Czytaj książkę: «50 Dinge, die ein Oberösterreicher getan haben muss»
Melanie Wagenhofer
Oben links: Flusstauchen in der Traun, S. 39; oben rechts: der Glanglmarkt in Wels, S. 51; unten: Werkstour in der VOEST, S. 188
Inhalt
Cover
Titel
VORWORT
Von Bleamön und Bleampln
DER BARTBINDER IN OFFENSEE
Haarspaltereien
DER BAUMKRONENWEG IN KOPFING
Wipfelsturm
DIE BUCKELWEHLUCK’N IN ST. THOMAS
Die Luck’n heilt den Ruck’n
SOMMER AUF BURG CLAM
Der Graf & Bob Dylan
DIE DONAU UND IHR FISCHER
Der Letzte seiner Zunft in Linz
FILMSCHAUPLÄTZE IM SALZKAMMERGUT
Atemberaubend
DIE FIVE FINGERS AM KRIPPENSTEIN
Riesenhand & Urgetier
FLUSSTAUCHEN IN DER TRAUN
Wie das Fliegen im Fluss
FORELLENZIRKUS IN ST. ÄGIDI
Akrobatik im Mühlbach
FREISTADT UND SEIN BIER
Bierbrauer für einen Tag
DER GLANGLMARKT IN WELS
Von Exoten und Kleintieren
GLÜCKSPLÄTZE IM SALZKAMMERGUT
Die Seele baumeln lassen
DIE GOWILALM
Auf dem Almbalkon
DAS IBMER MOOR
Von Irrlichtern & Moorziegen
DAS DRAGONERREGIMENT 15
Rittmeister in Tradition
DER KORNSPITZ UND SEIN ERFINDER
Asten liegt neben Moskau
DAS KRÄUTERDORF HIRSCHBACH
Von Arnika bis Ziest
DER LASK
Der Stolz von Oberösterreich
LIEBSTATTHERZEN AUS GMUNDEN
Fasten & liebhaben
DER LICHTENBERG MIT DER GIS
Dem Linza sei Himmelfahrt
LINZER SCHAUPLÄTZE
Der Hans, der Pepi & das Traxlmayr
LINZER UNTERWELT
Wenn der Kuckuck ruft
DER MARTERL-ZIMMERER VON EBENSEE
Von Rumpön & Fahndln
KARL MAY UND SEIN FOTOGRAF
Old Shatterhand in Urfahr
MOST VOM PANKRAZHOFER
Auf der Obstquetsch’n spielen
NATURBADEPLÄTZE
Idylle pur
DER NATURPARK ATTERSEE-TRAUNSEE
Im Zwischenland
DIE PARAMENTIK DER MARIENSCHWESTERN
Sticheleien für den Herrn
DASPARKHOTEL IN OTTENSHEIM
Unterbringung mit 1.000 Sternen
PFEFFERMINZZUCKERLN AUS TRAUN
Pezen erlaubt
DAS PIXELHOTEL IM ENNSER STADTTURM
Zimmer mit Aussicht
PLÄTTENFAHREN IN HALLSTATT
Fuhr’ über den See
DAS RIESENMUSEUM IN LENGAU
2,58 Meter – Schuhgröße 59
DAS ROSARIUM IN TRATTWÖRTH
Eine schöner als die andere
IN DER SCHARTEN ZUR OBSTBAUMBLÜTE
Blüten-Rausch
DAS SCHLOSS IM TRAUNSEE
Ein Jawort wie im Märchen
DIE SCHNAPSBRENNERIN IN WEYREGG
Hochprozentige Weiberwirtschaft
DAS SCHWARZSEIDENE
Vom Tiachlbinden
SEITLPFEIFER
Die kleine Schwester der Flöte
SISIS SEELENLANDSCHAFT
Auf den Spuren der Kaiserin
DER SKIFLYER IN HÖHNHART
Wo man Luftsprünge macht
DER SPECKMACHER VON HELFENBERG
Leberschädel & Speckknödel
TEXTILES ZENTRUM HASLACH
Den Faden weiterspinnen
TURMEREMIT AUF ZEIT
Ein Logenplatz
DER LETZTE WACHSZIEHER
Wickelkerzen aus Waldhausen
WEIN AUS DEM MÜHLVIERTEL
Haselgraben-Gaben
WERKSTOUR AUF DER STAHLSTRASSE
Beim Heißen Riesen
WILDNISCAMP IM NATIONALPARK KALKALPEN
Wenn der Vater mit dem Sohne
DAS ZAUBERTAL HAMAM
Traum aus Seifenschaum
ZWERGERLSCHNÄUZEN AM PÖSTLINGBERG
Mit dem Drachenzug in die Märchenwelt
Ortsregister
Weitere Reiseführer
Impressum
Bildnachweis
Vorwort
Von Bleamön und Bleampln
Will man in die Welt der Oberösterreicher eintauchen, dann sollte man auch etwas von ihrer Sprache verstehen: Der oberösterreichische Dialekt bietet eine herrliche Vielfalt, die es zu erhalten gilt. Da kann nicht nur der „Zuagroaste“, sondern selbst so mancher Einheimische noch etwas lernen.
