printed in Germany

UTB-Nummer: 5343

ISBN 978-3-8252-5343-1

ISBN Online-Leserecht 978-3-8385-5343-1

eISBN 978-3-8385-5343-6

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Prolog: Der Dialog in Beratung und Coaching

1Psychologie und Dialog

1.1Theory of Mind

1.2Spiegelneurone

1.3Heuristiken, Automatismen und Bauchgefühl

1.4Sozialer Druck

1.5Konstruktivismus und Dialog

2Begriffe des Dialogs

2.1Thinking und Thought

2.2Feelings und Felts / Embodiment

2.3Fragmentierung

2.4Inner State und das Unbewusste

2.5Emotionen

2.6Mentale Modelle

2.7Die Philosophie des „Ich und Du“ von Martin Buber

3Ein dialogisches Beratungsmodell für die Praxis

3.1Das DI•ARS-Beratungsmodell

3.2Die Primären Felder des DI•ARS-Beratungsmodells

3.2.1Das Primäre Feld „Holismus“

3.2.2Das Primäre Feld „Detailtreue“

3.2.3Das Primäre Feld „Motivation/Intention“

3.2.4Das Primäre Feld „Tun“

3.2.5Die Vermittlerin „Emotionale Regulation“

3.3Das DI•ARS-Modell in der Anwendung: Coaching

3.4Interventionen: Eine Übersicht

3.4.1Vom Holismus zur Detailtreue

3.4.2Von der Detailtreue zum Holismus

3.4.3Von der Motivation/Intention zum Tun

3.4.4Vom Tun zur Motivation/Intention

4„Erleichterer“ für die dialogische Beratung

4.1Aktives Zuhören

4.2Synchronisierung auf (körper-)sprachlicher Ebene

4.3Humor und humorgeleitete Provokation

4.4Bildhafte Sprache mit allen Sinnen und Pausen im Präsens

4.5Vage Sprache

4.6Persönlichkeitsanteile wahrnehmen

4.7Denkprozesse anstatt Denkprodukte

4.8Verschränkung von Ausdrucksebenen: Sprache, Bilder, Gefühle

5Rahmenbedingungen dialogischer Gesprächsführung in der Gruppe

5.1Symbole und Regeln

5.1.1Hierarchie vernichtet Dialog

5.1.2Das Redesymbol

5.1.3Die Mitte

5.2Vielfalt im Gruppendialog

6Grundkompetenzen einer dialogischen Berater-Haltung

6.1Der Umgang mit widersprüchlichen Wahrnehmungen

6.2Erkunden und Plädieren

6.3Systemisches Denken

6.4Zwölf dialogische Kompetenzbereiche

7Fallbeispiele dialogischer Prozesse

7.1Dialog in der Gruppe

7.2Das DI•ARS-Modell als Tool für Führungsaufgaben

8Praktische Übungen zur dialogischen Kompetenzerweiterung

8.1Übungen zur Stärkung des Feldes „Holismus“

8.2Übungen zur Stärkung des Feldes „Detailtreue“

8.3Übungen zur Stärkung des Feldes „Motivation/Intention“

8.4Übungen zur Stärkung des Feldes „Tun“

8.5Übungen zum Suspendieren von Annahmen

 

8.6Übungen zum Entschleunigen, Schweigen und Zuhören

8.7Übungen zu Beobachten versus Bewerten

8.8Übungen zum Verändern von Mustern

8.9Übungen zu mentalen Modellen

Nachwort

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Quellenverzeichnis für Abbildungen und Tabellen

Literaturverzeichnis

Zum Autor

Personenregister

Sachregister

Vorwort

Der Dialog als Kommunikationshaltung findet seit den 1990er-Jahren auch im deutschen Sprachraum immer mehr Zuspruch. Dabei ist gar nicht klar, was mit „Dialog“ gemeint ist, solange man den Begriff nicht irgendwie definiert und anhand praktischer Beispiele erklärt. So unterschiedlich wie die (theoretischen) Zugänge sind auch die Anwendungsfelder und Zielgruppen der „Dialoge“.

