Höllenfahrt - Horror-Thriller (Hardcore)

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Höllenfahrt - Horror-Thriller (Hardcore)
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Höllenfahrt

Horror-Thriller

(Hardcore)

von

Marty Ramone


www.verlag4you.de

© 2021 by verlag4you - Germany

www.verlag4you.de

1. Auflage

ISBN 978-3-947183-28-9 (PRINT)

ISBN 978-3-947183-41-8 (EBOOK)

Buch- und Umschlaggestaltung: verlag4you

Inhalt verfasst von: Martin Sander

Grafiken- u. Cover-Entwurf: Reneè Donnerstag

Lektorat: H. Koch

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.


INHALT

Prolog

1.0

1.1

1.2

1.3

1.4

2.0

2.1

2.2

2.3

2.4

2.5

3.0

Nastassja Romanow

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

Kapitel XV

Kapitel XVI

Kapitel XVII

Kapitel XVIII

Kapitel XIX

Kapitel XX

Kapitel XXI

Kapitel XXII

Kapitel XXIII

Kapitel XIV

Kapitel XXV

Kapitel XXVI

Kapitel XXVII

Kapitel XXVIII

Kapitel XXIX

Kapitel XXX

Kapitel XXXI

Kapitel XXXII

Kapitel XXXIII

Kapitel XXXIV

Kapitel XXXV

Kapitel XXXVI

Kapitel XXXVII

Kapitel XXXVIII

Kapitel XXXIX

3.1

4.0

4.1

4.2

5.0

5.1

5.2

5.3

6.0

6.1

6.2

7.0

7.1

7.2

7.3

7.4

7.5

8.0

8.1

8.2

8.3

8.4

8.5

8.6

8.7

8.8

9

10.0

10.1

EPILOG

EPILOG NR. 2

Jana und Mike

Die Legende von Eposil und Antrum

Jays Puppe und Janas geilster analer Orgasmus

Jaqueline und der neue Stich

Ein Hoch auf die Ladies und eine Begegnung der etwas anderen Art

Träume sind Schäume

Zum Buch

Über den Autor

Prolog

Die Tannen trugen ein dichtes, weißes Kleid aus Schnee und standen in dieser eiskalten Nacht dicht aneinandergereiht unterhalb des Wurmbergs. Der Vollmond beleuchtete diese gespenstische Szenerie, der ein Hauch von Hoffnungslosigkeit und Verderben anhaftete.

Fast hätte man ein Buch lesen können, so sehr reflektierte die weiße Pracht den Schein des Erdtrabanten auf den Nadelwald und das umliegende Territorium. Es war fast gänzlich still. Nur ein leichter Wind sorgte für ein sanftes Rauschen in den Bäumen. Neue, dichte Schneeflocken stoben geräuschlos vom Himmel und verwischten die Spuren des Harzer Wildes in Sekundenschnelle, welches sich in der Dunkelheit auf Nahrungssuche befand.

 

Die Tiere des Waldes schälten sich mit einem Male aus der Dunkelheit. Gewaltige Hirsche erschienen im weiten Rund. Ein Rudel Wölfe bahnte sich seinen Weg durch den dichten Schnee. Sie alle versammelten sich um eine alte, abgestorbene Eiche unterhalb des Berges, an der schon Luchse und Füchse auf die Neuankömmlinge warteten. Vor dem toten Baum lag ein gerissenes Reh, dessen Blut durch den Schnee ins Wurzelwerk sickerte. Die Lebewesen schienen zu spüren, dass an diesem Ort ein besonderes Ereignis bevorstand.

*

Wie in einem Märchen umlagerten die Tiere den abgestorbenen Baum, der zuvor eine beängstigende Stille ausstrahlte. Doch plötzlich erbebte er und erwachte zum Leben.

Das tote Geäst bildete wie aus dem Nichts zwei weiße Knochenstangen. Aus denen traten zunächst Augsprossen hervor. Dann entstanden Kronen. Schließlich offenbarte sich dem Rotund Schwarzwild ein mächtiges Geweih. Aber damit war es nicht genug: Der Baum veränderte seine Form. Eine gigantische Gestalt auf zwei Beinen erhob sich aus dem tiefen Schnee. Zwei riesige Äste verwandelten sich in gewaltige Arme, die von spitzen, knöchernen Fingern abgeschlossen wurden.