Zuagroaste, also jene Personen, die nicht innerhalb der oberösterreichischen Grenzen gebürtig sind, werden oft auf ihr Sprachtalent getestet, indem sie dazu aufgefordert werden, den Dialektausdruck für einen Körperteil eines scheuen Waldtieres auszusprechen: Erraten! Es geht um den berühmten Oachkatzlschwoaf. Auch sonst stellt sich die Tierwelt im oberösterreichischen Dialekt recht bunt dar: Der Bamhackl bearbeitet – fast logisch – mit seinem Schnabel den Baum und wird in der Hochsprache Specht genannt. Bienen schwirren als Bei durch die Köpfe, Enten quaken als Antn. Ein Broadling ist, breit wie er ist, eine passende Titulierung für Kröte, ein Küken wird, süß wie es ist, bei den Oberösterreichern zum Wusal oder Singal verniedlicht, ein Habicht, der es auf die Hühner abgesehen hat, gnadenlos Hehnageier genannt. Das Kalb ist ein Kaiwö, das bei der Geburt auf die Welt gezogen (Kaiwö ziagn) wird.
Manche Begriffe hören sich fast gleich an, liegen inhaltlich aber ganz weit auseinander: So ist Bleamö eine Blume, ein Mensch, der als Bleampl bezeichnet wird, ein Tollpatsch. Umgekehrt kann so mancher Ausdruck oder, man möchte fast sagen, Laut, mehrfach gedeutet werden: Na ist grundsätzlich ein Nein, in Kombination Na geh (wos d’ net sagst)! wird es zum Ausdruck der Bewunderung und des Erstaunens. Ha? wird nicht gelacht, so wird ausgedrückt, dass man etwas nicht verstanden hat. Topfn ist Quark, zugleich aber auch Blödsinn.
Sinnvoll ist es auch, sich mit richtungsweisenden Begriffen vertraut zu machen, schließlich kommt es ja vor, dass man nach dem Weg fragen muss: owa (hinunter), afi (hinauf), drent (drüben), uma (herüber), untasi (unterhalb) und übasi (oberhalb). Damit man sich nicht verläuft und einen zu langen Hadscha (Marsch) machen muss. Am besten nimmt man sich zur Sicherheit ein Bschoadbinkal (Bündel mit Essen) mit auf den Weg, damit man die Sache pomali (gemächlich) angehen kann.
Auch gegessen werden muss einmal, damit man nicht zum Krischpindal (schwaches Geschöpf) wird: Im Lande ob der Enns kommt gern ein Knon auf den Tisch, und zwar in allen Varianten: Speck, Haschee oder Grammel (Knödel). Beliebt ist auch die Mauraforön (Knackwurst). Ist das Baucherl nicht ganz fit, gibt’s ein verträglicheres Koh (Mus), gerne aus Griaß (Grieß). Und beim Abkifln (Abnagen) der Hehn sollte man aufpassen, dass man keinen Kruschpö (Knorpel) erwischt. Zum Nachtisch gibt’s einen Bunkö (Germkuchen) oder sonst einen Guazl (Süßigkeit). Wenn nur noch ein Noagal (kleiner Rest) im Glas ist, sollte man rasch für Nachschub sorgen, außer das Gewünschte ist goa (aus). Auch Früchte können so ganz anders heißen als in der Hochsprache, wie Weinbeeln (Trauben), Pamerandschn (Orangen) und Zella (Sellerie) beweisen.
