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Teil I Kommunalrecht

Inhaltsverzeichnis

§ 1 Das Kommunalrecht und die kommunalen Rechtssubjekte

§ 2 Verfassungsrechtliche Gewährleistungen der kommunalen Selbstverwaltung

§ 3 Die Gemeindebevölkerung (Bürger und Einwohner)

§ 4 Die innere Gemeindeverfassung

§ 5 Der Aufgabenkreis der Gemeinden

§ 6 Kommunales Satzungsrecht

§ 7 Kommunale öffentliche Einrichtungen und ihre Benutzung

§ 8 Der Anschluss- und Benutzungszwang

§ 9 Wirtschaftliche Betätigung der Kommunen

§ 10 Kommunales Finanzwesen (Zusammenfassende Übersicht)

§ 11 Die Staatsaufsicht über die Kommunen

Teil I Kommunalrecht › § 1 Das Kommunalrecht und die kommunalen Rechtssubjekte

§ 1 Das Kommunalrecht und die kommunalen Rechtssubjekte

Inhaltsverzeichnis

I. Kommunalrecht als Rechtsgebiet

II. Die kommunalen Rechtssubjekte

III. Die kommunalen Körperschaften im Rechtsverkehr

Teil I Kommunalrecht › § 1 Das Kommunalrecht und die kommunalen Rechtssubjekte › I. Kommunalrecht als Rechtsgebiet

I. Kommunalrecht als Rechtsgebiet

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Das Kommunalrecht als gewichtiger Teilkomplex des Besonderen Verwaltungsrechts umgreift alle diejenigen Rechtssätze, die sich auf die Organisation und den Aufgabenkreis der kommunalen Körperschaften beziehen und deren Handeln im Rechtsverkehr regeln. Nach der grundgesetzlichen Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen (vgl Art. 70 ff GG), die deutscher Tradition entspricht, ist der Erlass der die kommunale Organisation betreffenden Normen Ländersache. Trotz der mit dieser Kompetenzverteilung einhergehenden Gesetzesvielfalt ist das Kommunalrecht von länderübergreifenden Grundsätzen geprägt und folgt im Wesentlichen einheitlichen Prinzipien, welche sich in den jeweiligen Landesregelungen wiederfinden. Aus diesem Grunde stellen sich in allen Ländern nahezu dieselben Rechtsfragen, die dann auch regelmäßig Gegenstand von Klausuren in den juristischen Staatexamina sind[1].

1. Historische Vorbilder

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Von den klassischen landesrechtlichen Regelungen[2] seien hier besonders hervorgehoben:


Die preußische Städteordnung v. 19.11.1808 (GS 1822 Anh. S. 324), nach ihrem Urheber, dem Freiherrn vom Stein, auch Steinʼsche Städteordnung genannt,
die bay. Verordnung, die künftige Verfassung und Verwaltung der Gemeinden im Königreiche betreffend, aus dem Jahre 1818 (GBl. Sp. 49),
das württ. Verwaltungsedikt für die Gemeinden, Oberämter und Stiftungen v. 1.3.1822 (Kgl. Staats- u. RegBl. S. 131),
die revidierte preuß. Städte-Ordnung v. 17.3.1831 (GS S. 10),
das badische Gesetz über die Verfassung und Verwaltung der Gemeinden v. 31.12.1831 (RegBl. S. 81),
die sächs. Landgemeinde-Ordnung v. 7.11.1838 (GVBl. S. 431),
die Landgemeinde-Ordnung für die Provinz Westfalen v. 31.10.1841 (GS S. 297) und
die Gemeindeordnung für die Rheinprovinz v. 23.7.1845 (GS S. 523).

Im Jahre 1935 wurde mit der DGO erstmals ein für das gesamte Reichsgebiet geltendes einheitliches Gemeinderecht geschaffen, dessen organisatorischer Teil allerdings von nationalsozialistischem Gedankengut (Führerprinzip) durchdrungen war. Demgegenüber galten die wirtschaftsbezogenen Teile der DGO als in hohem Maße funktionsgerecht und haben dann auch durchgängig bei der kommunalrechtlichen Nachkriegsgesetzgebung in den einzelnen Bundesländern starke Beachtung gefunden.