Das Wesen schien der Natur nahezu angepasst, denn seine Helligkeit hob sich kaum von der Winterlandschaft ab. Doch wer genau hinsah, erkannte die Baumwurzeln, die sich in Muskeln verwandelten. Aus einem breiten, abgestorbenen Ast formte sich ein Kopf. Ein Hirschschädel kristallisierte sich unter dem majestätischen Geweih heraus. Dieser besaß aber nicht die üblichen Zähne, die dazu dienten, Grünzeug zu zermahlen. Ein unheilvolles Gebiss mit scharfen Zähnen offenbarte sich den Tieren des Waldes, die ehrfurchtsvoll in ihrer Starre der Kreatur zu huldigen schienen. Schließlich war die Metamorphose abgeschlossen.

Die Wölfe begannen zu heulen, als sich das neugeborene Monster in seiner ganzen Pracht präsentierte. Ein riesiges Ungetüm stand dort im Mondlicht, welches die Größe von zwei ausgewachsenen Menschen besaß. Doch trotz der gigantischen Erscheinung wirkte das Wesen nahezu edel mit seinem weißen Fell. Das grausige Maul in einem Antlitz, dass der Hölle entsprungen zu sein schien, öffnete sich. Furchterregende Töne durchdrangen dabei die Nacht. Ein Käuzchen schrie angsterfüllt und war wie gebannt.

Connulus erhob sich schwerfällig aus dem Schnee und trat zu den Lebewesen des Waldes. Die Luchse waren ihm am nächsten und verneigten sich ehrfurchtsvoll, in dem sie ihre Häupter devot zur Erde neigten. Waren es auch Tiere, so schienen sie zu spüren, dass ihr Leben nun als Gabe für eine höhere Macht enden sollte.

Der Hirschgott packte eine der Raubkatzen und teilte sie mit unmenschlicher Kraft über seinem Haupt in zwei Teile. Das warme Blut sprenkelte in die ausgedörrte Kehle und schenkte so dem Dämon Kraft. Schon viel geschmeidiger in seinen Bewegungen erreichte der Dämon das Wolfsrudel und bohrte seine furchtbaren Zähne in das Leittier. Der weiße Schnee färbte sich im Mondlicht rot, als Connulus das Tier in Stücke riss.

*

Die Kreatur aus der Hölle verschwand in der Nacht. Zurück blieb ein Pfuhl aus Kadavern, deren noch warme Körper kurzzeitig den eiskalten Waldboden erwärmten. Sorgte das vergossene Blut für die Glocke aus Nebel, die sich um den grausigen Ort bildete oder waren dies die Seelen der toten Waldbewohner, die der Teufel zu sich in die Hölle eingeladen hatte?

1.0

Jasmin Schmidt beeilte sich, einen vernünftigen Schnappschuss vom Sonnenuntergang hinzubekommen. Der orange Kreis war gerade dabei, hinter den Bergen abzutauchen. Aus Erfahrung wusste die 23-jährige, dass sie jetzt sehr schnell mit ihrem Smartphone sein musste. Sie knipste, was das Zeug hielt, während Julian Reinhold dabei die Augen verdrehte.

Der Blankenburger wusste, dass den Beiden die Zeit im Nacken saß. Sie hatten noch etliche Kilometer bis nach Braunlage zu bewältigen, und die bevorstehende Dunkelheit würde sicherlich nicht die Wanderung dorthin vereinfachen. „Bist du denn bald mal fertig?“, meldete sich der 24-jährige zu Wort. So langsam aber sicher kroch ihm die Kälte am Körper hinauf. Die Ruhephase hier oben auf der Schnarcherklippe machte es nicht besser. Schon seit einer Stunde hielt sich das Pärchen auf dem freistehenden Felsen mitten im Wald zwischen Elend und Schierke auf. Und trotz angepasster Outdoor-Kleidung fror er wie ein Schneider, da Minusgrade herrschten.