Im Umgang miteinander ist es wichtig zu wissen, dass „Mensch“ Mädchen (besonders süß mit Gugaschecken = Sommersprossen im Gesicht) meint, Diandl auch Tracht. Der Hussinand ist ein Mühlviertler und steht für Overall. Und Earl ist kein englischer Lord, sondern ebenso wie der Losa das Ohr. Wenn sich der Oberösterreicher afpudelt und an Gizi kriagt (jähzornig wird), weil er pflanzt (gefoppt) wird, dann regt er sich auf, eine Unklarheit schnapst (diskutiert) man sich in Ruhe aus, damit der Bahö (Krawall) nicht zu groß wird, man keinen Puza (Verweis, Tadel) kriegt und es keine Dedschn (Ohrfeige) gibt, die womöglich einen Düwö (Beule) hinterlässt und alles zum Plazn oder Flenna (Weinen) wird. Zurück bleibt man schließlich oft dadodat (erschüttert).
Vorsicht ist auch mit einmal mehr und einmal weniger harmlosen Schimpfwörtern geboten: Blunzn (Blutwurst) meint abfällig ein Weiberleut, Funsn eine eingebildete Zeitgenossin, Bosnigl einen boshaften Menschen, Krauderer einen alten, klapprigen und Noarndattl einen närrischen Mann. Der Gscheidwaschl weiß alles besser und ist recht gschafti (geschäftig), der Haftlmacher (aufmerksamer Mensch) macht um alles ein Gschisdigschasdi (Umstände). Am besten nähert man sich zitzalweis (in kleinen Schritten) an und lässt sich auch nicht von siemseidenen (schmeichlerischen, heuchlerischen) Zeitgenossen einwickeln.
Und damit wir nicht ganz wiaflad (schwindlig) werden, hören wir an dieser Stelle auf und widmen uns im Folgenden dem, was ein Oberösterreicher oder einer, der sich hier auskennen will, getan haben muss.
Ich wünsche meinen Leserinnen und Lesern viel Vergnügen bei der Lektüre und vor allem viel Freude an den unabdingbaren Erlebnissen, die ich Ihnen hier vorstellen darf.
Ich möchte darauf hinweisen, dass ich im Sinne der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet habe (auch und vor allem im Titel dieses Buches). Dennoch sind freilich Vertreter beiderlei Geschlechts angesprochen.
Linz, im Sommer 2014 Melanie Wagenhofer
Der Bartbinder in Offensee
1
Haarspaltereien
Gamsbartträger
Ein paar Kilometer außerhalb von Ebensee, in der Abgeschiedenheit eines idyllischen Bergsees, an den sich einst Kaiserin Elisabeth gerne zurückgezogen hat, ließ sich auch ein begnadeter Handwerker nieder: der Lahnsteiner Bertl. Ein Besuch beim Bartbinder am Offensee in Ebensee.
Wo andere ausflippen täten, dabei werde ich ruhig“, erklärt der Bertl. Stunden-, manchmal tagelang ordnet er die Gamshaare feinsäuberlich millimetergenau nach ihrer Länge, dann bindet er die gleich langen mit seiner eigenen Technik zusammen, um dann aus den Büscheln, die aus jeweils 100 bis 150 Haaren bestehen, den „Bacht“ zu erzeugen. Die kürzeren innen, die längeren rundherum. 20.000 bis 25.000 Haare zieren einen prächtigen großen Gamsbart, ein Kunstwerk, das in 30 bis 60 Stunden Arbeitszeit entsteht. 22 Zentimeter ist die Grenze, die die Natur der Länge des traditionellen Hutschmuckes gesetzt hat. Der Bertl ist einer von ganz wenigen, die dieses Handwerk in Österreich noch hauptberuflich betreiben.
Eigentlich hat er ja Zimmermann gelernt, der Bertl. Doch weil sich sein Großvater, ein Jäger, dereinst über seinen Bartbinder geärgert hat, dachte sich der Enkel, das müsse doch anders, besser, zu machen sein. Und versuchte sich an des Großvaters Gamsbärten. Nahm sie auseinander, setzte sie wieder zusammen. „Guate Nacht!“, war die Reaktion des Großvaters. „Lass des guat sein, Bua. Wie sollst du, mit deinen großen Händen, so was Feines zusammenbringen!“ Doch der Bertl ließ sich nicht abbringen und ging, als er nach einer Weile anstand, zum Pilz Fritz nach Hallstatt – damals „der beste Bartbinder im Salzkammergut“ –, um von ihm zu lernen. „Eine Stunde habe ich ihm zugeschaut!“, erinnert sich der Bertl. Das habe genügt. Ein paar Monate später traten Lehrmeister und Schüler zur Gamsbartolympiade an. Und – und das sei ihm noch heute direkt peinlich – der Bertl gewann, der Pilz Fritz wurde „nur“ Zweiter. „Eine solche Gabe zu besitzen ist ein Gottesgeschenk“, sagt der Bertl ehrfürchtig.