Seit meinem ersten Dialogbuch („Psychologie des Dialogs“), erschienen 2011 in diesem Verlag, hat sich mein persönlicher Zugang verändert, auch – aber nicht nur – weil ich vieles aus dem Bohm’schen Dialog-Gerüst für mich adaptiert und mit eigenen Erfahrungen aus der Beratungspraxis als Arbeits- und Wirtschaftspsychologe kombiniert habe. Im Laufe der Jahre war für mich vieles, von dem ich früher überzeugt war, unwichtig, oft auch unbrauchbar geworden. So halte ich den „weichen“ dialogischen Zugang (und dabei geht es keineswegs immer um Kerzen, Blumenkränze und Kreistänze) zwar im privaten Bereich durchaus für spannend und sinnvoll, im Kontext von Organisationen und professioneller Beratung von Gruppen und Einzelpersonen ist er jedoch zumeist ungeeignet.

Transferiert man diese weicheren dialogischen Ansätze also in Unternehmen, verlieren sie oft ihre Einzigartigkeit, auch wenn das Vorgehen auf seriösen Fundamenten aufgebaut ist. Sie sind mehr alter Wein in neuen Schläuchen als das, was einen Dialogprozess im Bohm’schen Sinn ausmacht. Dieser nimmt sehr viel Zeit in Anspruch und erfordert ein hohes Maß an Anstrengung, Überzeugungsarbeit und Geduld. Die daraus entstehenden längerfristigen Konsequenzen wären für gewinnorientierte Unternehmen durchaus die Mühe wert, aber das ist ein eigenes Thema …

So haben für mich die klassischen Rahmenbedingungen, unter denen Dialoge meist stattfinden und wie sie von vielen Autoren – nicht nur von David Bohm – kommuniziert werden, mittlerweile an Bedeutung eingebüßt. An ihre Stelle ist eine bestimmte „dialogische Grundhaltung“ gerückt, die von diesen Rahmenbedingungen nahezu unberührt bleibt. Dies ist sicher zu einem erheblichen Teil meinem gewachsenen Interesse an der Arbeit mit Hypnose sowie der psychologischen PSI-Theorie (Persönlichkeits-System-Interaktionen) von Julius Kuhl geschuldet, dessen Ansatz zur Erklärung der menschlichen Persönlichkeit ich aus zwei Gründen für enorm wichtig halte: Zum einen ist sie wissenschaftlich hochseriös, philosophisch sowie erkenntnistheoretisch außerordentlich spannend und zudem in vielen Bereichen empirisch fundiert. Zum anderen hat Kuhl aus vielen bekannten Theorien und Modellen das Beste genommen, in die PSI-Theorie integriert und daraus (v. a. in Zusammenarbeit mit Maja Storch) praktisch umsetzbare Prozesse abgeleitet. Ich halte es für bedauerlich, dass die PSI-Theorie in der universitären Lehre, zumindest in Österreich, noch nicht wirklich angekommen ist. Jedenfalls bildet sie die Grundlage (und viel mehr) für die Vernetzungen mit meinen eigenen beraterischen Erfahrungen und hypnosystemischen Zugängen, was bei der Lektüre des Kapitels über das DI•ARS-Modell für jeden sofort ersichtlich sein wird, der schon Bekanntschaft mit der PSI-Theorie gemacht hat. Ebenso hat mich die Arbeit von Manfred Prior sehr positiv beeinflusst, was sich wohl bei der Lektüre über die „Erleichterer“ in diesem Buch und in Kenntnis von Priors Werken und Seminaren unmittelbar erschließt.

Das DI•ARS-Modell hilft mir dabei, meine Beratungs- und Coachingprozesse zu strukturieren und gleichzeitig wichtige dialogische Prinzipien in der Arbeit mit meinen Klienten nie außer Acht zu lassen. Aus diesem Grund nimmt es einen breiten Raum im Buch ein. Das ist das Schöne am Beraterberuf: Letztlich lernt man bei der Arbeit mit Menschen ständig dazu und durchlebt kontinuierlich Entwicklungsprozesse, was gerade aus dialogischer Sicht wesentlich ist für die Qualität der Arbeit. Wenn in der Literatur von der „Haltung des Lernenden“ die Rede ist, zielt dies genau darauf ab.

Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei meinem alten Studienfreund Rudi Adamcyk für die kritische Durchsicht einiger Kapitel und wertvolle Anregungen, die mein Denken stets sehr bereichern, und bei Mag. Attila Amon, der bereit war, zwei Fallbeispiele zu Papier zu bringen, die darstellen, wie er das DI•ARS-Modell im Rahmen der Mitarbeiterführung praktisch einsetzt. Mein Dank gilt auch MMag. Dr. Sigrid Mannsberger-Nindl vom Facultas Verlag, die als verlässliche Ansprechpartnerin nun schon bei meinem vierten Buch den Entstehungsprozess im bestmöglichen Sinn unterstützt hat.


Waidhofen an der Thaya, im Mai 2020 Dr. Michael Benesch

Anmerkung:

Auf geschlechtergerechte Formulierungen wird im Text zur besseren Lesbarkeit verzichtet, personenbezogene Begriffe beziehen sich stets auf alle Geschlechter.

Prolog: Der Dialog in Beratung und Coaching

Das Wort Dialog steht praktisch synonym für Unterredung, für mündliche oder schriftliche Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Personen, mit abgeleiteten Begriffen wie Monolog, Trialog oder Polylog. Bekannt ist der sogenannte Sokratische Dialog, dessen Ziel es ist, durch geschicktes Fragen dem Gegenüber dabei zu helfen, verborgene Erkenntnisse zu gewinnen, Verschüttetes an die Oberfläche zu befördern und so einer Problemlösung zugänglich zu machen. Man spricht von der Mäeutik, der Hebammenkunst, weil man – einer Hebamme gleich – neuen Gedanken zur Geburt verhilft.

Zum Dialog, meist verbunden mit dem Namen David Bohm (und Martin Buber als Quelle für philosophische Grundlagen des Dialogs, wenngleich der US-amerikanische Physiker Bohm den Namen des jüdischen Religionsphilosophen Buber höchstwahrscheinlich gar nicht kannte), gibt es mittlerweile eine Reihe von Büchern, es werden Seminare und Ausbildungen angeboten, Dialog-Runden im öffentlichen wie privaten Raum und vieles mehr veranstaltet. Ein allgemein akzeptierter, einheitlicher Rahmen für den „Dialog“ ist nicht vorhanden, es gibt keine kongruente oder gar empirisch fundierte Theorie dahinter, sondern eben viele Zugänge aus ganz unterschiedlichen Richtungen. Deshalb muss, möchte man sicherstellen, vom Gleichen zu sprechen, der Begriff Dialog definiert werden: Was versteht man darunter? Gibt es Rahmenbedingungen, unter welchen dialogisiert wird? Orientieren wir uns an dem sehr offenen Zugang von David Bohm oder blicken wir zu William Isaacs, der (am Massachusetts Institute of Technology in Boston) einen an den Begriff der Lernenden Organisation angelehnten Dialog-Zugang entwickelt hat?

Hat man für sich eine Idee, eine einigermaßen konsistente Definition von „Dialog“ entwickelt, kann man nach Wegen suchen, diese Idee in eigenen Beratungsprozessen so umzusetzen, dass man – und dies ist besonders wichtig – zum einen authentisch mit der eigenen Persönlichkeit und zum anderen mit klaren, überlegten Zielen vor Augen willensstark den eigenen Weg als „dialogischer Berater“ zu gehen vermag.