Jasmin sah sich ihre Aufnahmen an. Das ist noch nicht perfekt. Mit ihren kalten Fingern aktivierte sie die Kamera ihres Handys erneut. „Sieh doch mal, ist das nicht ein tolles Panorama? Dort links der Wurmberg und rechts daneben der Brocken.“

„Ey, Jasmin, mir ist echt scheißenkalt. Komm zum Ende!“ Julian kannte seine Freundin nur zu gut und war sichtlich genervt. Spätestens zehn Minuten nach Ankunft in der Pension würden 1500 Follower bei Twitter und 666 Freunde bei Facebook an dem fotografierten Sonnenuntergang teilhaben können. Er massierte seine Oberschenkel, die in einer wärmenden Treckinghose steckten und vor Kälte doch langsam taub wurden.

„Das isses! Wir können los.“ Das Girl fuhr das Telefon herunter, um Akku zu sparen. Ihr Handy hatte nur noch 33 Prozent. Wer weiß, vielleicht bot sich den Beiden noch der eine oder andere Schnappschuss auf dem bevorstehenden Wanderweg nach Braunlage.

Geschwind glitten ihre Finger in die wärmenden Handschuhe. Mit dem letzten Tageslicht kletterten das Paar die Eisenleitern hinab. Da passierte Jasmin das Missgeschick: Ihr Handy schob sich beim Abstieg aus der Vordertasche ihrer Hose und fiel aus zwei Meter Höhe auf das harte Gestein. Mist, war klar, dass das passieren würde. Warum habe ich mich auch nur so stressen lassen? Die 23-jährige stieg von der untersten Leitersprosse und griff nach dem Mobilphone. What the Fuck! Spider-App! Jasmin versuchte das Telefon zu aktivieren; leider vergeblich. Der Bildschirm blieb schwarz.

Julian kam nun auch unten an und war froh, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Hier unterhalb der Klippe war es doch gleich ein paar Grad wärmer. Der Sachsen-Anhalter sah seine Freundin, die völlig neben sich zu sein schien. Dann begriff er den Grund dafür. „Ist doch nur ein blödes Handy!“ Ihm war der Hype darum ohnehin nicht so wichtig. Sein Telefon lag wohlbehütet in der Braunlager Unterkunft.

Jasmin war hingegen stinkig: „Na toll! Wenn du nicht ständig genervt hättest, wäre das mit Sicherheit nicht passiert.“ War ja klar! Im Zweifelsfall waren immer die Anderen schuld. Julian wollte nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen. Und so schluckte er den ihm gerade einfallenden Spruch hinunter und bedauerte lieber sein Girl. Gleich morgen würden sie nach einem Handy-Laden Ausschau halten. Vielleicht konnte man da noch etwas retten. Der Blankenburger küsste seine Freundin. Die reagierte erst einmal zickig, aber dann doch dankbar und fühlte sich in dem Moment von Julian verstanden.

Die Harzstädter setzten sich in Bewegung. Nach kurzer Zeit und beschwerlichem Weg über Baumwurzeln und Findlinge erreichten sie ein Wegkreuz. Julian schaltete seine Kopflampe ein, da es jetzt mittlerweile schon arg dunkel geworden war. An einem Pfahl befand sich ein Wegweiser. Sie waren richtig. Nach rechts ging es nach Braunlage.

Auch Jasmin fror jetzt und so legten die Beiden einen Zahn zu. Die Bewegung würde helfen, warm zu bleiben. Links und rechts des vom Mond ausgeleuchteten Weges türmten sich gewaltige Nadelbäume auf. Nicht nur Julian wurde mit einem Male komisch, der sich plötzlich wie ein Protagonist in einem schlechten Horrorfilm fühlte. Jasmin hakte sich bei ihm ein. Die gespenstischen Schatten der Bäume sahen echt unheimlich aus.

Nachdem das Paar einen Querweg durch frischen, unbetretenen Schnee passiert hatte, erreichte es eine mit Betonsteinen eingelassene Straße, die damals den DDR-Grenztruppen wohl dazu gedient haben musste, das sozialistische Vaterland vor dem Klassenfeind zu schützen. Julian hatte jetzt förmlich das Bild vor Augen, als sich hier an der Stelle vor über drei Jahrzenten Jeeps ihren Weg zur innerdeutschen Grenze bahnten und Patrouille fuhren. Nur gut, dass diese Zeiten endgültig vorbei sind!