Bertl Lahnsteiner an seinem Arbeitsplatz
Mittlerweile bindet der Ebenseer seit 1990 Gamsbartbärte, zehn Jahre als Hobby, danach hauptberuflich. Und das vorwiegend in „Lohnarbeit“, wie er sagt. Denn die meisten kommen mit der Ware, quasi ihrem „Jagderlebnis“, zu ihm, um sich daraus den Schmuck für ihren Trachtenhut machen zu lassen. Gerade in seiner Gegend trägt man ihn noch, den Deckel mit dem Gamsbart, steckt sich die Trophäe noch an den Hut. „Der Kaiser Franz Joseph hat ihn damals populär gemacht“, erzählt der Bertl. Der Jäger trage ihn im Salzkammergut gerade gestellt, die Damen ziere er in schräger Position. Wochentags das kleine Dachs- oder Hirschbartl am Jagahuat, am Sonntag der Hut mit dem großen Geflecht von der Gams. Aber: Zu groß dürfe er nicht sein, um nicht in den Geruch der Protzerei zu kommen. So handhabt’s auch der Bertl selber: Er ist zwar kein Jäger, dafür aber ein „Trachtler“ und trägt immer nur einen dezenten, kleinen Bart am Hut. Und da gibt es auch keine Sentimentalitäten: Die großen Bärte, mit denen er bei einer der Olympiaden aufs Stockerl kam, hat er längst zu Geld gemacht, die Pokale bleiben ohnehin als Erinnerung. Bis zu mehrere Tausend Euro kann so eine Zier aus Gamshaaren, die wertvollste aus Tierhaaren, kosten, der sehr beständige Dachsbart ist für ein paar 100 Euro zu haben. Faustregel: Je länger die Haare sind, umso teurer wird der Bart. „Gamsböcke sollten nach Weihnachten geschossen werden, dann sind die Haare am längsten“, erklärt der Bertl. In seiner Gegend hätten von 100 Gämsen nur fünf die für den Bart geeigneten Haare, die Granhaare, die als schmaler Streifen am Rücken der Tiere wachsen.
Bertls Kundschaft kommt aber nicht nur aus der Gegend. Jäger aus aller Herren Länder, von Kanada bis Australien, haben schon bei ihm bestellt. Und so kamen ihm neben den üblichen Haarspendern wie Gams, Hirsch, Dachs oder Wildschwein auch schon Haare von Antilope, Elch, Karibu und anderen exotischen Tieren zwischen die Finger. „Ich habe schon die wildesten Sachen gemacht, sogar die Schweifhaare vom Flusspferd waren dabei“, erinnert er sich. Und die Schnauzhaare von 300 Hasen für einen einzigen Bart.
Auch altersschwache Mähnen kuriert der Bartkundige und er garantiert, dass seine Gamsbärte zehn Jahre wie neu bleiben. Vorausgesetzt, man setzt sie nicht zu viel Nässe aus und pflegt sie seiner Anleitung entsprechend: Nach dem Tragen nimmt man den Gamsbart vom Hut und hängt ihn kopfüber in einen Raum, wo er keinem Licht ausgesetzt ist, damit er nicht austrocknet. Einen Tag, bevor man ihn wieder tragen will, dreht man ihn um, damit er rechtzeitig zum Ausgehen wieder seine ganze Pracht entfalten kann.
INFO: Bartbinder Bertl Lahnsteiner
Offensee 69, 4802 Ebensee
+43 (0) 6133/86 26
Der Baumkronenweg in Kopfing
2
Wipfelsturm
Ein Holzturm am Baumkronenweg
Da oben ist die Luft ganz anders, sagt man. Und die Rinde der Bäume ist nicht schuppig wie unten, sondern glatt. Nebenan wohnen Vögel. Eindrücke und Ausblicke vom Baumkronenweg in Kopfing.