Der sog. Weinheimer Entwurf, ein gemeinsamer Entwurf einer Gemeindeordnung auf der Grundlage von Beratungen der Innenminister der Länder und der kommunalen Spitzenverbände vom Juli 1948, hatte ua zum Ziel, den überkommenen Aufgabendualismus von Selbstverwaltungs- und Auftragsangelegenheiten durch das monistische Aufgabenmodell einer einheitlichen Gemeindeselbstverwaltung zu ersetzen, die sich auf alle öffentlichen Aufgaben im Gemeindegebiet beziehen sollte. Der Entwurf hatte aber den Abschnitt über die innere Gemeindeverfassung (dazu unten § 4) ausgeklammert und konnte allenfalls partiell und punktuell in die Realität umgesetzt werden. Lediglich in den 1970er-Jahren gelang eine parallele Novellierung der gemeinderechtlichen Bestimmungen über die gemeindliche Haushaltswirtschaft.

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Den historischen Vorbildern wurde nach der Wiedervereinigung auch in den neuen Ländern umgehend Rechnung getragen.

Das am 17.5.1990 erlassene Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Kreise in der DDR – Kommunalverfassung – (GBl. I S. 255) galt deshalb in den durch das LändereinführungsG v. 22.7.1990 (GBl. I S. 955) gebildeten Ländern zunächst als Landesrecht fort. Diese KommVerf DDR blieb nach Maßgabe des Einigungsvertrags[3] – zunächst auch nach der Wiederherstellung der deutschen Einheit – in Kraft. Die durch dieses Gesetz in den neuen Ländern neu gegründeten Kommunen sind nicht identisch mit den Gebietskörperschaften, die in der DDR nach dem Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 18.1.1957 bestanden hatten[4]. In der Folge sind auch in allen fünf neuen Ländern eigenständige kommunalrechtliche Gesetze erlassen worden (vgl die Übersicht in Rn 8).

2. Gegenwärtige Rechtsquellen

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Im Gefolge unterschiedlicher Vorstellungen der Besatzungsmächte über die kommunale Organisation kam es in der Nachkriegszeit zu einer starken Rechtszersplitterung im bundesdeutschen Kommunalrecht. Heutzutage ist die Gesetzgebungstätigkeit der Parlamente von einer bemerkenswerten Schnelllebigkeit geprägt. Infolge vielfältiger, in immer kürzeren Zeiträumen erfolgender Novellierungen wird es gerade im Kommunalrecht immer schwieriger, einerseits aktuelle Entwicklungslinien in den einzelnen Ländern zu verfolgen, dabei aber andererseits die gemeinsamen Grundzüge nicht aus dem Auge zu verlieren.

Eine Übersicht über die zentralen landesgesetzlichen Regelungen des Kommunalrechts in den bundesdeutschen Flächenstaaten ergibt gegenwärtig (Stand: Januar 2019) folgendes Bild:

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Baden-Württemberg


a) Gemeindeordnung idF der Bekanntm. v. 24.7.2000 (GBl. S. 581), zuletzt geändert durch Gesetz v. 19.6.2018 (GBl. S. 221).
b) Landkreisordnung idF v. 19.6.1987 (GBl. S. 289), zuletzt geändert durch Gesetz v. 19.6.2018 (GBl. S. 221).

Lit.: Kunze/Bronner/Katz, Komm., (Stand: Dezember 2017); Ade/Faiß/Stehle/Waibel, Kommunalverfassungsrecht BW, Komm., (Stand: 2018); Engel/Heilshorn, Kommunalrecht BW. 11. Aufl. 2018; Trumpp, LKrO, Kommentar, 6. Aufl. 2014; Ennuschat; in: Ennuschat/Ibler/Remmert, Öff. Recht in BW, 2. Aufl. 2017.