Der Sachsen-Anhalter arbeite schon seit seiner Lehre in einer Goslarer Druckerei als Mediengestalter und hatte dort in Niedersachsen auch sehr viele Freunde. Wenn sich ihm in naher Zukunft die Chance bot, in dem schönen Harzstädtchen günstig ein Haus klar zu machen, würde er zuschlagen und seine Jasmin mitnehmen. Mit ihrem Beruf als Arzthelferin wäre es bestimmt kein Problem, in einer Praxis einen neuen Job zu finden.

Der Weg erwies sich in der Dunkelheit als nicht einfach, denn in den Betonsteinen befanden sich tiefe vom Schnee verborgene Löcher, die einem Fahrzeug keine Probleme bereiteten, Wanderern schon.

Plötzlich war da ein Knacken im Geäst, ca. 100 Meter vor ihnen. Julians Körper verkrampfte sich in eine Art Alarmbereitschaft. Woher und von was kam das Geräusch?

Diese Frage sollte ihm umgehend beantwortet werden…

*

Schemenhafte schwarze Schatten schälten sich aus dem Dickicht des Waldes und traten auf den Pfad. Eine Rotte Wildschweine durchquerte den Schnee. Die Augen der Tiere glühten in der Dunkelheit.

Während die Bache mit ihren Frischlingen scheinbar ungestört in den gegenüberliegenden Waldbestand trappelte, hatte der Keiler die beiden Menschen bereits gewittert. Sie waren eine Gefahr für seinen Nachwuchs. Heißer Atem drang aus seinen Nüstern, als er sich in Bewegung setzte…

Julian erkannte die bevorstehende Gefahr sofort. Schnell taxierte er die Umgebung. „Schnell, Jasmin, der Eber greift uns an. Da vorne ist ein entwurzelter Baum.“ Der 24-jährige wartete keine Antwort ab und zog seine Freundin mit sich. Das Wildschwein war sehr schnell. Jetzt kam es auf Sekunden an! Die Beiden erreichten unter dem Kreischen der Arzthelferin die Wurzel, unter der sich eine Kuhle befand. Jasmin versuchte sich an dem Geäst hinaufzuhangeln; rutschte aber wegen des Schnees, der sich daran befand, immer wieder ab. Das Mädchen schluchzte und war durch den plötzlichen Adrenalinschock schweißgebadet. Julian half nach und schob sie nach oben. Geschafft!

Jetzt musste nur noch er irgendwie auf die Wurzel gelangen. Das Wildschwein kam immer näher. Der Blankenburger zog sich empor. Seine Freundin half und riss an den Ärmeln seiner Outdoorjacke. „Schnell! Mach! Das Viech ist fast heran.“ Julian hatte keine Zeit, die Aussage seiner Freundin zu überprüfen. Endlich fand er mit seinem Schuh an einem Baumstumpf Halt. Gleich hab` ich`s. Der Blankenburger hegte neue Hoffnung. Doch dann erstarb die Zufriedenheit in seinem Gesicht, als sich der Hauer des Ebers in seinen Unterschenkel bohrte.

Das 200 Kilo schwere Tier riss wie wahnsinnig am Bein des Menschen und zog ihn in das Erdloch zurück. Jasmin schaute sich verzweifelt um. Ein paar Zentimeter weiter, am Baumansatz hatten Wanderer Steinfiguren aufgebaut. Sie griff nach einem größeren Brocken und schleuderte ihn auf den Keiler, der sich gerade über ihren Freund hermachen wollte. Das Geschoss traf das Tier mitten zwischen die Augen. Das Wildschwein erstarrte kurzzeitig in seiner Bewegung. Dann rannte es verschreckt in die Dunkelheit.

*

Das war nochmal gutgegangen! Die Blankenburgerin kletterte in die Kuhle und besah sich das Schlamassel. Julian hatte einen leichten Schock. Sein Blick war ängstlich auf den Unterschenkel gerichtet. Das Hosenbein hing zerfetzt im Schnee. An der Wade befand sich ein schlimmer Krater, aus dem unaufhörlich Blut quoll und den Schnee darunter rot verfärbte.

Ein Notruf war wegen des defekten Handys unmöglich, das war Beiden klar! Auf Hilfe konnten sie also nicht hoffen.