Dass es keine empirische „Dialog-Theorie“ gibt und somit auch jeder vollkommen frei ist, den Dialog in seinem Sinne zu verwenden, ist einerseits eine Chance, andererseits aber eben auch mit der Notwendigkeit verbunden, zunächst klarzustellen, was man unter Dialog versteht. Wer ein Dialog-Seminar bucht, kann sich in der Situation wiederfinden, unter freiem Himmel, bei Lagerfeuer und Tänzen der germanischen Muttergöttin Frigg zu huldigen oder auch in einem neutralen Besprechungsraum mit Flip-Chart und Beamer zu sitzen und sachlich dialogische Ideen, Ansätze, Prinzipien und Abläufe zu besprechen und einzuüben, mit dem Ziel, die Gesprächskultur im Unternehmen zu verbessern. Es kann sein, dass die Vertreter ersteren Zugangs das, was sich im Besprechungsraum abspielt, gar nicht als dialogisch in ihrem Sinn verstehen und vice versa. Oft liegen dem persönlichen Dialog-Begriff (auch implizite) Annahmen zugrunde, die – gar nicht dialogisch – verteidigt werden. Alles ist möglich, was auch gut ist, denn jeder Topf soll die Chance haben, seinen Deckel zu finden, und jeder kann sich frei entscheiden, in welche Richtung er gehen möchte. Die Welt ist vielfältig.

Wie immer man den Dialog definieren möchte, es gibt wohl eine Reihe von Charakteristika, welche von den meisten Anwendern als zentral aufgefasst werden. Exemplarisch seien erwähnt: nicht durcheinander sprechen (egal, ob man ein Redesymbol verwendet oder nicht), alle Ansichten sind bedeutsam, man begegnet den anderen mit einem gewissen Respekt (auch wenn es manchmal schwerfällt), Buber’sche Gedanken vom Ich und Du werden zumindest gestreift und es sollen Denkprozesse sichtbar gemacht und nicht nur Meinungen verteidigt werden (was wiederum bedingt, dass man sich an gewisse Grundsätze in der Gesprächsführung hält).

Dabei ist es überhaupt nicht von Bedeutung, ob zwei Individuen versuchen, miteinander „dialogisch“ umzugehen, oder ob es sich um eine Gruppe von 40 Personen handelt – oder ob man daran geht, dialogische Prinzipien auf sich selbst anzuwenden. Wesentlich ist das kreative, offene Kommunikationsfeld, das bis zu einem gewissen Maß das Unbestimmte, Unvorhersehbare, man kann sagen: das Chaotische, zulässt – natürlich innerhalb gewisser Grenzen.

Der Mensch, so auch der Rat- oder Hilfesuchende, hat oft Angst vor dem unerforschten Gebiet, aber bringt (hoffentlich) die Neugier mit, es zu betreten, ebenso wie der Berater. In einem derartigen sozialen Interaktionsprozess muss eine Balance gefunden werden zwischen kreativem Chaos und geregelten Bedingungen. Wenn man glaubt, alles kontrollieren zu müssen, ist dies das Ende jedweder Kreativität. Der dialogische Zugang bedeutet auch die Suche nach dieser Balance zwischen dem angstmachenden, unerforschten, wilden Gebiet und der ordnenden, vertrauten, ritualgeprägten kulturellen Welt des Vorhersehbaren und Vertrauten.

Im vorliegenden Buch werden zwei Ansätze verfolgt. Zum einen geht es um die „Psychologie des Dialogs“: um Denkprozesse, verzerrte Wahrnehmungen, soziale Einflüsse auf die Kommunikation, die Rolle von Intuition und Emotionen und dergleichen. Es ist wichtig, sich als Berater damit zu beschäftigen, welche Strukturen und Muster unserem Denken zugrunde liegen. Zum anderen werden Wege aufgezeigt, die einen Berater, der seine Tätigkeit dialogischer gestalten möchte, dabei unterstützen können. Das DI•ARS-Beratungsmodell liefert dafür eine Struktur, weil es den Berater immer wieder daran erinnert, sich Hypothesen zu bilden, die auch wieder verworfen werden können (und sollen, alleine schon deshalb, weil sich Menschen und Situationen verändern), und weil es die Komplexität des Beratungsgeschehens mithilfe eines relativ einfachen Modells herunterbricht, was zur Übersichtlichkeit beiträgt.