Bayern


a) Gemeindeordnung idF d. Bekanntm. v. 22.8.1998 (GVBl. S. 796), zuletzt geändert durch Gesetz v. 15.5.2018 (GVBl. S. 260).
b) Landkreisordnung idF d. Bekanntm. v. 22.8.1998 (GVBl. S. 826), zuletzt geändert durch Gesetz v. 22.3.2018 (GVBl. S. 145).

Lit.: Widtmann/Grasser/Glaser, Komm., (Stand: 2018); Bauer/Böhle/Ecker, Bay. Kommunalgesetze, Komm. (Stand: 2018); Becker, in: Becker/Heckmann/Kempen/Manssen, Öff. Recht in Bay., 7. Aufl. 2017.

Brandenburg

Kommunalverfassung des Landes Brandenburg idF d. Bekanntm. v. 18.12.2007 (GVBl. I S. 286), zuletzt geändert durch Gesetz v. 18.12.2018 (GVBl. I Nr. 37).

Lit.: Muth, Potsdamer Kommentar (Stand: 2018); Schumacher/Augustesen/Benedens ua, Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, (Stand: 2018); Schmidt, in: Bauer/Peine, Landesrecht Brandenburg, 3. Aufl. 2017.

Hessen


a) Gemeindeordnung idF v. 7.3.2005 (GVBl. I S. 142), zuletzt geändert durch Gesetz v. 21.6.2018 (GVBl. S. 291). Lit.: Bennemann/Daneke/Meiß ua, Kommunalverfassungsrecht Hessen, Komm. (Stand: 2018); Schmidt/Kneip, Komm., 2. Aufl. 2008; Gornig, in: Gornig/Horn/Will, Öff. Recht in Hessen, 2018; Lange, in: Hermes/Reimer, Landesrecht Hessen, 9. Aufl. 2018.
b) Landkreisordnung idF d. Bekanntm. v. 1.4.2005 (GVBl. I S. 183), zuletzt geändert durch Gesetz v. 20.12.2015 (GVBl. S. 618). Lit.: Bennemann/Daneke/Meiß ua, Komm. (Stand: 2018).

Mecklenburg-Vorpommern

Kommunalverfassung (KVerf) idF d. Bekanntm. v. 13.7.2011 (GVOBl. M-V S. 777).

Lit.: Wellmann/Glaser, Komm., 10. Aufl. 2019; Schröder/Freund/Wellmann ua, Kommunalverfassungsrecht MV, Komm. (Stand: 2017); Classen/Lüdemann, Landesrecht MV, 4. Aufl. 2019.

Niedersachsen

Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) idF d. Bekanntm. v. 17.12.2010 (Nds. GVBl. S. 576), zuletzt geändert durch Gesetz v. 20.6.2018 (Nds. GVBl. S. 113).

Lit.: Blum/Baumgarten/Freese ua, Kommunalverfassungsrecht Nds., Komm. (Stand: 2018); Blum/Häusler/Meyer (Hrsg.), NKomVG, 4. Aufl. 2017; Hartmann, in: Hartmann/Mann/Mehde, Landesrecht Nds., 2 Aufl. 2018; J. Ipsen, Nds. KommunalR, 4. Aufl. 2011; J. Ipsen (Hrsg.), NKomVG, 2011; Thiele, NKomVG, 2. Aufl. 2017.

Nordrhein-Westfalen


a) Gemeindeordnung idF d. Bekanntm. v. 14.7.1994 (GVBl. S. 666), zuletzt geändert durch Gesetz v. 18.12.2018 (GV. NRW. S. 759).
b) Kreisordnung idF d. Bekanntm. v. 14.7.1994 (GVBl. S. 646), zuletzt geändert durch Gesetz v. 18.12.2018 (GV. NRW. S. 759).