Instinktiv griff Jasmin in ihren Rucksack und zog daraus einen langen Schal hervor. „Wir müssen dich verbinden, und zwar schnell. Vielleicht können wir die Blutung etwas stoppen.“ Die Arzthelferin wusste natürlich, worauf es ankam. Nachdem sie mehrere Schichten Papiertaschentücher auf die Wunde gepresst hatte, schlang sie fachmännisch das Textil um das Bein und verknotete es. Frauen waren immer für alles gewappnet, und so zauberte sie eine Schmerztablette aus der Seitentasche des Rucksacks hervor. „Die wird dir helfen, Schatz.“

Dankbar spülte Julian die Pille mit einem Schluck Selters hinunter. „Es wird schon gehen!“ Der Blankenburger stand mühselig auf. Die Schmerzen waren zwar immens, aber das wollte er sich vor seiner Retterin nicht anmerken lassen. Mit wackligen Beinen trat Julian auf den Weg. Das ging besser, als er gedacht hatte.

 

Die Blankenburgerin sattelte währenddessen ihren Rucksack. Jasmin beäugte ihren Freund mit Argwohn. Würde er es bis nach Braunlage schaffen? Der 24-jährige grinste gequält: „Mit dir bis zum Mond und noch viel weiter.“ Jasmin musste lächeln und küsste ihren Freund zärtlich auf die Wange.

Die beiden Wanderer setzten ihren Weg fort; nicht mehr so unbeschwert wie zuvor, aber in der Hoffnung, dass alles gut werden würde…

*

Der Hirschgott sog die kalte Winterluft in die Lungen. Ein süßer Duft stieg in seine Nüstern. Die Kreatur roch Blut.

Anmutig bewegte sich der Dämon zwischen den Baumreihen hindurch. Der Schnee unter dem Geschöpf schien zu schmelzen. Connullus war mit seinem hellen Fell eins mit der Natur. Sein mächtiges Geweih sah aus wie ein prächtiges Kronenwerk eines gewaltigen Baumes in der Winterlandschaft.

Der Dämon nahm die Witterung des besonderen Geruchs auf. Man sah es dem Gott in diesem Moment nicht an, aber in seinen Gehirngängen machten sich furchtbare Gedanken breit. Furchtbare Mordlust kam im Dämon auf. Er brauchte das menschliche Blut, damit er noch mächtiger werden konnte.

Eine erneute Brise drang in die Nüstern. Das Lebenselixier war nicht mehr fern…

*

Das Paar schleppte sich durch die eiskalte Nacht. Jasmin stützte dabei ihren Freund, der nur behäbig vorankam.

Julians provisorischer Verband war mittlerweile durchgeblutet. Der Blankenburger ächzte und stöhnte unter den druckartigen Schmerzen, die sich in seinem Unterschenkel ausbreiteten.

Endlich tauchte ein erneuter Wegweiser vor den Beiden auf: Braunlage 2 km. „Gott sei Dank! Dann ist es bestimmt nicht mehr weit bis zum Ortseingang.“

Das Baumdickicht um sie herum wurde dichter. Knorriges Geäst verdunkelte das Mondlicht. Plötzlich schien ein riesiger Körper den schmalen Weg zu versperren. Fast schien es sich um einen Baum zu handeln, dessen Krone sich endlos verzweigte.

Tatsächlich war es Connullus, der von einer unsagbaren Mordgier getrieben wurde. Das Geschöpf breitete seine Oberarme aus. Aus den Extremitäten wuchsen Äste, die blitzartig über den Schneeboden raschelten und sich das Blankenburger Paar als Ziel auserkoren hatten.

Jasmin Schmidt war zu überrascht, als dass sie noch hätte fliehen können. Julian kam das Ganze gerade wie ein Albtraum vor und war aufgrund des Szenarios wie gelähmt. Die hölzernen Glieder umschlängelten seine Freundin, packten sie und zogen sie zu der Kreatur, die er jetzt gut erkennen konnte. Das Geschöpf war an die vier Meter groß und besaß ein riesiges Geweih. In dem hirschähnlichen Kopf glühten die zwei Augen lichterloh, welche sich über einem Maul befanden, dass nicht von dieser Erde zu sein schien. Die Hölle musste das Wesen ausgespuckt haben!