Der Traum vom Fliegen lebt. Und wenn wir es schon nicht aus eigener Flügelkraft schaffen, so wollen wir wenigstens Aug’ in Aug’ mit den gefiederten Freunden deren wunderbare Perspektive genießen. Und das funktioniert am Baumkronenweg bestens, der sich wie eine chinesische Mauer, allerdings eine hölzerne, durch den Innviertler Wald zieht.
Das Holz dafür wurde gleich vor Ort gefällt. Eine Strecke von 25 Kilometern hätten die benötigten rund 700 Festmeter Bäume aneinander gereiht ergeben. Mitten im Wald entstand eine riesige Baustelle: Mit einem Hochkran wurden die höchsten Türme aufgestellt. 2005, nach einem halben Jahr und harter Arbeit – auch den Winter hindurch –, war der Baumkronenweg im Sauwald schließlich fertig: 40 Plattformen und 17 Türme, die zwischen drei und 22 Meter hoch und durch stabile Holzstege und schwankende Hänge- und Tellerbrücken verbunden sind, säumen den Weg, zweieinhalb Kilometer am Boden, 1.000 spannende Meter in der Luft. Über all das ragt ein Erlebnisturm hinaus, der sagenhafte 40 Meter hoch ist.
Schön langsam wird man in die Baumkronen hinaufgeführt. Und hält oben angekommen angesichts des herrlichen Ausblickes den Atem an: Er reicht weit hinein ins Mühlviertel, nach Bayern und bei schönem Wetter sogar bis in die Tiroler Berge. Und das aus einem grünen Meer aus Wald heraus. Auf den höchsten Türmen bietet sich ein völlig neuer Blickwinkel, man hat das Gefühl, es herrscht ein anderes Klima als unten. Es ist trockener und windiger, die Geräusche sind anders. Hier wohnen Vögel, dort klettern Eichhörnchen flink nach oben, Tiere, die man sonst nur aus der Ferne sieht, lassen sich mit ein wenig Glück aus der Nähe beobachten. Früh am Morgen und am Abend ergreifen die Waldbewohner noch mehr vom Pfad Besitz. Kein Wunder, dass man ursprünglich solche Wege in den Baumkronen der Tropen zu wissenschaftlichen Zwecken gebaut hat.
26 Stationen zu ebener Erde bieten Wissenswertes für Groß und Klein oder einfach nur Unterhaltung: vom Fuchsbau und Gleichgewichtsstationen über die Möglichkeit, Stimmen des Waldes via Waldgrammophon aufzunehmen, bis zur mit 50 Metern längsten Trockenrutsche Österreichs. Nach dem Vorbild englischer Irrgärten wurde ein Labyrinth angelegt, ein großer Spielplatz lädt auf einer Lichtung zum Spielen ein. Im Advent ist die Waldweihnacht mit Kunsthandwerk und kulinarischen Genüssen ein besonders idyllisches Erlebnis.
In den sechs Baumhäusern, Baumhotels genannt, die sich auf Stelzen zehn Meter über dem Boden befinden, kann man das ganze Jahr komfortabel übernachten. Wer sich traut, der nimmt an einer nächtlichen Gruselwanderung durch den Forst teil, die im Winter in Schneeschuhen und mit Fackeln durchgeführt werden.
INFO: Verein Baumkronenweg
Knechtelsdorf 1, 4794 Kopfing
+43 (0) 7763/2289, @ office@baumkronenweg.at
Öffnungszeiten:
Anfang April – Anfang November
Wie die Chinesische Mauer
Die Bucklwehluck’n in St. Thomas
3
Die Luck’n heilt den Ruck’n
Der heilbringende Stein von St. Thomas
Rund um den Wallfahrtsort St. Thomas am Blasenstein wimmelt es nur so von mystischen Orten und seltsamen Steinen wie der Bucklwehluck’n. Obendrein gibt’s dort den luftgselcht’n Pfarrer.