Lit.: Held/Winkel/Wansleben (Hrsg.), Kommunalverfassungsrecht NRW, Komm. (Stand: 2018); Articus/Schneider, Komm., 5. Aufl. 2016; Görisch, in: Schlacke/Wittreck, Landesrecht NRW, 2017; Hellermann, in: Dietlein/Hellermann, Öff. Recht in NRW, 6. Aufl. 2016.

Rheinland-Pfalz


a) Gemeindeordnung idF v. 31.1.1994 (GVBl. S. 153), zuletzt geändert durch Gesetz v. 19.12.2018 (GVBl. S. 448).
b) Landkreisordnung idF v. 31.1.1994 (GVBl. S. 188), zuletzt geändert durch Gesetz v. 19.12.2018 (GVBl. S. 448).

Lit.: Gabler/Höhlein/Klöckner ua, Kommunalverfassungsrecht RLP, Komm. (Stand: 2018); Nauheim-Skrobek/Schmitz/Schmorleiz, Kommunalrecht RLP, 2. Aufl. 2017; Winkler, in: Hufen/Jutzi/Proelß, Landesrecht RLP, 8. Aufl. 2018.

Saarland

Kommunalselbstverwaltungsgesetz idF d. Bekanntm. v. 27.6.1997 (ABl. S. 682), zuletzt geändert durch Gesetz v. 15.6.2016 (ABl. I S. 840).

Lit.: Lehné/Weirich, Saarl. Kommunalrecht, Komm., 4. Aufl. 2019; Wohlfarth, in: Gröpl/Guckelberger/Wohlfarth, Landesrecht Saarland, 3. Aufl. 2017.

Sachsen


a) Gemeindeordnung idF d. Bekanntm. v. 9.3.2018 (GVBl. S. 62).
b) Landkreisordnung idF d. Bekanntm. v. 9.3.2018 (GVBl. S. 99).

Lit.: Sponer/Jacob/Musall/Sollondz/Ewert, Kommunalverfassungsrecht Sachsen (Stand 2018); Enders/Faßbender/Rozek, Landesrecht Sachsen, 2019.

Sachsen-Anhalt

Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt idF d. Bekanntm. v. 17.7.2014 (GVBl. S. 288), zuletzt geändert durch Gesetz v. 22.6.2018 (GVBl. S. 166).

Lit.: Schmid/Trommer/Schmid, KVG-LSA, Komm. (Stand: 2018); Wiegand (Hrsg,), Komm. (Stand: 2018); Kluth, Landesrecht Sachsen-Anhalt, 2. Aufl. 2010.

Schleswig-Holstein


a) Gemeindeordnung idF d. Bekanntm. v. 28.2.2003 (GVOBl. S. 57), zuletzt geändert durch Gesetz v. 14.1.2018 (GVOBl. S. 6).
b) Kreisordnung idF d. Bekanntm. v. 28.2.2003 (GVOBl. S. 94), zuletzt geändert durch Gesetz v. 14.3.2017 (GVOBl. S. 140). Lit.: Dehn/Wolf, Komm., 16. Aufl. 2019; Bülow/Erps/Schliesky/v. Allwörden ua, Komm. (Stand: 2018); Schliesky, Landesrecht Schleswig-Holstein, 2019.

Thüringen

Thüringer Kommunalordnung idF d. Bekanntm. v. 28.1.2003 (GVBl. S. 41), zuletzt geändert durch Gesetz v. 10.4.2018 (GVBl. S. 74).

Lit.: Rücker/Dieter/Schmidt ua, Komm. (Stand: 2018); Uckel/Hauth/Hoffmann/Noll, Kommunalrecht in Thüringen, Komm. (Stand: 2018); Leisner-Egensperger, in: Baldus/Knauff, Landesrecht Thüringen, 2019.