Diesen beiden Ansätzen nähert sich das Buch in drei Schritten: Zunächst werden in Kapitel 1, 2 und 3 die Grundlagen ausgeführt. Dabei geht es einerseits um ausgesuchte Aspekte der Psychologie, darum zu verstehen, was unser Verhalten und unsere Wahrnehmung sowohl als Individuum als auch als soziales Wesen in der Gruppe ausmacht. Zum anderen werden die wesentlichen Begriffe des Dialogs nach David Bohm sowie das DI•ARS-Modell vorgestellt, das dabei unterstützen soll, dialogische Prinzipien in der Beratungspraxis zu implementieren. Während der Dialog in der Tradition von David Bohm auf Gruppenprozesse fokussiert, bietet sich das DI•ARS-Modell in erster Linie für individuelle Beratungs- bzw. Coachingsituationen an.

 

In einem zweiten Schritt werden in den Kapiteln 4, 5 und 6 Wege bzw. Bausteine erläutert, welche die dialogische Beratung unterstützen und intensivieren können. Die vorgestellten „Erleichterer“ aus unterschiedlichen beraterischen Zugängen, die dialogischen Rahmenbedingungen sowie die dialogischen Kompetenzen des Beraters beziehen sich dabei besonders auf die individuelle Beratung (Kapitel 4 und 6) und auf Gruppensituationen (Kapitel 5).

Kapitel 7 und 8 widmen sich schließlich der praktischen Umsetzung. Fallbeispiele zeigen, wie der Gruppendialog im betrieblichen Managementkontext und das DI•ARS-Modell in der Einzelberatung umgesetzt werden können. Eine Vielzahl von Übungen liefert Anregungen für dialogische Beratung in der professionellen Beratungspraxis, aber durchaus auch für den privaten Bereich.

Im Buch werden immer wieder die Begriffe „Energie“, „Selbst“ und „Unbewusstes“ verwendet. Ich benutze diese Worte in einem alltagssprachlichen Sinn. Über „Energie“ als psychologischen Begriff kann man lange diskutieren, obgleich es im normalen Wortgebrauch überhaupt nicht problematisch ist zu sagen: „Energie fließt von einem psychischen System in ein anderes“ – man weiß, was damit gemeint ist.

Das „Unbewusste“ war für Freud1 eher ein Ort („psychischer Ort“: auch das ein gewaltiger Begriff, der schnell einmal so dahingesagt ist) verdrängter, dunkler Inhalte. Im vorliegenden Buch ist mit dem Unbewussten ein solcher gerade nicht gemeint, sondern etwas sehr Positives, „Weises“, ein weit verzweigtes und großteils zumindest im Moment nicht bewusstes Netzwerk von Erfahrungen, Ideen, Phantasien, intelligenten Intuitionen und Lösungswegen, Gefühlen und vielem mehr, auf das wir im Grunde zugreifen können. Das „Selbst“ als Konstrukt ist in diesem Unbewussten angesiedelt, aber weder das Selbst noch das Unbewusste sollten verdinglicht werden. Es handelt sich schlicht um Hilfskonstruktionen, damit Begriffe zur Verfügung stehen, über die man sich austauschen kann. Es gibt keine Orte, an denen sich „Dinge“ wie das Unbewusste oder das Selbst aufhalten. Deshalb plädiere ich dafür, mit diesen Begriffen locker und nicht zu streng umzugehen, denn solch eine Lockerheit bereitet auf einer alltagssprachlichen Ebene üblicherweise keine Probleme. Die Begriffe stehen einfach für psychische Funktionen, man benutzt sie, um Konstruktionen zu beschreiben. Und wir sind daran gewöhnt: Alltagssprachlich hat wohl kaum jemand ein Problem mit Begriffen wie Liebe, Freundschaft, Feindseligkeit oder Glück. Wir können uns wunderbar darüber unterhalten, so wie wir sagen: „Ich stehe auf der Mariahilfer Straße“, obwohl wir unser Auto meinen. Die Wissenschaft verkompliziert Benennungen notwendigerweise und aus guten Gründen, aber im Rahmen des vorliegenden Buches ist meiner Meinung nach der alltagssprachliche Zugang zu solch schwierigen Begriffen vollkommen ausreichend.