Die Blankenburgerin schrie wie am Spieß. Unaufhörlich näherte sie sich über den kalten Schneeboden dem Monstrum. Plötzlich hing sie Auge in Auge zum Dämon, von dem Geäst getragen, in der Luft. Ableger seiner Arme legten sich um ihren Hals und nahmen ihr die Luft zum Atmen. Jasmins Gesicht lief puterrot an. Ihre Zunge streckte sich aus dem Mund.

Der Hirschgott entblößte sein schreckliches Gebiss. Dann riss er mit den messerscharfen Zähnen den Muskel heraus. Sogleich ergoss sich ein Blutstrom in sein Maul, was ihn rasend machte.

Die 23-jährige konnte in diesem Moment ihre unsäglichen Schmerzen kaum zum Ausdruck bringen. Lediglich ihre Hose zeugte davon: Ein feuchter Fleck bildete sich im Schritt, als sich die Blankenburgerin einnässte.

Connullus gierte und labte sich am roten Nektar und dem Fleisch. Seine Zunge durchfuhr das Gesicht der Menschenfrau. Fast zärtlich kostete er die Tränen von den Wangen und das Blut, das unaufhörlich zwischen den Lippen hervorsprudelte.

Beißendender Geruch drang dem Hirschgott in die Nase. Seine Extremitäten gingen erneut auf Wanderschaft und suchten nach dem Grund dafür. Zwischen den Beinen der Frau fanden sie das Ziel. Dort befand sich Urin. Seine tierischen Instinkte machten das Monster lüstern. Das Gewebe der Hose riss, als das höllische Gehölz Einlass begehrte.

Knöcherne Auswüchse drangen in Vagina und Anus ein. Jasmin überkam eine gnädige Ohnmacht, als sich die Glieder den Weg durch ihren Körper suchten…

*

Töte sie! Der Hirschgott vernahm die Stimme in seinem Inneren. Nimm dir ihr Fleisch. Sättige dich, damit du noch viel mächtiger wirst. Bring mir das Weib in die Hölle. Connullus fletschte seine Zähne, während seine Dornen blutige Löcher in die Eingeweide stießen und immer weiter vordrangen. Die immensen Schmerzen ließen Jasmin ein letztes Mal klar in ihren Gedanken werden. Noch einmal öffnete sie ihre Augen. Doch alles verblasste abrupt, als sich in diesem Moment die Kiefer um ihren Kopf schlossen und diesen mit einem Ruck von der Wirbelsäule rissen.

*

Starr vor Angst musste Julian Reinhold mit ansehen, wie mit seiner bestialisch ermordeten Freundin eine Veränderung geschah. Ihr Körper wurde eins mit dem Geäst. Der Leib ging in das Geweih des Hirschgottes über. Neue Sprossen entstanden, und schließlich verkündete nur noch ein gequältes, knöchernes Gesicht im Kronenansatz, dass zuvor ein Mensch existiert hatte. Es schaute ungläubig aus dem Wirtskörper heraus…

*

Durch Connullus Körper fuhr eine teuflische Energie. Ein eisiger Wind kam auf, der sich in den Tannenhölzern brach.

Das Geweih des Hirschgottes war um eine Trophäe reicher: Das Antlitz der Menschenfrau befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Tierhäuptern, die das Wesen zuvor gerissen hatte. Knöcherne Auswüchse traten über den Gesichtern hervor, die sich zu einem einzigartigen Labyrinth an Sprossen verformten. Ein stiller Betrachter würde gar feststellen, dass das Geweih zu leben schien.

Der Blutdurst der Kreatur schien noch nicht gestillt. Da wartete noch der Gefährte seines Menschenopfers, welcher wie gelähmt das Schauspiel verfolgt hatte. Lass den Menschen gehen! Er soll von deinem Unheil verkünden. Durch deine Präsenz haben sich die Höllenpforten erneut geöffnet. Nun ist es an der Zeit, dass meine Feinde sie durchdringen und ich ihnen endlich den Garaus machen kann. Connullus verstand nicht den Sinn der Worte, die eine noch höhere Macht gerade zu ihm gesprochen hatte. Zu sehr war er von seiner Blutgier geleitet. Doch musste er gehorchen.

Kein Geringerer als Satan hatte ihm befehligt, Julian Reinhold zu verschonen. Der Hirschgott ließ den Menschen unversehrt und verschwand zwischen den gewaltigen Nadelhölzern.