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Zudem impliziert die zunehmende Normierungsflut in nahezu allen von den Kommunen zu bewältigenden Aufgabenkreisen – kumulativ verantwortet von EU, Bund und Ländern – mit immer neu anbrandenden Wellen erhebliche Gefährdungen der kommunalen Selbstverwaltung[5]. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung gem. Art. 28 II GG nicht zu den integrationsfesten Prinzipien iSv Art. 23 I iVm Art. 79 III GG zählt[6]. Immerhin haben es die kommunalen Spitzenverbände erreicht, dass im Zuge der Föderalismusreform 2006 ein Verbot der Übertragung neuer Aufgaben auf Gemeinden und Gemeindeverbände durch den Bund in das Grundgesetz aufgenommen worden ist[7].

Dieses Beispiel akzentuiert die zunehmende Bedeutung einer effizienten gemeinsamen Interessenvertretung von Gemeinden und Gemeindeverbänden auf Landes- und Bundesebene.

Heute bestehen zur gemeinsamen Interessenvertretung der kommunalen Körperschaften auf Bundesebene Organisationen in der Rechtsform privatrechtlicher Vereine: der Deutsche Städtetag (Mitglieder: hauptsächlich kreisfreie Städte), der Deutsche Städte- und Gemeindebund (kreisangehörige Städte und Gemeinden) sowie der Deutsche Landkreistag (Landkreise), die in der „Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände“ zusammengeschlossen sind. Diese Bundes- und auch entsprechende Landesorganisationen – sie finden sich etwa in Art. 71 IV bd.wtt.Verf., Art. 83 VII bay.Verf., Art. 97 IV brandenb.Verf., Art. 57 VI nds.Verf., Art. 84 II sächs.Verf. und Art. 91 IV thür.Verf. ausdrücklich erwähnt – geben auch Zeitschriften heraus, die aktuelle kommunalrechtliche Fragen behandeln; so etwa „Städtetag“, „Städte- und Gemeinderat“, „Der Landkreis“ oder „Eildienst LKT NW“[8].

3. Kommunale Selbstverwaltung und Europarecht

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Die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung für eine effiziente und bürgernahe Verwaltungstätigkeit wird zunehmend auch auf europäischer Ebene erkannt, ohne dass dieser Einsicht im derzeit geltenden Unionsrecht breiter Rechnung getragen worden wäre[9]. Dass Entscheidungen möglichst bürgernah[10] getroffen werden, ist immerhin ein Postulat, das in Art. 1 II des Vertrages über die Europäische Union (EUV) an prominenter Stelle verankert wurde. Ebenso wie schon im gescheiterten Vertrag über eine Verfassung für Europa (VVE)[11] ist seit dem Lissabonner Vertrag in Art. 4 II 1 EUV die regionale und kommunale Selbstverwaltung als Element der grundlegenden politischen und verfassungsrechtlichen Struktur von Mitgliedstaaten anerkannt. In Art. 5 EUV, der Vorschrift über das mit Blick auf das gesamte Unionsrecht viel diskutierte Subsidiaritätsprinzip, wird die lokale Ebene ausdrücklich in Abs. III erwähnt (s. auch Rn 48). Hinzuweisen ist auch auf die Institutionalisierung eines Ausschusses der Regionen gemäß Art. 300 AEUV[12].

Bei allen Vorhaben der Europäischen Union, was die Übertragung von Hoheitsrechten auf diese einschließt, ist gemäß § 10 I des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12.3.1993 (BGBl. I S. 313) das Recht der Gemeinden und Gemeindeverbände zur Regelung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu wahren und ihre Belange zu schützen.

Nachhaltigere Impulse als bislang sollten aber auch von der auf der Ebene des Europarats erarbeiteten und 1988 in Kraft getretenen Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung vom 15.10.1985[13] ausgehen. Hierbei handelt es sich um einen multilateralen völkerrechtlichen Vertrag auf der Ebene des Europarats, der die Vertragsstaaten zur Anwendung von Grundregeln verpflichtet, welche die politische, verwaltungsmäßige und finanzielle Selbstständigkeit der Gemeinden gewährleisten sollen. Die in der Charta enthaltenen Grundsätze der kommunalen Selbstverwaltung entsprechen weitgehend dem Standard, der in Deutschland verfassungsrechtlich bereits durch Art. 28 II GG garantiert wird (dazu Rn 45 ff)[14].