Ein kurzer Moment des Zögerns und dann klettert man hinein in den Spalt. Drinnen ist man erstaunt über die Stille und die glatten Innenflächen des Steines, die Abertausende, die hier schon durchgeschlüpft sind, wohl poliert haben. 40.000 sollen es übrigens jedes Jahr bis heute sein. Ein Stück weiter wird es ziemlich eng, fast muss man sich wie eine Schlange eine Kurve entlang weiterwinden. Nicht umsonst heißt es bei den Blasensteinern: Wer durch die Bucklwehluck’n durchkommt, hat zumindest die Gewähr, dass das Kreuz noch nicht ganz kaputt sein kann. Unter Platzangst sollte man aber besser auch nicht leiden. Noch einmal ducken, sich vorsichtig über den glatten Stein am Ausgang bewegen und dann ist man wieder draußen. Noch in den 1930er Jahren sollen viele Blasensteiner vor jedem Kirchgang durch den Stein gegangen sein.
Und warum tut man sich das an? Zur Erklärung: Wir befinden uns auf dem Blasenstein im Unteren Mühlviertel. Das Berglein (723 m) ist nicht nur weithin sichtbar, es bietet auch eine grandiose Aussicht über das Land: Halb Oberösterreich breitet sich an schönen Tagen vor ihm aus. Das silberne Band der Donau, die Burg Clam, der Dachstein. Der Blasenstein ist aber auch sonst ein besonderer Ort. Hier, genauer gesagt bei der Bucklwehluck’n, sollen sich seit jeher wunderliche Dinge zugetragen haben. Denjenigen nämlich, die durch den Spalt des beeindruckenden Granitfelsens kriechen, verheißt die Kraft der Luck’n Heilung bei Rückenproblemen und Rheuma und den Erlass ihrer Schulden. So schwören heute nicht nur die Bewohner von St. Thomas auf die Steinformation: Viele Besucher kommen von weit her, um einmal durchzukriechen. Für sie ist die Bucklwehluck’n also ein heiliger Ort. Ein Stein-Koloss, fünf Meter hoch, tonnenschwer und mit einem schmalen Durchlass. Auf den ersten Blick unspektakulär, bei genauerem Hinsehen, nein Hin-Spüren, ist da noch etwas: Es scheint, als strahle der Stein. Und tatsächlich haben Wissenschaftler eine leichte Radioaktivität festgestellt – Radonstrahlung. Wird wohl doch was dran sein an den Geschichten …
Der kleine Ort St. Thomas hat noch eine ungeklärte Besonderheit zu bieten: In der frei zugänglichen Unterkirche liegt die Mumie des 1746 im Alter von 37 Jahren verstorbenen Chorherrn und Pfarrvikars von St. Thomas, Franz Xaver Sydler de Rosenegg. Der Körper ist nicht verwest, obwohl er mehr als ein Jahrzehnt unter der Erde ruhte. In der tiefgläubigen Gegend galt die Mumifizierung als Wunder, das bis heute nicht geklärt werden konnte. Gruselig-schaurige Geschichten ranken sich um den Verstorbenen und den Zustand dessen, was er auf Erden hinterließ. Von Gift bis radioaktive Strahlung muss vieles als Erklärung herhalten. An anderer Stelle heißt es, der Chorherr wäre an Epilepsie gestorben, weshalb er auch als Helfer bei dieser Krankheit gilt.
Der Lederne Franzl
Die Überlieferung spricht auch davon, dass der Geistliche an einer ansteckenden Krankheit gelitten und deswegen eine „Medizin auf Leben und Tod“ bekommen habe. Die Tatsache, dass er nicht verwest ist, wurde von den Menschen jedenfalls als Fingerzeig Gottes gewertet.
Die Mumie, auch Lederner Franzl genannt, wurde von jenen Experten wissenschaftlich untersucht, die sich auch mit der Mumie aus dem Similaungletscher, vulgo Ötzi, beschäftigt haben. Es wird vermutet, dass der Tote unter Luftabschluss getrocknet ist, künstliche Mumifizierung wird ausgeschlossen. Beim Durchleuchten der Leiche wurde eine rätselhafte Kugel in der Größe eines Kirschkerns entdeckt, die an zwei Seiten „kleine Füßchen“ aufweist. War die rettende Medizin der Todesstoß für den Ordensmann? Man weiß es nicht. Und weil der Zahn der Zeit dann doch irgendwann zu nagen beginnt, soll den nun doch allmählich einsetzenden Verfall der Mumie heute eine luftdichte Vitrine aufhalten.
INFO: Marktgemeindeamt St. Thomas am Blasenstein
Markt 7, 4364 St. Thomas am Bl.
+43 (0) 7265/54 55 - 0, @ marktgemeinde@st-thomas.at