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Umgekehrt erlangt auch das EU-Recht auf kommunaler Ebene zunehmende Bedeutung, etwa bei der wirtschaftlichen Betätigung[15], bei der Auftragsvergabe[16], bei der Wirtschaftsförderung[17] sowie auf dem Personalsektor.[18] Dem wird immerhin durch Mitwirkung im Rahmen des vorgenannten beratenden, aus Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bestehenden Ausschusses der Regionen ansatzweise Rechnung getragen.

Die nachfolgende Darstellung von Schwerpunkten[19] des Kommunalrechts geht im Wesentlichen von den in Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern geltenden Bestimmungen aus, bezieht aber bei bedeutsamen Abweichungen regelmäßig auch die Besonderheiten des Kommunalrechts der übrigen Flächenstaaten, insbesondere Baden-Württembergs und Sachsens, mit ein.

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II. Die kommunalen Rechtssubjekte

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Fall 1: „Das unerwünschte Müllheizkraftwerk“

Das Entsorgungsunternehmen E beabsichtigt, in Einklang mit diesbezüglichen Vorstellungen der Landesregierung NRW, auf einem 180 ha großen Gelände am Niederrhein im Gebiet der kreisangehörigen Gemeinde G ein Müllheizkraftwerk zu errichten. Im Rahmen des notwendigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens (vgl § 35 I KrWG) machen der Kreis K und die benachbarte, in der Luftlinie 10 km vom vorgesehenen Standort entfernte kreisfreie Stadt S, nicht aber die Gemeinde G Einwendungen geltend. Dessen ungeachtet wird eine erste Teilgenehmigung erteilt. Besteht eine Klagebefugnis der kommunalen Körperschaften G, K und S? Rn 38

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Unmittelbare Regelungsgegenstände des Kommunalrechts sind die lokalen Gebietskörperschaften, welche regelmäßig unter dem Oberbegriff der Kommune zusammengefasst werden.[20] Als kommunale Rechtssubjekte begegnen uns in den bundesdeutschen Flächenstaaten durchgängig kreisangehörige Gemeinden, Landkreise und kreisfreie Städte. Darüber hinaus gibt es in einigen Bundesländern noch höherstufige Gemeindeverbände, so in NRW die Landschaftsverbände und in Bayern die Bezirke (s. Rn 26). Außerdem nehmen vielfach Kommunen einzelne ihrer Aufgaben gemeinsam wahr, dies häufig in der verselbstständigten Rechtsform des kommunalen Zweckverbandes (Rn 29 ff).

Auch in Bremen existieren kommunale Körperschaften (vgl Art. 143 brem.Verf.: „Stadt Bremen“ und „Stadt Bremerhaven“). In Hamburg hingegen gibt es keine Kommunen im Rechtssinne[21]. In Berlin bilden die Bezirke keine selbstständigen Gebietskörperschaften, sondern Selbstverwaltungseinheiten Berlins ohne Rechtspersönlichkeit[22].

Daneben hat die Verwaltungsinstitution der „Ämter“ in den neuen Ländern eine Wiederbelebung erfahren (vgl unten Rn 27 f).

Das Kommunalrecht wird vor diesem Hintergrund zumeist in Gemeinderecht – dies steht gängigerweise im Vordergrund des Interesses – und Kommunalverbandsrecht gegliedert[23]. In modernen Kommunalgesetzen wird mitunter der Terminus „Kommune“ als Sammelbezeichnung für Gemeinden und Gemeindeverbände benutzt, so etwa in dem seit 2011 geltenden Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz,[24] das unter dem Oberbegriff „Kommunen“ alle Landkreise und Gemeinden, alle Samtgemeinden sowie die Region Hannover zusammenfasst (vgl § 1 I NKomVG). Entsprechend verfährt auch das Kommunalverfassungsgesetz Sachsen-Anhalt (vgl § 1 I KVG-LSA).